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Gedanken über unsere Welt

von Franz Kappa

Heute ist nicht mehr das Woher-wir-kommen von Bedeutung, sondern eher das Wie-konnten-
wir-zu-dem-werden-was-wir-sind?

Eine schwer zu verstehende Kritik an einer Spezies, die zum Mond fliegt, Paläste gebaut hat
und Bilder per Knopfdruck in einem Augenblick über die gesamte Welt verschicken kann.
Nehmen wir dies als Faktum hin: Wir leben in einer technisierten Welt, die wir unserem
Verstand zu verdanken haben. Wir haben Technologien erschaffen, denen Respekt gebührt.
Wir haben Kunst und Kultur - auch wenn sie nur außerhalb der Mainstreammedien in
wahrer Tiefe zu finden sind.

Doch wie sieht es in anderen Disziplinen aus? Nehmen wir den scheinbar einfachsten
Teilbereich heraus: Das Zusammenleben, das Miteinanderauskommen. Als Fachbegriff: Das
Soziale.

Jetzt darf man sich in Deutschland schon gar nicht beschweren. Wer als Deutscher über unser
weltweit unvergleichliches Sozialsystem nörgelt, wird erhält die Einladung zur Auswanderung
postwenden. Als Nicht-Deutscher im deutschen System darf ich mir jedoch durchaus
herausnehmen einmal eine neutrale Beobachtung anzustellen und über die sozialen
Verhältnisse dieser Nation zu sprechen.

Was ist in Deutschland denn gut - wohlgemerkt auf das Soziale bezogen? Eine freie
Aufzählung könnte so lauten: Das Sozialsystem, das uns vor Armut schützt; genügend
Nahrung für alle; freie Meinungsäußerung (auch dies nehmen wir mal als soziales Thema, da
es sich bei Meinungsäußerung ja um Informationsaustausch zwischen sozialen Individuen
handelt).

Vielleicht kann man diese Reihe noch um einige weitere Ideen ergänzen, doch wir benötigen
keine vollständige Reihe für den nächsten Gedanken.

Die obigen positiven Elemente sind bei relativer Betrachtung im Vergleich mit anderen
Nationen tatsächlich faktisch als herausragend zu sehen. Kaum eine andere Nation reicht uns
in der Gesamtheit dieser Punkte das Wasser. Nur war die Frage in keinem Falle auf eine
relative Betrachtungsweise bezogen, sondern muss absolut und objektiv sein. Deutschland
mag ein sozial fortschrittliches Land - ja das fortschrittlichste weltweit - sein. Nur beantwortet
dies nicht die Frage nach der tatsächlichen absoluten Güte der Sozialpolitik.

Denken wir uns einmal alle Länder dieser Erde außer Deutschland weg. Nur noch
Deutschland. Nein, liebe Neonazis, das ist kein Stichwort zum Marschieren. Und nein, liebe
Linken, dies ist kein Hinweis, dass hier ein versteckter Nationalist schreibt.

Dieses alleingestellte Land möge das deutsche System in sich tragen. Wie würden wir es nun
sehen? Wir nehmen den Punkt "Sozialsystem, das uns vor Armut schützt" und stochern
einmal etwas tiefer. Was sehen wir?
Das Sozialsystem scheint darauf aufzubauen, dass man Gerechtigkeit erreichen möchte. Das
System möchte erreichen, dass sich Leistung auszahlt. Wer zur Produktivität der Gesellschaft
beiträgt, erhält einen Teil davon in Form von Geld ausbezahlt, ein weiterer Teil fließt in einen
Sozialpott. Dieser Sozialpott enthält z.B. sämtliche Beiträge zur Rentenvorsorge, zur
Absicherung bei Arbeitslosigkeit, bis hin zur Krankenversicherung.

Das klingt doch vernünftig und positiv. Falls jemand in Not gerät - z.B. arbeitslos wird, alt wird
und nicht mehr arbeiten kann oder einfach nur Medikamente benötigt -, wird in diesen Pott
gegriffen und das nötige Geld wird herausgeholt. Was um alles in der Welt kann man daran
kritisieren?

