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NTIBERLINER
Kampfblatt für linke Politik und Kultur / / N r. 7 / / J u n i / J u l i 2 0 0 6
2 Intervenieren. Interview
mit dem neugegründeten
4 Prekarisieren. Niedriger
Lohn, Urlaubssperre, Verbot
7 Integrieren. Neues
Selbstbild der Deutschen.
Netzwerk »Interventionis- von Betriebsräten und Ehrenmord, Rütli-Schule
tische Linke« Zwangsumzüge und Einbürgerungstest
Hallo Berlin, hallo Antiberliner!
D ie Stadt und wohl auch das ganze Land stehen dieser Tage immer lich vielen neuen Jobs, die ja entstanden sein sollen, verwehrt wird. Ausgegrenzt wer-
noch unter dem Bann der Fußballweltmeisterschaft, der wir ja den auch Menschen, die Beethovens Neunte immer noch nicht auf der Triangel spielen
schon unsere letzte Ausgabe gewidmet haben. So fallen Artikel und somit die deutsche Staatsbürgerschaft nicht erwerben können.Aufzeigen wollen wir
explizit dazu dieses Mal nicht ganz so groß aus, vielmehr beschäftigen wir aber auch Versuchen, die sich mal wieder aktiv gegen alles, was durch den neoliberalen
uns mit Prekarisierung, d.h. mit der Verschlechterung der Arbeits- und Siegesfeldzug oder nationalistische Stehversuche uns am schönen Leben hindern. Es
Lebensverhältnisse. Nicht nur weil Menschen Zugang zu einem der unend- wird ein heißer Sommer, so oder so. Euer Antiberliner
Konsumtempelknast
Die Verhältnisse spitzen
sich zu: Um die schö-
»Wir wollen nicht immer im
nen Waren vor Klein-
kriminellen wie Kauf- eigenen Mief hängen bleiben«
hausdieben oder
Kreditkartenbetrügern Die Interventionistische Linke zugehen. Von der Diskussion zur
zu schützen, hat das macht in letzter Zeit von sich Intervention kann man das viel-
Londoner Kaufhaus reden, z.B. bei der Mobilisie- leicht beschreiben.
»Selfridges« in rung zum »wir wollen alles«- Der Name »Interventionistische Linke«
Kooperation mit der Block auf der Demo gegen Sozi- klingt ja eher etwas sperrig und unge-
britischen Polizei alabbau am 3.6. in Berlin und wöhnlich.Woher kommt er, und was ist
Gefängniszellen in der bei den Vorbereitungen gegen damit gemeint?
Hauptfiliale in der den G8-Gipfel 2007 in Heili- Mit Intervention ist erst mal Ein-
Oxford Street eingerich- gendamm. Der Antiberliner hat greifen gemeint. Es kommt von
tet. Durch die Damen- sich umgehört und mit einer dem gemeinsamen Bedürfnis, sich
wäscheabteilung führt Vertreterin der Antifaschisti- nicht mit einer bloß kommentie-
nun der Weg direkt schen Linken Berlin (ALB) ge- renden und kritisierenden Rolle zu
sprochen, die bei der IL mit- begnügen, sondern praktisch in po-
hinter schwedische
macht. litische und soziale Auseinander-
Gardinen.
setzungen einzugreifen – eben zu
Termintip
Seit zwei Monaten tref-
fen sich Jugendantifas
wöchentlich in der
U ns ist in letzter Zeit zuneh-
mend die Interventionisti-
sche Linke (IL) aufgefallen.
Wer ist das eigentlich?
Die IL ist ein bundesweiter Diskus-
intervenieren.
Was hält euch zusammen oder anders
gefragt, was wollt ihr?
