Unsere grössten Fehler im Umgang mit Geld – und wie wir sie vermeiden.

Seite 57
21. Januar 2018
17. Jahrgang | Nr. 3 Heute im
NZZaS.ch «Stil»-Magazin
Fr. 6.00 | € 6.00
Spezial:
Reisen

Für Berset «No Billag» Jetzt spricht das Volk

ist am WEF
PASCAL MORA

Europapolitik
zweitrangig
Wichtige Vertreter der EU tont jedoch, er sei nicht auf das
haben ein Treffen in Davos WEF angewiesen, um EU-Ver-
treter treffen zu können: «Jean-
mit Alain Berset abgesagt. Claude Juncker und ich sprechen
Dem Bundespräsidenten jederzeit miteinander, wenn es
kommt das nicht ungelegen. nötig ist.» Das ist aber derzeit
Stefan Bühler, offensichtlich nicht der Fall.
Andrea Kučera Noch diskutiere der Bundesrat
intern seine Position bei den Ver-
Die Schweizer Europapolitik handlungen mit Brüssel, erklärt
werde nicht in Davos gemacht, Berset. Und anders als der EU-
sagt Bundespräsident Alain Kommission eilt es dem Bundes-
Berset vor Beginn des Weltwirt- präsidenten offenbar nicht, beim
schaftsforums (WEF) im Inter- umstrittenen Rahmenabkommen
view. Es ist seine Antwort auf die rasch zu einem Verhandlungs-
vielerorts geäusserte Vermutung, ergebnis zu kommen. «Ich gehöre
die EU-Vertreter zeigten der nicht zu den Leuten, die glauben,
Schweiz die kalte Schulter. Fakt der grosse Durchbruch mit Brüs-
ist: Zwei der wichtigsten Ge- sel komme schon bald.» Und er
sprächspartner der Schweiz, EU- fügt an: «Wir lassen uns nicht
Kommissionschef Jean-Claude unter Druck setzen.»
Juncker und Frankreichs Präsi- Derweil ist ein Treffen zwi-
dent Emmanuel Macron, haben schen Berset und der deutschen
am WEF keine Zeit für ein Treffen Bundeskanzlerin Angela Merkel
mit dem Bundespräsidenten. in Davos auf bestem Weg, wie aus
Dass das Verhältnis zwischen gut unterrichteten Quellen ver-
der Schweiz und der EU nach dem lautet. Und falls der Budgetstreit
jüngsten Eklat von Ende 2017 in den USA Donald Trump keinen Piri Rickenbacher (Bild) hat nicht zweimal zahlen: als Privat- teuer, oder einfach überflüssig. obersten Etagen angekommen.
einen Dämpfer erhalten hat, ist Strich durch die Rechnung macht, zwar schon am Donnschtig-Jass person und als Unternehmer. Es gibt aber auch die andere Generaldirektor Gilles Marchand
ein offenes Geheimnis: Im wird sich der Bundespräsident teilgenommen und in seinem «Ein Denkzettel tut denen gut.» Seite: Der ehemalige SVP-Sekre- verspricht im Interview eine
Dezember setzte die EU-Kommis- nächste Woche mit dem US-Präsi- Geschäft eine Grossleinwand Rickenbacher ist nicht allein tär Ueli Brügger etwa kämpft Reform: Die SRG müsse fitter,
sion die Schweiz in Steuerfragen denten austauschen und diesem aufgestellt, als das Schwingfest im Kanton Schwyz, dem SRG- gegen die Initiative. Als Eid- agiler und profilierter werden.
auf eine graue Liste, und sie be- seine Vision von «Switzerland übertragen wurde – dennoch kritischsten Kanton der Schweiz. genosse wolle er nicht, «dass die Und Medienministerin Doris
nachteiligte gezielt die Schweizer first» darlegen. wird er für die No-Billag-Initia- Hier hauen viele auf den Tisch, ausländischen Sender die Leuthard deutet an, dass die
Börse – für Berset ist das inakzep- tive stimmen und damit gegen wenn es um Radio und Fernse- Lücken füllen». Derweil ist die Gebühr bald auf 300 Franken
tabel. Der Bundespräsident be- Seite 10 das Schweizer Fernsehen. Er will hen geht: weil es zu links sei, zu Kritik an der SRG auch in den sinken könnte. Seite 13, 22, 24

Schwarzgeld in Rekordhöhe gemeldet Neue Anbieter machen der

In der Schweiz haben ren in Kraft getreten ist. Seither
Steuerpflichtige seit 2010 haben Steuerpflichtige unver-
steuerte Vermögen in der Höhe
unversteuerte Vermögen von mindestens 31,7 Milliarden
von insgesamt 31,7 Milliarden deklariert, wie eine Umfrage der
Franken offengelegt. «NZZ am Sonntag» in den 26 Kan-
Daniel Friedli, Lukas Häuptli tonen zeigt. Die Betroffenen müs-
sen Nachsteuern zahlen, werden
Allein im letzten Jahr haben rund aber nicht gebüsst.
40 000 Steuerpflichtige den Am meisten Schwarzgeld
Steuerbehörden Schwarzgeld per tauchte in den Kantonen Zürich,
Selbstanzeige gemeldet. Grund- Tessin und Genf auf; auffallend
lage für diese Offenlegungen ist viele der gemeldeten Gelder lie-
das Gesetz über die straflose gen auf Konten beziehungsweise
Selbstanzeige, das vor acht Jah- in Depots in Liechtenstein. Die
Schweiz tauscht mit dem Fürs-
tentum sowie mit einer ganzen
Reihe anderer Länder ab diesem
Jahr Bankdaten aus, und zwar im
Rahmen des internationalen In-
formationsaustauschs. Dieser er-
möglicht den Steuerämtern in Zu-
kunft, in bisher geheime Konten
und Depots im Ausland Einsicht
zu nehmen und gegen Steuer-
hinterzieher zu ermitteln.
Um diesen Ermittlungen zu-
vorzukommen, haben 2017 so
viele Steuerpflichtige wie noch
nie Schwarzgeld im Ausland per
Selbstanzeige gemeldet und da-
mit legalisiert. In den letzten acht
Jahren kam es insgesamt zu über
90 000 Selbstanzeigen.
Der automatische Informa-
tionsaustausch hat zur Folge,
dass die Schweiz für Schweizer
Schwarzgeld mittlerweile siche-
rer ist als das Ausland. Das na-
tionale Bankgeheimnis schützt
Steuerhinterzieher weitgehend.
Deshalb fordern die Kantone
mehr Ermittlungskompetenzen.
Seite 9
SBB-App Konkurrenz
Millionen Schweizer lösen heute laut einem Sprecher Ende des ers-
Billette mit der App der SBB. ten oder Anfang des zweiten
Doch nun drängen neue Anbieter Quartals schweizweit nutzbar.
auf den Markt. Mit der App Lezz- Ein drittes System stammt von
go der Berner BLS muss man das der SOB aus St. Gallen. Ihre Abilio
Billett nicht mehr vorgängig kau- genannte Ticketplattform soll
fen. Das Programm berechnet demnächst in der ganzen Schweiz
nach Ankunft den besten Preis. einsatzfähig sein. Neu wird auch
Es wurde kürzlich schweizweit der TCS in einer eigenen App
lanciert. Der Zürcher Verkehrs- namens «Einfach mobil» Bus-
verbund integriert die Technolo- und Bahnbillette anbieten. (mju.)
gie ab Frühling in ihre App.
Ähnlich wie Lezzgo funktio- Seite 31
niert die App von Fairtiq. Sie wird Kommentar Seite 19

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Welche Kultur
REUTERS

ANITA AFFENTRANGER

Anlagethemen «Meine Revolution

haben ist Schweinerei»
Zukunft? Georg Baselitz, der grosse Berserker der
Kunst, über Protest, sein Unbehagen an
der Politik – und Günter Grass. Seite 66
3. QUA
RTA L 2017

International Gesellschaft
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beweg

Wo ist eigentlich Das Geheimnis

LUCIAN HUNZIKER

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Marine Le Pen? seiner Sprachkraft

