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Arnold Dröger
Das Andere von Norden

Unum Taschenbuch Verlag

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Vielen Dank an Leshawn-Jarone, den Rasta, ohne den dies
alles nicht möglich gewesen wäre.
One Love.

1. Auflage Dezember 2009

Originalausgabe
Veröffentlicht im Unum Taschenbuch Verlag,
bei Bad Oeynhausen, Dezember 2009
Copyright ©2009 bei Arnold Dröger
Redaktion Dröger + Hellmich, Bad Oeynhausen
Umschlaggestaltung Sergej Müller
Druck und Bindung CPI – Kraus
Printed in Germany
ISBN 763 2 987 97390 9

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Inhalt
Freund Paul Kommuni über den Autor: ..........................8
Interview mit Arnold Dröger......................................... 10
Arg am Man ................................................................. 11
Der Ball der Genüsse .................................................... 16
Der Eine von Dreien ..................................................... 17
Der Flug ....................................................................... 17
Der Marienkäfer........................................................... 19
Der Tod fährt Slalom .................................................... 21
Der Weg ....................................................................... 23
Die Stille....................................................................... 24
Hinter dem Schleier...................................................... 25
Unterdrückung ............................................................. 26
Bannspruch .................................................................. 27
Betrug .......................................................................... 31
Bist du blind? Ich bin es nicht ....................................... 35
Blutschande ................................................................. 38
Bücherliebe .................................................................. 40
Dachbewohner............................................................. 43
Das Kind, der Junge und der Arme ................................ 44

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Der Säufer .................................................................... 47
Der Schatz .................................................................... 49
Das Ende ...................................................................... 51
Der Schneider .............................................................. 52
Der Schreiberling.......................................................... 55
Diebstahl ...................................................................... 57
Falsche Weihnachten ................................................... 60
Fluch ............................................................................ 61
Freiheit ........................................................................ 62
Geburtstag ................................................................... 63
Hochzeit ....................................................................... 64
Meer des Todes ........................................................... 66
Steinigung .................................................................... 69
Tunichtgut.................................................................... 70
Überfall ........................................................................ 73
Weihnachten ............................................................... 75
Winterzeit .................................................................... 76
Hassliebe...................................................................... 78
Fachterminus ............................................................... 80
Van Dalen .................................................................... 81
Kaffe-Kuchen-Treffen ................................................... 82
Selbstkritik ................................................................... 84

6
Alte Sitten .................................................................... 86
liberty in a prison ......................................................... 87
Auf dem Spielplatz ....................................................... 89
Betrug .......................................................................... 92
Die Klavierstunde ......................................................... 93
Nachts sind die Löwen stark ......................................... 94
Verwechslung?............................................................. 96
Schicksalsschlag ........................................................... 98
Zum Vergnügen.......................................................... 102
Zum guten Zitieren: .................................................... 103
Anregungen ............................................................... 105
Die Frage nach dem Wieso? ....................................... 106
Dialog zweier Welten ................................................. 108
Verunglückter Dialog .................................................. 110
Danke An: .................................................................. 112

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Freund Paul Kommuni über den Autor:

Arnold Dröger (geb. 29.02.1964)


Arnold Dröger ist ein Bochumer Langzeitstudent. Nachdem er
zwei Semester Philologie studiert hatte, beschloss er, sich
umzuorientieren und wagte einen neuen Versuch an der
Universität in Marburg.
Er schloss einen Studiengang in Zoologie ab und eröffnete
sogleich ein Tiergeschäft in Dresden.
Dabei hilfreich war vor allem das, bereits in der
Fernsehspielshow „Am laufenden Band“ gewonnene, Geld in
Höhe von 2.000€. Mit 30 Jahren jedoch musste Dröger
feststellen, dass sein Geschäft nicht ausreichend Gewinn
abwarf, zumal das Gesundheitsamt ihm den Laden sowieso
aus hygienischen Mängeln schloss. Bereits in jungen Jahren
stand er vor den Trümmern seiner Existenz.
In dieser schwierigen Zeit wurde er allerdings für die Lyrik
sensibilisiert. Nach eigener Aussage Drögers sei es ein
jamaikanischer Banjo-Spieler gewesen, dessen zarte Klänge
und anmutig fremde Texte ihn für die Lyrik begeistert hätten.
In der Folgezeit zog sich Dröger stark aus der Zivilisation
zurück, lebte isoliert und zurückgezogen. Was niemand
wusste, er schrieb an seinem ersten Meisterwerk „der Flug“.
Als er es vollendet hatte, ging er zurück nach Bochum und
veröffentlichte es.
Um seine Fähigkeiten weiter zu vertiefen, wollte er
anschließend Germanistik studieren, scheiterte allerdings an
den harten Anforderungen der Hochschule. Seinen Kritikern
zum Trotz schrieb er weitere Gedichte und lebte von den
Spenden treuer Fans, zu denen auch die Bochumer Wohlfahrt
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gehören musste.
Zurzeit lebt Arnold Dröger in Australien um neue
Impressionen für seine Werke zu sammeln und zu bündeln.

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Interview mit Arnold Dröger

Frage:
Herr Dröger, Ihr heiß erwartetes Werk ist da. Was erwartet
die Leser in diesem Buch?
Dröger:
Also, erst mal bin auch ich froh, meine Arbeit vollendet zu
haben. Ich habe viel Zeit und Mühe in dieses Buch gesteckt
und darf auch mit Fug und Recht meinen Stolz ausdrücken.
Schließlich habe ich mit bedeutenden Persönlichkeiten
zusammengearbeitet.
Frage:
Haben Sie spezielle Inspirationsquellen genutzt?
Dröger:
Nein, keine speziellen. Meine Inspiration ist der Alltag und
nichts Besonderes. Das macht meine Gedichte besonders.
Frage:
Und was planen Sie als nächstes?
Dröger:
Eine schwierige Frage. Ich denke, ich werde mir eine Auszeit
nehmen und mich ganz um meine Frau kümmern. Ein
gemeinsamer Urlaub wird uns gut tun (lacht). Was danach
kommt, kann ich noch nicht sagen, aber ich kann viele
beruhigen – Gedichte wird es auch in Zukunft geben.
Frage:
Wissen Sie schon, in welche Richtung Sie als nächstes gehen
werden? Sie sind ja für ihre Wandelbarkeit bekannt…Ihr
Facettenreichtum ist legendär…
Dröger:
(lacht) Danke, nun aber genug der Komplimente! Ich werde
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mich von mir selbst überraschen lassen. Mal sehen, vielleicht
wache ich eines Morgens auf und weiß, was kommt. Ganz
bestimmt wird es so sein!
Frage:
Wunderbar, vielen Dank, dass Sie sich Zeit genommen haben.
Dieses Interview wird zwar auch in Ihrem Buch abgedruckt, ist
aber für unsere Kolumne ein großer Gewinn.
Ihnen überlassen wir gerne das Schlusswort!
Dröger:
Der Dank ist ganz meinerseits. Ich konnte in meinem eigenen
Buch ein Interview mit mir selbst realisieren! Es dient an
dieser Stelle als wunderbare Eröffnung meines Buches. Ich
wünsche dem Leser viel Spaß!

Das Interview führte Helen Höhne.

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Arg am Man

In den Gassen die Soldaten traben,


unterdessen im Ofen Gänse braten,
doch trügt der Schein?
ein Mann mit Messer versteckt in der Nische

Der Ehemann ringt nach Erklaerung,


Der Geißler tut Buße, Klage er nur!
Die Nonnen im Kloster hold, heiser, selig
Schon steht der Mann mitsamt Gepäck am Gleis

Ein kurzer Moment, ein Augenzwinkern,


Verliebt er sich neu, ein ganzer Wink

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Das Rehkitz stirbt stets zuerst

Die Nacht schwarz wie Lakritz,


Durch den Wald huscht einsam ein Rehkitz,
Das Blut spritzt durch die Dunkelheit,
Ermordet wurd es von der Seit

Er sah Dabimbi, der Förster,


Er lief rasch hin, er war örster,
Das Fell zittert in des Mondes Glanz,
Nach Momenten, schnell beendet der Tanz

Hinabgelassen in den Schlund der Erde,


Nimmer vergessen das Rehkitz so werde,
In Gedenken da steht es, das hölzerne Kreuz,
Bis dann der Rabe,
Schändet das Grabe

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Der Ball der Genüsse

Schäumende Brandung,
Klüfte verhallen,
Lautloses Murren, entgleitet den Wellen,
Während sie an die Felsen schellen.

Frostiges Lachen,
Umspielt das Geschehen.
Das Knarzen brilliert,
Als Partner der Perle .