Der Ausgangspunkt ist, erstmal fest-
zustellen, dass die Linke in
Berliner Villa Felix und sions-,Aktions- bzw. Projektzusam- Deutschland ziemlich bedeutungs-
veranstalten Video- menhang von linken Gruppen und los ist. Jetzt nicht nur rein zahlen-
abende oder Disku- Einzelpersonen. Die bei der IL mit- mäßig gesehen, sondern eben von
sionen. Wer Infos zum machen, waren und sind aktiv in dem her, inwieweit eine Linke in
Programm haben will: der Antifa-, AntiRa-, Öko-, Pop-, der Lage ist Meinungen zu machen
jab@antifa.de Kultur- oder Gewerkschaftslinken, in der Öffentlichkeit, oder einem
in internationalistischen, feministi- Ausschnitt der Öffentlichkeit.Wenn
Impressum: schen, sozialrevolutionären oder man sich mal die Debatte über Mi-
· V.i.S.d.P.: E. Diepgen, antimilitaristischen Initiativen. Es gration, Abschiebung und Rassis-
Fasanenweg 30, sind Leute aus Zeitungsprojekten mus in den Medien anguckt. Alles,
»Make capitalis
10123 Berlin wie der Arranca, der Fantomas, was dort rüberkommt ist bestenfalls
History«, Protest
· Redaktionskontakt: dem AK und der So oder So, aus Betroffenheit und eher klägliche
gegen G8 geplant
antiberliner@web.de Gruppen wie Avanti aus Nord- Versuche die Ungerechtigkeiten auf
· Unterstützer: Antifa- deutschland, Radikale Linke aus denn das was sich jetzt IL nennt, hat der Welt darzustellen.Warum diese
schistische Linke Berlin Köln und Nürnberg, dem Zusam- schon 1999 als ein eher lockeres Ungerechtigkeiten existieren wird
· Namentlich gekenn- menhang Libertad und viele mehr, Diskussionstreffen nach dem EU dann ja schon ausgeblendet. Wenn
zeichnete Artikel spie- die ich jetzt hier nicht alle aufzäh- Gipfel in Köln angefangen. Das eine Linke eine gewisse Stärke hät-
geln nicht unbedingt len will. Interessant ist die Mi- Treffen hat sich eher als ein Diskus- te, wäre sie in der Lage, die Diskus-
die Position des Redak- schung von verschiedenen Politi- sionsort von Einzelpersonen ver- sion in eine andere Richtung zu
tionskollektivs wider kansätzen und -kulturen, also dass standen, die über den ganz engen drängen. Dass jeder Mensch auf der
sich Leute zusammensetzen, die Rahmen ihrer eigenen politischen Welt das Recht hat zu leben, wo er
Demos organisieren, Zeitungen Schwerpunktsetzung mit anderen oder sie will, dass jeder Mensch das
machen und auch jeweils mit ganz über die Zukunft von linker Poli- Recht auf uneingeschränkte Bewe-
anderen Leuten zu tun haben, eben tik diskutiert haben. Zu dem Tref- gungsfreiheit haben sollte, dass es
nicht so im eigenen Mief hängen. fen sind dann immer mehr dazuge- keine Lager geben sollte, dass Mi-
Wann und wie habt ihr angefangen kommen und irgendwann war das grantInnen hier leben können soll-
Da muss ich ein bisschen ausholen, Bedürfnis da, einen Schritt weiter- ten wie alle anderen auch usw. Das
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lässt sich auch auf andere Bereiche George und Angela
übertragen wie z. B. bei der sozia- Am 14. Juli wird US-
len Frage,1 Euro Jobs,Hartz IV und Präsident Bush auf Ein-
der ganze Mist. Hier fehlt in der öf- ladung von Kanzlerin
fentlichen Debatte völlig das Ge- Merkel nach Stralsund
gengewicht, z. B. dass niemand zu kommen. Einen Tag
beschissenen Jobs gezwungen wer- später beginnt G8-Gip-
den sollte, da jeder und jede das fel in St. Petersburg.
