Vous êtes sur la page 1sur 3

E 1.

4
Das Adjektiv – die unbekannte Gefahr

Christoph Fasel

Was haben uns unsere Deutschlehrer nicht alles beigebracht, als es um das Verfassen des
dialektischen Besinnungsaufsatzes ging. Entsinnen Sie sich: „Wenn Du farbig, anschaulich, kraft-
voll schreiben willst“ – so lautetet es damals in vielen Deutschstunden – „dann musst Du Adjek-
tive, Adverbien und adverbiale Bestimmungen einsetzen!“ Die wurden denn auch prompt mit guten
Deutschnoten belohnt.
Ein tragischer Irrtum – jedenfalls, wenn man so schreiben möchte, dass das, was man der Welt
mitteilen will, auch verstanden wird. Adjektive sind nämlich gleich aus drei Gründen für das
Schreiben von Kommunikations-Texten unbrauchbar – sie sind die unbekannte Gefahr der
Verständlichkeit.

Gliederung Seite

1. Gefahr Nummer Eins: Die doppelte Mopplung 2


2. Gefahr Nummer Zwei: Die Einladung zur Floskel 3
3. Gefahr Nummer Drei: Das Wort kann nicht, was es soll 4
4. Adjektive einsetzen – aber richtig 5

HWK 1 00 08 03 1
E 1.4 Werkzeugkasten: Welche Instrumente wofür?

Die richtige Sprache sprechen

1. Gefahr Nummer Eins: Die doppelte


Mopplung
Moppeln Sie nicht Klar, den kleinen Zwerg kennen wir alle. Auch den großen Riesen.
doppelt! Ebenso wie den weißen Schimmel oder den schwarzen Rappen. Der
tautologische Einsatz, die doppelte Mopplung also, ist die erste und
am deutlichsten sichtbare Gefahr des unreflektiert eingesetzten
Adjektivs. Doch auch Profis tappen immer wieder in diese Falle, wie
eine Theaterkritik aus einer deutschen Tageszeitung beweist:

Adjektivitis

„... gelang es, die Qualitäten von Künekes fidel-flotter Operette enorm zu steigern. Vorangetrieben
von der herrlich posen-verliebten Choreographie war in einem Art Deco-Schlößchen ein
stimmiges Nonett aus schrägen Typen und prallen Chargen unter Herbert Moggs entspannt-
aufmerksamer Leitung in einer liebevoll ironischen Demonstration musikalischen Lachtheaters zu
erleben.“

Hier konnte der Autor offensichtlich die Tinte nicht halten: Denn eine
Operette ist per Definition dazu bestimmt, fidel und flott zu sein –
sonst wäre sie vielleicht ein Requiem. Eine Choreographie stellt
Menschen üblicherweise in Posen, und Typen sind laut Erkenntnissen
der Theaterwissenschaft fast immer schräg und Chargen ebenso meist
prall. Warum also die ganzen Wörter für etwas verschwenden, das
schon im Nomen ausreichend abgehandelt wurde? Und warum dem
Leser seine Zeit durch unnötiges Aufblähen des Textes stehlen?

Adjektiv Tipp 1

Niemals ein Adjektiv benutzen, das die gleichen Eigenschaften wie


das Nomen besitzt. Falls das Nomen uns noch erklärungsbedürftig
erscheint, lieber gleich nach einem besseren Hauptwort suchen,
bevor man vorschnell zum Adjektiv greift!

2 HWK 1 00 08 03
E 1.4 Werkzeugkasten: Welche Instrumente wofür?

Die richtige Sprache sprechen

Informationen zum Autor:


Prof. Dr. Christoph Fasel lehrt als Dekan an der SRH Hochschule in Calw Medien- und
Kommunikationsmanagement; als Journalist Arbeit u. a. bei BILD, Abendzeitung, Bayerischer
Rundfunk, Eltern. Er war Reporter des STERN, Chefredakteur von Reader’s Digest Deutschland
und Österreich und Leiter der Henri Nannen Journalistenschule Gruner+Jahr/DIE ZEIT. Als
Medienentwickler der WortFreunde Kommunikation berät er Institutionen, Verlage und Unternehmen
im In- und Ausland. Er ist Chefredakteur des Wissenschaftsmagazins „Faszination Forschung“ der
TU München.

6 HWK 1 00 08 03

Vous aimerez peut-être aussi