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N I EDERSAC HSEN
S E P T E M B E R 2 0 1 0 | W W W. S P D - N I E D E R S A C H S E N . D E
EDITORIAL
NEUE KOMMUNALVERFASSUNG
FÜR NIEDERSACHSEN
SPD will Stichwahl und Altersgrenze erhalten und plädiert für eine analoge sechsjährige
Wahlperiode von Vertretungen und Hauptverwaltungsbeamten
Von Klaus-Peter Bachmann und Jürgen Krogmann
LIEBE GENOSSINNEN,
LIEBE GENOSSEN,
es es gehört ein gehöriges Maß an Dreistigkeit
und schwarz-gelber Verzweifelung dazu, dass die
Koalition der Untätigen jetzt versucht, die wirt-
schaftliche Belebung als ihr Werk zu verkaufen.
Denn der beginnende Aufschwung hat drei Ursa-
chen: Erstens das weitsichtige Handeln der Tarif- Niedersachsens Kommunal-
partner in der Krise, zweitens die Maßnahmen auf verfassung braucht neue
dem Arbeitsmarkt und zur Konjunkturbelebung, Perspektiven für Kommunen
welche die SPD mit durchgesetzt hat – Kurzarbei- und Landkreise
tergeld, kommunales Investitionsprogramm, Fotos: anweber/shutterstock
Abwrackprämie. Drittens die hohe Attraktivität
innovativer deutscher Produkte im Ausland, so im Mit dem vorgeblichen Ziel, das »Kommu- größtmöglichen Rückhalt der Bevölke-
Bereich der Erneuerbaren Energien. Dass wir dabei nale Ehrenamt zu stärken und zu för- rung. Fällt die Stichwahl, kommen die
von den gigantischen Konjunkturpaketen profi- dern« hat die Landesregierung das Nie- Verwaltungschefs in ihre Ämter, ohne
tieren, die von China geschnürt wurden, ist genau dersächsische Kommunalverfassungs- von einer Mehrheit der Bürgerinnen und
so offensichtlich wie der Umstand, dass Schwarz- gesetz (NKomVG) vorgelegt. Es fasst die Bürger tatsächlich hierfür bestimmt
Gelb keine eigenen Impulse gesetzt hat. Vor allem Niedersächsische Gemeindeordnung, worden zu sein. Das birgt viel Frustpo-
nicht zur Belebung der Binnenkonjunktur. Aber die Niedersächsische Landkreisordnung, tenzial auf beiden Seiten. Deshalb muss
dieser Aufschwung, sollte er stabil und nachhaltig das Gesetz über die Region Hannover die Stichwahl als Instrument der demo-
sein, muss bei den Menschen spürbar ankommen. und das Göttingen-Gesetz zu einem kratischen Legitimation beibehalten
Deutliche Tarifsteigerungen sind ebenso notwen- Gesetz zusammen. Außerdem schlägt werden!