Recht auf ein Leben in Würde und Somit wird Stralsund
eine Sicherung seiner/ihrer Exi- einen Vorgeschmack
stenz haben sollte und das ganz bieten auf das, was
ohne »wenn-und-aber« Bedingun- 2007 in Heiligendamm
gen. passieren wird. Wäh-
Jetzt bin ich ein wenig abge- rend sich die lokale CDU
schweift, aber eben diese Stimm- über den hohen Staats-
und Bedeutungslosigkeit der Lin- besuch freut, werden
ken zu überwinden – daran wird in demokratische Grund-
der IL diskutiert. Kempinski-Hotel in Heiligendamm. Dort soll der rechte ausgehebelt: Als
Um stärker zu werden, muss G8-Gipfel 2007 stattfinden Bush 2005 nach Mainz
man sich aber zusammentun, das ist kam, durften Anwohner
ja nun eine Binsenweisheit, aber das wie das meist versucht wurde, z. B. chen haben. Wir machen eine re- ihre Häuser nicht ver-
ist eben sehr wichtig, zu probieren, bei der Antifaorganisierung. gelmäßige Zeitung zur Mobilisie- lassen und Journalisten
sich zusammenzutun. Was macht ihr ganz konkret? rung, die G8 extra, von der bisher sich nur in Begleitung
Und was ist daran anders als bei den Neben der Debatte um das Selbst- eine Nummer herausgekommen von Sicherheitskräften
vielen Netzwerken, Organisationen verständnis der IL und um die po- ist und eine englischsprachige, die bewegen. Bereits jetzt
und Bündnissen, die es gibt oder vor- litische Strategie, ist der Schwer- auf dem Sozialforum in Athen ver- planen Friedensgrup-
her gab? punkt die Mobilisierung nach Hei- teilt wurde. Wir mobilisieren zum pen und VertreterInnen
Die IL sieht sich eben nicht als An- ligendamm zum G8 Gipfel 2007. »wir wollen alles«-Block auf der aus der globalisierungs-
satz zur Gründung einer weiteren Da die IL ja ursprünglich am Ran- Sozialabbau Demo am 3.6. in Ber- kritischen Bewegung
parteiförmigen Organisation in de von Gipfelmobilisierungen ent- lin und wollen auch den Zusam- Aktionen.
Konkurrenz zu anderen, die es standen ist, ist es auch nahliegend, menhang von Sozialabbau und
schon gibt, sondern als ein offenes dass sie beim G8 in Erscheinung dem G8 Gipfel herstellen. Ja, eben Sozialforum in Athen
Projekt, das sich durch Eingreifen tritt. Ganz konkret haben wir eine Kämpfe zusammenbringen- das Vom 04.05. – 7.05.06
in praktische Kämpfe entwickeln Aktionskonferenz in Rostock mit war unsere Bemühung bisher und fand in Athen das 4.
soll. Und anders als andere Versu- vorbereitet, bei der über 300 Akti- da werden wir auch weiter ma- Europäische Sozialfo-
che in letzter Zeit ist sicher auch vistInnen aus unterschiedlichsten chen. rum statt. Einige Tau-
die Zusammensetzung. Es ist gera- Spektren von Umwelt- und Frie- send Menschen aus
de keine Organisierung an einem densinitiativen bis zur radikalen Website der IL zur Mobilisie- ganz Europa und dar-
Schwerpunkt, an dem sich alle Linken zusammenkamen und über rung nach Heiligendamm: über hinaus diskutier-
schon so ähnlich wie möglich sind, gemeinsame Aktivitäten gespro- http://www.g8-2007.de/ ten und tauschten sich
über den Prozess der
neoliberalen Globalisie-
rung aus. Im Mittel-
punkt stand der bevor-
Tante Käthe plaudert aus dem Nähkästchen stehende Krieg gegen
den Iran, die Ereignisse
»Paranoia?« im Irak, aber auch der
bevorstehende G8-Gip-
fel im Heiligendamm im
nächsten Jahr.
I n lockerem, sandigen und nicht zu feuchten Boden wach- Leinwandübertragung der Fußball-WM in der Innenstadt aus-
Auf einer großen Ab-
sen in gerade richtig warmen Regionen verschiedene gesprochen, unter Hinweis auf die Bedrohung durch die als
Spargelstecher getarnten polnischen Hooligans und die von schlussdemonstration
Varianten des Asparagus, zu deutsch Spargel. Gegen Ende
ihnen potentiell ausgehende Randale. gegen Sozialabbau und
des Mittelalters zählte dieser zu einer teuren Delikatesse, an
deren Konsum man sich zu Hofe erfreuen durfte. Nun kann schlecht dem edlen Stängel die Schuld an derar- Krieg nahmen etwa
Zwar ist die Spargelzeit in diesem Jahr nun schon so gut wie tigen Problemen der Menschenwelt gegeben werden, vielleicht 30.000 - 50.000 Men-
vorüber, mit den Auswirkungen der personalintensiven Ernte sollte dennoch im Vorfeld des nächsten Großevents über eine schen teil. Es kam zu
dieses Gemüses werden wir uns allerdings noch mindestens zeitweilige Verlegung der Anbaugebiete nachgedacht werden. teilweise starken Aus-
einen Monat auseinandersetzen müssen. Abgesehen von der Auch über den Einsatz elektronischer Fußfesseln für potentielle einandersetzungen mit
schier unglaublichen Verdrängung deutscher Spitzenverdiener »Spargelgewalttäter«, die selbstverständlich auch in einer geson- der Polizei. Dabei wur-
vom Arbeitsmarkt, ergibt sich mit dem Einsatz polnischer derten Datei zu erfassen wären, sollte nachgedacht werden. Die den mehrere Banken
Arbeitskräfte ein bisher wohl den meisten unbekanntes doppelte Freiheit des Lohnarbeiters (frei von Produktionsmitteln
angezündet und etli-
Bedrohungsszenario: So hat der Polizeichef der niedersächsi- und frei seine Arbeitskraft zu verkaufen) wird damit schließlich
che Schaufenster zer-
schen »Residenzstadt« Celle sich gegen eine nicht im Geringsten angetastet.
