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| Inv. Ne. 5 48576 ?- QL) OST POLSKA AKADEMJA UMIBJRTNOSCI PRACE KOMISJI ORJENTALISTYCZNEJ NR. 14 MEMOIRES DE LA COMMISSION ORIENTALISTE NR. 14 STANISLAW SCHAYER AUSGEWAHLTE KAPITEL AUS DER PRASANNAPADA (V, Xl, XU, XIV, XV, XVI) EINLEITUNG, UBERSETZUNG UND ANMERKUNGEN. WYBRANE ROZDZIALY Z PRASANNAPADY. WSTRP, TLUMACZENIE I UWAGI. 2S Wen eit bn W KRAKOWIE NAKEADEM POLSKIE] AKADEMJI UMIEJETNOSCI SKLAD GLOWNY W KSIRGARNIACH GRBETHNERA I WOLFFA WARSZAVA—KRAKOW—LUBLIN—LODZ—POZNAN—WILNO - ZAKOPANE LIBRAIRIE FRANCO-POLONAISE BT RTRANGERE S A. PARIS VI- 123 Bd SAINT-GERMAIN. 1931 Drakarnia Uniwersytetu Jagiclloiskiego — pod zarzadem J. Filipowskiego. Vorwort. Von der Prasannapada, dem Kommentar Candrakirtis 2 dem Madhyamaka-Sastra des Nagarjuna, sind bis jetzt nur drei Kapitel tibersetzt worden: das 1. und das 25. Kap. von Stcher- batsky im Anhang zu seiner Abhandlung The Conception of Buddhist Nirvana, Leningrad 1927, und das 10. Kap. von mir im VIl-en Bande des Rocenik Orjentalistyceny, Lwéw 1930, Eine Analyse des 24, Kap. hat ferner de la Vallée Poussin in Mélanges Charles de Harlez, Leiden 1896, gegeben. Das Werk Candrakirtis ist keine leichte Lektiire. Welche Schwierigkeiten dem Verstiindnis des Textos entgegenstanden und wie orst die »Entdeckung« des Adhidharmakosa dio nétigen Vor- aussotzungen fiir ein tieferes Hindringen in die Weltanschanung des mahayanistischen samya-vada geschaffon hat, dariiber soll in aller Kiirze in der Binleitung die Rede sein. Doch méchte ich schon hier hervorheben, daB es in erster Linie Stcherbatskys meisterhafte Ubersetzung des 1. Kap. tibor die Kansalitat (pratyaya- pariksa) gewosen ist, die uns tatsiichlich den Zugang m der Pra- sannapada erdfinet hat und ‘auch fiir die weitere Erforschung des Textes eine unentbehrliche Grundlage bleiben wird. Meino Stellung 2u der Kontroverse Stcherbatsky—de la Vallée Poussin tiber die Bedeutung des Nirvana habe ich gelegentlich in der Kinleitung und in den Anmorkungen zu der Ubersotzung angedeutet, Inzwischen ist ein neuer, wichtiger Beitrag m dio- sem Problem erschienen, eine Arbeit des indischen Gelehrten Nalinaksha Dutt, Aspects of Mahayana Buddhism and its Relation to Hinayana, London 1930. Die Diskussion einzelner von Nalinaksha Dutt aufgestellten Thesen muB ich mir fiir eine an- dere Gelegenheit vorbehalten. Hier méchte ich nur bemerken, da r v auch mir Stcherbatskys Identifizierung der Philosophie der Vai- bhasikas mit dem urspriinglichen Buddhismus problematisch er- scheint, Ich bin auch gerne bereit, zuzustimmen, wenn der Ver- fasser den iilteren Buddhismus (450—350 v. Chr.) auf die Doktrin des Anicca, Dukkha und Anatta, der Ariyasaccas, des Paticcasam- uppida wnd des Atthaigika-magga beschrinkt sein liBt. Leider ist damit tiber den Inhalt dieser Doktrin nichts bestimmtes ausge- sagt. Denn Anicca, Dukkha usw. sind nur leere Titel und kinnen. beliebig gedeutet werden: popular und philosophisch, hinayanistisch und mahayanistisch, Und es ist nicht schwer, fiir jede von die- sen Interpretationen iiberzeugende Belege in den Pali-Pitakes zu finden. Vorwarts kommen wir nicht auf diesem Wege. Im iibrigen ist die Frage nach dem Charakter des urspriing- lichen Buddhismus fiir das Studium der spiit-buddhistischen Scho- lastik mehr oder woniger irrelevant. Wichtig ist es hingegen, dab wir durch die Arbeiten Stcherbatskys den Standpunkt der Vaibhasi- kas zu verstehen gelernt haben und nunmehr bei der Exforschung der. buddhistischen Philosophie von dér authentischen Problema- tik einer buddhistischen Schule, anstaté von vagen und umstritte- nen Vermutungen tiber die Urlehre, ausgehen kénnen. Hine fir das Studium der Madhyamika-Philosophie wichtige Neuerscheinung, die ich ebenfalls zu meinem lebhaften Bedauern weder in den Anmerkungen noch in der Einleitung beriicksichti- gon konnte, ist Giuseppe Tuccis Pre-Diinaga Buddhist Texts on Logic from Chinese Sources, Baroda 1929. Namentlich der ti- betische Toxt und die Ubersetzung der chinesischen Version der Vigrahavyavartani enthilt manches, das zum besseren Verstindnis der mahaynistischen Motelogik und der Theorie der »neutrali- sierten Urteile« hiitte beitragen konnen. Meiner Ubersetzung habe ich wenig vorauszuschicken. Die Kapiteliberschrifton stammen von mir und geben die indischen Titel zum Teil in freion Paraphrasen wieder. Ich habe mir diese Freiheit gogentiber dem Original erlaubt, damit der Leser aus der Uberschrift wirklich erfibrt, wortiber in dem betreffenden Abschnitt die Rede ist. Das 5. Kap. heibt dhatw-pariksa, obwohl es gar nicht dio sechs-dkatu-Lehre diskutiert, sondern an dem Bei- spiel des ahasa-dhatu die Unméglichkeit der Unterscheidung zwi- schen laksana (= dharma-lakgana) und lakgya (= dharma-svabhava) howeist. v Was die Methode dor Ubertragung betrifft, so bin ich mit Stcherbatsky durchaus einig, dab philosophische Werke nicht »wortlich« tibersetzt werden kénnen. Denn es handelt sich nicht darum, daf man Eselbriicken zum Text verfaBt, sondern, da man philosophische Ideen und Probleme versteht. Bei dem Studium der Prasannapada kommt noch hinzu, da es sich fast durchweg um duferst subtile und keineswegs tibersichtliche Deduktionen, komplizierte Paralogismen und Antinomien handelt. In solchon Fallen ist die Rekonstruktion des Gedankenganges dos Toxtos mit der wértlichen Wiedergabe schlechthin unvereinbar. Dab ich iiberall den Sinn des Textes richtig verstanden habe, wage ich freilich nicht zu behaupten. Denn dazu ist unsere Kenntnis der mahayanistischen Terminologionoch immer nicht gentigend, trot der Fortschritte, die gerade auf diesem Gebiet in den letzten Jahren erzielt wurden. Und auBerdem errare humanum est. Bin MiByer- stehen ist aber kein Unverstehen, und, wenn auch meine Uber- setzung manchmal mibverstindlich sein mag, so ist sie hoffentlich nirgends unverstindlich. Das absolute Verstehen des Fremdgei- stigon, wo es als wissonschaftliches Problem erscheint, ist eine unendliche, nie realisierbare Aufgabe. Und diese Aufgabe wird doppelt schwierig, wenn man mit Kant zulaBt, da es mdglich sei »durch die Vergleichung der Gedanken, welche ein Verfasser liber seinen Gregenstand auBort, ihn sogar besser zu verstehen, als er sich selbst verstand«. Kin gefihrlicher Aphorismus fiir »die philologische Exaktheite — kann man aber iberhaupt fremde Gedanken nachdenken, ohne solbstiindig zu donken ? Einleitung. Allgemeines zum Verstindnis der Philosophie der Madhyamikas. _ na san, niisan, na sad asan, na cobhibhyam vilaksanam, catughoti-vinirmuktam tattoam Madhyamika viduh. § 1. Die orste Kunde iiber die Lehre von der sanyata ex hielt die abendlaindische Wissenschaft aus denjenigen Quellen, dio der Buddhologie in ihrer ersten Periode zwischen 1820—1850 zur Verftigung standen: aus spiiten brahmanischen Werken (Co- lebrooke), aus tibetischen und mongolischen Ubersotzungen (Csoma, LJ. Schmidt), endlich aus den von B. H. Hodgson in Nepal entdeckten buddhistischen Sanskrittexten (E. Burnouf). Unter diesen letzteren war auch ein wichtiges, systematisches Werk: die Vytti Candrakirtis zu don Karikas des Nagar- juna vortreten. So konnte bereits Burnouf in seiner Intro- duction * S. 498 ff. auf das Madhyamaka-Sastra niher eingehen und zwei von Candrakirti zitierte Fragmente aus dem Ratnakiata- Sutra und aus der Ratnacida-Pariprecha in Ubersetaung mit- teilen. Dem philosophischen Inhalt des simya-vada stand Burnouf verstindnislos gegentiber. ‘Scholastischer Nihilismus’ und ‘Pyrrho- nismus’ schionen die geeignetsten Schlagwérter zu sein, um das ‘Wesen einer Dialektik zu kennzeichnen, welche dem Satz des Widerspruchs zuwider alle Thesen negiert und selbst vor der Leugnung der héchsten Heilswahrheiten, des Buddha und des Nirvapa, nicht zuriickschreckt. Im Lichte dieser Charakteristik war | | vir es in der Tat unbegreiflich »comment ce livre (das Madhyamaka- Sastra) peut se donner pour une des autorités de la doctrine de Qakyamunic, Und man konnte wohl der Ansicht sein »qu'um Brahmane voulant: réduire au néant cette doctrine ne pourrait mieux faire que d’adopter les arguments négatifs de Nagardjuna et de son commentateure. Diese Auffassung ist auch fiir die spi- tere Forschung-vielfach maSgebend geblicben, und 08 criibrigt sich zu sagen, da6 sie don Fortschritt auf dem Gebicte der ma- hayanistischen Studien nicht geférdert hat. Den Negativismus der Madhyamikas beurteilte man als eine Entartung des urspriingli- chen, positivistischen Buddhismus und man versprach sich keinen weiteren Nutzen von der Boschiiftigung mit spitzfindigen Sophis- men, mit denen es méglicherweise ihren eigenen Autoren nicht ganz Ernst gowesen ist), Das Verdienst, die systematische Erforschung der Traktate Nagarjunas und seiner Schule in Angriff genommen 2u haben, unbeschadot der eigenen borzeugung von dem nicht gerade 4) Anders, und trotz der Unkenntnis der Quellen richtiger, urteilte Hegel. Denn fur ihn war der buddhistische Nihilismus. eine wichtige Episode in der Geschichte des absoluten Geistes: ‘die negative Erhebung der Geistlosigkeit zum Innern’ und ‘die Sammlung des Geistes zm Unend- lichen’. Hegel hat auch richtig gesehen, daB dieser Nihilismus im Grande genommen eine All-Kinheitslehre ist. — »Versuchte Jemand die ver- sehiedenen Gestalten zu zerlegen, so wiirden sie ihre Qualittit verlieren, denn an sich sind alle Dinge ein und dasselbe, untrennbar und diese Substanz ist das Nichis«. (Vorlesungen ber die Philosophie der Ge- schichte, Werke, herausgegeben von E. Gans, 9. Band, 8, 140). Diese Cha- rakteristik ist durchaus nicht falsch, vorausgesetzt, da man sie auf das Mahayana beschrinkt und unter Niehts (= sinyat@) dio absolute Sub- stanz (= die tathata, den dharma-kaya) versteht. Zu erwihnen wire auch die Magisterdissertation W. P. Was sil- jews, 0b osnovanjach buddijskoj filosofji, Kasan, 1839 Diese Arbeit vist gewidmet der Analyse der mongolischen Paramitas und behandelt hauptstichlich den Begriff ggnya vom Standpunkt der Lehre vom Abso- luten in der deutschen Philosophie. Vgl. M. 1. Tubjanskij, Notice préliminaire sur les manuscrits posthumes de V. Vasiljev et de V. Gorskij concernant la littérature bouddhique, Comptes-Rendus de Académie des Sciences de PURSS, 1927, Nr. 8, S. 60. Auch in seinem Buddhismus 8. 110 hat Wassiljew die dinyata wesentlich richtig erklirt: als ab- solutes Sein, als Verschmelzang aller Widerspriiche und als Aufhebung des begrifflichen Denkens. var hohen Wert der Madhyamika-Philosophie), gebiihrt zwei Ge- Iehrten: L. de la Vallée Poussin und M. Walleser. Die Ausgabe der Madhyamaka-Vtti2), die wir der Akribie und der Gelehrsamkeit de la Vallée Poussin’s verdanken, ist fir das Studium der mabayénistischen Weltanschauung grundlegend, und Wallesers Ubersetzungen der Akutobhaya*) miissen auch heute als eine bedentende Leistung eingeschiitzt werden. Dab es Wallesor nicht ‘iberall gelungen ist, dem Siun des Auferst schwierigen Textes gerecht zu werden, darf freilich nicht ver- schwiegen werden. Man muB auch bedauern, daB der Verfasser keine Erliuterungen seinen Ubersetzungen beigefiigt und sich lediglich auf eine méglichst wértliche Wiedergabe des Originals beschriinkt hat. Denn eben dieser »philologischen Treue« ist zu verdanken, daB der deutsche Text der Akutobhaya philosophisch schlechthin unyerstindlich ist. Nur ein Kingeweihter kann erraten, daB »unabhiingig erreicht« (axapeksyd-siddha) das absolute, nicht relative Sein an sich und die »Gleichheit des zu Erreichenden« (sddhya-sama) die petitio principii bedeutet. Sher den Sinn der Begriffe adkipati-pratyaya und dlambana-pratyaya ist man vor zwanzig Jahren iberhaupt nicht im klaren gewesen"); Wallosers Wiedergabe durch >beherrschende Ursache« und »Abhingigkeits- ursache« ist verbal und erklart nichts. So hat. der erste Versuch, einen Madhyamika~Toxt in eine europiische Sprache zu tibertra~ gen, trotz der unzweifelhaften Kompetenz des Ubersetzers in allen Fragen der buddhistischen Philosophie, zunichst nur wenig mu Forderung unseres Verstiindnisses dos simya-vada beigetragon. 1) Walleser, Der ditere Vedanta, S, 87, bebauptet, da es nichts ‘“Unbefriedigenderes’ ftir einen denkenden Geist geben kann, als eine Weltansehauung der svinyata, Das Urteil von de la Vallée Poussin, Bouddhisme, Opinions sur VHistoire de ta Dogmatique 8.197, Anm. 2, ist noch deutlicher: »Il est pénible & V’éditeur de textes madhyamikas de copier et de relire indéfiniment toutes ces niaiseries«, ») Malamadhyamakakarikas de Nagarjuna avec la Prasannapada de Candrakirti, Bibliotheca Buddhica Bd. IV, Pétersbourg 1913. — Eine unkritische Ausgabe desselben Textes hat die Buddhist Text Society in Kalkutta im Jahre 1896 erscheinen lassen. *) Die Mittlere Lehre des Nagarjuna, Tibetische Version, Heidel- berg 1911; Chinesische Version, Heidelberg 1912. (Die buddhistische Philosophie in ihrer geschichtlichen Entwicklung, It und Il Teil). 4) Die ricblige Erklarang dieser ‘Termini hat erst Rosenberg, Problemy $, 199 ff. gegeben. 1% Allerdings waren die Schwierigkeiten, die dem wirklichen Verstindnis der Philosophie Nagarjunas im Wegé standen, durch- aus nicht gering. Das Madhyamaka-Sastra enthilt keine systema- tische Darstellung, sondern lediglich eine polomische Auseinan- dersetzung mit den gegnerischen Richtungen, zu denen neben den Samkhyas, Naiyayikas und Vaisesikas in erster Linie die Hi nayanisten: die Vaibhasikas, die Sautrantikas und die Sammittyas gehéren. Auf dic Thesen dieser hinay@nistischen Schulen wird sowohl im Grundtext des Nagarjuna als auch in den Kommenta- ren fortwihrend Bezug genommen: Zugleich mu aber hervorge- hoben werden, da die Madhyamikas, im Gegensatz zu den Yo- giciras, iberhaupt keine eigene philosophische Terminologie be- sitzen und sich durchweg der hergebrachten Termini der hina- yanistischen Sastras bedienen. Die griindliche Kenntnis der hina- yamistischen Scholastik ist daher die Vorbedingung fir das erfolgreiche Studium der Mzdhyamika-Texte, und es eriibrigt sich zu sagen, da8 solange man von dieser Scholastik nichts’ oder fast nichts wubte, auch die Weltanschauung des Mahayana ein Gegenstand phantastischer MiSdeutungen, im besten Fall vager Hypothesen bleiben mufite, § 2. Da6 dié Pali-Philologie so auffallend wenig zur Auf- hellung der philosophischen Grundlage des Hinayana beigetragen hat, damit hat es seine eigene Bewandtnis. Die falsche Sugges- tion, da® in der Geschichte einer Religion nur das Urspriingliche echt, alles Jiingere dagegen mehr oder woniger eine ‘Entartung’ sei‘), hat von Anfang an den Gang der Studien, ihre Richtung und ihre Methode besinfluft. Das Hauptproblem, das sich in den Vordergrund des wissenschaftlichen Interesses geschoben hat, ist die Rekonstruktion der authentischen Lehre der buddhistischen Urgemeinde gewesen. Man wollte ‘die wundervolle Gestalt des Buddha selbst? und ‘die urspriinglichen Gedankenkreise’ kennen lernen und gab.dem ceylonesischen Kanon den Vorrang gegen- tiber anderen Quellon nur deshalb, weil man ihm die Erhaltung: der reinen, alten Doktrin glaubte nachrithmen zm kénnen. +) Man erriit leicht, woher diese Suggestion stammt: es ist die pro- testantische Auffassang des »wahren, evangelischen Christentumse auf das Gebiet des Baddhismus tibertragen, Nun ist aber der Pali-Kanon, wie wir houte wohl behaupten diirfen, kaum élter und authentischer als dio Agamas anderer hi- nayanistischen Sekton, Das Bediirfnis, die vorhandenen Texte, die sich fir das Wort des Meisters ausgaben, in einem Kanon zu sammeln, hat sich iberhaupt relativ spit, jedenfalls nicht frihor als im IL Jahrh. v. Chr. geltend gemacht). In dieser Epoche gab es lingst keinen Buddhismus mehr, sondern lediglich eine Reihe von buddhistischen Sekten, Im Mittelpunkt der Diskussion standen bereits subtile, philosophische Probleme, wie z. B. die Kontroverse zwischen dem skandha-vada und dem pudgala-vada, dio Frage. nach der Realitit der zukiinftigen dharmas und ahn- liches. Es ist von prinzipieller Wichtigkeit fostzustellen, da® die Redaktion der kanonischen Sammlungen unter dem Gosichts- punkt dieser philosophischen Meinungsverschiedenheiten vorge- nommen wurde. Im allgemeinen bestand wohl die Tendenz, alles Uberlieferts als suthentisch anzucrkennen, und in den meisten Fillen ist es gewif nicht schwer gewesen, in den dunklen Wort- Jaut den gewiinschten Sinn hineinzuinterpretieren *). Wo das ab- 4) Nach der Tradition der Theravadins ist freilich der Pali-Kanon bereits in den beiden Jahrhunderten nach dem parinirvana des Buddha zastande gekommen, und eine Reihe hervorragender Forseher (H. O- denberg, W. Geiger, M. Winternitz u. a) huben goglaubt, die Zaverlissigkeit dieser Tradition gegen die Angriffe der skeptischen Kritik verteidigen za miissen. Mit Unrecht! Man maf in der Tat mit A. B, Keith, Buddhist Philosophy 8. 16. staunen, da die europtische Wissen- schafl >ruthless in probing the claims of its own sacred seriptures, has treated the Pali Ganon with a respect so profound as to regard with open hostility any attempt to apply to these sources of information the same dispassionate scratiny which is demanded from the researcher into the history of Christianity«. Die lteste positive Nachricht uber die Existenz des Kanons sind die Titalaturen auf den Votivinschriflen des Stlipa von Sanchi, Doch stammen gerade diese Insehriften nicht aus der Zeit ASokas, sondern erst aus der zweiten Halfte des ersten Jahrhunderts v. Chr.; Vel. J. Marshall, Cambridge History of India, I, S. 622. 3) Man vgl. etwa die Deutung des Bharahara-Sitra (— SN Il, 25) durch die Anbiinger des andtma-vada und des pudgala-vada: de la Vallée Poussin, AbK IX, 8, 257; Steherbatsky, The Soul Theory, 8, 842 ff, Earoptische Erklarangsversuche: dela Vallée Pous- sin, JAs 1902, S. 237 ff.; JRAS 1901, S. 308; Bouddhisme 8. 