dig, wie Gerechtigkeit bei der Leiharbeit. Das wich- die Landesregierung einige Änderungen Für Diskussionen in Niedersachsens
tigste: Schwarz-Gelb muss endlich mit der Sub- vor, die für Zündstoff in der kommuna- Rathäusern hat auch ein anderer Vor-
ventionierung von Dumpinglöhnen Schluss len Szene gesorgt haben: So möchten schlag gesorgt: Die Landesregierung will
machen. Das »Aufstocken« ist unwürdig, kostet CDU und FDP die Stichwahl bei Bürger- die Altersgrenze für Hauptverwaltungs-
den Staat Milliarden und entlässt die Arbeitgeber meistern und Landräten abschaffen. Ein beamte aufheben, weil sie glaubt, dass
unzulässiger Weise aus ihren Pflichten gegenüber verlockender Gedanke auch für die SPD? Kandidaturen dadurch attraktiver wür-
den Beschäftigten. Hier anzupacken ist die Aufga- Stellen wir nicht in vielen Kommunen den. Wir sehen das anders. Die bisherige
be der Regierung. Sich aufwendig mit fremden die stärkste Fraktion? Altersgrenze von 68 Jahren orientiert
Federn zu schmücken, dafür hat diese Regierung sich am Beamtenrecht, schafft Klarheit
nach dem verlorenen Jahr seit der Bundestags- Stichwahl und Altersgrenze bei allen Beteiligten und hat sich
wahl wirklich weder Zeit noch Grund. haben sich bewährt bewährt. Innerhalb der Kommunalen
Spitzenverbände ist die Frage der Alters-
Euer
Wir als SPD-Landtagsfraktion finden, grenze umstritten - man darf gespannt
dass wir eine neue Kommunalverfas- sein, wie sich die Landtagsmehrheit ver-
sung nicht allein nach parteitaktischen hält. Denn auch innerhalb der Fraktionen Im Niedersachsen-vorwärts:
Erwägungen gestalten dürfen. Bürger- von CDU und FDP gehen die Meinungen »TiL – Themen im Landtag«
Olaf Lies meister oder Landräte bekleiden heraus- in diesem Punkt weit auseinander. (Mittelteil Seiten 1–4)
Landesvorsitzender ragende Positionen und benötigen den Fortsetzung auf Seite 2
II NIEDERSACHSEN 09/2010 vorwärts
WahlkreisTACKticker
Schulklassen werden zu Politikberatungsunternehmen
AKTION»BEITRAGSSOLIDARITÄT«
Kampagnenfähigkeit der SPD stand im Mittelpunkt der Vorstandsklausur des SPD-Bezirks Braunschweig
Während seiner obligatorischen Sommer- schnitt. Mit den zusätzlichen Mitteln aus torische und formale Fragen erörtert und
klausur befasste sich der Vorstand des SPD der Beitragserhöhung sollen die Ortsverei- über die Bereiche der Mitgliederentwick-
Bezirks Braunschweig mit der aktuellen ne,die Unterbezirke und der Bezirk gestärkt lung und Qualifizierung diskutiert.
politischen Lage im Bund und im Land, mit werden. Nur so wird es möglich, sein die Besonders wichtig war dem Bezirksvor-
der Aktion Beitragssolidarität und mit den bevorstehenden Wahlen und die Kampa- stand auch, dass mehr als bisher Kandi-
Kommunalwahlen 2011. Als bundespoliti- gnefähigkeit der SPD zu erhalten. Der daturen von Frauen in allen Altersgrup-
sches Thema wurde die aktuelle stattfin- Beschluss des Bezirksvorstandes war ein- pen gefördert werden sollen. So unter-
dende Debatte über die Rente mit 67 auch stimmig und soll am 21. September auf stützt der Vorstand mit Nachdruck einen
bei der Klausur intensiv diskutiert. Einig- einer Konferenz der Ortsvereinsvorsitzen- Beschluss der ASF, durch gezielte Aktio-
keit bestand darin, dass die Debatte auf der den und der Kassierer erläutert und disku- nen Frauen zu motivieren, bei den Wah-
Grundlage der Dresdener Beschlüsse jetzt tiert werden. len zu kandidieren. Bei der Konferenz am
geführt werden muss, damit beim Sonder- Abschließend befasste sich der Vor- 21. September steht das Thema Vorberei-
parteitag am 26. September ein Antrag stand mit den Kommunalwahlen. Es tung auf die Kommunalwahlen erneut
beschlossen werden kann, der in der SPD wurden zahlreiche politische, organisa- auf der Tagesordnung. ■ K.-H. Mühe
zu mehr Akzeptanz führt und dazu bei-
trägt, die Diskussion über die Zukunft der
sozialen Sicherungssysteme zielgerichte-
ter zu führen.