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Erst lehrte sie ganz Europa das Fürchten, Maximal 600 Wörter produzieren pro
dann tauchte sie ab: Was die Chefin des Tag, nicht krampfhaft Ideen suchen:
Front national jetzt ausheckt. Seite 3 Autor Peter Stamm über das Schreiben.
Aktuell
Weitere russische
Twitter-Profile
Twitter hat über 1000 neue
Konten entdeckt und gesperrt,
die 2016 aus Russland gesteuert
auf die US-Präsidentenwahl
Einfluss zu nehmen versuchten.
Der Kurzmitteilungsdienst geht
jetzt von 3814 Profilen aus, wie
er am Freitagabend bekanntgab.
Zusammen hätten diese rund
176 000 Tweets versendet, die
von gut 50 000 automatisierten
Konten oder Bots weiterverbrei-
tet wurden. Twitter will nun fast
678 000 Personen unterrichten,
die den Schein-Profilen folgten
oder deren Tweets retweeteten
oder likten. (vmt.)
Ein «schönes Geschenk» zum Jahrestag
Genau ein Jahr nach Amtsantritt Trumps kommt es in den USA zur Stilllegung der Bundesverwaltung
Roman Elsener, New York
In den USA ist in der Nacht auf
Samstag eine Haushaltssperre in
Kraft getreten, da sich der Senat
nicht auf ein Budget einigen
konnte. Den Demokraten sind die
geplanten Ausgaben für das Mili-
tär und den Grenzschutz zu hoch.
Sie fordern zudem eine Verlänge-
rung des «Dreamers»-Gesetzes,
das in den USA aufgewachsene
Kinder illegaler Einwanderer vor
der Deportation schützt. Die
Republikaner geben aber nicht
nach. Auch ein Gespräch von Prä-
sident Donald Trump mit der
demokratischen Spitze schei-
terte. Zwar haben die Republika-
ner in beiden Parlamentskam-
mern die Mehrheit, im Senat sind
aber 60 Stimmen nötig, um das
Budget zu verabschieden. Die
Republikaner erreichten nur 50.
Die Rechtsgrundlage für eine
Stilllegung existiert seit 1884.
Zum tatsächlichen Shutdown
kommt es aber erst seit der Ein-
führung der modernen Budgetie-
rung. Dies geschah erstmals 1976
unter Präsident Ford. Seither kam
es unter jedem Präsidenten dazu,
ausser unter George W.Bush. Die
Stilllegung dauert manchmal nur
einen Tag, wie es mehrfach unter
Ronald Reagan geschah. Die
längste hielt 1995/96 unter Bill
Clinton drei Wochen an. Als
Barack Obama 2013 einen Shut-
Erdogan eröffnet neue
Front in Syrien
Die Türkei hat begonnen, mit
dem Westen verbündete
kurdische Kämpfer in Syrien
zu bombardieren.
Inga Rogg, Istanbul
Der türkische Präsident Recep
Tayyip Erdogan hat am Samstag
den Befehl für eine seit Tagen an-
gekündigte Grossoffensive auf
kurdische Kämpfer im Nachbar-
land Syrien gegeben. Kurz danach
bombardierten türkische Kampf-
jets am frühen Abend mutmass-
liche Stellungen der syrisch-kur-
dischen Volksverteidigungsein-
heiten (YPG) in Afrin. Zugleich
transportierte das türkische Mili-
tär verbündete syrische Kämpfer
aus einem anderen Landesteil
über die Türkei in die kurdische
Enklave im Nordwesten Syriens.
Nach eigenen Angaben hat die
türkische Luftwaffe der YPG
schwere Verluste zugefügt: 108
von 113 Zielen seien getroffen und
zahlreiche «Terroristen» getötet
worden. Die Luftangriffe richte-
ten sich unter anderem gegen den
ehemaligen syrischen Militärflug-
Überdosis Schmerzmittel: Der Tod von
Tom Petty war ein Unfall
Der amerikanische Rockstar Tom
Petty ist an einer versehentlichen
Überdosis verschiedener Medika-
mente gestorben. Dies geht aus
dem Autopsiebericht hervor, den
seine Familie gut drei Monate
nach seinem Tod veröffentlicht
hat. Demnach litt der Rockstar an
starken Schmerzen, unter ande-
rem wegen einer gebrochenen
Hüfte. Da Petty dennoch weiter
auf Tour ging, nahm er mehrere
Medikamente ein, darunter das
verschreibungspflichtige Fenta-
nyl. Er starb am 2. Oktober in
einem Spital in Los Angeles an
multiplem Organversagen. (maz.)
down nicht abwenden konnte,
mussten rund 800 000 Staats-
angestellte in unbezahlten Urlaub
geschickt werden. Nur die uner-
lässlichen Staatsaufgaben blieben
aufrechterhalten: Militär, Polizei,
Rettungsdienste, Grenzschutz,
Fluglotsen, Justizvollzug.
Auch wenn die Drohung mit
dem Shutdown zum politischen
Spiel in Washington geworden ist,
hat er katastrophale Folgen. Auf
24 Milliarden Dollar bezifferte die
Rating-Agentur Standard and
Poor’s den Schaden der 17 Tage
Shutdown 2013. Unternehmen
entgingen die Einnahmen aus
Regierungsverträgen. Der Touris-
mus litt, da viele Nationalparks
geschlossen blieben. Familien
mussten ohne Kinderbetreuung
auskommen.
In den 1970er und 1980er Jah-
ren waren manchmal die Präsi-
denten selbst verantwortlich für
einen Shutdown, gegen den Wil-
len von Teilen ihrer Partei. Doch
inzwischen ist der wachsende
Graben zwischen den Parteien
Auslöser für grosse Stilllegungen.
In den 1990er Jahren wollten die
Republikaner, die im Kongress
die Mehrheit erreicht hatten, die
Steuererhöhungen Clintons rück-
gängig machen und Einschnitte
bei den Sozialausgaben vorneh-
men. Als sich in Umfragen zeigte,
dass eine Mehrheit der Wähler die
Schuld bei den Republikanern
hafen. Vertreter der Kurden er-
klärten dagegen, die Angriffe hät-
ten vor allem Zivilisten getroffen.
Seit Tagen hatte Erdogan die
Kriegstrommeln gerührt und mit
einem Angriff auf Afrin sowie auf
das 190 Kilometer südöstlich ge-
legene Manbij gedroht, wo die
Amerikaner eine Grenzschutz-
truppe aufbauen wollten – unter
anderen aus YPG-Kämpfern. Ob-
wohl die Amerikaner die YPG in
Afrin nicht unterstützen, hatten
sie vor einem Angriff auf die En-
klave gewarnt. Erdogan liess sich
dadurch nicht bremsen. «Egal,
wie ihr es nennt, ein Terrorist
bleibt ein Terrorist», donnerte er
in einer Rede am Samstag.
Widersprüchlich reagierten die
Russen, die in Afrin Truppen sta-
tioniert haben. Sie verlegten ihre
Soldaten aus der Grenznähe wei-
ter ins Landesinnere, zogen aber
nicht aus der Region ab. Das Aus-
senministerium in Moskau rief
am Samstag beide Seiten zu Zu-
rückhaltung auf. Afrin war eine
der wenigen Regionen, die bis
jetzt vom Krieg in Syrien weitge-
hend verschont geblieben war.
REUTERS
Rocklegende Tom Petty.
sah, kam es zu einer Einigung.
2013 legte die republikanische
Mehrheit im Repräsentantenhaus
einen Budgetvorschlag vor, der
Obamas Gesundheitsreform un-
möglich gemacht hätte. Die
demokratische Mehrheit im Senat
lehnte den Entwurf ab. Erst als
der Staatsbankrott drohte, er-
reichte man eine Lösung.
Der Staat macht dicht: Auch die Freiheitsstatue wird für Besucher geschlossen. (New York, 20. 1. 2018)
Schicksalstag für die SPD
Nochmals eine Koalition mit
Angela Merkel – oder doch
Neuwahlen? Der Entscheid
der SPD heute Sonntag
könnte knapp ausfallen.
Silke Mertins, Berlin
Das hat es in der SPD so noch nie
gegeben: Kevin Kühnert, ein
28-jähriger Student in Turnschu-
hen, könnte die Neuauflage der
Grossen Koalition in Deutschland
verhindern. Denn ob die SPD jetzt
definitiv über eine solche «Gro-
ko» verhandelt, entscheiden 600
Delegierte am Sonderparteitag
heute Sonntag in Bonn. Und
Kühnert, Vorsitzender der SPD-
Jugendorganisation Jusos, ist
Wortführer der Groko-Gegner.
Kühnert ist überzeugt, die
Sozialdemokraten würden aus
Angst vor dem Tod Selbstmord
begehen, sollten sie sich noch
einmal auf eine solche Koalition
mit den Christlichdemokraten
unter Kanzlerin Angela Merkel
einlassen. SPD-Chef Martin
Schulz dagegen wirbt dafür. Mit
einer kämpferischen Rede, sagte
er am Samstag, wolle er die Dele-
gierten überzeugen.
Terroristen greifen Luxushotel in
Afghanistans Hauptstadt an
Bewaffnete haben am Samstag-
MASSOUD HOSSAINI / AFP
abend in der afghanischen Haupt-
stadt Kabul das Hotel «Interconti-
nental» gestürmt, wie örtliche
Medien berichten. Laut dem
Innenministerium handelte es sich
um vier Angreifer. Die Sicherheits-
kräfte hätten im Gebäude die
Verfolgung aufgenommen. Drei
Angreifer wurden getötet. Es
waren Schüsse und Explosionen
zu hören. Die Terroristen setzten
zudem ein Stockwerk des bei Aus-
ländern beliebten Hotels in Brand.
Man befürchtete, dass Geiseln
genommen und Personen getötet
wurden. Die Behörden machten
In Washington schieben sich
die Politiker nun übers Wochen-
ende wieder gegenseitig die
Schuld in die Schuhe. Trumps
Sprecherin bezeichnete die
Demokraten als «obstruktive Ver-
lierer, die die gesamte Regierung
und die Krankenversicherung in
Geiselhaft nehmen». Sie kündigte
an, dass Trump und die Republi-
SPD-Chef Martin Schulz mit Juso-Chef Kevin Kühnert. (Berlin, 7. 12. 2017)
Es geht bei dieser Entschei-
dungsschlacht am Rhein um weit
mehr als nur eine Regierungs-
koalition. Für die SPD geht es ums
nackte Überleben. Die Genossen
haben mit Spitzenkandidat
Schulz bei den Wahlen im Herbst
nur 20,4 Prozent und damit
das schlechteste Wahlergebnis
seit 1949 erzielt. Paradox: Auch
grosse Erfolge in der bisherigen
Groko, etwa die Einführung des
Mindestlohns, konnten die SPD
nicht vor dem Absturz bewahren.
Die Fortsetzung der Koalition
führe die Sozialdemokraten in
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Die meistgelesenen
Artikel der Woche
Ex-Obama-Beraterin Samantha
Power: «Wir haben Trumps Genie
unterschätzt» nzz.as/top1
Achtung, die Amerikaner
kommen! nzz.as/top2
Das «Intercontinental» brennt.
«Kein Mensch braucht Lust und
Orgasmus, um gesund zu bleiben»
aber keine Angaben. An dem
nzz.as/top3
Tag fand im Hotel eine IT-Konfe-
renz statt. Bisher bekannte sich FDP-Vize Wolfgang Kubicki: «Wir
niemand zur Tat. 2011 töteten werden bereits 2019 Neuwahlen
Taliban-Extremisten bei einem haben» nzz.as/top4
Angriff auf das «Intercontinen- Zuwanderung aus der EU sinkt auf
tal» über 10 Personen. (vmt.) Rekordtief nzz.as/top5
24
kaner zu keinen Verhandlungen
über den Status von illegalen Ein-
Mrd.Dollar wanderern bereit seien, solange
der Shutdown andauere.
Einen so grossen Schaden erlitt Der Sprecher der demokrati-
die US-Wirtschaft beim letzten schen Minderheit im Senat,
grossen Shutdown im Jahr 2013. Chuck Schumer, sagte dagegen,
Damals arbeiteten die Behörden er habe dem Präsidenten einen
17 Tage lang auf Sparflamme. möglichen Kompromiss präsen-
tiert, dem die Demokraten zu-
stimmen könnten: Trumps Mauer
entlang der Grenze zu Mexiko
würde demnach als Teil eines
ANDREW KELLY / REUTERS
Pakets finanziert, das auch den
rechtlichen Schutz für die «Drea-
mers» erweiterte. Trump sei für
den Vorschlag offen gewesen, ha-
be seine Partei aber nicht über-
zeugen können.
So muss Trump in Washington
ausharren – und erleidet ebenfalls
einen Schaden: Er kann seinen
Jahrestag im Amt nicht, wie er es
geplant hatte, auf einem Golf-
platz in Florida verbringen. Die
Schuld daran gibt er den Demo-
kraten. Ein «schönes Geschenk»
hätten sie ihm zum Jubiläum
gemacht, schrieb Trump auf
Twitter. Die Demokraten hätten
mehr Interesse an illegaler Ein-
wanderung als am Militär und der
Sicherheit.
Beim Shutdown 2013 tönte
Trump anders: Damals gab er
Präsident Obama die Schuld –
dieser sei nicht fähig, mit harter
Hand zu regieren und eine
Lösung herbeizuführen.
«Oppositionsromantik». Zudem
FABRIZIO BENSCH / REUTERS
fürchtet man, dass die Partei
bei Neuwahlen noch dramati-
scher abstürzen könnte. Dennoch
haben die beiden mächtigen Lan-
desverbände Nordrhein-Westfa-
len und Hessen, die über einen
Drittel der Delegierten stellen,
gestern Änderungswünsche an-
gemeldet. Die in den bisherigen
Sondierungsgesprächen erzielten
Kompromisse sollen nachgebes-
sert werden. Kühnert hält das für
naiv. Er plädiert kurzfristig für die
Unterstützung einer unionsge-
führten Minderheitsregierung –
und langfristig für andere politi-
den Untergang, ist Kühnert dar- sche Modelle links der Mitte.
um überzeugt. Stattdessen brau- Wofür Parteichef Schulz steht,
che die SPD eine Neuorientierung ist unklar. Nach den Wahlen
in der Opposition. schloss er eine Regierungsbeteili-
Kühnert trifft damit einen gung noch kategorisch aus. Nun
Nerv. Die Groko ist auch deshalb ist er doch dafür. Martin Schulz
so verhasst, weil die Wähler die hat darum ein Glaubwürdigkeits-
Regierungsleistung der CDU und problem. Selbst wenn er die Dele-
nicht der SPD zuschreiben wer- gierten heute Sonntag überzeugt,
den, egal wie sehr sich Letztere ist damit noch nichts in trocke-
abmüht. Inzwischen haben sich nen Tüchern: Der Koalitionsver-
zwar viele Parteigrössen hinter trag soll den knapp 450 000 SPD-
Schulz gestellt. Sogar die Groko- Mitgliedern zur Abstimmung vor-
Skeptikerin Malu Dreyer, Minis- gelegt werden. An der Basis aber
terpräsidentin von Rheinland- ist die Groko noch unbeliebter als
Pfalz, warnt inzwischen vor bei den Delegierten.
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Die Populistin Marine Le Pen will wieder vor allem mit dem Kampf gegen die Einwanderung punkten. (Paris, 15. Januar 2018)
Marine Le Pen droht der
Absturz ins Bodenlose
Eben noch lehrte die Chefin des Front national Frankreich und Europa
das Fürchten. Nun muss sie sich neu erfinden. Von Axel Veiel, Paris
S
ie bringen einen nicht um», pflegt Ma-
rine Le Pen zu sagen. Trennungen ist
die Chefin des Front national (FN) ge-
wohnt. Sie ist zweimal geschieden. Mit
dem Vater Jean-Marie, dem Parteigründer, hat
sie sich überworfen. Ihre Nichte und frühere
FN-Jungpolitikerin Marion Maréchal-Le Pen
hat es nicht lange bei ihr ausgehalten. Im ver-
gangenen September verliess Marine Le Pen
auch ihr Mentor und Stellvertreter Florian
Philippot und gründete eine Konkurrenz-Par-
tei. Le Pen nahm auch das gelassen und sagte
später: «Das war wie bei einer Scheidung.» Es
hatte etwas Befreiendes. Was Le Pen wirklich
wehtut, ist, dass ihr die Wähler davonlaufen.
Mit dieser Trennung will sich die 49-Jährige
nicht abfinden.
Noch im vergangenen Mai schien Le Pen
kurz vor der Machtübernahme in Frankreich
zu stehen. Sie gab im Wahlkampf um das Prä-
sidentenamt den Ton an, die Massen skan-
dierten ihre rechten Parolen. Doch dann
machte der junge Emmanuel Macron das Ren-
nen. Mit seiner neugeschaffenen Bewegung
En marche veränderte Macron die Stimmung
im Land und pflügte Frankreichs Parteien-
landschaft um. Macrons Erfolg schwächte
sämtliche traditionellen Kräfte von links bis
rechts – auch den Front national. War es noch
Le Pen, die im Wahlkampf die anderen Par-
teien vor sich hertrieb, hechelt nun auch sie
Macron hinterher. Le Pen hat mit der Nieder-
lage auch die Gunst vieler Wähler verloren.
Diese Woche sanken ihre Beliebtheitswerte
auf 17 Prozent. Selbst unter langjährigen Ge-
treuen schwindet langsam der Glaube, die
Rechtspopulistin könne in einem zweiten An-
lauf im Jahr 2022 den Elysée-Palast erobern.
Zu viel des Schlechten
Für Le Pen ist das zu viel des Schlechten. Die
kampferprobte frühere Anwältin will sich
nicht so einfach geschlagen geben. Viel hat sie
nicht zu verlieren. Und so geht sie aufs Ganze,
macht Tabula rasa. Ein neues Programm, neue
Statuten und einen neuen Namen will sie dem
Front national verpassen. Nach einer Mitglie-
derbefragung sollen die Neuerungen im März
in Lille auf einem Sonderparteitag verabschie-
International Frankreich
det werden. Als sicher gilt, dass das holz- Kampf ist schwieriger geworden. Heute set-
schnittartige Feindbild EU und Euro für das zen auch Staatschef Emmanuel Macron und
neue Parteiprogramm weichgezeichnet wird. der Vorsitzende der konservativen Républi-
Frontalopposition gegen Europa und die Ge-
meinschaftswährung sind nicht mehrheits-
cains, Laurent Wauquiez, auf Härte gegenüber
Wirtschaftsflüchtlingen (siehe Artikel unten).
fähig. Die Rechtspopulistin hat daraus die Diese Woche machte sich Le Pen ein Bild im
Konsequenzen gezogen. Vom einst angeprie- Pariser Ausschaffungsgefängnis. Blass und
senen Frexit, dem Austritt Frankreichs aus der mit starrem Lächeln beklagte sie bei ihrem Be-
EU, soll nicht mehr die Rede sein. Sie sei nicht such, dass viele Zellen leer seien. Sie deutete
gegen Europa, liess Le Pen erst kürzlich wis- dies als fehlende Festigkeit des Staates und
sen, sie wolle nur ein anderes Europa, eines fragte in die Runde: «Wir haben die Schwelle
der Nationen. Der Abschied vom Euro könne von 100 000 Asylbewerbern pro Jahr über-
am Ende eines langwierigen Umbaus der Ge- schritten. Wo sind die 60 Prozent der abge-
meinschaft stehen. lehnten Asylsuchenden?»
Ohne EU und Euro bleibt Le Pen vor allem Den neuen Namen für den FN soll eine
ein Feindbild: die Einwanderer. Nun will sie Kommunikationsagentur finden. «Wir suchen
noch entschlossener den Kampf gegen die etwas, das Bewegung signalisiert, so etwas
Immigration führen. Das Thema liegt im wie Macrons En marche», verriet ein Vertrau-
Trend. «60 bis 70 Prozent der Franzosen for- ter Le Pens. Der alte Name der Partei zieht
dern Festigkeit in der Einwanderungspolitik», nicht mehr. War es Le Pen im Wahlkampf noch
versichert Jérôme Fourquet, Leiter des Mei- gelungen, den FN zu entdämonisieren und
nungsforschungsinstituts Ifop. Doch der aus ihm eine salonfähige rechtspopulistische
Einwanderung
Wer macht die härteste Politik?
Frankreichs Staatschef hält Kurs. ckung potenzieller Neuankömm-
Auf Distanz zur Linken wie zur linge. Collomb hat die Präfekten
Rechten bedacht, wirbt Emma- angewiesen, Obdachlosenheime
nuel Macron für eine ausge- nach illegalen Einwanderern zu
wogene Flüchtlingspolitik. Poli- durchkämmen. Die Polizei reisst
tisch Verfolgte wolle er men- von Flüchtlingen errichtete Not-
schenwürdig empfangen, Wirt- unterkünfte zum Entsetzen von
schaftsflüchtlinge konsequent Hilfsorganisationen ab. Der Minis-
ausschaffen lassen, sagt er. Ein Gérard Collomb, der ter ist sich nicht nur der Rücken-
Gesetz, das dies gewährleistet, französische Innen- deckung Macrons, sondern auch
soll im März in die Nationalver- minister, geht eisern derjenigen der meisten Franzosen
sammlung eingebracht werden. gegen illegale Ein- sicher. Gefragt, was sie von der
Die im Vorfeld geübte Praxis wanderer vor. Politik vorrangig erwarteten,
ist allerdings weniger ausge- nennen derzeit 57 Prozent der
wogen. Macrons Innenminister Bevölkerung die Ausschaffung
Gérard Collomb setzt vor allem illegal im Lande lebender Ausländer.
auf konsequente Ausschaffung Aus diesem Grund empfehlen
und demonstrative Abschre- sich auch Laurent Wauquiez, Chef
PANORAMIC / IMAGO
17
% Macrons Reformeifer an Grenzen stösst und
Zustimmung
bescheinigen die
Meinungsforscher
Marine Le Pen. Bei
der Stichwahl im
Mai verbuchte sie
noch 33,9 Prozent,
und schon das war
für sie eine herbe
Enttäuschung.
der konservativen Républicains,
und Marine Le Pen vom Front
national (FN) als Bollwerk gegen
Flüchtlingsströme. Ein Wettstreit
um die härteste Einwanderungs-
politik ist entbrannt.
Wauquiez beklagt, die Grenzen
der EU seien löchrig wie ein Sieb.
Er verspricht, die Löcher zu stop-
fen, und geisselt Macrons Gesetz-
gebungspläne als reine Kosmetik,
welche die über Frankreich herein-
brechende Einwanderungswelle
nicht aufhalten werde. Der Gene-
ralsekretär des FN und Vertraute
Le Pens, Nicolas Bay, streicht
heraus, dass seine Partei nicht erst
jetzt, sondern schon immer an
3
Front national, der
alte Name der Partei,
zieht nicht mehr.
Er wird erneut mit
Rechtsradikalismus in
Verbindung gebracht.
Partei zu machen – zumindest in der Sicht von
vielen Wählern –, wird er nun erneut mit
Rechtsradikalismus in Verbindung gebracht.
Zudem macht der FN mit Skandalen Schlag-
zeilen. Laut Ermittlungen der Staatsanwalt-
schaft sollen Europaabgeordnete angeblich in
Strassburg zur Hand gehende Assistenten in
Wirklichkeit in der Parteizentrale in Paris be-
schäftigt haben.
Hoffen auf Macrons Scheitern
Von der Rundumerneuerung ausgenommen
ist nur Marine Le Pen selbst. Sie bleibt, was sie
ist. Und mit ihr auch ihr Name, der womöglich
noch mehr verstört als der Name der Partei.
«Wenn man die Partei umbenennt, muss man
auch Marine umbenennen», soll die Nichte
Marion Maréchal-Le Pen in privatem Kreis
spitz angemerkt und hinzugefügt haben:
«Oder können Sie sich vorstellen, Marine
Le Pen an der Spitze einer Partei der Blumen?»
Trotz den Sticheleien der Nichte gilt die Wie-
derwahl zur Parteichefin als sicher. Nicht dass
sich innerhalb des FN keine Zweifel an den
Siegerqualitäten der Vorsitzenden eingenistet
hätten. Aber die innerparteilichen Machtver-
hältnisse sind dauerhaft zementiert. Zwei
Aussenseiter, die in Lille als Gegenkandidaten
antreten wollten, sind bereits im Vorfeld an
Zulassungsvoraussetzungen gescheitert. Le
Pen winkt ein Wahlergebnis sowjetischen
Ausmasses.
Geht es nach der Parteichefin, soll sich der
Front national, oder wie immer die Partei
heissen wird, als wichtigste oppositionelle
Kraft profilieren. Angesichts der schwachen
Konkurrenz bietet sich die Chance hierzu
durchaus. Jean-Luc Mélenchon, der Chef der
Linksaussenpartei Unbeugsames Frankreich,
ist weitgehend verstummt. Zerknirscht
musste der von Venezuelas früherem Diktator
Hugo Chávez inspirierte Volkstribun einräu-
men, dass der von ihm prophezeite Aufstand
der Massen gegen die von Staatschef Emma-
nuel Macron im Eilverfahren durchgesetzte
Arbeitsmarktreform ausgeblieben ist. Und so
radikal Laurent Wauquiez sich auch gebärdet,
der weit nach rechts ausgreifende neue Vorsit-
zende der Républicains, er muss auf seine
bürgerliche Klientel Rücksicht nehmen und
kann nicht so laut poltern wie die Kollegin
vom Front national.
Le Pens grösste Hoffnung ist, dass Macrons
Stern bald sinken wird. Tatsächlich sagen
Sozialwissenschafter dem immer beliebteren
Staatschef Rückschläge voraus. So erwartet
etwa der Politologe Pascal Perrineau, dass
Aufbruchsstimmung in Ernüchterung um-
schlägt. Perrineau rechnet mit einer zuneh-
menden Zahl von Enttäuschten, die für popu-
listische Schalmeienklänge empfänglich sind.
Le Pen hat im vergangenen Frühjahr ge-
zeigt, dass sie an sich das Zeug hat, einen Prä-
sidentschaftswahlkampf für sich zu entschei-
den. Damals lehrte die Rechtspopulistin die
durch Trump und Brexit verunsicherten EU-
Partner das Fürchten. Sie weiss, dass sie das
kann. Im Wahlkampf machte sie aber einen
grossen Fehler: In einem Fernsehduell mit
Macron verlor sie auf europa- und wirtschafts-
politischem Terrain die Orientierung, ver-
wickelte sich in Widersprüche und hatte aus-
ser wütenden Attacken nicht mehr viel zu bie-
ten. Das hat sich tief ins kollektive Gedächtnis
der Franzosen eingegraben.
vorderster Front gegen die dro-
hende Überfremdung der fran-
zösischen Nation zu Felde
gezogen sei.
Allerdings hat sich Frankreich
im Vergleich mit anderen EU-
Ländern bisher gar nicht beson-
ders aufnahmebereit gezeigt.
Auf einen Flüchtling kommen
1340 Einwohner. Damit rangiert
das Land weit hinter Deutsch-
land (ein Flüchtling pro 141 Ein-
wohner), Belgien (ein Flüchtling
pro 440 Einwohner), den Nieder-
landen (ein Flüchtling pro 459
Einwohner) oder auch Italien (ein
Flüchtling pro 938 Einwohner).
Axel Veiel, Paris
 RADO.COM