88. ff; Nirvina S. 36; M. Walleser, Die philosophische Grundlage des dlte- ren Buddhismus S. 77 ff; Oldenberg, Buddha S, 297 Anm. 1; E, Hardy, JRAS 1901, S. 673. A.B, Keith, Buddhist Philosophy XI solut nicht ging — und golegentlich mufte auch dio olastische Methode des neyartha versagen — stand man nicht an, das be- treffende Stick als »gofiilscht« schlechtweg abzulehnen). Doch sind solche Fille, soweit wir schon jetzt urteilen kénnen, nicht gerade hiufig, Die Sekten stritten in der Regel nicht um den Wortlaut, sondern um die Auslogung*), und dadurch erklirt sich, daB tatsiichlich eine betrichtliche Anzahl von Sutras ‘in allen Nikayas gelesen wird’. Diese Ubereinstimmung ist aber nur rein formal und soll uns nicht an der Tatsache irremachen, daf die Sekten in der Interpretation dieses »Gemeingutes« weit aus- einandergehen, da also eine allgemein buddhistische Doktrin liberhaupt nicht vorhanden war. So z. B. zweifelte niemand an der Echtheit des Katyayana-avavada-Sitra, die darin enthaltene Lehre vom Vermeiden der anta-dvayas ist indessen nicht eindeutig ge- nug, um eine sichere Entscheidung zu erlauben, ob sie im Sinne der himayanistischen anifyata, oder vielmehr im Sinne der ma- hayanistischen nihsvabhavata gemeint ist. Nicht weniger proble- matisch ist die These sarvam asti, die in diesem Sutra als ein Extrem abgelehnt wird, jedoch anderorts*) als Quintessenz der echten Lehre des Buddha verkiindet wird. Das gleiche laBt sich liber alle »Grundlehren« des Buddhismus sagen: es stand fest, daB os zwélf midanas, finf skandhas, awolf dyatanas usw. gibt, iiber dio Interpretation dieser Formel ist man aber durchaus nicht einig gewesen. Ob der vorkanonische Buddhismus in allen diesen Fragen eine einheitlicho Auffassung besessen hat, ist ein avyakrta vastw: wir miissen es ablehnen, irgend etwas positives tiber die »urspriingliche Doktrine auszusagen und diirfen nicht behanpten, daB etwa der skandha-vada echter sei als die tibrigen Richtun- S. 82. — Es lassen sich auch Beispiele einer ganz groben Vergowalti- gung des Textes anfiihren, so 2 B, wenn sich die Yogaearas auf AN Il, 181 berafen, um 2u beweisen,-daB die Lehre vom Glayavijiana von Bnddha selbst verktindet wurde. Vgl. Hobogirin, araya; de la Vallée Poussin, Vijftaptimatratasiddhi 8. 180; S. Lévi Jds 1929, S. 281. 1) So z, B. haben die Sammittyas einer Reihe von Texten die Aufnahme in ihren Kanon verweigert; vgl. ADK IX, $. 247 ff. 2) Vgl. de la Vallée Poussin, Nirodpa S28, Anm. 1. 4) Vgl. de la Vallée Poussin AbhK 1X, 64; Nirvana 8, 189, Steherbatsky, Nire@na S. 54. Anm. 6. Dem Samyukta-Agama XI, 16 entspricht im Pali-Kanon SN IV, 13. xu gen: der pudgala-vada, dex simya-vada und der v Buddha selbst gelehrt hat, wissen wir nicht und die jiingste Kon- troverse+) zwischen de la Vallée Poussin und Stcherbatsky be- weist nur soviel, daS man selbst dariiber zweifeln kann, ob der urspriingliche Buddhismus iberhaupt eine spekulative. Doktrin gewesen ist. Das Problem der Rekonstruktion des Urspriinglichen ist gewi8 eine wichtige Aufgabe jeder Geschichte. Es ist aber woder das einzige noch das wichtigste Problem; und wonn es sich um den Buddhismus handelt, so ist es bei dem gegonwartigen Stand der Forschung iberhaupt nicht lésbar. Positiv gegeben sind nur die Systeme der Scholastik, nicht die Urdoktrin. Will man diese letztere rekonstruieren, somu man zuerst die scholastische Synthese kennen lernen, um erst dann schrittweise auf altere Entwicklungs- phasen zuriickzugehen. Im iibrigen muf nachdriicklich betont werden, da6 die bud- dhistische Scholastik nicht nur unter diesem Gesichtspunkt — als gegebener Ausgangspunkt fiir dio Rekonstruktion der nicht gegebenen Urlehre — unsere Aufmorksamkoit verdiont Sie ist vielmehr fiir sich ein wichtiges Thema wissenschaftlicher For- schungen und darf anstandslos den grofen spekulativen Systomen Griechenlands, des christlichen Mittelalters und der Neuzoit an die Seite gestellt werden, In ihr hat das philosophische Denken In- diens seine Reife und seinen Héhepunkt erteicht. ‘ § 3. Die Erschliebung der hinayanistischen Scholastik ver- danken wir dem Bekanntwerden mit dem » Aus dieser’ unbefangenen, rein empirischen, positivistischen Betrachtungsweise erklirt sich also die unverkennbare Neigung der buddhistischen Philosophie, xv sifikationen samskrta-asamskrta, sasrava-aniisrava und nitya-anitya, die Darstelling der komplizierten Lehre von den hetw-pratyayas, den ersten Hinweis. auf das avijfiapti-rupa und eine Reihe ande- ror, nicht weniger grundlegender Ergebnisse, Als Hinfithrang in die hinayanistische Philosophie wird man heute die Epitome) Stcherbatskys vorzichen; die Bedeutung einer bahnbrechenden Untersuchung bleibt der Arbeit Rosenbergs unbenommen. Einen weiteren Fortschritt brachte die Unterstichung St cher- batskys iiber das Problem des nirvana‘), augloich cine Kritik der Ergebnisse, zu denen de la Vallée Poussin in seinem anregenden Studium’) tiber das gleiche Thema gelangt war, Diese lassen sich otwa in zwei folgenden Punkten zusammenfassen: 1) da® der vorkanonische Buddhismus ein giinzlich amorpher, unphilosophischer Voga gewesen sei, verbunden mit einem naiven Unsterblichkeitsglauben, und 2) da der Ausdruck nirvana ur- spriinglich nichts anderes als eine Art Paradies bedeutet habe. Erst in der spiteren Scholastik habe man, so nimmt de la Vallée Poussin an, das nirvana zu,einom spekulatiy-metaphysischen Pro- blem gemacht. Die Vaibhasikas seien dem urspriinglichon Himmels- glauben treu geblicben — trotz des pudgala-nairatmya — und bemithten sich, durch Zitato aus der Schrift zx beweiseri, dab dio >Vernichtung« (nirodha = nirvana) cine Realitit, ein Ding an sich (vastz) sei, Im Gegensatz dazu haben die Sautrantikas den Aus- druck »Vernichtung< wértlich genommen, und seien so m der Ansicht gelangt, dab dem Begriff des nirvana tiberhaupt kein alles unter cinem psychologischen Gesichtswinkel zu betrachten, und fer- ner anch die interessante Tatsache, dab der umfassendste Begriff der baddhistischen Weltanschanung ebenfalls psychologisch ist und nicht etwa ontologische, Meiner Ansicht nach ist gerade das Gegenteil richtig: die dharma-Theorie ist weder eine phiinomenologische Analyse der Erfahrang noch eine Ethik auf psychologischer Basis (>psychological ethies«), son- dern vor allem eine Ontologie. Die dharmas sind »Substanzen«, keine »BewaBiscinsinhaltee und keine »Gegebenheiten<, da sie von niemand bewaBt erlebt werden und niemand gegeben sind. Uber den »unbefan- genen, rein empirischen und positivistischene Buddhismus vgl. weiter unten S, XVII, Anm, 2, 2) The Contral Conception of Buddhism and the Meaning of the Word Dharma, London 1923. 1) The Buddhist Conception of Nirvana, Leningrad 1927. ') Nirvtina, Etudes sur VHistoire des Religions 6, Paris 1926, xv wirkliches Sein entspricht). Stcherbatsky bestreitet die Richtig- keit dieser Interpretation. Fir ihn ist der Buddhismus von An- fang an eine philosophische Lehre, nicht wesentlich verschieden von dem System der Sarvastivadins; und auch der Sinn der Kontroverse zwischen den Vaibhasikas und den Sautrantikas ist ein prinzipiell anderer. — »'The Vaibhasikas did not maintain that Nirvana was a kind of paradise, but that the annihilation of all life (nirodha), the essonce of Nirvana, was a reality (nirodha- satya, vastu), i. e, a materialistic lifeless reality. The Sautrantikas, on the other hand, admit the existence of Buddhas Cosmical Body (dharma-kaya), i. e., they adhere to the Mahayana conception which consists in identifying Nirvana with living world itself«. Wie bereits oben ausgefihrt wurde, mu® die Frago nach dem Charakter des urspriinglichen Buddhismus offen bleiben. Wir kénnen daher nicht zugeben, da® die Identifizierag der Lehro des Buddha mit dem scholastischen System der Vaibhasikas *) eine bessore Hypothese ist als die Gegenbehauptung: da Buddha kein Interesse an philosophischen Fragen gehabt hat*). Dagegen kann es keinem Zweifel unterliegen, daS der Buddhismus der postkanonischen Sekten eine metaphysisch fundierte Erlésungslehre gewesen ist und unter nirvana nicht das Paradies, sondern dio erloschene Wirklichkeit verstanden hat. In diesom Punkt wird man der Kritik Stcherbatskys prinzipiell zustimmen miissen. Die Erklirung des nirodha-satya als »materialistic‘) lifeless reality« 1) Das Problem der Realiltt des nidbzna wird anch in den ceylo- nesischen Traktaten, z. B. im Adhidhammavatara Buddhadattas, 8. 79 ff. diskutiert: etth’aha na paramatthato nibbanam nama eko bhavo atthi, tithiyfinam atta viya sasavisdnam viya va anupalabbhaniyato ti — na, paithid-cakkhund upaparikkhamananam hi tam-gavesinam ya- thanuriipaya patipattiya ca upalabbhaniyato. Die These von der Wesens- gleicbheit des nidbana und des Khaya (= nirodha) wird ebenfalls abge- Iehnt. Die Vernichtung der Leidenschaften usw. ist nur eine >Voraus- setzunge des nibbana, nur ein magga, aber nicht das nidbana solbst. Die Vernichtung wird »bewirkte dureh die sappurisas, das nibbana ist dagegen akata und asankhata usw. Vgl. auch die These des vitandavadi in der Sammoha-Vinodant S. 51: pitiyekkam nibbanam nama watthi, Kilesa-ithayo va nibbiinam ti, 8) Vgl, Nirvana S. 4, 23; Central Conception S. 2. 8) Vgl. A.B. Keith, Zhe Doctrine of the Buddha, Fiinfzehntes Jahrbuch der Schopenhauer-Geselischaft, 1928, S. 116 ff. : 4) »Comparable to the conception of modern seience about the XVI hat jedenfalls diesen entscheidenden Vorzug; da sie aus dem System der Vaibhasikas heraus verstindlich ist und mit der Lehre von den »drei Zeiten« im Einklang steht, Dio Vaibhasikas Ihren dio Realitat des dharma in den drei Wxistenzphasen: der Zukunft, der Gegenwart und der Vergangenheit. Die Welt ist verginglich, weil jeder »zukiinftigee dharma durch das Moment des Jetzt hindurch in die ewige Vergangenheit vorsinkt, Die auf diese Weise erloschenen Elemente héren nicht auf, wirklich zu sein; sie existieren nach wie vor realiter, sind aber weder wir- kungsféhig noch aktuell wirkend, sondern gleichsam tot und be- ruhigt. In diesem Sinne konnte wohl behauptet werden, dad das wirvana, das Exléschen ein satya und ein vastu ist. Im Gegensatz zu den Vaibhasikas leugnon die Sautrantikas die Realitat der zu- Kiinftigen und der vergangenen dharmas, unterscheiden nicht den dharma-svabhava und den dharma-laksana und lehren, daB sich die Existenz des prthag-dharma in dem einzelnen Wirkungsmo- ment erschépft (artha-kriyt-karitea), Das Erléschen bedeutet somit nicht den Uborgang in eine andere Existenzphase, sondern das volistindige Aufhéren, das vollstindige Vernichtetwerden des aufblitzenden Elements, Damit ist aber nicht gesagt, da das nirodha-satya = nirvana ein pures Nichts sei: nur das prthaktva, das pluralistische Universum verschwindet; was ‘brig bleibt, ist die undifferenzierte All-Hinheit, das &y xai nav der monistischon Motaphysik, zugleich spiritualistisch als ein Uberbewnftsein auf- gefat, Die These, daB das nirvana (= asamskrta-dhatu) kein prthag- dharma sondern mit dem dharma-kaya identisch ist, liegt sowohl dem System der Sautrantikas, als auch dem des Mahayana zugrundo, — >The denial of the Sautrantikas is not a denial of Nirvana in absolute end (entropy)«. — Der Ausdruck ‘materialistisch? ist freilich nicht ganz unbedenklich. Denn die prthag-dharmas sind doch wohl nicht materiell (kérperlich, ausgedehnt), ‘Materialistisch’ kann das nirodha-satya nur insofern genannt werden, als es sich um don Zustand handelt, in dem alle Phiinomene des BewoBtseins ausgelischt wurden, ‘Psychisches’ und ‘physisches Sein” ist aber keine vollstandige Disjunktion und wir darfen nicht obne weiteres nicht-psychisch = materialistisch setzen. In meinem Aufsatz Indische Philosophie als Problem der Gegenwart, Fiinf- zehntes Jahrbuch der Schopenkauer-Gesellschaft 1928, S. 68 ff. habe ich za zeigen versucht, in welchem Sinne die dharmas ‘psycho-physisch- neutral’ sind, xvi general, not a denial of an idealistic absolute. There is no Bud- dhism possible without Nirvana, since without Nirvana means without a Buddha, But the Sautrantikas denied the materialistic Nirvaya, just as all the Mahayanists did *)<. § 4. Im Lichte dieser neuen Beurteilung des mirvana-Pro- blems wird auch der tiefe, prinzipiclle Gegensatz zwischen der Welt- anschauung des Kleinen und des Grofen Fahrzeugs verstindlich. Die Hinayanisten sind radikale Pluralisten, Absolut wirklich sind nur die letzten, cinfachen (pythag) und qualitativ verschiedenen (svalakgana) Elemente (dharma), die nach bestimmten, cindeutig doterminierten Gesetzen miteinander kooperieren (samsarga, sam- ati, samnipata). Was der naive, philosophisch ungebildete Mensch als »Person« (Citra, Devadatia) und als »Sache« (ein Wagon, eine Laute, gine Faust usw.) apporzipiert, ist nur eine Tauschung, die dadurch zustande kommt, daS auf dem Substrat einer wirklich gegebenen Vielheit eine illusorische »Einhoit des Gogenstandese hypostasiert wird, Anders gesagt: alles Wirkliche ist summen- haft und komplex (samghata) und weder dio »Sonderganzheiten« (= die Gogenstinde der empirischen Erfahrung) noch das »héchste Ganze« (=das Universum als die All-Einheit) sind an sich real. Die Philosophie des Mahayana steht suf dem entgegenge- setzten Standpunkt: nur die eine allumfassonde Totalitit des Seienden, die héchste, absolute Ganzheit ist wirklich, wihrend jede Vielheit auf dem Schein des zerlegenden, diskursiv-bogriff- lichen Denkens beruht. Irreal sind daher fir allo Mahayanisten sowohl dic Sonderganzheiten des naiven Realismus (Personen und Sachen), als auch dio letzten, unzerlegbaren Elemente der skandha-vadins*), Die Ubereinstimmung zwischen den beiden Yanas in der Lehre vom pudgala-nairatmya ish somit nur scheinbar. Die Griinde, weshalb der pudgala als irreal erklirt wird, sind in den beiden Schulen durchaus versehieden: im Himayana, weil der pudgala nicht das letete, unzerlegbare Element (prthag-dharma) 1) Nirvtna 8, 29, 9) R. Kimura, A Historical Study of the terms Hinaytina and Mahayana Buddhism, Calcutta 1927, §. 9 charakterisiert den philoso- phischen Gegensatz zwischen dem HInayana und dem Mahayana als die Differenz des phiinomenologisehen und des ontologischen Aspekts: > When Buddha attained Enlightonment he realised the Truth of the Universe. ‘This Truth of the Universe can be presented from two points of view; Praco Komis{i Orjentalistycznej P. A. U, Ne. U4. nL XVII ist; im Mahayana, weil er nicht dio letzte Ganzheit, nicht das absolute Individuum (= tathagata = dharma-kaya) ist, Das ma- hayanistische dharma-nairaimya ist keine Weiterbildung des hi- nayanistischen pudgala-nairatmya, sondern eben eine ganz andere, neue Doktrin "). Ein Synonym des nairatmya ist die sinyata. Der Wortlaut der kanonischen Suttantas, wo wir diesem Ausdruck begegnen, ist wie gowéhnlich vieldeutig. Im $1 IV, 54 wird die Frage nach der Bedeutung der These sufifio loko dahin beantwortet, dab zu suiiia ‘attena vd attaniyena va 2u erginzen sei’). Diese Formu- lierung sieht aus wie eine Umschreibung des pudgala-nai- ritmya, witd aber in demselben Text folgenderweiso erklirt: cakkhum kho Ananda suifiam attena va attaniyena va, rapa suid attena vit attaniyena vd, cakkhu-viihanam sufiiiam attena va aitaniyena vi, cakkhu-samphasso suiifio attena va attaniyena one is Truth of the physical nature of this world ‘and another is the Trath of the reality behind it... The former I have called Buddhas Phe- nomenologieal perception and the later his Ontological perceptions. Mir scheint diese Gegeniiberstellung verfehlt. Auch die hinayfnistische Phi- losophie ist wesentlich metaphysisch orientiert. Der positivistische, rein empirische Buddhismus ist eine Fiktion der europiischen Pali-Philologie. 1) Diese fiir das richtige Verstiindnis der buddhistischen Philoso- phie, wie ich glaube, prinzipiell wichtige Feststellung steht im schroffen Gogensatz zu der verbreiteten Avffassung, welche in dem dharma-nair- @tmya cine Konsequenz des pudgala-nairatmya sehen will, Man vgl. etwa Wassiljew, Buddhismus, 8.180; Kern, Manual of Indian Buddhism, S. 126; Walleser, Der ditere Vedanta, S, 84; Der buddhistische Ne~ gativismus, ZB V, 1924, 8, 176; Winternitz, Geschichte der indischen, Literatur Il, 8. 249 usw. Auch J. Masuda, Der individuatistische Ide- alismus der Yogacara-Schule, S, 20 fi, erkliirt den Standpunkt Nagarja- nas als eine Erweiterung der Lehre von der Wesenlosigkeit des Ich auf alle »Gegenstiinde der Erkenntnise, d. h. auf die »Dinge der duBeren Welt« und auf die »Gedankens, Doch sind die dharmas, deren Irrealitiit das dharma-nairatmya impliziert, durchaus nicht »Gegenstinde der Erkennt- nis« — dasselbe Mibverstindnis bei D. T. Suzuki, Studies in the Lankavatara Sutra, $. 142 — und was die »Dinge der uuBeren Welte und die »Gedanken« betriffl, so ist beides nicht nur fir das Mahdyaina, sondern auch fir das Hinayana irreal, Die »Vorstellung des Wagense ist nicht weniger illusorisch als der »Wagen« selbst. 4) Dies ist die sog. doikofika sufifiata; es gibt aber auch eine catukofika sufifiata, vgl. Visuddhi-Magga 658; 1) naham kvacani, 2) kas- saci kificana tasmin, 3) na ca mama kvacani, 4) kismifici kificanat’ atthité ya ettha catukofika suifata kathita tam parigganhati, xx, va usw. Das kann freilich so verstanden werden, da’ kein prthag-dharma der atman (= das Teh) ist’); atman kann jedoch in diesom Zusammenhang auch als das Selbst (—das Higenwesen, die Substanz) der betreffenden dharmas: cakguh, ripa usw. aut gefabt werden und wir wiirden dann die These des dharma-nai- riimya vor uns haben, Tatsichlich lautet der Paralleltext im Sikga- Samuccaya 8, 257: sinyam hi rapam ritpena yavad vijanam wnd noch deutlicher daselbst 8, 261: stnyam ii calgus caksupsvabha- vena, yasya hi dharmusya svabhava na vidyate, so’vastukah usw. ), So.mnf auch hier die Méglichkeit emer doppelten Interpretation im Sinne des himayanistischen Pluralismus: atmana Siinyata und des mahsymistischen Monismus: svabhavena sanyata sugolasson worden, Der Bogriff des scabhava (wortlich: »das igen-Seine) ist nicht eindeutig und enthélt twa vier folgende Implikationen: 1) Die wesentliche, charaktoristische Higenschaft cines Dinges, ungefiihr mit dem aristotelischen Proprium (tov) identisch = nijam atmiyam svarapam; 2) die individuelle Substanz, das absolut fiir sich seiende und absolut gesonderte Kinzelsein = prthag-dharma = sealaksana im Sine des hmayanistischen Pluralismus; 3) das unverinderliche, allen Akzidenzien und allen Verinderungen >in den drei Zeiten< zugrunde liegende Substrat—= der dharma-sva- Phiva der Vaibhasikas = das laksya im Gegensatz zum Jaksana und 4) svabhava = svato bhava im Gegensatz zum para-bhava; das absolute, nicht relative und nicht kontingente Sein an sich = Parenivapeksa = akptrima’). In der Ablehnung des ersten und in der Annahme des vierten svabhava-Begriffs sind alle Buddhis- ten einig: sie sind nihsvabhava-vadins, indem sie den Unterschied zwischen den akzidenziellen und den wesentlichen Higenschaften 4) Vgl twa Visuddhi-Magga $, 655 = Culla-Niddesa $. 280: riipam na’ satto, na fico, na naro, na minavo, na itthi, na puriso, na ata, nd attaniyam, n’aham, na mama, na aitfiassa, na kassaci. *) C. Bendall und W. H. D. Rouse, Sikga-Samuccaya, London 1922, S. 287 und 240, tersetzen beide male falsch ‘void is form by its nature’. riipena ginyam = svabhavena Sinyam kann nur ‘eer in Be- Zug auf den seabhava’, d. bh. ‘ohne den svabhioa” (= nifsvabhiava) be- denten. 5) Nuheres ther diese vier Bedeutungen weiter unten, Ubersetzung 8. 