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Wolfgang Cernoch

Zu Heideggers Spätphilosophie

Entscheidend zur Beurteilung der Philosophie Heideggers ist, ob ihm gelingt,


die transzendentale Differenz in seinem Begriff des Daseins anders als mit der
bloßen Überhöhung des Subjektiven zu überwinden, von dessen Horizont des
Daseins nicht nur Raum und Zeit, sondern auch die zeitliche Besonderheit eines
jeweiligen Seienden vor dem Hintergrund der Frage, was an Stelle dieser
Besonderung denn noch möglich gewesen wäre, erst das von ihrer jeweiligen
trivialen faktischen Existenz verschiedene eigene Sein als Dasein erhellt. Die
Ekstasen der Zukunft, der Vergangenheit und der Gegenwart bzw. des Jetzt
dürften, so wie in »Sein und Zeit« vorgestellt, zwischen Eigentlichkeit und
Uneigentlichkeit gerade nicht dazu angetan sein, das Dasein als Horizont des
Subjektiven zu verlassen, obgleich Heidegger immer schon bemüht ist, das
Subjektive vom Horizont des Daseins zu trennen. Dabei scheint er aber zu
übersehen, daß er seinerseits das Subjektive mit den »Ich« des
Selbstbewußtseins verwechselt, zumal seine drei Ekstasen im Grunde auf die
»Phänomenologie des inneren Zeitbewußtseins« Husserls beruhen (die
Heidegger 1928 herausgegeben hat): Dort wird erst zwischen Retention und
Protention der Reproduktion als sekundäre Wiedererinnerung eine Zeitstelle
gegeben. Husserl gelingt es derart, die selbst im teleologischen Urteil zwischen
Mittel, Zweck und Endzweck bei Kant unklar doppelt bleibenden
Unterscheidung zwischen theoretischer und praktischer Vernunft zu
unterlaufen: Allerdings nur als zeitliche Interpretation der eidetischen
Reduktion, wenn die nach rückwärts gewendeten Retentionen erst die
Protention bezeugen, die aus dem Archiv jenes Thema auswählt, welches eben
aus diesen Retentionen wieder erinnert werden soll.
Derart bleibt Husserl wiederum hinter Kant zurück, da er nunmehr gar nicht
nach Zwecken frägt. Während also Husserl eine Mechanik des inneren
Zeitbewußtseins entwirft, welche die Antizipation in der Protention von jeder
Reflexion auf die praktische Vernunft freihält, stellt sich Kant auf den
Standpunkt, daß der Grundsatz der praktischen Vernunft allein aus der
Reflexion auf die Zwecke ihrer Gegenstände zu konstituieren sei. Der eine
vergißt auf den Übergang zur Zweckreflexion, der andere läßt den Übergang
der Reflexion der Mittel als Gegenstände der theoretischen Vernunft
unterbelichtet.
Inmitten dieser Problematik versucht Heidegger die Retention als Ekstase der
Vergangenheit, die Protention als Ekstase der Zukunft und die Reproduktion
als Ekstase der sich hier als uneigentliche Gegenwart der Wiedererinnerung
einstellende Dynamik der Öffnung des Seyns zum Horizont der Seiendheit
—2—