Das deutsche Sozialsystem, wurde vor einiger Zeit in diese Welt gebracht. Und für die
damalige Zeit mag diese politisch historische Entscheidung sehr klug gewesen sein. Wenn
man sich das Versprechen von Wohlstand in der Nachkriegszeit anhört und dann über
Jahrzehnte hinweg tatsächlich Reichtum für die breite Masse erreichen konnte, war auch
lange nichts zu kritisieren. Nachdem der Motor unseres Wirtschaftssystems jedoch immer
wieder mal ins Stocken geraten ist, fiel dem ein oder anderen kritischen Beobachter durchaus
der ein oder andere Makel auf.

Im einfachsten Fall kann man den Bereich der Arbeitslosigkeit nehmen. Wenn ein vernünftig
denkender Mensch langsam begreift, dass Arbeitslosigkeit wohl zu einem festen Bestandteil
eines Gesellschaftssystems werden wird, sollte man von diesem Vernunftmenschen doch die
Überlegung erwarten, wie diesem Problem politisch zu begegnen wäre.

Das passierte in Deutschland auf sehr unvernünftige Weise: Man rechnete etwas herum und
drehte an den kleinen Schrauben, wie der Höhe der Leistung im Arbeitslosigkeitsfall oder der
Länge der Bezahlung des Lohnersatzgeldes bis man endgültig in Sozialhilfe, neudeutsch Hartz
IV, abzusinken droht.

Kaum jemand hat jedoch scheinbar versucht zu hinterfragen, ob in einem System mit
notorischer Arbeitslosigkeit nicht der gesamte Grundstock in Frage zu stellen sei. Damit hätte
man aber wohl eine heilige Kuh angefasst und lieber verpasst man der Kuh ein paar
Pinselstriche, damit sie wieder in das politische Bild passt. Die Erkenntnis, dass die Farbe nach
einigen Jahren trotzdem wieder abgehen würde, kann man von Dichtern und Denkern ja
nicht erwarten.

Diese Welt hat sich also seit der Einführung unseres Sozialsystems gravierend verändert -
nicht nur im Bereich der Arbeitspolitik, sondern auch z.B. im Bereich der Rente: Die
Menschen werden Dank der Medizin immer älter und die Menschen sind so fleißig am
Arbeiten, dass sie gar keine Zeit mehr zum Aufziehen ihrer Kinder haben. Diese Diskussion
ist ebenso alt und gebrechlich wie der immer älter werdende Teil unserer Bevölkerung, der
dieses System noch funktionierend erlebt hat.

Wenn ein System aber darauf basiert, dass junge Menschen den älteren Mitmenschen einen
Teil ihres Erarbeiteten Lohns abgeben, und diese jungen Menschen immer weniger werden
und die älteren Menschen immer mehr, sollte das auch der letzte Esel im Parlament kapieren,
dass wir ein Problem haben. (Von den dadurch aufkommenden sozialen
Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Bevölkerungsgruppen erst einmal zu schweigen.)

Diese Veränderungen unserer Welt sind ebenso einfach zu verstehen wie das vorhin so schön
in aller Kürze dargestellte Sozialsystem. Wer nun einmal versucht darüber nachzudenken,
kann sehr schnell zum Schluss kommen, dass dieses Sozialsystem trotz aller vorhandener
Medikamente seine beste Zeit bereits gesehen hat.

Kommen wir wieder zum isoliert betrachteten Deutschland: Wie würden Sie nun dieses Bild
des deutschen Sozialsystems betrachten, wenn Sie es nicht mit anderen Ländern vergleichen,
sondern einfach nur für sich allein stehend bewerten müssten? Darf man dann nicht sagen,
dass etwas geändert werden sollte? Müsste man das deutsche Sozialsystem nicht in Frage
stellen?

Will nicht ein Weltmeister im Hochsprung beim nächsten Wettkampf wieder auf Platz eins
stehen?

Mit dieser verkürzten Darstellung lässt sich sicherlich kein Alternativsystem planen und
erstellen. Jedoch wäre es kein Problem, in der Politik einmal eine ernsthafte Reformdiskussion
in Gang zu setzen, die die Gesamtheit der Probleme betrachten würde. Jedoch passiert dies
nicht. Wieso?