Ein Rohdiamant, bereit zu reifen,


Nervosität unfassbar, zu greifen,
Die Luft erfüllt von dem einen Duft,
So spielen die Möwen, in dunkler Kluft.

Das Gewand erbost,


Vertagt, verblichen,
Die Kutte verschont,

Erhebt sich im Rausch.


Angeglichen an jeglichen Graus
Nimmer fröhlich, sinkt es hinab,
Enden tut es schließlich im Grab.

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Der Eine von Dreien

Einst wanderte ein stolzer Elf von Schlosstal ins Ungewisse,


Traf auf seinem Weg drei Räuberische,
Der Erste nahm fort sein Gewand,
sodass des Elfen Wärme bald entschwand.

Der Zweite nahm ungestraft den Hut


Sodass der Elf fast schon gestürzt wurd` in Armut.
Der Dritte kam des Wegs geschritten und wollte ganz der
edlen Sitten,
gedenken und ihn nach dem Strümpfen bitten,
Doch der Elf in seiner ganzen Pracht, hat geschwind den
Dritten zum Diebe gemacht,
Wie werdet ihr euch fragen, ganz einfach er gab ihm den
Kragen!

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Der Flug

Grüne Blätter sinken hernieder,


der Flieder gibt sich neidlos bieder,
rasant und unerkannt reist der Bär,
erschrocken und töricht, verliebt so sehr.

Es ist Frühlingszeit, die Sonne lacht,


die Vögel frohlocken, devot der Macht,
voller Schmerz und Sehnsucht erfüllt ist der Zweig,
wiegt sich im Wind so lieblos, so weit.

Tauben in Panzern, sich brüstend mit Macht,


rastlose Meisen, flüchtend, in Hast,
der Wald verkündet die frohe Kund,
zu dieser alljährlichen Frühlingsstund.

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Der Marienkäfer

Er hopst, er kugelt, er sinniert,


Genauestens wurde er ausprobiert,
Maßgenommen schon alsbald,
Der Marktplatz wurde zugeknallt.

Husch, Husch, räkeln!


Schrie der Bock,
Der Käfer war tot.

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Der Tod fährt Slalom

Grün trägt der Morgen sein letztes Gefieder,


Scheint sich zu räuspern, verdattert sich sträuben,
Der Mohn legt ab sein Naturell,
Verliert sich in des Mondes endlosem Quell

Nimmer zufrieden ob der Weiten,


Tummeln sich reihernd die nächtlichen Seiten,
Lachen erhebt sich, bittet zum Tanz,
Mag sich nicht legen, pocht auf Distanz.

Hand in Hand verschwinden sie zeitig,


Lächeln verbiegen, die Breiten verleiten,
Ein undendlich festes Band, da sie zu binden,
Wird dann im Ende angewiesen, zu verschwinden

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Der Weg

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Die Stille

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Hinter dem Schleier

Flugs flieht der Sog


Und lacht nicht minder,
Erhaben und selig rinnt das Wasser ,
Es weiß Bescheid.

Umständlich sachte verfährt es im Takt,


schamlos und bärtig ertappt,
Recken voll Stolz kampieren im Zirkus,
Rächen sich sinnvoll an Leid.

Entmutigt vollführt es die letzte Verbeugung,


Applaus macht sich breit,
Unerwünscht doch sicher,
Gefasst und mit Würde.

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Unterdrückung

Er herrschte über lange Zeit,


Fernab von jeder Herrlichkeit,
er hielt die Massen lang auf Trab,
so schuf er das Massengrab.

Wer versuchte, zu entfliehen,


Musste hilflos niederknien,
Wer bemerkte ob des Argen,
Fand sich bald im allzu Kargen.

Wer jedoch jubelte, voll fälschlicher Lust,


Vervielfachte innerlich jeglichen Frust,
Doch eines lässt sich nicht bestreiten,
Der verlebte bequeme Zeiten.

Doch aufgehorcht,
Wer kämpfend starb, der füllte nur das Massengrab,
Der wahre Aufstand war der Mann,
Den man nicht bedauern kann.

Er kämpfte siegend ohne Ruhm,


Begleite ihn, er wird es tun.

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Bannspruch

Erster Akt

Einst ritt ein Ritter hoch zu Ross,


Mitsamt dem ganzen Rittertross,
Sie ritten tief in einen Wald,
Aus dem sie kamen allzu bald.

Sie ritten wild, in großer Hast,


Tagelang auch ohne Rast,
Oh Schreck was war im Wald passiert?
Wieso der Held so ungeniert?

Man munkelte, es sei ein Drache,


Der irgendeinen Schatz bewache,
Doch sicher konnte niemand sein,
So musst er schon in Wald hinein!

So machte man nen großen Bogen,


Um den großen Schreckenswald,
Die Angst war längst noch nicht verflogen,
Der Wald als Ort des Todes galt!

Jahre mussten erst vergehen,


bis ward ein junger Reck gesehen,
Der sagte, ich bin jung und stark,
Den Wald ich wohl betreten mag.

Er ließ sich satteln seine Stute,


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Ihm war wirklich wohl zu Mute.

So ritt er froh das Burgtor hinaus,


Die Menge tobte, er erntete Applaus,
Tausende Augen blickten hinter ihm her,
Doch sie waren glasig, traurig und leer,
Sie jubelten ihm zu und munterten ihn auf,
Doch alle sie dachten, er geht dabei drauf!

Nach zwei Tagen sah er die ersten Bäume,


In der dritten Nacht hatte er schreckliche Träume,
So ganz alleine und ohne Gefährten,
Gehörte er nicht zu Beneidenswerten,
Doch trotzdem er musste weiterreiten,
Und seinen einsamen Kampf bestreiten.

Sein Leichtsinn auf dem Weg verloren,


Gab er seinem Pferd die Sporen,
Er ritt durch Tag und Nacht,
Schlug einsam seine Schlacht.
Nach Tagen nun war er am Ziel,
Auch wenn ihm das nicht mehr gefiel,
Doch zum Jammern blieb keine Zeit,
Denn das Monster ja nicht allzu weit!

So ritt er gespannt unter Fichten und Buchen,


Das Laub am Rascheln unter des Pferdes Hufen.

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Zweiter Akt

Er war noch gar nicht tief im Dickicht,


Als Der Tag nervös hereinbricht,
Da sah er eine Burg, heroisch,
Infolgedessen ritt er stoisch,
Wohl bedacht und vorsichtig,
Der Boden war nun abschüssig.

Nach hundert Metern sah er dann,


dass er gar nicht vorwärts kam!
Er ritt und ritt minutenlang,
Ohwei nun wurd` ihm Angst und Bang.

Ai das war doch Hexerei,


des Reckens Geist war einwandfrei,
Doch nun brach er verschreckt entzwei.

In purer Panik floh er fort,


Wollte verlassen den schaurigen Ort,
Doch anders als der edlen Ritter,
Zu lang schon da, ach wie bitter!

Der Zauber band ihn an den Ort,


Gezwungen also lebt er dort

Daheim da fragen alle nun,


Was ist bloß mit dem Jung geschehen?
Allein er weiß er kommt nie wieder,
Zudem er immer paranoider!
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Der Recke war voll Pech,
Wie er war so frech,
Des alten Bannspruchs Opfer geworden,
Dessen Freud am überborden!

Schon lange war kein Mensch mehr dumm,


In sein Territorium,
Gelaufen ohne Argwohn,
Er lacht ihn aus voll Hohn.

So ward der Reck nie mehr gesehen,


Sie hatten es doch schon geahnt,
Dass das Schicksal nicht wohl plant,
Obwohl er noch wurd` hundertzehn.

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Betrug

Es lebte einst ein Ehepaar,


In Harmonie, so wunderbar,
Sie liebten sich so wahnsinnig,
Dass niemand wurde abtrünnig.

Arm in Arm sie durch den Park,


Genau wie‘s ihnen wohl behag,
Sie hatte Beide sehr viel Zeit,
Zu teilen diese, sie bereit.

Unterdessen fast zeitgleich geschah,


Was nun geschildert wird hautnah:

Ein schöner, junger, eitler Holder,


Nimmt Parfüm Richtung Wachholder,
Das tut, weil er gut riechen muss,
Für ihn ist`s Zwang, für Andre Stuss.
Zudem ist dreimal täglich waschen,
Für ihn grad so noch angemessen.

Derweil zurück zum Ehepaar,


Die Beiden nämlich auch noch da:

Der Gatte wurde kontaktiert,


Zur Arbeit wurd` er kommandiert,
Herr Obermeier lag im Bett,
Hautton Richtung violett.
So schad`s auch war, er musste fort
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Sprach ein kurzes Abschiedswort,
Dann noch schnell ein flücht‘ger Kuss,
Und mit dem Ausflug war nun Schluss.

