Diese verdammte Hand
oderragödie eines KünstlersNachdem man ihn ein halbes Jahrhundert lang in den Gifschrank verbannt hat, erkennt man endlich das Ge-nie und die Aktualität Octave Mirbeaus (–), des » Verechters der Gerechtigkeit«, der sich laut Émile Zola »den Armen und Leidenden dieser Welt verschrieben hat«. Es ist höchste Zeit, daß wir uns dieses gewaltigen, vielgestaltigen und erstaunlich aktuellen Werks anneh-men, von dem man bis jetzt nur einen verschwindend klei-nen eil kennt.
Kritik am Roman
Als sich der libertäre Octave Mirbeau als der Protop des engagierten Schrifstellers dem Genre des Romans wid-met – spät erst und nachdem er sein Handwerk erlernt und sich vom »Proletarier der Buchstaben« als politischer Leitartikler in der
Ordre de Paris,
über den Pamphletisten im
Paris-Journal
und in
Les Grimaces,
bis hin zum Ethno-graphen des Pariser Lebens im
Gaulois
¹ entwickelt hat –, ist der Roman bereits ein blühendes Genre und nimmt beinahe überhand, so schnell wächst die Zahl der Roman-
Siehe dazu die Ausgabe der Société Octave Mirbeau :
Paris déshabillé,
L’Échoppe, Caen .
ciers, so daß man Geahr läuf, den Markt zu übersättigen und das alent zu ersticken. Doch die literarische Avant-garde bekundet eine tiee Verachtung ür ein Genre, das sie als unterlegen und gewöhnlich beurteilt.Octave Mirbeau ür sein eil repräsentiert das Paradox, ein ruchtbarer Romancier zu sein, lassen doch seine bei-nahe zwanzig Bände – wenn man jene mit einschließt, die er zu Beginn seiner Karriere unter diversen Pseudony-men publiziert hat – ür das Genre, welches er widerstre-bend vertritt, eine Geringschätzung erkennen, die bereits an Abscheu grenzt. zum Beispiel schreibt er, wäh-rend er unter dem ersten Entwur des
Journal d’une femme de chambre
ächzt, an Claude Monet : »Ich werde der Unzu-länglichkeit des Romans immer mehr überdrüssig, ebenso wie der Art und Weise des Ausdrucks. Alles darin au die romantische Sichtweise zu reduzieren bleibt stets eine überaus erbärmliche, im Grunde überaus gewöhnliche Sa-che ; und die Natur erweckt in mir jeden ag einen tiee-ren Ekel vor dieser Primitivität, der immer unüberwind-licher wird.«² Er wird sich also immer energischer von der Form des Romans abwenden, zunächst inhaltlich, wie die Beispiele von zunehmender Abweichung von gebräuch-lichen Normen und Codes des Realismus, der Plausibili-tät, der Glaubhafigkeit und des Anstands demonstrieren, bevor er sich schließlich vollkommen von ihnen bereit und in seinen letzten erzählerischen Werken,
La -E
() und
Dingo
(), nichts mehr von dem aurecht-erhält, was, so scheint es, unentbehrliche Elemente eines Romans sind.
Vgl.
Correspondance avec Monet,
Le Lérot, usson , S. .
Indem er derart unverhohlen all die althergebrachten Grundsätze eines Genres übertritt, welches er als überholt und ungeeignet ür seine Vision von der Welt und seinen emanzipatorischen Impetus betrachtet, unterstreicht Mir-beau deutlich seine Absicht, neue Wege zu bahnen. Doch nur schrittweise gelingt ihm die radikale Bereiung. Zuvor hatte er jahrelang Fingerübungen als »Neger«³ machen müssen, um ein Meister seines Fachs zu werden. Zwischen und macht er die »Entdeckung« der russischen Romane von olstoi und Dostojewski, was seine literari-schen Konzeptionen erschüttern wird : »Je mehr ich mich dem Leben und dem Nachsinnen hingebe, desto mehr sehe ich, wie jämmerlich und oberflächlich unsere Litera-tur ist ! Da ist nichts, nichts als unnötige Wiederholungen. Goncourt, Zola, Maupassant, all jene sind im Grunde er-bärmlich, all jene sind dumm ; nicht ein Funken Leben ist darin verborgen – was die einzige Wahrheit ist. Und ich kann mir nicht erklären, wie man sie nach der außerge-wöhnlichen Entdeckung dieser neuen Kunst, die uns aus Rußland erreicht, noch lesen kann.«Nachdem er den »Neger« gemimt und ür mindestens drei Lohnherren (wobei er seine Urheberschaf augibt)
Während zwöl oder dreizehn Jahren von bis / hat er als Privatsekretär auch Dienstbotenaufräge ausgeührt und sich als Jour-nalist »an jeden, der zahlt, verkauf«. Brie an Paul Hervieu vom . Juli (abgedruckt in Band
der
Correspendance générale,
L’Âge d’Homme, Lausanne ). Der Held einer der ersten Geschichten von Mirbeau,
Un raté
(), beklagt sich bitter darüber, all seine Rechte an den Romanen und Tea-terstücken, die er als »Neger« veraßt hatte, zu verlieren. Forderte er sie ein, würde er des Diebstahls bezichtigt werden ... (Dieser ext ist im Band
seiner
Contes cruels,
Les Belles Lettres, Paris , zu finden).
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