55 mm Xx nicht anerkennen, und sie sind svabhdvavadins, indem sie die ‘These annehmen, daf es eine absolute, auf nichts korrelativ bezogene Wirklichkeit gibt. Fragt man aber, wie dieses Unbedingte be- schaffon ist, so wird abermals der fundamentale Gegensatz zwi- schen den beiden Yanas offenbar. Die Hinayanisten lehren, daf es eine Vielheit absolut »anderer« (prthag), individueller Substan- zen gibt, die Mahayanisten legen Nachdruck auf die logisch-be- griffliche Nicht-Relativitét und bestreiten, daB zwei oder mehrere Substanzen zugleich »absolut« und »anders« sein kénnen. Denn das Anderssein ist ex definitione eine Korrelation zwischen zwei oder mehreren Korrelaten und kann daher nicht absolut sein. So steht man nach der mahayanistischon Auffassung vor der Alter- native: entweder hilt man die These von der Nicht-Relativit der absoluten Wirklichkeit aufrecht und dann mu8 man auf die Vielheit der prthag-dharmas verzichten, oder aber behiilt man den pluralistischen Standpunkt und dann muB man zugeben, daB die prthag-dharmas nicht svabhavatas existioron, daB sie svabha- vena sinya sind. Eine ahnliche Uberlegung fihrt zur Ablehnung des dharma- svabhava der Vaibhasikas: nimmt man an, dab jedem Moment des saméaria ein transzendenter Tiger entspricht, so liegt auch hier eine Korrelation zwischen der Manifestation und dem Substrat vor, und zwar ist nicht nur die empirische Erscheinung auf das der Erscheinung zugrunde liegende Ding an sich, sondern auch umgekehrt: das Ding an sich auf dio Erscheinung korrelativ be- zogen"), So sind die Hinayanisten aller Sekton svabhavavadins, weil sio das Sein an sich unabhingiger Substanzen behaupten; dio Mahayanisten sind nifsvabhavavadins, weil sie die Absoluthoit nur der ungeteilten All-Hinheit anerkennen und die pluralistische These vidyata eva bhavanim svabhavah zuriickweisen. Mit der radikal monistischen Auffassung des Absoluten ver- bindet sich Konsequenterweise ein ausgeprochener Antirationa- lismns, Es gentigt in der Tat 2u iberlegen, daB joder Bogriff, den wir denken, notwendigerweise einen kontradiktorischen Ge- gensatz (pratidvandvin) haben mub, dab es aber auBorhalb der Altheit eine Nicht-Allheit nicht geben kann. Das héchste Eine 1) Vgl. die Diskussion uber das Jakgya und das Jakgana in der Prasannapada, Ubersetzung S. 1 ff. f xx ist mithin als Begriff uberhaupt nicht fabar, und. daraus ergibt sich zugleich die Ungiltigkeit aller méglichen Aussagen tier die Wirklichkeit an sich‘), Antirationalistische Tendenzen sind frei- lich auch dem Hinayana nicht ganz fremd, Die avaktavyata des pudgala gehors m den Grundthesen der Vatstputriyas und auch die Sarvastivadins betonen gelegentlich, daB die wahre Beschaffen- heit der dharmas tief und dem Denken unzuginglich ist’), Die prinzipiclle Méglichkeit einer rationalen Ontologie wird jedoch nirgends geleugnet, und cine solche rationale Ontologie liegt tat- s&chlich in der Lehre von den prthag-dharmas vor. Fir das Mahayana ist die pluralistische Analyse des Universums eine bloBe Kon- struktion (talpana), ein dialektischer Schein der theoretischen Vernunft, die sich in das Netz solbstgoschaffener Hypostasen ver- wickelt hat. Die Behauptung, da@ alle Ausdriicke der Alltagssprache go- genstandslos und leer sind, liegt bekanntlich auch der hinayani- stischen Philosophie zugrunde. Gleichwohl halten es dio Hinaya- nisten fiir méglich, die »falsche« Ausdrucksweise durch eine exakto, streng wissenschaftliche Terminologie zu ersetzen. Man darf nicht sagen, da »ich einen Baum sehe<, da es weder das »Iche, noch das »Sechen<, noch einen »Baume gibt. Dagegen wenn man das- solbe Phinomen als Kooperation (samsarga) der dharmas beschreibt: caksup pratitya ritpani cotpadyate cakgur-vijitina, trayanam sam- nipitah sparéah, sparsa-sahaja vedan’i usw., 80 ist diese Beschrei- bung adaquat in dem Sinne, dab die Termini caksuh, rupa, vi- Jnana, sparsa und vedand keine verbalen Hypostasen (pra,rapti) sind, sondern echte Namen mit einem erfiillten Gegenstandsbezug, Ganz frei von dem Einwand des Verbalismus ist indessen auch dieso Terminologie nicht. Denn die Hinayanisten, und ganz besonders die Vaibhasikas, haben — trotz der prajfapti-Theorio — keine 1) Vgl. Candrakirti, Prasannapada S, 448: »Die Bogriffe des diskursiven Denkens sind gebunden an das gegensttindliche Sein (=oastu-ni- dandhana hi prapaitcah). Das Absolute (= tathagata) ist aber kein Ge- genstand (—=gemildertene Skepsis Timons, Dadurch, daB man weder Ja noch Nein sagt, sich an nichts klammert und jede Theso durch eine Gegentheso paralysiort (fj els gxdrepa emyelyyau), wird man frei von aller Neigung (d«dwi¢==apranihita) und lebt »ohne (den Dingen) nachzuzittern« (dxpd3avto¢—= ohne abhinivesa). Ahnlich lehrt das Samadhiraja-Siitra die Vernichtung des. Leids durch »Streit- losigkeit« (avivada). Wie man aus dieser Zusammenstellung entuehmen kann, XXXII sind dio Berithrungspunkte zwischen dem mahayanistischen »Ne- gativismus« und der griechischen Skepsis unzweifelhaft, Fir das Problem der Analogie sind indesson, wie bereits betont wurde, nicht derartige mehr oder weniger genauo Ubereinstimmungon in einzolnen Gedanken, sondern die Strukturverwandtschaft, die | Identitat der philosophischen Grundhaltung entscheidend. Die Ma- hayanisten sind Mystiker; im Zentrum der mahayanistischen Phi- losophie steht das Erlebnis der Prisenz des Absoluten als eine reale Vorwegnahme der héchsten Soligkeit des nirvina und alles, was uns im Mahayana als philosophische Problomatik entgegen- tritt, hat einen mittelbaren Bezug auf dieses Erlobnis. So ist auch die skeptische prasaiga-Mothode nur eine Gestalt, ein Epiphino- men der mahayanistischen Mystik. Diirfen wir dasselbe von dor antiken Skepsis behaupten ? Die neustén Forschungen tj haben uns belehrt, da wir bei Pyrrhon in seiner zweiten Periode (nach der Riickkehr aus Indien) wohl einen mystischen Hintergrund vermuten kénnen. Seinen Zeitgenossen erschien er als Heiliger und J. Burnet ERE cha- rakterisiert ihn geradezu als »a sort of Buddhist arhat«. Die Dok- trin der dgasia, der drapabla und dor abtapopia, die or gepredigt hat, war eine Erlésungslehre*). Bei Timon und den spiteren Skep- tikern ist dieser mystische Hintergrund verloren gegangen. Die Skepsis Aenesidems und Sextus Empiricus ist ein rationalistischer Agnostizismus, zugleich eine praktische, humano Weltweisheit, 1) Vgl. vor allem den zitiorlen Aufsatz von Krokiewicz, *) Bei dieser Gelegenheit mag die Frage nach dem indischen Ein- flaB auf Pyrrhon gestroift werden, Die Méglichkeit dieses Einflusses muB a priori zugegeben werden, da wir wissen, daB Pyrrhon Alexander den Grofien auf dem Feldzug nach Penjab begleitet hat und dab indische Asketen (Buddhisten, Jainas?) einen tiefen Eindrack auf ihn gemacht haben, DaS er direkt indische Doktrinen kennen gelernt hat, ist aber hichst unwahrseheinlich. Auch hier kénnen wir -das Urteil Krokie- wicw’s 1, ¢, S, 392 unterschreiben: »Pyrrhons formale Skepsis ist zwei- felsohne auf dem Boden der einheimischen Philosophie entstanden, aber diese Lehre erhielt sozusagen die Secle und die Gestalt ciner lebendi- gen Einheit erst nach seinen Erlebnissen im Oriente. Abnlich urteilt Burnet, ERE: »lt is possible too that the doctrine of importurbabi- lity is Democritean, though the importance given to it by Pyrtho is more Indian than Greek«. Von einer Entlehnung indischer Gedanken ist also jedenfalls keine Rede. soma jedoch keine Heilslehre und keine Mystik. Deshalb ist auch der Sinn der Epoche ein anderer als im Mahayana: man bekennt sich za keiner These, woil man glaubt, jeder Behauptung eine ebonso Gut begriindete Gegenbehauptung entgegenstellon zu kdnnen, Mit anderen Worten: These und Antithese sind gleich wahr. Die mahayanistische Motalogik beweist aber, daB alle Thosen falsch seinen und diese absolut negative Haltung steht vielleicht niher der dgasia Pyrrhons, als die dppepia und die tsoaMvew in der Interpretation seiner Nachfolger. So kann der Siinya-vada wohl mit dem Pyrrhonismus, aber nicht mit der antiken Skepsis ver- glichen werden, Auf die tiberraschende Affinitit der Mystik zur Skepsis ist man in der philosophischen Literatur wiederholt aufmerksam geworden !). Al-Ghazali und Pascal sind neben Pyrrhon als Bei- spiclo zitiert worden, Stellt man in diese Reihe dio Madhyamikas, 80 darf die spezifische igenart dieser buddhistischen »mysti- schen Skepsis« nicht tberschen werden: dab es sich hier nicht um eine Zweifelskrise handelt, die schlieflich durch die Mystik geldst und tiberwunden wird, sondern vielmehr um ein gegensei- tiges Durchdringon und Ausgeglichensein der beiden Momente, so dab wir cine geschlossone Weltanschauung und nicht nur eine »weltanschauliche Grenzsituation« vor uns haben. Freilich kénnen in dieser Weltanschanung nur heilige arya- pudgalas existieren; den abendlindischen prthag-janas, die das Leben bejahen und im Leben positive Werte suchen, mus diese Verabsolutiorung der Haltlosigkeit selbst haltlos und — wenn man so will — ‘nihilistisch’ erscheinen, ) Man vgl. otwa W. Wundt Metaphysik (Kultur der Gegenwart, ‘Systematische Philosophie) 8. 105; Lap in, Filosofja izobretenja i izo- bretenje v filosofji, 1 8, 100, ) Vv Kritik der Lehre vom laksya und laksana. § 1, Die Unméglichkeit dos laksya und des lakgana an dem Beispiol des akaéa nachgewiesen, Der Gegnor: Die [sechs} dhatus%) sind real, denn [ihre Re- alitit] wurde [in unserer Diskussion noch] nicht gelengnet. AuBer- *) Da es sechs Elemente gibt (Erde, Wasser, Feuer, Wind, Ather und BewnBitsein), ist die These des halb-helerodoxen Dhaéa-vada, der im Gegensalz zam radikalen Sensualismus der Carvakas nicht nur die vier sinnlich wahrnehmbaren Stoffe, sondern auch den ansichtbaren Ather und die noch feinere Substanz der Seele als wirklich anerkennt. Vgl. H. Jacobi, Die Entwicklungsgeschichte der Gottesidee bei den Indern' 41. Im Buddhismus gilt die sechs-dhatu-Lehre als kanonisch: DN III, 247; MN Ill, 240; SN Il, 248; Ill, 231; 284; AN I, 175 usw. Vel. ferner das Garbhavakranti-Sitra zitiert im bh KI, 66 und das Pi- trputrasamagama-Sitra zitiert im SkgS 244, Die scholastische Exegese im Sinne der dharma-Theorie ist problema- tisch, Nach Buddhaghosa SV 72 ff, VM487 sind die sechs dhaius mit den achtzehn dhatus identisch. pathavt, tejo und vayo entspricht danach dem phofthabba-dhatu; apo und akasa dem dhamma-dhatu, das vififitina dem satta vitifiana-dhatu. Die Feststellang, da® apo und akasa zum dhamma-dhatu gehéren, ist tberraschend. Allerdings soll der dhamma- dhatu nach der Erklirung Buddhaghosas SV 80; VM 488 insgesamt awanzig Elemente umfassen: drei ariipa-kkhandhas, sechszehn sukhuma- riipas (daranter Gpo und @kasa) und das asankhata; nach der Dh 8 ge- hdren aber zum dhamma-dhatu nur die ariipino-dhamma@ und das ist auch der Standpunkt der Sarvastivadins. Nach Vasubandbu dbh KI, 49 ff,; 66 entspricht der akasa-dhatu dem riipa-dhatu. Dab die Klassifikation nicht alle dharmas umfaBl, wird ansdrlicklich zngegeben, mit der Begriindang, da das Stitra absichtlich keine erschipfende Analyse gibt, da es nur die maula-sattoa-dravyas, die “Hauptkomponenten’ des mensehlichen Individaums anfzhlt. Daher sind die Elemente des bhautika-ritpa und dio caittas als. sekundir und abgeleitet (aus den maha bhitas bezw. aus dem vijfana) gar nicht er- wahnt. Uberzengend ist diese Erklarang nicht, Der rijpa-dhatu ist jeden- falls kein maula-sattoa-dravya, Prace Komisi Orlentalistyezne) P. A. U. Ne id 1 2 dem hat doch der Erhabene gesagt: »Aus sechs dkatus, 0 Maha- r8ja, ist das Individuum Mensch. zusammengesotate. Weil durch diese Worte der Schrift die dhatus (als unabhingige Substanzon] bezeugt sind, deshalb sind auch die shandhas und die dyatanas in der gleichen Weise wirklich. Der Madhyamika éwidert: Die skandhas und dio ayatanas wiirden wohl wirklich sein, wenn die dhatus wirklich wiren. Wie ist das zu verstehen? [Der Lehrer] sagt: >Der Raum (akasa) ist [in scinom An-sich-Sein] nick’. vor dom Jakgana*) des Raumes. Ohne das lakgana des Raumes miifite er sein, wenn er vor dem Zakgana witklich oxistiertec [1]. In der populiiren Lehre (= tatra) gibt es sechs dhatus » Erde, Feuer, Wasser, Luft, Raum und Geist (= vijriana). Weil sie [irrtim- licherweise)] als Realititen an sich aufgefabt werden (svariipa- nirtpandt), deshalb widerlegt [der Lehrer diese falsche Ansicht], indem er zuniichst [die Hypostase des] Raumes analysiert. Als Die sechs-dhatu-Lehre laBt sich in das System der klassischen dharma-Lehre nicht einordnen; sie steht dem Vaigesika niher als dem Abh & und dem VM, 2) Die Unterscheidung des Jaksya und des lakgana gehért zu. den charakteristischen Thesen der Ontologie der Vaibhasikas. Die Momente, aus denen sich der samt@na zusammensetzt, sind nicht die Wirklichkeit an sich, sondern lediglich Erscheinungen und Manifestationen transzenden- ‘ter Substrate, In diesem Sinne ist jeder Moment ein Merkmal (lakgana), welches yon dem entsprechenden Merkmalstriiger (Jakgya) getragen wird. Und zwar ist jedesmal ein latsana auf ein laksya bezogen, so da jeder dharma nur ein spezifisches “Eigenmerkmal’ (sva-lakgana) triigt. Vgl. Rosenberg, Problemy 246 fi. Diesem ontologischen Verhiltnis entspricht das logisch formale Ver- haltnis zwischen definiendum und definiens: man definiert das Wesen einer Substanz (den svabhdva, den svariipa eines dharma, eines dravya), indem man ihr besonderes Jakgaya angibt. Nach dieser Methode hat der Erhabene im Abhidharma alle dharmas definiert: der vigaydnubhava ist das sva-lakgana der vedand, die visaya-prati-vijiiapti ist das sva-lakgana des vijfidina, das anavarana ist das sva-lakgana des dkaiga usw. Vgl. Pr. 267 1, Es liegt nahe das Getragenwerden des Jakgana durch das lakgya als Inhirenz aufeufassen. Doeh sind die Zakganas nicht so sebr Qualitiiten und Attribute, als vielmehr Funktionen und Wirkungen. Der sva- bhava des dharma bleibt hinter den Erscheinungen; auf der Buhne des samtana manifestiert sich nur eine bestimmte Aktivitit (kriya, vréti). In diesem Sinne sind die dharmas cher Kriifte und Energien, als Substanzen und Elemente. 3 das lakgana des Raumes bezeichnet man das Nicht-Hindern = {andvarana). Wenn nun der Raum [in seinem An-sich-Sein] vor Die Sautrantikas leugnen den Unterschied zwischen lakgya und dakgana; nach ihrer Auffassung erschipft sich das Wesen des dharma in dem Wirkungsmoment. Anders gesagt: lakgya = lakgana, 8) Das Problem des akasa hat im Buddhismus seine Geschichte, die als Ubergang von der magisch-realistischen zur kritisch-idealistischen Raumlebre charakterisiert werden kann. Vgl. Stcherbatsky, Teorja Poznanja 95. Die wichtigsten Momente dieser Entwicklung mégen kurz cangedentet werden, @) In der altvedischen Wahrnehmungslehre, deren Ursprang in den magischen Speknlationen tiber die Aquivalenz des psycho-physischen In- dividoums und des Kosmos zu suchen ist, entspricht jedem Sinnesorgan ein ihm verwandtes Element: das Sehen vermittelt das Licht (Feuer, Sonne), den Geschmack das Wasser, den Geruch die Erde, das Geftthl (Tastempfindungen) der Wind. In diesem Sinne ist dem Gehdr das funfte Element, der akasa, die Substanz des leeren Raumes zugeordnet. Und zwar heiBt es schon in der ChandUp VII, 12, 1: adkasenahvayati, akisena Srnoti. Dieser Parallelismus zwischen .den Sinnesorganen und den Elemen- ten ist dem Buddhismus unbekannt. Die mahit-bhatas sind die notwen- digen Sttiizpunkte fir alle indriyas und fir alle vigayas; von einer be- sonderen Beziehung bestimmter mahd-bhiitas zu bestimmten Sinnes- wahrnehmungen kann deshalb night die Rede sein. Auch werden nicht fiinf, sondern vier (bezw. nur drei) Elemente angenommen. 5) Im Pali-Abhidhamma gehért akasa in die Rubrik des sukhuma- riipa, ist also hnlich wie in den Upanischaden, im Jainismus, im Sam- khya und im Vaigesika eine Art feine, unsichtbare Materie, ein alldurch- dringendes, Raum-erfiillendes Fluidam, Ob auch die Definitionen in der DhS und im Vbhga im Sinne dieser noch durchaus malerialistischen Auffassung zu verstehen sind, mu dahingestellt bleiben. chiddam und vivaro kénnte wohl ‘die Substanz des leeren Raumes’ bedcuten; agham und catuhi maha-bhutehi asamphuttham michte man lieber als bloBe Nega- tionen verstehen. Problematisch ist auch die Definition Buddhaghosas VM 448, ©) Die Sarvastivadins unterscheiden den akasa-dhatu == rapa-dhatu und den asamskrta-akaga. Der erstere ist nach AbdhK I, £9 identisch mit Licht und Dunkelheit (= Farbe), die den leeren Zwisehenranm aus- fiillen und die farbige Gestalt, die Oberfluche des Kérpers, begrenzen. asamskrta-akasa ist aripin, anidargama, eins, alldurchdringend und ungeteilt, Seine empirische Funktion (Jakgana) ist das Nicht-Hindern, vgl. ADK TL, 8, d. b, die Tatsache, daB ausgedehnte, materielle Kérper (sa- pratigha-rapa) in ihrem Erscheinen niet gebindert werden (anavarana) und den ndtigen, freien Raum finden. Anders gesagt: der akasa ist eine ewige,transzendente Substanz, welchesich in der Widerstandslosigkeit auBert, ) Die Sautrantikas leugnen die Realitat einer solchen Substanz. Thre Unmoglichkeit ergibt sich vor allem aus dem Grundsalz, daB nur 1” 4 seinem Jaksana, [némlich] vor dem Nicht-Hindera, wirklich wire, dann wiirde er iberhanpt kein Zaksya sein, Und zwar eben des— halb, weil er vor der Funktion (pravartana) seines laksana, also vor dem ‘Nicht-Hindern’, existieren wiirdo, Und wenn es sich so verhalt, [da6 némlich] ‘der Raum nicht vor dem Jaksana des Raumes existiert und da er ohne das lak- sana des Raumes sein miifte, wenn er yor dem lakgana oxistiorte’, dann [bleibt nur anzunehmen], dab [in der empirischen Wirklich- keit] ein [transzendentes Substrat] ‘fungiert’, welches ohne Zakgana ist. Ein solches [Substrat] ist indessen irreal wie eine Luftblume. Deshalb ist der Raum tiberhaupt irreal. Das stellt der. Lehror fost, indem or sagt: »Ein bhava ohne lakgana ist nirgonds zu finden«. Der Gegner: Die Funktion des /aksana manifestiert sich anf dem [Substrat] des Jaksya. Weil sie (= die Funktion) wirklich ist, deshalb ist auch das lakgya wirklich. Der Madhyamika: Die [Funktion des Jaksapa] ist auch irreal. Denn: > Weil der hava ohne laksana irreal ist, worauf manifestiert sich (= kramatam kuha) das lakgana 2« [2]. Es wurde schon gesagt, daB ein bhava, welcher vor seinem Jaksana existiert und [daber] ohne Jaksana ist, keine Realitat be- das anitya = samskrta empirische Wirkungsfihigkeit (artha-kriya-stmar- thya) besitzen kann. Das andvarana ist keine empirisch wirkliche kriya, son- dern lediglich ein konventioneller Ausdruck fir die Abwesenheit des Sapratigha rapa, Es gibt wohl wirkliche res extensue, aber keinen wirk- lichen Raum; dieser ist lediglich eine Konstruktion des Denkens. Vgl. AbhK Ul, 279; Sarva-Siddhanta-Samgraha 18: akasa-dhatur prajfiapti-matram syan, ¢) Die idealistische Raumlehre der Sautrantikas ist von allen Schu- Jen des spiiteren Buddhismus tibernommen worden. Vgl. Aryadeva, Catusatika 483; P.L. Vaidya, Eudes 185, VMS I, 78 Auch die Thora, vadins betrachten den akasa’ als irreal. Buddhaghosa Koud 93 stellt ausdrticklich fest, da8 der lecro Zwischenraum kein Objekt der Wabrnehmung, sondern lediglich eine Vorstellung ist (mano-dvara- vintinam uppajjati na cakkhu-vifiianam). §. Z. Aung und C. F. A. Rhys Davids, Points of Controversy 193; Compendium 226. Die brahmanisch-orthodoxe Philosophie ist bezeichnenderweise tber die vedische Vorstellung des substanziellen Raumes nicht hinausgegangen. Uber die Definition in der Samichya-krama-dipika 82 vgl. Garbe, SPh™ 2681. 