Titel

Im Hauptquartier der Gier

182 Milliarden Dollar Staatshilfe für ein Unternehmen, das nur noch 6,6 Milliarden Dollar wert ist –
der Versicherungskonzern AIG war das Rückgrat der Weltwirtschaft, jetzt ist er
zum Paradebeispiel einer Krisenpolitik geworden, die Managerversagen mit Staatsgeldern belohnt.

AIG-Zentrale in New York

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 MARK LENNIHAN / AP

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 Titel

E
liot Spitzers Büro liegt an der Süd- fährlichste Monster, das je an der Wall ihr Risiko „gestreut“ zu haben, jetzt müs-
ostecke des Central Park, vor den Street umging, ein King Kong der Konzer- sen sie jedes Quartal, jedes Halbjahr neue
Fenstern stehen die Türme der ne, so mächtig, dass zu befürchten stand, Verluste befürchten. Deutsche Kommunen
Macht, Spitzer trägt ein offenes blaues das Untier könne unser Finanz- und Wirt- beschäftigen ganze Anwaltskanzleien, um
Hemd, drei tiefe Falten in der Stirn, er schaftssystem, ja, den Kapitalismus an und aus verrückten Leasing-Verträgen auszu-
nimmt eine Erdbeere vom Tisch. „Sehen für sich zugrunde richten. steigen, in deren Kleingedrucktem AIG als
Sie, ich habe die Wall Street attackiert, als Was mit faulen Krediten für amerikani- Kapitalgarant geführt wurde. Und Millio-
es sehr unpopulär war, dort saßen die sche Einfamilienhäuser begann, war ein nen Kunden in mehr als 50 Ländern fragen
,Masters of the Universe‘. Sie haben mich System, das auf Wahn gründete, auf dem sich, was mit ihren Unfall-, Kranken- und
als Paria beschimpft, als Nestbeschmutzer, Wahn, größtmögliche Gewinne mit ge- Lebensversicherungen nun geschieht.
als Fanatiker. Dann“, sagt Spitzer, er hat ringstem Risiko erzielen zu können. Und Nicht lange her, da stand die Firma für die
als Generalstaatsanwalt von New York die AIG glaubte, den Wahn auch noch versi- am weitesten verzweigte Versicherungsge-
Kriminellen von der Wall Street gejagt, chern zu können. Gibt es eine Steigerung sellschaft der Welt und zählte zu den 20
„kam die Krise, und es wurde billig, auf von Wahnsinn? größten Unternehmen überhaupt. Kurz vor
die Wall Street zu schimpfen, der Krise hatte AIG weit über
es wurde schick, und jetzt Ex-Wall-Street-Ermittler Spitzer hunderttausend Angestellte in
sind alle anderen, die auf mei- 130 Ländern, und als sich die
nen Zug aufsprangen, noch Konkursverhinderer im Sep-
drin, nur ich bin draußen.“ tember 2008 über den Laden
Schmerzt es? „Wie die Hölle, hermachten, verirrten sie sich
glauben Sie mir.“ Seit März bald in einem Labyrinth, ge-
2008 hat er keine Ämter mehr, baut aus 4000 Tochterunter-
nicht als Staatsanwalt, und er nehmen jeder Art und Größe,
ist auch nicht mehr der einst mit Büros auf den Bermudas
so überlegen gewählte Gou- und Zweigstellen im Himalaja.
verneur von New York. AIG besitzt Apartments und
Hätte er noch die alte Penthäuser in Tokio, in Mexi-
Macht, sagt Spitzer, würde er ko, in Bangkok, in Kairo, eine
jetzt vier Männer in vier Räu- eigene Privatjet-Flotte, es gibt
me bitten und getrennt von- den 290 Meter hohen AIG-Wol-
einander vernehmen: Ben kenkratzer in New York, und
Bernanke, den Chef der Bun- es gibt, in den schönsten Land-
deszentralbank Fed; Timothy schaften der USA, ein firmen-
Geithner, den einstigen Chef eigenes Wintersport-Resort
der New Yorker Fed-Filiale und die 18-Loch-Golfanlage
und heutigen US-Finanzmi- „Morefar“. Es gibt Geschich-
nister; Hank Paulson, den Ex- ten darüber, wie die AIG-Büros
Chef von Goldman Sachs und in aller Welt angeblich dazu
Ex-Finanzminister; und Lloyd dienten, CIA-Agenten in exoti-
Blankfein, den Chef von sche Länder einzuschleusen.
Goldman Sachs. Befragen AIG wäre auch ein Roman.
würde er sie nach den staatli- Seine Handlung endet, wie
CHARLES OMMANNEY / GETTY IMAGES

chen Milliardenhilfen der ver- bekannt, nicht glücklich. AIG

gangenen Monate, den „bail- steht im Zentrum der schlimms-
outs“, wie sie in Amerika sa- ten Wirtschaftskrise, die die
gen, und die Spitzer schlicht moderne Welt erlebt. Die
„Geldgeschenke des Staates“ Chefs der Firma werden vor ei-
nennt, überwiesen an AIG, nem Ausschuss des Repräsen-
den größten Versicherungs- tantenhauses vernommen wie
konzern der Welt. Verbrecher. Dieser Tage end-
Es müssten jetzt E-Mails Es war ein Geschäftsmodell, das auf Wahn gründete, lich wird der krakenhafte Kon-
und Dokumente beschlag- zern in seine noch verkäufli-
nahmt werden, sagt Spitzer. Es chen Einzelteile zerlegt, und
brauchte eine vernünftige Be-
und AIG wollte den Wahn auch noch versichern. die gänzlich unverkäuflichen
weisaufnahme. Er hoffe, sagt werden von der US-Regierung
er, dass der Kongress sich bald dafür stark- Die American International Group, 1919 verstaatlicht. Die Frage bleibt: Wie konnte
mache. Es brauche jetzt Leute, sagt Spitzer, in Shanghai gegründet, versicherte – ohne dergleichen passieren? Und sie wird be-
die aufstehen und fragen: Ist das alles ei- das Risiko zu verstehen – am Ende Kre- deutsamer mit jedem Tag, den diese Welt-
gentlich legal? Und wenn es legal ist, ist es ditgeschäfte im Wert von 562 Milliarden krise andauert, mit jedem zusätzlichen
eigentlich richtig? Dollar, das ist eine Zahl in der Größen- Dollar Steuergeld zur Rettung von AIG.
AIG hat bis heute 182 Milliarden Dollar ordnung von Staatshaushalten. Als die Warum gibt der Staat an ein Unternehmen,
Staatshilfe erhalten. Für dieses Geld wur- große Krise kam, als erst der US-Häuser- dessen heute an der Börse gehandelte Akti-
de ein maroder Weltkonzern zu fast vier markt, dann der Bankensektor und dann en nur noch 1,3 Milliarden Dollar wert sind,
Fünfteln verstaatlicht, um ihn jetzt eini- die Weltwirtschaft einbrachen, entpupp- 182 Milliarden Steuermittel? Was ist das für
germaßen geordnet abzuwickeln, und zwar ten sich die Sicherheiten als Nieten, gezo- ein Staat, was ist das für eine Regierung?
ohne dass dabei die ganze Weltwirtschaft gen an der Losbude der „strukturierten Und was ist das für ein System, in dem der
mit in den Abgrund gerissen wird. Denn Finanzprodukte“. Großinvestoren, interna- Staat so handeln darf, so handeln kann?
das ist die Angst, die sich mit dem Kürzel tional renommierte Bankhäuser, auch vie- Wer Antworten sucht auf die kleinen
AIG verbindet: Zu bestaunen ist das ge- le deutsche, meinten, mit Hilfe von AIG und großen Fragen, ist auf Indizien ange-
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wiesen, auf die Einsichten von Zeitzeugen, er, sehr gezielt fragen, weil er die Antwor- Kraftwerksbetreibern in Ohio hat er
auf Geschäftsberichte, auf Akten, auf den ten kennt. nachgewiesen, dass sie die Luft im Staate
Untersuchungsausschuss des amerikani- „Gehen Sie nur mal morgens zum Früh- New York verschmutzten, General Electric
schen Kongresses. Der SPIEGEL hat re- stück ins Hotel Regency, dann wissen Sie, musste für den Dreck im Hudson River zah-
cherchiert in New York, in London, in was Sie wissen müssen“, sagt er. Im Re- len, und die Investmentbank Merrill Lynch
Washington, Zürich, Frankfurt am Main, gency trafen sich jahrelang Leute wie der kreuzigte er 2002. Merrill Lynch hatte ein
Paris, um aufzuhellen, wie es zum Fall von Ex-AIG-Chef Hank Greenberg und seine doppeltes Spiel gespielt, hatte den Kunden
AIG kam, wer die Akteure sind und wel- Kollegen von Goldman Sachs und Morgan Aktien empfohlen, die die Bank selbst ver-
ches Geschäftsgebaren sie an den Tag leg- Stanley und all die anderen „Masters of kaufen wollte, nach Spitzers Aktionen brach
ten. Es liegt auf der Hand, dass kriminelle the Universe“, sie saßen an reservierten der Kurs ein, Merrill Lynch verlor zwölf
Energie immer im Spiel ist, wenn es ans Tischen, sie lächelten milde, zupften sich Milliarden Dollar an Wert und musste sich
ganz große Geldverdienen geht. Wie viel die Krawatten und bestellten Omeletts bei seinen Aktionären entschuldigen.
es war im Fall AIG, bleibt herauszufinden. ohne Eigelb, und zwischen zwei Schlucken „Wir waren David und haben Goliath
Sicher ist, dass sich viele der Beteilig- Kaffee wurden Hände geschüttelt und Be- besiegt“, sagt Spitzer, er ist stolz, er ist ei-
ten und Verantwortlichen zu tel, aber er ist eben auch sehr
schnell auf die nichtssagende, AIG-Tower in Hongkong, 2005 gut, und er sagt gern, um zu
aber letztlich beruhigende drohen: „Lassen Sie uns zu
Antwort geeinigt haben, AIG den Fakten kommen.“ Die
sei zum Opfer eines „financial Fakten im Fall AIG werden
tsunami“ geworden. ihm frei Haus geliefert. Am
So einfach, so natürlich lie- Anfang steht ein anonymer
gen die Dinge nicht. Diese Ka- Brief, am 30. März 2004, dann
tastrophe haben Menschen ge- kommt ein Anruf, am Apparat
macht, und sie haben sich da- sind Anwälte von Berkshire
bei die Taschen vollgestopft, Hathaway, das ist die Firma
und wer Handelnde, Verant- des Milliardärs Warren Buf-
wortliche, Schuldige sucht, fett. Der ist berühmt dafür,
wird fündig. Und er bleibt seinen Kunden gern zu sagen,
zurück mit der beunruhigen- dass er keine Geschäfte ma-
den Frage, wie nahe sich der che, die er nur mit Taschen-
globale Kapitalismus und gut- rechner oder Computer ver-
organisierte Kriminalität in die- stehen könne, denn dann sei
sen Jahren eigentlich waren. etwas faul. Buffetts Leute, die
Es sind vor allem drei Men- bei Spitzer anrufen, sagen,
schen, die genug wissen, um AIG mache Sachen, die nicht
das verhängnisvolle Univer- mal mehr AIG-Leute mit den
sum der Kredite auszuleuch- besten Computern der Welt
ten. Neben Eliot Spitzer, dem noch verstünden. Und bei de-
früheren Generalstaatsanwalt nen es nicht mit rechten Din-
von New York, der später zum gen zugehe.
Gouverneur aufstieg, ist es Jo- Buffetts Gesandte bitten
seph Cassano, ehemals Chef Spitzer um einen Termin, sie
einer Londoner Abteilung von bekommen ihn, und hier in
AIG, genannt AIG FP. Das New York, 120 Broadway, in
steht für „Financial Products“, den Büros der Staatsanwalt-
RUDY SULGAN / CORBIS

