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1. Einleitung
5. Fazit
2
O. Schmitt, Constantin der Große(275-337). Stuttgart 2007, S.28
3
M. Sommer, Die Soldatenkaiser. Darmstadt 2004, S.71-75.
4
A. Demandt, Der Fall Roms. Die Auflösung des römischen Reiches im Urteil der Nachwelt.
München 1984, S.20.
5
Victor Aurelius, 39, 9-13.
6
A. Cameron, Das späte Rom. München 1994, S.16-17.
7
M. Sommer, Die Soldatenkaiser. S.114.
Bevölkerung angenommen wurden, wodurch es zu einem zunehmenden Sinnverlust und
einem Verblassen der römischen Götter kam.
Und auch die Legitimitätsbasis des Kaisers, die sich allein auf dessen Akzeptanz durch die
römische Bevölkerung und das römische Militär gründete, konnte die kaiserliche
Herrschaft nicht festigen, weshalb es in Zeiten innerer Krisen und äußerer Bedrohungen
oftmals zu Usurpationen kam.
Die durch bürgerkriegsähnliche Zustände im Landesinneren sowie den stetig
vorkommenden Usurpationen hervorgerufene Instabilität des römischen Reiches erhöhte
dessen Verwundbarkeit z.B. im Hinblick auf feindliche Invasionen.8 Dies zeigt erneut, dass
die äußere Bedrohung und die inneren Unruhen unmittelbar miteinander verquickt waren
und nur schwerlich trennscharf voneinander betrachtet werden können.
Es muss m. E. jedoch zweifelsfrei festgehalten werden, dass Rom beim Machtantritt
Diocletians mit schwerwiegenden strukturellen, fiskalischen, politischen und militärischen
Problemen zu kämpfen hatte.
8
M. Sommer, Die Soldatenkaiser. S. 127.
9
J. Martin, Spätantike und Völkerwanderung. Oldenburg 2001, S 1-3.
3.1 Die Iovius-Herculius-Ideologie
Bei der Iovius-Herculius-Ideologie handelt es sich um eine Herrschertheologie, in deren
Mittelpunkt der höchste römische Staatsgott Jupiter und Herkules, der heldenhafte
Bezwinger von unheilstiftenden Ungeheuern, standen.10
Diocletian als Iovius war dabei der Sohn und Schützling Jupiters und Maximian als
Herculius war der Sohn und Schützling Herkules`.
Maximian, der von Diocletian zum Mitherrscher erhoben wurde, hatte vermutlich im
Sommer 286 den Beinamen Herculius angenommen, weshalb auch die Begründung der
Iovius-Herculius-Ideologie in diesem Zeitraum angesiedelt werden kann.11
Im Jahre 293 adoptierte Diocletian Galerius und Maximian Constantius, wodurch die
beiden adoptierten Caesaren von da an Mitglieder der göttlichen Familie waren und das
Regierungssystem der Tetrarchie begann.12 Damit waren ideologisch gesehen Diocletian
und Maximian nicht nur von Göttern hervorgebracht sondern auch ihrerseits Erzeuger von
Göttern wie es auch eine fragmentarisch erhaltene Inschrift13 aus der Nähe des antiken
Dyrrhachium verdeutlicht, deren Übersetzung „Den von Göttern hervorgebrachten und
Erzeugern von Göttern, unseren Herren Diocletian und Maximian, den unbesiegbaren
Augusti“ lautet.14 Diese propagierte Zugehörigkeit der Tetrarchen zur göttlichen Sphäre
spiegelt sich auch in den Münzfunden aus der damaligen Zeit wider.
10
H. Brandt, Geschichte der römischen Kaiserzeit. Von Diokletian und Konstantin bis zum Ende der
konstantinischen Dynastie (284–363). Berlin 1998, S.94.
11
K. Christ, Geschichte der Römischen Kaiserzeit. München 1988, S.704.
12
K. Christ, Geschichte der Römischen Kaiserzeit. S.704.
13
H. Dessau, ILS 629.
14
F. Kolb, Praesens Deus: Kaiser und Gott unter der Tetrarchie. in: A. Demandt u.a. (Hrsg.),
Diokletian und die Tetrarchie. Aspekte einer Zeitenwende. Berlin 2004, S.30.