Für die deutsche Nation ging die Geschichte nach dem zweiten Weltkrieg im Jahr 1945 mit
einem Neustart los. Die Aufarbeitung der deutschen Verbrechen dauert bis heute an. Man
lebte seit 1945 in einem System, dass sich nicht entwickelt hat, sondern das als bessere und
humanere Lösung installiert wurde. Dem ist auch grundsätzlich aus damaliger Sicht nichts
entgegenzusetzen.

Nur wird diese Vorgehensweise gefährlich, wenn das System - inzwischen spreche ich nicht
mehr nur vom Sozialsystem, sondern von einem übergeordneten Gesellschaftssystem - sich
mit der Zeit als indiskutabel präsentiert. Sprich: Es ist so, weil es schon immer so war und
immer gutgegangen ist. (Immer bedeutet hier, seit nicht einmal 100 Jahren.)

Stellen Sie heute als Politiker die Systemfrage, können Sie sofort mit der Suche nach einem
Ghostwriter für Ihre Biografie suchen. Sie werden ab sofort Zeit dafür haben.

Die Reformen, die momentan überall quer durch alle Parteien gefordert, umgesetzt und
wieder in Frage gestellt werden, sind nichts anderes als Krücken für ein ächzendes System.
Eine Rentenerhöhung z.B. klingt vielversprechend. Löst jedoch nicht das Grundproblem der
Nicht-mehr-Finanzierbarkeit unseres Rentensystems, sondern schiebt den Systemkollaps
verantwortungslos in die Zukunft.

Ein Herumschrauben am Spitzensteuersatz kann uns nicht weiterbringen, solange die


dadurch für den Staat freiwerdenden Gelder nicht in die richtige Richtung verteilt werden.
Eine florierende Industrie einer Branche x bringt uns langfristig gar nichts, solange wirklich
wichtige Gelder für die Bildung - etwa in Form von überfälligen Universitätsrenovierungen -
einfach nicht vorhanden sind. Dieselbe Industrie wird sich nämlich irgendwann über das
Fehlen von Spitzenkräften beschweren.

Eine provokative Lösung wäre: Dann steckt doch einen Teil der Unternehmensgewinne in die
Bildung. Aber auch das wird uns langfristig nicht weiterbringen, weil das System von sich aus
funktionieren sollte und nicht mit Krücken, Gesetzen und Einschränkungen notbeatmet
werden sollte.

Die Politik scheint über einen stillschweigenden Konsens zu verfügen, der die Schwelle der
Zulässigkeit von Systemkritik festlegt. Wer zu weit geht, wird als extrem eingestuft. Und das
macht es umso gefährlicher. Denn die wahren Extremisten am rechten und linken Rand
werden damit ganz automatisch zum Auffangbecken dieser vorher noch ganz rational
argumentierenden politisch Aktiven.

Es ist eine heuchlerische Art und Weise, wie das gesamte in der Regierungs- und
Oppositionsverantwortung sitzende Parteienspektrum sich aktuell aus der Verantwortung zur
konstruktiven Diskussion stiehlt.

Es darf kein Tabu mehr geben bezüglich der Diskussion über politische Fragen. Wir müssen
unsere Meinungsfreiheit lernen ganzheitlich zu leben. Es sind nicht mehr nur einige wenige
große Redner zu befähigen unser Land zu lenken, sondern es ist auch die Meinung und die
Ansicht des einfachen Volkes zu respektieren und in gesellschaftlich verantwortliche Politik zu
übersetzen.

Nicht jeder kann sich im Anzug vor 500 Menschen stellen und eine bewegende Rede halten.
Doch Demokratie sieht nicht nur die Entscheidungsbefugnis für anzugtragende Rhetoriker vor,
sondern für das gesamte Volk. Ohne Wenn und Aber!

Zurück zum Ausgangspunkt bedeuten diese Gedanken: Wir sind scheinbar trotz
Mondlandung und Computervernetzung nicht in der Lage, unser gesellschaftliches
Zusammenleben für alle gleichberechtigt zu gestalten. Statt dessen haben sich einige wenige,
aber einflussreiche Menschen ein schönes Systemnest gebaut. Da wird durchaus Kritik bis zu
einem gewissen Punkt ernst genommen und das System leicht angepasst.

Jedoch ist bei grundlegender Infragestellung der Spaß vorbei.

Das ist nicht der Weg einer intelligenten Spezies.

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