der Londoner Laden war das schaft, berichten sie, dass sie
Zentrum der größten Risiken. ein paar Risiken hätten vertei-
Der dritte Mann, der diesen len wollen und darum Rück-
Kosmos kennt, ist Eric Dinal- versicherungen bei AIG ge-
lo, in New York Aufseher über kauft hätten, und dabei sei ih-
alle Versicherungen. Er geht Nicht lange her, da stand AIG für die am meisten nen etwas aufgefallen: In den
in den Ruhestand in diesem Büchern von AIG gebe es
Juli, er versuchte im schwar- Scheintransaktionen, die fikti-
zen September 2008, das
verzweigte Versicherungsfirma der Welt. ves Kapital kreierten. In den
Schlimmste zu verhindern. Büchern stehe schlicht mehr
ziehungen gepflegt. „Pure Selbstzufrie- Kapital, als AIG wirklich habe, und es
I. Warum AIG schon vor der Finanzkri- denheit“, sagt Spitzer, „ein kleiner Kreis tauchten in der Bilanz Rückversicherungs-
se im Fadenkreuz der Staatsanwälte von Männern, die miteinander Geschäfte verträge auf, die es nicht gebe.
war und Eliot Spitzer fürchtete machen.“ Spitzer hat ein Team gebildet, eine Task
Eliot Spitzer, der Jäger der Investment- Spitzer hatte seine Chancen, ihnen in Force, eine ehrgeizige, eine gute Truppe,
banker, darf heute nicht mehr jagen, er ist die Tasse zu spucken, und er nutzte sie denn Spitzer gilt als guter Chef. Er lobt
gestolpert über die Hure „Kristen“, mit immer wieder. Ehe er AIG am Haken hat- gern. Er lacht gern. Er teilt den Ruhm, sa-
der er sich einließ in einem Hotelzimmer in te, zwang er Household International in gen seine Leute, sie beginnen mit der Jagd.
Washington. Bestellt hatte er sie online, die Knie, einen Konzern, der mit billigen Und vor sich haben sie Großwild. Es ist
sie war nur ein paar Mausklicks entfernt, Immobilienkrediten ganz vorn mitgespielt für Spitzer, der reich geboren wurde, der
und sie wurde ihm, der sich zuvor als hatte beim Subprime-Boom. Household in Princeton und Harvard studierte, der
Kämpfer gegen die Internet-Prostitution in hatte die Bedingungen der Kreditverträge Höhepunkt seiner Karriere.
Szene gesetzt hatte, zum Verhängnis. Jagen falsch dargestellt, Spitzer sorgte dafür, dass Sein Team nennt sich „Eliot’s Army“.
kann Spitzer nicht mehr, aber fragen kann die Opfer 484 Millionen Dollar bekamen. 1800 Leute arbeiten für Spitzer, 25 davon
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vertraut der Chef wirklich. Die Einsatz- ihre Stelle setzen, Spitzer ist ein General- Bilanzen.“ Hank Greenberg, sagt Spitzer,
zentrale liegt im 22. Stock eines alten Büro- staatsanwalt, der seine Urteile, und auch sei „ein Autokrat, rigoros, verlangend“.
hauses, nicht weit vom Hauptquartier der ein paar seiner Vorurteile, am liebsten Es geht bei den Ermittlungen im Jahr
AIG. Sie haben hier alles, was sie brau- gleich selbst vollstrecken würde. 2005 vor allem um einen Vorgang aus dem
chen, neueste Technik, gute Computer, sie Eine Ermittlung gegen eine Firma wie Jahr 2000. Der Vorwurf lautet, Greenberg
kommen an Akten, alles, aber was Spit- AIG, sagt Spitzer, sei fast wie eine Autop- habe mit dem Chef der Versicherungsge-
zers Behörde so mächtig macht, ist ein kru- sie. „Man hat eine Sache im Blick, ein Or- sellschaft General Re ein fiktives Geschäft
des Gesetz, alt und seit Jahrzehnten miss- gan, aber bald versteht man den ganzen ausgehandelt, um die eigene Bilanz zu fri-
achtet. Bis Spitzer kam. Körper. Die Führungskultur. Die Buchhal- sieren. Das Geschäft lief so: Die General
Der Martin Act, 1921 verabschiedet, ge- tungsstandards. Die Methodik, mit der die Re spiegelte vor, bei AIG Rückversiche-
stattet dem New Yorker Generalstaatsan- Firma geführt wird, die Strukturen, die Art rungen über eine Versicherungssumme von
walt, strafrechtlich oder zivilrechtlich ge- der internen Berichterstattung.“ 500 Millionen Dollar zu kaufen, und AIG
gen alle Menschen vorzugehen, die in den Der Körper, den Spitzer und seine Leu- tat so, als habe sie diese Versicherungen
betrügerischen Kauf oder Verkauf von Ak- te untersuchen, lebt noch. Und AIG, so je- tatsächlich verkauft. In den Büchern von
tien, Anleihen oder Versiche- AIG tauchten nun 500 Millio-
rungen im Staate New York Börsenmakler an der Wall Street nen an Verlustrückstellungen
beteiligt sind. Da die Wall auf, in zwei Portionen, 250
Street in New York liegt und Millionen Dollar würden im
hier die Geschäfte der Welt vierten Quartal 2000 verbucht,
zusammenlaufen, ist der New die anderen 250 Millionen
Yorker Generalstaatsanwalt so stünden in der Bilanz des ers-
etwas wie der Aufseher der ten Quartals 2001.
Weltwirtschaft. Wenn er es In einer langen E-Mail er-
sein will. Und Spitzer will. klärte der AIG-Unternehmens-
Er glaubt, dass der Börsen- sprecher Mark Herr am ver-
boom die Moral in Lower gangenen Donnerstag, dass die
Manhattan verdorben hat. Ermittlungen der New Yorker
Dass Wall Street ganz und gar Staatsanwälte gegen Hank
verrottet, skrupellos ist. Dass Greenberg „noch immer an-
wenigstens einer, dass er, Eliot dauern“. Herr schreibt: „Im
Spitzer, für die Anleger, die Jahr 2008 wurden vier Gene-
Bürger, das Volk antreten ral-Re-Manager und ein AIG-
muss. Seine Jagd auf AIG hat Angestellter vor einem Bun-
ein Präludium. desgericht in einem Verfahren
Im Jahr 2004 beschuldigt für schuldig befunden, das auf
er Marsh & McLennan, den Anschuldigungen beruhte, nach
weltgrößten Versicherungs- denen die General-Re-Transak-
makler, dass er fingierte Wett- tion ein Scheingeschäft war mit
bewerbe veranstaltet habe. dem Ziel, AIGs Reserven in
Marsh & McLennan würden ihren Finanzberichten betrüge-
der Kundschaft vorgaukeln, risch aufzublähen“. Mark Herr
deren Aufträge öffentlich aus- schreibt auch, dass AIG Green-
zuschreiben, um am Ende das berg in Delaware wegen Verlet-
beste Angebot auswählen zu zung seiner Treuepflichten ver-
können. Aber tatsächlich klagt habe. Greenberg habe
fließe Schmiergeld, und die „eine Geschäftsstrategie inspi-
RICHARD DREW / AP

Gewinner der Ausschreibun- riert und beaufsichtigt“, die „in

gen würden vorher schon fest- substantiellen Teilen auf unsau-
stehen. Auch AIG sei Teil des berer Buchführung“ beruht
Kartells gewesen, so deuten habe und AIG somit „erfolgrei-
Spitzers Leute die Lage, die Ein kleiner Kreis von Männern machte Geschäfte, cher erscheinen lassen sollte als
Firma habe mitgeboten, mal, die Firma war“ und in Wahr-
um den Preis für die Kompli- heit „ultimativ zu einem Scha-
zen hochzutreiben, mal, um
die kein Computer der Welt mehr verstand. den von mehreren Milliarden
das Geschäft selbst zu machen Dollar“ geführt habe.
und von der Scheinkonkurrenz zu profi- denfalls sehen die New Yorker Ermittler den War es Greenberg? War es die Firma?
tieren. Laden, wird dominiert von nur einer Per- Es geht in den Ermittlungen um eine
Der Chef von Marsh & McLennan heißt son, Hank Greenberg, einem schon zu Leb- Kultur, um das Gemisch aus Täuschen und
Jeffrey Greenberg, er ist ein Sohn des zeiten legendären Tycoon. Am Ende wird er Tricksen, mit dem der Konzern damals sei-
großen Hank Greenberg, es ist ein „fami- 38 Jahre lang AIG-Chef gewesen sein, er ne Geschäfte gemacht habe. Greenberg
ly business“, das Spitzer durchkreuzt, und wird selbst AIG sein, der Sonnenkönig sei- manipuliere den Aktienkurs, glaubt Spit-
in der Folge muss der kleine Greenberg ner Weltfirma, ein Weltkriegsveteran, der zer. Er entferne Schulden aus den Bü-
zurücktreten. Das passt zu Spitzers neuem den D-Day am Omaha-Beach in der Nor- chern, frisiere das Kapital, rechne Risi-
Rollenverständnis. Am Anfang, sagt er, mandie überlebte und später mit einem ken klein. Karibische Briefkastenfirmen
wollte er bloß ein „Schiedsrichter“ sein, Ranger-Bataillon das KZ Dachau befreite. würden die Negativposten übernehmen
der aufs Spielfeld muss, wenn jemand „Greenberg war involviert in jede signi- und in den Bilanzen des großen Ganzen
Fouls begeht. Nun interessiert ihn, was er fikante Transaktion“, sagt Spitzer, „in je- verschwiegen, kein Aktionär würde das
verändern kann, er nennt es „systemischen den großen Vertrag, auch in die Kreation Minus vermissen, und die Rating-Agentu-
Wandel“. Die Bösen abschießen, Gute an und die Präsentation der vierteljährlichen ren, die falsche Zahlen studierten, würden
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AIG auf falscher Grundlage mit Bestnoten ähnliche Ableger anderswo, helfe Risiken die Kollegen übernahmen, ist nie mehr et-
belohnen. Greenberg mochte die Vorwür- zu verschleiern, Einnahmen vorzutäu- was passiert. Das ist ein ernsthaftes Mys-
fe nicht kommentieren, gegenüber dem schen, Verluste zu verstecken; „cooking terium.“ Was er meint, ist klar: AIG hat
Kongress hat er sie vollständig dementiert. the books“, so nennt es Spitzer, auf Verbündete überall, AIG ist groß, stark
Es ist der Winter 2004/05, die Ermitt- Deutsch: Bilanzfälschung. und mächtig, „der Mittelpunkt der gesam-
lungen laufen seit einigen Wochen, und Spitzers Armee glaubt zu entdecken, ten Finanzwelt“, und Hank Greenberg ist
einmal hat Spitzer Hank Greenberg am Te- dass Greenberg den Handel mit AIG-Ak- „der mächtigste Konzernchef der Welt“,
lefon, wegen einer anderen Sache. Es geht tien beeinflusse, dass er seine Einblicke sagt Spitzer, und AIG ist damals, 2004/05,
um einen Vertrag, in dem sich die Citibank nutze, damit Aktien zum richtigen Zeit- zweifellos die gefährlichste Firma der Welt.
bei AIG gegen Betrug versichern wollte. punkt verkauft und gekauft werden. Es ist Es sind viele Kunden, ganze Staaten auf so
Das ist unmöglich nach New Yorker Recht, nicht so, dass er sich direkt persönlich be- viele Arten mit AIG verwoben, es werden
es gibt hier keine Versicherung gegen Be- reichern wolle, glauben die Fahnder, er ist so viele Geschäfte in aller Welt von AIG
trug. Aber Greenberg machte das Geschäft längst ein steinreicher Mann, mehrfacher versichert, es strömt so viel Kapital durch
trotzdem, indem er in den Vertrag hinein- Milliardär; Greenberg wolle den Kurs steu- die Bücher, dass die Firma wie eine fette
schrieb, dieser sei „nach den Spinne in einem enormen
Gesetzen der Isle of Man“ Ex-AIG-Chef Greenberg (r.) vor Parlamentsausschuss Netz sitzt, an dem sie weiter
aufgesetzt. Dafür hat die Citi- und immer weiter spinnt.
bank sieben Jahre lang Prämi- Und mehr noch. Viel mehr.
en gezahlt, und nun hat sie ei- Spitzers Leute entwirren eine
nen Betrugsfall, sie fordert Firmenstruktur, so komplex,
von AIG die Entschädigung, so verschachtelt, dass sie
aber Greenberg bockt. „letztlich wohl nur noch
Der AIG-Chef ruft Spitzer Greenberg durchschaute“. Sie
an. Und Spitzer will sich noch bewundern die AIG-Tochter
genau daran erinnern, was bei ILFC, eine Leasingfirma, die
diesem Telefonat gesagt wird. fast tausend Flugzeuge, Air-
Greenberg: „Die Versiche- busse, Boeings, an die großen
rung ist ja nicht legal nach Fluggesellschaften der Welt
New Yorker Recht, Sie müs- vermietet und der weltgrößte
sen dagegen angehen.“ Auftraggeber im Flugzeugbau
Spitzer: „Moment. Sie ha- ist. Sie staunen über die weite
ben diese Versicherung per- Welt der AIG, die Lebensver-
sönlich abgeschlossen, nach sicherungen in Nicaragua, in
Gesetzen der Isle of Man?“ Nigeria, Korea, über die Büros
Greenberg: „Ja.“ in Kuwait, in Nepal, in Ban-
Spitzer: „Und sieben Jah- gladesch und selbst auf dem
ren lang Prämien kassiert?“ Gebiet der „Palestinian Au-
Greenberg: „Ja.“ thority“. Sie hören viele Ge-
Spitzer: „Und jetzt wollen schichten, dass die CIA ihre
Sie nicht zahlen?“ Agenten über die AIG-Büros
Greenberg: „Ja.“ in aller Welt in Länder ein-
Spitzer: „Sie wollen, dass schleust, dass der Auslands-
ich einen Vertrag nach New geheimdienst das Wissen der
Yorker Recht für ungültig er- AIG-Länderdirektoren über
LARRY DOWNING / REUTERS