5 sitzt, Auf einem solchen irrealen, nicht existierenden, Jakgapa- Josen, d. h. des Jakgana beraubten bhava wie kann die Funktion des laksana auftreten? Die Funktion des Jaksana gibt es [in die- sem Fall] iberhaupt nicht, Es kann ferner ein folgendes [Dilemma aufgestellt werden]: dor dhdea, auf dem die Funktion des Jakgana in Erschoinung tritt, ist selbst entweder mit oder ohne lakgana. Um zu zeigen, warum beides unméglich ist, sagt [der Lehrer]: »Die Funktion des Zaksana ist auf einem [Substrat] ohne laksana nicht mdglich; ebensowonig auf einem [Substrat] mit Jaksana, Auch auf einem [Substrat], welches weder mit noch ohne Jaksana ist, fungiert sie nicht« [3]. E Die Funktion des Zaksana auf einem [Substrat], welches ohne Jakgana ist, ist irreal wie das Horn des Esels. Und auch auf einem bhava mit lakgana ist die Funktion des Jaksana nicht még- lich, weil sie zwecklos wire (prayojandbhavat). [Sollte aber je- mand der Ansicht sein, dab] ein bereits durch sein Jakgana be- stimmter (= als Jaksanavant realisierter = prasiddha) bhava sei- nerseits durch ein weiteres Jaksana bestimmt werden kann, so wiirde sich daraus ein regressus in infinitum (anavastha-prasaiga) ergeben. Und [man] wiirde [von] diesem bhava nio [sagen kénnen, dab er] nicht salaksana ist; vielmehr wiirde sich ergeben, dab dio Funktion des /aksana ewig ist4). Und das ist unannehmbar. Des- halb [sagen wir:] die Funktion des Jaksana auf einem bhava mit laksana ist nicht méglich wegen der Zwecklosigkeit. ‘Und nun die Annahme, daB die Funktion des laksana auf einem [Substrat] fungiert, welches weder salaksana noch alaksana ist, [Der Lehrer] erwidert: »Auf einem [Substrat], welches weder salaksana noch alak- sana ist, fungiert [das laksana] nichts. Warum? — Weil ein solches [Substrat] tiberhaupt nicht existiort, Wenn etwas salaksana ist, dann ist es nicht alaksana und, wenn etwas alaksana ist, dann ist es nicht salaksana. [Der ‘) Diese Konsequenz ist fir den Buddhismus besonders geftthrlich. Nimmt man sie an, so ist das identisch mit der These, daB die trans- zendenten Substrate ewig “fangieren’, daf sic nie aufhéren werden als lakganas in Exscheinung za treten, daB sie nie erléschen, werden, mit einem Worte: daB das dufkha, die Beunruhigang des Absoluten, nicht nur ohne An- fang, sondern auch ohne Ende ist. Bogriff cities Gegenstandes], welcher zugleich salaksana und ala- ksana ist, enthailt somit einen Widersprach, Was aber einon Wi- derspruch enthilt, das kann nicht existioren®) (na ca vipratisid- dham sambhavati). Und weil es nicht existioren kann, deshalb ist die Funktion des Zaksana auf einem solchen [Substrat], welchos mugleich salaksana und alaksana ist, ebenfalls unméglich. Der Gegnor: Zugegeben, daB os so ist, Indessen, obwohl die Funktion des Jaksana irreal ist, so existiert doch realiter das laksya. Der Madhyamika erwidert: Auch das laksya existiort nicht. Denn [also sagt der Lehrer]: >Wonn es keine Funktion des Jaksaya gibt, dann ist auch das laksya nicht méglich«. Da es keine Funktion des Jaksana gibt, wie kann das laksya wirklich sein? Es kann tberhaupt nicht existioren, das ist der Sinn. Der Gegner: Du hast dio Funktion des Jaksana, nicht aber das laksuna selbst gelougnet. [Also diirfen wir die These aufstel- Jen, daB das Zaksana wirklich ist], Weil nun das laksana wirklich ist, deshalb muf es auch ein laksya geben. (Der Lehrer erwidort]: »Wenn das laksya unméglich ist, dann ist auch das laksana nicht méglich« [4]. ‘Wenn die Funktion des Zaksana irreal ist, dann ist auch das laksya nicht méglich’ — gibt man das zu, dann mu auch zugegeben werden: ‘Wenn das Jaksya unmdglich ist, dann ist auch das Zaksana nicht méglich’. Und zwar eben deshalb, weil das Substrat (asraya = laksya) fehlt, Und wenn so das laksana irreal ist, dann ist auch deine These: ‘Weil das Jaksana wirklich ist, deshalb muS es auch ein Jaksya geben’ nicht richtig. Und weil es sich so verhiilt, »Deshalb gibt os kein Jakgya und es gibt kein laksanac. Das ist die conclusio (nigamana). 5) Diese Formulierung ist identisch mit dem »ontologischen Grand~ satz des Widerspruchse: kein Gegenstand kann ein Merkmal zugleich besitzen und nicht besitzen. Auch der slogische Grandsatz des Wi- derspruchs« war den Indern nicht unbekannt, vgl. etwa das Nyayabhasye 1, 41: tayor (= pakga-pratipakgayor) anyatarasya nivrttih ekatarasyé “vasthanam avasyam. fe Der Gegnér: Obwohl das Zaksana und das Jaksya irreal sind, sd ist doch der Raum cine Realitiit. Weil nun dér Raum als un- abhingige Realitat existiert (= bhava-ripam bhavad), deshalb mu8 er ontweder cin Jaksya oder ein lakgaya sein, Also sind das laksya und das Zaksana wirklich. Der Madhyamika: Auch das ist nicht richtig. Denn also sagt [der Lehrer]: >Ein bhava ohne lakgya und ohne laksana existiert ebenfalls nicht« [5]. DaB das laksya wnd das laksapa irreal sind, haben wir schon frither festgestellt. Wenn nun die Irrealitit dieser beiden feststeht, dann ist der Raum irreal wie die Luftblume und zwar eben des- halb, weil er sowohl des Zaksya als auch des laksana beraubt ist. § 2. Die Negation des bhava impliziert nicht die Realitat des abhava Der Gegner: Wenn der Raum kein bhava ist, dann mus zmgegeben werden, dab er ein abhava ist. Der Madhyamika: Auch das ist nicht richtig. Denn: aIst der bhava irveal, wessen abhava sollte wirklich sein ?« Wenn der Raum kein bhava ist, dann — infolge der Irro- alitit des bhava, wessen abhava soll man hypostasieren (kalpyatam)? Es heiBt ja weiter unten: »Wenn die Realitat des dhava geleugnet wird, dann ist auch der adhdva irveal. Was der naive Mensch als abhava be- zeichnet, ist [nur] ein Andorswerden (anyathabhava) des Dhavac [KV, 5}. Weil es weder den bhava noch den abkava gibt, deshalb kann der Raum auch kein abhava sein, Der Gegner: [Wir Ichreni nicht, da8 der Raum ein abhava, ein Nicht-Sein schlechthin ist], Wir definieron den Raum als das Nichtvorhandensein [der Elemente] der Materialitit®) (= rapabha- vas cakasam iti ryavasthapyate). Der Madhyamika: Wenn [die Elemente der] Matorialitat (rapa) wirklich waren, dann wiirde freilich auch der Raum als %) Das ist die Definition der Sautrdatikas, vgl. Anmerkung 3 d. »Nichtvorhandenseine (= als cin abhava) der Materialititt otwas wirkliches sein. Und weil die [Elemente der] Materialitit, wie bereits [im IV Kapitel] bewiesen wurde, irreal sind, wossen abhava sollte dann der Raum sein? (= der avhava des abhava ist keine Realitiit), 3. Auch das erkennende Subjekt ist irreal. Der Gegner: Und doch gibt es sowohl den bhava als auch den abiava, weil das Subjekt, welches beides [den bhava und den abhava] priift (tat-pariksaka), wirklich ist. Du selbst bist’ namlich eine Realitat und zwar als »Priifer< des bhava und des abhava, ferner als derjonige, welcher die Sitze ausspricht: sIst der bhava irreal, wesson abhava sollte wirklich seine usw. Und weil dein eigenes Ich, als der Priifer des bhava und des abhava, wirklich ist, deshalb miissen auch die beidexi [Kategorien] der zu priifendon objektiven Wirklichkeit (= pariksyan), [nimlich] der bhava und der abhava, wirklich sein, Der Madhyamika: Auch das ist nicht richtig®), Denn [also fragt der Lehrer]: Wer ist jener vom bhava und abhava verschiedonor Ge- geustand (= bhavabhava-vidharman), welcher den bkiva und den abhava bewubt hat (avaiti)?« [6}. Zugegeben, dab der brava und der abhava wirklich sind, dann muf auch von dem erkennenden Subjekt angenommen wer. don, da es entweder ein bhava oder ein abhava ist. Postuliert man den bhava des [Subjekts], so ist dagegen [abermals] einzu- wenden: ") Die Buddhisten leugnen das cogito ergo sum, und xwar sind darin sowohl die skandha-vadins als auch die nifsvabhava-vadins cinig, Der Weise, dessen Blick durch die Suggestion der sat-kaya-drsti unge- truibt ist, erlebt die Welt durchaus nicht als »von meinem Ich bewuBt gehabte, Die dharmas, die im samtana kooperieren, sind niemandem gegeben, sie sind »schlechthin dae und keine »BewuBtseinsphiinomene<. Das »Ich habe bewuBt meine Welte ist cine sekundire Konstraktion des theoretischen, diskarsiven Denkens. Es sei in diesem Zusammenhang her- vorgehoben, dai die moderne Phiinomenologie zu uhnlichen Resultaten gelangt. Man vgl. etwa die Bemerkungen Max Schelers, Wesen und Formen der Sympathie 284 ff 9 »Bin bhava ohne ‘Jaksya und ohne Jaksana ist nirgends 2 finden«. Und wenn man den adhava [dos Subjekts postuliert], so er- hebt sich dagegon der bereits formuliorte Kinwand: oIst der bhava irreal, wessen abhava sollte wirklich soin?« Nun ist aber auch der dritte, vom bhava und abhava ver- schiedene Gegenstand (padartha), den man als den Erkenner (avagamaka) des bhava und des abhdva postulieren kénnte, irreal. Also ist das den bhava und den abhava orkennende Subjelt (pa- viksaka) [iberhaupt] irreal. Deshalb hat der Erhabene also gosagt: »Wer dio dhavas als die abhavas erkennt, der haftet nicht an allen dhavas. Wer an allen bhavas nicht haftet, der kommt in Bertihrung mit der Sphire der merkmallosen Versenkung (=sa animittam spysate samadhim)«. Und ahnlich: > Wer die dharmas als leer denkt, auch der ist ein Tor und wandelt auf dem schlechten Pfad (== kwmarga-papannaku). Unverginglich (aksara) wurden die leeren dharmas genannt und eben diese unvergiinglichen [dharmas] nennt man [z- gleich] vergiingliche. »Wenn jomand die dharmas als beruhigt, vollsténdig beru- higt denkt, so ist auch dieser Gedanke durchaus. irreal, Durch das diskursive Denken ist die ganze begrifflich dif- ferenzierte Welt geschaffen (—citta-vitarkana sarvi pra~ paficth). Daher erkennet die dharmas als subtil (swksma) und unzugiinglich dem Denken (acintiya)«. §4. Alle dhatus sind irroal. astitva und nastitva aufgehoben. Und jetzt formulicrt [der Lehrer] die conclusio dieser Be- trachtungen: »Deshalb ist der Raum weder ein bhava noch ein abhava, weder ein Zaksya noch ein laksanae. Und wie der Raum, so auch »Dem Raume-gleich sind die fiinf tbrigen dhatus« [7], 10 Die iibrigen fiinf dzatus, Erde usw. miissen ebenso wie der Raum erkannt worden: als frei vom dhava und abhava, laksya und Jaksana. Auf diese Weise haben wir die wahre Beschaffenheit (sva- bhava) der Dinge, [nimlich ihre Nichtrealitat] festgesetzt, Nun gibt es abor Weson, deren geistiges Auge durch dio Timira-Krankheit der Unwissonheit geblendet ist und dio in dem anfanglosen sam- sara hin und her geworfen werden. Eben deshalb sehen sie ver- kehrt den bhava und den abhava und verlassen den guton, zum nirvina fihrenden Pfad der richtigen Intuition des naihsvabhavya. [Von ihnen sagt der. Lehrer]: »Die Torichten (alpa-buddhayah), die das astitva und das na- stitua der bhavas sehen, die sehen nicht die selige Beruhi- gung der empizischen Wirklichkeit (—drastarya-upasama)« [8]. Die Beruhigung der’ empirischen Wirklichkeit ist identisch mit dem absoluten Aufhéren des Erkennens und des Erkenntnis- objektes (= jnana-jneya-nivytti-svabhava), mit der seligon Absolut- heit der héchsten Wirklichkeit (paramirtha-svabhitva); sio ist selig: und frei von dem Netz simtlicher Hypostasen (kalpana), Diejeni- gen [Menschen], die an dem ‘Es ist” und ‘Ks ist nicht? haften (= abhinivista), besitzen infolge ihrer intellektuellen Minderwer- tigkoit (manda-buddhitaya) keine Intuition der héchsten Wirklich- keit (paramartha), des nicht alternden, unsterblichen, von der Vielheit freien nirvana, welches mit der Absolutheit der Leerheit. (= mit dem sanyata-svabhava) identisch ist. Also heift es in dem Ratnavali-Sttra: »Der Nastika geht den schlechten Gang (= durgati), der nicht-Nastika geht den guten Gang; wer sich auf beides [auf asti und nisti] nicht stiitzt (a-dvaya-niférita), erreicht die Erldsung als Folge der wahren Erkenntnise, Und also hat der Erhabene in dom Samadhi-raja-Satra gesagt: ‘Es ist’ und ‘Es ist nicht? — da sind zwei antas. “Rein” und ‘nicht-rein’ — auch das sind zwei antas. Deshalb, beide antas verlassen habend, sogar in der Mitte bleibt der Weise nicht stehen«. »Es ist’ und ‘Es ist nicht? — das ist ein Widerstreit (vi- vada). ‘Rein’ und ‘nicht-rein’ — auch das ist ein Widerstreit. it ‘Wer im Widerstreit verharrt, erreicht nicht die Beruhigung des Leids, Wer die Streitlosigkeit (avivada) erreicht hat, vernichtet das Leidenc. Deshalb ist.es unméglich auf dem Wege des samsara zum nirvana ma gelangen®) (tasmad asambhava eva yat samsarikena margena nirvanam adhigamyata iti), 8) In diesom Satz ist, wie mir scheint, der wichtige Gegensatz zwischen der hinayinistisehen und der mabiyanistischen Erlésungslehre angedeutel. Fur die Sarvastivadins ist die Erlésang das Ergebnis einer allmihlichen Beruhigung des samsdra, ein wirklicher, schrittweise ver- laufender ProzeB, bis alle dharmas »ausgewirkte haben, Fir die mahé- yanistische Lehre von dem nifscabhdvatea sind nircana und samsitra identisch, die Erlésang kein wirklicher ProzeB, sondern eine ewige, nie gewordene Wahrheit. XIl Kritik der realistischen Theorien ‘Uber die Genesis der leidvollen Wirklichkeit, § 1. Das duhkha ist wedor svayamkrta noch parakrta. Der Gegner: Es gibt einen déman, weil das dukkha, wolches mit dem déman [als dem leidenden Subjekt] in Verbindung steht, wirklich oxistiert. Denn in der Tat bezeichnet man in der tiber- Tieferton Lehre (= ika) die fiinf upadana-shandhas als das duhkha*) und eben dieses [dupkha] ist wirklich. Und weil das duhkha {not- *) In der buddhistischen Terminologie bedentet der Ausdruck dubkha nicht das subjektive Geftthl des Leids, sondern den objektiven Sachverhalt der leidvollen Existenz, dio Tatsache der ewigen Beunruhigung der Wirklich- keit, die sich im Erscheinen and Verschwinden der samskyta dharmas, in der anityat und im samskytatea manifestiert. In diesem Sinne ist auch dufikha als das erste von den vier Gya-satyani 2a verstehen: als Gesamltitel aller sdsrava-dharmas, die im samtana des prthag-jana koo- perieren. Vgl. Stcherbatsky, Central Conception 48 fi; 96, Nirvana 55 ff Fiir das riehtige Verstindnis der buddhistischen Philosophie ist die Feststellung der Identitiit dufkha = loka von prinzipieller Bedeutnng: im Individoum leidet das Absolute und die Erlésung ist kein psycholo. gischer, sondern ein metaphysischer ProzeB, Fir die abendlaindische In- terpretation mag es nahe liegen, die altindischen Soteriologien psycholo- gisch zu deuten; richtig ist diese Methode deshalb nicht, Man darf nicht vergessen, da die alte Lehre von der Aquivalenz der psycho-phy- sischen und der kosmischen Ordnung in Indien nie ihre Aktnalitut ver- Toren hat, Deshalb sind auch solehe Begriffe wie kama, trsnd, raga, avidy usw. im erster Linie aberpersinliche, weltgestaltende Potenzen, vdie sich als »Affektee und »Emotionen« nur insofern manifestieren, als -das Individuum an der Beunruhigung des Absolaten partizipiert. 13 ‘wWondigerweise] cin [leidendes] Subjekt voraussetzt und ohne ein Substrat (asraya) tberhaupt nicht donkbar ist, deshalb gibt es ein Substrat des dubkha und eben dieses Substrat ist der atman. Der Madhyamika: Gewié wiirde es einen aman geben, wenn das dupitha wirklich wire. Und wenn das duikha wirklich waro, dann miiBte es sein: entweder durch sich selbst gewirkt (svayam- kyta), oder durch etwas anderes gewirkt (parakyta), oder durch beides gewirkt, oder endlich kausal indeterminiert (hetu-rahita). Wenn man nun, alle Méglichkeiton des Totralemma erschépfond (= sarvatha), das dufkha als eine nach diesem Schema gewirkte Realittit postuliert, so exgibt sich, daB es iberhanpt irreal ist. Um das zu zeigen, sagt [der Lehrer >Manche nehmen das dufitha als solbstgewirkt an; als gowirkt durch etwas anderes; als gewirkt durch beides; als nicht verursacht. Es ist als Wirkung (arya) iberhaupt nicht mog- liche [1]. Es gibt Philosophen, welche behaupten: ‘Das dupkha ist durch sich selbst gewirkt’, Andere sagen: ‘Es ist gewirkt durch etwas anderes’, Wiederum andere: ‘ls ist gewirkt durch beides’. Endlich Iehren manche, daf es ohne Ursache entstanden ist. Indessen: als Wirkung darf das duhkha iiberhaupt nicht postuliert werden. Das ist die These (pratijna). Um sio 2u bewoisen sagt (der Lehrer]: >Wenn es selbstgewirkt wire '9), dann wiirde es nicht in- Korrelation-entstanden sein. Denn fiihrwahr in Korrelation zu diesen skandhas entstehen jene skandhas« [2]. 2°) Die These dupkham svayamkytam = svaimand kytam setzt voraus, daB den skandhas in allen Momenten des samtana dieselbe Substanz za- grande liegt. svayambrtatua ist also ein Synonym des svata utpada und des sat-kurya-vada, boaw. des sdsvata-vda. In diesem Sinne lehren die Anhtinger des Samkhya-Yoga, da jede Wirkung nur eine Transforma~ tion derselben ewigen prakrti ist, Zugleich muB aber hervorgehoben werden, da es sich nicht nur um die substanzielle Identitét der causa: materialis (= uptdana-karana = svabhiea) und des Produkts handelt, sondern vielmehr um die faktische Priexistenz alles empirisch Geworde- nen in der Sphiire des ewigen, transzendenten Seins. Der Satz ‘die Wir- kung entsteht aus sich selbst” ist mithin ‘identisch mit der These, daB- die Wirkung vor dem Entstehen wirklich war (= utpadat pitroam sat- team) und daB die sogenannte Entstehung nur einen Ubergang aus der Po- tonzialitat in die Aktualitut bedeutet, 14 Selbst (-gewirkt) bedeutet [gewirkt] durch das eigeno Selbst” (bdag-rai-gis = svdtmand). Wenn das dupiha durch sich selbst gowirkt wire, dann wiirde der svabhava(rai-gi-to-bo-nid) des duhkha durch eben denselben svabhdva des duhkha gowirkt soin, Und so- mit wiirde es nicht in-Korrelation-entstanden sein, (d. h.] 6s wiirde frei sein von dem Bezogensein auf die hetw und pratyayas. Und zwar eben deshalb, weil dio Realitit seines svabhiava (= sein Selbst) [postuliert wnrdo]. [Diese Voraussetzung ist aber falsch]. Weil der svabhiva ixreal ist, deshalb kann er nichts bewirken. [Vielmehr] entsteht [alles] in Korrelation, wie das z. B, [der folgende Satz feststellt]: ‘In Korrelation 2a diesen skandhas entstehen firwahr jene skandhas’. [Das heidi}: Weil in Korrelation 2 diesen skan- dhas in dem Moment des Sterbens (marandntikin skandhan pra- fitya) die [neuen] skandhas in dem Moment der Wiedergeburt entstehen (aupapattyamsikah skandha utpadyante), deshalb kann es nicht richtig sein, dad das dukha durch sich selbst gowirkt ist. Jetzt, um zu zeigen, dai das dufikha durch etwas anderes "!) auch nicht gewirkt sein kann, sagt [der Lehrer]: Die Lehre von der Manifestation der priexistierenden Wirkung be- kampfen die Madhyamikas. Sie ist falsch, weil die Entstehung eines be- reits existierenden Seins ohne Zweck (nifprayojana, vyartha) ist und aufierdem zum regressus in infinitum fiiren mu. Denn etwas Seiendes braueht nicht noch einmal die Existenz zu orwerben, um gleichsam in einem noch hdheren Grade wirklich za sein. Und wenn es trotzdem wahr ist, da ein bereits existierendes Ding entstehen kann, dann mufi auch ein enistandenes Ding entstehen kénnen usw. Anders gesagt: das Seiende wiirde ewig entstehend sein, Vgl. Buddhapalita, Milamadhyamakavrtti, Tib. Ubers. 