Blitzbündel ausgestattet ist, die Umschrift IOVI CONSERVATORI, womit Jupiter als
Bewahrer und Garant der Herrschaft des Iovius Diocletian deklariert wurde.15 Andere
Münzfunde, wie z.B. der in Abbildung 2, zeigen, dass zwischen Maximian und Herkules
ein analoges Näheverhältnis existierte wie zwischen Diocletian und Jupiter.16
Doch eine derartige sakrale Überhöhung des römischen Princeps` findet sich bereits in der
späten Republik bzw. in den hellenistischen Traditionen wieder.17 Hier sorgte unter
anderem die Konsekration des verstorbenen Kaisers für dessen Aufnahme als
Vergöttlichter (divus) in das Reich der Götter, weshalb er oftmals schon zu Lebzeiten
gottähnlich verehrt wurde.18
Auch die Verbindung des Kaisers mit einer Gottheit, bei der der Gott die Rolle des kraft-
und schutzspendenden Bewahrers, Begleiters und Helfers einnahm und somit dem
Herrscher göttliche Fürsorge zukommen ließ, war bereits älteren Ursprungs. So zeigen
Münzfunde, dass unter anderem Trajan (Kaiser von 98-117) und Commodus(180-192) die
Götter Jupiter und Herkules in diesem Sinne für sich vereinnahmt hatten.19
Innovativ an der neuen Herrschaftstheologie der Tetrarchie war vor allem, dass Diocletian,
Maximian und später auch Galerius und Constantius als Gottessöhne an den Fähigkeiten
(virtutes), den Wirkungskräften (numina) sowie am göttlichen Wesen Jupiters bzw.
Herkules` partizipieren konnten, wodurch sich die Göttlichkeit der Tetrarchen nicht nur in
ihrem Amt (von Gott verliehen) sondern auch in ihrer Person (göttliche Qualitäten)
widerspiegelte.20 Im Handeln der Kaiser äußert sich somit göttliche Wirkungskraft; ihre
15
H. Brandt, Geschichte der römischen Kaiserzeit. S.94.
16
H. Brandt, Geschichte der römischen Kaiserzeit. S.96.
17
F. Kolb, Herrscherideologie in der Spätantike. Berlin 2001, S.36.
18
F. Kolb, Praesens Deus: Kaiser und Gott unter der Tetrarchie. in: A. Demandt u.a. (Hrsg.),
Diokletian und die Tetrarchie. Aspekte einer Zeitenwende. Berlin 2004, S.29.
19
H. Brandt, Geschichte der römischen Kaiserzeit. S.94.
20
F. Kolb, Herrscherideologie in der Spätantike. Berlin 2001. S.36-37.
Taten waren das sichtbare Göttliche, und sie galten als das Medium, durch das die Götter
Jupiter und Herkules die Welt regieren konnten.21
Damit wurde eine einzigartige Exklusivität der vier Kaiser geschaffen und ihr Handeln
sakral abgesichert, womit jedweder Zweifel an den kaiserlichen Entscheidungen eine
Infragestellung der höchsten Götter bedeutet hätte und eine Usurpation gar ein Sakrileg
gewesen wäre.22
Mittels Inschriften, Schriftstücken, Monumenten, eindrucksvollen Bauwerken aber vor
allem mittels einer reichen Münzprägung, welche in der römischen Zeit das Medium
darstellte, um eine möglichst große Zahl von Adressaten zu erreichen, konnte diese
Herrschaftskonzeption auch öffentlichkeitswirksam vermittelt werden.23
Eine weitere Fragestellung, die sich aus der Iovius-Herculius-Ideologie ergibt, ist die der
Hierarchisierung innerhalb der Tetrarchie. Während die ideologische Grundauffassung
zwischen den jeweiligen Augusti und Caesares eine klare und unumstrittene
Hierarchisierung zeigt, scheint die Tetrarchie keine Rangunterschiede zwischen den
Augusti vorzusehen sondern eher eine Aufgabenteilung.24
Denn nach damaliger Auffassung war das Verhältnis zwischen Herkules und Jupiter
keinesfalls ein hierarchisches sondern ein arbeitsteiliges, bei dem Jupiter als überirdischer
Lenker (rector caeli) im kosmischen Bereich agierte und Herkules als Befrieder des
Erdkreises (pacator terrarum) für die irdischen Belange sorgte. D.h., diese Art des
gemeinsamen Zusammenwirkens der beiden göttlichen Urheber der Tetrarchie übertrug
sich zumindest nach der ideologischen Grundauffassung auch auf ihre fillii, die augusti
Diocletian und Maximian, wobei festgehalten werden muss, dass realpolitisch gesehen
letztendlich Diocletian die Entscheidungsgewalt innehatte.