Die Frau, gedachte da zu bleiben,


Sich die viele Zeit vertreiben,
Ließ sich fallen auf `ne Bank,
Sie sehr tief in die Lehne sank.

Doch nun mal schnell zurück zum Mann,


Wollen nicht verpassen wie alles begann:

Der Mann in seinem Kämmerlein,


Wollt nicht länger sein allein,
Seine Schönheit wollt er teil‘n,
Zog sich an, extrafein.

Schnurstracks ging er in den Park,


Auf wen er dort wohl treffen mag?

Doch nicht vergessen wollen wir den Gatten,


Er soll ja nicht stehen in Jemandes Schatten:

Der Gatte hart am Werken war,


Die Arbeit halbwegs annehmbar,
Sogar der Chef war fast zufrieden,
Dem Mann gelang`s ein Lob zu kriegen.

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Sporadisch dacht er an die Frau,
Doch nicht zu viel, er war ja schlau,
Wollt er gute Arbeit tun,
Musst er sich konzentrieren nun.

Doch was machte derweil seine Frau?


Der Ehemann wusst`s nicht genau.
Doch was er nicht weiß, das wissen wir,
Geschildert wird’s im Kommenden hier:

Sie saß auf ihrer Bank im Grünen,


Gedanklich lag sie in den Dünen,
Da schritt der Schöne in den Park,
Zu wem er sich wohl setzen mag?

Er setzte sich auf die selbe Bank,


Auf der die Frau schon niedersank.
Er murmelte höflich: „Guten Tag“,
Bis er ihr visuell erlag.

Er sah sie an, die schöne Meid,


Zum Tanz mir ihr war er bereit,
Ihr blondes Haar, so lockig lang,
Dass er ergriffen, wild aufsprang.

Die Frau, sie starrt ihn lange an,


Weil sie es noch nicht fassen kann.
Den Holden, den fand sie so schön,
Wie sie noch niemanden gesehen.

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So griffen beide des Anderen Hand,
Und liefen bis man sich schließlich im Bette befand.

Doch es wäre jetzt völlig vermessen,


Bei diesem Spektakel den Mann zu vergessen,
Dieser kommt nämlich grad nach Haus,
Fährt aus seinen Sneakers raus.
Zugleich ne Premiere bei diesem Gedicht,
Denn so nah waren alle Drei bisher sich nicht.
Sie nun sind alle im selben Haus,
Mal lieber schnell weiter, Ob das geht gut aus?

Also der Mann kam zur Türe herein,


Die Frau so rot vor lauter Pein.
Der Mann vor Zorn die Schrotflinte zückt,
Auf dass seine Frau nie mehr nen anderen beglückt.

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Bist du blind? Ich bin es nicht

Ei was tut man gerne dichten,


In allen Gesellschaftsschichten,
Rackert viel und gibt sich Müh,
Allein gelingen mag es nie.

Der schöne Reim versteckt sich schwer,


So bleibt er schön, das merkt man sehr,
Doch wer ihn trifft, der erntet Ruhm,
Für sein rechtschaffenes Tun.

Drum sitz ich hier und schreibe,


Viel Aufwand auch betreibe,
Befind mich auf nem langen Pfad,
Der mich zum Ziele führen mag.

Ich irre ziellos durch die Gassen,


Versuch die Lösung abzupassen,
Finde sie in einem Gang,
Wo man Licht nicht finden kann.

Sie dreht mir den Rücken zu,


Ich fass sie an,
Sie ruckelt nu.

Bist du blind? Ich bin es nicht,


Schreit mir die Täuschung ins Gesicht.
Unvorstellbar auszumalen,
Dass der Zappelphilip den ich sah,
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In Wahrheit nur ein Trugbild war,
Ich Tor, ich fing schon an zu prahlen.
Ich irre ziellos durch die Gassen,
Fühl mich so allleingelassen,
Hab keinen Einfall, keine Worte,
Hier am völlig fremden Orte.

Ich merke nun, dass ich als Mann,


Keine Lösung finden kann,
Die richt‘ge Lösung gibt es nicht,
Ich sag`s dir ehrlich ins Gesicht.

Der Trick beim Reimen ist ganz simpel,


Im Winde hängen muss der Wimpel,
Preise, was die Masse mag,
Entgeh dem schöpferischen Grab.

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Blutschande

Es gab mal der Geschwister zwei,


Doch lieber wollten sie sein drei,
Doch ihr Begehren nie wurd` war,
Die Hoffnung Beider schleppend rar.

Das Problem das lag beim Vater,


Der Engpass ein verdammt privater,
Solang er`s auch versuchen mocht`,
Schon lang er nichts mehr eingelocht.

Die Kinder waren sehr verdrießlich,


Und begannen alsbald schließlich,
Anders nach dem Kind zu Streben,
Auf sehr unethischen Wegen.

Sie stiegen Beide in ein Bett,


Um sich zu fühlen schnell komplett.
Das Kind, es kam, es war sehr munter,
Deshalb nannten sie es Gunter.

Doch eines Tages kam den Beiden,


Ein Gedanke voller Leiden,
Er übermannte sie geschwind,
Denn ihr Bruder war ihr Kind.

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Bücherliebe

Eine junge Frau saß im Cafe,


Auf der Straße lag der Schnee.
Der Mann spazierte, sah sie schnell,
Sie war so schön wie ein Modell,

Er ging hinein, wollte bei ihr sein,


"Ach ich wünschte sie wär Mein!"
Sie saß nur dort und trank im Stillen,
Verbarg geschickte ihren Willen.

Er betrachtete sie lange,


doch ihm wurde angst und bange,
als sie das Cafe verließ,
das was Schlechtes bloß verhieß.

Er folgte ihr, so schnell es ging,


Bis ihr Blick nen Laden fing,
Sie ging hinein, er ging ihr nach,
Weil ihre Schönheit ihn bestach.

So stand sie an der Kasse,


Die schöne Haut war blasse,
Er sah sich um und sah sie schon,
So viele Bücher, eine Attraktion.
Diese waren zwar entzücken,
Die Masse jedoch fast erdrückend.

Die Frau, die wollt er wieder sehen


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Ihm fiel`s nicht schwer, sich`s zu gestehen,
Begann Termine umzulegen,
Und sich zum Buchkauf zu bewegen.

Doch nie las er auch nur ein Wort,


Er legte all die Bücher fort,
Hatten sie doch keinen Wert,
Für ihn, als Ritter ohne Schwert.

Er wollte doch nur bei ihr sein,


Ließ sie im Laden nie allein.
Doch eines Tages kam sie nicht,
Was wohl da geschehen ist?

Er fragte, was denn mit ihr sei,


Doch Antwort gab es keinerlei,
Er fragte immer, immerfort,
Bis ein Mann ihm gab Antwort.

"Sie hatte einen Unfall ja,


im Krankenhaus, so lag sie da,
Doch nichts konnte sie retten
selbst wenn sie gezaubert hätten“,

Tot war sie, er konnt`s nicht fassen,


sie hatte ihn allein gelassen!

Geschockt der Mann nach Hause ging


Und mit den Lesen nun anfing,
Er las im Umschlag eines Buches
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plötzlich etwas, etwas Gutes?

Sie schrieb von ihm, von ihr,


Sie wollte, dass sie sind ein "wir".
Ihre Lieb' auf jedem Umschlag stand,
Sodass der Mann sich einfach wand.

Wieso war er so dumm gewesen,


Hatte die Bücher nicht gelesen?
Sie hatte ihn geliebt so sehr,
Doch war sie tot, konnt` dies nicht mehr.

Er konnte es nicht mehr ertragen,


Es ging nicht mehr ums trauen, wagen,
Er weinte wirklich bitterlich ,
Er liebte sie doch fürchterlich.

42
Dachbewohner

Ein Greis saß weise auf dem Dach,


Denn sein Dache, das war flach,
So saß er da, den ganzen Tag,
Natürlich manchmal er auch lag.

Die andern Leute dachten sich,


ich finde ihn verwunderlich,
Wieso nun sitzt er auf dem Dach?
Die Augen auf, die Sinne wach!

Im Winter friert er beinah ein,


Doch auch dann geht er nicht rein.

In Wahrheit nun so sitzt er dort,


Weil das ist der einz‘ge Ort,
Die Fensterluke sichtbar ist,
Durch die er spannt, der Voyeurist.

[Anmerkung: Dem Autor ist durchaus bewusst, dass Voyeurist


eine Wortneuschöpfung ist, aber es ist ihm scheißegal]

43
Das Kind, der Junge und der Arme

Wütend tost am Badestrand


Ein großer Wind,
Vom festen Land.