12; Pr 36—144; 197229, Eine interessante Kritik der abhivyakti-Lebre gibt Gandrakirti in der agnindhana-pariksa Pr. 2108—2114; tberselzt von mir im RO VII, 26 ff 41) Auf dem Standpunkt des parakytatua stehen die Vaigesikas und die Hinayanisten, Die Vaigesikas leugnen nicht den Bogriff der causa ma- terialis (upadana-karana), bestreiten aber, daB die Wirkung in der causa materialis priexistiert. Sie ist das ‘positive Korrelat des vorherigen Nicht seins’ (prdg-abhi@va-pratiyogi), existiert nicht vor det Entstebung, hat einen »Anfang (Grambha) und ist gegentiber der Ursache eine unabbiin- gige, absolut andere (para, atyanta-bhinna) Realitiit. Gegen diese “Auffas- sung formuliert Buddhap@lita |. e.—= Pr. 36°—374 das Argu- ment: wenn die Wirkung aus einer wesensverschiedenen Ursache ent- steht, dann mo alles aus allem entstchen kénnen (= sarvatab sarva- sambhava-prasangat). Abnlich Candrakirti Mdhy Av VI, 14 = Pr. 366, vgl. auch Samihyakarika 9. ob) »Wenn diese anders wiren als jene, und wenn jene anders wiren als diese, dann wiirde das dufitha durch etwas an- deres gewirkt sein, Denn jone wurden durch diese anderen gowirkt« [2]. ‘Wenn diese skandhas in dem Moment der Wiedergeburt {an sich] anders wiren als jeno skandhas in dem Moment des Sterbens; oder: wenn jone skandhas in dem Moment des Sterbens {an sich] anders witren als diese skandkas in dem Moment dor Wiedergeburt, dann wiirde das dujkha durch ein anderes [nicht identisches duskha] gewirkt sein, Das Anderssein (anyatoa = prthak- tva) der skandhas [in den beiden Momenten des Sterbens und der Wiedergeburt) ist indesson gar nicht aufweisbar und zwar deshalb, weil die Verkettung von Ursachen und Wirkwagen ein Kontinuum #) bildet (hetu-phala-sambandhavasthanat), Es heibt ja weiter unten: >Wovon in Abbingigkeit etwas entsteht, dem gogentibor ist es weder dasselbe noch ein anderes. Deshalb hért os nicht auf und beharrt nicht ewig (nocchinnam napi sasvatam)« (XVII, 10). Also kann das dujikha durch ein anderes [dubkha] nicht ge- wirkt sein. Denn fnur] wenn das Anderssein [an sich) wirklich wire, witrde os méglich sein zu sagen, da jene (nouen|, [an sich] anderen skandhas durch diese [alten], [gleichfalls an. sich] anderen Die Hinayanisten lehren das parakytatva, vgl. Pr. 761, doch dart der Unterschied zwischen dem arambha-vada und der buddhistischen Pratyaya-Theorie nicht tbersehen werden: 1) da die Hinayanisten nicht nur die Priexistenz der Wirkung in der Ursache, sondern auch den Be- griff der causa materialis leugnen und 2) daB sie die Kausalitit als fanktionelle Abbiingigkeit zwischen den dharmas auffassen, Fir die Madhyamikas ist die hinayanistische Lehre unannekmbar, weil sie auf dem Boden des pluralistischen Realismus steht und die Wirk- lichkeit unabhiingiger, absolut verschiedener Substanzen voraussetzt. 14) Die Sautriintikas lehren, dab die skandhas, welche in demsel- ben sayatina kooperieren, weder dieselben noch nicht dieselben. sind: sie konnen nicht dieselben sein, weil sie sofort nach ihrem Erscheinen ver- nichtet werden; sie sind aber auch nicht absolut anders, weil sie au der- selben Einheit des Werdezusammenhangs gehéren. Vgl. bh K. Il, 22. In diesem Sinne ist die pratityat@ ein tertium gegentiber den beiden antas des ekatva und des paratva, Ftir die Madhyamikas ist die prati- 4yata identisch mit der sanyatd und dem nigsvabhavatoa, 16 skandhas gewitkt warden. Weil diese [Voraussetzing = dio An- nakme des absoluten, nicht relativen Andersseins] falsch ist, des- halb kann das dufikha durch ein anderes [duhkha] nicht gewirkt sein, § 2. Der pudgala ist nicht der Urheber des duhkha. Der Gegner: Diese [Argumentation] mag richtig sein. Wir bo- haupten indessen gar nicht, da@ das duhiha durch das duhkha und in diesem Sinne selbstgewirkt sei. Wir lehren vislmehr, dab es selbstgewirkt ist, weil es durch den eigenen (= sva) pudgala hervorgebracht wurde. [Wir bestreiten also], dab das dukikha durch einen fremden pudgala fin der fritheren Existenz] gowirkt und erst nachtriglich [dem pudgala, der es gegenwartig besitzt,) tiber- geben wurde. Darauf erwidert (der Lehrer]: »Wenn durch den eigenen pudgala das dubiha gowirkt ist, wer ist dann jener pudgala ohno das dubkha, durch den selbst das dubkha gowirkt wurde? (4. Macht man die Annahme (parikalpyate), da® dieses mit den fiint upadana-skandhas identische manugya-duhkha durch den ei- genen pdgala selbst gewirkt ist, dann freilich muS jener pud- gala, durch den selbst das dubkha gewirkt wurde, angenommen werden. [Mit anderen Worten:] erst wenn [man angenommen hat}, da das dubkia durch denselben pudgala gewirkt ist, welcher sich auf dem [psycho-physischen Substrat des dukkha] empirisch ma- nifestiort 8) (= welcher in seiner empirischen Manifestation durch 18) Die kanonische These dubiha-upadaya pudgalah prajfiapyate kann sowohl im Sinne der Skandhavadins als auch im Sinne der Padgala- vadins interpretiert werden, Stellt man sich auf den Standpunkt der Sar- vastivadins und der Theravadins, so bedeutet der Ausdrnck prajflapyate den Akt der falschen Apperzeption des illusorischen pudgala auf dem Sabstrat (= upadaya) der wirklich gegebenen skandhas. In diesem Sinne ist pudgala cine prajtapti, ein Pseudo-Begriff, eine verbale Hypostase. Die Personalisten Jeugnen nicht, da® der pudgala ein Korrelationsbegriff des upadana ist, glauben aber diese Abhingigkeit als wirkliches In-Er- scheinung-Treten dos transzendenten pudgala auf dem Substrat der psy- cho-physischen Aggregate auffassen zu miissen, Der pudgala ist in seiner empirischen Erscheinung an die flint skandhas gebunden, daB er deshally mit den skandhas identisch ist, darf nicht gefolgert werden, DAK IX, 17 das duikha bedingt ist = duhkhena = dubkha-upadaya prajiiapyate), kann von dem pudgala als einem diskursiv explizierbaren Begriff die Rede sein (sa... kathyatam), und zwar auf Grund der Unter- scheidung (bhedena = vibhajya): das ist das dubkha und das ist der Urheber (kartar) des dujkha. Indessen, selbst zugegeben, dab durch den pudgala, welcher sich auf dem Substrat des manusya- dubkha cmpivisch manifestiort, das manusya-dubkha gowirkt ist, so ist es eben nicht »der eigen pudgala, sondern der pudgala der niichsten Existenz (== ¢atpara-pudgala), der das duhitha her- vorbringt. Und wenn man meint, da® bei dem Wechsel des [psy- cho-physischen] Substrats (wpadana-bhede) kein Wechsel des pud- gala stattfindet, so ist das falsch. Denn ein pudgala, welchor ver- schieden ist von dem [psycho-physischen] Substrat und in Isolie- rung [von diesem Substrat] (bhinna = prthak) existiert, ist tiberhaupt nicht aufweisbar. Somit ist das duhkha durch den eigenen pudgala nicht gewirkt. Der Gegner: Wer méchte in diesom Sinne behanpton, das das dukkha durch den eigenen pudjala gewirkt ist? Vielmohr ist das duhkha gewirkt durch einen fremden, [nicht eigenen] pud- gala, [Es seien zwei auféinander folgende Existenzen als Mensch und als Gott, und dementsprechend zwei pudgalas und zwoi dup- has gegeben}. Gegeniiber dem deva-duhkha ist der manusya-pud- gala ein »anderere. Dieser manusya-pudgala [schafft] das deva~ dubkha und, nachdem er es geschaffon hat, ibergibt os dem deva- pudgela, welcher sich dann auf dem Substrat eben dieses duhkha empirisch manifestiert. In diesem Sinne ist dieses [deva-dubkha des [deva-] pudgala durch einen fremden pudgala, {nimlich durch den manusya-pudgala), geschaffen. Darauf erwidert [der Lehrer]: > Wenn das duktha durch einen fremden pudgala geschafion wird, wie ist dann joner pudgala ohne das dubkha méglich, Steherbatsky, Phe Soul Theory of the Buddhists; Kou I, 84 ff, Pr, 204% f1.; 486° ff. Zum Problem des sva-pudgala und des para-pudgala ‘vgl. die Diskussion SN Ul, 20: so karoti, so patisamvedeti; aftfio karoti, 0 paisamvedeti ; Kou I, 49 ff. Uber das ‘Weitergeben’ des duhkha (= tena ca manusya-pudgalena tad-dujkham krtva parasmai deva-pud- galaya pradiyate) vgl. das viel diskutierte Stra von der Last und yon dem Lasttriger SN Ill, 26; Ah K IX, 256; VI 479, 519. Praco Komisji Orjentalistyezne] P. A. U. Ne. 1d. 2 dem das dubia orst nachtriglich tibergeben wird, nachdent es von dem fremden pudgala gewirkt wurde ?« [5]. Wenn das deva-duhkha durch den manusya-pudgala gewirkt ist, und wonn’ dieses dubkha, erst nachdem es durch den ma- nugya-pudgala gewirkt wurde, einem anderen [pudgala, nimlich einem) deva-pudgala, tibergeben wird, dann [erhebt sich dio Frage]: wie ist jenor deva-pudgala, dom das deva-dubkha tbergeben wird, {zuniichst] ohne das deva-duhkha miglich? [Bin solcher deva-pud- gala ist ixreal und] so gibt es tberhaupt keinen »Empfiingere (pratigrahaka) des durch den fremden pudgala geschaffenen duhkha. : Nun ist aber auch der pudgala, welcher [nach dieser ‘Theo- rie] [das duhkha] weitergibt, irreal. [Um das zu zeigen] sagi [der Lehrer]: »Wenn das dupkha durch einen fremden pudgala geschaf- fen wird, wer ist dann jener fremde pudgala, welcher selbst, ohne das duhkha existierend, dieses dukkha bewirkt und es nachher dem anderen pudgala iibermittelt? [6] Da er sich durch das Substrat des manusya-[dubha] empi- risch manifestiort (<= empirische Wirklichkeit erwirbt), zugleich aber unabhingig von dem Substrat des manusya-[duikha] existiert, wer ist also jener manusya-pudgala, der das deva-duhkha munichst selbst hervorbringt und es dann dem deva-pudgala tibermittelt? (Br kann tiberhaupt nicht wirklich sein}, deshalb kann das dubkha auch durch einen fromden pudgala nicht gewirkt soin. Und ferner: »Infolge der Unmdglichkeit des svayamkrta dubkha, wie ist das parakyta dukkha méglich? Denn dasselbe dupkha, wel- ches parakyta ist, ist zugleich fir den anderen, der es ge- wirkt hat, ein svayamkrta« [T], Wenn das deva-pudgala-dukkha mit Riicksicht darauf, dab es durch den manusya-pudgala gowirkt wurde, parakyta ist [und zwar fiir den deva-pudgalal, dann ist doch wohl dasselbe deva- dulitha ein svayamkrta fix den manusya-pudgala, Indessen, wie wir beroits festgestellt haben, ist das svayamkrta dubkha therhaupt irreal. Deshalb, infolge der Unméglichkeit des svayamlrta dubkha, [also] weil dieses diepkha durch den eigenen manusya-pudgala selbst. gar nicht gowirkt ist, wie kann es als [das dufiha] des anderen 19 pudgala ‘devd ein parakyta sein? Auch in diesem Sine ist es also unméglich [za behaupten}, dab das duikha durch anderes ge- wirkt soi. § 3. Die Unméglichkoit des svakrtatva schlieBt die Moglichkeit des parakrtatva aus. Jetzt, um dio Unméglichkeit der beiden Thesen [des soa- kytatea und des parakrtatva] durch ene andere Argumentation 2a begriinden, sagt [der Lehrer]: »Das dukha ist nicht selbstgewirkt. Denn das[selbe] kann nicht durch das[selbe] gewirkt sein. Wenn das andere nicht durch sich selbst gewirkt ist, wie kann das duhikka durch das andere gowirkt sein ?¢ [8). Weil das duskha durch sich selbst nicht gewirkt ist, deshalb ist beides: das Selbstgewirktsein des dubkha und [sein] Gewirktsein durch etwas anderes nicht méglich, Warum? — Weil das(selbe] durch das{selbe] nicht gewirkt ist, [md zwar] wegen des Wider- spruchs, mit dem [der Begriff der] auf sich selbst gerichteten Aktion“) behattet ist (= soatmani vptti-virodhat), deshalb ist [das dufikha) nicht selbstgewirkt, Und ebensowenig ist es gewirkt durch etwas anderes, Denn jenes andere, von dem man angenommen hat, daB es [das duhkha] horvorbringt, ist selbst nicht durch sich selbst (scatman) gowirkt, ist nicht [in seer Existenz] durch sich selbst determiniert (== svatmant nispanna), Denn es ist auch seinerseits yon einem anderen (=-von ihm verschiedenen) hetw abhingig. 14) Der Grandsatz, daB die Aktion (Kriya, vyiti) nicht auf sich selbst gerichtet sein kann, anders gesagt, da die Identitut des Agens (= des Subjekts) und des Objekls (kartr-karmanor ekatvam) unméglich ist, gehrt zu den allgemein indischen nydyas und wird durch zahlrei- che drstantas veranschaulicht: die Klinge des Schwertes kann nicht sich selbst schneiden, die Fingerspitze kann nicht sich selbst beriihren, der Mime kann nicht auf die eigene Scbulter steigen usw. Vgl. GA. Jacob, Laukikanyayarijali 1, 44. Im X Kapitel des Mdhy S beruft sich Nagar juna auf diesen Grundsatz, um die Unmiglichkeit der These von der Identitat des agni und des indhana zu beweisen, Auch in der Diskussion Uber das SelbstbewuBtsein spielt dieses Argument eine wichtige Rolle. Vgl. Pr. 62% (Zitat aus der Ratnactida-Pariprecha), 114%; Bodh Av IX, 18; Biedonkapp, Beitrige zum Problem des Selbstbewufitseins, Halle 1893. or 20 Weil es [in seiner Existenz] durch sich selbst nicht detorminiort ist, und somit keinen svabhava besitzt wie kann es etwas ande- res bowirken? Das ist unméglich, § 4. Widerlegung des ubhayakrtatva'), »Das dufkha ist nicht durch beides [sich selbst und etwas andores] gowirkt< — um das 2u zeigen, sagt [dor Lehrer]: »Das duhkha wiirde wohl durch beides gewirkt sein, wenn es durch jodes einzeln (ehaika) gowirkt wires. ‘Wenn das Gowirktsein des dujkha.durch jedes cinzeln [durch sich selbst und durch etwas anderes] méglich ware, dann wirde wohl das dujiéha durch peides zugleich gewirkt sein. Indessen, es ist nicht durch jedes inzeln gowirkt, weil sich aus dieser [An- nahme] die, erwihnten “Widerspriiche ergeben. Zum Beispiel (eyapadesa): wenn [yon zwei unabhingig wirkenden Ursachen] jede fir sich nicht imstande ist de: Tod (pranatipata) herbeizu- fiihren, dann kann der Tod auch durch beide [Ursachon u- gleich] nicht herbeigefihrt werden. § 5. Widerlegung des ahetukatva®), Endlich, um zu zeigen, dab das dupa nicht ursachlos (nir- hetuka) ist, sagt (der Lehrer]: *) Zu der These des udhaya-kytatva (= sat-karya-vada und aram- Yha-vada) bekennen sich die Jainas. In dem Begriff des Werdens sind folgende Implikationen enthalten: 1) daB gewisse Qualittiten unveriindert bleiben, 2) dafb gowisse Qualituten nengeschaffen werden und 3) daB gewisse Qualitaten verschwinden. Darum kann wobl gesagt werden, dab der Krag (= das Produkt) gegentiber dem Ton (= der Ursache) im ge- wissen Sinne dasselbe, im gowissen Sinne etwas anderes sei. Vgl. Das- gupta, A History of Indian Philosophy 174, 258, Buddhap lita lc. und Candrakirti in der Pr, 881 begniigen sich mit der Bemerkang, dab die These des udhaya-krtatva deshalb falsch’ ist, weil sich aus ihr die ab- surden Konsequenzen des parakrtatva und des svakytatva ergebon. Hier haben wir ein neues, beachtenswortes Argument: daB die Wirkungsfi- higkeit heterogener Ursachen nicht addierbar ist. 18) Die These des konsequenten Indeterminismus, des absoluten Nichtverursachtseins scheint eine rein theoretische Konstruktion zu sein. Was uns aus dem Pali-Kanon als adhicea-samuppannatta bekannt ist, Dezieht sich jedenfalls nur auf die Lehre von “der Irrelovanz moralischen Handelns’ (= akiriya-vada). Mekkhali-Gosala, der im DN als Vertroter 21 »Frei vom Gewirktscin durch ein anderes (parthara), “frei vom Gewirktsein durch sich selbst (asvayam-kira) — wie kann das dukha ursachlos sein ?« [9]. purakira = parent "karo (= akaranam) asya; a-svayam-hitra= na svayamharo sya, Wenn das duhkha nicht selbstgewirkt ist und ebensowenig gewirkt durch etwas anderes, und zwar auf Grund der dargelegten Argumentation (nyaya), wie kann es dann als ursachlos wirklich sein? [Es ist vielmehr irreal] wie der Duft der Luftblumen (thapuspa-saugandhyavat), Und weil das dufikha ixveal ist, wie kann der aman als dessen Substrat (@sraya) wirklich sein ? § 6 Der Madhyamika lougnet nicht die relative Realitat der empirischen Wirklichkeit. So wie das dupkha, in dem Schema der vier méglichen [Kausalitits]-theorien untersucht (= caturdha victryamanam), sich als irreal erweist, genau so miissen auch die Objekte der AuBen- welt (bahya bhavah), Keim und Spro®, Tépfe und Kleider, als irreal erkannt werden. Um das festzustellen, sagt [der Lehrer]: >Nicht nur fiir das dufkha ist keine von den vier [Kausa- litits]-theorien verwirklicht«; fir alle »Objekte der AuBenwelt ist [cbenfalls] keine von don vier [Kausalitits]-theorien verwirklichte [10]. dieser Ketzerei auftritt, lehrt ausdriicklich, daB »die Kreaturen ...ihre Daseinsform ...infolge von Scbicksalsbestimmung, Umgebung und ange- dorenem Wesen habene, ist also kein »Indoterminist<, Vgl. Franke, DN 66, Anm. 6; 56, Auch der Carvaka im Sarva-siddhanta-samgraha Jengnet nur die karmische Kansalita(, lehrt aber sonst die Delerminiert- heit aller Dinge durch ibre seigene Nature (svabhdva); ebenso der sva- Dhava-vadin im Nyaya-Siitra WV, 28, Die Idee der absoluten Freiheit hat in Indien, soweit ich sehe, kein dargana sich zu eigen gemacht, Bud- dbapalita le und Gandrakirti Pr. 881° lehnen das ahetukatoa ab, weil dann alles aus allem fortwithrend entstehen witrde und alles Bemithen (sarvdrambha) umsonst wire. Dieses letztere Argument ist besonders cha- rakteristisch: der Indeterminismus kann nicht richtig sein, weil er dio Moglichkeit des Handelns (auch des Strebens aur Erlésung) ansschlieBt, In der Pr. 76% wird der ahetu-paksa als ekinta-nikrsta ‘ganz besonders gemein’ (unphilosophisch, trivial) hezeichnet. Das ist das buddhistische Urteil uber Henri Bergsons évolution créatrice, 22 Der ganze [Beweis] ist nach demselben Schema wie vorher durchzufithren. (Nun erhebt sich die Frage]: Wenn fiir, das duhkha usw. keine von. den vier méglichen Kausalitiitstheorien (= cdturvidhya) verwirklicht ist, in welcher Weise ist dann dieses [duhkha usw.] existierend (= wie ist der Modus der Existenz des duhkha usw.)