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Kurzer Festvortrag
Verehrte Festgäste
Ich danke, lieber Klaus Endress für die Einladung zum Fest, denn ich feiere gerne.
Ich danke auch für die Gelegenheit, einige Worte zu sagen. Diese sollen nicht nur der
Festlichkeit, sondern auch der Würde des Anlasses eines Firmenjubiläums entsprechen.
Und darum dürfen sie auch etwas ernster sein.
Sie sind jedenfalls im Grenzbereich zwischen Theologie und Ökonomie, zwischen Kirche
und Gesellschaft.
Und diese ist im Wandel begriffen: Der globale Neoliberalismus hat einem lokalen Gesell-
schaftsmodell des Gemeinschaftlichen ein Ende gesetzt. Ein grenzenlos egoistischer Ma-
terialismus nach dem Geiz-ist-geil-Motto und ein Werteverfall lassen die Gesellschaft
von innen erodieren.
Wie sozialer Zusammenhalt wieder hergestellt und erhalten wird, ist jedoch von grundle-
gender Bedeutung für unsere Zukunft. In der Zukunft werden wir umgehen müssen mit
einer stetig komplexeren und diversifizierteren Welt, mit immer mehr Ambivalenzen und
Widersprüchen - ein Zustand der seinerseits uns immer häufiger zwingt, gemeinsame
Realitäten und Werte immer wieder neu auszuhandeln.
- Damit steigt der Bedarf an Kompetenz zu solchem Aushandeln und zum Gestal-
ten menschlicher Beziehungen und sozialer Netze.
- Die aus den Ambivalenzen immer häufiger resultierenden Krisen und Lebens-
brüche wollen bewältigt und integriert werden.
- Und gefragt ist: Ein umfassender Horizont zur Wirklichkeitsdeutung, der un-
ideologisch und ohne falsche Heilsversprechen und Leerformeln eine komplexe
Wirklichkeit deuten und erschliessen hilft.
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Seit langer Zeit schon tun dies die verfassten Landeskirchen in unserem Kanton und
Land, also die christlichen Kirchen und die jüdische Gemeinden. Sie – WIR – standen und
stehen an der Seite aller Menschen und halfen ihnen mit Rat und Ritualen weiter, in und
nach Krisen, Krankheit, Tod und Trauer und an den unumgänglichen Sollbruchstellen je-
der Biographie (wie erwachsen werden, heiraten, Kinder bekommen, alt werden und
sterben).
Dafür zahlen juristische Personen aus ihren Unternehmensgewinnen Beiträge an die ver-
fassten Religionsgemeinschaften. An dieser Stelle auch einmal: Herzlichen Dank hierfür.
Wir von den Kirchen sind so – auf eine Art – auch „Dienstleister“ für euch in den Unter-
nehmen: Wir machen – in Seelsorge und Ritualen – einen guten Teil jener Arbeit, die –
würden wir sie nicht machen – das Gesundheits- und Sozialsystem mit Beratungs-, The-
rapie- und Medikamentenkosten in der vielfacher Milliardenhöhe belasten würden.
Das ist kirchliche Krisen- und Übergangs-Kompetenz, und diese liegt im Kern unseres
Glauben begründet und ist in den Ressourcen der Kirchen bewahrt: Z.B.:
Ihre Firma, liebe Endress&Hausers, meine Damen und Herren, geprägt durch die unter-
nehmerische Verantwortung der Gründer Georg Endress und Ludwig Hauser hat auf der
Basis ihrer Unternehmenscharta Corporate Social Responsibility gelebt, lange bevor
die Businesschulen dieser Welt, von deren drei (der Bocconi in Milano, der Stern in New
York und der Steinbeiss in Berlin) auch ich meinen MBA habe, diesen Begriff in ihren Fä-
cherkanon aufgenommen haben.
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Zu Ihrer Corporate Social Responsibility möchte ich Ihnen als Kirchenmann heute abend
besonders gratulieren.
Lassen Sie mich schliessen mit einem Wunsch, einer Vision und einem Angebot.
- Mein Wunsch für Sie ist es, dass Ihr Unternehmen zum Nutzen von Reinach und
der Triregio, zum Nutzen ihrer Mitarbeitendenschaft und auch – und nicht zuletzt
– zum Nutzen Ihres weltweiten Kundenstammes weiterhin floriert und der Krise
trotzt.
- Meine Vision ist es, dass Wirtschaft, Gesellschaft, Politik, Sozialwesen und Kirchen
recht bald und am besten so lokal wie möglich an einen Tisch kommen und un-
ideologisch und wertschätzend und ehrlich im Sinne eines Think Tanks die Pro-
bleme dieser Zeit auf allen Ebenen des Menschseins diskutieren. Das wäre dann
eine Art „Reinach Open Forum“.
- Mein Angebot und das meiner KollegInnen in den beiden Kirchgemeinden ist es,
auch in der Zukunft dazu sein, wenn Sie, wenn Ihre Mitarbeitenden oder Sie auf
den verschiedenen Ebenen der Unternehmensleitung uns brauchen: Mit unserer
Krisen-, unserer Übergangs- und mit unserer Zukunftskompetenz.
In diesem Sinne, hochverehrte Frau Endress, lieber Klaus Endress und liebe Familie En-
dress, verehrter Herr Meier und Herr Riemenschneider, liebe Festgäste, erhebe ich mein
Glas: Ad multos annos – Auf noch viele Jahre – Viva!