Tost und wütet, braust geschwind,


Dass keiner sieht das kleine Kind,
Es klammert sich an einen Baum,
Doch Kraft genug hat es wohl kaum.

Es schreit in seiner Not,


So jung, klein und devot.

Doch Hilfe, nein, bekommt es nicht,


Dem Kinde schon der Schweiß ausbricht,
Die Ärmchen werden schlaffer,
Der Wind weht immer straffer.

Da kommt die Hilf mit Stock herbei,


Alt, runzlig und nicht blasenfrei,
Ein alter Mann, er sah das Kind,
Wollt rüber eilen, ganz geschwind,
Doch auch für ihn der Wind zu stark,
Er weht ihn bis nach Dänemark.

Das Kinde, ja, es kann es ahnen,


Wie in elenden Romanen,
Wird es sterben, ohne Klagen?

44
Der Arme ist jetzt antriebslos,
Seine Finger lassen los,
Der Winde dreht noch einmal auf,
Nimmt das Kinde in sich auf

Den Armen sich just einverleibt,


Der Winde an den Balkan treibt,
Da jubeln schon die Serben,
Das Kinde muss nicht sterben,
Der Junge in ihr Land geweht,
landet sanft im Blumenbeet.

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Der Säufer

Torkelnd läuft der wilde Spund,


Bitter schmeckt die Morgenstund,
Gesoffen er die ganze Nacht,
Bis die Kneipe dichtgemacht.

Nun schnattert, grölt und tänzelt er,


Die Sinne schwinden immer mehr.
Die Welt, sie wackelt, dreht und schwankt,
Doch seine jeden Tag so wankt.

Zu Haus, da liegt die Wohnung brach,


Bedauernd rollt er ins Gemach,
Frau und Kind sind fortgegangen,
Zu viel von ihm sie aufgefangen.

Er bricht und spuckt, es geht ihm schlecht,


Weil er sich durch die Nächte zecht.

Zu leben hat er noch zwei Jahre,


Ganz und gar nicht wunderbare,
Dann wird er sterben, ganz alleine,
Die Tochter für ihn einmal weine!

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Der Schatz

Der lange Bart, er weht im Wind,


Die Augen huschen flink, geschwind.
Einen Schatz er lang bewacht,
Denn viel streben nach der Pracht.

Der Wächter niemals schlafen geht,


Ob morgens früh, ob abends spät,
Der Schatze ihn doch braucht so sehr,
Die Diebe werden immer mehr.

Sie kommen her und wollen plündern,


Allein nur er kann es verhindern,
Doch der Wächter langsam alt,
Ein Mann von klappriger Gestalt.
Der Schatz, er muss sich leise sorgen,
Ob er ist noch gut geborgen.
Denn stark der Wächter nun nicht arg,
Er gut noch ein Jahr leben mag.

So sucht der Schatz nen neuen Wächter,


Denn Er ist ein Ungerechter,
Der Alte für ihn tat Millionen,
Der Schatz, er will es ihm nicht lohnen.
Nun nimmt er die Maske runter,
Ein Bösewicht, der steckte drunter.

Er tötet mürbe seinen Knecht,


So furchtbar, schrecklich ungerecht.
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Dann sucht er sich nen neuen Mann,
Den er sich versklaven kann.

50
Das Ende
.

51
Der Schneider

Im schönen Elsass lebte Müller Schneider,


So schön wie er konnt` niemand nähen schicke Abendkleider.
Drum kamen alle eingetrudelt, in seinen schnöden Laden,
In Wahrheit seine Kleider doch nur Masken und Fassaden.

Schön in ihrer Oberfläche, das waren sie alle,


Auf dass der Meute neue Kleider ganz bestimmt gefalle.
Doch Qualität war nicht vorhanden, so mehr er`s auch
versuchte,
Doch trotzdem er den meisten Umsatz immer noch
verbuchte.

Der Schneider somit klug und schlau,


Was er tat, wusst` er genau.
Er täuschte gute Arbeit vor,
Und deshalb auch niemals verlor.

Die Konkurrenz war chancenlos gegen diesen Trick,


Doch dacht sich, wie hängen auf den Müller am Genick,
Wer andern eine Grube gräbt,
Hat sich selber reingelegt.
Nach diesem Einfall wollten sie den Müller überlisten,
Verspeisen sie ihn wollten, die üblen Zivilisten.
Ausnehmen und Rupfen wie ein altes Huhn,
Man wir doch wohl was Rechtes, bestimmt nicht Schlechtes
tun!

So schicken sie ein Päckchen zu dem armen Schneider,


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Der nähen konnte immer noch die wunderschönen Kleider.
Er sah das Päckchen, freute sich,
Die Freude fast bedauerlich.
So schlug er dann das Päckchen auf,
Beim lauten Knall, so ging er drauf.

Die Bombe tat bloß simpel ihren Zweck,


Auf einmal nämlich war in Elsass der beste Schneider weg.

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54
Der Schreiberling

Ein durchschnittlicher Schreiberling,


Der niemals Missetat beging,
Ohne Schneid und Eigenheit,
Bekannt zudem nicht allzu weit,
lebte in nem Domizil,
So durchschnittlich wie`s ihm gefiel.

Sein Leben war ein einz‘ger Plan,


Mit Ordnung nur war`s nicht getan,
Es musst schon systematisch sein,
Bloß das gefiel nur ihm allein.
Freunde hatte er nur rar,
Das freilich nicht mehr annehmbar.

Doch er war viel zu farblos, fad,


Sodass ihm blieb allein mein Rat:
Strebe nie nach etwas Fremden,
Sonst wirst du deine Freunde blenden.

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56
Diebstahl

Ein Mädchen saß am Mittagstisch,


Auf das Essen freut es sich,
Die Mutter nur die Schultern zuckt,
Auch sie hat lang nichts mehr geschluckt.

Doch nichts zu Beißen war mehr da,


Was nicht überraschend war,
Die Schränke schon seit langem leer,
Ach wenn’s bloß was Neues wär.

Das Mädchen hungrig schlafen geht,


Aus Hunger ihre Welt besteht,
Im Bette fast sie den Entschluss,
Das sich nun was ändern muss.

Am nächsten Tag geht sie bestimmt,


Auf die Tat längst eingetrimmt,
Zum unbeliebten, schnöden Laden
Blickt angstvoll durch die Balustraden.

Sie weiß genau, sie tut nicht Recht,


Doch ihr Hunger ist zu echt,
Sie rafft sich auf, bereit zu gehen,
Ach, würd man sie doch bloß verstehen!

Schnurstraks durch die Ladentür,


Uff- ein Glück, das hätten wir,
Nun ans Regale ganz dicht ran,
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Damit niemand was sehen kann,
In die Tasche ganz Geschwind,
Verschwinden lassen ein Stück Rind.
Ein zweites Stück gleich hinterdrein,
Man wird ihr doch nicht böse sein!

Zufrieden ob es just genommen,


Muss sie nur noch schnell fortkommen,
Schuldbewusst und leicht geknickt,
Bis sie plötzlich schwer erschrickt,
Ein Mann vor ihr steht bitterbös,
Das kleine Mädchen nun nervös,
„Was wollen Sie?“, will sie beginnen,
Doch kein Wort mag ihr entrinnen,
Sie steht da und stottert bloß,
Ihre Angst so schrecklich groß!

Im Bette nun dort wacht sie auf,


Schnell begreift sie den Verlauf,
Welch ein Glück, sie glaubt es kaum,
Das Ganze war ja nur ein Traum!

Doch eines will der Traum sie lehren,


Ihre Tat nicht auszuführen,
Andre Leute dreist bestehlen,
Ich würd`s dir einfach nicht empfehlen!

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Falsche Weihnachten

Am heilg‘en Abend so sitzen die Scharen,


In der Kirche, die Undankbaren.
Für einen Tag sie sich eingefunden,
Dann ihren Glauben zaghaft bekunden.

Kommerziell heut niemand denkt,


Zwar jeder bekommt was geschenkt.
Doch natürlich feiern sie wollen,
Zu Ehren Christi, dem Ehrenvollen.

So war`s früher, so war`s fein,


Allein mehr heut soll`s so nicht sein.
Heute alle nur noch Lachen,
Über ehrwürdige Sachen.

Jeder will nur viel geschenkt,


An Haben, Kriegen jeder denkt.

60
Fluch

Diese Zeilen sind verflucht,


Zieh‘n dich runter in die Schlucht,
Siehst du sie, dann bist du hin,
Im Tode hat das Leben Sinn.

Du wirst sterben, s ist gewiss,


Die Frage ist nur: Hast du Schiss?
Nimm den Tod mit Tapferkeit,
So findest du die Ewigkeit.

Tod!

