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Kreditwürdigkeitsprüfung bei Verbraucherdarlehensverträgen: Eine Untersuchung der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung nach der zweiten Verbraucherkreditrichtlinie (RL 2008/48/EG) und den hierzu ergangenen deutschen Umsetzungsgesetzen
Kreditwürdigkeitsprüfung bei Verbraucherdarlehensverträgen: Eine Untersuchung der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung nach der zweiten Verbraucherkreditrichtlinie (RL 2008/48/EG) und den hierzu ergangenen deutschen Umsetzungsgesetzen
Kreditwürdigkeitsprüfung bei Verbraucherdarlehensverträgen: Eine Untersuchung der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung nach der zweiten Verbraucherkreditrichtlinie (RL 2008/48/EG) und den hierzu ergangenen deutschen Umsetzungsgesetzen
Ebook735 pages7 hours

Kreditwürdigkeitsprüfung bei Verbraucherdarlehensverträgen: Eine Untersuchung der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung nach der zweiten Verbraucherkreditrichtlinie (RL 2008/48/EG) und den hierzu ergangenen deutschen Umsetzungsgesetzen

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About this ebook

Bei dem Werk handelt es sich um die Dissertation von Adrian Kesting, die von Herrn Prof. Dr. Rott (Institut für Wirtschaftsrecht an der Universität Kassel) betreut wurde. Die Dissertation wurde am 6. Juni 2018 mit dem Wissenschaftspreis des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der Universität Kassel ausgezeichnet.

Die Dissertation besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil werden die europarechtlichen Grundlagen der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung nach der zweiten Verbraucherkreditrichtlinie (RL 2008/48/EG) untersucht. Der zweite Teil befasst sich mit der Umsetzung der einzelnen Richtlinienvorgaben zur Kreditwürdigkeitsprüfung im deutschen Recht, wobei zwischen der Zeit vor und nach Inkrafttreten der Regelungen in §§ 505a ff. BGB unterschieden wird.

Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge sind nicht Gegenstand des Werks.
LanguageDeutsch
Release dateApr 4, 2019
ISBN9783752853865
Kreditwürdigkeitsprüfung bei Verbraucherdarlehensverträgen: Eine Untersuchung der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung nach der zweiten Verbraucherkreditrichtlinie (RL 2008/48/EG) und den hierzu ergangenen deutschen Umsetzungsgesetzen
Author

Adrian Kesting

Der Autor hat an den Universitäten Passau und Münster Rechtswissenschaften studiert. Nach der Referendarzeit in Hamburg hat er bei Prof. Dr. Rott (Institut für Wirtschaftsrecht an der Universität Kassel) promoviert. Der Autor ist Notarassessor in Mecklenburg-Vorpommern.

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    Book preview

    Kreditwürdigkeitsprüfung bei Verbraucherdarlehensverträgen - Adrian Kesting

    Dissertation an der Universität Kassel,

    Fachbereich Wirtschaftswissenschaften (FB07)

    Verfasser: Adrian Kesting

    Datum der Disputation: 10. April 2018

    Für meine Eltern

    Vorwort

    Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2017 im Fachbereich für Wirtschaftswissenschaften der Universität Kassel als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten bis Ende Mai 2018 berücksichtigt werden.

    Die Dissertation wurde am 6. Juni 2018 mit dem Wissenschaftspreis des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der Universität Kassel ausgezeichnet.

    Mein besonderer Dank gilt meinem verehrten Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Peter Rott, für die hervorragende Betreuung und seine stetige Unterstützung während der Promotionszeit. Frau Prof. Dr. Martina Deckert danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens.

    Herzlich bedanken möchte ich mich zudem bei Herrn Prof. Dr. Peter Derleder für seine wertvollen Anregungen und seine Unterstützung während der Promotionszeit. Hervorzuheben ist dabei insbesondere das von ihm geleitete Doktorandenseminar an der Universität Bremen, in dem ich wertvolle Erfahrungen sammeln durfte und das mit immer in sehr guter Erinnerung bleiben wird.

    Ganz besonders danken möchte ich schließlich auch meinen Eltern, Frau Sylvia Kesting und Herrn Dr. Herbert Kesting, die mich während meiner juristischen Ausbildung in jeder Lebenslage unterstützt und mir Rückhalt gegeben haben.

    Hamburg, im Juni 2018

    Adrian Kesting

    Inhaltsverzeichnis

    Abkürzungsverzeichnis

    Einführung und Gang der Untersuchung

    Erster Teil: Europarechtliche Grundlagen

    1. Abschnitt: Die Entwicklung der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung im europäischen Rechtsetzungsverfahren zum Erlass der Richtlinie 2008/48/EG

    1. Kapitel: Vorgeschichte

    2. Kapitel: Der erste Richtlinienvorschlag – KOM(2002) 443 endg.

    A. Überblick über den wesentlichen Inhalt des ersten Richtlinienvorschlags

    B. Art. 9 RV-KOM 2002: Verantwortungsvolle Kreditvergabe

    3. Kapitel: Der zweite und dritte Richtlinienvorschlag

    A. Überblick über die wesentlichen Inhalte des zweiten und dritten Richtlinienvorschlags

    B. Regelung der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung im Rahmen der vorvertraglichen Informationen

    4. Kapitel: Der Erlass der Richtlinie 2008/48/EG

    2. Abschnitt: Die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung in der Richtlinie 2008/48/EG

    1. Kapitel: Überblick über den Regelungsinhalt der Richtlinie 2008/48/EG

    2. Kapitel: Anwendungsbereich der Richtlinie 2008/48/EG

    3. Kapitel: Das Harmonisierungskonzept (Art. 22 Abs. 1 RL 2008/48/EG)

    A. Der Grundsatz der Vollharmonisierung

    B. Abgrenzung des (voll-)harmonisierten Regelungsbereichs – verbleibende Regelungsspielräume auf nationaler Ebene

    I. Umgrenzung des harmonisierten Regelungsbereichs durch den Anwendungsbereich der Richtlinie 2008/48/EG

    II. Ausnahmen vom Grundsatz der Vollharmonisierung

    III. Regelungs- und Auslegungsspielräume auf nationaler Ebene im Hinblick auf den harmonisierten Regelungsbereich

    4. Kapitel: Vorgaben des Art. 8 RL 2008/48/EG zur Kreditwürdigkeitsprüfung

    A. Regelungsinhalt von Art. 8 RL 2008/48/EG

    B. Die Rechtsprechung des EuGH zu Art. 8 und Art. 23 RL 2008/48/EG

    I. Das Urteil des EuGH vom 27.03.2014 – C-565/12 (LCL Le Crédit Lyonnais SA/Fesih Kalhan)

    II. Das Urteil des EuGH vom 18.12.2014 – C-449/13 (Consumer Finance SA/Bakkaus u.a.)

    C. Begriff der Kreditwürdigkeit i.S.v. Art. 8 RL 2008/48/EG

    D. Schutzzweck der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung

    E. Zeitpunkt der Kreditwürdigkeitsprüfung

    I. Pflicht des Kreditgebers zur Kreditwürdigkeitsprüfung vor Kreditvertragsschluss

    II. Pflicht des Kreditgebers zur Kreditwürdigkeitsprüfung bei Erhöhung des Gesamtkreditbetrages

    F. Die für die Kreditwürdigkeitsprüfung heranzuziehende Informationsgrundlage

    I. Das Ziel des Verfahrens der Kreditwürdigkeitsprüfung als Ausgangspunkt für die Bestimmung der für die Kreditwürdigkeitsprüfung heranzuziehenden Informationen

    II. Umfang der für die Kreditwürdigkeitsprüfung heranzuziehenden Informationen

    1. Objektiver Maßstab versus Ermessensspielraum des Kreditgebers

    a) Rechtsauffassungen in der Literatur

    b) Auffassung des EuGH im Urteil vom 18.12.2014 (Consumer Finance SA/Bakkaus u.a.)