stört.
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SCHWERPUNKT
D
ie Produktivitätssteigerungen der letzten Jahrzehnte, chenende die Thekenschicht im Cafe um die Ecke, weil das Geld doch
bei denen die großen Unternehmen durchweg Re- nicht reicht.
kordgewinne verbuchten, gingen ausnahmslos zu La-
sten der ArbeiternehmerInnen. Längere Arbeitszeiten, Und bist du nicht willig…
Streichung des Weihnachts- und Krankengeldes, Ent-
Überall in Europa arbeiten Menschen völlig flexibilisiert und ohne dau-
lassung aus langjährigen Arbeitsverträgen in tariflich nicht abgesicherte
erhafte finanzielle Absicherung. Dabei verschwimmen die Grenzen zwi-
und jederzeit kündbare Leiharbeitsverhältnisse – diese Maßnahmen ha-
schen Arbeitszeit und Freizeit bis an den Punkt, an dem nicht nur das
ben nicht nur die Arbeitsverhältnisse unsicherer gemacht, sondern das
Wochenende regelmäßig ausfällt, sondern auch der immer seltener wer-
gesamte Leben der Betroffenen neu gestaltet.Wer plant schon über das
dende Abend mit Freunden den Charakter von bloßer Reproduktions-
nächste Jahr hinaus, wenn die eigenen Einkommensverhältnisse so un-
arbeit – also von Wiederherstellung des am nächsten Morgen schon wie-
berechenbar geworden sind wie das Wetter im April? Wie viele Leuteder an den Chef abzutretenden Arbeitsvermögens – annimmt. Die »neue
trennen sich ungewollt von vertrauten Lebensgewohnheiten und Be- Selbständigkeit« ist häufig nichts anderes als eine auf die gesamte Lebens-
kanntenkreisen, um das Elend einer bis an die körperliche und geistige
zeit ausgedehnte Verfügbarkeit für unternehmerische Anforderungen. Da-
Schmerzgrenze gesteigerten Ausbeutung nicht mit dem einer fortgesetz-
bei wechseln in ihrer Intensität kaum noch zu steigernde Arbeitsphasen
ten finanziellen Abhängigkeit vom Elternhaus – oder auch dem einermit wochenlangen Pausen, in denen Geldmangel an den Rand des Ruins
nicht mehr zu bewältigenden Verschuldung – zu tauschen? Als Prozess,
führt und die Handlungs- und Bewegungsfreiheit in dem Maße ein-
der nicht nur auf den Kontostand, sondern auch auf die Selbstwahrneh-
schränkt, dass die Betroffenen auch die Fähigkeit verlieren, einmal nicht
mung der Betroffenen abzielt, bringt Prekarisierung arbeitende Menschen
angstvoll an ausstehende Rechnungen zu denken.
dahin, mit sich selbst ebenso rücksichtslos umzugehen, wie es ihre un-Dabei sind vergleichsweise flexible Arbeitsverhältnisse, die eigenstän-
ternehmerische Definition als »Humankapital« nahe legt. Dazu passt, dass
dige Gestaltung der Arbeitszeit und die Möglichkeit kreativer Betätigung
die Angst vor dem finanziellen Abseits den statistischen Krankenstand auf
alte Bestandteile linker Forderungen. Die Perspektive, 45 Jahre abgesi-
das niedrigste Niveau seit Kriegsende gedrückt hat – lieber heute mit
chert aber völlig stupide acht Stunden täglich am Fließband zu arbeiten,
Grippe am Schreibtisch als morgen ohne Job vom Vermieter aus dem ist eine, die die radikale Linke lange bekämpft hat, und die sie sich heu-
Bett geklingelt werden. Gesundheit und persönliche Entfaltung werden
te keineswegs zurückwünscht. In Abgrenzung zu diesem so genannten
immer häufiger zurückgestellt, denn es gibt immer jemanden, der schon
»klassischen Normalarbeitsverhältnis« empfinden vor allem jüngere Ar-
auf deinen Job wartet – so jedenfalls wird es ArbeitnehmerInnen täglich
beitnehmerInnen Zeitarbeit und häufige Jobwechsel durchaus als Berei-
vermittelt. cherung. Doch da wo Flexibilität »Urlaubsverbot und 18-Stunden Tag«
und Eigeninitiative »private Altersvorsorge
Studentenleben und Aushebelung des Kündigungsschutzes«
Es sind aber nicht nur die Jobs auf dem so bedeuten, verkommen Selbstbestimmung
genannten »ersten Arbeitsmarkt«, die zu- und Kreativität zur Farce.