Diese nach außen hin propagierte Gleichrangigkeit spiegelt sich unter anderem in der
Porphyrgruppe an der Basilika S. Marco in Venedig wider, bei der alle vier Figuren von
ihrem Aussehen her gleich gestaltet wurden, wobei sich jeweils zwei gegenseitig die
Hände auf die Schulter legen, was als Geste des Vertrauens, des Einvernehmens, sowie des
Schutzes gedeutet werden kann.25
21
F. Kolb, Praesens Deus: Kaiser und Gott unter der Tetrarchie. S.31.
22
F. Kolb, Herrscherideologie in der Spätantike. Berlin 2001. S.37.
23
H. Brandt, Geschichte der römischen Kaiserzeit. S.95.
24
H. Brandt, Geschichte der römischen Kaiserzeit. S.97.
25
Porphygruppe an der Basilika S. Marco in Venedig.
Die einzige Differenz im Aussehen dieser Viergruppe liegt darin, dass zwei von Ihnen mit
Bärten abgebildet wurden, was als Symbol des höheren Alters oder des Vater-Sohn-
Verhältnisses gedeutet werden kann. 26
Letztendlich wurde mittels der Iovius-Herculius-
Ideologie eine starke theokratische Begründung
der kaiserlichen Herrschaft kreiert, welche den
im Abschnitt zwei beschriebenen Problemen, wie
z.B. der fehlenden Legitimationsbasis des Kaisers
entgegenwirken konnte und Rom zunächst eine
feste Herrschaftsstruktur verschaffte. 27
Vor allem der restriktive Zugang zur Herrscher-
und Götterfamilie, welcher ausschließlich den
vier Tertrarchen vorbehalten blieb und die
entwickelte Exklusivität der Kaiser garantierte
politische Legitimität und verhinderte die zuvor
stetig vorkommenden Usurpationen.
26
R. Alföldi, Bild und Bildsprache der römischen Kaiser. Mainz 1999, S.146.
27
F. Kolb, Praesens Deus: Kaiser und Gott unter der Tetrarchie. S.33.
28
Victor Aurelius, 39, 2-7.
ersetzt wurde.29 Jedoch lässt sich anhand von Quellen nicht exakt bestimmen, wann die
Dominus-Anrede eingeführt wurde, da beispielsweise bereits in Inschriften aus der Zeit
Commodus`(177 n. Chr.) die Bezeichnung des Herrschers als dominus noster auftaucht.30
Auch die obligatorische Einführung der adoratio bzw. proskynesis, einer kniefälligen
Verehrungsgeste gegenüber Göttern und später auch gegenüber den Kaisern, lässt sich
nicht genau datieren, war jedoch zweifelsfrei vor Diocletian eine wohlbekannte Geste.31
Neuerungen unter Diocletian finden sich vor allem in der Schaffung strenger Vorschriften
und Formalisierungen bestimmter Riten z.B. bezüglich der gerade beschriebenen
Proskynese. Hier lautete eine Vorschrift, dass auch von den Familienmitgliedern der
Kaiser die Proskynese gegenüber den Tetrarchen erwartet wurde, was ein weiteres Indiz
für die bereits in Punkt 3.1 beschriebene Ausgrenzung der leiblichen Familienmitglieder
der Tetrarchen aus der Kaiser- und Gottesfamilie darstellt.32
Außerdem wurde ein strikt geregeltes Adorations-Zeremoniell geschaffen, wodurch es
unter anderem zu einer Normierung des Umgangs mit dem Kaiser kam, zu restriktiven
Zugangsbeschränkungen (adyton) zum Kaiser und zu einer Hierarchisierung seines
Hofstaates, dessen Bedeutung infolge der zunehmenden Bürokratisierung des Reiches
33
mehr und mehr anwuchs. Auch für den Ablauf der Zeremonie bei Ankunft (adventus)
und Abfahrt (profectio) des Kaisers wurden strikte Vorschriften festgelegt.