    c) Stellungnahme

    2. Auswirkungen von in Aussicht gestellten Kreditsicherheiten auf den Umfang der für die Kreditwürdigkeitsprüfung heranzuziehenden Informationen

    a) Auswirkungen von in Aussicht gestellten Sicherheitsleistungen des Verbrauchers

    b) Auswirkungen von in Aussicht gestellten Sicherheitsleistungen Dritter

    III. Informationsbeschaffungspflicht des Kreditgebers

    IV. Vom Kreditgeber heranzuziehende Informationsquellen

    G. Keine Vorgaben hinsichtlich des anzuwendenden Bewertungsverfahrens

    H. Keine Vorgaben hinsichtlich etwaiger Handlungspflichten des Kreditgebers, die an das Ergebnis der Kreditwürdigkeitsprüfung anknüpfen

    I. Grundlagen: Keine Vorgaben über das erforderliche Maß der Kreditwürdigkeit

    II. Keine Vorgabe über ein Kreditvergabeverbot bei negativem Ausgang der Kreditwürdigkeitsprüfung

    1. Keine Vorgabe eines Kreditvergabeverbots in Art. 8 RL 2008/48/EG

    2. Zulässigkeit einer Regelung über ein Kreditvergabeverbot im Hinblick auf die vollharmonisierend umzusetzenden Richtlinienvorgaben

    III. Keine Vorgabe über eine Hinweispflicht bei negativem Ausgang der Kreditwürdigkeitsprüfung

    1. Keine Vorgabe über eine Hinweispflicht in Art. 8 RL 2008/48/EG

    2. Keine Vorgabe über eine Hinweispflicht aus Art. 5 Abs. 6 RL 2008/48/EG

    3. Zulässigkeit einer Regelung über eine Hinweispflicht im Hinblick auf die vollharmonisierend umzusetzenden Richtlinienvorgaben

    5. Kapitel: Das Sanktionsgebot gemäß Art. 8 i.V.m. Art. 23 RL 2008/48/EG

    6. Kapitel: Unterrichtungspflicht gemäß Art. 9 Abs. 2 RL 2008/48/EG

    7. Kapitel: Zwingender Charakter der Richtlinienvorgaben

    Zweiter Teil: Die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung nach Umsetzung der Richtlinienvorgaben der RL 2008/48/EG

    1. Abschnitt: Die deutsche Rechtslage mit Inkrafttreten von § 509 BGB a.F. und § 18 Abs. 2 KWG a.F. am 11.06.2010

    1. Unterabschnitt: Anwendungsbereich und Voraussetzungen von § 509 BGB a.F. und § 18 Abs. 2 KWG a.F.

    1. Kapitel: Anwendungsbereich von § 509 BGB a.F. und § 18 Abs. 2 KWG a.F.

    A. Persönlicher Anwendungsbereich

    1. Persönlicher Anwendungsbereich von § 509 BGB a.F.

    2. Der persönliche Anwendungsbereich von § 18 Abs. 2 KWG a.F.

    B. Sachlicher Anwendungsbereich von § 509 BGB a.F. und § 18 Abs. 2 KWG a.F.

    2. Kapitel: Voraussetzungen von § 509 BGB a.F. und § 18 Abs. 2 KWG a.F.

    A. Regelungsinhalte von § 509 BGB a.F. und § 18 Abs. 2 KWG a.F. unter Berücksichtigung der vollharmonisierenden Richtlinienvorgaben aus Art. 8 RL 2008/48/EG

    I. Grundlagen: Übertragung der zu Art. 8 RL 2008/48/EG ermittelten Auslegungsergebnisse auf § 509 BGB a.F. und § 18 Abs. 2 KWG a.F.

    II. Bewältigung der Umsetzungsdefizite von § 509 BGB a.F. und § 18 Abs. 2 KWG a.F. im Hinblick auf die Voraussetzungen der Kreditwürdigkeitsprüfung

    III. Bewältigung der Umsetzungsdefizite von § 509 BGB a.F. und § 18 Abs. 2 KWG a.F. im Hinblick auf den Zeitpunkt der Kreditwürdigkeitsprüfung / zugleich: Voraussetzungen der Pflicht zur erneuten Kreditwürdigkeitsprüfung bei Erhöhung des Gesamtkreditbetrages

    B. Der Ermessensspielraum des Kreditgebers

    I. Grundlagen: Die Festlegung der Grenzen des Ermessensspielraums des Kreditgebers mit Rücksicht auf die Entscheidung des EuGH mit Urteil vom 18.12.2014 (CA Consumer Finance SA/Bakkaus u.a.)

    II. Die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung als vorvertragliche Verkehrspflicht

    III. Der anzulegende Sorgfaltsmaßstab als Grenze des Ermessensspielraums des Kreditgebers

    C. Der Umfang der für die Kreditwürdigkeitsprüfung heranzuziehenden Informationen

    I. Einführung

    II. Die Pflicht zur Heranziehung von Informationen über die wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die persönlichen Merkmale des Verbrauchers

    1. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verbrauchers

    a) Das monatlich frei verfügbare Einkommen des Verbrauchers

    b) Zur Berücksichtigung des Vermögens sowie etwaig in Aussicht gestellter Sicherheitsleistungen

    2. Die persönlichen Merkmale des Verbrauchers

    III. Der angestrebte Inhalt des Kreditvertrages als maßgebendes Kriterium für die Bestimmung des im Einzelfall erforderlichen Umfangs der Kreditwürdigkeitsprüfung

    IV. Die Umstände des Abschlusses des Kreditvertrages

    V. Der Kreditverwendungszweck

    VI. Reichweite der Pflicht zur Berücksichtigung zukünftig zu erwartender Umstände

    D. Sorgfaltspflichten des Kreditgebers hinsichtlich der Vollständigkeit und der Qualität der Informationen, die der Kreditwürdigkeitsprüfung zugrunde gelegt werden

    E. Anforderungen des Bewertungsverfahrens

    I. Allgemeine Anforderungen für die Bewertung der eingeholten Informationen

    II. Kreditwürdigkeitsprüfung anhand eines Kreditscoringverfahrens

    1. Einführung: Funktionsweise des Kreditscoringverfahrens / Vor- und Nachteile des Kreditscoringverfahrens

    2. Aufsichtsrechtlicher Zweck des Kreditscorings

    3. Zur Zulässigkeit der Bewertung der Kreditwürdigkeit gemäß § 509 BGB a.F. und § 18 Abs. 2 KWG a.F. anhand eines Kreditscoringverfahrens

    2. Unterabschnitt: Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung nach § 509 BGB a.F. und § 18 Abs. 2 KWG a.F.

    1. Kapitel: Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 509 BGB a.F.

    A. Überblick über die in Betracht kommenden Rechtsfolgen / Schutzzweck von § 509 BGB a.F.

    B. Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 i.V.m. § 509 BGB a.F.