nehmend unsicher (prekär) werden. Auch Gesellschaftliche Integration findet längst
die immer zahlreicher werdenden »unsicht- europaweit über Lohnarbeit statt. Die Paro-
baren« Jobs in Bereichen wie Haus- oder le »Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen«
Pflegearbeit geraten ins Visier. Das Spek- – die eine faschistische Vorgeschichte hat –
trum unbezahlter Arbeit wird ausgeweitet wird dabei in einem gesellschaftlichen Kon-
(»Ich mach gerade ein Praktikum in einer text zum Einsatz gebracht, in dem der Traum
Werbeagentur, und du?«), oder Arbeit wird, von der Vollbeschäftigung bereits seit Jahr-
z.B. in Form von Minijobs, an Menschen zehnten ausgeträumt ist. Selbst, wer unbe-
delegiert, die – beispielsweise durch ihren dingt lohnarbeiten will, kann dies häufig
unsicheren Aufenthaltsstatus als Migran- nicht tun, da mit der fortschreitenden Au-
tInnen – gezwungen sind, jeden noch so tomatisierung und Auslagerung von Pro-
schlecht bezahlten Job anzunehmen. Der duktionsstätten Arbeitsstellen unwieder-
aus den USA bekannte Trend zum Zweit- bringlich wegfallen. Doch nicht mehr die
oder Drittjob – also der Zwang, mehrere Verantwortung des Staates, seinen BürgerIn-
Jobs anzunehmen und neben- und nach- nen ein Leben jenseits von sozialer Stigma-
einander zu bewältigen, da kein Einzeljob tisierung zu ermöglichen steht im Vorder-
eine ausreichende Lebensgrundlage bietet grund, sondern vielmehr die Verantwortung
- lässt sich längst auch in Europa beobach- der Einzelnen, sich über Arbeit am gesell-
ten. Viele StudentInnen machen es schon schaftlichen Leben zu beteiligen. Erwerbs-
vor: zwei Tage in der Woche studieren, drei losigkeit wird nicht mangelnden Perspekti-
Tage im Callcenter arbeiten und am Wo- Ist der Ruf erst ruiniert: LIDL ven zugeschrieben, sondern individuellem
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Versagen. Gleichzeitig werden – auf der rhetorischen ebenso wie auf der Gemeinsamer Nenner dieser Kämpfe bleibt die Ablehnung marktwirt-
rechtlichen Ebene – gesellschaftliche Spaltungsmechanismen zum Ein- schaftlicher Akteure als letzter Entscheidungsinstanz bei der Bestimmung
satz gebracht, durch die unterschiedlich Betroffene – z.B. ArbeiterInnen gesellschaftlicher Lebensbedingungen.
und Erwerbslose, StaatsbürgerInnen und MigrantInnen – gegen einander
ausgespielt werden sollen. Divide et impera – teile und herrsche – so lau- Wem gehört die Welt?
