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Berner Zeitung; 15.

April 2000, Seite 40


Ressort: KULTURWERKSTATT

Auschwitz-Leugner. Die teuflische Attacke der Ungläubigen


Shraga Elam fordert nach dem David-Irving-Prozess eine nüchternere Sicht des
Holocausts
Der britische Historiker David Irving provoziert seit Jahren die Medien mit zwei heimtückischen Behauptungen:
Hitler gab nie den Befehl, die Juden zu vernichten. Und in Auschwitz wurden die Juden nicht vergast, sondern sie
starben an den Folgen der fürchterlichen Bedingungen. Entsprechend soll die Zahl der dort ermordeten Juden
«lediglich» 100 000 anstatt 1,5 Millionen betragen. Im Werk der Historikerin Deborah Lipstadt über die
Auschwitz-Leugner wird Irving deshalb 1993 als «gefährlichster Fürsprecher der Holocaust-Lüge» bezeichnet.
Seine Bedrohlichkeit liegt vor allem darin, dass dieser früher angesehene Historiker wie kaum ein anderer in
diesem Bereich geforscht hat.
Publicity für Leugner
Der mediengeile Irving verpasste die Chance nicht, gegen die Autorin und ihren Verlag Pinguin in
Grossbritannien eine Ehrverletzungsklage einzureichen. Er verlor am Dienstag den Prozess. Das Gericht
formulierte in seinem konsequenten Urteil, Irving sei «ein Rassist, Antisemit und Holocaust-Leugner mit
Verbindungen zur rechtsextremen Szene». Durch die massive Medienberichterstattung gelang es Irving aber wie
nie zuvor, ein weltweites Publikum zu erreichen. Seine Publizität wird ihn jedoch kaum wieder salonfähig
machen, und sein wissenschaftlicher Ruf dürfte ruiniert sein.
Auch in der Schweiz erhielt die Sache der Rechtsextremen diese Woche grosse Aufmerksamkeit, als in Lausanne
der Altfaschist und Holocaust-Leugner Gaston-Armand Armaudruz zu 12 Monaten Gefängnis unbedingt verurteilt
wurde. In beiden Fällen geht es auch Unsicherheiten in der herrschenden Geschichtsschreibung über die Shoa, die
Vernichtung der Juden. Gerade die unnötige Tabuisierung des Themas kann, unbeabsichtigt, schlimmsten
Rassisten neuen Zulauf verschaffen.
Es gibt kaum ein menschliches Verbrechen, dem so viel Aufmerksamkeit zuteil wurde wie der Shoa. Diese
Tatsache ist aber eine Folge heutiger politischer Entwicklungen und nicht nüchterner historischer Analysen.
Schnell und ängstlich wird diese Erkenntnis aber meist ausgeklammert. Das Publikum wird mit Shoa-
Berichterstattung und -Zeremonien, die oft wenig neue Erkenntnisse erbringen, geradezu überschwemmt. Das
dadurch entstehende Überdrussgefühl darf aber keinesfalls zum Ausdruck gebracht werden. Dies musste auch der
deutsche Schriftsteller Martin Walser erfahren, als er in seiner umstrittenen Rede zum Friedenspreis des
Deutschen Buchhandels diesen «Overkill» thematisierte.
Religion und Satanskult
Die dominante Shoa-Verarbeitungsweise wird in kritischen jüdischen und nicht-jüdischen Kreisen als «Holocaust-
Religion» bezeichnet. Der Protest dagegen in Form der «Auschwitz-Leugnung» wäre demnach eine Art
Satanskult. Eine säkulare, sachlichere Haltung zum Holocaust, die diesen nicht im geringsten verharmlost, wird
verlegen oder mit Schuldgefühlen konsumiert. Oder oft mit den Leugnern in den gleichen Topf geworfen.
Die «Holocaust-Religion» hat jüdisch-christliche Wurzeln. Sie weist zwar keinen klaren Gottesbegriff auf, hat
ansonsten aber sehr viele Merkmale einer institutionalisierten Kirche: das Dogma, die Rituale, die Heiligtümer
und die Priester. Diese Entwicklung konstatierte der renommierte jüdische Historiker Arno Meyer schon in den