(Innerweltlichkeit) gegenüberzustellen. Der Verlust des Überganges zur


praktischen Vernunft bei Husserl scheint Heidegger zu erlauben, die zum
Naturereignis reduzierte transzendentale Psychologie des Zeitbewußtseins als
Unterlage zu nehmen, den Horizont des Daseins, welches meines Erachtens
immer vom Subjektiven getragen wird, auch für das Verhältnis von Ereignis
und Horizont in Stellung zu bringen, bei dem Ereignis nicht Wahrnehmung
und der Horizont nicht Bewußtsein ist.
Zunächst erscheint dies als unmöglich. Die leitende Ekstase der Zukunft schlägt
nach der Erreichung ihres Horizontes um in die Ekstase der Vergangenheit,
also der Vorblick geht über in den Rückblick als Rückblick vom Vorblick aus.
Dieser trifft aber nicht mehr jenen Zeit-Punkt, von dem aus der Vorblick
geworfen wurde (als Entwurf), sondern dieser hat sich selbst schon in der Zeit
weiter bewegt. Er trifft also gerade den Zeitpunkt, von dem aus der Vorblick
geworfen wurde, aber nicht den Zeit-Punkt, von dem er geworfen wurde,
denn der auch qualitativ bestimmbare Zeitpunkt hat sich mit der Zeit selbst
weiterbewegt. Diese Differenz macht nun die Ekstase der Gegenwart
(uneigentliche Wiedererinnerung) bzw. des Jetzt (eigentliches Bewußtsein des
Daseins in der Wiederholung) aus und umschließt als Bewußtsein des Daseins
die Horizonte der Ekstase als Horizont des Daseins. Daß Heidegger nun in
»Sein und Zeit« daraus die Zeit als Dimension messbarer Quanta erst ableiten
will, kann doch nur dann verstanden werden, wenn neuerlich die
transzendentale Differenz in Stellung gebracht wird: Die Konstitution des
Horizontes des Daseins aus den Horizonten der Ekstasen der Zeitigung
bringen sowohl für die Gegenwart wie für das Jetzt eine ihnen
zugrundeliegende Zeitlichkeit zum Vorschein, und zwar jene, in der der
Zeitpunkt des ersten Entwurfes sich während des Entwurfes und seiner
Rückkehr selbst bewegt. Die von Heidegger auch ontologisch bloß als aus der
Zeitlichkeit des subjektiven Daseins abgeleitet vorgestellte lineare Zeitlichkeit
des Messens stellt sich so doch wieder anhand dieser Vorrückung als selbst
ursprünglich und den Horizonten der Zeitekstasen vorausgesetzt heraus.
Allerdings zeigt Heidegger dort, wo er die Ganzheit des Horizontes des
Daseins nicht mehr über die Sorge (also als Verfallenheit) bestimmt, eines auf:
nämlich, daß der Raum und die Zeit zwar ihren Anteil an der objektiven
Existenz besitzen, dieser Anteil aber nur am Horizont des Daseins als Horizont
des Bewußtseins erscheint. Im Rahmen der Amphibolie des Begriffe von
Existenz und Wahrheit kommt so Raum und Zeit erst im Dasein zu Existenz.
Ebenso wird die Sphäre der Potentialität der möglichen Seiendheit erst durch
das in den Horizont des Bewußtseins eintretende Seiende sichtbar. So kann
—3—

Heidegger zurecht sagen, die Lichtung ist seynsverbergend, indem das Seiende
in der Lichtung die Potentialität des Seyns verbirgt, indem das Seiende ist, was
es ist, und nicht, was es sein könnte, noch was überhaupt sein könnte.
Darüberhinaus macht Heidegger immer wieder darauf aufmerksam, daß die
Lichtung nicht ist, sondern west: die Lichtung west als An-wesen des Seyns.
Das Wesen des Seyns bleibt im Anwesenden wie in der Ankündigung des
Ereignisses abgründig.
Ob damit aber das hier relevante transzendentale Ideal gegenüber der bloßen
Potentialität der Sphäre des Wahrheit und Falschheit wie Gut und Böse
ungeschieden enthaltenden Seyns vor jeden Seindheit in Stellung gebracht
werden kann, übersteigt den Rahmen dieser ersten Stellungnahme.
Andererseits: welche Art von Objektivität als die transzendentale Differenz
Übersteigendes haben dann Raum und Zeit im transzendentalen Idealismus,
welche Art von Objektivität besitzt die Potentialität des Seyns gegenüber den
Alternativen des bloß möglichen Denkbaren und der Reihe möglicher Welten
Leibnizens? Diese letzten beiden Fragen sind nochmals grundlegend
verschieden zu stellen: die erste stellt sich gegenüber jeder möglichen Welt, die
zweite stellt sich gegenüber dem Seyn, demgegenüber eine Welt als mögliche
Schöpfung selbst eine spezifische Öffnung des Seyns zu einer bestimmten
Dynamik wäre.
Heidegger weist also tatsächlich eine neue Fragerichtung über die
transzendentale Differenz hinausgehend an, wenngleich gerade anhand der
jeweils in Rede stehenden Welt unter möglichen Welten, soll nicht die Welt
wiederum unter die subjektive Perspektive fallen, auffällt, daß die
Ursprünglichkeit von Raum und Zeit nicht mit der Ursprünglichkeit der
Wahrheit des Seins als seynsverbergende Lichtung des Anwesens des Seyns
zusammenfallen kann. Heidegger kann also die Dialektik der Lichtung
zwischen Horizont des Ereignisses in einer Welt und Horizont als Welt
gegenüber den Seyn sowenig ausschalten, wie die Dialektik zwischen Horizont
des Daseins als Horizont des Bewußtseins und als Horizont des Ereignisses
auch ohne Horizont des Bewußtseins.
Weiters hat Heidegger noch das Erbe Husserls zu tragen, die Konstitution des
inneren Zeitbewußtseins auf Kosten der praktischen Vernunft, bestimmt zu
haben. Ihm dürfte so obige Dialektik und dieser Verlust gemeinsam jene
Problemschwelle gebildet haben, die dazu geführt hat, zwischen »Erde« und
»Welt« (vgl. Leibniz »l‘universe« und »monde«) an Stelle zwischen Welt und
Seyn noch die Götter ins Spiel zu bringen, denen gegenüber wir den Vorzug
erwerben können, den Abgrund des Grundes bis auf den Grund zu gehen. Mit
—4—