tete schon immer die Strategie kapitalistischer Umstrukturierung. Unsere Gesellschaften zeichnen sich heute durch einen geschichtlich ein-
Gegen Prekarisierung angehen bedeutet deshalb immer auch, die zigartigen materiellen und kulturellen Reichtum aus. Diesen Reichtum
Kämpfe für Würde und Selbstbestimmung – die so vielfältig sind wie die haben arbeitende Menschen geschaffen – auch dann, wenn ihre Arbeit
Ausbeutungsverhältnisse – in ihrer Gemeinsamkeit zu denken. Es gibt die- als solche nicht anerkannt und also auch nicht entlohnt wurde. Eben sol-
se Kämpfe überall dort, wo Prekarisierung gesellschaftliche Realität ge- che Menschen produzieren diesen Reichtum auch von Tag zu Tag neu -
worden ist. Gegen Prekarisierung haben die AktivistInnen gekämpft, die ob es sich um neue Waren für die Kaufhäuser handelt, um städtische In-
letztes Jahr europaweit gegen die im EU-Verfassungsentwurf eingeschrie- frastruktur oder um Ideen – soziale und kulturelle Projekte, die sich nicht
bene »Bolkestein Richtlinie« – die auf einen kontinentalen Abbau tradi- immer unmittelbar anfassen lassen.
tioneller Arbeitsrechte abzielte – mobilisierten. Gegen Prekarisierung und Über das was alle geschaffen haben, sollen
die mit ihr verbundene gesellschaftliche Ausgrenzung auch alle verfügen können. DasVermögen, po-
haben in Frankreich die Streikbewe- litische und soziale Verhältnisse zu gestalten,
gungen der 1990er Jahre, die als liegt letztendlich bei denen, die diese Welt
»Abschaum« beschimpften Er- durch ihr Arbeitsvermögen und ihre Kreati-
werbslosen der Vorstädte und die in vität, denen kein abstrakter Rechtsbegriff
diesem Frühjahr entstandene Bewe- und keine ökonomische Rechnung gerecht
gung der HochschülerInnen und werden können, täglich neu schaffen und
StudentInnen gekämpft. Gegen Pre- in Gang halten.Darum wird in den Kämp-
karisierung kämpfen in der Bundes- fen gegen Prekarisierung zwar von sozia-
republik die ArbeiterInnen bei Opel len Rechten gesprochen, gemeint sind
Bochum ebenso wie das streikende damit aber nicht etwa jene bürokratisch
Klinikpersonal oder die Kampagne fixierten Gleichheits- und Freiheitsver-
»Kein Mensch ist Illegal«, die sich gegen sprechen, bei denen doch nur heraus-
die Entrechtung von MigrantInnen en- 6. kommt,dass es Armen und Reichen glei-
g 200
gagiert. Ob in Paris die Büros von Zeit- n H a mbur chermaßen freisteht, unter der S-Bahn-
i
arbeitsfirmen besetzt oder Stockholmer M a yday b u r ger Brücke zu nächtigen. Gemeint sind
zum r Ham
Jobcenter in Brand gesetzt werden, ob in A k t i o n l e a u s d e 5 . 2 0 0 6 selbst bestimmte politische und soziale
imi . 0
Italien gegen die Hochschulreform mobi- F a k s n p o s t , 0 1 Rechte – unabhängig von Nationalität und Staatsbür-
ge
lisiert oder in deutschen Städten durch M o r gerschaft. Erste Grundlage der Kämpfe für diese Rechte bleibt das Wissen
Kampagnen wie »Berlin Umsonst« der un- darum, dass die Welt nicht denen gehört, die sie entgegen den Bedürfnis-
entgeltliche Zugang zur öffentlichen Infrastruktur eingefordert wird – es sen der Menschen gestalten, sondern allen, denen an einer besseren Welt
geht um Prekarisierung. als dieser gelegen ist. Heike Wieters, Max Henninger (FelS, arranca!)
K e i n R a u s w u r f, ke i n e R ä u m u n g !
Wer Hartz IV empfängt, ist entrechtet. Die Demütigungen Unter der Nummer 0800 – 27 27 27 8 gibt es Tipps, Tricks,
werden mit der Beschränkung des zulässigen Wohnraums Rat und Tat. Im Notfall soll auch die Verhinderung von
noch mal auf die Spitze getrieben. Die Welle der Bescheide Zwangsräumungen durch Strassen- bzw. Hausblockaden or-
aus den Jobcentern kommt langsam, aber unaufhaltsam ins ganisiert werden. Obwohl der große Angriff auf die Wohnun-
Rollen. Die Betroffenen werden auch in Berlin und trotz an- gen der »Überflüssigen« erst nach den Wahlen im September
derslautender Behauptungen des SPD/PDS-Senats seit Anfang zu erwarten ist, steht das Telefon kaum still. »Wir hören tag-
2006 aufgefordert, innerhalb von sechs Monaten ihre täglich Verzweiflung und Elend am anderen Ende der Lei-
Mietkosten zu senken. Gelingt ihnen das nicht, droht tung. Die Wut wächst!« so eine Aktivistin des Notrufte-
ihnen die zwangsweise Umsetzung in eine ihrem so- lefons. Die Hoffnung der Kampagne: Das Motto
zialen Status »angemessene« Bleibe. Allein in Berlin »Wohnung-Würde-Widerstand« muß Realität wer-
droht 30 bis 40.000 Menschen der Zwangsumzug. den.