WISSENSCHAFT FÜR
Ü DIE REGION
Mit seinem Beschluss zur Aktion Bei- 1. Regionales Wirtschaftsgespräch des SPD-Landesverbandes in Stade
tragssolidarität schließt sich der SPD Bezirk
Braunschweig den anderen Bezirken in Zum Thema »Was kann die Wissenschaft Professorin Hegele forderte mehr Nach-
Niedersachsen an und leitet damit eine für die Region leisten?« fand das 1. Regio- haltigkeit und Weitblick. So setze die Fach-
moderate Beitragserhöhung für alle SPD nale Wirtschaftsgespräch der Landes-SPD hochschule in Emden und Leer auf die
Mitglieder ein. Damit reagiert der Bezirk am 10. August 2010 in Stade statt. Vor über Zukunft der maritimen Wirtschaft, obwohl
auf die zurückgegangene Mitgliederzahl 70 Teilnehmern sagte SPD-Landesvorsit- die Werft in Emden geschlossen wurde.
und auf den zu geringen Beitragsdurch- zender Olaf Lies, Niedersachsen könnte Prof Dr. Bernt Sierke betonte, dass in Stade
wirtschaftlich besser dastehen, wenn die ein erfolgreicher Verbund zwischen der
Kräfte in den Regionen besser genutzt privaten Fachhochschule und dem dorti-
und vom Land gefördert würden. Die gen »FCK-Valley« entstanden sei. IHK-
ZUR AKTION Hochschulen müssten als Impulsgeber Hauptgeschäftsführer Jörg Orlemann be-
für die Region stärker gefordert werden; stätigte, dass die Private Fachhochschule
»BEITRAGSSOLIDARITÄT« die Idee einer »Kommunikationsplatt- Göttingen in Stade deshalb Fuß gefasst
Für viele Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten gab es Post in form« für die regionale Wirtschaftsent- habe, weil ihr Angebot auf die Bedürfnisse
den vergangenen Tagen – die Kampagne Beitragssolidarität ist in wicklung wie in Stade könne Beispiel für der regionalen Wirtschaft abgestimmt sei.
vollem Gange. Mit viel Engagement werben alle vier Bezirke in Nie- andere sein. Als Rednerin hatte das Forum Insbesondere die ländliche Region brauche
dersachsen für die Aktion, die Beitragseinahmen – und somit die die Präsidentin der Fachhochschule Wissenschaftseinrichtungen, die auf die
Gestaltungsspielräume – für die Partei bei der Kommunalwahl zu Emden/Leer Prof. Dr. Dorothea Hegele regionalen Spezifika zugeschnitten seien
erhöhen. »Wir freuen uns, dass sich die SPD in Niedersachsen sehr und als weitere Diskussionspartner den und keine Allerweltshochschulen. Für Olaf
entschlossen auf die kommenden Aufgaben konzentriert. Dies gilt Präsidenten der Privaten Fachhochschule Lies ist Wissenschaftspolitik auch Regio-
insbesondere für die inhaltliche, personelle und organisatorische Göttingen-Stade Prof. Dr. Bernt Sierke und nalpolitik. Deshalb unterstützte er in Stade
Vorbereitung der Kommunalwahlen!« so Landesgeschäftsführer den Hauptgeschäftsführer der IHK Stade die Ansicht des dortigen Bürgermeisters
Michael Rüter. und Aufsichtsratsvorsitzender der Hoch- Andreas Rieckhof, dass die Wissenschafts-
Durch die Kampagne Beitragssolidarität, werden insbesondere die schule 21 in Buxtehude Jörg Orlemann und Wirtschaftspolitik in Niedersachsen
Handlungsspielräume der Ortsvereine stabilisiert. Aktive Ortsvereine eingeladen. Gastgeber war Stades Bür- stärker verzahnt werden müsse: »Unsere
und eine gute kommunale Verankerung sind das Rückgrat der SPD, so germeister Andreas Rieckhof, die stellver- Hochschulen sind voll mit kreativen Köp-
Michael Rüter, und weiter: »Die Kampagne Beitragssolidarität ist ein tretende SPD-Landesvorsitzende Daniela fen. Die Politik muss helfen, dass ihre Ideen
wichtiges Element, um dieses Rückgrat noch stärker zu machen!« Behrens leitete als fachkundige Modera- in den Standorten zu erfolgreichen Pro-
torin die muntere Debatte in Stade. dukten umgesetzt werden können.« ■ hrs
09/2010 vorwärts NIEDERSACHSEN V
Vorwärts: Obwohl Lingen als CDU-Hoch- und dem Rheinland an, die hier ein Wochen-
burg gilt,haben Sie gute Chancen als Kandi- ende oder ihren ganzen Urlaub verbringen,
dat von SPD und Grünen Verwaltungschef um sich in der Natur zu erholen. In der Ver-