80er-Jahren: «Die Erinnerungen der Überlebenden sind mittlerweile zu Versatzstücken einer Liturgie für einen
sich entwickelnden Kult des Gedenkens gemacht worden, der seine eigenen Zeremonien, Feiertage, Schreine,
Monumente und Wallfahrtsorte hat. Der löbliche Zweck dieser Gedenkrituale besteht darin, sicherzustellen, dass
weder die Juden noch die Nichtjuden das jüngste Kapitel der jüdischen Leidensgeschichte vergessen.»
Schon das Wort «Holocaust» deutet auf eine religiöse Richtung hin, denn es bedeutet so viel wie «Brandopfer».
Soll die Judenvernichtung im Zweiten Weltkrieg - Meyer schlägt dafür den Ausdruck «Judeozid» vor - demnach
als Teil eines abstrusen Opferrituals begriffen werden, in dem die SS-Schergen als Priester dienten?
Die Religionsstifter
Der jüdische Intellektuelle Marc Ellis sieht die Geburtsstunde dieser Religion - die er als Theologie bezeichnet -
im Jahre 1961, anlässlich des Prozesses gegen Adolf Eichmann in Jerusalem. Als «Religionsstifter» gilt für ihn
der Autor Elie Wiesel, zusammen mit einigen anderen jüdischen Intellektuellen. Als deren Nachfolger könnte
man die Filmer Claude Lanzmann und Steven Spielberg sowie den Historiker Daniel Goldhagen betrachten.
Mit dem Eichmann-Prozess setzt aber auch eine atheistische, kritische Interpretation des Judeozids ein. Die
Philosophin Hanna Arendt leistete mit ihrer präzisen und unempörten Reportage über den Prozess wichtige
Vorarbeit, ihr Text wurde aber in Israel kritisiert.
Ellis sieht das zentrale Moment der Holocaust-Theologie in den untrennbaren messianischen Zwillingen «Leiden
und Erlösung». Das Leiden ist die Judenvernichtung, die Erlösung der Staat Israel. Für Ellis hat die Verbindung
zwischen der Holocaust-Theologie und dem Zionismus den Zweck, eine Legitimierung für den Staat Israel zu
liefern. Kritische jüdische Stimmen, wie etwa jene des Politologen Norman Finkelstein, weisen auf die finanzielle
Ausbeutung der «Holocaust-Religion» durch ein paar jüdische Personen und Organisationen hin und sprechen gar
von einer «Holocaust-Industrie». Ein böser jüdischer Spruch meint: «There's no business like Shoa-business.»
Bündnis Israel-USA
Aus moralischen Gründen kam es zwar zu den Kriegsverbrecher-Prozessen von Nürnberg. Die Ethik aber hatte
dort ihre Grenzen, wo sie mit den Interessen der Siegermächte kollidierte. Und so fanden denn auch viele
Naziverbrecher bald warmen Unterschlupf bei ihren ehemaligen Feinden - diesseits und jenseits des entstehenden
Eisernen Vorhangs. Nach dem Krieg standen nicht die Privatansprüche jüdischer Naziopfer und deren Erben im
Vordergrund. Es waren dringend Gelder zur Schaffung einer neuen Existenz für die zahlreichen heimatlos
gewordenen Überlebenden notwendig. Erste Priorität erhielt dabei jedoch die Errichtung des israelischen Staates
und nicht etwa die dringenden Bedürfnisse der Shoa-Opfer.
Nachdem der israelische Militärsieg im Sechstagekrieg von 1967 den Staat als Supermacht im Nahen Osten
auswies, wurde das Land zu einem interessanten Partner für die USA, und damit stieg der Einfluss der jüdischen
US-Lobby. So fanden auch die kurz davor entstandene «Holocaust-Religion» und die «Holocaust-Industrie» den
notwendigen Auftrieb.
Gebot des Erinnerns
Die heutige jüdische Restitutionskampagne, die 1995 in der Schweiz ihren Anfang nahm, konnte sich aber nicht
nur auf geübte organisatorische Strukturen stützen, sondern auch von der «Holocaust-Religion» profitieren, die
gerade mit den Festivitäten zum 50. Jahrestag des Kriegsendes einen neuen Höhepunkt fand. Im Verlauf der Jahre