kläre, den Sie nach dem Recht Staatsfinanzen, über inne-

der Isle of Man selbst verfasst re Angelegenheiten fremder
haben?“ Staaten gern nutzt. Mark Herr
Greenberg: „Ja.“ von AIG sagt, Fragen dazu
AIG bestätigt das nicht, müssten der Regierung gestellt
„diese Frage müsste an Mr. werden, er habe „keine ge-
Greenberg gerichtet werden“, Schmiergeldaffären, fiktive Deals, gefälschte genwärtige Kenntnis“ davon.
schreibt Mark Herr, und Es heißt, Greenberg sei ein-
Greenberg schweigt lieber. So mal das Amt des CIA-Vize-
aber erzählt die Geschichte
Bilanzen – die Ermittlung gleicht einer Autopsie. chefs angeboten worden, er
Eliot Spitzer, und er lacht, habe abgelehnt.
wenn er es erzählt, und er sagt: „So war ern, die Märkte kontrollieren, er mache Er ist auch so ein Weltreisender in vie-
Greenberg, genau so. Prämien kassieren Unternehmenspolitik, und natürlich ist so len Missionen, auf den Philippinen speist
und sich im Schadensfall drücken – so wur- etwas verboten, es heißt Insider-Handel er mit Präsident Marcos, in China besucht
de er reich. So wurde AIG groß.“ und ist ein schlimmes Schmähwort an der er den Ministerpräsidenten Zhu Rongji, er
Spitzers Armee meint belegen zu kön- Börse. kennt Gott und die Welt – und wenn eine
nen, dass AIG Subunternehmen, wie die „Nach bestem gegenwärtigen Wissen: Regierung seinen Wünschen nicht folgt,
auf den Bermudas ansässige Richmond In- nein“, so beantwortet AIG-Sprecher Mark wenn es Lizenzschwierigkeiten gibt oder
surance Company, selbst mitbegründet Herr die Frage, ob AIG Insider-Handel be- andere große Streitfälle, dann hat Green-
habe, selbst betrieben habe und doch nach trieben habe. berg phantastische Kontakte in der Hin-
außen hin als eine unabhängige, eigen- Die Bundesanwaltschaft, Zweigstelle terhand: Er kann, engstens verflochten mit
ständige Firma habe laufen lassen. AIG Southern District, übernimmt jedenfalls der US-Regierung, bestens befreundet mit
kaufe zum Schein Rückversicherungen bei Teile des Falles, Spitzers Leute sollen von Ministern in Washington, im Notfall mit
Richmond, also: bei sich selbst. Der Able- bestimmten Sachen fortan die Finger las- Handelssanktionen der Vereinigten Staa-
ger auf den Bermudas, und es gibt andere, sen, und Spitzer wird später sagen: „Seit ten drohen, und das tut er angeblich, wann
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immer er es für angemessen hält. Die Bei- wollen nicht, sie müssen kooperieren. Des- beginnt mit Gerüchten, Nachrichten, Her-
trittsverhandlungen Chinas zur Welthan- halb muss Greenberg weg. abstufungen – und es endet fürchterlich.
delsorganisation WTO, man stelle sich vor, Der Alte versteht nicht mehr, was da ge- David gegen Goliath, Spitzers Armee
verzögern sich 2001, weil Greenberg über schieht. Er hat einen Vorstandskollegen am gewinnt. Im darauffolgenden Februar 2006
den Sonderstatus von AIG in China nach- Telefon, er kreuzt gerade auf seiner Yacht muss AIG 1,6 Milliarden Dollar an den
verhandeln lässt. „Serendipity II“ vor der Küste Floridas. Staat bezahlen, es ist ein Deal, um eine
Der einstige AIG-Mann Ron Shelp, zwölf Er hat für das Jahr 2004 doch hundert Mil- Anklage abzuwenden, es ist die höchste
Jahre lang an Greenbergs Seite, erzählt Ge- liarden Dollar Einnahmen verkünden kön- Vergleichssumme, die in der amerikani-
schichten wie diese in seinem Sachbuch nen! Elf Milliarden Gewinn! AIG ist einer schen Wirtschaftsgeschichte je bezahlt
„Der gestürzte Gigant“. Spitzer findet Be- der größten Versicherer der Welt! Num- wurde. Diese 1,6 Milliarden, gleichen sie
lege für das, was Shelp schreibt, er spürt die mer 9 der „Fortune“-US-500-Liste! Und nicht einem Schuldeingeständnis? Welches
enorme Macht dieses Konzerns, und es hat nicht der Gewinn im Jahr 1967, als er Unternehmen, das eine Resthoffnung hät-
wundert ihn nicht, dass alle Welt darauf anfing, bei gerade 14 Millionen Dollar ge- te, seinen Prozess gewinnen zu können,
baute, mit Versicherungen bei AIG wirklich legen!? Eine Klitsche! Er hat sie groß ge- würde eine solche Summe bezahlen?
auf der sicheren Seite zu sein, Mark Herr schreibt, dass
weil zwischen AIG und USA Ehemaliger Londoner AIG-Chef Cassano die Zahlungen „weder Be-
fast ein Gleichheitszeichen stätigung noch Leugnung der
stand. Wer meint, dass ein Anschuldigungen“ bedeute-
Bankrott der AIG im Septem- ten; und Greenberg sei zum
ber 2008 die Weltkrise noch Rückzug gedrängt worden,
böse verschlimmert hätte, fin- „weil er angedeutet hatte, dass
det hier Argumente. Gut mög- er bei den Ermittlungen nicht
lich, dass eine Pleite grundle- kooperieren würde“.
gende Annahmen des Markts Und dabei hat Eliot Spitzer
zerstört hätte; dass das Gefühl die ganze Zeit über kein ein-
umgegangen wäre: Wenn AIG ziges Mal nach London ge-
nicht sicher ist, ist nichts mehr schaut. Die Geschäfte der
sicher. dortigen AIG Financial Pro-
Im Jahr 2005, als Spitzers ducts interessieren ihn nicht.
Leute ermitteln, gehen War- Ein Fehler? „Im Nachhinein:
nungen ein, Drohungen: „Mit ja“, sagt Spitzer, er sitzt in den
uns solltet ihr es lieber nicht Büros, die seinem Vater
aufnehmen“, solche Sachen, gehören, es ist der Mai 2009,
aber Eliot’s Army zieht es „wir hatten das nicht auf
durch, sie arbeitet an einem dem Radar, und nach dem
Triumph, der sich schnel- Rücktritt Greenbergs kam
ler einstellt, als sie zu hoffen es mir nicht in den Sinn, dass
wagen. wir noch härter hätten sein
Am 9. Februar 2005 müssen.“ Spitzer isst Erdbee-
schnaubt Greenberg in einer ren. „Niemand hat London
Telefonkonferenz, die Auf- wahrgenommen. Die Agentu-
sichtsbehörde „verwandele ei- ren, die Kunden, der Auf-
nen Fußfehler in eine Mord- sichtsrat: Niemand hat hinge-
anklage“. sehen.“
ZUMA PRESS / ACTION PRESS