    I. Der Verstoß gegen die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung als Pflichtverletzung i.S.v. § 280 Abs. 1 BGB

    1. Anknüpfungspunkt der Pflichtverletzung: Kreditvergabe trotz unterlassener ordnungsgemäßer Kreditwürdigkeitsprüfung

    2. Exkurs: Zur Hinweispflicht des Kreditgebers

    II. Zum Vertretenmüssen des Verstoßes gegen die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung

    III. Zum Erfordernis eines kausalen Vermögensschadens des Verbrauchers

    1. Grundlagen

    2. Einzelne Fallvarianten

    a) Monatlich frei verfügbares Einkommen reicht zur Rückzahlung der fälligen Kreditraten aus

    b) Verbraucher hat Kreditvaluta in Wirtschaftsgüter investiert und sein monatlich frei verfügbares Einkommen reicht zur Rückzahlung der fälligen Kreditraten nicht aus

    c) Monatlich frei verfügbares Einkommen reicht nicht aus, Verbraucher hat Kreditvaluta jedoch noch nicht investiert und kann sie für die Erfüllung der Kreditverbindlichkeiten aufwenden

    IV. Kausalität der Pflichtverletzung für den Schaden

    1. Die Kreditvergabe trotz unterlassener ordnungsgemäßer Kreditwürdigkeitsprüfung als adäquat-kausal schadensbegründendes Ereignis

    2. Ausnahmen von der Zurechenbarkeit des Schadens

    3. Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf die Kausalität der Pflichtverletzung des Kreditgebers für den Schaden des Verbrauchers

    V. Der Umfang des Schadensersatzanspruchs des Verbrauchers gemäß §§ 249 ff. BGB

    1. Grundsatz: Naturalrestitution

    2. Zum Anspruch auf Minderung der monatlich geschuldeten Kreditraten

    3. Kein Anspruch des Verbrauchers auf zinsfreie Überlassung der Kreditvaluta bis zum Ende der Kreditlaufzeit

    4. Anspruch des Verbrauchers auf Befreiung der ihn finanziell überfordernden Kreditverbindlichkeit

    a) Anspruch des Verbrauchers auf Vertragsaufhebung

    b) Anspruch des Kreditgebers auf Rückzahlung der Kreditvaluta; Möglichkeit des Verbrauchers zur ersatzweisen Übertragung erworbener Vermögensgegenstände

    VI. Zur Berücksichtigung mitwirkenden Verschuldens des Verbrauchers nach § 254 BGB

    1. Mitverschulden vor Kreditvertragsschluss (§ 254 Abs. 1 BGB)

    a) Verbraucher schätzt seine finanzielle Leistungsfähigkeit falsch ein

    b) Verbraucher erteilt dem Kreditgeber unrichtige oder unvollständige Angaben, die als Grundlage für die Kreditwürdigkeitsprüfung herangezogen werden

    2. Mitverschulden nach Kreditvertragsschluss (§ 254 Abs. 2 BGB)

    2. Kapitel: Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 18 Abs. 2 KWG a.F

    A. Aufsichtsrechtliche Rechtsfolgen

    I. Die Anordnungsbefugnis der BaFin gemäß § 6 Abs. 3 KWG

    II. (Un-)Vereinbarkeit der aufsichtsrechtlichen Sanktionierung von Verstößen gegen § 18 Abs. 2 KWG a.F. mit den Richtlinienvorgaben aus Art. 23 RL 2008/48/EG

    B. Zivilrechtliche Rechtsfolgen

    I. Schutzzweck von § 18 Abs. 2 KWG a.F.

    II. Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 18 Abs. 2 KWG a.F.

    1. § 18 Abs. 2 KWG a.F. als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB

    2. Keine Gewährleistung einer richtlinienkonformen Sanktionierung i.S.v. Art. 8 i.V.m. Art. 23 RL 2008/48/EG wegen des Zurechnungsdefizits im Deliktsrecht

    3. Zwischenergebnis

    III. Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB i.V.m. § 18 Abs. 2 KWG a.F.

    1. Die aufsichtsrechtliche Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung nach § 18 Abs. 2 KWG a.F. als vorvertragliche Schutzpflicht i.S.v. § 241 Abs. 2 BGB

    a) Grundlagen: Parallele Heranziehung der zu den Wohlverhaltenspflichten (§§ 31 ff. WpHG a.F.) vertretenen Rechtsansichten

    b) Die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung als vereinbarte Vertragspflicht?

    c) Keine Ausstrahlungswirkung des § 18 Abs. 2 KWG a.F. auf das zivilrechtliche Pflichtenprogramm

    d) § 18 Abs. 2 KWG a.F. als öffentliche-rechtliche Vorschrift – keine Doppelnorm

    e) § 18 Abs. 2 KWG a.F. als gesetzliche Konkretisierung der vorvertraglichen Schutzpflicht nach § 241 Abs. 2 BGB

    f) Zwischenergebnis

    2. Anwendbarkeit von § 509 BGB a.F. auf Institute i.S.v. § 1 Abs. 1b KWG

    3. Ergebnis

    2. Abschnitt: Die deutsche Rechtslage mit Inkrafttreten von §§ 505a Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Alt. 1, Abs. 2, 505b Abs. 1, 505d BGB sowie § 18a Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Alt. 1, Abs. 2 und Abs. 3 KWG am 21.03.2016

    1. Kapitel: Einführung

    2. Kapitel: Anwendungsbereich der §§ 505a ff. BGB und § 18a KWG

    3. Kapitel: Voraussetzungen der §§ 505a und 505b Abs. 1, Abs. 5 BGB

    A. Voraussetzungen der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung vor Abschluss von Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen

    B. Die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung bei Erhöhung des Nettodarlehensbetrages

    C. Fazit

    4. Kapitel: Das Kreditvergabeverbot gemäß § 505a Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB

    5. Kapitel: Zivilrechtliche Rechtsfolgen

    A. Überblick

    B. Rechtsfolgen gemäß § 505d BGB

    I. Ermäßigung des vertraglich vereinbarten Zinssatzes gemäß § 505d Abs. 1 Satz 1 BGB

    1. Grundlagen: Vereinbarkeit von § 505d Abs. 1 Satz 1 BGB mit den Richtlinienanforderungen an eine wirksame und abschreckende Sanktion (Art. 8 i.V.m. Art. 23 RL 2008/48/EG)

    2. Voraussetzungen einer Ermäßigung des Zinssatzes gemäß § 505d Abs.1 Satz 1 BGB

    3. Rechtsfolge des § 505d Abs. 1 Satz 1 BGB (Ermäßigung des Zinssatzes ex lege)

    II. Kündigungsrecht des Darlehensnehmers gemäß § 505d Abs. 1 Satz 3 BGB

    III. Erteilung einer Abschrift des Vertrages gemäß § 505d Abs. 1 Satz 4 BGB

    IV. Ausschluss der Rechtsfolgen gemäß § 505d Abs. 1 Satz 5 BGB

    1. Regelungszweck / Vereinbarkeit von § 505d Abs. 1 Satz 5 BGB mit den Anforderungen an eine wirksame Sanktion i.S.v. Art. 8 i.V.m. Art. 23 RL 2008/48/EG

    2. Voraussetzungen des Rechtsfolgenausschlusses des § 505d Abs. 1 Satz 5 BGB bei Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen

    a) Voraussetzungen der gedachten ordnungsgemäß durchgeführten Kreditwürdigkeitsprüfung i.S.v. § 505d Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 505a Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB

    b) Begriff der „erheblichen Zweifel" i.S.v. § 505a Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB

    c) Voraussetzungen für die Annahme „erheblicher Zweifel" i.S.v. § 505d Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 505a Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB

    d) Zwischenergebnis

    V. Die Einwendung des § 505d Abs. 2 BGB

    1. Dogmatische Einordnung von § 505d Abs. 2 BGB

    2. Voraussetzungen von § 505d Abs. 2 BGB

    a) Problemstellung

    b) Darlehensnehmer kann Pflichten, die im Zusammenhang mit dem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag stehen, nicht vertragsgemäß erfüllen

    c) Darlehensnehmer verletzt seine vertraglichen Zahlungspflichten

    d) Zurechenbarkeit der Pflichtverletzung des Darlehensnehmers an den Darlehensgeber

    e) Sonderfall: Gesamtfälligstellung der Darlehensvaluta

    3. Rechtsfolge des § 505d Abs. 2 BGB

    VI. Rechtsfolgenausschluss gemäß § 505d Abs. 3 BGB

    C. Sonstige zivilrechtliche Rechtsfolgen

    I. Schadensersatzanspruch des Darlehensnehmers gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 i.V.m. §§ 505a Abs. 1 Satz 1, 505b Abs. 1 BGB

    II. Ausschluss des Rechts des Darlehensgebers, den Darlehensvertrag vorzeitig zu beenden oder einseitig anzupassen (§ 499 Abs. 3 BGB)