61
Freiheit

Die Zeit der harten Arbeit scheidet,


Bald niemand mehr an Stress so leidet,
Die Füße werden hochgelegt,
Der Köpfe völlig leer gefegt.

Ich freu mich schon auf diese Zeit,


Ich immerzu bin startbereit!

62
Geburtstag
Ein schöner Tag ist endlich da,
Es kaum noch auszuhalten war.
Nun geht er in die Schule grollend,
Lieber weiter schlafend wollend.

Doch auch an solchen schönen Tagen,


Muss man sich mit Schule plagen.

In der Penne nun am nicken,


Kann er Wünsche, Grüße knicken.
Niemand der ihm geltend macht,
Dass er hat heut` an ihn gedacht.

Keiner wünscht ihm alles Gute,


Der arme Jan er zieht `ne Schnute!

63
Hochzeit

Der lange Schleier, hell wie Licht,


Nahm ihm seine Ängste nicht,
Selbst vorm Altar, als sie da stand,
Nahm er bange ihre Hand,

Was wenn sie ihn nun doch verließ?


Ihn von ihrer Seite stieß?
Nun nahm sie ihren Schleier fort,
Er blickte sie an, nun immerfort,
Tief in seines Mutters Augen,
Als wollte Blau er aus ihnen saugen.

Die Hochzeitsgäste warn perplex,


Er hat den Ödipuskomplex.

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65
Meer des Todes

Alle schauen her,


Blicken zurück,
Zum trostlosen Meer,
Wo war das Unglück.

Ein Junge, ein Lachen, ein einziger Streich,


Trauernde Leute, die Züge ganz bleich.
Der Junge war voll Übermut,
Wie es auch manch andrer tut,
Tief geschwommen in das Blau,
Suchte eine Meerjungfrau,
Der Junge nämlich etwas sah,
Das bestimmt ein Karpfen war.

Doch der Naive konnt` nicht ahnen,


Dass er hier nicht schwamm in Bahnen.
Es wimmelte nur von Lianen,
Doch sollte ihm was Böses schwanen?
Er war doch sonst ein guter Schwimmer,
Zumindest das zu Hause immer.

Doch das Meer es war so tief,


Der Junge sah sein Plan ging schief.
Schrie und heulte, voller Schreck,
Doch der Bademeister weg.

Dessen Blase nämlich voll,


Dass sie beinah überquoll.
66
So war er nur kurz fortgegangen,
Ohne Angst und ohne Bangen.
Nie war jemals was passiert,
So war er schnurstracks abmarschiert.

Der Junge also ganz alleine,


bekam ganz rasche müde Beine,
Sein junger Atem wurde matt,
Der ganze Körper, er war platt.

Panik wallte in ihm auf,


Nochmal zog er sich heraus,
Doch retten konnte er sich nicht,
Der Tod er kam im Abendlicht.

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68
Steinigung

Gesündigt hat der Bräutigam,


Vors Gericht er freilich kam,
Begangen er den Seitensprung,
So kam`s zu seiner Steinigung.

69
Tunichtgut

Ein Tunichtgut von Sohnemann,


Der nichts Gutes tuen kann,
Lebte einst im schönen Herne,
Was liegt in der weiten Ferne.

Er strolchte, scherzte vor sich hin,


Nur Blödes kam ihm in dem Sinn.
War stadtbekannt als frecher Flegel,
Kannte keine einzge Regel.

An einem schönen Sommertage,


Kam ihm eine gute Frage,
Er fragte sich, wie ist es bloß,
Wenn man nicht ist anstandslos.
So wollte er sich nicht genieren,
Und es einmal ausprobieren.

Er zog sich feine Sachen an,


Und grüßte freundlich jeden Mann,
Die Kinder freilich ließ er stehen,
Er hat sie sicher übersehen.

Doch der Bube merkte bald,


Dass sowas als nicht freundlich galt:
So änderte er sein Gebaren,
„Einmal nur adrett verfahren“.

Frauen, Männer, Kinder drum,


70
Besticht er mit Brimborium.
Die alten Omas, Opas matt,
machte er mit Güte satt.

Doch es gab noch jene Arten,


Die nicht trauten diesem Braten.
Manche Herren dachte schlau,
Der Junge macht doch sonst Radau,
Woher kommt die neue Art,
Vorher noch so rau und hart.

So misstrauten sie ihm sehr,


Von Zeit zu Zeit gar immer mehr.
Doch grundlos muss man auch noch sagen,
Denn der Bub begann nach Tagen,
Artig sein ganz schlimm zu finden,
Er kannte endlich das Empfinden.

So sah er keinen Sinn darin,


Fortzuführen den Beginn.
Ab da an wieder ganz der Alte,
Viele Pauken wieder hallten!

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Überfall

Nah des Zentrums, nah des Parks,


Passiert was Schlimmes nachmittags.
Die Oma alt und knittrig schon,
Wied Opfer galliger Aktion.

Sie geht nichtsahnend ihre Route,


Also Beute, und zwar Gute.
Denn Männer, drei, gedenken mistig,
Sie auszunehmen, bös und listig.

Ohne Ehre und Courage,


Schleichen sie in die Passage,
Wo Bäume stehen dicht auf dicht,
Ein Himmel für den Bösewicht.
Versteckt hinter den vielen Ästen,
Klappt die Tat bestimmt am Besten.

Die Oma nun den Ort betritt,


Wo die Männer steh`n zu dritt.
Leider kann sie sie nicht sehen,
Sie kann der Tat nicht mehr entgehen.

Das Opfer in der Falle sitzt,


Das nicht mal wach die Ohren spitzt.
Es ahnt nicht drohende Gefahr,
Macht sich dadurch angreifbar.

Die Täter springen schnell heraus,


73
Und nehmen rasch die Oma aus,
Die steht nur da perplex, verstört,
Die Täter gänzlich ungestört.
Niemand sieht das Grauen dort,
Wo die Täter laufen fort.

Die Oma tief geschockt und schwach,


An diesem schlimmen Nachmittach.

74
Weihnachten

Die Bäckchen rot, die Jäckchen warm,


Mütter, Kinder Arm in Arm.
Sie singen, tanzen flöten heiter,
Diesen Abend niemand zweiter.

Die Weihnachtsganz hat wohl gemundet,


Das hat den Abend abgerundet.
Doch erst das Naschen war die Krönung,
Für die Kinder eine Dröhnung.

Das Beste an dem Abend war,


Freilich war es absehbar,
Die Bescherung, schön und hold,
Schöner als das feinste Gold.

75
Winterzeit

Sanft im Winde schwingen leise,


Nach der Abreise der Meise,
Flocken weiß und kalt,
Die Landschaft wird bemalt.

Die weiße Decke,


kalt und warm,
Die Kinder werden arbeitsam.

Sie laufen hin, sie laufen fort,


Sie rollen Schnee von Ort zu Ort.

Die Oma in der Stube sitzt,


Und sich ihren Tee erhitzt.
Auch sie genießt die Wintertage,
Ach das ist doch keine Frage.

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77
Hassliebe

Aus Schönheit dieses Ding besteht,


Dass ihn, den kleinen Wicht verschmäht,
Ihre Anmut so graziös,
Seine Wünsche skandalös.

Er war besessen wollte sie,


Allein fehlt ihr die Sympathie,
Oft schon sie ihm beigebracht,
Dass er sich sinnlos Hoffnung macht.

Er wirft an ihr Fenster, Kieselsteine,


Doch sie ihn stehen lässt, alleine,
Der Mann sieht endlich, endlich ein,
Dass diese Frau wird nie sein sein.

Da schlagen seine Gefühle um,


Sein Hass steigt in ein Maximum,
Wenn er sie schon nicht haben kann,
Dann soll es auch kein andrer Mann!

Des Nachts fährt er zu ihrem Haus,


Nimmt schnell ein Kellerfenster raus,
Steigt durch dieses hastig ein,
Ach es kann so einfach sein!

Er sieht sie dort im Bette liegen,


Sie soll wahrlich kein andrer kriegen,
Er zückt ein langes, spitzes Messer,
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Auf dass es ihm gleich geht viel besser.

Er überwindet seinen Schmerz,


Und sticht ihr dreimal tief ins Herz,
Zufrieden er noch lange nicht,
Ihr wild in ihren Busen sticht.

Danach er wie ein Irrer lacht,


Da liegt sie nun in ihrer Pracht,
Sie ist zwar schön, doch trotzdem tot,
Ach sie liegt da so devot,
Er kann alles mit ihr tun und lassen,
Beginnt damit sie anzufassen.

Er fährt bei Dämmerung nach Haus,


Doch vorher nimmt er sie noch aus,
Das Geld, Papiere, Mietvertrag,
Ach war das ein schöner Tag!