dieser Ausbeutung indischer Esoterik (vgl. die wechselnde Bedeutung des


Gottesbegriffes im Yoga) und der abermaligen ausdrücklichen Einführung der
transzendentalen Differenz mittels der Unterscheidung von Erde (Physis) und
Welt, die freilich selbst zu ontologischen Ehren erhoben wird, abermals ohne
damit zu einer ersten Ontologie zu kommen, die Basis einer Ontologie der
Geschichte sein könnte, gelangt Heidegger nahezu am Ende der Schrift »Vom
Ereignis« zum letzten Gott und somit an Stelle zur Auflösung seiner von ihm
oft nur angedeuteten Frage wenigstens in eine deutlich gestellte Frage,
angesichts deren ein Verstummen kein Verschweigen mehr wäre, nur zu
Verdoppelung des Problems, das schon zwischen der Kantschen Idee des
Raumes und der Newtonschen Idee des Raumes als Anschauungsraum Gottes
bestanden hat.
Sowohl der Entwurf der Zeit als Zeitigung der Ekstase wie der Entwurf der
Lichtung als das Seyn verbergende An-Wesen des Seyns im Seienden (ohne
demselben west bloßt das Seyn in der Lichtung des eigenen Daseins) bleiben
also Hinweise eines großen Philosophen, wenngleich auch von vorneherein zu
konstatieren ist, daß weder da noch dort Heidegger verstanden hat, seine
eigene Entwicklung füglich in Verbindung mit der Tradition zu stellen, deren
eigentliches Wesen er allererst zu erhellen getrachtet hat, sondern der in die
Uneigentlichkeit verfallenden Moderne das Siegel eines neuen Anfangs
künstlicher Primitivität aufdrückt, das selbst aber im Werk Heideggers
politisch unbenannt bleibt.*

*
Die erste Kritik am konservativen Christlich-Sozialen Standpunkt bezieht sich
zunächst darauf, daß dieser den Strukturen des internationalen Handels und
der technisch-produktiven Kräfte entgegensteht. Die Entwicklung der
technisch-produktiven Kräfte hängt von den Möglichkeiten des Handels mit
ab. Auf die Entwicklung der Produkte möchten wir trotz der abgelehnten
Folge extensiven Gebrauches (der allerdings die Voraussetzung für
wirtschaftlichen Erfolg der technisch-praktischen Kräfte sein dürfte) nicht
verzichten müssen. Ebenso wenig auf die heute schon wieder beinahe überholt
scheinenden Errungenschaften von der Unabhängigkeit der Gewalten
voneinander im Staat und dem Problem deren demokratische Legitimierung.
— Die Kritik an Schlegel bezieht sich auf die sozialromatische Vorstellung einer
naturrechtlich und naturphysiologisch fundierten ständischen
Wirtschaftsordnung.
—5—

Die Kritik der christlich-sozialen Konservativen am Beginn des Neunzehnten


Jahrhunderts an der Umgestaltung des Staates zu einer effizienten Verwaltung
und einheitlichen Rechtssprechung hat sich aber in den Folgen der politischen
und industriellen Revolution (Nationalismus und Massenverelendung) doch als
gerechtfertigt gezeigt.

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