    1. Überblick

    2. Voraussetzungen von § 499 Abs. 3 BGB

    a) § 499 Abs. 3 Satz 1 BGB

    b) § 499 Abs. 3 Satz 2 BGB

    3. Rechtsfolge von § 499 Abs. 3 BGB

    6. Kapitel: Aufsichtsrechtliche Rechtsfolgen

    3. Abschnitt: Bewältigung der Informationsdefizite des Darlehensnehmers im Hinblick auf das Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung; Erleichterungen im Rahmen der Prozessführung

    1. Kapitel: Einführung

    2. Kapitel: Dokumentationspflicht des Darlehensgebers

    A. Zivilrechtliche Dokumentationspflicht des Darlehensgebers

    B. Aufsichtsrechtliche Dokumentationspflicht der Kreditinstitute

    3. Kapitel: Auskunftsanspruch und Einsichtsrecht des Darlehensnehmers

    A. Problemstellung

    B. Anspruch auf Einsicht in die Dokumentation des Darlehensgebers gemäß § 810 BGB

    C. Auskunftsanspruch des Darlehensnehmers

    I. Kein hinreichender vertraglicher Auskunftsanspruch gemäß Nr. 2 Abs. 2 bis 4 AGB-Banken

    II. Rechenschaftspflicht des Darlehensgebers nach Maßgabe von § 666 BGB

    1. Keine analoge Anwendung von § 666 Var. 3 BGB

    2. Begründung einer Rechenschaftspflicht des Darlehensgebers nach Maßgabe von § 666 BGB auf Grundlage einer Gesamtanalogie

    III. Auskunftsanspruch des Darlehensnehmers gemäß § 242 BGB

    4. Kapitel: Erleichterungen im Rahmen der Darlegungs- und Beweislast

    A. Verteilung der Darlegungslast mit Rücksicht auf die Grundsätze der sog. „sekundären Darlegungslast"

    B. Erleichterungen im Rahmen der Beweisführung – keine Umkehr der objektiven Beweislast

    I. Grundlagen: Die Verteilung der objektiven Beweislast und der Beweisführungslast

    II. Verteilung der Beweislast in Bezug auf die anspruchsbegründenden Tatsachen eines Verstoßes gegen die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung

    1. Keine Umkehr der objektiven Beweislast wegen des typischerweise bestehenden Informationsdefizits des Darlehensnehmers und der Beweisnähe des Kreditinstituts

    2. Beweiserleichterungen im Falle der Verletzung der Pflicht zur Dokumentation der Kreditwürdigkeitsprüfung durch den Darlehensgeber

    a) Heranziehung der Grundsätze der Beweisvereitelung

    b) Voraussetzungen einer Beweisvereitelung

    c) Rechtsfolgen einer Beweisvereitelung in Gestalt einer Dokumentationspflichtverletzung

    Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen

    Schlussbetrachtung

    Literaturverzeichnis

    Abkürzungsverzeichnis

    Einführung und Gang der Untersuchung

    I.

    Verbraucher nehmen heutzutage massenhaft Kredite in Anspruch. Die Ursache dafür liegt nicht nur in der offensiven Werbung der Kreditinstitute für ihre Kreditprodukte und der Lockwirkung von Konsumgütern.¹ Auch die Einfachheit und Schnelligkeit, mit denen Kredite zur Anschaffung von Konsumgütern erlangt werden können, tragen ihren Anteil dazu bei. Hinzu kommen die gesellschaftliche Akzeptanz und die weit verbreitete Selbstverständlichkeit, Gegenstände des gewöhnlichen Gebrauchs wie Haushaltsgegenstände, teure Smartphones und insbesondere Kfz auf Kredit zu finanzieren. Sparen bildet die Ausnahme. Sind Verbraucher jedoch nicht gewohnt zu sparen, so können sie auch nicht überblicken, inwieweit ihr frei verfügbares Einkommen dafür ausreichen wird, Kreditverbindlichkeiten zu erfüllen.²

    Zirka 6,85 Millionen Verbraucher ab 18 Jahren waren laut dem Schuldneratlas der Creditreform AG im Jahr 2016 überschuldet, was in Bezug auf diese Bevölkerungsgruppe einem Gesamtanteil von 10,06% entspricht.³ Aus dem Überschuldungsreport 2017 des Instituts für Finanzdienstleistungen („iff") geht hervor, dass im Jahr 2016 geschätzt bis zu 622.000 Personen auf ihre Restschuldbefreiung gewartet und gut 617.000 Personen eine soziale Schuldnerberatung in Anspruch genommen haben.⁴ Die durchschnittliche Schuldenhöhe (Median) der Ratsuchenden betrug im

    Jahr 2016 14.690 Euro, wobei die Schuldenhöhe bei 18 % dieser Personen mehr als 40.000,00 Euro betrug.

    Hauptgläubiger waren Banken.⁶ Dabei waren, laut einer Statistik des Statistischen Bundesamts, Personen infolge von Zahlungsverpflichtungen aus einem Hypothekarkreditvertrag mit durchschnittlich 109.807 Euro zwar weit tiefer verschuldet, als Personen, deren Schulden aus einem Ratenkreditvertrag herrührten. ⁷ Allerdings war die Anzahl derjenigen Personen, die infolge von Zahlungsverpflichtungen aus einem Ratenkreditvertrag überschuldet waren um ein Vielfaches höher, als die Anzahl der Personen, deren Überschuldung ihren Ursprung in der Eingehung eines Hypothekarkreditvertrages fand. ⁸

    Als Grund für die Überschuldung gaben die in den Schuldnerberatungsstellen beratenen Personen unter anderem Arbeitslosigkeit/reduzierte Arbeit (24,3 %); Einkommensarmut (11,1 %), gescheiterte Selbstständigkeit (8,6 %), Erkrankung (9,9 %); Trennung, Scheidung (9,9 %) sowie ihr Konsumverhalten (9,6 %) an.⁹ Damit zeigt sich, dass eine Überschuldung zwar vielfach durch unvorhersehbare Lebensumstände ausgelöst wird, denen weder von Seiten des Kreditgebers noch von Seiten der Verbraucher durch eine Kreditwürdigkeitsprüfung hinreichend entgegengewirkt werden kann. In vielen Fällen lässt sich eine Überschuldung jedoch darauf zurückführen, dass Verbraucher ihre finanzielle Leistungsfähigkeit vor Eingehung von Kreditverträgen überschätzen.¹⁰ Sie handeln insbesondere aufgrund der Werbung über Kreditprodukte und ihren persönlichen Finanzierungswünschen vielfach sehr irrational, wenn es um die Frage einer Kreditaufnahme geht. Eine sorgfältige Prüfung, inwieweit sie angesichts ihrer laufenden Einnahmen und Ausgaben finanziell dazu in der Lage sein werden, Kreditverpflichtungen zu erfüllen, wird nur in wenigen Fällen vorgenommen. Hierzu sind Verbraucher in der Regel auch nicht in gleicher Weise fähig, wie ein professionell agierender Kreditgeber, der sich die hierfür erforderlichen Informationen beim Verbraucher beschaffen kann.¹¹ Gerade junge Menschen sind aufgrund ihrer geschäftlichen Unerfahrenheit besonders gefährdet. Dabei kann eine Überschuldung nicht nur für den einzelnen Verbraucher und sein familiäres Umfeld langfristige und gravierende Folgen haben. Auch die Sozialsysteme werden infolge der weit verbreiteten Überschuldung belastet.¹² Zudem leidet die Gesamtwirtschaft, wenn Haushalte aufgrund von Überschuldung dauerhaft nicht mehr aktiv am Wirtschaftsleben teilnehmen können.¹³

    Es gibt verschiedene Wege, der Überschuldung von Verbrauchern präventiv entgegenzuwirken. Dazu zählt insbesondere die frühzeitige Unterrichtung, wie sie beispielsweise in Hamburg im Rahmen des Projekts „SOS-Schüler ohne Schulden" erfolgt.¹⁴ Sofern die drohende finanzielle Überforderung des Verbrauchers vor Abschluss eines Kreditvertrages für den jeweiligen Kreditgeber erkennbar ist, ist es zudem geboten, diesem eine Mitverantwortung im Rahmen der Kreditvergabe aufzuerlegen, indem er zu einer verantwortungsvollen Kreditvergabe verpflichtet wird.