zu werden. Woher kommt der große Rück- gangenheit wurden besonders der Radtou-
halt in der Bevölkerung? rismus, aber auch Urlaubsangebote auf Bau-
Dieter Krone: Zunächst einmal werde ich ernhöfen gefördert. Hieran möchte ich
zwar bei meiner Kandidatur von der SPD anknüpfen und in Zusammenarbeit mit den
und den Grünen unterstützt, ich selbst gehö- Inhabern von Pensionen, Hotels und Ferien-
re aber keiner Partei an. Ich trete also als über- wohnungen die Qualität der Unterkünfte
parteilicher Kandidat an, was bei vielen noch weiter verbessern. Gleichzeitig sollen
Menschen auf große Zustimmung stößt. die bisherigen Angebote so ausgebaut wer-
Viele wünschen sich einen Oberbürgermei- den, dass sie im Einklang mit der Natur ste-
ster, der sich nicht in seinen Entscheidungen hen. Tourismus stellt somit im Emsland im
an den Vorgaben einer Partei orientieren Einklang mit der Natur ein großes wirt-
muss,sondern jemanden,der allein am Wohl schaftliches Potenzial dar.
der Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger Vorwärts: Viele niedersächsische Kom-
interessiert ist. Außerdem setze ich auf ein munen ächzen unter einer hohen Verschul-
hohes Maß an Bürgerbeteiligung. Die Linge- dung. Wie ist die Lage in Lingen und wie Foto: SPD-Ortsverein Lingen
nerinnen und Lingener sollen in Zukunft in kommt man aus der »Schuldenfalle«?
für die Stadt wichtige Entscheidungen aktiv Dieter Krone: Auch Lingen wird sich an eine
einbezogen werden. Und schließlich ist vollkommen neue Finanzsituation gewöh-
KURZ VORGESTELLT: DIETER KRONE
sicherlich nicht zu verleugnen,dass sich nach nen müssen. Wir haben einen Ausfall bei der 1963 in Freren geboren, aufgewachsen mit 6 Geschwistern
vielen Jahrzehnten CDU-Vorherrschaft die Gewerbesteuer von rund 16 Millionen Euro im emsländischen Beesten; 1982 Abitur am Gymnasium
Menschen einen Wechsel verbunden mit bedingt durch die Verlegung eines Firmen- Leoninum in Handrup;
einem neuen Politikstil und anderen inhalt- sitzes.Mit anderen Worten:auch wir müssen 1982–1983 Grundwehrdienst in Rheine und Lingen
lichen Schwerpunkten wünschen. sparen. Auf den Prüfstand müssen alle Pro- 1983–1988 Studium der Fächer Musik und Geographie für das Lehramt
Vorwärts: Sie sehen große wirtschaftli- jekte. Ausnahme: der Sozialbereich und die an Gymnasien an der Universität Osnabrück
che Potenziale für Lingen im »sanften Tou- Bildung. Hier zu sparen, wäre mit Blick auf 1989–1991 Referendariat am Studienseminar in Lüneburg
rismus«. Was bedeutet das konkret? die Zukunft geradezu sträflich, denn wir seit 1991 Studienrat am Franziskus-Gymnasium mit den Fächern
Dieter Krone: Gerade das südliche Emsland werden in den kommenden Jahren ange- Musik und Geographie, wohnhaft in Lingen/Laxten
und besonders die nähere Umgebung von sichts des jetzt schon akuten Fachkräfteman- 1997 Ernennung zum Oberstudienrat
Lingen zeichnen sich durch eine enorme gels gut ausgebildete junge Leute brauchen, Dieter Krone ist verheiratet und hat zwei Töchter im Alter von 8 und 12
naturräumliche Vielfalt aus. Neben großen um unser wirtschaftliches Niveau zu halten. Jahren. Bereits im Studium hat er sich schwerpunktmäßig mit der Wirt-
Waldflächen gibt es Heidelandschaften, Insofern ist Lingen trotz des finanziellen Ein- schaftsgeographie und dem Komplex Raumordnung/Raumplanung
Seen und die Emslandschaft. Die Naturnähe bruchs immer noch in einer komfortablen beschäftigt. Sein großes Hobby ist die Musik: Neben den vielfältigen
trägt erheblich zur Lebensqualität der hiesi- Situation, denn wir brauchen nicht wie musikalischen Aktivitäten mit Chören und der Big Band des Franziskus-
gen Bevölkerung bei. Gleichzeitig zieht sie andere Kommunen bei unseren größten gymnasiums ist Dieter Krone seit mehreren Jahren der Leiter der Chor-
besonders Touristen aus dem Ruhrgebiet Potenzialen zu sparen.. ■ SchumS werkstatt Lingen e.V.