79
Fachterminus

Ein Junge schaut in seinen Diktionär,


Was er dort findet erfreut ihn doch sehr,
Er hatte gelesen ein neues Wort,
Was er nun benutze an jedem Ort.

Die frivole neue Vokabel,


Ihm vorkam formidabel.
Doch ständig rief er dieses Wort,
Wirklich ständig, immerfort.

Wie ein kleiner Bub grinste burschikos,


In Wahrheit völlig ahnungslos,
Doch der Spaß er soll ihn ruhig haben,
Und sich an dem Worte gefällig erlaben.

Doch was bezweckte er mit der Vokabel?


Die für die Klugen eher blamabel,
Ich glaub mit des Wortes Benennung,
suchte er Anerkennung,
Wieso sonst er es immer anbot,
Sein Lieblingswort: es war „devot“.

80
Van Dalen

Professor Jörg Van Dalen,


Klug und schlau er war,
Mochte gern das Malen,
Doch galt als alter Narr.

Seinen Ruf den war er Leid,


Drum dacht` er sich gescheit,
Ich muss mich profilieren,
Den Ruf so strangulieren.

Hier fehlt die dritte Strophe,


Das ist `ne Katastrophe,
Doch Niemand muss hier traurig sein,
`Ne vierte die fällt mir schon ein:

Der Narr war längst gestorben,


Ein guter Ruf erworben,
Er wetzt die stolzen Pranken,
Solang Legenden ranken.

81
Kaffe-Kuchen-Treffen

Kaffe saufen, Kuchen fressen,


Getarnt als Kaffe-Kuchen-Treffen,
Jeder Krümel wird verschlungen,
Langweilige Abhandlungen...

Fette Bäuche, sich aufblähen,


Danach schnell Frau Schmidt verschmähen,
Verabredung zum nächsten Treffen;
Dann aber mitsamt der Neffen!

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83
Selbstkritik

Ach was schreib ich trivial,


Ohne Sinn und Ideal,
Zieh die Sparte in den Dreck,
Ich Kritikern die Herzen weck.

Westerwelle nun Minister,


Ich glaub ich zieh alle Register,
Ich schimpf und läster aussichtslos,
Warum ist mein Talent nicht groß?!
Ich schreie nur in jedes Ohr,
Dann komm ich mir begabter vor

84
85
Alte Sitten

Der Herr auf seinem Gute,


Liebte noch die Rute,
Strafte seine Knechte,
Die Armen ohne Rechte.

86
liberty in a prison

a murderer is sitting in the death row,


watching outside out of the window,
but there is no window,
and no outside

there`s only the loneliness

is he guilty? Isn`t he?


only love can judge him,
the love sends a butterfly to the murderer,
and he`s enjoying the last beauty of his life

what is love?

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Auf dem Spielplatz

Meine Mutter reicht mir einen eine Nascherei: „Und jetzt


gibst du Ruhe, verstanden?“. Ich schaue zerknirscht auf meine
kleinen Füße und trotte neben ihr her, beobachte wie ich auf
die grauen Pflastersteine trete und versuche, die grauen
Ritzen zu meiden. Der Blick auf den Boden, eine triste Lösung,
doch sie verhindert den Blick auf das städtische Kolorit.
Motorengeheul, Verkehrslärm und Hupen dröhnen in meinen
Ohren, ich muss entspannen und schöpfe einen großen
Schuss Smog, ziehe ihn tief ein, er durchflutet meine Lungen.
Unwillkürlich muss ich husten, Zigarettenqualm zeichnet sich
für den Reflex verantwortlich. „Mama kannst du die Zigarette
ausmachen?“. Ich schenke meiner Mutter einen treuen Blick
mit lieblichen Kinderaugen. Der barsche Ton zieht wie ein
Sturm über mein lächelndes Gesicht: „Ich bin gleich fertig,
klar?!“. Die nächsten Meter legen wir im Schweigen zurück,
meine Mutter beschleunigt ihren Schritt etwas, und schiebt
den Kinderwagen schneller. Kurze Beine sind nicht so schnell
wie lange, lautet die bittere Lektion, doch ich sage nichts. Das
kleine Ding in dem Wagen schläft weiter, soll es doch. Als wir
um die Ecke biegen, haben wir unser Ziel erreicht. Begeistert
blicke ich auf das lustige, rote Schild. „Spielplatz – nur für
Kinder unter zwölf Jahren“ lese ich. Das graue Pflaster endet,
fortan spüre ich den unebenen Sand unter meinen Füßen. So
schnell wie mich zwei Beine tragen können, überwinde ich die
große Distanz zum Klettergerüst und rase über den Spielplatz.
Mutter fällt keuchend auf eine Bank, mit verschränkten
Armen vor der Brust sperrt sie die Anteilnahme aus und übt
sich infolgedessen an Ignoranz. Die Nase klebt sie hinter ein
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Buch und da bleibt sie auch. Ich lasse meinen Blick über die
Lokalitäten schweifen und fixiere ihn auf die Sandgrube.
Raschen Schrittes herangeeilt, werde ich zum edlen Ritter
Artus und baue mir eine mächtige Burg, groß, stabil und
eindrucksvoll. Majestätisch und stolz genieße ich das fertige
Werk, ein Sinnbild an Stattlichkeit, Macht, Größe und
Grobheit – männlich.
„NEIN! Was tust du?“ Ein schiefes Gesicht schaut mich
tückisch an „War keine Absicht“ höhnt der zugehörige Junge
und schaut grinsend auf den Sandberg, ehemals Camelot. Das
lässt Artus nicht auf sich sitzen, bei seiner Ritterehre! Er
springt blitzartig auf, wie ein Panter und holt aus. „Au!“ Wie
ein Baumstamm in besten Jahren gefällt, rase ich gen Erde,
der dumpfe Schlag gegen den Kopf schmerzt. Wild stürze ich,
doch Sand schmeckt nach Rache!
Ich wirble meinem Widersacher Sand in die Augen, jetzt hab
ich ihn. Er ist lange genug orientierungslos um mit der Faust
sein Gesicht zu malträtieren.
Weitere Kinder eilen herbei, Freunde meines Feindes. Ich
schmecke gallig den Geschmack von Blut und sandiger
Niederlage. Die Jungs sind weg, meine Mutter liest. „Mama,
ich will nach Hause“.
Auf dem Rückweg habe ich Schmerzen vom Kampf, aber ich
bekomme wieder eine Nascherei.

90
91
Betrug

Betrogen. Sie hatte ihn betrogen. Er konnte die Schmach


nicht länger ertragen.
Seine Mutter, sie war gestorben. Er hatte die Nachricht heute
in der Früh erhalten. Sie war abends schlafen gegangen, hatte
die Augen geschlossen, aber hatte sie morgens nicht mehr
geöffnet.
Einfach von ihm gegangen, ohne sich von ihm zu
verabschieden, Zorn wallte in ihm auf. Sie hatte es ihm
versprochen, sie hatte geschworen sich von ihm zu
verabschieden. Und nun war sie fort, ohne ein Wort, eine
Nachricht, ein Hinweis, irgendwas.
Er fühlte sich vom Leben betrogen, von der Mutter betrogen
und vom Tod betrogen. Er hatte ihn um seine Mutter
gebracht. Und so kam es, dass nicht weniger als zwei Dutzend
Tabletten seinen Rachen hinunterglitten und auch er der Stille
zum Opfer fiel.

92
Die Klavierstunde

Die Kälte linderte den Schmerz. Die Wassertropfen perlten


von ihrer bebenden Stirn. Sie registrierte das Ticken der Uhr.
Bald würde er kommen. Tick, tack, tick, tack. Kaum noch Zeit,
er musste sich beeilen. Denn nach New Jersey war es weit,
aber da wollte er ja nicht hin. Schneller, immer schneller.
Tipp, tapp, tipp, tapp. Seine Schuhsolen schrederten über den
Asphalt. Jedes Tipp und jedes Tapp, brachen ein weiteres
Stück aus seinem Herzen, dessen Wunsch nach Freiheit
unermesslich war, und hinterließen einen emotionalen
Krater, ohne Hoffnung und Freude. Von ostwärts wurde eine
leichte Sommerbrise zu ihr getragen. Sie stand reglos auf dem
Balkon und genoss mit verbitterter Freude den letzen
Moment, in dem Farbe in ihr Leben trat.
Er passierte den Stadtpark und vernahm die hellen
Kinderstimmen, doch sie waren unwirklich, so weit weg. Eine
Barriere aus Pflicht und Disziplin, hinderte ihn daran
teilzuhaben und versperrte ihm den Weg zur süßen Frucht
des Lebens. Seine Füße bewältigten mechanisch die nächsten
Schritte. Doch der Gegenwind war zu stark. In ihm tobte sein
ganzer Wunsch nach Freiheit und Glück, und er trieb ihn
zurück zum Hafen.
Er schnupperte die frische Seeluft, und zum ersten Mal spürte
er, was es heißt frei zu sein.
Sie sprang.