Weitere Riten, die in das tetrarchische Hofzeremoniell eingeführt wurden, waren unter
anderem der aus dem Götterkult übernommene Ritus der verhüllten Hände (manūs
velatae), welcher beim Austausch von Gegenständen mit dem Kaiser das Tragen von
Handschuhen erforderte, die Verpflichtung zum zeremoniellen Schweigen (silentium) in
der Umgebung des Kaisers sowie der ebenfalls aus dem Götterkult übernommene Ritus der
„Feuerabzeichen der Herrscher“, bei dem das ewige Feuer die Ewigkeit (aeternitas) der
Herrschaft des Kaisers symbolisieren sollte.34 Dadurch wurde zunehmend ein
distanzierendes Hofzeremoniell geschaffen, dass das Kaisertum immer mehr aus der
Lebenswelt der Normalsterblichen entrückte.35
Auffallend ist auch, dass ein Großteil der Riten, welche den Umgang mit den Kaisern
regeln sollten, aus dem Götterkult übernommen wurde, wodurch, wie bereits Victor
29
O. Schmitt, Constantin der Große(275-337). S.65-66.
30
F. Kolb, Herrscherideologie in der Spätantike. S.39.
31
F. Kolb, Herrscherideologie in der Spätantike. S.39-40.
32
Mort. pers. 18,9.
33
P. Barcelo, Diocletian (284-305). in: M. Clauss, Die Römischen Kaiser. 55 Historische Portraits
von Caesar bis Iustinian. München 2001, S. 266.
34
F. Kolb, Praesens Deus: Kaiser und Gott unter der Tetrarchie. S.32.
35
K. Christ, Geschichte der Römischen Kaiserzeit. S.706.
Aurelius festgestellt hat, von der römischen Bevölkerung eine gottähnliche Verehrung der
Tetrarchen verlangt wurde.36
Ein ebenfalls für die Untersuchung der sakralen Grundlagen der Tetrarchie relevanter
Punkt ist die Frage, wie die Palastarchitektur dem Zeremoniell angepasst wurde.
Auch wenn keine einzige Kaiserresidenz aus dieser Zeit hinreichend erhalten geblieben ist,
können mittels der als Altersitze für Diocletian bzw. Galerius konzipierten und gut
erhaltenen Anlagen von Spalato (Split) und Romuliana (Gamzigrad) dennoch brauchbare
Schlüsse gezogen werden, da die augusti im Ruhestand als seniori augusti weiterhin Kaiser
waren und somit auch weiterhin das Hofzeremoniell ihnen gegenüber durchgeführt werden
musste.37
Kennzeichen dieser Residenzen waren die prunkvolle Ausgestaltung, die betonte
Fassadenarchitektur, große Säle mit apsidalem Abschluss, einzelne Gebäudekomplexe für
die Verwaltung, monumentale Tordurchgänge, eine starke turmbewehrte Festungsmauer
und die Anlehnung an römische Städte im Hinblick auf die Bautypologie und
Grundrissgestaltung.38 All diese Merkmale zeigen den repräsentativen und sakralen
Charakter dieser von der Umwelt abgeschottenden Anlagen.