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NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
«Wenn der Krieg kommt»
Schweden verstärkt wegen der russischen Bedrohung seine Landesverteidigung und trainiert das Volk
Niels Anner, Kopenhagen
Als in Europa längst Bomben
fielen, erhielten die Schweden
eine Anleitung per Post. «Wenn
der Krieg kommt», hiess die Bro­
schüre 1943. Jetzt, ein Dreiviertel­
jahrhundert später, soll eine ähn­
liche Broschüre wieder an alle 4,7
Millionen Haushalte verteilt wer­
den. Grund dafür ist Russland.
Schweden sieht sich seit eini­
gen Jahren von den Russen be­
droht. Spätestens die Krisen um
die Krim und die Ukraine 2014
hatten der Ostseeregion gezeigt,
wie weit Moskau geht. Plötzlich
verletzten russische Kampfjets
regelmässig den schwedischen
Luftraum. Auf dem Radar un­
sichtbar, stiessen sie beinahe mit
Passagiermaschinen zusammen.
In Kaliningrad installierte Russ­
land Raketen, die mit Atom­
waffen bestückt Stockholm und
den Süden Schwedens erreichen
können. Analysten zeigten, wie
leicht sich die von der schwedi­
schen Armee verlassene Insel
Gotland erobern lässt; von dort
könnte die russische Armee den
Ostseeraum beherrschen. «In der
Bevölkerung herrscht Angst», er­
klärte Aussenministerin Margot
Wallström 2016, «Angst vor dem
völkerrechtswidrigen Handeln
Russlands.» Zudem stellt sich
heraus, dass die schwedische
Armee ausspioniert wurde – und
vor der Küste Stockholms wurde
ein fremdes U-Boot gesichtet.
Plötzlich ist der Kalte Krieg wie­
der Gegenwart.
Mit den Nachbarn reden
Die Schweden wurden auf dem
falschen Fuss erwischt. Das Land
hatte seit dem Fall der Mauer sei­
ne Streitkräfte dezimiert. Die Fol­
ge: Von einst 180 Armeebataillo­
nen blieben noch 14 übrig, von 22
Luftabwehreinheiten 2, von 300
Kampfjets 96. «Schweden kann
sich eine Woche verteidigen», er­
klärte der Oberbefehlshaber der
Streitkräfte 2012. Vor diesem Hin­
tergrund gab es im Parlament
rasch Mehrheiten für ein Umden­
ken und eine umfassende Aufrüs­
tung. Die Armee wurde durch
Freiwillige aufgestockt. Neu wer­
den jährlich 4000 Wehrpflichtige
ausgehoben, auch Frauen.
Nun soll die Verteidigung auch
auf die Zivilgesellschaft ausge­
Das letzte Raucherparadies
In Wiens Kaffeehäusern darf
weiterhin gepafft werden, mit
besonderem Segen der neuen
Mitte-Rechts-Regierung. Nun
formiert sich Protest – auch
von Rauchern.
Wolfgang Rössler, Wien
Würde nicht ab und zu ein Handy
klingeln, könnte man sich im
Wiener Café Rüdigerhof wie in
den achtziger Jahren des vergan­
genen Jahrhunderts fühlen. Nicht
nur die Einrichtung des linkslibe­
ralen Künstlertreffs ist heute
noch dieselbe. Auch das Verhal­
ten der Stammgäste hat sich nicht
geändert. Am Nebentisch disku­
tieren zwei Gäste lebhaft über die
Vorzüge des Schwarzfahrens in
der U-Bahn und die neue Mitte­
Rechts­Regierung. Über ihnen
hängt eine Glocke aus Qualm.
Auch Sascha Müller hat einen
Aschenbecher vor sich. Mit sau­
rem Lächeln drückt er seinen
Tschick, wie die Kippen in Öster­
reich genannt werden, aus. «Ich
würde gerne aufhören», sagt der
39-Jährige. Der Versuch sei aber
immer wieder gescheitert. «Die
Rahmenbedingungen in Öster­
International
Schwedische Soldaten bei einem Manöver mit Nato-Truppen. (Skövde, 14. September 2017)
dehnt werden. Die neue, im Mai
erscheinende Broschüre handelt
von «Krieg und Krise». Es gehe,
sagte die Autorin Christina
Andersson, um die verschlech­
terte sicherheitspolitische Lage,
aber auch um Naturkatastrophen,
Terrorattacken und Angriffe auf
wichtige Infrastruktur. Die Bevöl­
kerung solle wieder lernen, mit
massiven Störungen von Trans­
portsystemen und Nahrungsmit­
telknappheit umzugehen. Zu den
Tipps gehören neben der Not­
ration im Keller, dass man seine
Nachbarn kennenlernt, um sich
gegenseitig helfen zu können. Zu­
dem soll die Bevölkerung gegen
umfassende Stromausfälle und
reich machen es mir nicht ein­
facher.» Neulich habe er einen
Kurztrip in die tschechische
Metropole Prag gemacht und dort
deutlich weniger geraucht, weil
er vor die Türe gehen musste.
Eine ähnliche Regelung in Öster­
reich würde er begrüssen.
Die kleine Alpenrepublik gilt
als letztes europäisches Raucher­
paradies. 24 Prozent der Österrei­
cher greifen täglich zur Zigarette.
Das liegt weit über dem Schnitt
von 18 Prozent, den die in der
OECD vereinten 35 Industrielän­
der aufweisen. Die OECD bewer­
tet auch die Entschlossenheit, mit
der einzelne Länder die Tabak­
sucht bekämpfen. Da liegt Öster­
reich auf dem letzten Platz, hinter
Serbien, Russland und der Türkei.
So darf in gut der Hälfte der Gas­
tronomiebetriebe noch gequalmt
werden. Allerdings muss es
Nichtraucherbereiche geben.
Geht es nach der neuen Regie­
rung, dann soll das so bleiben.
Der konservative Bundeskanzler
Sebastian Kurz ist zwar überzeug­
ter Nichtraucher. Doch sein
Juniorpartner, die rechtspopulis­
tische FPÖ, setzte sich bei den
Koalitionsverhandlungen durch.
Kälte gerüstet sein, mit Decken,
Gaslampen, Brennholz, Radio
(am besten mit Solarzellen) und
frischem Wasser. Ein Verteidi­
gungsrapport alarmierte die
schwedische Öffentlichkeit zu­
sätzlich. Eine Parlamentskom­
mission beschreibt darin ein düs­
teres Bild für den Krisenfall und
fordert, die Bevölkerung müsse
eine Woche ohne Hilfe der Behör­
den ausharren können. Das Land
solle zudem Spitäler und Schutz­
räume ausbauen. Ziel sei es, drei
Monate ohne ausländische Hilfe
durchzuhalten.
Russland untergrabe die inter­
nationale Stabilität, schreibt die
Kommission. Ein bewaffneter An­
Vizekanzler Heinz­Christian Stra­
che konnte erreichen, dass ein
von der Vorgängerregierung vor­
bereitetes Rauchverbot in Loka­
len gekippt wurde. Strache ist
bekennender Raucher. Das ist
eine der wenigen Gemeinsamkei­
ten, die er mit dem linksliberalen
Bundespräsidenten Alexander
Van der Bellen hat. Beinahe jede
Karikatur zeigt den ersten Mann
im Staat mit Kippe zwischen den
Mundwinkeln.
Doch woher kommt die Lei­
denschaft der Österreicher zum
ungesunden blauen Rauch? Liegt
es an der berühmten Wiener Mor­
bidität? Oder an einem gewissen
Schlendrian, den die Österreicher
als Abgrenzungsmerkmal gegen­
über Deutschen und Schweizern
lustvoll kultivieren? Wohl kaum.
Die existenzialistischen Franzo­
sen stecken ihre Gauloises schon
seit Jahren weg, wenn sie ein Bis­
tro betreten. Und auch im locke­
ren Italien treten Raucher die Kip­
pe vor der Pizzeria aus.
Mit der Mentalität lasse sich
die hohe Raucherquote nicht er­
klären, sagt Kurt Aigner, Lungen­
spezialist und Präsident einer
Ärzteinitiative gegen das Rau­
griff gegen Schweden sei «nicht
ausgeschlossen». Diese Gefahr
wird allerdings kontrovers disku­
tiert. Der Oberbefehlshaber der
Streitkräfte wie auch der sozial­
demokratische Regierungschef
Stefan Löfven sagten diese
Woche, Schweden wäre von
einem Konflikt in der Ostsee stark
betroffen, sie hielten das Risiko
für einen direkten Angriff aber für
tief. In einem internen Bericht
schreibt die Armee laut dem Fern­
sehsender SVT indes, es bestehe
eine «reale» Gefahr, dass es auf­
grund von Fehlinterpretationen
oder Missverständnissen zu
Kampfhandlungen komme. Aus
Geheimdienstkreisen kursieren
Im Kaffeehaus bei Zigarette und Bier.
24,3
% «Zigaretten sind immer noch zu
Dieser Anteil der Österreicher
raucht. Er ist seit 2010 gleich. In
den anderen Industrieländern
ist die Raucherquote seither
von 25 auf 18 Prozent gesunken.
5
BJOERN LARSSON ROSVALL / AP
Die Spannungen steigen
Schweden und Russland
NORWEGEN
FINNLAND
SCHWEDEN RUSSLAND
Stockholm
ESTLAND
LETTLAND Moskau
Gotland LITAUEN
Kaliningrad
POLEN WEISSRUSSLAND
500 km
Fakt ist, dass Schweden immer
enger mit dem Bündnis koope­
riert. Ein Gastland­Abkommen
erlaubt gemeinsame Übungen
und Einsätze von Nato­Truppen,
sofern Schweden diese einlädt.
Höhepunkt war diesbezüglich im
Herbst die grösste militärische
Übung des Landes seit 24 Jahren.
Neben 2000 Soldaten aus Nato­
Ländern und Finnland waren
mehr als 20 000 Schweden betei­
ligt, Streitkräfte, aber auch Zivil­
schutz, Polizei und Spitäler.
Der Fokus lag auf Gotland, wo
Schweden zurzeit eilig wieder ein
Regiment installiert. Die Regie­
rung hat kürzlich die Bestellung
des US-Raketenabwehrsystems
Patriot beschlossen – abgesehen
vom Kauf von 60 Gripen­Kampf­
jets, eine der teuersten Anschaf­
fungen des Landes überhaupt.
Wie das finanziert werden soll, ist
Berichte, Russland habe Angriffe unklar. Den Streitkräften fehlt es
auf schwedische Ziele geübt. bereits jetzt an Geld für die Auf­
rüstung an allen Fronten.
Truppen auf Gotland Die Regierung will zudem
Zwar herrscht Einigkeit über die eine Behörde aufbauen, die vor
Aufrüstung des Landes, gestrit­ den Wahlen im Herbst gegen
ten wird aber über einen Nato­ Fake­News und Hacker­Angriffe
Beitritt. Die Bürgerlichen befür­ vorgeht. Wie im Kalten Krieg sol­
worten ihn, die Linke befürchtet len Tausende von Firmen defi­
dagegen eine gefährliche Provo­ niert werden, die im Kriegsfall
kation Putins. Der Kreml hat wichtige Funktionen überneh­
mehrfach unverhohlen vor Kon­ men, etwa in den Branchen
sequenzen im Fall eines Beitritts Transport, Kommunikation oder
gewarnt. In der schwedischen Be­ Medizin. Björn von Sydow, Leiter
völkerung hat laut Umfragen der Verteidigungskommission,
etwa ein Drittel Angst vor Russ­ spricht von einer Gesellschafts­
land; ebenfalls rund ein Drittel reform: Es brauche jeden einzel­
der Befragten wäre froh über nen, um Schweden wieder wehr­
einen Nato­Beitritt. fähig zu machen.
lobby auf die Politik ist stärker als
ALFRED SCHAUHUBER / UNITED ARCHIVES
anderswo», klagt er. Auch Tabak­
verkäufer und Gastronomen
machten ihren Einfluss über die
Wirtschaftskammer, den österrei­
chischen Unternehmerverband,
geltend. Dieser ist verwoben mit
der konservativen ÖVP von Kanz­
ler Kurz. Gemeinsam mit der den
Sozialdemokraten nahestehen­
den Arbeiterkammer stellt er eine
Art Schattenregierung, die der ge­
wählten Exekutive traditionell
ihren Willen diktiert.
Kurz knickte beim Rauchver­
bot nicht vor dem Koalitionspart­
ner ein, sondern auch vor seinen
Parteifreunden. Doch das könnte
ihm noch politisch schaden.
Denn die lockeren Raucherrege­
lungen spiegeln längst nicht mehr
den Willen der Mehrheit. Laut
Umfragen fordern 70 Prozent der
chen. Er beklagt fehlende An­ Österreicher ein generelles
reize, das Laster aufzugeben: Rauchverbot in Lokalen. Sogar
günstig und leicht verfügbar.»
50 Prozent der Raucher sprechen
sich dafür aus. Eine Petition an
Eine Packung kostet kaum mehr die Bundesregierung fand binnen
als fünf Franken. Nachschub gibt weniger Wochen 450 000 Unter­
es rund um die Uhr. stützer. Einer davon ist Noch­
Aigner sieht die Ursache in den Raucher Müller im Café Rüdiger­
Eigenheiten der österreichischen hof: «Es wird Zeit, dass sich end­
Politik. «Der Druck der Tabak­ lich etwas ändert», sagt er.
6 International NZZ am Sonntag 21. Januar 2018