    Um der unionsweit zunehmenden Überschuldung von Verbrauchern entgegenzuwirken, hat der Unionsgesetzgeber im Rahmen der zweiten Verbraucherkreditrichtlinie¹⁵ mit Art. 8 RL 2008/48/EG eine Richtlinienvorgabe eingeführt, nach der Kreditgeber dazu verpflichtet werden sollen, vor Eingehung eines Verbraucherkreditvertrages¹⁶ die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers auf Grundlage ausreichender Informationen zu prüfen.

    In Deutschland wurde Art. 8 RL 2008/48/EG zunächst mit § 509 BGB a.F. sowie § 18 Abs. 2 KWG a. F. umgesetzt. Diese Vorschriften – die für Verbraucherkreditverträge, die vor dem 21.03.2016 abgeschlossen wurden, nach wie vor Anwendung finden¹⁷ – führten bislang ein Schattendasein. Nicht eine einzige Gerichtsentscheidung wurde in den einschlägigen Zeitschriften veröffentlicht, in der die Voraussetzungen der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung Gegenstand eines Rechtsstreits waren. Eine verbreitete Auffassung im Schrifttum bestand – trotz der zivilrechtlichen Normierung in § 509 BGB a.F. – lange Zeit darin, dass Kreditgeber die Kreditwürdigkeit von Verbrauchern nur in ihrem eigenen Interesse prüfen und nicht zum Schutz des einzelnen Verbrauchers zu prüfen haben.¹⁸ Erst nachdem der EuGH in zwei Entscheidungen aus dem Jahr 2014¹⁹ den verbraucherschützenden Zweck von Art. 8 RL 2008/48/EG festgestellt hat, hat sich in der vorherrschenden Meinung im Schrifttum ein Wandel vollzogen. ²⁰

    In der Wohnimmobilienkreditrichtlinie hat der Unionsgesetzgeber mit den Art. 18 ff. RL 2014/17/EU eine eingehende Pflicht des Kreditgebers zur Prüfung der Kreditwürdigkeitsprüfung vor Abschluss von Immobiliar-Verbraucherkreditverträgen vorgegeben. In Umsetzung dieser Richtli-nienvorgaben sind am 21.03.2016 die Regelungen der §§ 505a ff. BGB sowie § 18a KWG in Kraft getreten, die nunmehr zwischen Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen – in Umsetzung der Vorgaben aus Art. 8 RL 2008/48/EG – und Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen – in Umsetzung der Vorgaben aus Art. 18 ff. RL 2014/17/EU – differenzieren. Zudem sind in § 505d BGB erstmalig spezielle zivilrechtliche Rechtsfolgen für den Fall vorsehen, dass der Kreditgeber gegen seine Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung verstößt. Insoweit befasst sich diese Arbeit ausschließlich mit Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen.

    II.

    Der Anlass dieser Arbeit bestand in der zu Beginn dieser Arbeit geplanten Neufassung der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung in den Vorschriften der §§ 505a ff. BGB, zu denen im Referentenentwurf vom 18.12.2014²¹ ausgeführt wurde, dass die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung – mit Rücksicht auf die Entscheidung des EuGH vom 27.03.2014 (LCL Le Crédit Lyonnais SA/Fesih Kalhan)²² – auch im Interesse des Verbrauchers bestehen soll.

    Das Ziel dieser Arbeit liegt darin, die Anforderungen einer ordnungsgemäßen Kreditwürdigkeitsprüfung zum Schutz des einzelnen Verbrauchers bei Kreditverträgen, die in den Anwendungsbereich der zweiten Verbraucherkreditrichtlinie fallen (Allgemein-Verbraucherkreditverträgen²³) zu definieren und festzustellen, unter welchen Voraussetzungen Rechtsfolgen zugunsten des einzelnen Verbrauchers eingreifen, wenn der Kreditgeber gegen die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung verstoßen hat. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf Teilzahungsdarlehen i.S.v. § 498 Abs. 1 Satz 1 BGB. Datenschutzrechtliche Fragen werden nicht behandelt.²⁴

    III.

    Der erste Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit den europarechtlichen Grundlagen. Im ersten Abschnitt wird dazu die Entwicklung der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung im europäischen Rechtsetzungsverfahren zum Erlass der zweiten Verbraucherkreditrichtlinie dargestellt und im zweiten Abschnitt werden sodann die einzelnen Richtlinienvorgaben untersucht, die für die Umsetzung der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung ins nationale Recht sowie für die richtlinienkonforme Anwendung der nationalen Umsetzungsgesetze von Bedeutung sind. Den Schwerpunkt bilden das Prinzip der Vollharmonisierung (Art. 22 Abs. 1 RL 2008/48/EG), die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung gemäß Art. 8 RL 2008/48/EG sowie die Sanktionsregelung des Art. 23 RL 2008/48/EG.

    Gegenstand des zweiten Teils ist die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung nach den deutschen Umsetzungsgesetzen zur zweiten Verbraucherkreditrichtlinie. Im ersten Abschnitt werden die Voraussetzungen der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung gemäß § 509 BGB a.F. sowie § 18 Abs. 2 KWG a.F. ausführlich untersucht. Einen wesentlichen Schwerpunkt bildet dabei die Untersuchung der Fragen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Schadensersatzanspruch des Verbrauchers besteht, wenn der Kreditgeber gegen die Bestimmungen von § 509 BGB a.F. und/oder § 18 Abs. 2 KWG a.F. verstoßen hat.

    Anschließend beschäftigt sich der zweite Abschnitt mit der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung bei Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen gemäß § 505a Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Alt. 1, § 505b Abs. 1 sowie § 505d BGB. Hinsichtlich der Voraussetzungen der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung wird dabei auf die Ausführungen zu § 509 BGB a.F. Bezug genommen. Den Schwerpunkt des zweiten Abschnitts bilden demnach die in § 505d BGB und § 499 Abs. 3 BGB neu eingeführten Rechtsfolgen, die bei einem Verstoß des Darlehensgebers gegen die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung in Betracht kommen. Anlehnend an die Terminologie der §§ 505a ff. BGB werden dabei die Begriffe Darlehensgeber und Darlehensnehmer statt Kreditgeber und Verbraucher verwendet. Dessen ungeachtet gelten die Ausführungen für entsprechende Zahlungsaufschübe und sonstige entgeltliche Finanzierungshilfen sinngemäß (§ 506 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB).

    Das Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung erfolgt in der Regel im Herrschaftsbereich des Kreditgebers in den Verbraucher keinen Einblick haben. Welche Informationen der Kreditgeber der jeweiligen Kreditwürdigkeitsprüfung zugrunde gelegt hat und wie diese zueinander ins Verhältnis gesetzt worden sind, bleibt dem einzelnen Verbraucher verschlossen. Infolge dieses Informationsdefizits können Verbraucher nicht beurteilen, ob der Kreditgeber seine Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung ordnungsgemäß erfüllt hat. Im dritten Abschnitt soll daher der Frage nachgegangen werden, auf welche Weise sich dieses Informationsdefizit des Verbrauchers nach dem bestehenden Recht bewältigen lässt. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht dabei die im vergangenen Jahr neu eingeführte Pflicht zur Protokollierung der Kreditwürdigkeitsprüfung (§ 505b Abs. 4 BGB und § 18a Abs. 5 KWG) einschließlich der beweisrechtlichen Rechtsfolgen die eingreifen, wenn der Kreditgeber gegen diese Pflicht verstoßen hat.


    1 Vgl. Schmid, Die Instrumentalisierung des Privatrechts durch die Europäische Union: Privatrecht und Privatrechtskonzeptionen in der Entwicklung der Europäischen Integrationsverfassung, 2010, S. 607 f.; Schürnbrand in: Münch-Komm. BGB, 2017, Vor § 491 Rn. 1.