? Darauf antworten wir: Wenn das duhiha usw. im absoluten Sinne (svadhavatas) wirklich wire, dann miiBte es die Existenz in einem der vier Modi [des Tetralomma svayamkrta usw.) besitzen (= esam caturnam prakirdnam anyatamena prakaranena siddhih syat), Nun ist aber keine [von den vier realistischen Kausalitits- thoorien] verwirklicht. Und daraus ergibt sich, da® das dublbha usw. im absoluten Sinne (svabhavatas) iberhaupt irreal ist. [Mit anderen Worten, wir lehren, dab) die [scheinbare] Realitat der phiinomenalon Wirklichkeit des dujkha usw. lediglich anf éiner {angeborenen] Tiuschung beruht (= dab die samurti viparyasa- matra-labdhaima-sattaka ist). Und trotzdem, wenn man diese phi- nomenale Wirklichkeit auf ihre Struktur hin als Geftige von Kor- relationen (pratitya-samutpada-ryavasth@) untersucht, dann — auf Grund der-im [VIII] Kapitel. »tber den Tater und die Tat« fest- gestellten Regel, daB die Leugnung der vier [realistischen Kau- salitiits]-theorien mit der Annahme des abhiingigen Entstehens im Sinne der reinen Korrelativitit identisch ist (édampratyayata- mairartha-pratitya-samutpada-siddhya) — mu® doch die |kontin- gente] Existenz (dieser phiinomenslen Wirklichkeit] eingeriumt werden *), Denn also heift es [in dem Lokatitastava]: »Die Rationalisten (tarkika) nehmen an, daB das duhkha soi es durch sich selbst gewirkt ist, sei es durch etwas ando- res, sei es durch beides, sei es [endlich] ursachlos ist. Du aber Iehrst, daB os in Korrelation ontsteht (pra- titya-ja)«. [Und also hat der Erhabene gesagt in der Upali-precha: »Tch habe manche Héllenschrecken geschaut, von denen Tausende von Wesen gequiilt werden. Doch [in Wirklich- ™) Die Kontingente Existenz der phinomenalen Welt ist vor-allem durch die Méglichkeit der Erlésung gesichert, Vgl. Stchorbatsky, Nirodya 154, Anm, 3. 23 keit] gibt es hier in der Welt tiberhaupt keine Wesen, dio nach dem Tode in die grauenhaften Existenzen (yhoram apayam) geraten. Es gibt auch keine Schwerter, Pfeile und Speere, durch welche die Folterqualen zugefiigt werden. In der Einbildung glauben [die Verdammten] zu sehon, wie die [Héllen]-waffen ihren Kérper troffon, Dieso Waffen existieren nicht. [Und im Himmel] erscheinen schéne, goldene Paliste, ge- schmiickt mit lieblichen, bunten Blumen. Niemand hat sie errichtet, auch sie sind bloS in der Hinbildung gebaut worden. In seiner Hinbildung (kalpa-vasena) schafft der naive Mensch die Hypostasen (—vikalpitu). Der Térichte tut es, idem er yon [seiner eigenen] Wahnvorstellung ergriffen wird (= sarijna- gahena), Ob sie {uns] ergreifen oder nicht ergreifen — irreal sind [alle] Hypostason (vikalpa) wie eine Fata Morgana<]. Und ahnlich [hei®t 0 in dem Samadhi-raja-Sutra:] »Angepabt an dio Erfahrung des Alltags (= samortitas) hat der Sieger die Lehre verkindet. Die empirische und die transzendente Wirklichkeit (= die samskyta und die asam- skrta dharmas) exkennet als identisch! Im Sinne der absolu- ton Wahrheit (Ghitatu = svabhavatas) gibt es keinen atman und kein Individuum: so ist die Beschaffenheit (= Zaksana) des Universums«. »Die bése und die gute’Tat geht nicht zugrunde; wer sie gotan, muf sie selbst auskosten. Es gibt trotzdem kein Hin- tberwandern (sambrama = samkranti), und ohne Ursache werden sie (=die Folgen der Taton) auch nicht orlebt«. »Alle Dinge (bhava) sind triigerisch (alika), wertlos (vasika), gehaltlos (riktaka) und nichtig (tuechaka), dem Schaume (phena) gleich; dhnlich emer Fata Morgana, ewig’ leer 18) 18) Alle in dieser Strophe genanaten Ausdriieke kénnen sowohl im Sinne des pudgala-nairatmya als auch im Sinnes des dharma-nairatmya. gedeutet werden, Sie sind allgemein buddhistisch und nicht. spezifisch isch, SGinyatd im Pali Buddhismus = suititam attena; im Stinyam svabhiwena, abnlich ist auch vivikta 2a verstehen, CN 278 = VM 654 gibt eine folgende Liste: yatht nalo asdro, nissaro, sarapagato, yatha erando, yatha udumbaro, yatha setavaccho, yatha pali- Dhaddako, yatha phenapindo, yatha udakabubbulam, yatha martei, yathi kadalikkhandho, yatha ‘maya asdra nissra s@rapagata, evam eva ra pam usw, 24 (anya); such im Sinne der konventionellon: Wahrheit (say- vrti) gelehrt, sind sie losgelést (vivikta) [von aller Wirklich- keit]«, > Wie das Echo, welches in (= abhingig von = pratitya) don Felsen, in den Héhlen, auf den Bergen, anf den ungang- baren Wegon und suf den Fltissen entsteht, also, erkenne, ist alles Bowirkte (samskrta), wie eine Fata Morgana ist diese ganze Welt«, Xi Kritik des hinayanistischen Begriffs der Stinyata. § 1. Das mogadharmatva der samskaras impliziort ihre Irrealitat. Im dem eben abgeschlossonen Kapitel [aber die Genesis der leidvollon Wirklichkeit] haben wir festgestellt, dab [folgende The- orien tber das Wesen der Kausalitit] falsch sind: 1) die Theorie des svakrtatva (= daB es eine mit ihren Pro- dukten wesensidentische causa materialis gibt); 2) die Theorie des parakrtatva (= dab die Wirkung und die Ursache wesensverschieden sind); 3) die Theorie des ubhaya-kytatva (welche nebeneinander die Theorien des svakytatua und die des parakrtatva gelten 1aBt); 4) die Theorie des ahetu-samutpannatea (= der absolute Indeterminismus, wolcher jede Kausalitit prinzipiell leugnet). Wir haben ferner festgestellt, daB dieses Tetralemma alle Méglichkeiten cinschlieBt, das es also] eine andere Kausalitits- theorie (utpadako vidhi) nicht ‘gibt. (Daraus haben wir gefolgert, daB die dravas tiberhaupt nicht entstehen kénnen}. . Indesson, so wie dio Timira-Krankheit das Auge befallt, so befiillt die Unwissenheit den Verstand des naiven Menschen, Da- her, [obwohl es kein Entstehen gibt], erscheinen ihm die bhavas als etwas, was dem Entstehen unterworfen ist. Denn nur die Un- wissenden, welche beraubt sind der hdheren Exkenntnis (abhijfia), nicht aber die Wissenden, [betrachten] als wirklich das, was ohne svabhava und illusorisch ist, wie die Rosse usw., wélche ein Gaukler 26 hervorzaubert, Nun ist aber der Buddha der mitleidsvollo Lehrer der Welt. Sein Erkenntnisblick hat das wahre Wesen der Dinge (sarva-dharma-svabhavya) durchschaut und [dadurch zugleich] die [tief eingewurzelte] Neigung (asana) zur Unwissenheit herausge- rissen. Zum Schutz der schutzlosén und mit der vierfachen Dlu- sion") (viparyasa) behafteten Geschépfe erblickt er sein héchstes Ziel in der Verkiindung der richtig verstandenen Lehre von der nihsvabhivata: >‘Tereal (inysa) ist, was Trug bewirkt *) (mosa-dharmay also hat der Exhabeno gesagt. Alle samskaras sind Trug bewir- kend. Daher sind sie irreal« [1]. 18) Die vierfache Ilusion beraht darauf, daB.man in dem Nicht Beharrlichen das Beharrliche, in dem Nicht-Reinen das Reine, in dem Leidvollen das Nicht-Leidvolle und in dem Nicht-Ieh das Ich erblickt, Das Problem der viparyasas behandelt Nagarjuna ausfihrlich in dem XVII. Kapitel des Mdhy S, Aryadeva in den Kapiteln I—IV des Ca- tuhSataka, vgl. dio Ausgabe von Haraprasad, Memoirs of the Asiatic Society of Bengal Il, 449514. Dieselben vier Hlusionen kennt auch das Yoga-Sitra I, 5. J. H. Woods, Yoga System of Patafijali 1104 denkt an direkte Beeinflussung durch den Buddhismus: ‘The parallel between this and the discussion in Aryadeva’s Catuhsataka is very strik- ing’. Tatsttchlich enthull die Lehre von den vier viparydsas keine ex- plicite, spezifiseh buddhistisehe Doktrin; sie ist vielmehr ein formales Schema (ihnlich wie dio Grya-satyani) und kinnte wohl ein Gemeingut aller Soteriologien sein, Doch sind andere Berthrangspunkte zwischen dem Yoga-Sastra und dem Buddhismus zum Teil so intim und auflallig, daS die Abbangigkeit Pataiijalis von der buddhistisehen Scholastik auch in diesem Fall in hohem Grade wahrseheinlich ist, Vgl. H. Jacobi, Uber das urspritngliche Yoga-System, Berlin 1929. De la Vallée Poussin, Notes bouddhiques, Bull. Acad. de Belgique, 1922. 2) mosa-dharma gehért zu den Ausdriicken, die den illusorischen Charakter der empirischen Wirklichkeit, im Hinayana das pudgala-nai- ratmya, im Mahayana die nifsvabhdvata umschreiben: SNp 739, 757; ‘SN IV, 205; AN V, 84; MN Il, 261 Sits Sam 261 usw. Steherbatsky, Nirvana 125, 126'ubersotzt mosa-dharma als ‘stolen good’; amosa-dharma als Epithet des niro@na: ‘the element having the characteristic: of not being some stolen good’==‘not a clandestine Reality’ = ‘non-relative’. Der illasorische Charakter der samkyta-dharmas wiirde demnach darauf berahen, daB sie im Gegensatz zum rechtmaBigen Urbesitz des niroaina ein Psoudo-Besitz sind, hnlich wie das ‘gelichene Gut? (kalikayacitaka), womit die relative Realittt des Kontingenten (kytrima) in der Pr. 263% verglichen wird, 27 Es heift in dem Sutra: »Irreal und Trag bewirkend ist dio empirischo Welt (= das Bewirkte = samsiyta). Fiirwabr, ihr Mon- che, nur das nirvana, dio hdchste Realitit (paramam satyam) ist frei vom Trg (amosa-dharma). Trreal und Trug bewirkend sind {hingegon] alle samskarase, Und ahnlich: »Hier (=in der Wirk- lichkeit) ist weder die Absolutheit (tathata) noch das Freisein von Inrtum (avitathata), Trug bewirkend ist diese Welt, [gloich- sam] ‘aufgehoben’ (= der Realitit beraubt = annulliert = pralopa- dharma) ist diese Welt«. Dasselbe [formuliert der Lehrer] in dem folgenden Syllogis- anus (wyaya): »Weil der Exhabene gesagt hat ‘alles, was Trug be- wirkt, istirreal’ und weil alle samskaras Trug bewirkend sind, deshalb Trotzdem glaube ich nicht, daB diese Interpretation das Richlige trifft, mosa-dharma kann auch ‘riuberisch’, wirtlich: ‘zu dessen dharma Raub und Diebstahl gehirt’ bedouten und an diese (aktive) Bedeutung denkt offenbar Candrakirti, wenn er weiter unten Pr. 233 1° dem Gegner erwidert: satyam mosa-dharmak@ sarva-samskar@ ye’dyapi bhavantam ‘mugnanti. — »Mit Recht heifen alle samskdras mosa-dharmaka, weil sie noch jetzt deine Einsicht steblen (==leerc, relativ usw. Die Nastikas sind aber svariipa-vadins (svaruipa== svabhiiva): die Dinge sind so, wie sie sind infolge ihves svabhava. (Sarva-siddhanta-samgraha 5; Sarva- darsana-samgraha Ul, 107—8). Die Realitat des ihaloka wird nicht ge- leugnet, wohl aber die des paraloka; und diese Leugnung resultiert nicht aus der Erkenntnis des bhava: svabhava-Stinyatoa, sondern stiitet sich aut das triviale Argument, daB das Wiederkommen aus dem Jenseits und das Weggehen aus dem Diesseits nicht gesehen wird (paralokad ihaga- manam ihalokite ca paraloka-gamanam apasyantah, dasselbe Argument Sarva-darsana-samgraha Il, 124), Ein weiterer, wichtiger Unterschied be- roht darauf, da® die Madhyamikas das astitea im Sinne des samorti- satya wohl zugeben, Die Nastikas, sofern sie die Irrealittil des samsara und des karma behaupten, sind dem Zeugen uhnlich, welcher die An- klage gegen einen Dieb bestiitigt, ohne den Diebstahl gesehen zu haben: die Anklage ist wahr, der Zeuge ist aber trotzdem ein Lilgner. Mit Recht bemerkt J. Tucci, Studi Mahaydnici, Rivista degli Studi Orientali, vol, X. 622: »...il punto di vista di Nagarjuna non & forse proprio questo: yanya non é sinonimo di abhdva, ché allora lo giinyavadin diverebbe un ndstivddin; ma é il nulla dal punto di vista concettuale, la soppressione di tutti i contrari, ’'upagama di tutto quanto ill prapafica, E di fatti guinya @ anche tathata che non @ il nulla, ma un reale ineffabile, al di 18 di ogni concepire«. Dab die Madhyamikas nicht »Sophistene gewesen sind, habe ich bereits in meinen Vorarbeiten sur Geschichte der mahdydinistischen Hrldsungslehren 40. hervorgehoben. Vgl. jetzt Stcherbatsky, Nirvana 37. 30 Der Gegner: Wenn os nicht richtig ist, da jene Agama- Stelle den Negativismus Iehrt, was iss dann ihre wirkliche Ab- sicht ? Der Madhyamika: [Auf diese Frage] erwidert (der Lehrer]: »Dieses hat der Erhabone gesagt, um die Leorheit (singata) gu erliutern« (2). Dieso Worte des Erhabenen Iehren nicht das Nichtsein der dhavas [im Sinne des Negativismus], sondern sie erliutern [die Idee dor] Leerheit (der sunyata) und [die Lehre von der} Irreali- tit dos Entstohens (svabhavinutpada). Das ist der [richtig vorstan- dene] Sinn jener Agama-Stelle. Ahnlich heift os in dem Anava- tapta-hradapasamkramana-Stitra: S »Was aus den pratyayas entsteht, ist firwahr gar nicht entstanden. Auch ist desson Entstehung nicht soabhavatas. Leer wird genannt, was. von den pratyayas abhiingig ist. ‘Wer die Leerheit erkennt, ist frei von der Tauschung. g 2% Kritik und Ablehnung der hinayanistischon Lehre von dor nihsvabhavata. Uber die Unméglich- keit des Anderswerdens.” Der Gegner ergreift das Wort: Die zitierte Agama-Stello [ivveal ist, was ‘Trug bewirkt usw.’] hat durchaus nicht die Ab- sicht, das Nicht-Entstehen der bhdvas in ihrem An-sich-Sein zu Iehren. Es handelt sich wohl um das niksvabhavatea, [dieser Ausdruck muB aber nicht als Lougnung des svabhava}, sondern lediglich als Synonym der Unbeharrlichkeit (anavasthayitva) und der Vorginglichkeit (vinasitea) des svabhava**) aufgefait werden. Fragt man nach der Bogriindung dieser Behauptung, so ist au erwidern: In diesem Abschnilt handelt es sich um die Ontologie der Vaibbagika-Sarvastivadins, Das absolute An-sich-Sein\ der dharmas ist transzendent und hinter dem samtina verborgen. Die Bounrahigung die- ses absoluten Substrats (= duhttha, vgl. Anm, 9) beruht darauf, dab die dharmas ans der Existenzphase der Zukunft durch den Moment des Jetzt hindareh in die Existenzphase der Vergangenheit abergehen. Das nif- svabhavatea ist ein Synonym der anityata und bezieht sich nor auf die mo- mentane Manifestation im saméana, auf das laksana,nicht auf das laksya. Die Lehre Buddhas, daB alle dharmas nihsvabhava sind, bedeutet danach das Nicht-Beharren der dharmas in ihrem soabhava, nicht aber die Irrealitut BL > Weil man.sicht, da@ [alle dAdoas] dem Anderswerden (anya- thabhava) {unterworfen sind}, deshalb wird das nihsoabhavatea der bhavas golehrt«. Bei der kritischon Botrachtung [der Uiavas}, weil man sieht, wie sich [alles] verindert (viparinéma), stellt man das [fortwihrende| Anderswerden -(anyathabhava) fest. — Das ist der Sinn. Wir sa- gen: Wenn der svabhava der bhavas irreal ware, dann wiirde man das Anderswerden der [bhavas] tiberhaupt nicht wahrnehmen kén- nen. Tatsichlich wird aber das Anderswerden wahrgenommen. Deshalb kann in dem zitierten Sutra (das wifseabhavatea] nur im Sinne des Nicht-Beharrens (= anavasthayitea) des svabhava ver- standen werden, DaB unsere Auffassung richtig ist, dafiirspricht ferner- das folgende Argument: »Einen bhava ohne svabhava gibt es nicht wegen der sinyata dor dhavase [3]. Einen Uidva ohne svabhava gibt es nicht. Denn die sanyata wird als eine Figenschaft (wkarm) der bhavas pustuliert. Dab aber eine Eigenschaft von einem irrealen Triger (dharmin) ge- tragen werde, ist logisch unméglich, genau so wie es unmdglich ist, von dem nicht vorhandenen Sohne einer kinderloson Mutter za sagen, daB er cine dunkle Hantfarbe besitzt. Deshalb gibt es wohl den svabhava der bhavas. Und endlich [als drittes Argument darf wohl die folgende Frage gestellt werden:] »Wessen Anderswerden wiirde stattfinden, wenn der sva- bhava irveal wire ?« Wenn der seabhava der bhavas irreal wire, wessen Anders- werden (anyathabhava), das wir als. Umwandlung (viparinama) [eines beharrenden Substrats] definieren, wiirde dann stattfinden? des svabhdva, Dem Werden und der Verlinderung mu6 ein reales Sein an sich zugrande liegen, wenn es auch unmiglich ist, mit unseren Er- Kenntnismitteln irgend etwas positives uber seine Beschaffenheit auszu- sagen. Eine Darstellung der Ontologie der Vaibhagikas gibt Vasubandhu Abh K. V, 50 ff, Uber die Verwandschaft des: sarvasti-vada mit dem sat-karya-vada des Samkhya ygl. Steherbatsky, Central Conception 43 ff; H. Jacobi, Uber das urspriingliche Yoga-System 41 ff. 32 Auf dieso Kinwinde erwidert der Madhyamika: Nimmt man alle diese Begriffskonstruktionen an (evam api parikalpyamane), dann muB vielmehr diese Gegenfrage gestellt werden: »Wessen Anderswerden wiirde stattfinden, wenn der sva- bhava wirklich wiire?< [4] In der realistischen Logik ‘= tha) versteht man unter sva- bhava) diejenige Higenschaft (dharma), welche den Gegenstand stindig begleitet (= padartham na vyabhicarati), weil sie [in ihrer Existenz] an nichts andores gebundon ist (a-para-pratibaddhatvat). In der Tat nennen die Leute die Wirme don svabhava des Feuers, weil sio [dom Feuer] niemals fehlt (avyabhicarituat). Dio gleiche Wirme wird auch [als Kigenschaft] des Wassers wahrgonommen, da sie aber [in diesom Fall] in Korrelation zu den para-pratyayas geworden und kansal-bewirkt (frtrima = kiinstlich) ist; deshalb ist sic kein svabhava. (Bs ist nun leicht 2u zeigen, daB diese The- sen der realistischen Logik mit inneren Widerspriichen behaftet sind und sich selbst aufhoeben], Wenn [nimlich] ,jener dem Ge- gonstand nie fehlender svabhava cin reales Sein wire, dann miBto sein Anderswerden eben deshalb, weil er [dem Gegenstand stets] als nie fehlende Figenschaft inhiriert, irreal sein. Denn fiihrwahr nie kann dio Kalte zur Eigenschaft des Feuers worden! Hat man so den svabhava dor bhavats als otwas reales angenommen, dann ist das Andorswerden prinzipiell unméglich. Nun wird aber das Anderswerden der bhavds tatsiichlich wahrgenommen. Also gibt es den svabhava nicht. Ferner ist auch das Anderswerden der bhavas, anf das du dich berufst, um die Realitit des svabhava zu beweisen, gar nicht miéglich (= das Anderswerden der bhavas, desson Wahrgenom- menwerden [nach deiner Ansicht] die sasvabhavata begriindet, gibt es nicht), Om zu zeigen, warum das Anderswerden nicht miglich ist, sagt [der Lehrer]: »Das Anderssein ist nicht méglich, weder desselben noch des anderen. Der Junge wird nicht alt und anch der Alte altert nichte [5]. Das Anderswerden eines bhava, sofern er als derselbe wio frither (= in der friheren Existenzphase = prag-avastha) oxistiert, %) {her diesen svabhava-Begriff sich weiter unten, Anmerkung 41. 33, ist logisch unméglich. Es kann z, B. kein Anderswerden des Jiimglings geben, solange ‘dieser als derselbe in der Phase des Jungseins existiort (— der Jiingling kann nicht ein anderer — nicht Jiingling werden, solange er jung ist). Macht man aber die An- nahme, daB das Anderswerden sich auf (ein Sein] bezicht, welches bereits eine andere Existenzphase erreicht hat (avasthantara-prapta), so ist das ebenfalls unannehmbar. Denn das Anderswerden ist ein Synonym des Altwerdens*) (anyathatoa ra) [und der Satz ‘der Alte wird anders’ bedoutet genau so viel, wie der Satz ‘der Alte wird alt’. [Der Schlu8]: ‘wenn das Anderswerden des Jiing- lings geleugnet wird, dann muB das Anderswerden des Alten wirklich sein’ ist somit nicht richtig, weil die nochmalige Verbin- dung des Alten mit dem |Attribut des] Altseins (jirnasya punar Jaraya sambandhap) wegen der Zwecklosigkeit (nihprayojanatvat) nicht stattfindeni kann, In der Tat, welchen Sinn [und Zweck] sollte die [Annahme einer] nochmaligen Verbindung des Alten mit dem Altsein haben? Weil man die Realitét des Altseins von vornherein (=bevor es {durch das Subjekt] erworben wurde = tad-agamandntarena) [postuliort|, deshalb ist der Satz ‘der Alte wird alt? nicht richtig. Und umgekehrt ist das Anderswerden des Jiinglings deshalb nicht méglich, weil wir unter dem [Begriff] ‘Jéingling’ oin [Individuum] verstehen, welches sich in der Exi- stenzphase des noch nicht erreichten Alters befindet (aprapta- Jaravastha). (Der Satz ‘der Jiingling wird alt’ wiirde somit iden- tisch sein mit der Behauptung, da® dasselbe Individuum in der Existenzphaso des erreichten und des nicht erreichten Alters exi- stiert}. [Das ist aber unméglich]. Denn diese zwei Existenzphasen schlieben sich gegonseitig aus (avastha-dvayasya paraspara-virud- dhatvat), Und ferner [sei noch dieses Argument in Betracht gezogen]: »Wenn der Gegenstand im Andorswerden derselbe bleibt, dann ist die siife Milch identisch mit der sauren Milch«. (Unser Gegner will das nicht zugeben. Fir ihn] ist vielmehr die sii8e Milch mit der sauren Milch nicht identisch. Denn erst nach- dem die Existenzphase ‘sie Milch* aufgchoben wurde (paritya- gena, trits ein die Existenzphase ‘saure Milch’, *) jar = anyathabhava wird von den Vaibhiisikas als viertos samskyta-lakgana angenommen, Vgl. Anmerkung 58. Prace Komisji Orjentalistycanej P. A. U. Nr. 14. 