Warum Pakistan Donald Trump narrt

Die USA streichen der Regierung in Islamabad
Hilfsgelder, da sie hinter ihrem Rücken mit den
afghanischen Taliban paktiert. Doch Pakistan will
nicht auf die radikalen Islamisten verzichten. Sie sind
der Trumpf im Kampf gegen den Erzfeind Indien

Ulrike Putz, Singapur
Angestossen wurde alles mit
einem wütenden Tweet von
Donald Trump. Die Vereinigten
Staaten hätten in den letzten
15 Jahren törichterweise 33 Mil-
liarden Dollar Hilfsgelder an Paki-
stan überwiesen, als Gegenleis-
tung aber vom Verbündeten nur
Lügen und Betrug erhalten,
schrieb der US-Präsident. Paki-
stan gewähre jenen Terroristen
Unterschlupf, die die USA in
Afghanistan bekämpften.
Dem Tweet folgten für einmal
Taten: Das US-Aussenministe-
rium kündigte an, Sicherheits-
hilfe in Höhe von etwa 2 Milliar-
den Dollar auszusetzen, bis
Islamabad entschlossen Mass-
nahmen gegen Terroristen er-
greife, die von den pakistani-
schen Stammesgebieten aus in
Afghanistan operierten. Pakistan
zeigte sich empört. Der Armee-
chef verwies auf die 60 000 Paki-
staner, die in den vergangenen
15 Jahren Opfer des Kampfes
gegen den Terrorismus geworden
seien. Der pakistanische Aussen-
minister erklärte das Bündnis mit
den USA kurzerhand für beendet.
Den Vorwurf, im Kampf gegen
den Terrorismus ein Doppelspiel
zu treiben, muss sich Pakistans
Regierung dennoch gefallen las-
sen. Sie verfolgt eine schizo-
phrene Politik: Einerseits baut sie
Terroristengruppen auf und be-
herbergt sie auf ihrem Staats-
gebiet. Anderseits bekämpft sie
dieselben Terroristen an der Seite
Amerikas. Doch weshalb tut dies
Pakistan?
Nützliche Milizen
Der Hauptgrund für das Verhalten
heisst: Indien. Mit dem Abzug der
Briten im Jahr 1947 wurde deren
Kolonialreich auf dem Indischen
Subkontinent entlang religiöser
Linien zweigeteilt, wobei das
kleinere Pakistan dem Koloss
Indien von Anfang an unterlegen
war. Die Angst vor dem grossen,
verhassten Nachbarn bestimme
bis heute die Politik Pakistans
und erkläre die ungebrochene
Macht der Armee und der Ge-
heimdienste, sagt ein europäi-
scher Entwicklungsexperte in
Islamabad, der anonym bleiben
möchte. «Pakistanische Politik
hat nur ein Thema: Sicherheit.
Die Generäle garantieren sie, und
deshalb sind sie unantastbar.»
Um den ungleichen Kampf
gegen Indien zu führen, setzten
sie von Islamabad gesteuerte
Milizen ein. Diese waren die
schlagkräftigste Waffe, bis das
Land 1998 zur Atommacht wurde.
Schon kurz nach der Staatsgrün-
dung setzte Islamabad in dem
von ihm beanspruchten, doch
von Indien kontrollierten Kasch-
mir muslimische Freischärler ein,
um für Unruhe zu sorgen.
Diese Instrumentalisierung
islamistischer Milizen wurde
nach dem Einmarsch Russlands
in Afghanistan im Jahr 1979 auch
im Westen salonfähig. Die USA
bedienten sich gegen Moskau der
antisowjetischen Mujahedin und
griffen im Umgang mit ihren isla-
mistischen Handlangern dankbar
auf die Erfahrungen Pakistans
zurück.
Als sich die sowjetischen Trup-
pen aus Afghanistan zurückzogen
und es im Land zu einem Bürger-
krieg kam, unterstützte Pakistan
die Taliban, die 1996 die Macht in
Kabul übernahmen. Die Radikal-
islamisten dienten Islamabad als
Garant dafür, dass Indien seinen
wachsenden Einfluss auf Afgha-
nistan nicht ausweiten konnte.
Doch dann donnerten am
11. September 2001 zwei Flug-
zeuge in das World Trade Center
in New York, 3000 Menschen
wurden getötet. Das brachte die
Pakistaner in eine missliche Lage.
Der Anschlag war von Usama bin
Ladin, dem Chef des Terrornetz-
werks al-Kaida, aus Afghanistan
befohlen worden. Da die regie-
renden Taliban nicht bereit
waren, bin Ladin auszuliefern,
marschierten Washington und
seine Verbündeten in Afghanis-
tan ein. Plötzlich stand Islamabad
unter massivem Druck, sich im
Kampf gegen al-Kaida auf die
Seite der USA zu schlagen. Pakis-
tan wurde gebraucht, weil über
seine Häfen US-Truppen und
Nachschub nach Afghanistan ge-
schafft werden mussten. Sein
weitverzweigtes Spionagenetz in
der Region sollte den Alliierten
entscheidende Hinweise liefern.
Dem damaligen pakistani-
schen Militärherrscher Pervez
Musharraf blieb keine andere
Wahl, als sich dem Druck
Washingtons zu beugen. Aus dem
Terror-Paten wurde ein Anti-Ter-
ror-Kämpfer. Doch statt die bis
anhin unterstützen Taliban und
andere Milizen zu zerschlagen,
beschloss Pakistan, mit einigen
Gruppen weiterhin zu kooperie-
ren, um sie gegen Indien wieder
einsetzen zu können.
Dieses Doppelspiel festigte im
Westen die Überzeugung, dass
auf den südasiatischen Verbün-
deten kein Verlass sei. Wie weit
das Misstrauen reichte, zeigte
sich spätestens am 2. Mai 2011,
als US-Präsident Barack Obama
an den Pakistanern vorbei den
Befehl gab, den im nordpakistani-
schen Abbottabad versteckten
Usama bin Ladin zu töten.
Die USA werden umfallen
Pakistans Strategie, zwischen ge-
fährlichen und nützlichen Terro-
risten zu unterscheiden, hat sich
als fatal erwiesen. Zur bunten Koranschüler protestieren gegen US-Präsident Donald Trump, weil er die Sicherheitshilfe für Pakistan ausgesetzt
Schar von Radikalen, die sich
heute auf pakistanischem Terri-
torium bewegen, gehören als pro- Schwierige Nachbarschaft stand der Stämme und an partei- Terrorbekämpfung» entschlosse-
minenteste die pakistanischen politischen Ränkespielen. So ner gegen Terrornetzwerke vor.
und die afghanischen Taliban, Pakistan und das von den lange der wilde Westen Pakistans Allerdings seien Gruppen, die
das Hakkani-Netzwerk sowie der Taliban bedrohte Afghanistan ein faktisch rechtsfreier Raum ist, sich dem Kampf gegen Indien
Islamische Staat (IS). Nicht werden die Milizen dort weiter verschrieben haben, davon wie-
wenige dieser Gruppen haben nach Gutdünken schalten. der einmal ausgenommen, sagen
Nordwestprovinz
sich verselbständigt und führen Stammesgebiete Laut Beobachtern haben auch die Experten.
nun Krieg gegen ihre einstigen die Machthaber in Islamabad in- Dass Pakistan weiterhin nur
Herren. TURKM. CHINA zwischen erkannt, was sie sich halbherzig gegen die Terroristen
Epizentrum des Problems sind Peshawar eingebrockt haben. Spätestens, vorgeht, liegt auch daran, dass
die autonomen Stammesgebiete Kabul Abbottabad als die pakistanischen Taliban im sein politisches Selbstbewusst-
in der Nordwestprovinz. Die AFGHANISTAN Islamabad Dezember 2014 eine von der sein erstarkt ist. Seit 2013 baut
dünnbesiedelte Region an der Armee geführte Schule in Pesha- China im Industal im Rahmen sei-
Grenze zu Afghanistan, in der war angriffen und über 130 Schü- nes riesigen Projekts einer neuen
Terroristen aller Couleur Unter- PAKISTAN ler massakrierten, habe auch an Seidenstrasse für umgerechnet
schlupf finden, gilt seit dem Mit- der Spitze von Militär und Ge- 60 Milliarden Franken Autobah-
IRAN INDIEN
telalter als unregierbar. Eine Re- heimdienst ein Umdenken statt- nen, Eisenbahntrassen und Kraft-
form des Landstrichs sollte die gefunden. Die Sicherheitskräfte werke. «Wir sind nicht mehr so
Gebiete im vergangenen Jahr zäh- 500 km gingen seitdem im Rahmen eines sehr auf amerikanische Hilfe an-
men, scheiterte jedoch am Wider- «Nationalen Aktionsplans zur gewiesen. China hat Pakistan