    2 Reifner, Alternatives Wirtschaftsrecht am Beispiel der Verbraucherüberschuldung: Realitätsverleugnung o. soziale Auslegung im Zivilrecht, 1979, S. 299.

    3 iff-Überschuldungsreport 2017, S. III, abrufbar unter: http://www.iff-ueberschuldungsreport.de/media.php?id=5285, zuletzt abgerufen am 29.04.2018; vgl. Creditreform, Schuldneratlas 2016, abrufbar unter: http://www.creditreform.de/nc/aktuelles/news-list/details/news-detail/schuldneratlas-deutschland-überschuldung-von-verbrauchern-jahr-2016.html, zuletzt abgerufen am 28.04.2018.

    4 iff-Überschuldungsreport 2017, S. III., abrufbar unter: http://www.iff-ueberschuldungsreport.de/media.php?id=5285, zuletzt abgerufen am: 28.04.2018.

    5 iff-Überschuldungsreport 2017, S. 22, abrufbar unter: http://www.iff-ueberschuldungsreport.de/media.php?id=5285, zuletzt abgerufen am: 28.04.2018.

    6 iff-Überschuldungsreport 2017, S. 23, abrufbar unter: http://www.iff-ueberschuldungsreport.de/media.php?id=5285, zuletzt abgerufen am: 29.04.2018.

    7 Vgl. Statistisches Bundesamt, Statistik zur Überschuldung privater Personen 2016, Fachserie 15 Reihe 5, Tabelle 5.3 (S. 14), https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/EinkommenKonsumLebensbedingungen/Ueberschuldung/Ueberschuldung2150500167004.pdf?__blob=publicationFile, zuletzt abgerufen am: 29.04.2018.

    8 Vgl. Statistisches Bundesamt, Statistik zur Überschuldung privater Personen 2016, Fachserie 15 Reihe 5, Tabelle 5.2 (S. 13), https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/EinkommenKonsumLebensbedingungen/Ueberschuldung/Ueberschuldung2150500167004.pdf?__blob=publicationFile,, zuletzt abgerufen am: 29.04.2018.

    9 iff-Überschuldungsreport 2017, S. 19, abrufbar unter: http://www.iff-ueberschuldungsreport.de/media.php?id=5285, zuletzt abgerufen am: 29.04.2018.

    10 Freitag in: Staudinger, BGB, 2015, § 488 Rn. 36b.

    11 Siehe dazu eingehend: Servatius, ZfIR 2015, S. 178, 179; Freitag in: Staudinger, BGB, 2015, § 488 Rn. 36b.

    12 Vgl. Servatius, ZfIR 2015, S. 178, 179 f.

    13 Drometer/Oesingmann, Die Verschuldung der privaten Haushalte in Europa und die Bedeutung eines wirksamen Insolvenzrechts, ifo Schnelldienst 17/2015, S. 60 f.

    14 https://www.diakonie-hamburg.de/de/rat-und-hilfe/schulden/SOS-SchuelerOhneSchulden, zuletzt abgerufen am 29.04.2018.

    15 Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates, ABl. EG 2008, L 133/66 (nachfolgend: RL 2008/48/EG).

    16 Immobiliarkreditverträge sind vom Anwendungsbereich der zweiten Verbraucherkreditrichtlinie ausgenommen (Art. 2 Abs. 2 lit. a RL 2008/48/EG).

    17 Art. 229 § 38 Abs. 1 EGBGB.

    18 Weidenkaff in: Palandt BGB, 2016, § 509 Rn. 1; Kessal-Wulf in: Staudinger, BGB, 2012, § 509 Rn. 2.

    19 EuGH, Urt. v. 27.03.2014 – C-565/12 (LCL Le Crédit Lyonnais SA/Fesih Kalhan), ECLI:EU:C:2014:190, NJW 2014, 1941 ff.; EuGH, Urt. v. 18.12.2014 – C-449/13 (CA Consumer Finance SA/Bakkaus u.a.), ECLI:EU:C:2014:2464, EuZW 2015, 189 ff.

    20 Siehe: Schürnbrand, Bankrechtstag 2009, S. 173, 185; Nobbe in: Prütting/ Wegen/Weinrich, BGB, 2014, § 509 Rn. 5; Saenger in: Erman, BGB, 2014, § 509 Rn. 8; Krämer/Müller in: NOMOS, BGB, 2012, § 509 Rn. 5; Schäfer in: hkK-BGB, 2012, §§ 488-512 Rn. 90; Schwintowski in: jurisPK-BGB, 2015, § 509 Rn. 3.

    21 Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie vom 18.12.2014.

    22 EuGH, Urt. v. 27.03.2014 – C-565/12 (LCL Le Crédit Lyonnais SA/Fesih Kalhan), ECLI:EU:C:2014:190, NJW 2014, 1941 ff.

    23 In Abgrenzung zu Immobiliar-Verbraucherkreditverträgen, die den Vorgaben der Richtlinie 2014/17/EU (Wohnimmobilienkreditrichtlinie) unterliegen.

    24 Siehe dazu eingehend: Helfrich, Kreditscoring und Scorewertbildung der SCHUFA: Datenschutzrechtliche Zulässigkeit im Rahmen der praktischen Anwendungen, 2010.

    Erster Teil:

    Europarechtliche Grundlagen

    1. Abschnitt: Die Entwicklung der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung im europäischen Rechtsetzungsverfahren zum Erlass der Richtlinie 2008/48/EG

    1. Kapitel: Vorgeschichte

    Die erste Verbraucherkreditrichtlinie 87/102/EWG²⁵ vom 22.12.1986 enthielt noch keine Vorgaben über eine Pflicht des Kreditgebers zur Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers.²⁶ Spezielle Maßnahmen, um der Überschuldung von Verbrauchern präventiv entgegenzuwirken, waren bis zum Erlass der zweiten Verbraucherkreditrichtlinie (RL 2008/48/EG) generell noch nicht Gegenstand einer unionsweiten Regelung.²⁷ Am 11.05.1995 legte die Kommission einen Bericht über die Anwendung der ersten Verbraucherkreditrichtlinie (RL 87/102/EWG) vor, in dem sie auf die Gefahren der zu diesem Zeitpunkt weit verbreiteten Überschuldung von Verbrauchern einging.²⁸ Dem Bericht war eine an die Mitgliedstaaten sowie an verschiedene Interessengruppen gerichtete Befragung vorausgegangen.²⁹ Aus dieser Befragung ergab sich, dass bereits elf der 15 zu dieser Zeit bestehenden EU-Mitgliedstaaten Regelungen zum Zwecke der Überschuldungsbekämpfung erlassen hatten.³⁰ Allerdings betrafen diese Regelungen überwiegend Umschuldungsmaßnahmen sowie Zahlungserleichterungen im Falle der Überschuldung. Eine verbraucherschützende Pflicht des Kreditgebers zur Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers war zu dieser Zeit noch in keinem Mitgliedstaat geregelt.³¹ Insbesondere von den Mitgliedstaaten Finnland, Österreich und Schweden, aber auch auf Verbraucherseite wurde das Interesse an einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung zum Thema Verbraucherüberschuldung geäußert.³² Dementsprechend schlug die Kommission in ihrem Bericht unter anderem vor, sowohl die bereits bestehenden nationalen Regelungen als auch die Notwendigkeit einer gemeinschaftsweiten Regelung bezüglich der Überschuldungsproblematik näher zu untersuchen.³³ Hierbei räumte sie dieser Problematik verbraucherpolitische Priorität ein.³⁴