Am 14. Februar macht AIG Und auch Hank Greenberg

bekannt, von der New Yorker hat nichts gewusst, so sagt er
Generalstaatsanwaltschaft und es später: Er habe ja keine Ah-
der Börsenaufsicht SEC Vor- nung von den Londoner
ladungen erhalten zu haben. Abenteuern der AIG gehabt.
Am 15. Februar bekennen Mark Herr entgegnet: Finan-
sich zwei leitende AIG-Ange- Die Welt verließ sich auf das Gütesiegel AIG, cial Products, mit Büros in
stellte, die wegen Betrugs an- Connecticut, Tokio, Paris und
geklagt sind, schuldig. London, „ist von Mr. Green-
Und dann, am 14. März, ei-
auch die Stadtverwaltung von Ulm. berg gegründet worden“, Mr.
nem Montag, geschieht das Greenberg „ist sehr genau
Ungeheuerliche: Maurice Raymond macht! Den Gewinn vertausendfacht! Und über die Geschäfte informiert gewesen“.
„Hank“ Greenberg, seit 38 Jahren Chef der Vorstand, der ihn jetzt abschießen will: Eliot Spitzer entgegnet: Man kann nicht
der AIG, tritt zurück. Der AIG-Vorstand Jeden von ihnen hat er einzeln ausgesucht! alles haben. Man kann nicht der große
hat ihn am Vortag zu diesem Schritt ge- Sie wären nichts ohne ihn! Nichts! Boss sein, alles mit eiserner Hand regieren,
zwungen. Es ist klar, dass der Rücktritt Der Putsch bei AIG beunruhigt die Märk- jedes Detail bestimmen wollen, aber Milli-
des Alten eine Bedingung des General- te. Die Rating-Agenturen von Fitch bis Stan- ardengeschäfte in London übersehen. „Das
staatsanwalts Spitzer für die Einstellung dard & Poor’s entziehen dem Konzern das kaufe ich Hank Greenberg nicht ab“, sagt
des Verfahrens ist, die Grundlage für einen seit 1983 stets erneuerte Top-Rating. Er ver- Spitzer.
Vergleich, der sehr teuer werden wird. Der liert die drei großen A, die für das Kun-
AIG-Vorstand scheint zu fürchten, dass denvertrauen und für billige Kredite so II. Wie Joseph Cassano aus AIG die
Spitzers Vorwürfe gut belegt sind. Er weiß, wichtig sind. Binnen weniger Wochen stürzt gefährlichste Firma der Welt machte
natürlich, dass ein Staatsanwalt einer Fir- die Aktie um 20 Prozent ab, es werden Mil- Schon im Jahr 1986 macht Hank Green-
ma noch viel schlimmer wehtun kann, liarden verbrannt, und dabei sind die Vor- berg an der Wall Street die Bekanntschaft
wenn es zu Prozessen kommt. Die Herren gänge das Muster des späteren Crashs: Es einer jungen Truppe Investmentbanker
48 d e r s p i e g e l 2 9 / 2 0 0 9
von Drexel Burnham Lambert, die gut zu tesiegel, wie die unumstößliche Gewissheit modell, das Gesetzeslücken ausnutzt, und
den Ideen des AIG-Chefs passen. Er denkt darüber, dass alles mit rechten Dingen zu- sonst nach nicht viel. Tatsächlich aber ist es
schon länger über die Chancen der „Fran- geht, die Welt verlässt sich auf AIG. eine Transaktion so komplex, dass in ihr
kenfinance“ nach, so heißen die neuen Wer sich aber heute über Verträge von der ganze Wahnsinn der damals so modi-
„strukturierten“ Geldgeschäfte in Anspie- damals beugt – etwa jene, in denen die schen Geschäftemacherei und Zahlenzau-
lung auf Frankensteins Monster. Stadt Ulm ihr Abwasserkanalnetz für 99 berei schon aufscheint.
Drexel genießt in jenen Jahren einen le- Jahre an den US-Investor PNC Capital Lea- Es muss mit vielen Schaubildern han-
gendären Ruf. Michael Milken, einer ihrer sing „vermietet“ –, der staunt darüber, wor- tiert werden, um die vielen Vertragsbezie-
begabtesten Händler, hat den Junk-Bond- auf sich Menschen wegen irgendwelcher hungen und Zahlungsströme überhaupt
Markt kreiert, den Handel mit zuvor prak- „Barwertvorteile“ so alles einlassen. Es verstehbar zu machen, es gehen Pfeile zwi-
tisch unverkäuflichen Anleihen von Fir- brauchte damals wirklich um die tausend schen Kästchen hin und her, in denen
men, deren Schwierigkeiten bekannt sind Seiten, um dieses Projekt in Sprache zu „Bank A“ steht und „Bank B“, es gibt auch
oder die ohnehin schon kurz vor der Plei- gießen, es brauchte die Münchner Kanzlei noch „Bank C“, und es gibt „Finanzinsti-
te stehen. Milken findet Wege, Formeln, Clifford Chance Pünder und die New Yor- tution D“, das ist im Ulmer Fall die AIG,
die Papiere der Pleitefirmen genauer gesagt: AIG Financial
flottzumachen, damit erzielt Commerzbank-Zentrale Products.
sein Arbeitgeber im Jahr 1986 in Frankfurt am Main Die Firma wird mit Ulm
fünf Milliarden Dollar Ein- durch ein Geschäft der „Erfül-
nahmen und gilt als die profi- lungsübernahme“ verbunden
tabelste Investmentbank der sein, es geht darum, dass AIG
USA. Greenberg verhandelt zahlt im Fall, dass Ulm etwas
mit Kollegen von Milken, er zahlen müsste. Diese Versiche-
fragt sie nach Ideen. rung ist wichtiger Teil des
Und sie rechnen ihm vor, ganzen Konstrukts, es wird in
wie klug es doch wäre, die die Verträge sogar hineinge-
guten Ratings von AIG, die schrieben, dass AIG über gute
großartige Solidität und Kre- Ratings verfügen muss, um
ditwürdigkeit des Konzerns überhaupt als Kapitalgarant
gewinnbringend einzusetzen. akzeptiert zu werden, und da-
Sie reden von Versicherungen mit werden sie im Ulmer Rat-
gegen Kreditausfälle, von haus später, wenn AIG im
CDS. Eine Firma wie AIG Herbst 2008 weiter an Bonität
könne sie praktisch freihändig verliert, viel Arbeit haben, und
vergeben, sie unterliege ja es wird ihnen sogar gelingen,
auch nicht als Gesamtkonzern den maroden Partner loszu-
den Bankenregeln, es gebe werden – vor allem aber ist
kein Problem mit Eigenkapi- hier die menschliche Findigkeit
tal, die Sicherheit sei schlicht zu bewundern, wenn es ums
der Konzern selbst, und Geld geht: Dass ein amerikani-
schließlich käme niemand auf scher Investmentfonds Steuern
die Idee, an AIG zu zweifeln. sparen kann, indem er, zum
Solid like a rock, sicher wie Schein oder wozu sonst, das
ein Fels. Greenberg ist ange- Ulmer Kanalnetz „mietet“,
tan. Er sagt: Wir machen das. und dass daran die Stadt Ulm,
Was braucht ihr? mehrere Anwaltskanzleien und
Sie wollen viel, die sechs Beraterfirmen, drei Banken
agilen Drexel-Leute. Howard und die AIG Geld verdienen
Sosin, ihr Anführer, verhan- können, zeigt gut, auf welchen
delt monatelang mit Green- Abwegen sich Investmentban-
IMAGO

berg über die Details der neu- ker in diesen Jahren bewegen.
en Firma. Und er erreicht ei- AIG kassierte hohe Gebühren ohne hohes Risiko, In London, bei AIG FP, fin-
nen sagenhaften Vergütungs- den sie immer neue solcher
plan für sich und seine Leute:
Nach Abzug der Kosten wie
denn der deutsche Mittelstand galt als stocksolide. Pfade, auf denen sich wunder-
sam Geld vermehren lässt, bald
Miete, Gehälter, Reisekosten werden sie ganze Solaranlagen
und Kaffeemaschinen sollten 70 Prozent ker Kanzlei Shearman & Sterling, es in Spanien besitzen, aber vor allem haben
des Gewinns an AIG gehen und der Rest, brauchte Berater von der Daimler Chrysler sie jetzt, 1999, ein gutes, revolutionäres Pro-
30 Prozent, in den Bonus-Topf der neuen Services Structured Finance und dazu noch dukt. Zwei Jahre zuvor haben sie für eine
Abteilung. Consultants von Dexia Global in New York, große US-Bank eine neue Form der Kre-
Sie residieren und pendeln bald zwi- und man kann sich ein Grinsen nur schwer ditversicherung erfunden, ein Produkt ganz
schen Paris und London, Stadtteil Mayfair. verkneifen, wenn man sich in dieser Ge- im Zeitgeist.
Dort bereiten sie ab 1999 die Eroberung sellschaft die wackeren Leiter der „Entsor- Jetzt reichen die Banken die Schulden
Europas vor. Bislang haben sie vor allem gungs-Betriebe der Stadt Ulm“ vorstellt. der Unternehmen weiter wie Wechsel, sie
Zins- und Währungsrisiken großer Unter- Sie flogen jedenfalls nach New York, um lagern sie in Schattenbanken aus, und die
nehmen versichert, waren im Cross-Boar- ihren Deal abzuschließen, er brachte Ulm Schattenbanken schneidern aus ihnen
der-Leasing mit deutschen Kommunen eine „Einmalzahlung“ von 8,2 Millionen Wertpapiere, deren Wert sich aus dem
aktiv, immer als Geldgarant, als letzte Si- Euro und dem Vertragspartner PNC schö- Strom der Rückzahlungen speist, es ist
cherheit: Das Kürzel AIG steht in den tau- ne Steuervorteile – und so hingeschrieben eine vertrackte Welt, aber sie funktioniert
sendseitigen Vertragswerken wie ein Gü- klingt das nach einem kruden Steuerspar- für die Beteiligten gut, und AIG FP, die
d e r s p i e g e l 2 9 / 2 0 0 9 49

schöne schlanke Tochter der sehr seriö-
sen, sehr angesehenen AIG, fühlt sich
wohl in ihr. 377 Leute arbeiten in Lon-
don, die smartesten ihrer Jahrgänge, die
besten, die Stars.
Es geht um Geschäfte, gelöffelt aus der
Buchstabensuppe moderner „Finanzpro-
dukte“, in vielen Fällen um CDS, Credit
Default Swaps. Einfach ausgedrückt erklärt
sich AIG gegen die Zahlung satter Ge-
bühren dazu bereit, notfalls die Bank-
schulden fremder Leute zu bezahlen. Und
auf dieser Garantie des Versicherers bauen
die Geschäftspartner, häufig Banken, ihre
Bilanzen auf, man kann sagen: AIG hilft ih-
nen, Kreditrisiken zu minimieren, jeden-
falls auf dem Papier, AIG hilft dabei, den
Bedarf der Banken an Eigenkapital niedrig
zu halten, indem sie deren Verbindlichkei-
ten auslagern, verstecken, verschleiern.
Später werden diese Konstruktionen den
Kollaps des Bankensystems entscheidend
befördern, wenn alle merken, dass AIG gar
nicht für alle versicherten Risiken gerade-
stehen kann.
AIG FP fliegt in warmem Aufwind, und
sie haben eine großartige Idee: Einer US-
Bank verkaufen sie 1998 zum ersten Mal
eine Versicherung nicht für einen einzel-
nen Großkredit, sondern für ein ganzes
Kreditbündel. Es ist der erste CDS auf ein
Portfolio, ein Geschäft so komplex, dass
es sehr begabte, sehr spezialisierte Mathe-
matiker dafür braucht, Antworten auf
schwierige Fragen zu finden: Wie soll man
für derlei Geschäfte eine Prämie festlegen?
Wie viele Kredite eines Bündels dürfen
ausfallen, ehe AIG in Haftung zu nehmen
wäre? Welche Sicherheiten, wie viel „colla-
teral“, sprich: Cash, muss AIG seinen Ver-
sicherungsnehmern stellen, wenn eine In-
solvenzwelle anrollt, wenn „Kreditereig-
nisse“ eintreten?
Sie finden die Antworten auf solche Fra-
gen, Gary Gorton findet sie, ein Mathe-
matikprofessor von der Universität Whar-
ton im US-Bundesstaat Pennsylvania, er
hat angeheuert als Berater bei AIG, er ist
eng mit Joseph „Joe“ Cassano, einem ehr-
geizigen Aufsteiger, der bald als Chef in
London das Ruder übernehmen wird. Gor-
ton ist ein Zahlenzauberer, ein Typ, der
nebenbei Deutsch lernt, indem er deut-
sche Mathematikbücher liest.
Als Wissenschaftler hat er über Kredit-
kartenrisiken publiziert, jetzt hat er ein
Modell entwickelt, das Zahlen über die
Zukunft auswirft, wenn man es mit Daten
aus der Vergangenheit füttert. Gorton be-
rechnet Ausfallwahrscheinlichkeiten von
Krediten, und das tut er auch jetzt – und
in Europa ist es die deutsche Commerz-
bank, die sich interessiert zeigt. Ihre Ei-
genkapitaldecke ist dünn damals, die
zählebigen Mittelstandskredite lasten auf
der Bilanz, Vorstandssprecher Martin
Kohlhaussen sucht nach Möglichkeiten,
die Bücher durchzulüften. AIG FP kann
dabei helfen.
50
Titel
Joseph Cassano, der Projektchef, damals
Börsenwert des Anführer einer kleinen Gruppe von sieben,
Unternehmens am acht Leuten, nimmt Gorton zu den Ge-
8. Dezember 2000 sprächen und Präsentationen bei der Com-
2000
240 Mrd. $
merzbank mit, und der nüchterne Professor
zaubert mit seinen Zahlen. Gorton besucht
den Versicherungskonzern Gerling in Köln
und studiert dessen Statistiken über Fir-
Alles verzockt meninsolvenzen. Und siehe, es wird alles
berechenbar, kalkulierbar, alles wird Zahl:
Aktienkurs der Gorton kann bald den Wert von Sicherhei-
American ten berechnen, seien es Grundstücke, Last-
International wagen, Hotels, Werkbänke. Er kann in Zah-
Group, in Dollar len ausdrücken, was ein Grundstück in
Magdeburg wert ist, auf dem eine Apothe-
ke steht. Er kann beziffern, ob ein Ärzte-
haus in Brandenburg als Sicherheit taugt,
wo so viele Brandenburger ihr Land Rich-
tung Westen verlassen. So berechnet er, wie
1500 man der Commerzbank unzählige Mittel-
standskredite versichern kann, wie viel es
kostet, wie lange der Schutz gelten kann.
Das Geschäft bekommt den Namen „Kai-
serplatz 263“. Es ist die Adresse der Com-
merzbank in Frankfurt. Die Commerzbank
muss für die Mittelstandskredite im Umfang
von 1,5 Milliarden Euro weniger Eigenka-
pital vorhalten und ist darüber sehr er-
leichtert. AIG kassiert hohe Gebühren,
übernimmt aber eigentlich kein großes Ri-
siko, denn der deutsche Mittelstand ist
schließlich ein stocksolides Milieu. Und
Gorton hat schließlich alles durchgerech-
net, es gibt kein Risiko, alle können zufrie-
den sein, für AIG ist es der Start ins große
1000 Europa-Geschäft: Allein im deutschspra-
chigen Raum werden 53 Deals à la Com-
merzbank abgeschlossen, die staatseigene
KfW-Bankengruppe wird rund 30 Geschäf-
te mit AIG FP eingehen.
Die KfW bastelt den kapitalschwachen
Banken in Deutschland eine Plattform na-
mens „Promise“ nach dem Vorbild des
AIG-Commerzbank-Deals. Man kann sich
das vorstellen wie einen Topf Suppe: Die
Banken liefern die Zutaten, sie schütten
ihre Mittelstandskredite zusammen, die
KfW ist der Koch und der Wirt, sie rührt
um und verkauft die Suppe.
Der Vorgang nennt sich nicht Kochen,
sondern Verbriefung: Man kann Schulden
500 in Werte verwandeln, indem man die lau-
Quelle: Thomson fenden Rückzahlungen der Schuldner zur
Financial Datastream
Grundlage eines Wertpapiers macht. Und
diese Wertpapiere lassen sich – je nach Zu-
taten – auch noch klassifizieren und in
Tranchen unterteilen: Man kann die lau-
fenden Kredite der solidesten Firmen in
einer Wertpapierklasse bündeln, dann ist
das Ausfallrisiko gering, aber auch die Ren-
Börsenwert des dite. Man kann die Schulden angeschla-
Unternehmens gener Unternehmen gesondert zusam-
am 10. Juli 2009 menfassen, dann ist das Risiko größer, aber
der Ertrag ebenso. Die Rede ist hier nicht
1,3 Mrd. $ von Papieren, die sich Herr oder Frau
Meyer in ihrer Bankfiliale kaufen könn-
*zusätzlich in Staatsbesitz befindliche
Aktien im Wert von 5,3 Mrd. $
ten. Die Rede ist von hochspezialisierten
Geschäften, die zwischen Bankern,
90 95 2000 05 09* Fondsmanagern, Vermögensverwaltern ab-
d e r s p i e g e l 2 9 / 2 0 0 9
 Titel