93
Nachts sind die Löwen stark

Die schemenhaften Umrisse an der Wand, sahen aus wie ein


Löwe. Der Löwe brüllte und bleckte die Zähne. Der Junge zog
sich verängstigt die Decke über den Kopf und machte sich
ganz klein, zog die Beine an und wartete bibbernd vor Kälte.
Er roch den fauligen Atem des Löwen, hörte sein Röcheln und
fürchtete er würde von der Wand, aus der Welt der Schatten
steigen, Witterung aufnehmen und auf das Bett springen. Er
machte sich noch kleiner, um dem Löwen so wenig
Angriffsfläche wie möglich zu bieten. In diesem Moment fiel
das kleine Legoflaggschiff von der Fensterbank, sprang der
Löwe von der Wand. Schrill erhob sich die ängstliche Stimme
des kleinen Jungen und schrie nach seiner Mutter. Diese
öffnete die Tür, im Hintergrund Fernsehgeräusche, drückte
den Lichtschalter und gleißendes Licht flutete von der Decke.
Die Schatten verschwanden augenblicklich. „Was ist denn
Schatz?“ fragte die Mutter, der Junge lugte vorsichtig unter
der Decke hervor: „Kann ich heute bei dir schlafen? Da ist ein
Löwe in meinem Zimmer“. „Und wenn schon. Du schaffst das
schon. Hab keine Angst!“ und damit schloss sie genervt die
Tür, schaltete das Licht ab.
Auf einmal war der Löwe größer und stärker denn je, sprang
mit einem prächtigen Satz von der Wand und biss dem
Jungen den Kopf ab.
Als die Mutter am nächsten Morgen, munter seit jeher, den
Jungen wecken wollte, und voller Elan seine Zimmertür
aufstieß, musste sie erschrocken feststellen: „Der Junge war
wohl doch nicht stärker als der Löwe“.

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95
Verwechslung?

Er zappelte und schrie. Doch rühren konnte er sich nicht, und


schreien konnte er nicht. Er war eng umschlungen von einer
weißen Zwangsjacke, geknebelt sodass er keinen Laut
ausstoßen konnte.
Wieso war er hier? Das musste eine Verwechslung sein! Er lag
in einem weißen Raum auf einer harten Pritsche. Er wollte
aufstehen, doch er konnte nicht. Erbarmungslos war er fixiert
worden, an das Bett gefesselt. Die schiere Verzweiflung
übermannte ihn. Wieso war er hier? Er konnte nicht um Hilfe
schreien, sich nicht bewegen. Es war hoffnungslos,
aussichtslos.
Es gelang ihm seinen Kopf zu heben und einen Blick auf die
Stahltür zu erhaschen, die ihm den Weg in die Freiheit
humorlos und trocken versperrte.
Stunden vergingen. Er lag auf der Pritsche, regungslos, und
dachte nach. Dies musste ein Irrtum sein, sie hatten ihn mit
einer anderen Person verwechselt, wieso war er sonst hier?
Endlich ging die Tür auf. Zwei Männer in weißen Kitteln
kamen herein. Der Eine nahm ihm den Knebel aus dem Mund,
er konnte endlich wieder schreien, sprechen, reden.
„Das ist ein Irrtum. Ich bin nicht krank. Mir geht es gut!“
schrie er voll Panik. „Ist schon gut, Herr Reiberle. Sie sind bei
uns in den besten Händen. Wenn sie gut mitmachen, sind die
schon ganz bald wieder frei“, der Arzt lächelte ihn an. „Nein,
verstehen sie doch. Ich bin nicht krank mir geht es gut!“.
Doch der Arzt verstand nicht: „Es ist alles In Ordnung Herr
Reiberle. Beruhigen Sie sich.“ Und damit gab er seinem Helfer
einen Wink und dieser nahm den Knebel und steckte ihm den
96
in den Mund.
Vorbei. Nun konnte er nicht mal mehr schreien. Aus seinen
Augen sprach der pure Wahnsinn.
Der Arzt verließ die Zelle, doch der Helfer zog eine Spritze
herbei. „Das ist zu Beruhigung“.
Er konnte nichts dagegen machen. Der Fremde machte eine
Stelle an seinem Körper frei und spritze ihm das Mittel das ihn
ruhig stellen sollte. Er verlor sein Bewusstsein tief in dem
injizierten Mittel und fand es nie mehr wieder.

97
Schicksalsschlag

Die sanften Klänge des Pianos waren wie Zuckerwatte für


seine Seele. Die ganzen Belastungen, seine Nervenstränge
wurden durchtränkt von einem angenehmen Harz, die
gestressten Gedanken fortgenommen, es blieb ihm nur die
Leere und nichts als die Leere. Und immer wieder diese eine
Melodie, die für den Moment alles für ihn bedeutete, immer
wieder dieselbe schöne Melodie.
Er würde sie für immer behalten, sie erfüllte ihn,
durchströmte ihn, nahm ihn ein, und er genoss es.
Er wusste nicht, wer es war der auf dem Piano spielte, aber er
wusste dass es schön war und so fragte er sich nicht. Er lag
mit offenen Augen auf seinem Bett und hörte von unten die
Tasten beben, die Scheiben vibrierten, seine Finger tippten
auf sein Bettlaken und hinterließen ein kleines Profil,
gezeichnet von einem unwiderstehlichen Rhythmus. Nach
einer Weile endete das Spiel, er merkte es erst gar nicht, so
tief war er in den Halbschlaf gesunken der aus reiner Hingabe
bestand, und so plötzlich sollte er auch nicht enden, aber
nach einer Dauer musste er dennoch das Ende des
Geklimperten registrieren. Und er horchte, was nun unten
passierte. Er hörte ein Schaben, das war das Geräusch des
Stuhles der vom Piano weggeschoben wurde, das hieß
endgültig dass der Spieler gedachte sein Werk zu beenden.
Soweit er sich zurückerinnern konnte stand in ihrem
Wohnzimmer ein Klavier, aber er konnte sich nicht entsinnen,
seinen Vater je gespielt haben zu hören. Und außer dem kam
niemand in Frage, denn sie wohnten nur zu Zweit. Er hatte
ihn oft gefragt warum er nicht spiele und nie eine Antwort
98
bekommen, aber wieso stand denn dort ein Piano, wenn es
nicht benutzt wurde?
Heute hatte sein Vater gespielt, er hatte wunderschön
gespielt. Der Junge war viel zu klein um zu verstehen warum
der Vater gespielt hatte, viel, viel zu klein.
Seit seine Ehefrau gestorben war hatte er das Musizieren
aufgegeben, war des Spielens überdrüssig.
Mit ihr verband er sowohl die schönen als auch die traurigen
Lieder die es gab, für ihn gab es kein Lied, das nicht mit seiner
Frau zusammen gestorben war. Also waren die Tasten seines
Klavieres von Jahr zu Jahr mehr verstaubt und er hatte keine
Anstalten gemacht den Staub wegzuwischen, sondern hatte
jedes Mal verbittert die Symbolik genossen, die der Staub mit
sich brachte, wenn er seufzend an dem Klavier vorüber ging.
Aber heute hatte er wieder gespielt. Es ging aufwärts, das
spürte er. Es war ein großer Schritt für ihn, wieder ans Klavier
zu treten, gewesen. Aber er war nötig um sich endgültig von
seiner Frau zu verabschieden. Früher hatte er ihr stundenlang
vorgespielt, oft genug hatte sie mit ihrer ruhigen Stimme
gesungen und er war in ihren Worten ertrunken. Aber vier
Jahre lang war sie nun tot und er hatte es endlich geschafft
mit ihr abzuschließen. Er wollte Neues, wollte sich öffnen,
wollte wieder rausgehen und den Tag genießen, etwas was er
über ein Jahrzehnt nicht geschafft hatte. Wie das Schicksal
manchmal sein kann, ironisch und hart, fiel gerade in dem
Moment der Kornleuchter von der Decke, als der Vater
endlich beschloss wieder richtig zu leben.
Und so war es recht bitter, dass der kleine Junge mit
hungrigem Magen nach unten tappte und seinen Vater im

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Wohnzimmer, mit zertrümmertem Kopf in einer Blutlachte
liegend fand.