    In den Folgejahren hielt sich die Kommission mit Initiativen auf diesem Gebiet jedoch sehr zurück. So erbrachte insbesondere das von der Kommission im Mai 1996 veröffentlichte Grünbuch zum Thema „Finanzdienstleistungen: Wahrung der Verbraucherinteressen" keine neuen zielführenden Erkenntnisse zum Bereich der Überschuldungsprävention. Der später oft zitierte Grundsatz einer „verantwortungsvollen Kreditvergabe" sowie die Pflicht des Kreditgebers zur Kreditwürdigkeitsprüfung des Verbrauchers werden in diesem Grünbuch noch nicht erwähnt. Das Grünbuch betont dies betreffend lediglich die Bedeutung umfassender Informationen für den Verbraucher.³⁵ Sowohl das EU-Parlament als auch der Wirtschafts- und Sozialausschuss forderten die Kommission daher eindringlich dazu auf, endlich Initiative zu zeigen und einen Richtlinienvorschlag für eine Überarbeitung der Richtlinie 87/102/EWG vorzulegen, der die Überschuldungsproblematik mit einschließen sollte.³⁶ Dabei vertrat das EU-Parlament die Ansicht, dass das Problem der Überschuldung durch Aufklärung und Information der Verbraucher unterbunden werden sollte.³⁷ Im Juni 1997 veröffentlichte die Kommission eine Mitteilung, in der sie sich dazu bekannte, der Überschuldungsproblematik im Rahmen der Überarbeitung der Richtlinie 87/102/EWG Rechnung tragen zu wollen.³⁸ Wie es in dieser Mitteilung anklingt, sollte dies im Einklang mit der geäußerten Ansicht des EU-Parlaments vornehmlich durch Aufklärung und Information der Verbraucher geschehen.³⁹

    Im Nachgang zum Kommissionsbericht vom 11.05.1995 bezogen verschiedene Mitgliedstaaten und Interessengruppen Stellung zu den darin erörterten Themen. Hierüber verfasste die Kommission einen zusammenfassenden Bericht, den sie am 24.09.1997 veröffentlichte.⁴⁰ Aus diesem Bericht geht hervor, dass insbesondere die dänische Verbrauchervereinigung anregte, unionsweit strengere Bestimmungen in Bezug auf die Verpflichtung des Kreditgebers zur Bewertung der finanziellen Situation des Verbrauchers zu schaffen.⁴¹ Überwiegend, insbesondere von Bankenseite aus, wurde der Vorstoß der Kommission zur Einführung unionsweiter Vorgaben im Bereich Überschuldung dagegen sehr kritisch beurteilt. ⁴² Dabei wurde unter anderem der rechtliche Einwand vorgetragen, dass das Subsidiaritätsprinzip einer unionsweiten Regelung der Überschuldungsproblematik entgegenstehe.⁴³

    Auch in den nachfolgenden fünf Jahren konnte die Kommission keinen Fortschritt auf dem Gebiet der Verbraucherüberschuldung vorweisen. So gab sie zwar zwei Studien zum Thema Überschuldung in Auftrag, wobei sich die eine auf die bestehenden nationalen Regelungen in den Mitgliedstaaten und die andere auf statistische Aspekte erstrecken sollte. Beide Studien brachten jedoch keine nennenswerten Ergebnisse hervor. ⁴⁴ Demgemäß ergibt sich aus der Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Überschuldung privater Haushalte" vom 21.06.2002, dass die Kommission zu diesem Zeitpunkt zumindest nach außen hin noch keine Strategie entwickelt hatte, um der weit verbreiteten Überschuldung von Verbrauchern entgegenzuwirken.⁴⁵

    2. Kapitel: Der erste Richtlinienvorschlag – KOM(2002) 443 endg.

    A. Überblick über den wesentlichen Inhalt des ersten Richtlinienvorschlags

    Dennoch legte die Kommission bereits knapp drei Monate später, am 11.09.2002, einen ersten Vorschlag für eine neue Verbraucherkreditrichtlinie vor, die die bisherige Verbraucherkreditrichtlinie 87/102/EWG ersetzen sollte.⁴⁶ Der Hauptgrund für den Entschluss über den Erlass einer gänzlich neuen Richtlinie bestand darin, dass die Richtlinie 87/102/EWG den Marktgegebenheiten nicht mehr entsprach und sich zudem die mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften zum Verbraucherkredit sehr unterschiedlich entwickelt hatten. Die Hauptursache für die gescheiterte Entwicklung eines einheitlichen Binnenmarktes für Verbraucherkredite war nach Ansicht der Kommission das der Richtlinie 87/102/EWG zugrundeliegende Prinzip der Mindestharmonisierung.⁴⁷ Infolgedessen sah Art. 30 Abs. 1 RV-KOM 2002 nunmehr die Vollharmonisierung als Harmonisierungsgrad vor. Danach sollten die Mitgliedstaaten, bis auf bestimmte ausdrücklich geregelte Ausnahmen, in dem jeweils einschlägigen Regelungsbereich keine anderen Bestimmungen als die in der Richtlinie festgelegten einführen oder beibehalten dürfen.⁴⁸ Der vorgeschlagene Grundsatz der Vollharmonisierung stieß in der juristischen Literatur auf erhebliche Kritik, da man befürchtete, dass das in einzelnen Mitgliedstaaten bestehende hohe Verbraucherschutzniveau beeinträchtigt werden könnte.⁴⁹

    Der Anwendungsbereich des ersten Richtlinienvorschlags war noch sehr weit gefasst. Sachlich sollten nicht nur Kreditverträge – mit Ausnahme von Immobiliarkreditverträgen (Art. 3 Abs. 2 lit. a) RV-KOM 2002) –, sondern auch Sicherungsverträge (Art. 3 Abs. 1 RV-KOM 2002) von der neuen Verbraucherkreditrichtlinie mit umfasst werden. ⁵⁰ Der persönliche Anwendungsbereich sollte neben Kreditgebern und Verbrauchern auch Garanten i.S.v. Verbrauchern, die einen Sicherungsvertrag abschließen (Art. 2 lit. f. RV-KOM 2002), sowie Kreditvermittler erfassen. Für Kreditvermittler sollte nach dem Vorschlag eine Vielzahl von Bestimmungen Anwendung finden, insbesondere diejenigen über die vorvertraglichen Informationspflichten.⁵¹

    Inhaltlich enthielt der erste Richtlinienvorschlag im Wesentlichen Regelungen über das Verbot von Kreditvergaben im Rahmen von Haustürgeschäften (Art. 5 RV-KOM 2002), über Informations- und Beratungspflichten (Art. 6 RV-KOM 2002), über die verantwortungsvolle Kreditvergabe (Art. 9 RV-KOM 2002), über das Widerrufsrecht des Verbrauchers (Art. 11 RV-KOM 2002), über die Berechnung des effektiven Jahreszinses (Art. 12 RV-KOM 2002) und des Kreditgeber-Gesamtzinses (Art. 13 RV-KOM 2002), über missbräuchliche Klauseln in Kreditverträgen (Art. 15 RV-KOM 2002), über die vorzeitige Rückzahlung der Kreditverbindlichkeiten (Art. 16 RV-KOM 2002) sowie über die gesamtschuldnerische Haftung von Kreditgebern und Lieferanten (Art. 19 RV-KOM 2002). ⁵²

    Der erste Richtlinienvorschlag wurde von der Kommission am 12.09.2002 an das EU-Parlament und den Rat übermittelt.⁵³ Bereits im Rahmen der ersten Lesung im EU-Parlament am 20.04.2004 wurden für diesen Vorschlag 152 Abänderungsanträge angenommen⁵⁴ und in den Standpunkt des EU-Parlaments⁵⁵ vom selben Tag mit aufgenommen.