3B 84 Darauf orwidern wir: Wenn geleugnet wird, dab dio siile Milch mit der sauren Milch identisch ist, weil sich (dies zwei Existenzphason] gogenseitig ausschlioSen, dann mui [die Rich- tigkeit disor Bohaupting zugegeben werden]: >Aus allom, was von der sitBen Milch verschieden ist, kann die saure Milch entstehen« [6]. [Nun ist aber dioso Behauptung offenbar falsch}, Denn ent- steht etwa die saure Milch aus dem Wasser? Deshalb ist es un- gereimt (asambaddham) 7a behaupten, daB die saure Milch aus etwas von ihr verschiedenem entsteht*), [Wir fasson zusammen:] Das Anderswerden ist tberhaupt wnméglich, Daher ist auch euer Argument nicht richtig, dab die svabhavata der bhavas wirklich ist, weil das Anderswerden wahr- genommen wird. , § 3, Hin Zitat aus dom Arya-Ratnakara-Sttra, Also heift es in dem Arya-Ratnakara-Mahayana-Sutra: >Der Sieger *’), der Mann-Léwe hat uns geoffenbart jones Ubersein, das nicht geboren wird, nicht dauert, nicht stirbt und auch nicht vergeht: in diesos Ubersein sind eingsbettet alle Wesene. »Wessen svabhava nicht vorhanden ist, das kann. auch pa- rabhdvatas kein Sein empfangen. In der inneren und in der. auferon Exfahrung wird kein Soin erfaft. Alles durchdringt der Herre. »Der selbst den Guten Gang gegangen ist, hat uns gelehrt den Gang zur Seligkeit. Irreal sind alle Lebensgiinge. Von allen Lebensgingen lebst du befreit, ein Erléster bist du, Erléser vieler Geschépfee. »Ohno atman sind alle dharmas — das ist die Lehre, die du verkiindest. Von dem Wahn dos Personalismus befreist du 2) Vgl. Anmerkung 13. *) Die Ubersetaung der drei ersten Strophen nach Steherbatsky, Nirvana 181 (=Pr. 91%), jayati, upapadyt, cyavate und geryati entspricht den vier samslrta-lakganas. Der dharma, welcher nicht geboren. wird, nicht dauert, nicht stirbt und nicht vergeht, ist also das asamskrta = die t@that@ = Buddha als dharma-kaya: in ihm sind die Wesen als (irreale Teile des realen Ganzen) enthallen. 35 die Wesen, selbst befreit von dem Leben, ein Lebensbefrei- tor, nicht hinitbergeschifft, bist du ein Jonscits-Gelangters, »Ein Jenscits-Gelangter (paragata) bist du, tberschritten hast du den Ozean des Daseins, Niemand ist aber [in Wirk- lichkeit] ein Jenseits-Gelangtor. Es gibt kein Jonsoits und es gibt kein Dissseits, Kine Redensart is es, wonn du sagst: ‘Ich, bin cin Jenseits-Gelangter’«. »Die Worte, die du sprichst, die gibt es nicht, Und worilber du sprichgt, das gibt es auch nicht. Nicht ist vorhanden der, zu dem du redest, Auch das erkennende Subjekt (yo vijanati) ist irreal«. »Verloren (pranasfu) ist diese ganze Welt, weil sie haftet an falschen Ideen (vitatha-vikalpa-nivesa-vasena). Wer die dharmas als beruhigt (Santa) erkennt, schaut durch sie don Tathagata, den An-sich-seionden (seayambhil)e. »Als beruhigt erkennt er die héchsten (pranita) dharmas; Froude gewinnt er und bogliickt die Wesen. Rin Sieger ist er, weil or dio Aeéas besiegt. Zum Siegor dber dae eigeno Selbst geworden, ist er in keinom ksetra betindlich (= sii- gnas-pa-meil)«, 2Also wird orkannt dio Jodhi der Sieger, durch diese bodhi werden die Wesen erleuchtete. § 4. Die Sinyata ist kein Attribut der bhavas. [Kiner besonderen Widerlegung bedarf die falscho Ansicht, dab die sinyaté eine Eigenschaft ‘ist und den bhavas inhiriert, Es ‘wurde nimlich behauptet:] ‘Ein bhava ohne svabhava existiert nicht, Denn die sunyata wird [als eine Higonschaft] der bhavas postuliert. Also gibt es ein Substrat (asraya) der simyata und eben [dieses Substrat] ist der svadhava der Bhavas’. Um au zoi- gen, dab diese Argumentation falsch ist, sagt, [dor Lehrer]: *) Der mahayfnistische Docetismus lengnet, daB Gautama Buddha wirklich die Lehre gepredigt hat. Seit der Nacht der Erleuchtang bis za der Nacht des parinirvaya hat er kein einziges Worl gesprochen, [er selbst und der Schall seiner Worle sind nur eine Phantasmagorie ge- wesen, Vgl. das Tuthagataguhya-Sittra, vitiert Pr. 3661, Abnliches lehr- ign auch die Vetulyakas, Kew A 171. Vgl de la Vallée Poussin, Bouddhisme, Opinions sur VHistoire et la Dogmatique 258; Anosaki, Docetism BRE, ae 36 >Wenn irgend etwas nicht-leer wire, wiirde es wohl eim leores geben *). Kin nicht-leores gibt os aber nicht, wie kann. dahor ein loeres wirklich sein ?« [7]. Wenn némlich die éanyata (= die Leerheit) etwas wirkliches wire, dann wiirde wohl ihr Substrat der svabhava der bhavas sein, So ist es aber nicht. Hat man die Leorheit als ein universales Merkmal (samanya-laksana) aller dharmas angenommen, dann, weil os keino nicht-leeren dharmas gibt, ist die Nicht-Leerheit irreal. Und weil es keine nicht-leeren Gogenstiinde und [somit] auch keine Nicht- Leerheit gibt, so muB man einsohen, daB auch die Leerheit irreal ist wio oin Kranz aus Luftblumen; und zwar infolge des Nicht- vorhandenseins der Korrelation zum kontradiktorischen Begriff (pratipaksa-nirapeksatvat). Wenn os aber keine Leerheit gibt, dann gibt es auch keine Gegenstiinds [an sich], dio man als Substrate der Leorheit betrachten kénnte. Das stellen wir fest. § 5. Der étinya-vada ist keine drsti), Der Gegnor ergreift das Wort: Um die Exlésung [der We- sen] zu fordern, hat der Erhabene seinen Jiingern drei Erlésungs- tore (vimoksa-mukha): die Leerheit, die Merkmallosigkeit und die Neigungslosigkeit (sunyata, animitta, apranihita) geoffenbart. Diese 2) Das ist das pratidvandvin-Geselz der mahayanistischen Meta- logik: wenn A ein irrealer Gegenstand ist, dann muB auch dessen Ge- gensalz, das non A irreal sein. Vgl. Pr. 287 1°: iha yo nasti na tasya pratidvan- dvi vidyate, In dem prasaiga Beweis spielt dieses Gesetz eine, wichtige Rolle. 4°) Der Einwand, daB der znya-vada sich selbst aufheben muB, weil die Negation aller dysfis selbst eine drsti sei, ist identisch mit der trivialen, im Abendlande woblbekannten »Widerlegang« des Sceptizismus. Uber dieses Argument schreibt T. Kotarbinski, Hlementy Teorji Poznania, Logiki Formatne} i Metodologji Nauk, Lwéw 1929, S, 146: »Obwohl der gesunde Menschonverstand und die Riicksieht auf den Nutzen fiir den Fortschritt der Wissenschaft eine Verteidigung des radikalen Scep- tizismus nicht beftrworten, so muB doch nachdriicklich gewarnt werden, sem Beweis Kredit au schenken. Denn es verbergen sich in ihm tber- aus subtile Schwierigkeiten, die erst jiingst den modernen »Zerstérern der Antinomiene aus der Schule der Logistik bewuft wurden. Diese machen darauf anfmerksam, daS auf einer ubnlichen illusorischen Argumentation das Paradoxon yon dem Liigner aufgebaut ist. In der Suche nach dem Ursprang des Fehlers gelangen manche zu der Uberzeugung, daB es. ‘iberhanpt nicht legitim ist, irgend welche These, die etwas von »allen Sitzen tiberhaupt« aussagt, auf diese These selbst anzuwenden: angeblich deshalb, weil sie sich unter den Begriff des »Satzese, der in ihr vor- 37 drei [Arten der Meditation] sind in allen anderen. Sekten unbe- kannt (= sind nicht ein Gemeingut aller Sekten) und kénnen nur in der Lehre des Buddha gelernt werden, Um sie zu verkiinden, erscheinen in dieser, durch die groBe Finsternis der Irrlehren geblen- deten Welt die erhabenen Buddhas, die cinzigen Leuchten, dio nie verléschenden Flammen der Unterweisung tiber die Wesenslosigkeit (nairatmya), Du aber, auf Grund einer hinterlistig-falschen Ausle- gung der Worte des Buddha, leugnest die Leerheit! Hére doch lieber auf mit dieser Zerstérung des heiligen, zur Seligkeit fih- renden Pfades! Auf diese Anklage erwidert der Madhyamika: Das ist aber wunderlich! Wie ein Wanderer, der sein Gesicht emporrichtet {anstatt vor sich hin zu blicken], tibersiehst du in vélliger Ver- kennung der Wahrheit den seligen, den besten und gorade zu der Burg des mirvaya fiihrenden Pfad. In der Absicht, zu der Stitte der Befreiung zu gelangen, haltst du dich an den Pfad, welcher voll Lebensliste ist und den Wildnissen des samsara nachliuft. Darum verdienst du wohl von den Einsichtigen geta- delt zu werden, Tndessen, weil du von dem Dimon der Ich-Illu- sion (abhimana) besessen bist, tadelst du selbst die Kinsichtigen! Die Buddhas sind Grofkinige der Heilkunst; sie heilen uns von den Krankheiten aller Leidenschaften (tesa). (Und doch sagt der Lehrer]: »Die Sieger haben die samyata als das Hinaustreiben aller Ansichtpn (sarva-dystintm nihsaranam) bezeichnet, Wer aber auch die simyata als eine Ansicht betrachtet, den haben sie "fir unheilbar (asddhya) erklurte [8]. Kommt, nicht subsumieren laBt. Andere leugnen die Korrektheit der Ubergtinge: “der Satz »p« ist wabr, also p’, ‘der Satz »pe ist nicht wahr, also nicht p’, ‘p, also der Satz »pe ist wahr’, ‘nicht p, also der Satz »p« ist nicht wah’, In jeder von diesen Formalierangen kommt nur schein- bar dieselbe Verunderliche p zweimal vor. Denn sie steht einmal mit, einmal ohne Anfuhrungszeichen und das ist ein wiehtiger Unterschied Der Zusamnicnhang zwischen p und »pé ist nicht viel anders als der zwi- schen dem Wort Mensch, welches den Hans, den Peter usw. bezeichnet, und der Uberschrift »Menseh«, welche jedes, eben aus diesen Buchstaben M,E, N,8,C,H und in dieser Reihenfolge zusammengesetzte Wort bezeichnete. Den Madhyamikas konnten diese Subtilittiten der modernen Logi- stik selbstverstiindlich nicht bekannt sein, Sachlich hatten sie aber durch- aus Recht, wenn sie das Argument der drkikas, die Authebung aller drstis sei auch eine dysfi, nicht anerkennen wollten. 38 Diese Strophe definiert dio sanyata als ein Hinaustreiben (nibsarana) und AuBer-Kraft-Setzen (apravylti) aller Arten des Haftens an Illusionen, welche durch ‘Ansichten’ bewirkt sind. Die- ses schlichte Aufheben (nivyiti-matra) dor Ansichten ist selbst kein positiver Standpunkt (= bhava). Indesson, os gibt. [Indivi- duen}, die auch an der s#nyata gloichsam an oinor Realitit haf- ten (= die auch gegentiber der sinyata dhavabhinivesinah sind). Dieson antworten wir nichts. Donn nach unserer Lehre wird die Erlésung dadurch erreicht, da® man sich yon allen Begriffskon- struktionen (Kalpana) befreit. [Und nun denke man an die fol- gende Situation] A sagt zu B: ‘Ich worde dir keine Ware ab- geben’, B erwidert darauf: ‘Gib mir doch eben diose keine Ware’. Auf welche Weise kann B dazu gobracht werden, die Nichtexi- stenz der Ware zu erfassen ? Ebenso ist os in unsorom Wall: wor sogar an der sanyata, als ob sic cine Realitat wire, haftet (= wer sich sogar gegeniiber der sinyata- von der Illusion des Soins nicht freimachen kann), wodurch kann ein solches Individuum yon sei- ner Voreingenommenheit abgebracht werden? [Ein Mittel gibt es wohl nicht}. Daher werden solche Individuen, wenn ihre Dia- Bnose feststeht, sogar in der Heilslohre des Mahayana (= maha- bhaisajya) von den héchsten Meistern der Therapie, von den gros- sen Arsten, von den Tathagatas [als unhoilbar] zuriickgewieson, Also hat der Wrhabene in dem Arya-Ratnakute-Sutra go- sagt: »Nicht durch die Leerheit werden die dharmas leer, son dern die dharmas sind schlechthin leer; nicht durch dio Merk- mallosigkeit werden die dharmas merkmallos, sondern die dhar- mas sind schlechthin merkmallos; nicht durch dio Neigungslosig- keit werden dio dharmas ohne Neigung, sondern die dharmas sind schlechthin ohne Neigung. Ebon diese Erkenntnis (praty- aweksi), 0 Kasyapa, nennt man den Mittleren Pfad, dio richtige Erkenntnis der dharmas™) (dharmanam bhita-pratyaveissa). Die~ Jenigen aber, o Kasyapa, die sich an die Leorheit halton, als ob sio ein Objekt (= alambana) wire, die nenne ich ganz und gar ver- loren (nasta-pranas{a)«. — »Fiirwahr, 0 Kasyapa, besser ist os, dab man sich zum radikalsten (= dem Meru-Berg an der Gréfe glei- chen) Porsonalismus (pudgala-drsti) bekennt, als wenn man, an der Illusion des Seins haftend, die Leerheit im Sinne einer po- 43) Vgl. Anmerkung 50. 39 sitiven Ansicht. auffabte. Und warum? Weil die. Leerheit das Hinaustreiben aller Ansichten ist. Firwahr, wer auch die Leer- heit fiir eine Ansicht halt, den nenne ich unheilbar. Denn damit verhiilt es sich so [wie in der folgenden Parabel]: Kin Mann, o Kasyapa, ist krank und der Arzt gibt ihm ein purgatives Mittel, welches zwar alle Krankheitsstoffe hinaustreibt, selbst aber im Loibo stocken bleibt und nicht herauskommt. Wie meinst du, o Kaéyapa, wird dieser kranke Mann von seinem Leiden befreit ?« — »Gewif nicht, o Erhabener! Vielmehr wird das Leiden dieses Mannes noch heftiger werden, wenn die Arzei, nachdem sic allo Krankheitsstoffe hinausgetrieben hat, selbst im Leibe stecken bleibt und nicht. herauskommte, — Der Erhabene sprach: »Tn demselben Sinne, 0 Kasyapa, ist die Leerheit das Hinaustreiben (= das Abfithren) aller Ansichten und wer auch die Leerheit fir eine Ansicht halt, den nenne ich unheilbar #)«, *) DaB unwissende Individuen, welche die siinyati als eine dysti aufias- sen, verloren (pranasta) and unheilbat (acikitsya, as@dhya) sind, ist ein dictum, das man wohl nicht a la lettre verstehen mu. ‘Ewig Verdammte? kann es im Buddhismus prinzipiell nicht geben; vielmehr wird jeder samtana {rtther oder spiter zur Ruhe gelangen und diese These ist in der Tat eine notwendige Konsequenz der Lehre von dem duhkha als dem tberpersinli- chen Weltleiden: eben deshalb, weil sich in jedem individuellen Erlésungspro- 2e6 die fortschreitende Beruhigung des transzendenten Substrats vollzieht, muB die Heilsgarantie absolat sein. Anders gesagt: der samsara hat kei- nen Anfang, aber wohl ein Ende. Der Gedanke, daB alle Wesen dio Erlésung erreichen werden, ist im Maha-Parinibbana-Sutta deutlich ausgesprochen. Auch Vasubandhu stellt im AbhK I, 12 ausdritcklich fest, da alle samskrta-dharmas erldschen werden (= daB sie sa-nihsara sind) und Milindapattha 69 widerspricht nicht dieser Lehre, wie Olden berg, Buddha? 378 annimmt. Nagasena sagt nicht, daB es Wesen gibt, die nie erldst werden, sondern bestreilet lediglich, daB ‘alle’, ohne die ndti- gen Vorbedingungen erfullt zu haben, das nirvana erreichen kénnen. Be- denklicher ist die AuBerung Mahavastu I 126, ‘daB es nie ein Ende der Wesen sein wird, welche die Lehre des Buddha. héren werden’. Es liGe sich nicht leugnen, da diese Behauptung vom Standpunkt der buddhis- tisehen Soteriologie hiiretiseh ist. Doch muB in Betracht gezogen werden, daB Mahavasty kein philosophischer Traktat ist; in der populatr-religitson Literatur lassen sich tiberall, auch im Christentam, grobe Irrlehren nach- weisen. Im Mahayana steht der Grundsatz der Heilsuniversalitat im Mittel- punkt dec Erlosungslehre: alle Kreataren sind Embryonen des Tathagata. Vgl. Rosenberg, Problemy 256 ff. XIV Kritik der Lehre von der Kooperation unabhangiger Elemente. § 1. Ablehnung der hinayanistischon Wahr- nehmungslohre. Der Gegner spricht: Die dhavas besitzen den svabhava, weil [Buddha] die Lehre vom sazvsarga (= von der Kooperation tmab- hingiger Elemente) verkiindet hat, Was irreal ist, das kann kei- nen samsarga bilden, ahnlich wie [der coitus] zwischen dem Sohn und der Tochtor unfruchtbarer Miitter [unméglich ist}. [Da6 aber] die Lehre vom samsarga unabhingigor Elemento (= sayskira—= prthag-dharma) [von dem Buddha tatsichlich) verkiindet wurde, [daftir gibt esin den Agamas zahlreiche Beweise]: »In Abhangigkoit vom Auge und von den Gestalton entsteht das SehbewuBtsein *), 58) caksuh pratitya ripani cotpadyate cakgur-vijhanam. traya samnipitah sparsah, sparsasahaja vedana. Dieses Stitra enthiilt eine Ep tome der buddhistischen Wahrnelimungslehre und umschreibt zngleich die nidanas 5—7 des pratitya-samutptda. Vgl. SN Il, 72; 1V, 68, 86, 38; MN I, 11; MdhyS XVI 3—6, Salistamba- Sutra 85 = Pr. 567 usw. A. Populaire Interpretation. Es gibt Objekte in der AuBenwelt, die unsere Sinnesorgane affizieren. Zwischen den indriyas und den visayas findet ein wirkliches Zusammentreffen stalt. (Milindapatha 60, Vergleich mit kampfenden Widdern, mit klatsebenden Handen, mit den Zymbeln). Als Folge des Kontakts (sparga) entsteht dis SchbewuBtsein, das HrbewuBtsein usw.:'so wie durch Reibung der Holzer Wiirme entsteht und Feuer er- zeugt wird, MN Ill, 242; SW Il, 97; VM 489. DaG das Organ mit der adhardrani, das Objekt mit der uttararant verglichen wird, ist nicht ohne Bedeutung: bei dem Entstehen der Empfindang verbiilt sich das Sinnes- organ vollig passiv. Die Objekte sind die Réuber, die das leere, herren- lose Dorf der sechs @yatanai auspliindern, Diese Auffassung ‘steht im Al Die Kooperation diesor drei [Elements] ist die Empfindung, Geich- zeitig mit der Empfindung entsteht das Gofithl«. So lautet die aus- Gegensatz zu einer anderen und wohl iilteren »Wahrnehmungslehree: in dom Leib, wie in einer Burg, wohnt der @man-brakman und ergreift durch die Tore der Sinne die Gestalten, die Tone usw. Die Sinne sind seine beutelustigen »Greifer« (graha). Vgl. etwa Brhad-Ar Up. Ul, 2. Der Ver- gleich mit den Reibhdlzern ist auch fir das vijfana-Problem wichtig. Nach der volkstimlichen Anschauang ist das Feuer eine unabhiingige, unsichtbare Wesenheit, es verbirgt sich im Holz und wird durch das Reiben der Holzer nicht neu geschaffen. sondern lediglich sichtbar ge- macht. So ist auch das Erwachen des BewuBtseins in der popoliir-bio- logischen Interpretation des pratitya-samutpada zu verstehen: vijfiana als magische Substanz der Vitalilit, als psychoide Lebenskraft, sehlam- mert in dem Embryo, bis sich die Sinnesobjekte entwiekelt haben. Dann findet der concursus irium (trika-samnipata, samsarga) stall, dessen Folge der Kontakt (sparga), die geftihlsbetonte Empfindung (vedana), der Darst (tanha) usw. ist, B. Philosophische Interpretation. Es gibt keine’ Organe und keine Objekte der AuBenwelt; kein Zusammentreffen findet in Wirklichkeit statt, Die in dem Schema der zwolf Gyatanas und der achtzehn dhatus auf- gezilhlten Begriffe sind im Sinne der dharma-Theorie zu verstehen. sam- sarga, samnipata usw. bedeutet Korrelativitat. Wenn os nun heiBt, dab Augen und Obren,’Farben und Téne usw. fortwihrend entstehen’ and vergehen, so sind Elemente des sumtana: die dharmas der Sinnlichkeit und ihre objektiven Korrelate gemeint, Und zwar entsteht beides: das subjektive Element des Sehens und das objektiv Gesehene gleichzeitig in demselben Moment, Auf sie »gestittzte, d. b, in Korrelation zu ihnen entsteht in dem