100
101
Zum Vergnügen

1. Du liest diesen Satz und er kommt dir banal vor.


2. Schon willst du den Blick abwenden und etwas anderes
machen
3. Du staunst, dass ich Recht hatte
5. Du liest weiter.
6. Du hast nicht gemerkt, dass ich Nummer 4 ausgelassen
habe.
7. Du guckst nach um es zu kontrollieren.
9. Du lächelst.
10. Und hast wieder übersehen, dass ich Nummer 8
ausgelassen habe.
11. Du liest diesen Satz und stellst fest, dass du 30 Sekunden
deines Lebens vergeudet hast.

102
Zum guten Zitieren:

„Schreibe den Tag nie ab, es sei denn er schreibt dich ab.“

„Denn was schwer ist, wiegt auch viel“

„Die sprachliche Lüge manipuliert, wie ein silberner Schatten“

„Nein.“

„Dein Spiegelbild zeigt bloß dein wahres Ich. Mehr nicht.“

„Affenkopf ist ein Anagramm zu Kaktuspflaster!“

„Wer a sagt, muss auch Kuchen essen.“

„Die Humanität ist eine pietätlose Konstitution.“

„Ich bin unerreicht und unerreichbar. „

„Individuell kann ja jeder.“

„Es lebe Arnold“

„Die Fassade schützt nur vor der breiten Masse, nicht aber
vor denen, die sie durchschauen.“

„Gegen den Strom schwimmen ist ehrenhaft, in der wilden


Meute zu stehen macht Spaß.“

103
„Alles was nicht rau und hart, gemeinhin gilt als Frauenart.“

„Stampfe dein Korn von Hand. Andernfalls wirst du nie


wissen, was es heißt dein Korn von Hand zu stampfen.“

„Die Ruhe ist nur ein leiser Klang“

„Ein Genie, das ist ein Mann, der gut Theater spielen kann.“

„Der Arme ist am ärmsten dran, weil er nicht mal wählen


kann.“

„Ein Mann in grauer Uniform, ist ein Exemplar der Norm.“

„Die Krümmung ist das Ende vom Kreis.“

„Nichts ist nichtiger als das Nichts.“

104
Anregungen

Die Geburt bezeichnet den Untergang jedes Lebens.

Wenn wir alle leben, sind wir dann nicht alle am Leben?

Zeit ist das vergängliche Elixier des Lebenden.

Ist die Frage nach dem Platz, nicht die Frage nach dem wann?

Wenn der Tod zum Leben wird, was bleibt dann noch
lebendig?

Wenn man zur falschen Zeit am falschen Ort ist, ist man dann
richtig?

Stell dir vor es ist Frieden, und alle führen Krieg.

Wenn es nur noch Verlierer gibt, ist ein Sieg dann eine
Niederlage?

Sind die Fragen wirklich da, nur weil du sie siehst, oder weil
du sie ernst nimmst?

Der Freund ist des Feindes größter Feind.

105
Die Frage nach dem Wieso?

Im Folgenden möchte ich näher auf die Frage nach dem


Wieso eingehen.
Man stelle sich vor eine Sorgenfalte. Gesetzt inmitten der
Stirn, zischen den Augen, tief und besorgt.
Hier finden wir die Interaktion von Angst und der Art des
Ausdrucks statt.
Mit dem Alter wird die Falte immer deutlicher und tiefer, eine
Prägung des Lebens, entstanden durch Stress, Sorgen und
Ängste. Das Leben hinterlässt viele solcher Spuren, alle sie
zeigen: „Ich habe viel durchgemacht“. Doch wer sucht, wird
keine Anzeichen von Glück und Erfüllung finden. Sie fehlen,
gar als seien sie nicht vorhanden, gespenstisch, diese
Vorstellung. Nun finden wir an unserem Körper
ausschließlich, exklusive Exemplare des Leids wieder. Gibt es
im Leben überhaupt Glück.
Das Leben das Leide, der Tod die Erlösung vom Leid. Schon
Religionen entsprangen dieser Ideologie, und sie scheint
wirklich. Doch ich sage, nein, das Leben ist nicht Leid, sondern
das was wir darin sehen. Laienhafte Betrachtung mag die
Abschätzung des Körpers als Beweisstück Nummer 1
anrühren, doch das ist eine bitter, flache, hohle Betrachtung
eines Menschen. Entscheidend ist doch das Lachen, der Glanz
der Augen, die Gewissheit, es war gut. Nicht der Körper,
sondern der Mensch dahinter ist entscheidend, allein der
Körper nur physikalisch fürs Leben vonnöten.
In anderen Sphären, an anderen Orten, boshaft ungewollt sei
er überflüssig, so hoffen Schwärmer, zu deren Gattung ich

106
mich stolz zählen darf. Das wäre der Beweis.

107
Dialog zweier Welten

Peter (P) rempelt Hermann (H) an.


H: Verzeihen Sie. Ich habe sie nicht gesehen. Bitte betrachten
sie unseren unabsichtlichen
Körperkontakt nicht als boshaftes Anrempeln.
R:Junge, Alter. Pass auf. Ich geb dir gleich. Red` mal normal du
Spaßt, oder du fängst dir eine…
H:Das ist unerhört. Wie reden sie denn mit mir. Zügeln sie
ihre Zunge! Ihr infantiler Habitus insultiert
mich zutiefst.
R:Lan was laberst du für Scheiße, Alter. Mach mich nicht so
Scheiße von der Seite an. Scheiß auf
Jugendknast, wenn ich deine Hackfresse sehe, Alter.
H:Diese Aussage steht scheinbar im reziproken Verhältnis zu
ihrem Gehirn. Dennoch fällt es mir
schwer Mitleid aufzubringen. Wenn Sie mich nun
entschuldigen würden…
R:Ich schwör, wenn du mich verarschen willst, dann liegst du
gleich Krankenhaus.
H: Könnten Sie sich bitte differenzierter artikulieren, damit
die Kausalität ihrer
Argumentation transparenter wird? Ich meine durchaus in
der Lage zu sein, eine Art
Drohung ihren Worten zu entnehmen. Gehe ich Recht in
der Annahme?
R:Ich warne dich. Wenn du versuchst mich zu ficken, ficke ich
dich und alle deine Freunde,
Lan!
H:Wenn sie aufhören mich zu belästigen, sorge ich dafür, dass
108
ihnen ein Wörterbuch zukommt.
T:Man Peter, du bist echt krass. Du bist unser Mann. Seit du
hier bist boomt unser Geschäft mit Wörterbüchern nahezu.

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Verunglückter Dialog

Hallo. Bitte eine Cola ohne Koffein


Verzeihung. Aber wir haben nur Cola mit Koffein.
Dann nehme ich eben ein anderes Getränk ohne Koffein.
Schön. Wie wäre es mit Sprite?
Ist da denn Kohlensäure drin?
Ja
Ich bin allergisch gegen Kohlensäure. Dann hätte doch lieber
Fanta mit Koffein.
Haben wir nicht. Aber wenn sie Koffein möchten, nehmen sie
doch eine Cola.
Nein eine Cola möchte ich nicht…
Wollten sie nicht eben noch…na gut. Dann nehmen sie doch
einfach ein stilles Wasser!
Nein, Kohlensäure will ich schon haben. Also in Sprite ist doch
Kohlensäure?
Ja. Also das wäre dann eine Sprite?
Moment. Koffein ist doch auch drin?
Nein. Koffein ist nur in Cola, also…nehmen sie diese?
Ja das wäre eine Möglichkeit. Aber ich glaube ich hätte lieber
sowas wie Apfelschorle…
Gut. Dann nehmen sie eine Apfelschorle. Mit Kohlensäure!
Nein, nein, nein…Meine Apfelschorle will ich schon ohne
Kohlensäure!
Also wollen sie Apfelsaft?
Nein das nicht. Eben Apfelschorle ohne Kohlensäure.
Die werden sie nirgendwo bekommen.
Auch bei ihnen nicht?
Nein
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Ok wenn alles nichts nützt…dann hätte ich gerne eine Cola
ohne Koffein.

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Danke An:

Meine Frau Beate, die mir immer wieder zeigt, dass es sich
lohnt.

Peter Orgard, der mich immer wieder inspiriert.

Erich Sackschwert, der mehr ist als nur ein Freund.

Kobald Kommuni, dessen Kommunikationstheorie mir die


Augen öffnete.

Erhart Haerter, der Schlüssel meines Erfolges.

Enrique Che Costra, der die besten Spaghetti der Welt kocht.

Olaf Dröger, die wandelnde Weisheit.

Seppl Maierhofer, der in jeder Lebenslage den richtigen Ton


findet.

Kürbis Morgando, eine gute Freundin.

Grosjean Magdalène, der weiß was ich letztes Halloween


getan habe.

Herbert Duxdeburg, eines meiner Vorbilder.

Leshawn-Jarone, mit dem alles begann.

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