Kapstadt geht in 90 Tagen das Wasser aus

Als erster Metropole droht steuert unaufhaltsam auf den Trotz diesen Aussichten pas- dürfe ihre Bürger nicht länger
NIC BOTHMA / EPA

dem südafrikanischen
Küstenort das Trinkwasser
auszugehen. Schuld sind die
Dürre und die Politik.
Christian Putsch, Kapstadt
Schon bei der Anreise nach Kap-
stadt weisen die Piloten derzeit
auf die Dürre hin. Am Flughafen
bekräftigen dann grossflächige
Plakate: «Jeder Tropfen zählt.»
Selbst als Anfang Januar das in-
dische Kricket-Nationalteam zu
einem Länderspiel nach Kapstadt
reiste, wurden die Spieler im
Hotel freundlich aufgefordert,
doch bitte nicht länger als zwei
Minuten zu duschen.
Kapstadt erlebt die schlimmste
Dürre seit über einem Jahr-
hundert. Die Touristenhochburg
«Tag null» zu. So wird der
Moment genannt, an dem die
Stadt die meisten Wasserleitun-
gen abstellen wird, als erste mo-
derne Metropole weltweit. Der-
zeit ist der 22. April anvisiert, in
90 Tagen. Dann werden die Was-
serpegel der Dämme voraussicht-
lich den kritischen Tiefstand von
13,5 Prozent erreichen.
Danach erhalten die 3,7 Millio-
nen Bewohner Wasser nur noch
an Ausgabestellen, die von Solda-
ten und Polizei bewacht werden.
Jeder soll täglich nur noch Recht
auf 25 Liter haben. Schulen und
Krankenhäuser sollen verschont
werden, wie auch die meisten
Townships. Die Mehrheit der
dortigen Bewohner sind ohnehin
auf öffentliche Wasserhähne an-
gewiesen.
sen die Bewohner nur zögerlich
ihren Verbrauch an. Pro Person
dürfen derzeit nur 87 Liter ge-
nutzt werden, rund die Hälfte des
durchschnittlichen Verbrauchs
der Schweizer. Das lässt sich ohne
Probleme erreichen, wenn etwa
das Dusch- und Spülwasser in
Eimern aufgefangen wird und für
Klospülungen wiederverwertet
wird. Seit weit über einem Jahr ist
es illegal, den Garten zu wässern,
das Auto zu waschen oder den
Pool aufzufüllen.
Doch die sichtlich frustrierte
Bürgermeisterin Patricia de Lille
kritisierte diese Woche, dass die-
ses Ziel nur von 40 Prozent der
Bevölkerung erreicht werde. «Es
ist unglaublich, dass der Mehrheit
der Leute die Lage egal zu sein
scheint», sagte de Lille. Die Stadt
darum bitten, Wasser zu sparen.
Sie müsse sie dazu zwingen.
Ab Februar wird die Ration
noch einmal deutlich auf 50 Liter
gesenkt. Neben heftigen Strafen
zwingt die Stadt uneinsichtige
Grossverbraucher zum Einbau
von einem Gerät, das nach Errei-
chen des Limits die Leitung
schliesst. Und die Lage rechtfer-
tigt auch ein wenig Denunzian-
tentum. Wurden im vergangenen
Jahr nur die Strassen mit dem
höchsten Verbrauch veröffent-
licht, so lässt sich über eine Web-
site inzwischen bequem für jedes
einzelne Grundstück nachverfol-
gen, ob die Verbrauchsvorgaben
eingehalten werden. Mein Nach-
bar, der Verschwender.
Die Krise war eigentlich vor-
Bürger holen Wasser an einer Abgabestelle in Kapstadt. (19. 1. 2018) hersehbar. Die Bevölkerungs-

hat. (Lahore, 5. 1. 2018)
politischen Spielraum ver-
schafft», sagt Nazir Hussain,
pakistanischer Diplomat im
Ruhestand, der an der Universität
Lahore lehrt.
Vor diesem Hintergrund ist es
fraglich, ob die amerikanische
Drohgebärde, Islamabad Hilfs-
gelder vorzuenthalten, Wirkung
zeigen wird. Es ist nicht das erste
Mal, dass die USA aus Ärger Zah-
lungen stornieren. Doch Pakistan
ist wegen der Nachschubrouten
nach Afghanistan zu wichtig, als
dass die Blockade lang anhalten
würde. Die Pakistaner hätten gu-
te Gründe anzunehmen, dass die
USA wieder umfallen würden,
sagt der Experte aus Islamabad.
Das Doppelspiel geht weiter.
zahlen sind gestiegen, und
Projekte wie der Bau von neuen
Staudämmen oder Meerwasser-
entsalzungsanlagen kamen nur
schleichend voran. Es besteht ein
Investitionsstau in Milliarden-
höhe. Zudem hatten Klima-
forscher der Universität Kapstadt
errechnet, dass Jahre mit gerin-
gen Regenfällen in der Stadt
gegenwärtig doppelt so häufig
vorkommen wie noch vor einem
Jahrhundert. Eine derartige Dür-
re, die bereits seit dem Jahr 2014
anhält, haben aber selbst die
Experten nicht erwartet.
Verschärft werden die Folgen
durch die Blockadehaltung der
Regierungspartei African Natio-
nal Congress (ANC). Das Westkap
ist die einzige Provinz, die von
der Oppositionspartei Democra-
tic Alliance (DA) regiert wird. Der
Pakistaner nach der Tötung von Usama bin Ladin. (Quetta, 6. 5. 2011)
ANC wirft der DA zu zögerliches
Handeln vor, verweigerte bis vor
wenigen Monaten aber Budgets
für die Krisenbewältigung, über
die nur auf nationaler Ebene ent-
schieden werden kann. Die DA
hat zudem wenig Einfluss auf die
Wasserzuteilung an die Landwirt-
schaft. Auch diese wurde vom
ANC viel zu spät eingeschränkt.
Zuletzt nahmen Projekte zur
Meerwasserentsalzung und zur
Wiederverwertung von Abwasser
zwar etwas an Fahrt auf. Bis zum
«Tag null» werden sie aber nicht
funktionsfähig sein, zumal die
Staatskassen leer sind. Nach An-
gaben der Wirtschaftsförderungs-
gesellschaft Green Cape wären im
Wassersektor Südafrikas Investi-
tionen in Höhe von 61 Milliarden
Franken nötig, um neben neuen
Projekten auch die bestehenden
ALAA BADARNEH / EPA
RANA SAJID HUSSAIN / LIGHTROCKET/ GETTY IMAGES
Mahmud Abbas bei seiner Brandrede vor dem PLO-Zentralkomitee. (Ramallah, 14. Januar 2018)
Ende einer Ära
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas gibt mit
einer Wutrede Rätsel über seine Zukunft auf
Gisela Dachs, Tel Aviv
Der bald 83-jährige Präsident
Mahmud Abbas hat in seinem Le-
ben schon viele Ansprachen ge-
halten. Aber so kannte man ihn
bisher noch nicht. Da trat er nun,
elegant wie immer, vor das PLO-
Zentralkomitee in Ramallah und
redete sich in Rage. Er schlug da-
bei alles kurz und klein, wofür er
bis jetzt gestanden hatte: Das Ab-
kommen von Oslo, die Zweistaa-
tenlösung, die Autonomie der
Palästinenser. Abbas verfluchte
den Präsidenten im Weissen Haus
und bediente sich aus dem anti-
israelischen Propaganda-Arsenal.
Israel sei ein koloniales Konstrukt
europäischer Mächte, ohne jeg-
liche Verbindung zur jüdischen
Geschichte und vergifte die paläs-
tinensische Jugend mit Drogen.
Man kann darüber spekulie-
ren, was Abbas zu seiner Brand-
rede veranlasst hat. War es Frust?
Hat er sein wahres Gesicht ge-
zeigt? Oder ist es ein Indiz, dass
NASEER AHMED / REUTERS
seine Zeit als Palästinenserführer
abgelaufen ist? In jedem Fall
klang es nach dem Ende einer lan-
gen politischen Karriere.
Den Schein wahren
Vieles spricht dafür, dass Abbas
sich zum Abschied vor der eige-
nen Bevölkerung für sein Schei-
tern rechtfertigen wollte. Die
Bilanz ist harsch: Ein unabhängi-
ger Staat ist nicht in Sicht. Die
Unterstützung für die palästinen-
sische Sache nimmt im Weissen
Haus und in der arabischen Welt
ab. Zudem ist Abbas innenpoli-
tisch seit langem nicht mehr legi-
timiert. Die letzten Wahlen fan-
den 2005 statt. Neuwahlen wur-
ANZEIGE
Hat Ihr
Portfolio
Kläranlagen zu renovieren. Viele
sind über 30 Jahre alt, die Hälfte
gilt als marode.
Mit einer temporären Entsal-
zungsanlage will Kapstadt schon
in einigen Wochen immerhin bis
zu 100 Millionen Liter pro Tag ge-
winnen. Massnahmen wie diese
belasten aber den Haushalt. Auch
hier bleibt die Finanzierung un-
geklärt, zumal der Stadt durch
den sinkenden Wasserverbrauch
Milliardeneinnahmen fehlen.
In den vergangenen Wochen
hatte de Lille versucht, eine Son-
derabgabe für alle Grundstücks- globalance-bank.com/portfolio
eigentümer der Stadt durchzuset-
zen. Am Donnerstag zog sie den
Vorschlag zurück, nachdem es
Tausende Beschwerden gegeben
hatte. Die unvermeidliche Rech-
nung für die Misere will niemand
zahlen.
den seither regelmässig in Aus-
sicht gestellt, aber immer wieder
verschoben. Die Angst vor einem
Sieg der Hamas war zu gross.
Doch auch ohne Wahlen hat
Abbas’ Rede nun die Nachfolge-
frage in den Vordergrund gerückt.
Wer immer nach ihm kommt –
und bis heute ist dies völlig un-
klar -, wird wohl über weniger ge-
ballte Macht verfügen. Abbas ist
Palästinenserpräsident, Vorsit-
zender der PLO und Vorsitzender
der nationalen Autonomie-
behörde. Diese Ämteranhäufung
geht auf den legendären PLO-
Chef und ersten Palästinenser-
präsidenten Yassir Arafat zurück.
Nach dessen Tod 2004 wurde
Stellvertreter Mahmud Abbas
zum blassen, aber international
viel stärker akzeptierten Nachfol-
ger. Er präsentierte sich der west-
lichen Welt im Anzug statt mit
Waffe und Kufija, sprach sich
gegen die mörderische Gewalt-
strategie der zweiten Intifada aus.
«Es wird nie einen moderateren
und geduldigeren palästinensi-
schen Anführer geben», hiess es
am Freitag in einer Zeitungs-
anzeige der linken israelischen
Friedensbewegung Gush Shalom.
Abbas gehört dennoch jener
alten PLO-Garde an, die schon
lange keine Popularität mehr ge-
niesst. Ihr wird Korruption und
Vetternwirtschaft vorgeworfen.
«Alle haben Häuser in Amman.
Falls hier alles zusammenbricht,
wissen sie, wohin sie fliehen kön-
nen», sagt ein Mitglied der Al-
Aksa-Brigaden, des bewaffneten
Flügels der Fatah-Partei, das drei
Jahre im israelischen Gefängnis
verbracht hat. Bis heute lässt
Abbas palästinensischen Atten-
Zukunft?
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7
tätern wie diesem eine gross-
zügige finanzielle Unterstützung
als Belohnung zukommen. Das
macht ihn für viele Israeli schon
lange unglaubwürdig. Dennoch
hat er selbst in angespannten Zei-
ten an der Kooperation mit israe-
lischen Sicherheitskräften fest-
gehalten. Diese trug dazu bei, An-
schläge zu vereiteln, schützte ihn
aber schliesslich auch vor seinen
eigenen Feinden.
Nicht alles verloren
Steht nun alles infrage? Nicht un-
bedingt. Der frühere US-Unter-
händler Denis Ross erinnerte
diese Woche in Jerusalem daran,
wie sich Arafat nach dem Schei-
tern der Verhandlungen von
Camp David im Jahr 2000 bei sei-
ner Rückkehr feiern liess, weil er
den Amerikanern die Stirn gebo-
ten hatte, und zugleich den da-
maligen Präsidenten Bill Clinton
um ein weiteres Gipfeltreffen bat.
Abbas hat Präsident Trump
eine klare Absage als Vermittler
erteilt und will mit der israeli-
schen Regierung nichts mehr zu
tun haben. Wie es nun weiter-
geht, hängt aber auch noch von
anderen Akteuren ab. Sollte, wie
angekündigt, demnächst tatsäch-
lich ein neuer amerikanischer
Friedensvorstoss auf dem Tisch
liegen, wird es vom konkreten In-
halt abhängen und der Haltung
der Europäer, ob er eine Chance
hat. Mehr als eine Reihe von ver-
trauensbildenden Massnahmen,
die die Lage vor Ort nicht eskalie-
ren lassen, wird der Vorstoss
wohl nicht enthalten. Die Kluft
zwischen Abbas und der jetzigen
israelischen Regierung ist für
alles andere einfach zu gross.
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NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Schweiz Steuern 9