kristallisierten sich Gebote für diese Religion heraus. «Du sollst nie vergessen, was Dir Amalek angetan hat!» ist
einer der wichtigsten jüdischen Grundsätze, welcher über die jahrhundertelangen Judenverfolgungen entstanden
ist. Die Leidensgeschichten werden gesammelt und gepflegt. Der Stamm Amalek ist seit biblischen Zeiten der
allgemeine Code-Name für alle Judenhasser.
Im Rahmen dieses Kults der Erinnerung entstand eine umfangreiche Literatur von Shoa-Überlebenden, welche
nicht selten als psychotherapeutisches Hilfsmittel für deren Autoren dienen kann. Die Literaturkritiker verharren
sogar angesichts von Erfahrungsberichten, die in den Kitsch abgleiten, in einer Achtungsstellung und vergessen
darüber ihre fachlichen Massstäbe.
Durch das Gebot des Erinnerns versuchen nichtreligiöse Juden, sich eine jüdische Identität anzueignen, welche für
sie sonst praktisch keine Inhalte mehr hat. Nicht alle aber können oder wollen sich permanent durch vergangenes
Elend definieren. Bei den Nichtjuden soll die Rezyklierung der KZ-Erlebnisse Schuldgefühle und Mitleid
hervorrufen. Nur: manchmal wäre weniger mehr. Der Sättigungspunkt ist schon längst erreicht und wird nur durch
eine heuchlerische Haltung überdeckt.
«Damit es nie wieder zu einem solchen Genozid kommt, muss diese Geschichte immer wieder aufgerollt werden»,
lautet eine Begründung für die Aufrechterhaltung dieses Rituals. Als ob dieser «Katechismus» die Wiederholung
solch schrecklicher Ereignisse wirklich verhindern könnte. «Giess Deinen Zorn über die Völker, die Dich nicht
anerkennen, und über jene Länder, die Deinen Namen nicht anrufen!» lautet ein Spruch in einem Gebetbuch für
das anstehende Passah-Fest.
Den Hass aufrechterhalten
In Israel steht die «Holocaust-Religion» seit Ende der 70er-Jahre auch in einem unguten Zusammenhang mit dem
Hass gegen die Nichtjuden, im Speziellen gegen die arabischen Feinde. Angesichts der Gewalttaten zur
Unterdrückung des palästinensischen Aufstandes, der Intifada, rief der israelische Philosoph und Auschwitz-
Überlebende, Yehuda Elkana, dazu auf, das «ewige Gedächtnis» und die damit verbundene Hasserzeugung zu
stoppen. Er schrieb 1988 in der Tageszeitung «Ha'aretz»: «Ich möchte normativ feststellen, dass alle
Lebensphilosophien, die alleine oder hauptsächlich durch den Holocaust ernährt werden, zu katastrophalen Folgen
führen. Geschichte und kollektives Gedächtnis sind zwar untrennbarer Bestandteil einer jeden Kultur, aber der
Vergangenheit darf es nicht erlaubt sein, vorherrschendes Element für die Bestimmung der Zukunft einer
Gesellschaft und des Schicksals des Volkes zu sein. 'Nie vergessen!' kann leicht als Aufruf zur Aufrechterhaltung
ewigen und blinden Hasses verstanden werden.»
Hass provoziert Hass
Mit Zorn sollen auch auch die Auschwitz-Leugner übergossen werden. Nur: diese durchgeknallten Menschen
gewinnen paradoxerweise durch Überreaktionen mehr Resonanz, als sie wohl sonst bekommen hätten. Schon
dadurch werden sie zur Anlaufstelle für Unzufriedene, die glauben, eine Möglichkeit gefunden zu haben, gegen
ihre Benachteiligung zu protestieren. Die heftigen Reaktionen scheinen den Leugnern zu bestätigen, dass sie eine
empfindliche Stelle der Gesellschaft getroffen haben. Aus ähnlichen Überlegungen breitet sich auch im arabischen
Raum eine Auschwitz-Leugnung aus, der sich nur ganz wenige Intellektuelle öffentlich zu widersetzen vermögen.
·
Der Autor: Shraga Elam ist israelischer freier Journalist in Zürich. Seine Spezialgebiete sind der Nahe Osten und
der Zweite Weltkrieg.