nuchsten Moment der dharma des entsprechenden sinn- lichen Bewuftseins. Die Kooperation dieser drei Elemente delerminiert das Erscheinen eines neuen Elements: des sparga, der scinerseils die Bedingung ist fir das Erscheinen der tibrigen citta-samprayukta-samska- vas: des manaskéra, der vedana, der samyita, der cetana usw. Entsprechend den sechs dyatanas werden sechs samsparsas unter- schiedon. Die ftinf, welche mit den rijpa-dharmas kooperieren, heifen pratigha-samsparsa; fir den sechsten samsparga, welcher in Abhiingig- keit von dem manas, den dharmas und dem manovijiiana ensteht, haben die Texte eme besondere Bezeichnung: der adhivacana-samsparga. (adhi- vacana = nama = ariipino dharmith). Wie aus dem AbhK Ill 80 hervor- geht, ist der pratigha-samsparsa die ‘unreflektierte Empfindung’ ohne die ‘Synthesis’ (nirvikalpika, kalpantipodha), also etwa ‘reine Sinnlichkeit™ (Kant), ‘hyletische Daten’ (Husserl); der adhivacana-samsparsa enthalt das Moment der Reflexion und impliziert das Urteil: nilam iti janati im Ge- gonsalz 2a nilam janati, Die Lehre von dem kalpandpodha-pratyaksa ist bekanntlich von Digndga und seiner Schule ausfibrlich begriindet und in scharfsinniger Weise entwickell worden; sie berulit offeabar auf einer alteren. {ndologisches Seminar der Universitat Bonn 42 fiihrliche Darlegung. Und ebenso kooperieren [das Element] dos Gefiihls und [das Element] dor Apperzeption (samfa) und es ist eben nicht wahr, dab diese zwei Elemente nicht koopicren kénnen. [Es steht also fost, da6} die Lehre vom samsarga unabhingiger Elemente |tatsichlich] verkiindet wurde. Daher [schlieBen wir]: weil die Lehre vom sansarga verktindet wurde, besitzon die Dhd- vas den svabhava. Der Madhyamika erwidert: So wiirde es gewi sein, wenn der samsarga [wirklich] 2ustande kéme, Das ist aber nicht der Fall. Denn: Tradition und war schon betrichtlich frither den buddhistischen Philosophen bekannt, Vgl. das Pr. 748 zitierte Agama und daselbst die Anmerkungen von de la Vallée Poussin; ferner Steherbatsky, Nirvana 162. In der Interpretation der Einzelheiten waren die Schulen weit ent- fernt von der Einigkeit. Man stritt vor allem tiber. die Natur des sparéa: ist sparéa ein unabhingiger dharma oder nicht? Die Vaibbasikas (AbhIC II, 30) und die Theravadins (VM 665, SV 176, AS 109) waren wobl gencigt, die Frage positiv zu beantworten. Jtingere Schulen, zamal die Sautrantikas, waren indessen der Ansicht, da® sparga nur ein konventio- neller Ausdruck sei, um die Tatsache des concureus trium za umschrei- ben. Der sparsa entsteht also nicht in Korrelation zum. saymnipata, son- dern ist mit dem samnipata identisch. Die Rajagirikas und die Siddhat- thikas (ow 338 = VIII, 8) leugneten die Realitiit der citta-samprayukta- dharmas, also auch des sparéa. . Inleressant sind die Angaben der VAS, 146, die uns durch die Uber- setzung von de la Vallée Poussin zugtinglich gemacht wurden. Vor dem samnipata priexistieren visaya, indriya, vijfana und sparga als bijas Um sich zu manifestieren, stiitat sich der sparga auf ‘die dri findet der samnipata stalt, der zugleich das In-Aktion-Treten, den Uber- gang (vikira) aus der Sphiire der Potenzialifiit in die Aktivilit bedeutet, Der sparga paBt sich an die Transformation an (vikara-pariccheda). Aller- dings, worauf diese Anpassung beruht, ist nicht ganz klar. Man mdchte erwarten, dali es sich je nach dem ayatana, welches in dem samnipata kooperiert, um die Differenzierung des BewuBtseins als cakgur-vijitdna usw. handelt; allein der Text gibt eine andere Erklurang: »il posséde, pour Ja génération des Citta-caittas, une. puissance pareille a celle que possédent les trois transformés«, Auch der dritte Teil des Kommentars ist dunkel: »faire concourir les Citta-caittas de telle sorte que, non dispersés, ils louchent objet Das Problem des sparga ist noch immer eine crux der buddhiati- schen Wahrnehimungslehre. Aus der zahlreichen Literatur sei nur das wichtigste hervorgehoben: S. Z. Aung. Compendium, Introductory Essay; C. A. F. Rhys Davids, Buddhist Psychology, de la Vatlée Pous. sin, Douze Causes 20, Rosenbeg Problemy 141188; Stcherbatsky Central Conception, 43. »Das zu schauende Objekt (drastaya), das Schanen (darsana) und das schauende Subjekt (drastar): diese drei bilden mit- einander keinen samsarga, weder paarweise noch als Gan- zes« [1]. »Das 2u schauende Objekt« bedeutet das rapa [-ayatana], »das Schauen« das caksur[-indriyal, ‘das schauende Subjekt’ das [eaksur-] viftana, Bin samsarya aus diesen drei [Hlementen} jeweils 2a zweien kommt nicht zustande. Das heibt: einen samsarga des caksu und des rijpa, des caksu und des vijiiana, des vijiana und des rapa joweils zu ewoien gibt os nicht. Und ebeniowenig gibt es einen samsarga aus’diesen drei [Elementon] ‘insgesamt’, d. h, [aller drei Elemente) zugleich. Und so wie es keinen samsarga aus dem drastavya, dartana und drastar gibt, weder paarweise noch insgesamt, vin gleicher Weise ist auch das Begehren (raga), das be- gehrende Subjekt (== das durch die Begierde affizierte Sub- jekt = rakta) und das 2u begehrende Objekt (rafifantya) an betrachten« [2]. Der samsarga des raga und des rakta kommt nicht 2u- stande, Und ebensowenig kommt zustande der samsarga des raga und des rafijantya und des rakta und des raitjantya, Und auch der samsarga dieser drei [Elemente] zugleich findet nicht statt. Ahnlich: »in ihrer Dreifachheit die tibrigen Leidenschaften (Llesa) + und die iibrigen Sinnesgebiete (ayatanas)«. (Zu erginzen:] kénnen nicht im samsarga kooperieren, [Weil an jeder Wahrnehmung] drei Aspekte [visaya, indriya und vijianal unterschieden werden, [deshalb ist jede Wahrnehmung] ‘dreifach’, Das Abstractum zu ‘dreifach’ ist die ‘Dreifachheit? (¢raidha). In diesem dreifachen Aspekt sind auch die tibrigen Leidenschaften (lesa): Ha® (dvesa), Verblendung (moha) usw. zu betrachten: der Hab (= der Akt des Hasses), das hassende Subjekt, das gehabte Objekt (dvesa-dvista-dvesaniya) [kooperieren nicht im samsargal. Und das gleiche gilt auch fir die Sinnesgebiete in ihrer Drei- fachheit: das Héren, das hérende Subjekt und das gehdrte Objekt. {kooperieren nicht im samsargal, usw. AA § 2. Warum die prthag-dharmas nicht kooperieren kénnen? (Nun méchte man wissen] warum der samsarga nicht statt- finden kann. Dartiber belehrt {uns der Lehrer]: »[Der Begriff] samsarga*) enthiilt die Implikation, da sich ein ‘anderes’ mit dem ‘anderen’ voreinigt (= der samsarga ist stats anyent "nyasya samsarga). Weil (=yad) das An- *%) Vom Standpunkt des mahayanistischen Monismus ist der say- sarga weder im popultiren Sinna als wirkliches Sich-Verbinden und Sich-Vereinigen, noch im philosophischen Sinne des -hinaydnistischen Ploralismus als Kooperation der prthag-dharmas moglich. Skg Sam 263° uitiert einen folgenden Text aus der Dharma-Samgiti: »Das Auge, o Er- habener, stoBt nicht mit den Gestalten zusammen, das Ohr st&Bt nicht mit den Tonen zusammen usw. [bis zum sechsten aydnata:| das manas st6Bt nicht mit den dharmas zusammen, So ist es in Wahrheit. Warum? Denn wie kinnte das Auge mit den Gestalten zusammenstoBen, da doch der samsarga irreal. ist? Das Auge vereinigt sich nicht mit den Gestal- ten, das Obr vereinigt sich nicht mit den Ténen usw. Was sich nicht vereinigt, das sté®t nicht zusammen. Wo es nur ein einziges Element ohne das zweite gibt, dort gibt es kein ZusammenstoBen (advitiyasya dharmasya ranam nasti). Nun sind alle dharmas einzig (= in sich iso- liert = advitiya = préhag): sie kennen sich gegenseitig nicht und sie erkennen sich gegenseitig nicht, sie bilden sich nicht und sie zerlegen sich nicht (= na kalpayanti, na vikalpayanti), sie verbinden sich nicht {zu neuen Ganzheiten] und sie lésen sich nicht anf (na sambhavanti, na visambhavanti); sie nehmen nicht ab und wachsen nicht; sie wandern nicht und erldschen nicht. Der Gryndgedanke dieses Zitats ist derselbe wie in der Analyse Candrakirtis Pr. 2628 256°: die prthag-dharmas sind unfahig zu wir- ken. Denn jedes Wirken ist ein samsarga des kartar, des karman und der kriyd, das Sehen ein samsarga des drastar (= vijitdina), des drasta- vya (=riipa) und des darsana (= cakgu) und der samsarga selbst ein samsarga des samsrastar, des samsysta und des samsyjyamiina. Indessen, weil die prthag-dharmas absolut verschieden sind, deshalb kénnen sie sich nicht gegenseitig erreichen. In der agnindhana-partksa (Pr. 2059) wird ausgefiihrl: Ist das Feuer [an sich] andere als der Brerinstoff, dann er- reicht es den Brennstoff nicht; und wenn es nicht erreicht, dann brennt es nicht und erlischt nicht, sondern verharrt ewig in seiner Eigenwesen- heit (= ist ewig scatirigavan)<. Was hier tber Feuer und Brennstoff gesagt wurde, lat sich von allen prthag-dharmas feststellen: sie kénnen aus ihrer absoluten Isolierang nicht herausgehen und kooperieren deshalb sin Wirklichkeit nicht, 4 45. derssein (anyatva = prthaktva) des drastavya usw. irveal ist, deshalb ‘bilden diese [Elemente] keinen samsargac [3]. yad hat in dieser Strophe die Bedeutung von yasmad = weil. Wenn das ‘gegenseitige Anderssein’ (parasparam anyatvam) der [Elemente] dragtavya usw. [an sich] wirklich wire, dann frei- lich wiirde ein ‘anderes’ und ein [zweites) ‘andores’ einen sam- sarga bilden kénnen. So wie die Milch und das Wasser [sich mit- einander mischend cine nove, zusammengesotato Flissigkeit bil- den}. Weil aber das Anderssein des drastaya, [des dargana und des drastar] gar nicht méglich ist, deshalb kénnen auch diese [drei Elemente] keinen samsarga bilden. »Nicht nur an dem drastavya usw. ist das Anderssein nicht aufweisbar. Uberall, wo cin beliebiges etwas mit einem an- deren etwas koexistiert (= nur in Korrelation zu einem’ an- deren Sein=kenacit sthidham = anyad apeksya wirklich ist), erweist sich das Anderssoins als logisch unmdgliche [4]. [Die Korrelation] drastavya, (dargana und drastar] ist nur ein besonderer Fall der kausalen Abhangigkeit (= drastavya usw. sind karya-kdrana-bhava-sthita). Die logische Unméglichkeit des Andersseins beschrinkt sich indessen’ nicht auf Gogenstinde, die zueinander itn Kausalverhiiltnis stehen; vielmehr mut als evi- dent cingeschen werden, daB iiberhaupt bei allen Seinskategorien,, wie Tépfe und Kleidungsstiicke, das Anderssein unméglich ist. Um 2u beweisen, daB das gegenscitige Anderssein (paraspa~ rato "nyatvam) des drasjavya, des darsana und des drastar irreal ist, sagt (der Lehrer]: »Das andere ist ein anderes, sofern es abhingig ist von dem anderen. Ohne ein anderes als das andere gibt es kein anderes ‘*), Wovon etwas abhiingig ist, dem gegeniiber ist es [an sich] nicht anders« [5]. Dieselbe Schwierigkeit hat Leibniz veranlabt, die Wechselwirkung der Substanzen durch pristabilierte Harmonie au ersetzen. Denn die Monaden sind — ahnlich wie die prthag-dharmas —- ‘sans fenétres’ und kénnen nicht ‘miteinander verkehren’. Die Aktion einer Substanz auf die andere ist daher weder ‘une émission’ noch ‘une transplantation d’ane entité’; in der baddhistischen Terminologie: das pythaktva (= anyatva) sehlieBt den samsarga aus. 85) Die Bedeutung des Wortes anya hat den indischon Dialektikern za spitzfindigen Sophismen Anla® gegeben, In dem Nyaya-Sutra Il, 2, 46 In der realistischen Logik (= tka) bezeichnet man den Ge- gonstand (vastu) »Topfe als etwas ‘andores’ gegeniiber [dem Ge- gonstand] »Kleidungsstiick«. Der »andere« Topf ist [also] ein ‘an- doror’ in Abhiingigkeit von (einem Gegenstand, welcher ebenfalls) ein ‘anderer’ [ist]. Sobald dieser andere Gegenstand nicht da ist, ohne diesen anderen Gegenstand, hért das andere auf, ein anderes mu 31 wird im Zusammenhang mit der Polemik Uber die Ewigkeit des Tons cin folgender ‘Tragschiuf diskutiert: anyad anyasmad ananyatvad ananyad ity anyatabhavah. Die Kommentare geben daza zwei verschiedene Erkli- rungen: 1) Nach dem Nydya-bhasya ist der Sinn etwa der folgende: Ist ein x anyad, dann ist es sich selbst gegeniiber nicht anyad, weil es mit sich selbst identisch ist. Also ist x angleich anyad und nicht anyad: Deshalb gibt es kein anyatva. 2) Uddyotakara gibt in dem Nydya- Varttika eine andere Erklirung: Ist etwas anyad’, dann muB gefragt wer- den, ob dieses anyad’ gegentiber einem anderen anyad” anyad oder nicht anyad ist. Beides ergibt einen Widerspruch, a) Ist anyad’ gegentiber dem anyad” ein anyad, dann ist es nicht identisch mit anyad’, also ein nicht anyad, so wie ein Mensch, welcher gegentiber dem Brahmanen ein anya ist, eben kein Brahmane = ein Nicht-Brahmane ist. b) Und ist anyad’ gegentber anyad’ ein nicht anyad, dann ist eben das anyad zugleich ein nicht anyad. Also ist das anyatva auf alle Falle unmdglich, Vacaspatimiéra in der Tatparyafika bezeichnet dieses Sophisma als vac. chala (Wortvordrebung, welche auf der’ Vieldentigkeit desselben Aus- dracks beruhl) und bemerkt mit Recht, da das ananyatva (= die Iden- tilt) eines Gegenstandes sich selbst gegentiber nicht mit dem ananyatva einem anderen Gegenstand gegentiber uiquivalent ist: na hi nilam amano nanyad iti pitad apy ananyad iti, Die Naiyayikas und die Madhyamikas sind daruber einig, da der Begriff anya relativ ist; doch wird diese Relativiltit in den beiden Sy- stemen wesonllich anders verstanden, Das Nydya-Sitra II, 2, 82 spricht von der itaretarapeksa-siddhi des anyatea und des ananyatea, schreibt also diesen Bogriffen trotz der Korrelativitut die Wirklichkeit (— siddhi) za. Auch die Vaisesikas lehren ausdriicklich, da prthaktva (= anyated, jedoch von dem anyonydtbhava unterschieden) als positive Qualitit den Substan- zen inhtiriert. Vgl. Athalye, Tarka-Samgraha 164; Visvandtha, Sid- dhantamuktavali, 118, Das bestreiten die Madhyamikas: das anyatva ist kein Attribut, keine Qualitit der Dinge, sondern eine pure Konstruktion des diskursiven Denkens, cine Begriffshypostase, Kein Gegensland ist an sich anya, sondern stets in Korrelation zu einem anderen anya: denn ‘ohne ein anderes als das andere gibt es kein anderes’. Und wenn das absolute Anderssein (= prthaktoa) unmiglich ist, so kénnen auch die dharmas nicht prthak sein; sie hesitzen kein sva-lakgana, unterscheiden sich nicht von einander, sind also als Kinzelsubstanzen vollig irreal, Die Unméglichkeit des absoluten Andersseins impliziert die Unméglichkeit des Pluralismus, AT sein. Und weil der Gegenstand »Topf« (nur] in Abhiingigkeit von anderen Gegenstiinden, [z. B. in Abhingigkeit vom) Kleidungs- stiick, ein ‘anderer’ ‘ist, deshalb mué als evident eingeschen wer- den, da der Gegenstand »Topfe [an sich] iberhaupt nicht ‘an- ders’ ist als der Gegenstand »Kleidungsstiick«. Wovon etwas ab- hangig ist (= worauf etwas korrelativ bezogen ist), dem gegentiber kann es [an sich] nicht ‘anders’ sein. Denn es liegt hier das Ver- haltnis der wechselseitigen Abhiingigkeit (sapeksatva) vor, wie boi den [Begriffspaaren] Keim und Sprof, kurz und lang usw. Da- riiber heift es weiter unten (XVII, 10]: »Wovon in Abhangigkeit etwas entsteht, dem gegentiber ist es weder dasselbé noch ein anderes. Deshalb hért os nicht auf und beharrt nicht ewig (= ist weder wechinna noch Sasvata)«, Der Gegner: [Wir behaupten:] Das Kleidungsstitck ist ge- geniiber dem Topf ein anderes. In Korrelation zu diesem Kleidungs- stiick, welches ein isoliertes Sein-fir-sich besitzt (= prthag-bhata ist), ist [auch] der Topf ein anderer. Was ist nun an dieser Auf- fassung falsch ? Die Antwort darauf gibt (der Lehrer]: »Wenn ein ‘anderes’ [an sich] andors als ein ‘anderes’ ware, dann wiirde es [anders] sein auch ohne das andere. Ohne das andere ist aber ein anderes kein anderes. Deshalb gibt es tiberhaupt kein anderes« (6). Der Sprachgebrauch des Wortes »andore (anya) ist dreifach: 1) [unmittolbarJhinweisend (wpadaréane) — der eino hiere und 2) [der Gegensatz dazu] »der andere« (=der folgende= para), wenn [mittelbar] »ein anderer (= verschiedener) Ge- genstand« gemeint ist (arthintara-pardmarsin); 3) wenn man von Bekanntem spricht (prasiddhocctranam), [also »ein anderere im Sinne sein gowisser« und »oin bestimmter«, anya=hascid). {Im unserer Diskussion handelt es sich um die Korrelation oder eine — der anderes; dio dritte Bedeutung lassen wir auber Acht]. Wenn der Gegenstand »Topfe [an sich] anders als das an- dere Kleidungsstiick wire, dann wiirde der Gegenstand »'Topf« auch ohne den andoren Gegenstand »Kleidungsstiick« anders sein. 48 Und es wiirde sich das Anderssein des Topfes ergeben als eines vom Kleidungsstiick unabhiingigen (—auf nichts korrelativ bozo- genen) und fiir sich seienden (ehaika = prthag-bhitta) [Cegonstan- des]. Denn ein Gegenstand, welcher [an sich] anders ist als ein anderer Gegonstand, realisiert sich [als der andere] auch ohne den anderen Gegenstand (=yad dhi yasmad anyat, tat tena vinapi siddhyati). So x. B. ist der Topf, sofern es sich um das Zustan- dekommen seiner, fiir ihn (und nur fiir ihn) charakteristischen Form handolt (= svartpa-nispattan), von dom »anderen Kleidungs- stiicke unabhingig. Nimmt man an, da’ der Topf eben in diesor ‘Weise auch in jeder anderen Hinsicht anders als das Kleidungsstiick ist (= da8 er in diesem Sinne das anyatva auch ohne das andere Kleidungsstiick besitzt), dann ist allerdings die Uxistenz des Topfos als einer individuellen, von dem anderen Kleidungsstitck unabhin- gigen Substanz (= das paratva des 'Topfes) wohl méglich. Nun ist os aber falsch, daS der Topf als einer fiir sich seiender, vom Klei-: dungsstiick unabhingiger [Gegonstand] das Anderssein besitzt. Deshalb [ist der Satz] ‘etwas sei anders’ [véllig sinnlos]: sagt jo- mand so, dann mu6 er den evidenten [Widorspruch] zulassen, daB cin [Gegenstand], welcher »anders« ist in Korrelation zu einem [zweiten Gegenstand], [an sich] doch nicht anders soi als jonor [uweite Gegenstand] (yad-apeksya yad anyat, tatas tad anyan na bhavati). Der Gegner wendet ein: Wenn das Anderssein eines belie- bigen etwas mit Riicksicht auf ein [anderes] belicbiges etwas irreal ist (= wenn dio Aussage »x ist anders als ye unméglich ist), dann ist es nicht erlaubt zu sagen: »Weil das andore ein ande- res ist, nur insofern es von dem anderen abhiingig ist, deshalb ist das andere kein anderes« (= 5), [Denn in dieser Aussage wird der Ausdruck »das andere< gebraucht, von dem du doch behaup- test, dat er véllig gogonstandslos ist]. Der Madhyamika erwidert: Sofern man auf dem Standpunkt. der Erfahrung des Alltags steht (Jaukike vyavahare sthitva), ge~ braucht man wohl den Ausdruck »das andere«, indem man {sich an die Definition hult}, da® die Realitit des Andersseins auf der wechselseitigen Korrelativitit der Einzelexistenzen beruht (= pa- raspardpeksikt bhavinam anyatea-siddhir). Analysiort man aber den. Bogriff des Anderssoins vora Standpunkt der absoluten Wahrheit. (vastutas), so erweist er sich als unmdglich. So lehren wir.

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