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Bloggen - was ist das?

von

Christian Sickendieck

Ich bin vielleicht ein Trottel. Vor gut einer Woche habe ich zu
morgen Vormittag der Hinz&Kunzt-Redaktion einen Artikel
versprochen. Thema: Was bedeutet Bloggen? Ich weiß
ehrlich gesagt nicht, was ich schreiben soll. Ich kann mir
gerade sehr gut vorstellen, wie sich ein Volontär fühlen muss, der das erste Mal vom
Chefredakteur den Auftrag bekommen hat, einen Artikel zu einer bestimmten Thematik
zu verfassen. Er sitzt vor einem leeren Blatt Papier, die Gedanken kreisen um so viele
Dinge, nicht aber um das Thema, um das es eigentlich gehen soll. Die Wikipedia
bezeichnet ein Blog als Wortkreuzung aus dem englischen World Wide Web und Log für
Logbuch. Es ist ein auf einer Website geführtes und damit – meist öffentlich – einsehbares
Tagebuch oder Journal. Ein Online-Tagebuch, ein Journal – kann man Bloggen wirklich in
ein so enges Korsett stecken?

Bloggen bedeutet Subjektivität.

Während der Journalismus den Menschen vorgaukelt, objektiv zu sein, sind Blogs von
nahezu gnadenloser Subjektivität gekennzeichnet. Blogger stehen dazu, sie tun ihre
Meinung kund und verhehlen nicht, für eine Sache zu stehen und gegen Dinge zu
polarisieren. Allein das macht Blogs so sympathisch, sie spielen den Menschen nichts vor,
was sie nicht sind. Blogger sind meinungsbildend und streitbar und dadurch leicht
angreifbar. Blogger sind menschlich.

Bloggen bedeutet, zu diskutieren.

Blogartikel sind oftmals nur der Aufgalopp für spannende Diskussionen. Die Leser eines
Blogs können an den Artikeln der Autoren teilhaben und partizipieren. Häufig findet man
in den Kommentaren weitaus spannendere und weitergehende Informationen als um
Ursprungsartikel. Die Diskussionen um einen Artikel setzen sich auch auf anderen Blogs
fort. Weitere Blogger nehmen das Thema auf, schreiben ihre Sicht der Dinge und so wird
ein Thema innerhalb kürzester Zeit um den Erdball getragen. Blogs sind globale, endlose
Diskussionsstränge.

Bloggen bedeutet, politisch zu sein.

Blogger erreichen in vielen Ländern der Welt die Politik. Der Journalismus wird in Ländern
wie China oder den Iran, zensiert – auch die westlichen Journalisten. Viele Informationen,
die uns aus dem Land der Mitte oder dem Nahen Osten erreicht haben, nahmen ihren
Ursprung auf Blogs. In Deutschland haben Blogs über Monate eine politische Diskussion
entfacht, ob Internetsperren in Deutschland eingeführt werden sollen oder nicht. Über
134.000 Menschen haben eine Petition unterschrieben, die sich gegen diese Sperren
wendet. Diese Diskussion wurde bis in den Bundestag hinein getragen. Blogs beeinflussen
die Politik.

Bloggen bedeutet, private Dinge öffentlich zu machen.


Ein privates Foto findet auf Blogs ebenso seinen Weg wie der Bericht zum vorherigen
Abend mit den Freunden und der Familie. Oftmals als Katzencontent hämisch verlacht,
wären Blogs ohne das Menschliche, das Persönliche, das Private hinter dem Autor nicht
dasselbe. Blogger geben den Leser Einblick in ihr Gefühlsleben, sie lassen ihre Leser an
ihrem Leben teilhaben. Bloggen heißt, öffentlich Mensch zu sein.

Bloggen bedeutet, anderen Menschen zu helfen.

Auf Blogs gibt es zu jedem Problem eine Lösung. Das kann ein technisches Problem mit
dem Auto sein, das kann ein Problem mit der neuesten Microsoft-Software sein oder das
kann das fehlende Rezept zu Großmutters Geburtstag sein. Auf Blogs findet man alles –
es fängt beim Schmuddelkram an und hört bei hochwertigen technischen
Problemlösungen auf. Blogs sind neben der Wikipedia die vielleicht größte Wissensquelle
unseres Planeten.

Bloggen bedeutet, Spaß zu haben.

Auf Blogs tummeln sich Karikaturisten, Witze-Erzähler, praktisch jede Form von Humoristen.
Blogger lachen gemeinsam mit den Lesern: Über die Welt, mit der Welt, gegen die Welt.
Jeder Tag auf einem Blog, ist ein gewonnener Tag. Blogger haben Spaß an der Sache,
am Bloggen, am Leben. Charlie Chaplin und Buster Keaton wären sicherlich großartige
Blogger gewesen. Blogs helfen dabei, in jeder Lebenslage abzuschalten.

Bloggen bedeutet, den Berufsalltag anderer Menschen kennenzulernen.

Rechtsanwälte bloggen, Journalisten bloggen – es gibt kaum einen Beruf, der unter
Bloggern nicht anzutreffen ist. Die Leser können so weit über den eigenen Tellerrand
hinausschauen, Kollegen können in die Diskussionen eingreifen und so entstehen
wertvolle öffentliche Gespräche mit unglaublich viel Fachwissen. Als Leser hat man die so
die wunderbare Möglichkeit, einmal den Menschen unter der Robe oder hinter dem
Schreibblock kennenzulernen. So werden viele Vorurteile abgebaut. Blogs verbinden.

Bloggen bedeutet grenzenlose Freiheit.

Auf der ganzen Welt bloggen Menschen um ihr natürliches Recht der freien
Meinungsäußerung auszuüben. In vielen Ländern wie dem Iran, China oder auch
Ägypten werden sie dafür verfolgt und ins Gefängnis geschmissen. Sie riskieren für diese
grenzenlose Freiheit ihr Leben. Am Morgen ist man in eine Diskussion in den USA vertieft,
am Mittag in Japan und am Abend verfasst man über das Erlebte einen eigenen Artikel.
Blogger sind unabhängig, subjektiv, politisch, humorvoll und frei. Frei von fast allen
Zwängen. Blogger leben in Freiheit. Freiheit bedeutet Bloggen.

Nun sind mir für Hinz&Kunzt doch noch ein paar Zeilen eingefallen. Doch spiegeln diese
die Realität wirklich wieder? Nein. Wenn man 100 Blogger fragen würde, was Bloggen
eigentlich bedeuten würde, bekäme man 100 verschiedene Antworten.

Bloggen kann man nicht beschreiben.


Bloggen kann man nicht in Worte fassen.
Bloggen muss man selbst, um es zu verstehen.

Verfasst für das Hinz&Kunzt-Straßenmagazin, Juli 2009

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