HAUPTAMTLICHENKONFERENZ 2010
Die Kommunalwahl rückt näher: Im September 2011 werden in Nieders-
achsen die Räte und Kreistage neu gewählt, in 70 Kommunen stehen die
Bürgermeister, Oberbürgermeister oder Landräte zur Wahl. Die Vorbe-
reitung dieser wichtigen Etappe auch zur Landtagswahl 2012/2013
stand im Mittelpunkt der Hauptamtlichenkonferenz am 16. August in
Hannover, zu der über 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus ganz
Niedersachsen angereist waren. Landesgeschäftsführer Michael Rüter
(Foto) erläuterte den Fahrplan der Niedersachsen-SPD zur Kommunal-
wahl und stellte das Angebot der Landespartei an die örtlichen SPD-
Gliederungen und Kandidaten vor. Zuvor hatten der SPD-Landesvorsit-
zende Olaf Lies und der Vorsitzende der Landtagsfraktion Stefan Scho-
stok eindringlich für eine bessere Finanzausstattung der Kommunen
geworben und den Griff der Landesregierung in den kommunalen
Finanzausgleich kritisiert.
VI NIEDERSACHSEN 09/2010 vorwärts
Die demografische Entwicklung stellt ungünstigen Zeiten und für eine im Ver- So sind alle drei niedersächsischen AWO
die Pflege vor eine große Herausforde- gleich zu vielen anderen Anbietern gute Bezirksverbände von der berufundfami-
rung – nicht nur die Krankenhausversor- Bezahlung vorsehen. lie gGmbH als familienbewusste Betrie-
gung sondern auch die stationäre und Um die besten Fachkräfte zu gewin- be zertifiziert worden. Daran sind zahl-
ambulante Altenpflege sowie die Behin- nen, kümmere sich die AWO intensiv um reiche Maßnahmen geknüpft, die die
dertenhilfe. In allen diesen Sektoren der die Ausbildung und Weiterqualifizie- Vereinbarkeit von Beruf und Familie ver-
Pflege heißt es inzwischen: Immer mehr rung ihrer Pflegemitarbeiter. »Wir wer- einfachen sollen. Hierzu gehören bei-
zu versorgende und zu betreuende Men- den aktiv bei den Diskussionen um die spielsweise der »Elternservice AWO«und
schen, immer weniger Pflegekräfte. Fortentwicklung des Pflegeberufes mit- der »Seniorenservice AWO«, die den
»
Auf qualifizierte
Viel zu wenige Menschen wollen in
diesem Bereich arbeiten. Der Pflegeberuf
mischen!«, kündigt der AWO Bezirksge-
schäftsführer aus Weser-Ems, Thomas
AWO-Mitarbeiterinnen und Mitarbei-
tern Unterstützung bei der Betreuung
Fachkräfte warten hat ein schlechtes Image und die Arbeits- Elsner, an. ihrer Kinder oder ihrer pflegebedürfti-
bei der AWO bedingungen lassen sich durch den Die Arbeitsplätze bei der AWO sollen gen Angehörigen anbieten.