Schwarzgeld in Milliardenhöhe
Steuerpflichtige haben seit 2010 versteckte Vermögen von mehr als dreissig Milliarden Franken offengelegt.
Das ist weit mehr, als das Parlament je vermutet hatte. Von Daniel Friedli und Lukas Häuptli

W
ann haben Sie Ihre letzte Steuer- «Steuersündern mit

CHRISTIAN BEUTLER / KEYSTONE

Selbstanzeigen
erklärung ausgefüllt? Richtig
ausgefüllt? Und ehrlich? Natür-
in Zahlen Vermögen im Ausland
droht die Entlarvung,
90000
lich geht das niemanden etwas
an. Denn in der Schweiz herrschen Bank-
geheimnis, Steuergeheimnis – und Steuer-
weshalb viele ihr
ehrlichkeit. Das jedenfalls ist das Credo der So viele Steuer- Schwarzgeld noch selber
bürgerlichen Mehrheit im Parlament. sünder haben sich gemeldet haben.»
Wie weit diese Steuerehrlichkeit wirklich selber gemeldet,
geht, ist allerdings fraglich. In den letzten acht seit im Jahr 2010 die
Jahren haben Steuerpflichtige in der Schweiz Möglichkeit zur Bischof, damals noch Nationalrat, die straf-
nämlich Schwarzgeld in der Höhe von min- straflosen Selbst- lose Selbstanzeige werde sicher nicht mehr
destens 31,7 Milliarden Franken offengelegt. anzeige eingeführt einbringen als die letzte Steueramnestie in der
So viele unversteuerte Vermögen sind zwi- wurde. Schweiz. Durch diese wurden 1969, allerdings
schen Anfang 2010 und Ende 2017 per Selbst- zu damaligen Preisen, 11,5 Milliarden Franken

anzeige den kantonalen Steuerämtern gemel-
det worden, wie eine Umfrage der «NZZ am
Sonntag» in den 26 Kantonen zeigt. Die effek-
tive Summe dürfte noch um einiges höher
sein, denn mehrere Kantone, etwa Luzern,
Zug oder Waadt, erheben besagte Daten gar
nicht. Und Appenzell-Innerrhoden verweigert
die Auskunft dazu, weil diese «in unseren eng-
räumigen Verhältnissen ... Rückschlüsse auf
einzelne Personen möglich» mache und damit
das Steuergeheimnis verletzen würde.
7,5
Schwarzgeld aufgedeckt.
Umgekehrt sind die 31,7 Milliarden Franken
Mrd. nur ein Bruchteil des Vermögens, das in der
Schweiz in einem Jahr versteuert wird. Diese
So viele Franken Zahl belief sich beispielsweise im Jahr 2014
Vermögen wurden auf 1756 Milliarden Franken. Darum mahnt
allein im letzten auch SVP-Nationalrat Thomas Matter vor vor-
Jahr durch neue eiligen Schlüssen. Gemessen am Total aller
Selbstanzeigen Vermögen und Steuererträge seien die jetzt
aufgedeckt. gemeldeten Summen sehr gering, sagt er. Zu-
dem verweist auch Matter darauf, dass zuletzt

Am meisten Schwarzgeld kam in den Kan-
tonen Zürich (6,9 Milliarden Franken), Tessin
(6,0), Genf (4,4), Basel-Stadt (3,1) und St. Gal-
len (2,0) zum Vorschein.
Die Angst vor dem Datenaustausch
Grundlage für die Meldungen ist das Gesetz
über die straflose Selbstanzeige, das seit 2010
gilt. Es sieht vor, dass Steuerpflichtige sich bei
Steuerämtern selbst anzeigen, Schwarzgelder
melden und diese so legalisieren können. An-
schliessend werden die Betroffenen zwar
nachbesteuert, nicht aber gebüsst.
Wie das Prozedere im Einzelnen funktio-
niert, zeigt ein Beispiel aus dem Kanton Gla-
rus: Dort hat ein Steuerpflichtiger der Steuer-
verwaltung vor ein paar Monaten gemeldet, er
besitze seit zehn Jahren Aktien, die in einem
Depot eines Liechtensteiner Finanzinstituts
lägen und die er nie versteuert habe. Das Amt
veranlagte darauf den Wert der Aktien auf to-
tal 40 Millionen Franken, die Erträge daraus
auf total 650 000 Franken. Das ergab für den
Selbstanzeiger eine Nachsteuer von 230 000
Franken. Wären die Aktien im Rahmen eines
Steuerstrafverfahren ausfindig gemacht wor-
den, hätte er zusätzlich eine Busse von ver-
mutlich ebenfalls 230 000 Franken zahlen
müssen.
Im letzten Jahr hat sich die Zahl solcher
Meldungen in vielen Kantonen auf neue
Rekordwerte erhöht. Grund dafür ist der auto-
matische Informationsaustausch, aufgrund
dessen die Schweiz demnächst mit einer gan-
zen Reihe anderer Staaten Bankdaten austau-
schen wird. Steuersündern mit Vermögen in
den entsprechenden Ländern droht also die
Entlarvung, weshalb viele ihre Schwarzgelder
vorher freiwillig gemeldet haben. So ist zum
Beispiel erklärbar, weshalb zuletzt überdurch-
schnittlich viel Vermögen aus dem benachbar-
ten Fürstentum Liechtenstein offengelegt
wurde. Allein das St. Galler Steueramt gab
diese Woche bekannt, dass in seinem Kanton
fast 60 Prozent der letztes Jahr per Selbst-
31,7
Mrd.
So viele Franken
Vermögen sind seit
2010 zusätzlich zum
Vorschein
gekommen.
Anlaufstelle für reuige Steuersünder: Blick in ein Zürcher Steueramt. (Uster, 30. 10. 2014)
anzeige deklarierten Vermögen in Liechten-
stein deponiert waren.
Insgesamt haben sich seit 2010 mehr als
90 000 Steuerpflichtige selbst angezeigt, wie
der «Sonntags-Blick» meldete, und zwar quer
durch alle Klassen. «Die Personen stammen
aus allen möglichen Schichten», sagt Jakob
Rütsche, Thurgauer Steuerverwalter und Prä-
sident der Schweizerischen Steuerkonferenz,
der Vereinigung der kantonalen Steuerämter
(siehe Interview). Im Kanton St. Gallen etwa
betrafen 2017 ein Viertel der Meldungen Ver-
mögen von mehr als einer Million Franken.
Die Hälfte der Selbstanzeiger meldete
Schwarzgelder zwischen einer Million und
150 000 Franken, das letzte Viertel lag unter
dieser Schwelle. Daneben stellten viele Kan-
tone fest, dass zahlreiche Ausländer noch
nicht deklarierte Liegenschaften gemeldet
hatten, die sie in ihrer Heimat besitzen. «Da-
bei handelt es sich meistens um Franzosen,
Italiener, Spanier und Portugiesen», sagt Beda
Albrecht, Chef der Walliser Steuerverwaltung.
Überraschend hohe Ausbeute
Doch was sagen diese Zahlen aus über die
Steuerehrlichkeit in der Schweiz? Zunächst
einmal reagieren selbst Steuerverwalter über-
rascht darauf, dass die gemeldeten Vermögen
mittlerweile die Dreissig-Milliarden-Grenze
überschreiten. Und auch die Parlamentarier
hatten niemals mit so hohen Beträgen gerech-
net, als sie das Gesetz vor zehn Jahren verab-
schiedeten. So sagte etwa CVP-Mann Pirmin
aussergewöhnlich viele Selbstanzeigen von
Einwanderern gekommen und Immobilien im
Ausland beträfen. «Ich bin nach wie vor über-
zeugt, dass die Schweizer grundsätzlich
steuerehrlich sind», sagt der Zürcher Natio-
nalrat. Anders sieht es die Linke: «Diese Zah-
len zeigen, dass das Bild des ehrlichen Steuer-
zahlers revidiert werden muss», sagt SP-
Nationalrätin Mattea Meyer. Umso ärgerlicher
sei es, dass das Parlament Steuerhinterzie-
hung immer noch als Kavaliersdelikt be-
handle und nicht als das, was es letztlich sei:
Betrug an den ehrlichen Steuerzahlern. Meyer
hat denn auch bereits gefordert, dass der Bun-
desrat in einer Studie genauer darlegt, in wel-
chem Ausmass und von wem Steuern hinter-
zogen werden. Gestützt darauf will sie dann
den Kampf gegen Steuerdelikte verschärfen.
Die Linke kann dabei zumindest teilweise
auf die Unterstützung der kantonalen Finanz-
direktoren zählen. Diese wünschen sich schon
länger mehr Kompetenzen und möchten zum
Beispiel bei allen konkreten Hinweisen auf
Steuerhinterziehung die Bankkonten eines
Verdächtigen überprüfen können. Paradoxer-
weise könnte dieser Wunsch mit der Einfüh-
rung des automatischen Informationsaustau-
sches noch an Dringlichkeit gewinnen. Denn
nun sind geheime Vermögen in vielen Staaten
nicht mehr sicher. Wer diese weiterhin verste-
cken will, hat also unter Umständen einen An-
reiz, sein Geld zurück in die Schweiz zu trans-
ferieren. Aus der Schwyzer Steuerverwaltung
etwa heisst es, man habe erste Indizien, dass
dies derzeit geschehe.
Politisch sind Forderungen nach neuen Ein-
griffsrechten indes chancenlos. Das Parlament
hat im Dezember eben erst klar gemacht, dass
es am Bankgeheimnis im Inland festhalten
will. Umgekehrt wurden aber auch Vorstösse
abgelehnt, die über die straflose Selbstanzei-
gen hinaus noch neue Steueramnestien for-
dern. Ein weiteres Entgegenkommen an die
Steuersünder wäre für die Steuermoral nicht
förderlich, hiess es.

Präsident der Schweizer Steuerkonferenz Schwere Steuerdelikte

Mehrere tausend
«Die Steuerämter sollten Auskünfte verlangen können» Strafverfahren pro Jahr

Die Eidgenössische Steuerverwaltung hat

NZZ am Sonntag: Steuerpflich-
tige haben in den letzten acht
Jahren Schwarzgelder von über
dreissig Milliarden Franken offen-
gelegt. Haben Sie so viel erwartet?
Jakob Rütsche: Die Zahl über-
rascht mich. Das ist doch ein
ansehnlicher Betrag.
Wer sind die Leute, welche die
Gelder den Steuerämtern gemel-
det haben?
Es sind Reiche, es sind Rent-
ner, es sind Gastarbeiter. Die
Personen, die seit 2010 nicht
versteuerte Vermögen per
Selbstanzeige offengelegt haben,
stammen aus allen möglichen
Schichten. Was man sagen kann:
Oft lagen die Vermögen seit
Generationen auf den Konten.
Und oft wurden die Vermögen
in den letzten Jahren nicht mehr
aktiv bewirtschaftet.
Die dreissig Milliarden Franken
stellen der Steuerehrlichkeit der
Steuerpflichtigen ein schlechtes
Zeugnis aus.
Das sehe ich nicht so. Ich
würde noch immer sagen: Die
Steuerehrlichkeit in der Schweiz
ist hoch. Man muss in diesem
Zusammenhang darauf hinwei-
sen, dass die dreissig Milliarden
Franken von rund 90 000
Selbstanzeigern gemeldet
wurden. 90 000, das ist ein
Bruchteil aller Steuerpflichtigen
in der Schweiz.
Womöglich haben sich auch nicht
sämtliche Schwarzgeld-Besitzer
angezeigt?
Das ist möglich. Aber der
automatische Informationsaus-
tausch hat in dieser Beziehung
einen erheblichen Druck ent-
wickelt. Das Netz der Staaten,
die sich zum Austausch ver-
pflichtet haben, ist mittlerweile
sehr eng. Einzig mit arabischen
und afrikanischen Staaten
werden in naher Zukunft noch
keine Bankdaten ausgetauscht.
Daneben bleiben die Daten von
Banken in der Schweiz für Steuer-
ämter geheim. Stört Sie das?
Nein, nicht grundsätzlich. Wir
wollen keinen automatischen
Informationsaustausch inner-
halb der Schweiz. Was wir
wollen: Bei einem konkreten in der Vergangenheit jedes Jahr zwischen
Anfangsverdacht auf Steuer- 4000 und 6500 Strafverfahren wegen des
hinterziehung sollten die kanto- Verdachts auf schwere Steuerdelikte eröff-
nalen Steuerämter Auskünfte net. Zu diesen zählen der Steuerbetrug, die
über Konten der Verdächtigten wiederholte Hinterziehung von grossen
bei den Finanzinstituten verlan- Steuerbeträgen und die Veruntreuung von
gen können. Gewissermassen als Quellensteuern. Die meisten dieser Verfah-
Schutz vor staatlicher Willkür ren tritt die Eidgenössische Steuerverwal-
könnte man vorschreiben, dass tung später an die zuständigen kantonalen
die Ämter Auskünfte über Bank- Steuerämter ab. Einzig die ganz grossen
konten bei einem Gericht bean- Fälle – ein halbes bis zwei Dutzend pro Jahr
Jakob Rütsche tragen und von diesem bewilli- – führt sie selbst. Schwere Steuerdelikte
gen lassen müssen. werden mit Bussen geahndet, und zwar
meistens in der Höhe der jeweils anfallen-
Mit wie vielen Verdachtsfällen auf den Nachsteuern.
Steuerhinterziehung würden Sie Beim Verdacht auf schwere Steuerhinter-
denn rechnen? ziehung darf die Eidgenössische Steuer-
Das dürften in der ganzen verwaltung unter anderem Bankauskünfte
Schweiz einige Tausend pro Jahr einholen, Gelder beschlagnahmen und
sein. Hausdurchsuchungen durchführen. (luh.)
Interview: Lukas Häuptli
 10 Schweiz Aussenpolitik NZZ am Sonntag 21. Januar 2018