Gegen diesen massiven Angriff auf die Würde von Ab Mitte Juni gibt’s eine Mobilisierungsspot der
ALG-BezieherInnen macht die Kampagne gegen Kampagne in vielen Berliner Kinos!
Zwangsumzüge mobil. Seit März wurde deshalb in Berlin
eine kostenlose Notrufnummer geschaltet. Infos und Material: www.gegen-zwangsumzüge.de
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G8 in St. Petersburg
Im Juli 2006 werden die
G8-Mitgliedsstaaten ih-
Weisse Masken ten,Antifaschismus oder für die Un-
abhängigkeit von Spanien.
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Kampagne I
Welcome to Germany! Der Berliner Bezirk
Integrationsunwilligkeit – oder das neue Selbstbild der Deutschen. Von Parallelgesellschaft, Lichtenberg gilt als
Ehrenmord, Rütli-Schule und Einbürgerungstest Hochburg und Rück-
zugsraum der Nazis.
Dieser Mythos soll nach
Meinung der Antifa Ho-
henschönhausen und
der Antifaschistischen
Linken Berlin dieses
Jahr zerbrechen. »Der
Sommer 2006 wird ein
heisser Sommer für Na-
zis«, so eine Sprecherin
der ALB. Es ist eine
Kampagne über einen
längerene Zeitraum ge-
plant. Auftakt soll eine
im Sommer geplante
Demo sein.
weitere Infos dem-
nächst: www.antifa.de
Deutschland putzt für die WM. »Freunde« s ollen sich wohlfühlen, wenn
sie Gäste (!) sind Nazihaus abgebrannt
Am 14. Mai 2005 wurde
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Mitnahme von Flüchtlingen zu
»Wir trennen Politik unseren Heimspielen. Sie werden
von uns abgeholt und den ganzen
und Fussball nicht« Tag so begleitet, dass sie das Ge-
fühl bekommen gleichwertige
Sie werden in St. Pauli auch die es jetzt seit einem Jahr und man Mitglieder der Gruppe zu sein, ei-
Fusion Festival USPler genannt und sind die muss sich eingestehen, dass der Wi- ner der Flüchtlinge hat seit An-
Immer wieder schön. Ultras des gleichnamigen Fuß- derstand dagegen beschämend ge- fang dieser Saison sogar eine Dau-
Hier kann man auf al- ballvereins. Der Antiberliner ring ist, erst in den letzten Wochen erkarte.
ten Hangern chillen sprach mit einem Mitglied. gab es erneut Aktionen. Viele Fussballfans spürten im Vorfeld
und lustige Menschen Bei Euch spielt Politik auch im Sta- der WM Repression. Habt ihr Erfah-
sehen, die es sonst nur
in einer Fantasiewelt
nach 3 Pillen intus
gibt.
Eine feste Musikrich-
K annst du deine Gruppe mal
vorstellen und verraten, wer
ihr seid und was ihr macht?
USP gibt es jetzt seit vier Jahren,
nach dem Erstligaabstieg 2002
dion eine Rolle …
Als erstes sorgen wir schon durch
unsere Optik von Fahnen, Dop-
pelhaltern und Spruchbänder für
ein klar linkes Bild in der Sankt
rung damit gemacht? Gibt es Aktio-
nen gegen Polizeischikanen?