attraktive Tätig- Kostendruck im Gesundheitswesen sich in ihrer Attraktivität deutlich von »Der Pflegeberuf bietet hervorragen-
keitsfelder im kaum verbessern – sie verschlechtern denen anderer Wettbewerber unter- de Zukunftschancen und ausgezeichne-
Pflegemanage- sich derzeit eher noch. scheiden. Deshalb haben sich die Unter- te Entwicklungsmöglichkeiten«, sind
mentbereich!. « Im Bereich Pflege wird derzeit von
einer jährlichen Steigerung des Fach-
nehmen der AWO sehr frühzeitig um die
Themen »Vereinbarkeit von Beruf und
sich die AWO Geschäftsführer einig. »Auf
qualifizierte Fachkräfte warten attrakti-
kräftebedarfs um drei Prozent ausgegan- Familie« und »gesundheitsbewusste ve Tätigkeitsfelder im Pflegemanage-
gen. 2020 werden 3,5 von 100 Menschen Personalpolitik« gekümmert. mentbereich!« ■
für die Pflege und Betreuung Pflegebe-
ANZEIGE
E
dürftiger benötigt. 2050 wird dieser
Anteil bereits bei 9,4 Prozent liegen.
Gleichzeitig hat sich bereits in den ver-
gangenen Jahren bei den Ausbildungs-
plätzen das Verhältnis von Bewerbern zu Mitten im Leben
freien Plätzen gravierend verschlechtert.
Die drei Bezirksverbände der AWO
in Niedersachsen und ihre Tochterge-
Attraktive Perspektiven für Pflegefachkräfte!
sellschaften sind große Anbieter von
Wohn- und Pflegeheimen und von
ambulanten Dienstleistungen. »Wir
stellen uns aktiv den Fragen der Perso-
nalgewinnung, der Personalbindung
und der Personalqualifizierung«, sagt
Rifat Fersahoglu-Weber, Geschäftsfüh-
r e r d e s AW O B e z i r k s v e r b a n d e s
Braunschweig. »Unser Ziel ist es, unse-
re hohe Dienstleistungsqualität nicht
nur zu halten, sondern kontinuierlich
zu verbessern. Daher haben wir uns
vorgenommen, den jetzt schon sicht- Arbeiten in stabilen Teams - Wir freuen uns auf Sie!
baren Wettbewerb um die besten Fach-
kräfte zu gewinnen«, so Jochen Flitta,
Bezirksverband Braunschweig e. V.
Geschäftsführer des AWO Bezirksver-
bandes Hannover. Peterskamp 21 | 38108 Braunschweig
Voraussetzung dafür seien beispiels- Tel. 05 31 / 39 08 - 0 | Fax 05 31 / 39 08 - 108
weise attraktive und verbindliche tarifli- www.awo-bs.de | karriere@awo-bs.de
che Strukturen. Die AWO als ein der Tra-
dition der Arbeiterbewegung verpflich- Bezirksverband Weser-Ems e. V.
Impressum teter Wohlfahrtsverband und zugleich Klingenbergstraße 73 | 26133 Oldenburg
Herausgeber: moderner sozialer Dienstleister wehrt Tel. 04 41 / 48 01 - 0 | Fax 04 41 / 48 01 - 103
SPD Niedersachsen
Verantwortlich: Michael Rüter
sich – trotz sehr schlechter Rahmenbe- www.awo-ol.de | info@awo-ol.de
Redaktion: Lothar Pollähne, dingungen für die Pflege in Niedersach-
Sebastian Schumacher sen – gegen Tarifflucht. Flächendeckend Bezirkverband Hannover e. V.