Speziell die wehrhafte Ummauerung der Kaiserresidenz geht mit einer Distanzierung des
Tetrarchen von seinen Untertanen einher, die bereits durch das weiter oben beschriebene
Hofzeremoniell hervorgerufen wurde.
Festzuhalten bleibt, dass zwar verschiedene Riten, wie z.B. die manūs velatae, bereits in
der vordiocletianischen Zeit verwendet wurden, es jedoch Diocletian war, der eine Reihe
vorhandener Entwicklungen, wie z.B. die Schaffung eines strikt geregelten
Adorationszeremoniells zeigt, zusammenfasste, formalisierte sowie systematisierte und
somit ein nützliches Hofzeremoniell geschaffen hatte, welches die Transzendierung des
Herrscherkollegiums in die göttliche Sphäre vorantreiben und die Unantastbarkeit des
Kaisertums garantieren sollte.39
Außerdem konnte festgestellt werden, dass die verschiedenen Formen der spätantiken
monarchischen Repräsentationen, wie z.B. die Dominus-Anrede, nicht schlagartig aus
Persien übernommen wurden sondern auf eine jahrhundertelange Entwicklung
zurückzuführen sind, bei der es zu einer Vermischung orientalischer, griechischer,
etruskischer und römischer Sitten kam.40
36
Aurelius 39,4.
37
F. Kolb, Herrscherideologie in der Spätantike. S.42-43.
38
F. Kolb, Herrscherideologie in der Spätantike. S.43.
39
F. Kolb, Praesens Deus: Kaiser und Gott unter der Tetrarchie. S.32.
40
F. Kolb, Herrscherideologie in der Spätantike. S.38.
4. Mängel der sakralen Komponenten der Herrschaftsideologie
Nachdem im vorangegangenen Kapitel die Iovius-Herculius-Ideologie sowie das
kaiserliche Herrscherzeremoniell erläutert und ihre positive Wirkung auf die Regierung
Diocletians dargestellt wurde, sollen nun die Mängel herausgesucht werden.
Ein Problem war unter anderem der ideologisch bedingte Ausschluss der leiblichen
Kaisersöhne, vor allem Maxentius´ und Konstantins aus der exklusiven Kaiser- bzw.
Götterfamilie der Iovii und Herculii, wodurch es in der nachdiocletianischen Zeit zu einer
Reihe von Machtkämpfen um die Herrschaft kam mit damit einhergehenden instabilen
Verhältnissen in Rom. 41
Schwerwiegender war jedoch, dass es der traditionellen antiken Religion, welche die
Grundlage der tetrarchischen Herrschertheologie bildete und der römischen Bevölkerung
oktroyiert wurde, im Gegensatz zu anderen Religionen, vor allem dem Christentum, an
einem ethischen Gerüst fehlte.42
Denn das Geben von Orientierungspunkten im elementaren Dualismus zwischen Gut und
Böse, das Versprechen eines Lebens nach dem Tode sowie die Verheißung einer ewigen
Vereinigung mit Gott kamen in einer Zeit, in der skeptisches, fatalistisches, pessimistisches
Denken bis hin zur Endzeitstimmung sich ausbreitete, dem zunehmenden Bedürfnis nach
Sinngebung und Hoffnung entgegen, weshalb insbesondere das Christentum einen regen
Zuwachs verzeichnen konnte.43
Ein weiterer Faktor, warum die christliche Religionsgemeinschaft einen stetigen Zustrom
erfuhr, lag in der theologischen Betonung der Nächstenliebe, welche zum einen die
Grundlage für die karitativen Tätigkeiten der christlichen Gemeinden darstellte und zum
anderen die Schaffung eines Systems der sozialen Sicherung förderte, bei dem die Christen
nicht nur einen ideellen Beistand erfuhren, sondern auch eine materielle Unterstützung.44
Selbst die von Laktanz scharf kritisierten, teilweise aber auch überdramatisierten
Maßnahmen Diocletians gegen das Christentum, welche im Jahre 303 beschlossen wurden
und das Vernichten christlicher Kirchen und Schriften, die Erzwingung eines allgemeinen
41
W. Kuhoff, Aktuelle Perspektiven der Diokletianforschung. in: A. Demandt u.a. (Hrsg.),
Diokletian und die Tetrarchie. Aspekte einer Zeitenwende. Berlin 2004, S.24.