«Unsere Europapolitik wird

BÉATRICE DEVÈNES
nicht in Davos gemacht»
Für Bundespräsident Alain Berset gilt am WEF «Switzerland first» – vor allem
beim Treffen mit Donald Trump. Interview: Stefan Bühler und Andrea Kučera

NZZ am Sonntag: Herr Bundespräsident, man
sagt von Ihnen, Sie liebten den roten Teppich.
Insofern ist das Weltwirtschaftsforum wie
geschaffen für Sie. Freuen Sie sich auf Davos?
Alain Berset: Es gibt vieles, was über mich
komme schon bald. Ich weise darauf hin,
dass wir letztes Jahr einen Wechsel im Aus-
sendepartement hatten. Der neue Bundesrat
Ignazio Cassis ist gut gestartet. Er unterbrei-
wirkungen auf der ganzen Welt, auch bei
uns. Auch in der Schweiz ist bekanntlich eine
Das WEF
wichtige Debatte über die Reform der Unter- in Zahlen
nehmenssteuern im Gang. Der Bundesrat

erzählt wird. Nicht alles stimmt, doch damit
kann ich gut leben. Zu Ihrer Frage: Ich freue
mich auf den direkten, persönlichen Aus-
tausch, das hat mit dem roten Teppich nichts
zu tun. Praktisch an Davos ist, dass ich hier
hochrangige Vertreter treffen kann, die geo-
grafisch weiter entfernt zu Hause sind.
Keinen persönlichen Austausch wird es laut
neusten Meldungen mit EU-Kommissionsprä-
3000
tet der Gesamtregierung in nächster Zeit will diese rasch vorantreiben: damit wir kon-
Vorschläge, wie es in der Europapolitik wei- form sind mit den internationalen Regeln
tergehen soll. und um wettbewerbsfähig zu bleiben, damit
Firmen nicht abwandern.
Der Druck aus Brüssel, rasch ein Rahmen- Teilnehmer aus 90
abkommen abzuschliessen, wird allerdings Allerdings dauern die hochrangigen Treffen in Ländern werden
kaum nachlassen. Davos meist nur kurz, vielleicht 20 Minuten. dieses Jahr erwar-
Wir lassen uns nicht unter Druck setzen. In die Tiefe einzelner Dossiers kann man da tet, unter ihnen
kaum vorstossen. 70 Regierungschefs
So gut wie sicher ist Ihr Treffen in Davos mit Stimmt. Wissen Sie, diese bilateralen Tref- – so viele wie nie.
dem amerikanischen Präsidenten Donald fen dienen vor allem der Beziehungspflege.

sident Juncker geben. Er hat keine Zeit. Emp-
finden Sie das als Affront?
Aber bitte. Jean-Claude Juncker und ich
sprechen jederzeit miteinander, wenn es
nötig ist. Zurzeit diskutiert der Bundesrat
über unsere Position bei den Verhandlungen
mit der EU. Formelle Treffen ergeben insbe-
sondere dann Sinn, wenn es neue oder kon-
krete Punkte zu besprechen gibt.
So unverkrampft ist das Verhältnis offensicht-
lich aber nicht: Im Dezember kam es bekannt-
lich zum offenen Streit mit Brüssel.
Trump. Seine Parole lautet «America first».
Gilt für Sie «Switzerland first»?
Natürlich. Zum Beispiel letzte Woche am
Lauberhornrennen. Im Ernst: Die Verteidi-
gung der Interessen der Schweiz hat für mich
oberste Priorität. In diesem Sinne gilt tat-
sächlich «Switzerland first». Dazu gehört
auch das Engagement im Rahmen der inter-
nationalen Organisationen wie der Uno und
die Einhaltung internationaler Normen, ins-
besondere der Menschenrechte. In der Praxis
heisst das, dass wir Gelegenheiten wie jetzt
das WEF nutzen, um unseren Partnern
780
Man kann damit den Boden bereiten für wei-
tere Schritte. So haben wir vor einigen Jahren
am WEF etwa mit dem chinesischen Minis-
terpräsidenten Li Keqiang die Verhandlun-
gen über das Freihandelsabkommen aufge-
gleist, das später abgeschlossen werden Personen reisen
konnte. Die Stärke von Davos ist der persön- allein aus den USA
liche Kontakt. an. Zum Vergleich:
Aus der Schweiz
Diese Kontakte muss in der Schweiz jedes Jahr sind 233 und aus
ein neuer Bundespräsident knüpfen. Ist es so Frankreich 93
überhaupt möglich, einen direkten Draht auf Teilnehmer vor Ort.
Dauer zu pflegen?

Dass die Schweiz von der EU-Kommission
in Steuerfragen auf eine graue Liste gesetzt
wurde, ist nicht akzeptabel. Und auch, dass
die Äquivalenz unserer Börsenaufsicht nur
provisorisch anerkannt wurde, ist unver-
ständlich und diskriminierend. Wir müssen
wieder Vertrauen fassen. Ich bin überzeugt,
dass beide Seiten an stabilen Beziehungen
und einer vertrauensvollen Zusammenarbeit
interessiert sind.
Sind Sie sicher? Auch Frankreichs Präsident
unsere Positionen zu erläutern.
Welche Themen besprechen Sie mit Trump?
Die Modalitäten des Treffens sind noch in
Diskussion. Ich skizziere hier also bloss mög-
liche Bezugspunkte: Bilateral haben wir mit
den USA sehr enge wirtschaftliche Beziehun-
gen. Schweizer Unternehmen generieren
direkt eine halbe Million Arbeitsplätze in den
USA, indirekt sogar 1,8 Millionen. Finanz-
und Steuerfragen sind daher wohl Thema.
21
Die Situation ist weniger dramatisch, als
es von aussen den Anschein macht. Wir
können uns innerhalb des Kollegiums orga-
nisieren, damit die Kontinuität gewahrt ist.
Man darf zudem nicht vergessen: Es gibt
%
auch viele ausländische Mandatsträger, die der Teilnehmer sind
nicht lange im Amt bleiben. Sehr rasch war weiblich. Bei den
ich auf europäischer Ebene der amtsälteste Frauen beträgt das
Gesundheitsminister. Durchschnittsalter
50, bei den Männern
Aber international gilt ja schon, dass Präsi- 54 Jahre.
denten meist vier Jahre im Amt bleiben. Nur

60
Macron findet keine Zeit für ein Gespräch mit Inwiefern? die Schweiz hat einen Jahresturnus.
Ihnen. Haben wenigstens Bundeskanzlerin Die US-Steuerreform sieht eine substan- Das ist anspruchsvoll – aber machbar. Die
Angela Merkel und Italiens Premier Paolo zielle Senkung der Steuern vor. Das hat Aus- Alternative wäre eine institutionelle Ände-
Gentiloni zugesagt? rung.
Offenbar kennen Sie mein Programm
besser als ich. Ernsthaft: Viele Gespräche Die vielleicht nötig wäre, um unsere Position Treffen plant der
sind noch in Diskussion. Und um es klar zu
Das hat Alain Berset vor zu stärken? Bundesrat. Vor Ort
sagen: Unsere Europapolitik wird nicht in Ich kann nicht in Abrede stellen, dass es sein werden 5 Regie-
Davos gemacht, auch sind wir nicht auf das Der Freiburger SP- Präsidenten Donald manchmal einfacher wäre für einen Bundes- rungsmitglieder –
WEF angewiesen, um Regierungsvertreter Bundesrat steht Trump, Argenti- präsidenten, wenn er länger im Amt wäre. alle ausser Guy
aus der EU zu treffen. Für dieses Jahr sind 2018 als Bundes- niens Präsidenten Aber würde das noch unserer politischen Parmelin und Simo-
hochrangige Treffen mit unseren Nachbar- präsident dem Mauricio Macri, Kultur entsprechen? Das Prinzip der Macht- netta Sommaruga.
ländern geplant; in Österreich war ich schon. Regierungskolle- Indiens Premier teilung geht zurück auf die Gründung des
gium vor. In dieser Narendra Modi und Bundesstaats 1848. Seit Jahrzehnten sind in
Angesichts dieser Ausgangslage wäre es aber Funktion hält er am Israels Regierungs- aller Regel die vier grössten Parteien in den
vermessen, im Europadossier in Davos einen Dienstag eine Rede chef Benjamin Bundesrat eingebunden – das ist eine Stärke
Durchbruch zu erwarten? zur Eröffnung des Netanjahu. Weitere der Schweiz. Die Rotation des Bundespräsi-
Richtig. Das war auch nie das Ziel der World Economic Treffen sind in Pla- diums ist Teil der DNA unseres Landes.
geplanten Treffen. Was wäre denn in ihren Forum. Weiter trifft nung, so mit der
Augen ein Durchbruch? er in Davos Staats- britischen Premier- Was genau finden Sie gut daran?
und Regierungs- ministerin Theresa Es gibt nicht einen Chef, der sagt, wo es
Dass wir endlich wissen, wie es weitergeht. chefs, unter ihnen May und Kanzlerin langgeht. Der Bundesrat funktioniert als
Ich gehöre nicht zu den Leuten, die glau- den amerikanischen Angela Merkel. (sbü.) Kollegium, wir erörtern bei den wichtigen
ben, der grosse Durchbruch mit Brüssel Dossiers die verschiedenen Ansichten. In

Rahmenabkommen

Neuer Plan: Für Bundesrat Ignazio Cassis

kommt das WEF zu früh: Noch
ist der neue Aussenminister
über das umstrittenen Rahmen-
abkommen ein «Reset», einen
Neuanfang, zu ermöglichen: Die
ist der grosse Unterschied zu den
bisherigen Modellen, über die
Bern und Brüssel seit Jahren
vertritt, einem für die EU und
dem dritten, der von den ersten
beiden ernannt würde.
Privileg. Vielmehr dürfte die EU
weiterhin ihren Vorschlag propa-
gieren, bei dem ein Schieds-
Cassis setzt keine hundert Tage im Amt, noch
hat er seine Ideen in der EU-Poli-
Diskussion über den Europäi-
schen Gerichtshof (EuGH), die
verhandeln.
Zwar würde sich das Bundes-
Noch seien diese Pläne nicht
fertig ausgearbeitet, heisst es;
gericht nicht erst am Ende zum
Zug käme, wenn es um die
auf das tik dem Gesamtbundesrat nicht
vorstellen können. Das Bedauern
«fremden Richter», sei vergiftet,
hatte Cassis vor seiner Wahl
gericht in Prozessen, bei denen
EU-Recht betroffen ist, im Regel-
die Informationen werden auch
nicht offiziell bestätigt. In der
Beurteilung allfälliger Sanktio-
nen geht, sondern bei allen Kon-

Bundesgericht darüber, dass EU-Kommissions-

präsident Jean-Claude Juncker in
Davos wohl keine Zeit für ein
Treffen mit Vertretern des
Bundes finden wird, hält sich
daher in Grenzen: Man hätte ihm
ohnehin nichts Substanzielles zu
sagen gehabt, heisst es.
Hinter den Kulissen ist Cassis
mit seinen Beratern und Diplo-
maten allerdings mit Hochdruck
daran, neue Konzepte für die
Weiterentwicklung des bilatera-
len Wegs zu entwickeln. Voraus-
sichtlich Ende Januar sollen
diese im Bundesrat diskutiert
werden. Besonders gespannt ist
man, wie er sein Versprechen
umsetzt, in den Verhandlungen
erklärt. In diesem Dossier seien
neue Ansätze gefragt.
Erstmals zeichnet sich nun ab,
in welche Richtung seine Vor-
stellungen zielen: Wie mehrere
Quellen bestätigen, arbeiten
Cassis und seine Leute an einer
Variante, bei der für Streitigkei-
ten im Zusammenhang mit den
bilateralen Verträgen das Bun-
desgericht als oberste Instanz
angerufen werden soll. Und zwar
immer dann, wenn sich ein ent-
sprechender Rechtsstreit in der
Schweiz abspiele. Der EuGH und
seine Richter wären folglich für
Rechtshändel hierzulande nie
zuständig, selbst wenn diese
EU-Recht betreffen sollten – das
fall an der bisherigen Rechtspre-
chung des EuGH orientieren. Es
wäre aber nicht zwingend an
dessen Auslegungen gebunden:
Im Einzelfall könnte es – als
letzte Instanz – das Schweizer
Recht höher gewichten.
In solchen Fällen soll der EU
aber die Möglichkeit eingeräumt
werden, Sanktionen gegen den
Bund zu ergreifen, sagen gut
informierte Quellen; in der
Diplomatensprache ist von «Aus-
gleichsmassnahmen» die Rede.
Darüber, ob diese angemessen
sind oder zu weit gehen, würde
schliesslich ein Schiedsgericht
entscheiden, bestehend aus drei
Richtern: einem, der die Schweiz
Tat wäre aber mit dieser oder
einer ähnlichen Variante die
Kritik an den fremden Richtern
kaum aufrechtzuerhalten.
Allerdings ist höchst fraglich,
ob die EU-Kommission auf einen
solchen Vorschlag überhaupt
einginge. Denn erstens liesse
sich das von ihr geforderte Ver-
handlungstempo bei einer so
grundsätzlichen Neuausrichtung
wohl kaum einhalten. Und zwei-
tens würde der Bund mit einer
derartigen Variante nichts weni-
ger verlangen, als dass er das
EU-Recht im Bereich der bilate-
ralen Verträge auf seinem Terri-
torium nach eigenem Gutdünken
auslegen kann – ein einmaliges
flikten im Zusammenhang mit
den Bilateralen überhaupt.
Kommissionspräsident Jun-
cker hat diese Idee bei seinem
Besuch im November in Bern
dem Bundesrat vorgestellt, als
Kompromiss: Immerhin sässe in
dem Schiedsgericht ein Schwei-
zer Richter, anders als im EuGH.
Auf Begeisterung stiess er jedoch
nicht. Grund für die Skepsis: Das
Schiedsgericht wäre verpflichtet,
Streitfälle im Rahmen des EU-
Rechts dem EuGH vorzulegen
und sich an dessen Gutachten zu
halten. Junckers Vorschlag sei
reine Vernebelungstaktik, heisst
es deshalb in Bern.
Stefan Bühler
 11

WEF
2018 «Wir lassen uns
nicht unter Druck
setzen»: Alain
Berset steht in der
Europapolitik auf
die Bremse. (Bern,
18. Januar 2018)

Aber bitte. Jean-Claude

Juncker und ich
sprechen jederzeit
miteinander, wenn es
nötig ist.

vielen Ländern gibt es an den Regierungs­

sitzungen keine solchen Diskussionen.