Anschrift: Odeonstraße 15/16, arbeiten die niedersächsischen AWO- Körtingsdorfer Weg 8 | 30455 Hannover
30159 Hannover
E-Mail: lopo.vorwaerts@gmx.de
Anbieter mit Tarifverträgen, die bei- Tel. 05 11 / 49 52 - 0 | Fax 05 11 / 49 52 - 200
spielsweise verbindliche Regelungen für
Layout & Satz: Anette Gilke www.awo-bv-hannover.de | info@bv-hannover.awo.de
mail@AnetteGilke.de eine zusätzliche Altersversorgung, für
die Zahlung von Zulagen für Dienste zu
09/2010 vorwärts NIEDERSACHSEN VII
VORWÄRTS
RÄTSEL »DIE FDP LÄSST EINMAL MEHR
IHRE UNSOLIDARISCHE GESINNUNG
ERKENNEN«
»Die Kugel, die mich treffen Der »Humanistische Verband Niedersachsen« HVN ist die Interessenvertretung ern, Humanistische Trauungen und
soll, ist schon gegossen«, er- religionsfreier Menschen in Niedersachsen. Bereits seit den 1950er Jahren ist der weltliche Trauerfeiern. Viele Menschen
klärt er seiner Tochter, nach- Verband als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt und seit 1970 durch den haben das Bedürfnis nach der feierlichen
dem er ein Attentat am 26. Ja- Staatsvertrag mit dem Land Niedersachsen den Kirchen gleichgestellt. Dennoch Begehung zentraler Familiärer Ereignis-
nuar 1920 leicht verletzt über- wird Mitgliedern des Humanistischen Verbandes manchmal mit Skepsis entgegen- se ohne feste religiöse Rituale. Wir geben
lebt hat. Er ist Finanzminister getreten, auch innerhalb der SPD. Und das, obwohl sich viele Genossinnen und hierfür Anregungen und machen Vor-
des Deutschen Reiches und die Genossen dort engagieren. Der Vorwärts sprach mit Sigrid Leuschner, MdL und Mit- schläge, die endgültige Ausgestaltung
Hassfigur deutsch-völkischer glied im Vorstand des Ortsverbandes Hannover, und mit Jürgen Steinecke, dem eines Festes liegt aber in den Händen der
Extremisten schlechthin, war hauptamtlichen Landesgeschäftsführer des HVN. Familien. Das Recht auf Unterstützung
er doch am 11. November 1918 religionsfreier Mitmenschen, das auch
der Erstunterzeichner des Waf- Vorwärts: Manche Leser dürften sich die Kirchen. Wie ist das Verhältnis zu im Staatsvertrag mit dem Land von 1970
fenstillstands in Compiegnè. fragen, wieso im Vorwärts ein Interview den Kirchen heute? festgeschrieben ist, drückt sich in diesen
Als Befürworter des Versailler mit Vertretern des HVN zu finden ist. Leuschner: In der Vergangenheit haben Angeboten praktisch aus.
Vertrages gilt er der Rechten als Welche Antwort würdet ihr darauf sich die Humanisten durchaus über die
»Erfüllungspolitiker«, der zu eli- geben? Ablehnung eines zu großen Einflusses Vorwärts: „Jugendfeier“ klingt sehr
minieren ist. Das geschieht am Steinecke: Die Geschichte des HVN ist eng der Kirchen auf das Leben der Menschen nach der „Jugendweihe“ aus der DDR.
26. August 1921 in Bad Gries- mit der Arbeiterbewegung verknüpft. Vie- und ihrer Individualität definiert. Des- Leuschner: Das DDR-Ritual hatte nie etwas
bach im Schwarzwald. Aus ein- mit den Jugendfeiern des HVN zu tun. Der
fachen Verhältnissen stam- staatspolitische Missbrauch der Jugend-
mend absolviert er 1894 im Al- weihe durch die DDR widersprach völlig
ter von 19 Jahren seine Prüfung der Intention und dem Charakter der tradi-
zum Volksschullehrer. Zwei Jah- tionellen Jugendweihe. Da es dennoch
re später ist er Redakreur des immer wieder zu Gleichsetzungen kam
katholischen Deutschen Volks- und der Begriff vorbelastet war, haben wir
blatts und engagiert sich in bereits 1988 für uns den Begriff Jugendfei-
Arbeitervereinen. 1903 wird er er festgeschrieben. Im kommenden Jahr
für das Zentrum in den Reichs- feiern wir übrigens den 125. Jahrestag der
tag gewählt, wo er als Antikolo- ersten Jugendfeier in Hannover.
nialist gegen Reichsgrößen-
wahn steht. Schon in seiner ers- Vorwärts: Innerhalb der Landesregie-
ten Parlamentsperiode erwibt rung gibt es Bestrebungen, den Kirchen
er sich Meriten als Finanzexper- die Zuschüsse zusammenzustreichen.