geschlossen werden. ,Es sind, so möchte richts viel später, im Jahr 2007, stehen, dass cherung abgeschlossen. Es sind, aus der
man meinen, nur Profis am Werk. die Zehntausenden Kreditausfallversiche- Nähe betrachtet, verrückte Geschäfte: Das
Im Fall „Promise“ sollte für die KfW alles rungen, die AIG FP im Wert von 562 Mil- Rundum-sorglos-Paket der AIG im Wert
wasserdicht sein: Sie behielt die Tranchen liarden Dollar verkauft hat, „in den meis- von 1,3 Milliarden Euro warf für den Ab-
mit den geringsten Risiken, von den Rating- ten Fällen“ nicht gesichert waren. Im leger der DZ-Bank eine Rendite von 0,3
Agenturen mit der Bestnote AAA oder un- Ernstfall würde alles sofort und direkt auf Prozent ab, aber davon ging das meiste
wesentlich schlechter bewertet, und gegen die Konzernmutter AIG zurückfallen. Was gleich als Versicherungsprämie an AIG. So
dennoch – theoretisch – mögliche Ausfälle ist das? Gottvertrauen? Wahnsinn? Oder blieb unter dem Strich eine Rendite von 0,1
versicherte sie sich obendrein – bei der AIG. einfach kriminell? Oder hielt sich die Kon- Prozent oder, bei einer Milliarde: eine Mil-
Das war das neue, sagenhaft lukrative Ge- zernmutter AIG für so reich und unbe- lion Euro. Das ist, in Bankenkreisen, so
schäft, betrieben von AIG FP in London: zwingbar, dass ihr das Gefühl für Risiko viel wie nichts. Es grenzt, angesichts des
bombensichere Portfolios versichern und abhandenging? Oder betrieb sie ein Va- Aufwands, angesichts der kiloschweren
dann das versicherte Portfolio verkaufen, banquespiel sehenden Auges, in der Ge- Verträge, Tausende Seiten stark, an Wahn-
Pools voller rational berechenbarer Risiken wissheit, vom Staat gerettet zu werden? sinn, solche Geschäfte zu machen.
– und das alles auch gleich Auch AIG FP macht in den
noch versichern. Doppelt und US-Präsident Obama, Finanzminister Geithner Einzel-Deals keine großarti-
dreifach kassieren. gen Gewinne. Deshalb dreht
Um die Jahrtausendwende Cassanos Truppe ein Riesen-
treten Investmentbanker mit rad. Sie brauchen Tausende
einer interessanten Bitte an Verträge, um ihren Schnitt zu
AIG FP heran, die den Markt machen. Und wirklich finden
neuerlich zu revolutionieren sie Tausende Vertragspartner,
scheint. Könnten Sie sich vor- die mitmachen, die Kreditpa-
stellen, nicht nur einzelne ver- kete aus Amerika kaufen. Und
briefte Kredite mit einem CDS dazu Versicherungen von
zu versichern, sondern auch AIG. Hier kommt das tödliche
gleich CDOs? CDOs: Es bleibt Virus in den großen, globalen
schwer, darüber griffig zu re- Bankenkreislauf, an dem sich
den, aber es hilft, an eine rus- die ganze Weltwirtschaft bald
sische Puppe zu denken, wo- ansteckt, und hier auch wer-
bei die kleinste Puppe im Kern den die Subprime-Hypothe-
die eigentlichen Schulden ken immer weitergereicht,
wären. Die nächste Puppe ver- nachdem sie zuvor unsichtbar
körperte die verbrieften Schul- gemacht wurden von den Zau-
den, und die nun jeweils berern der Finanzmathematik.
nächstgrößeren Puppen wären Cassano stellt einen Wechsel
immer ein neuer CDO, das nach dem anderen aus, am
heißt Collateralized Debt Ob- Ende werden Tausende sol-
ligations und bedeutet, dass cher Verträge unterschrieben
man über die inneren Werte sein, mit teils absurd langen
der Puppen immer weniger Laufzeiten bis zum Jahr 2080.
weiß. Am Zahltag weiß keiner mehr,
Joseph Cassano versteht die wer bei wem wie viele Schul-
Chancen des Geschäfts sofort. den hat. Nur dass AIG bei
Er hat von Mathematik keine Ausfall zahlen muss, ist klar.
GERALD HERBERT / AP

Ahnung, aber er kann sich auf Wie es zu dieser Situation

sein Gespür verlassen. CDOs kommen konnte, bleibt rätsel-
und Versicherungen auf haft. Immerhin werden die
CDOs, das spürt Cassano, wer- Deals ja nicht heimlich abge-
den großes Geld bringen. Die schlossen. Alle Verträge, die
Banken, die Großanleger, sie Obama ächzt unter den Milliarden für den Ver- AIG FP aushandelt, müssen in
hassen mittlerweile das kleins- der New Yorker Zentrale von
te Risiko, es reicht ihnen nicht
mehr, Schulden zu verbriefen
sicherer, AIG hängt an Amerika wie eine Fußfessel. acht Leuten abgezeichnet und
die längste Zeit auch von
und die Risiken weiterzuver- Hank Greenberg persönlich
kaufen und die verkauften Risiken noch Wieder waren es auch deutsche Banken, abgenickt werden. Kann es sein, dass in
weiter zu verwursten, nein – gegen das die eifrig zugriffen. Ausgerechnet die Ge- dieser Kette niemandem etwas auffällt?
lächerliche Restrisiko werden sie auch noch nossenschaftsbanken, die sich bis dahin Ab und an fliegt doch ein Geschäft als
Versicherungspolicen kaufen, und zwar bei eher mit der Finanzierung von Melkma- faul auf, so im Sommer 2002, als sich Cas-
ihm: bei AIG FP, wo es Leute gibt wie Gary schinen als mit komplexen Kreditportfolios sano und seine Leute einen Trick einfallen
Gorton, die alles beherrschbar machen. auskannten, wollten mitspielen im großen lassen für ebenjene Firma PNC Financial
Im Kerngeschäft geht es darum, mög- Kreditverwertungsgeschäft. Dem Manage- Services aus Pittsburgh, Pennsylvania, die
lichst viele Versicherungen zu verkaufen, ment der DZ Bank machten Cassanos Leu- bald darauf das Kanalnetz von Ulm mieten
aber im Schadensfall möglichst nicht für te gleich mehrmals die Aufwartung. wird. Sie tanzt auf allerlei Hochzeiten, um
sie einzustehen. Es geht darum, Versiche- Die Genossen waren begeistert. Die DZ Geld zu machen, eben hatte sie Hightech-
rungen ohne Sicherheit zu verkaufen. Bank kaufte bei AIG für 1,3 Milliarden Firmen Kredite gewährt und sich dabei –
Das Wort Versicherung ist im Fall AIG Euro CDOs für ihren irischen Ableger nach Ende der Dotcom-Blase – verspeku-
FP nur eine Behauptung, und wirklich Coral Purchasing, und obendrein wurde liert. Es geht um 762 Millionen Dollar, die
wird im Konzernanhang des Geschäftsbe- auf alles eine bombensichere AIG-Versi- PNC irgendwie aus seiner Bilanz auslagern
52 d e r s p i e g e l 2 9 / 2 0 0 9
will, und es trifft sich, dass Cassanos Leu- 70-Stunden-Woche und null Urlaub unter- Wahrscheinlichkeit von Ausfällen errech-
ten für genau dieses Problem eine Lösung stellt, ein Stundenlohn von 9615 Dollar. nen. Gorton rechnet und simuliert und op-
einfällt. Von Oktober 2004 an verdankt er die fürst- timiert, und irgendwann gibt er Entwar-
Sie gründen einfach eine neue Firma, liche Vergütung kurzzeitig auch einem nung. Die Datenlage bestätige: kein Risiko.
vielmehr: eine eigenständige Zweckgesell- Marketingmanager, der in der amerikani- Gorton geht dabei von einem Worst-case-
schaft – also eine gänzlich virtuelle Veran- schen AIG-FP-Niederlassung – es gibt sie Szenario von minus 20 Prozent aus, das
staltung ohne Büros, ohne Maschinen, ohne längst in der ganzen Welt – zum ersten Mal heißt, er „stresst“ seine Daten unter ande-
Menschen, einfach eine Adresse auf Papier Hypothekenkredite aus dem Subprime- rem mit der Annahme, dass die US-Im-
und ein Bankkonto –, und an diese Firma, Segment versichert. mobilienpreise um ein Fünftel einbrechen.
die auf dem Papier ein neues Unterneh- Für den Manager sieht es aus wie „das Gortons Zahlen sagen: Dann kämen wir
men, in Wahrheit aber eine Tochter von beste Geschäft der Welt“. Dass auch die noch immer auf unseren Schnitt.
PNC ist, „verkauft“ PNC seine notleiden- größte Wirtschaftskrise der Welt daraus Aber Cassano traut dem Subprime-Seg-
den Kredite. Es ist ein Hütchenspielertrick, werden kann, übersieht er, viele der smar- ment nicht. Obwohl es wuchert, obwohl
ein Geschäft von einer in die andere Jacken- ten Händler übersehen es, und es ist An- es seine Gier befriedigt. Die Wall Street
tasche, aber AIG FP streicht rennt AIG FP die Türen ein,
für die plumpe Idee trotzdem Ex-AIG-Chef Liddy bei einer Anhörung im März aber das allein könnte ihn
viel Geld ein, 39,8 Millionen skeptisch machen. Dass es In-
Dollar, sie nennen es „Ge- teresse daran gibt, wackelige
bühren“. Kreditpapiere zu versichern,
Dieses eine Mal aber ver- ist klar. Dass das Interesse
steht die amerikanische Bör- umso größer wird, je dubioser
senaufsicht SEC, dass etwas die Kreditnehmer sind, eben-
faul ist im Staate AIG, das Jus- so. Aber der Run auf die Pa-
tizministerium ermittelt wegen piere ist gespenstisch, sie ar-
dubioser Finanztransaktionen, beiten wie in einer Fabrik in
Anleger bestrafen AIG für die London, binnen neun Mona-
Affäre mit Liebesentzug, der ten versichern sie Subprime-
Aktienkurs bricht ein. In der Kreditpools für 60 Milliarden
Firma tun sie erst unschuldig, Dollar.
nennen die Ermittlungen „un- Cassano zweifelt. Um 12
gerechtfertigt“, später akzep- Uhr mittags an jedem zweiten
tiert das Unternehmen eine Dienstag ist er mit Kollegen in
Strafzahlung von 80 Millionen Wilton, Connecticut und an-
Dollar, man willigt ein, die derswo per Videocall verbun-
einkassierten Gebühren zu- den. Im Oktober 2005 fragt
züglich 6,5 Millionen Dollar Cassano: „Wie viel haben wir
Zinsen zurückzuzahlen. denn im Subprime-Segment
Hank Greenberg hasst Nie- versichert?“ Und als ein Ma-
derlagen. Er ärgert sich sehr nager antwortet: „So an die
über seine Londoner Filiale. 50 bis 60 Milliarden“, scheint
Er verfügt, dass nicht der Mut- er zu erschrecken. „Das ist
terkonzern die Strafe bezahlt, eine ganze Menge“, sagt er.
sondern die Tochter AIG FP. „Ich finde, das sollte sich mal
In London wird der Bonus- jemand anschauen.“ Im No-
Topf ein Weihnachten lang vember bekommt ein leiten-
kleiner sein. Aber trotz sol- der Mitarbeiter der AIG FP
cher Rückschläge bleibt Jo- den Auftrag, sich den Subpri-
seph Cassano unumstritten. me-Boom aus der Nähe anzu-
Wo gehobelt wird, fallen Spä- sehen. Er soll eine Woche lang
IMAGO