Berner Zeitung; 2000-04-15; Seite 40


KULTURWERKSTATT
Historiker-Debatte.
Die sonderbare Suche nach dem Alleinverantwortlichen
Man dürfe die Judenvernichtung mit keinem anderen Völkermord vergleichen. Mit diesem Gebot kommt ein
Wunsch zum Ausdruck, den Holocaust aus der sachlichen geschichtswissenschaftlichen Betrachtung
herauszuhalten und in einer mythischen Sphäre zu platzieren. Bestimmt ist jedes Ereignis einmalig. In der
Geschichte sind aber Analogien, Wurzeln, Fortsetzungen und manchmal sogar Wiederholungen zu finden, welche
natürlich nicht identisch sind mit dem ursprünglichen Geschehnis. Insofern ist das Vergleichen eine legitime und
notwendige historische Methode.
Hitler ist nicht Alleintäter
Zu den wichtigsten Dogmen der «Holocaust-Religion» gehört zweifelsohne die Bewertung der Rolle Adolf Hitlers
für die Judenvernichtung. Hitler wird ernsthaft auch von angesehenen Berufshistorikern als allmächtiger Dämon
dargestellt, der die gehorsamen Deutschen ganz allein verführte und ihren ausgeprägten Judenhass zu nutzen
wusste, um sein Ziel zu erreichen: die Juden auszurotten. Diese Hitler-fixierte Interpretation der Judenvernichtung
ist so verbreitet, dass der Glaube weit verbreitet ist, dass es gar nicht zum Judeozid gekommen wäre , wenn Hitler
umgebracht worden wäre. Oder die Vernichtung wäre bei seiner Ermordung zum Stoppen gebracht worden.
Hitler soll in «Mein Kampf» die Judenvernichtung im voraus beschrieben. Der jüdische Soziologe Zygmunt
Bauman meint dennoch, dass Hitler nicht wegen sondern trotz seines Judenhasses an die Macht gekommen sei.
Denn in Deutschland waren die Juden vor 1933 stärker in der Gesellschaft integriert und akzeptiert als sonstwo in
Europa. Die Gründe für die Judenvernichtung müssen also, laut Bauman, auch in den technokratischen Strukturen
der modernen Gesellschaft gesucht werden.
Fehlender «Führer-Befehl»
Obwohl für Gräueltaten schriftliche Befehle Hitlers existieren, ist ausgerechnet für die Errichtung von Auschwitz
kein solcher «Führer-Befehl» zu finden. Auch der Eingeweihte in dieser «Reichs-Geheimssache», Adolf
Eichmann, konnte in seinem Verhör in Israel nicht bestätigen, dass er den schriftlichen «Führer-Befehl» zur
Judenvernichtung gesehen habe.
Anfang 1998 behauptete der deutsche Historiker Christian Gerlach, den Beweis für einen «Führer-Befehl»
entdeckt zu haben. Er fand einen Eintrag vom 18. 12. 1941 in Heinrich Himmlers Tagebuch, in dem der SS-
Reichsführer nach einem Treffen mit Hitler schrieb: «Führerhauptquartier, 18.XII.41 16h, Judenfrage / als
Partisanen auszurotten». Dieser Eintrag kann aber bestimmt nicht als Beweis dafür gelten, dass dieser Satz von
Hitler inspiriert wurde, und schon gar nicht als Befehl zur Errichtung von Auschwitz. Denn Partisanen wurden an
Ort und Stelle erschossen und nicht nach Auschwitz deportiert. Also könnte es höchstens um eine rückwirkende
Order zur Ermordung von Juden durch die Einsatzkommandos gehen, die seit Sommer 1941 in der Sowjetunion
wüteten.
Suche nach Schuldigen
Die so genannten Intentionalisten, die von einer expliziten Absicht Hitlers ausgehen, stehen vor einem Rätsel,
weil es tatsächlich - wie David Irving behauptet - keine schriftlichen Belege dafür gibt, dass Adolf Hitler die
industriellen Vernichtung der europäischen Juden befahl. Für die radikalen Auschwitz-Leugner ist diese Situation
alleine schon fast ein Beweis dafür, dass die Vergasung der Juden nie stattgefunden hätte. Denn sie wollen,
gemeinsam mit gewissen Historikern, nicht einsehen, dass ein solch wichtiger Schritt im NS-Staat auch ohne die
Einwilligung Hitlers möglich gewesen ist.
Eine andere Schule von Historikern, die Funktionalisten, die mittlerweile doch Anerkennung und Legitimation in
Fachkreisen finden, suchen die Hauptschuld für die Judenvergasung bei der deutschen Bürokratie, von welcher die
Initiative zur Judenvernichtung ausgegangen sein soll. Mit ihrem Ansatz versuchen sie, im Endeffekt auf den
autoritätsgläubigen Charakter des Beamtentums hinzuweisen, welcher zu solchen Katastrophen führen kann.
Obwohl diese Schlussfolgerung wichtig ist, können die Funktionalisten nicht überzeugend erklären, welches
genau die Motivation der deutschen Beamten war.
Himmlers wichtige Rolle
Gerade David Irving wies schon 1977 mit seinem Buch «Hitlers Krieg» auf die zentrale Rolle Heinrich Himmlers
und des Propagandaministers Joseph Goebbels beim Entscheid hin, die systematische Judenvernichtung in die
Wege zu leiten. Mehrere Dokumente, inklusive solcher im Schweizerischen Bundesarchiv, deuten darauf hin, dass
Heinrich Himmler tatsächlich die wichtigste Figur bei der Planung der industrialisierten Judenvernichtung war.
Den Judeozid benutzte er als Erpressungsinstrument, um damit einerseits Lösegelder von den Juden zu kassieren
und andererseits seinen Versuchen, mit den Alliierten über einen Sonderfrieden zu verhandeln, zusätzliche Kraft
zu verleihen.
Für Aussenstehende mutet die Historiker-Debatte eigenartig an: Sie ändert nichts an daran, dass der Holocaust
eine Katastrophe mit Verantwortlichen ist. Hingegen kann die nüchterne Analyse, etwa von Himmlers Rolle, die
«Holocaust-Religion» wirksam versachlichen. Sh. E.

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