42
M. Sommer, Die Soldatenkaiser. S.115.
43
M. Sommer, Die Soldatenkaiser. S.124.
44
O. Schmitt, Constantin der Große(275-337). S. 49-50.
Opfergebots, Gefangennahmen und Ermordungen vorsahen45, schafften es nicht, die
Christen flächendeckend zur Abkehr von ihrem Glauben zu bringen.46
Diese Maßnahmen gegen das Christentum waren m. E. die logische Konsequenz aus der
im Abschnitt drei dargestellten tetrarchischen Herrschertheologie, welche den
Monopolanspruch des christlichen Gottessohnes nicht akzeptieren konnte und ihre
Ablehnung als staatsfeindlich ansehen musste, womit jedoch nicht geklärt wäre, warum
diese Maßnahmen erst zu einem so späten Zeitpunkt erfolgten
Des weiteren muss festgehalten werden, dass genau wie bei den positiven Wirkungen des
Regierungssystems der Tetrarchie auch die Nachteiligen vielschichtiger Natur sind und
deshalb nicht ausschließlich in den Mängeln der Herrschaftsideologie bzw. -theologie der
Tetrarchie angesiedelt werden können.
So werden in der Forschung unter anderem das dynastische Prinzip der Adaption der
Besten, das Gottkaisertum, die Bürokratisierung, die Germanisierung des Heeres sowie die
Verlagerung der Residenzen als Defizite der Tetrarchie deklariert, wobei wiederum
auffällt, dass es eben diese Punkte sind, die gleichfalls z. T. auch in dieser Arbeit als
positive Errungenschaften ausgegeben werden.47
5. Fazit
Wie zunächst im Abschnitt zwei verdeutlicht werden konnte, befand sich das römische
Reich beim Herrschaftsantritt Diocletians in einer Krise, welche sowohl durch externe, als
auch durch interne Faktoren verursacht wurde. Diese waren unter anderem die Unruhen
und Kriege an den Grenzen, die großen finanziellen Belastungen, die fehlende
Legitimationsbasis und der Autoritätszerfall der Kaiser, die zunehmende Unzufriedenheit
der Bevölkerung, Usurpationen und zum Teil bürgerkriegsähnliche Zustände. Damit war
die Ausgangsituation für Diocletian bei seinem Herrschaftsantritt relativ schwierig und
dennoch schaffte er es bis zu seiner freiwilligen Abdankung im Jahr 304 seine Herrschaft
21 Jahre zu behaupten.
Deshalb wurde im Abschnitt drei überprüft, welchen Einfluss die sakralen Grundlagen der
Herrscherideologie der Tetrarchie auf die Herrschaftssicherung Diocletians innehatten.
Dabei wurde zunächst die Iovius-Herculius-Ideologie untersucht und festgestellt, dass
mittels dieser eine starke theokratische Begründung der kaiserlichen Herrschaft kreiert
wurde, welche den im Abschnitt zwei beschriebenen Problemen, wie z.B. der fehlenden
45
Mort. pers. 12f-15,4f
46
W. Kuhoff, Aktuelle Perspektiven der Diokletianforschung. S.23. besser lact de mort. Pers 52,3
47
A. Demandt, Diokletian als Reformer. in: A. Demandt u.a. (Hrsg.), Diokletian und die Tetrarchie:
Aspekte einer Zeitenwende. Berlin 2004, S.8.
Legitimationsbasis des Kaisers, entgegenwirken konnte und Rom zunächst eine feste
Herrschaftsstruktur verschaffte. Vor allem der dadurch geschaffene restriktive Zugang zur
Herrscher- und Götterfamilie und die dadurch entwickelte Exklusivität der Kaiser
garantierte die politische Legitimität und verhinderte die zuvor stetig vorkommenden
Usurpationen.