ne. Und wer das Risiko fürch- durch die USA gereist sein,
tet, arbeitet besser woanders. Im vierten Quartal 2008 stellte AIG einen Makler, Investmentbanker,
Cassanos Leute werden im Statistiker getroffen haben.
Durchschnitt doppelt so gut Bei seiner Rückkehr nach
bezahlt wie die Konkurrenten
Rekord auf: 61,7 Milliarden Dollar Verlust. London soll er das Ergebnis
bei Goldman Sachs, den ei- seiner Recherche in zwei Sät-
gentlichen Bonuskönigen der Branche. In sichtssache, was davon zu halten ist: Kann ze gefasst haben: „Es ist verrückt, was
guten Jahren, und es sind gute Jahre, seit es sein, dass die genialen Mathematiker, die die da drüben machen. Es wird in Tränen
Cassano der Chef ist, werden 500 Millio- Versicherungsjuristen und Manager aus enden.“
nen Dollar unter der Belegschaft aufge- Harvard und Princeton einfach einen „Rie- Danach schreibt AIG FP keine Versi-
teilt. Sie haben in der Regel ein Grundge- senfehler“ machen? Oder ist es nicht viel cherungen mehr auf Papiere, in denen
halt um die 100 000 Dollar und bekommen wahrscheinlicher, dass sie wussten, was sie Subprime-Kredite stecken. Es wird Win-
um die 500 000 Dollar obendrauf, aber es taten, dass sie tanzen wollten, solange die ter 2005/06, und die Lage ist die: AIG FP
kann auch noch viel mehr sein. Ein Top- Musik spielte? hat Kredite im Wert von 562 Milliarden
Angestellter, der Top-Leistung bringt, Sie beruhigen sich stets mit ihrer liebsten Dollar versichert. Viele sind Firmenkredi-
steckt drei, fünf, zehn Millionen Dollar Bo- Droge: den Zahlen. Gary Gorton, der Zau- te und Hypotheken, aber auch 80 Milliar-
nus ein. berer, entwickelt auch für das Subprime- den in CDS-Verträgen, die auf Kreditpa-
Cassano soll in seinen acht Jahren als Segment seine Formeln. Er erfindet weite- pierpools Marke CDO abgeschlossen wur-
Chef bei AIG FP 280 Millionen Dollar ver- re Computermodelle, die anhand von his- den. Darin wird man später auch Tausen-
dient haben, das wäre, wenn man ihm eine torischen Kreditdaten die zukünftige de Subprime-Kreditgeschäfte finden, und
d e r s p i e g e l 2 9 / 2 0 0 9 53

AIG-Geschäftspartner Manchester United, Berliner Verkehrsbetriebe, Airbus: Es waren auch deutsche Banken, die eifrig zugriffen
sie werden der Firma AIG zum Verhängnis
werden, aber Joseph Cassano schläft noch
sehr gut. Er hat Gortons Formeln, und er
hat seinen Instinkt, und bei AIG werden
sie sich noch brüsten, kurz bevor der Bo-
den unter ihnen nachgibt, dass sich AIG
rechtzeitig „vor der Subprime-Kugel ge-
duckt“ habe.
Aber das ist ein Irrtum. Andere AIG-
Sparten bekommen nichts mit von der
Gefahr und bleiben im Subprime-
Geschäft aktiv oder steigen nach 2005
sogar erst richtig ein, während AIG FP
Kredit- und andere Derivatpapiere im
Wert von mehr als zwei Billionen Dollar
hält. Man kann sagen: Schlimmer als der
von AIG hat kaum je ein Konzernvor-
stand versagt.
Was die AIG-Leute die ganze Zeit über
vor allem übersehen, oder was sie nicht
sehen wollen, oder was sie aus Größen-
wahn vergessen, ist die Möglichkeit, dass
der Mutterkonzern selbst ins Schlingern
geraten könnte. Dass sich Märkte so ent-
wickeln könnten, dass AIG seine betonfes-
ten Top-Ratings verlöre. Dass die Firma
dann mit einem Schlag Geld brauchte, viel
Geld, um ihren Geschäftspartnern greifba-
re Sicherheiten zu stellen, denn so steht es
in den Verträgen: Vertrauen gegen Ver-
trauen gilt nur so lange, bis das Vertrauen
eben erschüttert ist, da reicht schon die
Abstufung um einen Grad von AA+ auf
54
Titel
AA, dann hilft der beste Ruf nichts mehr,
dann wollen die Kunden Geld sehen,
„collateral“, cash.
Es baut sich etwas auf da draußen, eine
Welle. Aber in London, in Mayfair, wo
AIG FP residiert, wo ringsum die anderen
Stars der Branche ihre Büros haben, Black-
stone, GLG, Tudor Capital, Odey Asset
Management, ziehen sie ihre große Show
noch ein bisschen weiter durch.
Diese Welt ist dem Untergang geweiht in
jenen Jahren, aber Cassano ahnt es nicht,
oder er will es nicht wahrhaben. Noch im
Mai 2007 gibt er sich gelassen und leicht-
herzig, als er in Manhattan vor eine Ver-
sammlung von Unternehmern tritt. Stolz
blättert Cassano sein Portfolio auf, die Ge-
schäfte in Dutzenden unterschiedlichen
Währungen, und er sonnt sich im Ruf, im-
mer erfindungsreich zu sein, wenn es
darum geht, Risiken zu managen. Nur die
erste Liga, tönt Cassano, zähle zu seinen
Kunden, „Banken und Investmentbanken,
Pensionsfonds, Stiftungen, Versicherungen,
Hedgefonds, vermögende Einzelpersonen,
Stadtverwaltungen, supranationale Orga-
nisationen“.
Die Rede kommt auch auf das Geschäft
mit den Kreditversicherungen, Cassano
sagt: Ja, „Kreditrisiken sind die größ-
ten Risiken, die wir managen“. AIG FP
versichere aber nur erstklassige Werte, se-
riöse Kreditgeschäfte, „es ist eigentlich
d e r s p i e g e l 2 9 / 2 0 0 9
AUGENKLICK / FIRO (L.); GUIZIOU / HEMIS / LAIF (O.); MAGUNIA / DDP (U.)
unter keinen Umständen ein riskantes Ge-
schäft“.
Er wird dasselbe drei Monate später
noch einmal viel schöner sagen, es ist ein
Satz, der später in der Finanzkrise
berühmt werden wird, die einschlägige
Wirtschaftspresse wird ihn zitieren wie
einen „running gag“. Cassano wird sagen,
als ein Goldman-Sachs-Analyst nach der
Stabilität des AIG-FP-Portfolios fragt:
„Ohne kokett sein zu wollen, können wir
uns nur schwer vorstellen, bei einer Trans-
aktion auch nur einen Dollar zu verlie-
ren.“ Lügt Cassano in diesen Momenten,
kurz vor Beginn des vierten Quartals 2007,
in dem seine AIG FP elf Milliarden Dollar
Verlust machen wird? Oder verdrängt er
die Realität?
Als der Immobilienmarkt in den USA
im Sommer 2007 einbricht, zeigt sich je-
denfalls rasch, dass Gortons vorsichtige Be-
rechnungen nicht vorsichtig genug waren.
Es zeigt sich, dass man die Zukunft nicht
mit Daten aus der Vergangenheit berech-
nen kann.
Und nun rächt sich auch, dass der Ma-
thematikprofessor ein Risiko nur unzurei-
chend in seine Modelle einbezogen hatte:
das Risiko nämlich, dass die Vertragspart-
ner neue Sicherheiten von AIG verlangen
konnten, falls der Wert der versicherten
Kreditbündel fiel oder sich das AIG-Ra-
ting verschlechterte. Es geschieht jetzt bei-
 Titel