    B. Art. 9 RV-KOM 2002: Verantwortungsvolle Kreditvergabe

    Im Unterschied zur Richtlinie 87/102/EWG beinhaltete der erste Richtlinienvorschlag über die zweite Verbraucherkreditrichtlinie erstmalig eine Bestimmung über die Pflicht des Kreditgebers zur verantwortungsvollen Kreditvergabe, um der zu dieser Zeit zunehmenden Überschuldung von Verbrauchern entgegenzuwirken.⁵⁶ Als Vorbild dienten laut der Erwägungen zu Art. 9 RV-KOM 2002 die zu dieser Zeit vereinzelt in den Mitgliedstaaten bestehenden nationalen Regelungen, insbesondere diejenigen der Niederlande und Belgien, die Kreditgebern bestimmte Verhaltens- und Sorgfaltspflichten auferlegten, um eine redliche Kreditvergabe zu gewährleisten.⁵⁷

    Unter dem Titel „Verantwortungsvolle Kreditvergabe" sah Art. 9 RV-KOM 2002 folgende Richtlinienbestimmung vor:

    „Schließt ein Kreditgeber einen Kredit- oder Sicherungsvertrag ab oder erhöht er den Gesamtkreditbetrag oder den garantierten Betrag, so wird angenommen, dass er zuvor unter Ausnutzung aller ihm zu Gebote stehenden Mittel zu der Überzeugung gelangt ist, dass der Verbraucher und gegebenenfalls der Garant vernünftigerweise in der Lage sein werden, ihren vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen."⁵⁸

    Den Erwägungen zu Art. 9 RV-KOM 2002 lässt sich entnehmen, dass Kreditgebern durch diese Vorschrift allgemeine Sorgfaltspflichten auferlegt werden sollten. Den einzelnen Kreditgeber sollte die Pflicht treffen, die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers anhand dessen Angaben und gegebenenfalls der Angaben des Garanten sowie durch Einholung von Auskünften bei zentralen Kreditdatenbanken zu überprüfen und ihm vom Ergebnis dieser Prüfung ausgehend den richtigen Kredit anzubieten.⁵⁹

    Als Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Pflicht zur verantwortlichen Kreditvergabe sah Art. 31 RV-KOM 2002 wirksame, abschreckende und verhältnismäßige Sanktionen vor, die insbesondere im Verlust des Anspruchs auf Zinsen und Kosten und das Bestehenbleiben des Rechts des Verbrauchers auf Ratenzahlung des Gesamtkreditbetrags bestehen können sollten. Rein aufsichtsrechtliche Sanktionen wären aufgrund der hieraus folgenden Grundtendenz wohl nicht richtlinienkonform gewesen.⁶⁰

    Ein Kreditvergabeverbot sollte Art. 9 RV-KOM 2002 angesichts seines Wortlauts wohl nicht begründen. ⁶¹ Dafür spricht auch, dass es nach Auffassung der Kommission weiterhin im Ermessen der Kreditgeber stehen sollte, dem Kreditwunsch des Verbrauchers nachzukommen.⁶²

    Daneben sah Art. 6 Abs. 3 RV-KOM 2002 vor, dass der Kreditgeber oder gegebenenfalls der Kreditvermittler aus der Palette der Kreditverträge, die sie anbieten oder bei deren Abschluss sie gewöhnlich mitwirken, denjenigen Kredittyp und Gesamtkreditbetrag aussuchen, der sich in Anbetracht der finanziellen Situation des Verbrauchers, der Vorteile und Nachteile des vorgeschlagenen Produkts und des Zwecks, dem der Kredit dient, am besten eignet.⁶³ Nach der Begründung des Vorschlags sollte Art. 6 Abs. 3 RV-KOM 2002 eine Beratungspflicht mit dem Inhalt begründen, dass der Kreditgeber den Verbraucher über den für ihn geeignetsten Kredit berät. Im Rahmen dieser Beratung sollte den Kreditgeber oder gegebenenfalls den Kreditvermittler unter anderem die Pflicht treffen, auf die Zahlungsmöglichkeiten des Verbrauchers, die damit verbundenen Risiken, das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein eines festen Tilgungsplans, die Möglichkeiten des Kreditabrufs sowie den Zweck des beantragten Kredits einzugehen.⁶⁴ In der endgültigen Fassung hätte Art. 6 Abs. 3 RV-KOM 2002 dazu geführt, dass der Kreditgeber im Rahmen der geschuldeten Beratung zumindest auch den für den Verbraucher am besten geeigneten Kredit aufzuzeigen gehabt hätte.⁶⁵ Anhand welcher konkreten Kriterien sich dieser bestimmen lassen sollte, lässt sich Art. 6 Abs. 3 RV-KOM 2002 nicht eindeutig entnehmen. Insoweit war dieser Vorschlag viel zu unbestimmt und hätte in der endgültigen Fassung eine erhebliche Rechtsunsicherheit bewirkt.

    Dem ersten Richtlinienvorschlag wurde in der Literatur vorgeworfen, dass er zu einer Bevormundung des Verbrauchers geführt hätte, weil der Kreditgeber nach Art. 6 Abs. 3 RV-KOM 2002 allein die Vorauswahl über den „am besten geeigneten Kredit" zu treffen gehabt hätte, ohne dass dem Verbraucher ein Mitspracherecht zugekommen wäre.⁶⁶ Zudem wurde gegen diese Bestimmung eingewandt, dass der Kreditgeber mit einem erheblichen Auswahlrisiko belastet worden wäre.⁶⁷ Auch insgesamt stießen die von der Kommission vorgeschlagenen Regelungen über die Pflicht zur verantwortungsvollen Kreditvergabe (Art. 9 RV-KOM 2002) und die Beratungspflicht (Art. 6 Abs. 3 RV-KOM 2002) in der juristischen Literatur auf erhebliche Kritik.⁶⁸ Verbreitet wurde kritisiert, dass diese Vorgaben zu einem schwerwiegenden Eingriff in die Vertragsfreiheit führen würden, der in unverhältnismäßiger Weise gegen den verfassungsmäßig gewährleisteten Grundsatz der Privatautonomie verstoße.⁶⁹

    Überzeugen konnte diese Kritik nicht. Ungeachtet des Umstands, dass sich die Wirksamkeit von unionsrechtlichen Richtlinienbestimmungen nicht anhand des deutschen Verfassungsrechts bemisst, liegt in solchen Regelungen eine verhältnismäßige Beschränkung sowohl der Berufs(ausübungs)freiheit des Kreditgebers als auch der Privatautonomie des Verbrauchers. Denn dem Kreditgeber wird es lediglich untersagt bestimmte, allzu risikoreiche Kreditverträge einzugehen.⁷⁰ Auch auf Seiten des Verbrauchers besteht kein anerkennenswertes Interesse an der Eingehung von Kreditverträgen, die die konkrete Gefahr der Überschuldung in sich tragen. Der Schutz des Verbrauchers vor Überschuldung überwiegt insoweit das beiderseitige Interesse am Abschluss von Kreditverträgen, die den Verbraucher voraussichtlich finanziell überfordern werden. ⁷¹ Ein professionell agierender Kreditgeber kann aufgrund seiner Erfahrung und Sachkenntnis weit besser als ein Verbraucher einschätzen, welche Rückzahlungsmodalitäten den finanziellen Verhältnissen des Verbrauchers entsprechen. Vom Ergebnis der Kreditwürdigkeitsprüfung ausgehend, hätte der Kreditgeber nach Maßgabe der vorgenannten Richtlinienbestimmungen lediglich den „geeignetsten" Kreditvertrag aus der von ihm angebotenen Kreditpalette auszuwählen gehabt. Weder der Kreditgeber noch der Verbraucher hätten dann vor der Alternative gestanden, entweder den für den Verbraucher am besten geeignetsten Kreditvertrag einzugehen oder gänzlich vom Kreditvertragsschluss abzusehen. Beiden wäre es vielmehr auch möglich gewesen, sich einvernehmlich auf einen nicht so gut geeigneten Vertragsinhalt zu einigen.⁷² In diesem Fall hätte sich der Verbraucher jedoch in Kenntnis des für ihn geeignetsten Kreditvertrages bewusst für den für ihn ungünstigeren Vertragsinhalt entschieden. Allein die Unbestimmtheit von Art. 6 Abs. 3 RV-KOM 2002 gab insoweit Anlass zu berechtigter Kritik.

    3. Kapitel: Der zweite und

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