te. Als er am 21. Juni 1919 zum Steinecke: Mit der erneuten Diskussion
Finanzminister ernannt wird, über die Streichung staatlicher Zuwen-
stellt er Deutschland steuerpo- dungen für die Kirchen lässt die FDP ein-
litisch auf den Kopf. In seine Sigrid Leuschner Foto: Ronald Becher Jürgen Steinecke mal mehr ihre unsolidarische Gesinnung
Amtszeit fällt die einzige wirk- erkennen. Neben den großen Kirchen
lich groß zu nennende Steuer- le Mitglieder des »Freidenkerverbandes« halb wurden sie von den Kirchen abge- erhalten in Niedersachsen auch andere
reform. Sie beinhaltet eine Erb- und der »Freireligiösen Gemeinde Hanno- lehnt. Das ist heute nicht mehr der Fall. Religions- und Weltanschauungsge-
schaftssteuer mit starker Bela- ver« – also unserer Vorläuferorganisatio- Das Verhältnis zur evangelischen und meinschaften wie z.B. die jüdischen
stung höherer Einkommen, be- nen von 1909 bis zum Verbot durch die katholischen Kirche, aber auch zu den Gemeinden oder der Humanistische Ver-
endet die Abhängigkeit des Nationalsozialisten 1934 – waren gleich- jüdischen Gemeinden in Niedersachen, band staatliche Unterstützungen für
Staates von den Kleinstaaten zeitig Aktive in der AWO und in der SPD. den Muslimen und anderen Religionsge- ihre Arbeit. Nur durch diese Unterstüt-
und führt den bis heute gülti- Diese Entwicklung geht zurück bis in die meinschaften, ist von Toleranz geprägt. zung ist gewährleistet, dass die vielen
gen direkten Lohnsteuerabzug Zeit des Vormärz, als sich viele Freidenker Diesen Wert leben wir und fordern ihn tausend Ehrenamtlichen, die sich in ihrer
ein. Diese zentralistische und nicht mehr in das enge Glaubenskorsett im Gegenzug auch für uns ein. Das Freizeit sozial engagieren, professionell
um sozialen Ausgleich bemüh- der katholischen und der protestantischen bedeutet im Kern, Respekt auch vor den- begleitet werden können. Durch die Kür-
te Steuergesetzgebung trägt Kirche zwängen lassen wollten. Insofern jenigen zu haben, sie kein Gottesbild in zung von Zuschüssen in diesem Bereich
ihm weitere Hassattacken ein, hat der Humanismus auch durch sein star- sich tragen und keiner Religionsgemein- nimmt man bewusst die Zerstörung
auch aus eigenen Reihen. Wer kes Eintreten für die Trennung von Staat schaft angehören. eines gut funktionierenden sozialen
wars. Zu gewinnen gibt es sei- und Kirche eine zutiefst politische Traditi- Netzwerkes, das unsere Gesellschaft wie
ne Kriegserinnerungen. ■ lopo on. Hier in Niedersachsen haben sich die Vorwärts: Das Verhältnis zu den Kir- Kitt zusammenhält, in Kauf. ■
Die Lösung bitte an den Sozialdemokraten Egon Franke und Kurt chen und Religionsgemeinschaften ist Das Interview führte
vorwärts, Odeonstr. 15/16, Partzsch sehr stark für den Status als Kör- entspannt – wofür setzt sich der HVN in Sebastian Schumacher.
30159 Hannover perschaft des öffentlichen Rechts einge- der Gegenwart ein, was sind Eure Ange-
Im Juli/August-vorwärts war setzt. bote? In der Oktober-Ausgabe setzt der Vor-
Ferdinand Freiligrat gesucht. Steinecke: Ein wesentlicher Teil unserer wärts seine Gesprächsreihe mit Verbän-
Gewonnen hat Dieter Fröhlich Vorwärts: Das organisierte Freidenker- Angebote umfasst die so genannten den, Kirchen und Gewerkschaften in
aus Moormerland. tum galt lange Zeit als Kampfansage an Lebensfeiern: Namensfeier, Jugendfei- Niedersachsen fort.