des: Der Wert der Kreditpapiere fällt, und Joseph Cassano stand dem SPIEGEL angesparten Milliarden der Kunden aus-
das Rating von AIG wird herabgestuft. Die für ein Gespräch nicht zur Verfügung. zugleichen.
Kunden fordern Cash. Gortons Rechnun- Auch Hank Greenberg wollte nicht spre- Eric Dinallo fuhr mit der Familie aufs
gen werden Altpapier. chen. Land, sie hörten die Beatles, als der Anruf
Der Riese taumelt noch nicht, aber ihm Als der SPIEGEL Gary Gorton, dem kam, der ihn zurück in die Stadt zwang.
wird langsam unwohl. Am 11. Februar Zauberkünstler der Zahlen, eine E-Mail Steve Bensinger, Finanzchef von AIG, war
veröffentlicht AIG die Beurteilung der schickte und um ein Gespräch bat, ant- dran, Bensinger schilderte die Lage, Di-
Bilanzschätzer, dass die Firma im Vor- wortete der: „No interest“. Als Gorton, nallo dachte: „O, Scheiße, das war unser
jahr „eine tatsächliche Schwäche auf- Wochen später, eine zweite E-Mail bekam Wochenende.“
wies bei ihrer internen Kontrolle bezüg- mit der Bitte, zu den Rechercheergebnis- Dinallo, ein guttrainierter Mann mit
lich der Kommunikation und Aufsicht der sen Stellung zu nehmen, antwortete er: schmaler Brille und kurzen grauen Haaren,
realistischen Werteinschätzung des AIG- „No comment“. ist die Brandmauer, „die Firewall“, sagt er,
FP-Portfolios“. Im Klartext heißt das, die- Ein amerikanischer Landespolitiker Superintendent des New York State Insu-
se Zahl wird öffentlich am 28. Februar wird, in diesen Tagen, berühmt mit dem rance Department, der Anwalt all jener, die
2008, und sie ist ein Schock: mit 25 eine Lebensversicherung
Die Sparte machte 11,5 Mil- Demonstrantin vor AIG-Zentrale in New York abgeschlossen haben, die in vier
liarden Dollar Verlust allein im Wochen 65 werden und die nun
letzten Quartal des Vorjahres. vom Kundenberater nichts von
Kurz später schon bittet Joe „systemischen Risiken“ hören
Cassano die „senior guys“ wollen. Politiker rufen Dinallo
persönlich in sein Büro in der ständig an und fragen: „Ist AIG
Curzon Street, einzeln, nach- okay? Das sind ja ganz schön
einander. Man habe ihn gebe- viele Jobs dort.“
ten zurückzutreten, sagt er ih- Dinallo sammelt seine Leu-
nen, er habe der Bitte ent- te um sich, seinen Berater
sprochen. Er sagt: „Ihr seid John Kenny, das Zahlengenie,
jetzt ohne mich.“ Es gibt kei- und die anderen. Sie telefo-
ne Rede, keine Tränen, kein nieren. Recherchieren bei
Gefühl. AIG, beruhigen Kunden, tra-
Cassano wird nicht verklagt gen das, was sie erfahren, zu
von seinem Arbeitgeber, dem anderen Regulierungsbehör-
er Milliardenverluste zugefügt den im Landesinnern weiter,
hat, er wird üppig vergütet. weil alle Angst haben und kei-
Für die ersten neun Mona- ner etwas weiß. Die AIG-Leu-
te nach dem Ausscheiden, te versichern am Telefon, die
beginnend am 1. April, be- Kunden seien geschützt.
kommt er pro Monat eine Es kommt ein schwarzer
Million Dollar, es gibt darüber Freitag, es wird der 12. Sep-
einen Vertrag, darin steht tember 2008, Standard &
die Zahl in Ziffern, es steht da: Poor’s signalisiert dem AIG-
„$ 1 000 000“. Ist es Erfolgs- Management, dass eine weite-
prämie? Beratungshonorar? re Abwertung bevorstehe. Im
Wofür bekommt Cassano AIG-Vorstand wissen sie mitt-
in den neun Monaten nach lerweile gut, was das bedeutet.
MARIO ANZUONI / REUTERS

Feierabend neun Millionen Die Kundschaft wird wieder

Dollar? Sicherheiten fordern, Cash,
AIG FP stoppt nach Cassa- und zwar nicht Millionen-,
nos Ende die Akquise neuer sondern Milliardenbeträge, so-
Geschäfte. Nach dem verhee- fort zahlbar an die Deutsche
renden Quartalsverlust im Bank oder an Barclays oder
Winter fände sie ohnehin War es Gottvertrauen? Wahnsinn? Einfach nur Goldman Sachs oder wer sonst
keine Kunden mehr. Es geht Ansprüche hatte. AIG braucht
jetzt bereits um Schadensbe- Geld, schnell und viel davon.
grenzung, darum, die beste-
kriminell? Oder Staatsvertrauen? Es wird Samstag, der 13.
henden Verträge zu akzepta- September, kühl und sonnig,
blen Bedingungen aufzulösen, die Kun- Satz, die Anführer von AIG sollten dem ja- bei Lehman sitzt schon die große Politik,
den anzurufen, über die Abwicklung der panischen Beispiel folgen: „abdanken oder und sie ziehen mit den Lehman-Leuten
Deals zu verhandeln, den Verlust einzu- Selbstmord begehen“. bald in den Bunker der Federal Reserve
dämmen. Aber man kommt leichter in die um, Minister sind dort zugange und Mil-
CDS-Verträge hinein als hinaus. III. Wie Eric Dinallo versucht, den Kol- liardäre; bei AIG, ein paar Blocks weiter,
AIG befindet sich jetzt auf der finalen laps eines Riesen zu kontrollieren tagen Experten, Investoren, Fondsmana-
Schussfahrt. Anfang März 2009 wird der Der Mann, der AIG im Jahresverlauf 2008 ger. Hunderte streifen durch die Gänge,
Konzern den höchsten jemals von einem besonders scharf im Blick hat, ist Eric ganz AIG scheint freiwillig zu arbeiten.
Unternehmen gemeldeten Quartalsverlust Dinallo, der Chef der New Yorker Kon- Und die Zentrale des Untergangs liegt dort,
bekanntgeben müssen: 61,7 Milliarden trollbehörde für Versicherungen. Er muss wo einst Hank Greenberg regierte.
Dollar oder, wie es die „Sunday Times“ jetzt höllisch aufpassen, dass bei AIG Im 18. Stock sind hundert Menschen
vorrechnete, 28 Millionen Dollar pro Stun- niemand auf die Idee kommt, die Fehler versammelt, die Citigroup hat ihre Besten
de, und zwar in jeder Stunde der letz- der Financial-Products-Truppe und die geschickt, der New Yorker Investor Chris-
ten drei Monate des Jahres 2008. Konzernschulden womöglich durch die topher Flowers ist da, der ein paar Mona-
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te zuvor mit 1,5 Milliarden Euro bei der die Konferenz. Der AIG-Vorstand verliert er hat die Feuerwehraktion bei Lehman ge-
deutschen Hypo Real Estate eingestiegen die Kontrolle über die eigene Veranstal- leitet. Die AIG-Manager fordern von ihm
ist, er federt die Stufen zur AIG-Zentrale tung. Die Investoren spüren, dass das AIG- einen staatlichen Überbrückungskredit über
hoch, es geht darum, vielleicht ein Management nicht mehr Herr der Lage ist. 20 Milliarden Dollar. Darüber wird es Mon-
Schnäppchen zu machen. Immerhin kam Dass die Bosse noch immer nicht wissen, tag, 15. September, und die Welt weiß, dass
die Einladung sehr kurzfristig, am Vortag wie viele Milliarden sie brauchen. Lehman Brothers bankrott ist, und sie spürt,
erst, die Lage muss ernst sein, todernst. Eric Dinallo rückt stattdessen ins Zen- dass eine neue Zeit beginnen könnte.
Alles dreht sich um einen großen Kon- trum der Konferenz. Er steht im 18. Stock Jetzt erst steigt die US-Notenbank, die
ferenztisch, oval. Wasserflaschen und Kaf- und wird von Interessenten umlagert. Fed, offiziell in die AIG-Gespräche ein. „Wir
fee in Thermoskannen darauf, Klimaanla- Geht AIG pleite und wird der Konzern müssen alles tun, damit nicht alles zusam-
genluft darüber. Blackberrys liegen da und wirklich zerschlagen, muss Dinallo als menbricht“, sagt ein Fed-Mann im 18. Stock
Sakkos hängen über Stuhllehnen. Die At- Kontrolleur jedem Deal zustimmen. Und des AIG-Wolkenkratzern, wo überarbeitet,
mosphäre war, erzählt Dinallo, „tief be- Dinallo beschönigt, anders als die AIG- übernächtigt die Leute sitzen, er erntet böse
sorgt, im vollen Bewusstsein, dass das eine Chefs, zu diesem Zeitpunkt nichts mehr. Rufe: „Wir sind seit Tagen mit nichts an-
ernste Krise war, ungläubig, derem beschäftigt, du Klug-
dass diese Weltfirma wirklich AIG-Kontrolleur Dinallo scheißer“, schreit ein AIG-Ver-
in dieser Lage war, trotzdem handlungsführer zurück.
lief alles halbwegs organisiert Am Dienstag kommt ein
ab“. Das wird sich ändern, am Anruf von US-Finanzminister
Sonntag, am Montag. Hank Paulson. Er stellt der
Es gibt gravierende Proble- AIG 85 Milliarden Dollar in
me, das erste ist der Mangel Aussicht, 65 Milliarden mehr,
an solider Information: Nie- als der Konzern ursprünglich
mand weiß, wie viel Geld AIG verlangt hat. AIG ist nicht tot.
in diesen Stunden eigentlich Aber lebt AIG noch?
braucht. 500 Millionen? Eine Die 85 Milliarden sind ein
Milliarde? Zwei? Und bis Kredit auf zwei Jahre und si-
wann? Und was ist da eigent- chern dem Staat eine 79,9-
lich passiert in London? Was prozentige Beteiligung. AIG
kommt da noch nach? Ständig soll das Geld zurückzahlen, in-
wandeln sich die Zahlen, die dem sich die Firma in 20 oder
Zeiten, es gibt immer neue 25 Stücke zerlegt, die Stücke
Geschichten, neue Gerüchte. verkauft, und was übrig bleibt,
Das zweite gravierende Pro- arbeitet wieder als normale
blem ist die Zeit. Sie rast. Es Versicherung, Unfall, Haft-
gibt einen Plan, zwischen der pflicht, Leben. Das Problem
AIG-Mutter und ihren Töch- ist nur, im Herbst 2008: Die
tern Wertpapiere auszutau- Krise ist da, sie wird immer
schen, es gibt Pläne, Firmen- schlimmer, es gibt keinen
teile ganz zu verkaufen. Aber Markt, und es gibt keine ver-
derlei Geschäfte erfordern fünf- nünftigen Preise. AIG kann
bis sechsfache Prüfung. Und sich nicht verkaufen, noch
Vertragsverhandlungen dauern nicht einmal die besten
TIMOTHY FADEK / POLARIS / LAIF