Im zweiten Punkt des Abschnitt drei wurde das kaiserliche Zeremoniell sowie die
Palastarchitektur der tetrarchischen Zeit untersucht. Dabei konnte festgestellt werden, dass
Diocletian eine Reihe vorhandener Entwicklungen in verschiedenen Bereichen
zusammenfasste, formalisierte sowie systematisierte und somit ein nützliches
Hofzeremoniell geschaffen hatte, welches die Transzendierung des Herrscherkollegiums in
die göttliche Sphäre vorantreiben sollte und die Unantastbarkeit des Kaisertums
garantieren sollte. Diese politische und sakrale Überhöhung der Kaiser wurde zusätzlich
durch den architektonischen Rahmen des Herrschaftszeremoniells verstärkt.
Außerdem konnte diagnostiziert werden, dass die verschiedenen Formen der spätantiken
monarchischen Repräsentationen wie z.B. die Dominus-Anrede nicht schlagartig aus
Persien übernommen wurden sondern auf eine jahrhundertelange Entwicklung
zurückzuführen sind, bei der es zu einer Vermischung orientalischer, griechischer,
etruskischer und römischer Sitten kam.
Der Abschnitt vier dieser Arbeit hat sich sodann mit den wesentlichen Mängeln der
tetrarchischen Herrschertheologie beschäftigt, welche unter anderem in dem ideologisch
bedingten Ausschluss der leiblichen Kaisersöhne, sowie in dem zunehmenden Verlust der
Konkurrenzfähigkeit gegenüber anderen Religionen zu sehen ist. Insbesondere dem
volksnahen Christentum mit seinen gut strukturierten Gemeinden und sozialen Netzwerken
gelang es zunehmend, bessere Antworten auf die Sorgen und Ängste der römischen
Bevölkerung zu liefern.
Letztendlich kann anhand der wissenschaftlichen Untersuchung dieser Arbeit die
Ausgangsthese, dass die Iovius-Herculius-Ideologie sowie das kaiserliche Zeremoniell als
Fundamente der tetrarchischen Herrscherideologie einerseits dafür sorgten, dass die
Herrschaft unter Diocletian stabil war, andererseits den späteren Untergang der Tetrarchie
nicht verhindern konnten, weitestgehend verifiziert werden.
I. Litarische Quellen:
Victor Aurelius: Groß-Albenhausen - M. Fuhrmann (Hrsg.) Die römischen Kaiser. Liber
de caesaribus (lat- - dt-), Zürich 1997.
II. Numismatik:
Aureus Diokletians, aus: Kent(u.a.), Die Münzen der Römer. München 1973, Tafel 129,
Nr. 579.
Aureus Maximians. aus: Kent(u.a.), Die Münzen der Römer. München 1973, Tafel 129,
Nr. 581.
III. Inschriften:
H. Dessau, Inscriptiones Latinae Selectae 629. Die fragmentarische Weihung aus
Dyrrhachium.
IV. Plastik:
Porphyrgruppe an der Basilika S. Marco in Venedig. aus: K. Christ, Geschichte der
Römischen Kaiserzeit. Von Augustus bis zu Konstantin, München 1988, 703.
6.2 Literaturverzeichnis:
1. R. Alföldi, Bild und Bildsprache der römischen Kaiser. Beispiele und Analysen,
Mainz 1999.
6. A. Demandt, Diokletian als Reformer. in: A. Demandt u.a. (Hrsg.), Diokletian und
die Tetrarchie: Aspekte einer Zeitenwende, Berlin 2004, S.1-8.
7. A. Demandt, Der Fall Roms. Die Auflösung des römischen Reiches im Urteil der
Nachwelt, München 1984.
8. F. Kolb, Praesens Deus: Kaiser und Gott unter der Tetrarchie. in: A. Demandt u.a.
(Hrsg.), Diokletian und die Tetrarchie. Aspekte einer Zeitenwende, Berlin 2004,
27-46.