Die Repressionen sind enorm, es
hagelt Stadionverbote und Anzei-
gen, genauso ist allerdings auch
tung gibt es hier nicht. gründeten wir uns, um etwas gegen Pauli Fankurve. Durch vier eigene der Widerstand und Zusammen-
Viel Elektro, schwedi- die zunehmende Lethargie inner- halt gewachsen. Zur Zeit ist es
schen HipHop von halb der Fanszene zu unterneh- zwangsläufig bestimmendes The-
Looptroop, Jan Delay men.Wir haben zum jetzigen Zeit- ma für die Gruppe und würde für
oder die alten Golde- punkt 180 Mitglieder, was absolut ein gesamtes Buch ausreichen…
nen Zitronen. okay ist, gemessen daran, dass wir Gibt es eine BRD-weite Vernetzung
Fusion, 28. Juni bis uns absolut nicht opportunistisch von politischen Ultras bzw. ein inter-
2. Juli, Flughafen Lärz verhalten und die braun-weiße nationales Netzwerk?
(bei Mirow), www.fusi- Fanszene sehr konservativ agiert Die Vernetzung von antirassisti-
on-festival.de, Ticket: und nur langsam bereit ist Neues schen Fans aller Länder ist eines
45 Euro anzunehmen. unser Hauptziele und Aufgaben-
Ihr beteiligt Euch neben dem Fußball gebiet. Bei dem jährlichen Einla-
Jz Dorfen Festival auch an politischen Ereignissen bzw. U lt rà S a n k t Pa u l i a u s dungsturnier von uns und dem
Jährlich lädt das örliche gestaltet Politik in Hamburg mit? Was Hamburg Fanladen kommen mittlerweile
Jugendzentrum zum macht ihr genau? Medien haben wir ganz einfach vierzig antirassistisch aktive Fan-
Tanz. Der Polittreff- Wir trennen schon mal nicht die die Möglichkeit schnell über po- oder Ultràgruppen aus ganz
punkt in Bayern. Dies- Komponenten Fußball und Politik, litische Geschehnisse zu informie- Europa und Israel zusammen.
mal dabei: ZSK (neues sondern nutzen den öffentlichen ren oder für Demonstrationen zu Stell dir vor, es gibt Aktionen gegen
Album erschienen), Raum, um Politik zu thematisieren mobilisieren, das prägt insbeson- einen Naziaufmarsch in Hamburg.
Mono&Nikitaman, Skar- oder um auf sie zu reagieren. An- dere junge Fans enorm. Es muss Gleichzeitig ist Derby in Hamburg.
face und Chaoze One tifaschismus ist ein nicht wegzu- innerhalb der aktiven Fanszene HSV gegen St. Pauli.Wo fährst Du
Dorfen Festival, 21. denkendes Element bei USP und nicht über die Legitimität von di- hin?
bis 23. Juli, Feldweg beeinflusst unsere Außendarstel- rekten Aktionen gegen Nazis dis- In erster Linie ist es natürlich im-
Dorfen, www.juggi.de, lung, Mitgliederstruktur und Akti- kutiert werden, in diesem Punkt mer noch ein Fußballzusammen-
kostenlos vität enorm.Wir sehen Antifa-Ar- sind sich alle einig, hierbei wird hang, insofern würde jener wahr-
beit allerdings auch in erster Linie auch bei Thor Steinar keine Aus- scheinlich auch die Priorität auf
Force Attack praktisch und sind daher oft auf nahme gemacht.Wer sich in Fan- den Fußball legen. Es hängt sicher
Das Punkfestival Aktionen, Kundgebungen und De- szenen bewegt, muss mittlerweile auch viel von den Umständen ab,
schlechthin. Hier re- mos anzutreffen – auf Grund der mitbekommen haben, um welche welche Art Derby es ist und wel-
giert noch König Punk- Größe der Gruppe natürlich auch Art Bekleidung es sich handelt, che Art Naziaufmarsch. Nichts de-
rock. Als Besucher er- meistens mit sehr vielen Leuten. wir nehmen niemand die Ausrede sto trotz gäbe es in jedem Fall ei-
lebt man Geschichten, Von uns wurde die Kampagne ge- ab, der Hintergrund von Thor nige die nicht ins Stadion gehen
die sich für immer in gen einen Naziladen auf Sankt Steinar sei unbekannt. Eine wei- würden.
das Gehirn brennen Pauli mitinitiiert. Den Laden gibt tere antirassistische Aktivität ist die www.ultra-stpauli.com
und nie wieder ver-
schwinden werden.
M e i n e I l s e K . : K o m m u ni k at i o n s p r o b l e m e
Zu sehen gibt es al-
les, von Eisenpimmel zu
Dritte Wahl über Ange-
lic Upstarts und Rawsi-
de bis hin zu The Ex-
ploited
Force Attack, 28. bis
30. Juli, Behnkenhagen
(bei Rostock), www.for-
ceattack.de, Ticket: 30
Euro
0 8 /// A n t i b e r l i n e r 0 6 / 2 0 0 6