länger, als AIG Zeit hat. Ginge Stücke, und ohne Ausverkauf
es trotzdem? Ist es zu schaffen? kann der Konzern die 85 Mil-
Mittags und abends wird liarden Dollar Staatskredit
den Unterhändlern Pizza, chi- nicht zurückbezahlen.
nesisches Fast Food und Sushi Es wird also noch weitere
gebracht, die Kartons liegen Hilfspakete geben, und Hilfs-
bald auf den Fluren herum. In paket klingt nett und kompakt,
den Büros der AIG breiten Die Kundschaft wird wieder Sicherheiten fordern, aber die USA und ihr neuer
sich die Investoren aus, als Präsident Obama ächzen unter
gehöre ihnen der Laden schon.
Man wird sie sehen, am Abend
Milliarden, sofort zahlbar an die Deutsche Bank. ihnen, sie verderben den Neu-
start, AIG hängt an Amerika
des Samstags, des Sonntags, wie eine Fußfessel. Im Novem-
die Füße auf den Schreibtischen, wie sie Er sagt: Nein, für aufwendige Rettungs- ber 2008 wird der nächste Plan vorgelegt:
sich gegenseitig aus Finanzberichten vorle- pläne reicht die Zeit nicht mehr. Der Staat erleichtert die Kreditbedingungen
sen, wie sie Sicherheiten taxieren. Investmentbanker von Goldman Sachs und übernimmt weitere Vermögenswerte,
Die Investoren sind nur noch an einem und JP Morgan, die bei der parallelen Ret- insgesamt ist er jetzt schon mit über 150 Mil-
interessiert: am Ausverkauf der wertvol- tungsaktion für Lehman mit am Tisch sit- liarden Dollar bei AIG engagiert, aber 150
len Versicherungsunternehmen der AIG in zen, erzählen den Kollegen bei AIG den Milliarden – das ist fast 75-mal der Jahres-
aller Welt, die als Sicherheit für frische Stand des anderen Dramas dieser Stun- haushalt der Uno, die mit AIG wirklich nur
Gelder dienen sollten. „Wenn du zum den. Bald wird klar: Es wird kein Geld für den Sitz gemein hat: New York.
Pfandverleiher gehst“, sagt einer im Saal, die Rettung der Investmentbank geben. Es
„musst du auch deine Kronjuwelen als geht Unerhörtes vor. IV. Wie es die AIG-Manager schaffen,
Pfand hinterlassen.“ Das AIG-Management wird am Nachmit- aus amerikanischen Staatsbürgern
Dinallos zwölf Leute ziehen sich in tag zu Timothy Geithner gerufen. Er ist noch Geiseln zu machen
Ecken zurück, prüfen jede Zahl. Was ergibt nicht Barack Obamas Finanzminister, er ist Es tut sich ein Abgrund auf unter dieser
Sinn, was ist Quatsch? Irgendwann kippt damals Chef der New York Federal Reserve, Krise, es stellen sich Fragen, die zu Ver-
d e r s p i e g e l 2 9 / 2 0 0 9 57
schwörungstheorien führen, aber es sind
vernünftige, rationale Menschen, die sie
stellen, keine Spinner, die immer irgendwo
das Böse am Werk sehen. Kurz nach dem
großen „bail-out“ vom Herbst reichte AIG
62 Milliarden Dollar gleich an seine Ge-
schäftspartner weiter, an die Société
Générale, die Deutsche Bank, und vor al-
lem an Goldman Sachs, deren Ex-Chef der
damals amtierende US-Finanzminister
Paulson war, es wird, was normal wäre,
nicht verhandelt über die Verbindlichkei-
ten, es wird nicht versucht, sie angesichts
der extremen Notlage nach unten zu
drücken; AIG überweist einfach die Schul-
den, die in den Büchern stehen, und be-
zahlt wird mit dem Geld der amerikani-
schen Steuerzahler.
AIG entledigte sich seiner Verpflichtun-
gen den Verträgen entsprechend, schreibt
Firmensprecher Mark Herr, „die Regie-
rung hat entschieden, dass es keine Alter-
native dazu gab, die vertraglichen Ver-
pflichtungen zu erfüllen“. Weil Goldman
Sachs der wesentliche Profiteur war? Und
so gut vernetzt? Der Staat begleicht diese
Rechnungen, es werden im Fall AIG immer
mehr, das tut einer Gesellschaft weh, und
es wird zu Morddrohungen führen, später,
wenn neue Bonuszahlungen an die AIG-
Manager bekanntwerden. Was von alle-
dem ist einfach unerhörtes Ereignis? Zu-
fall? Kettenreaktion? Was ist verschuldet?
Geplant?
Vielleicht gibt es keine Antworten. Viel-
leicht wird sich alles in einen Kampf der
Meinungen auflösen, und vielleicht dient
das den Verantwortlichen, den Schuldigen,
die dabei nur gewinnen können. Aber sie
sind noch nicht im Ziel, seit Oktober 2008
und bis heute laufen Anhörungen im US-
Kongress, die den angerichteten Schaden,
nicht nur den ökonomischen, auch den
moralischen, den psychischen, den sym-
bolischen, sortieren helfen. Die vier letzten
Bosse von AIG müssen erscheinen, der
monströse Hank Greenberg, seine Nach-
folger Martin Sullivan und Robert Wil-
lumstad, deren Nachfolger Edward Liddy.
Sullivan bezeichnet die Finanzkrise als
„global financial tsunami“ – niemand habe
die Krise vorhersehen, niemand habe sie
verhindern können, alle seien von einer
Monsterwelle überrascht worden.
„Man kann es sich manchmal auch zu
einfach machen im Leben“, sagt Dennis
Kucinich, Abgeordneter aus Cleveland in
Ohio, einst demokratischer Präsident-
schaftsbewerber. Er und seine Kollegen
hören den Ex-AIG-Chef Sullivan reden,
hören ihn sagen, dass die geltenden Bi-
lanzregeln schuld seien an den Schwierig-
keiten, er sagt wirklich „problems“ zum
Wahnwitz der vergangenen Monate.
AIG sei „hineingezogen“ worden in
„diese Schwierigkeiten“, sagt Sullivan,
dann wird er unterbrochen. Der Abgeord-
nete Kucinich sitzt links außen, er sagt:
„Vielleicht ist dies schon eine der besten
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 Titel

Erklärungen dieser Krise: dass Vorstände werden.“ Er sagt: „Lassen Sie mich ganz für eine Weile noch gefährlich für die
sich als Opfer begreifen.“ Kucinich fragt, offen sein: AIGs Geschäftsmodell ist nicht Welt.
wo eigentlich der amerikanische Mut ge- gescheitert. Das Management ist geschei- Liddy setzt sich. Er schmatzt ein biss-
blieben sei. „Der Mut, zu Fehlern zu ste- tert. Ich glaube, sie sind gierig geworden chen, er schwitzt, er schwört, die Wahr-
hen. Der Mut zu Entscheidungen. Der Mut, und haben sehr viel mehr CDS ausge- heit zu sagen, nichts als die Wahrheit, dann
Risiken abzusichern. Der Mut, langsam und schrieben, als sie hätten tun sollen.“ Er, wird es aggressiv.
hart für den Erfolg zu arbeiten.“ Martin der 38 Jahre lang bei AIG ganz oben stand, „Werden die Steuerzahler jemals ihr
Sullivan antwortet nicht. Mut? Die Schief- will nichts mit dem Untergang zu tun ha- Geld zurückbekommen?“, fragen gleich
lage sei einfach „dramatisch“ geworden, ben? mehrere Abgeordnete.
und AIG sei „gezwungen“ gewesen, Buch- Als Edward Liddy, der aktuelle AIG- Liddy: Es hängt von der Weltwirtschaft
verluste in der Bilanz tatsächlich zu reali- Chef, vor dem Ausschuss erscheint, der ab. Noch einmal, ich kann Ihnen versi-
sieren. vierte AIG-CEO binnen vier Jahren, kos- chern, dass wir alles tun, was wir können,
Im April 2009 erscheint Maurice Ray- tet AIG bereits 182 Milliarden Dollar Steu- aber ich kann nicht kontrollieren, was in
mond Greenberg leibhaftig vor dem Aus- ergeld und ist noch immer nicht gerettet. der Weltwirtschaft geschieht.
schuss, über dem Herzen hat „Sie nehmen unser Geld,
er seine Initialen ins Hemd ge- Wachmann vor AIG-Zentrale Mr. Liddy, aber Sie sagen uns
stickt: M. R. G. Der fast 84- nicht, wie Ihr Rettungsplan
Jährige, der noch vor kurzem aussieht?“
wie 70 aussah und fit war wie Liddy: Es würde unseren
60, wirkt gealtert. Er hat seit Wettbewerbern große Vorteile
Beginn der Krise 2 Milliarden verschaffen, wenn die Details
und 700 Millionen Dollar ver- dieses Planes bekanntwürden.
loren, weil er sich jahrzehnte- „Sie nehmen die Milliarden
lang vor allem mit AIG-Aktien an und vertrauen uns nicht?“
hat bezahlen lassen, nun sind „Und wie viel ist AIG heu-
die Anteile nicht mehr viel te eigentlich wert?“
wert, sie liegen manchmal un- Liddy: 5 Milliarden Dollar.
ter einem Dollar, der einstige Das sagt er in dieser An-
„Blue Chip“ ist zum „Penny hörung. Inzwischen ist AIG an
Stock“ verkommen. der Börse nur noch 1,3 Mil-
Raum 2154, Rayborn House, liarden wert, die AIG-Aktien
Saal der Anhörung, Green- in Staatsbesitz haben einen
berg wird zu einem schweren Wert von 5,3 Milliarden Dollar.
Holztisch geführt, hinter sich Die Abgeordnete Speier
sechs Reihen für die Besu- sagt: „5 Milliarden? Wissen Sie,
cher, vor sich zwei Rei- wie viel Geld Sie bekommen
hen Abgeordnete. „Heute haben? 182 Milliarden. Und der
werden wir die Aussage jenes ganze Konzern ist 5 Milliarden
Mannes hören, der mehr über Dollar wert? Gibt es eine rea-
AIG weiß als irgendjemand listische Chance, dass Ameri-
sonst auf der Welt“, sagt kas Steuerzahler ihr Geld
der Ausschussvorsitzende Ed zurückbekommen werden?“
Towns, ein Demokrat, „wir Ja, sagt Liddy, aber er ist
müssen verstehen, was falsch leise geworden und immer lei-
gelaufen ist, um herauszufin- ser. Er hat keine Chance. Er
JAMES LEYNSE /CORBIS

den, wie wir ähnliche De- ist der Böse, er ist die Wall
saster in der Zukunft verhin- Street. Die Guten sitzen ihm
dern können.“ gegenüber. Sie haben immer
Greenberg wirkt klein, er recht, und sie haben Rache ge-
sinkt in seinen Stuhl hinein, nommen, live im Fernsehen,
sein Mikrofon überragt ihn. Er möchte die Politiker fragen: Die Staatshilfen, sind auch wenn sie den Falschen
Er sitzt vor den Abgeordne- gekreuzigt haben. Liddy kann
ten und der amerikanischen ja nichts dafür, er ist nur der
Flagge und den Ölgemälden
sie legal, wenn ja, sind sie eigentlich richtig? Feuerwehrmann, erst seit Sep-
aus zwei Jahrhunderten ame- tember 2008 verantwortlich,
rikanischer Demokratie, er räuspert sich Liddy glaubt, dass der amerikanische Staat er müht sich, und er nimmt als Jahresge-
und wird dann wütend und immer wü- möglicherweise „ewig“ Haupteigentümer halt nur einen symbolischen Dollar. Aber
tender. Hank Greenberg sagt, dass er „kei- von AIG bleiben müsse, Liddy kennt die er hat keine Lust mehr, dem Konzern AIG
ne Verantwortung“ für die Katastrophe Zahlen. und seinem Land zu dienen.
übernehme, er sagt, dass mit ihm an der Vielleicht reicht das viele Steuergeld Ein paar Tage nach der Anhörung kün-
Spitze alles nicht so schlimm gekommen noch immer nicht, vielleicht werden die digt er seinen Rücktritt an, er werde noch
wäre. Europa-Geschäfte noch viel teurer, „soll- bleiben, bis ein Nachfolger gefunden sei,
„Ich weiß nicht genau, was mit dem Ri- ten sich die Kreditmärkte weiter ver- aber er wolle nicht mehr arbeiten an der
siko-Management geschehen ist, nachdem schlechtern, könnte AIG gezwungen sein, AIG-Spitze, aber was heißt schon Spitze.
ich die Firma verlassen habe, ich weiß Verluste aus Wertberichtigungen auf das Darunter ist kein Berg mehr. Nur die
nicht, warum sie ihr Portfolio nicht erwei- Kreditderivate-Portfolio zu realisieren“, Trümmer einer versunkenen Welt.
tert und verlagert haben“, sagt er, „AIG ist so klingt das, wenn AIG über sich selbst Beat Balzli, Klaus Brinkbäumer,
nicht zu groß, um gemanagt zu werden, es Auskunft gibt. AIG möchte künftig teil- Ullrich Fichtner, Hauke Goos,
Thomas Hüetlin, Christoph Pauly
ist nur zu groß, um schlecht gemanagt zu weise AIU heißen und bleibt wohl doch
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