Bei 150 Geschäften pro Sitzung diskutiert der

Bundesrat aber sicher auch nicht jeden einzel-
nen Punkt.
Zum Glück nicht. Wenn wir uns einig sind,
gibt es nichts zu besprechen. Bei anderen
Punkten diskutieren wir stundenlang. Jedes
Mitglied der Regierung ist in jedes Geschäft
involviert.

Das bedeutet aber zugleich, dass die Opposi-

tion stets mit in der Regierung sitzt. Das zeigt
sich etwa bei Initiativen. So will die SVP mit
ihrer sogenannten Begrenzungsinitiative die
Personenfreizügigkeit aufheben, die Gegen-
seite sieht in der Initiative die Gefahr einer
Kündigung der Bilateralen. Wer hat recht?
Der Initiativtext verlangt eine Verhand­
lungslösung mit der EU innert eines Jahres.
Das ist in so kurzer Zeit sicher kaum erreich­
bar. Darum ja, es ist eigentlich eine Kündi­
gungsinitiative.

Aber sie ermöglicht immerhin eine klärende

Diskussion über unser Verhältnis zur EU, das
finden sogar die Präsidenten von SP, FDP und
CVP. Teilen Sie diese Einschätzung?
Ich bin froh, haben wir die direkte Demo­
kratie – auch wenn diese manchmal hart sein
kann. Glauben Sie mir: Nach der Ablehnung
der Altersreform 2020 im September habe
ich stark gelitten. Die direkte Demokratie
macht die Schweiz aus, und sie erlaubt ernst­
hafte Debatten über wichtige Fragen.

Das tut doch auch die SVP-Initiative: Sie

nimmt die verbreiteten Sorgen über die Folgen
der Zuwanderung auf.
Diese Sorgen nimmt auch der Bundesrat
ernst, Stichwort flankierende Massnahmen.
Zudem sind die Einwanderungszahlen heute
viel tiefer als auch schon. Man darf nicht
vergessen: Die Leute aus der EU kommen
zum Arbeiten, sie müssen eine Stelle haben.
Wer Probleme wegen der Zuwanderung mit
der Kündigung der Bilateralen lösen will,
schüttet das Kind mit dem Bade aus.

Polizei rechnet mit Grossdemonstration

Der angekündigte Besuch von finden. Die Zürcher Stadtpolizei achten keine intensive Mobilisie­ Aussichtspunkte, von denen aus
PATRICK B. KRÄMER / KEYSTONE

US-Präsident Donald Trump
in Davos bringt der Polizei viel
Arbeit. Sie wappnet sich für
einen mächtigen Protest.
Andreas Schmid
Organisatoren und Sicherheits­
kräfte auf der einen sowie Kri­
tiker des Weltwirtschaftsforums
(WEF) auf der anderen Seite:
Beide Lager bereiten sich intensiv
darauf vor, US-Präsident Donald
Trump zu empfangen. Freundlich
oder heftig demonstrierend.
Obwohl die Reise Trumps nach
Davos wegen der gescheiterten
Zwischenfinanzierung des ame­
rikanischen Budgets ungewiss
ist, geht die Polizei von einem
grossen Einsatz am Dienstag in
Zürich aus. Dann wird eine bewil­
ligte Demonstration gegen den
Trump­Besuch am WEF statt­
richtet sich laut Medienchef
Marco Cortesi auf eine vierstellige
Teilnehmerzahl ein. Detailliertere
Prognosen will er nicht abgeben,
«Die Polizei rechnet mit einer
grossen Veranstaltung», sagt Cor­
tesi lediglich. Dennoch sei die
Kantonspolizei bisher nicht um
Unterstützung ersucht worden,
wie dies für die Kundgebungen
am 1. Mai jeweils geschehe.
Cortesi betont, dass die Lage­
beurteilung laufend angepasst
und eine rollende Planung vorge­
nommen werde. Die Polizei ana­
lysiere beispielsweise, ob mit
einer grösseren Zahl von WEF­
Gegnern aus Deutschland zu
rechnen sei, nachdem seit Freitag
auch das Erscheinen von Bundes­
kanzlerin Angela Merkel am
Forum bekannt sei.
Globalisierungskritische Orga­
nisationen in Deutschland beob­
rung für Demonstrationen gegen
das WEF. Frauke Distelrath von
Attac Deutschland etwa sagt,
sie gehe nicht davon aus, dass
sich nun in «nennenswerter Zahl»
Mitglieder an Protesten in der
Schweiz beteiligten.
Neben dem Anlass vom Diens­
tag in Zürich soll am Donnerstag
in Davos eine Demonstration
stattfinden. Die Jungsozialisten
haben zusammen mit anderen
Parteien und Gruppierungen ein
«Komitee gegen Trumpismus»
gegründet und eine Kund­
gebungsbewilligung beantragt.
Trifft der US-Präsident wie vor­
gesehen am Donnerstag ein, will
der Flughafen Zürich am Vor­
mittag die Zuschauerterrasse B
schliessen. Ebenso soll dies am
Freitagnachmittag gehandhabt
werden, wenn die Delegation
Trumps Vorhut, ein Flugzeug der US Air Force, in Kloten. (14. 1. 2018) wieder abreist. Auch beliebte
Spotter – Beobachter von Flug­
zeugen – das Geschehen verfol­
gen, werden voraussichtlich vor­
übergehend gesperrt.
Die Kantonspolizei Zürich will
sich nicht zu ihrer Einsatzplanung
äussern. Sprecher Stefan Oberlin
führt an, dass das Eintreffen von
Staatsgästen am Flughafen in
Kloten nichts Aussergewöhn­
liches sei und die Polizei im Um­
gang damit routiniert sei.
US-Präsident Trump kann trotz
der Haushaltsperre in Washing­
ton nach Davos fliegen. Er dürfe
weiterhin ins Ausland reisen, das
gehöre zu seinen verfassungs­
rechtlichen Aufgaben, hiess es
am Samstag. Selbst wenn Hun­
derttausende Staatsangestellte
arbeitslos würden, sei der Präsi­
dent nicht betroffen und könne
auf seine Mitarbeiter und sein
Flugzeug zugreifen.

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NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Schweiz 13

Leuthard lockt mit noch tieferer SRG-Gebühr

Die Haushaltsabgabe könnte laut der Bundesrätin von 365 auf 300 Franken sinken
Francesco Benini Tarife weiter zu senken.» Bundi werden solle. Im Sinne einer Abstimmung zu beeinflussen. Die

PETER KLAUNZER / KEYSTONE

Der Abstimmungskampf um die
No-Billag-Initiative ist in vollem
Gang; diese Woche unterhielt sich
Bundesrätin Doris Leuthard in
einem Online-Chat mit Lesern
des Gratisblatts «20 Minuten»
über die SRG. Dabei schrieb sie,
dass eine Senkung der Haushalts-
abgabe auf 300 Franken in den
nächsten fünf Jahren möglich sei.
Die Medienministerin machte
diese Aussage nur drei Monate,
nachdem sie eine Senkung der
SRG-Gebühr von 451 auf 365
Franken pro Jahr bekannt-
gegeben hatte. Mit der System-
umstellung von der geräteabhän-
gigen Gebühr zur Haushaltsab-
gabe ab dem Jahr 2019 war eine
Senkung auf einen Betrag ange-
kündigt worden, der tiefer als
400 Franken liege. Die Reduktion
auf 365 – einen Franken pro Tag –
fügt hinzu, eine Senkung sei ab-
sehbar, da der Trend weiter auf
eine wachsende Bevölkerung und
mehr Haushalte hindeute.
Offen bleibt aber, wie Leuthard
auf den Betrag von 300 Franken
kommt. SVP-Nationalrat Gregor
Rutz spottet, im Ankündigen sei
die Bundesrätin Weltmeisterin.
Rutz vermutet, dass Leuthard
die 300 Franken von Roger Scha-
winski übernommen habe. Der
Medienunternehmer und Talk-
showmoderator beim Schweizer
Fernsehen schreibt in einem
Buch über «No Billag», dass bei
Bundesrätin Leuthard kämpft gegen «No Billag». (2018) der SRG jetzt «Blut fliessen»
müsse. Auch nach einem Nein am
kommenden 4. März bleibe der
war dann grösser als erwartet. Wind aus den Segeln zu nehmen? öffentliche Rundfunk unter
Warum spricht Leuthard jetzt be- Ihre Mediensprecherin Annetta Druck, denn die SVP werde wohl
reits von einer noch tieferen Ge- Bundi teilt mit, der Bundesrat ha- eine Volksinitiative lancieren,
bühr? Tut sie es, um den Befür- be schon im Oktober 2017 fest- wonach die SRG-Haushaltsab-
wortern von «No Billag» den gehalten: «Ziel wird es sein, die gabe auf 200 Franken gesenkt
wirksamen Reaktion regt Scha-
winski an, dass die SRG-Gebühr
bei 300 Franken anzusetzen sei.
Gregor Rutz stellt verwundert
fest, dass die Gebührenhöhe von
300 Franken eine Reduktion um
18 Prozent bedeute, verglichen
mit den 365 Franken, die ab kom-
mendem Jahr eingezogen wer-
den. Im Bundesparlament seien
SVP und Grünliberale mit dem
Antrag gescheitert, die Gebühren-
anteile der SRG auf insgesamt 1,1
Milliarden Franken zu plafonie-
ren – was eine Reduktion um nur
9 Prozent bedeutet hätte. Die Ab-
stimmungsdiskussion habe im
Departement Leuthard offenbar
ein «Weiterdenken ausgelöst».
Silvan Amberg vom No-Billag-
Komitee sagt, er habe eigentlich
nur darauf gewartet, dass Doris
Leuthard eine weitere Gebühren-
senkung in Aussicht stelle, um die
Initianten wollten die Zwangs-
gebühren grundsätzlich abschaf-
fen, damit der freie Markt spielen
könne. Dann werde sich zeigen,
ob die Konsumenten freiwillig
300 Franken bezahlten oder ob
das immer noch zu viel sei.
SP-Nationalrätin Edith Graf-
Litscher betont hingegen, es sei
realistisch, dass die SRG-Gebühr
durch die Änderung des Systems
weiter sinke. Um welchen Betrag,
sei schwierig zu sagen – Ende
2019 wisse man mehr. In
Deutschland wurde der geräte-
unabhängige Rundfunkbeitrag
schon 2013 eingeführt. Die Ein-
nahmen übertrafen dann die Er-
wartungen recht klar – worauf die
Gebühr von 17,98 auf 17,5 Euro
pro Monat und Haushalt gesenkt
wurde. Das ergibt einen Rund-
funkbeitrag von 210 Euro pro
Jahr, was 245 Franken entspricht.

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Wirte erwägen Austritt aus

Bündner Gewerbeverband
Das Ja zu «No Billag» des
Bündner Gewerbeverbands
erzürnt seine grösste
Mitgliederorganisation, den
kantonalen Gastroverband.
Andreas Schmid
Der Entscheid des Bündner Ge-
werbeverbands sorgt für heftige
Reaktionen: Er hat die Ja-Parole
zur No-Billag-Initiative gefasst.
Die Stimmempfehlung für den
4. März kommt im dreisprachigen
Tourismuskanton schlecht an.
tes Mitglied des Gewerbever-
bands von diesem häufig nicht
mehr vertreten fühle, stelle sich
die Frage, ob eine Zugehörigkeit
noch sinnvoll sei. «Wir müssen
uns überlegen, was uns der Ge-
werbeverband bringt», sagt Franz
Sepp Caluori.
Dass in Graubünden die Ja-
Parole zur No-Billag-Initiative als
Landesverrat angesehen werde,
sei ihm bewusst gewesen, sagt
Jürg Michel, Direktor des Ge-
werbeverbands. Seit der Parolen-
fassung vor zehn Tagen habe er

Leserbriefschreiber ereifern sich,
und der «Südostschweiz»-Ver-
leger Hanspeter Lebrument warf
der Gewerbeorganisation in sei-
ner Zeitung vor, einen antidemo-
kratischen Entscheid gefällt zu
haben. Zudem nehme der Ver-
band die Vernichtung von über
HvS Zürich
denn auch zahlreiche Reaktionen
erhalten. «Doch das Votum ist
konsequent, denn wir wehren
uns strikt gegen höhere Steuern
und Abgaben», hält Michel fest.
Er betont zudem, dass die Ja-
Parole nur knapp gefasst worden
sei – das Resultat lautete 10:8 –

ia
230 Stellen im Kanton in Kauf. und eine intensive Diskussion

K
Nun schaltet sich auch Gastro zum Ergebnis geführt habe. Eine

ei l folg
Graubünden, der kantonale Stimmfreigabe sei dennoch nicht

Wirteverband, in die Diskussion
ein und bringt seinen Unmut zum
Ausdruck. Franz Sepp Caluori,
CVP-Grossrat und Präsident von
Gastro Graubünden, fühlt sich
vom kantonalen Gewerbever-
band im Stich gelassen. Der
Wirteverband, dem 1000 Gastro-
betriebe angehören, sei in jünge-
rer Zeit verschiedentlich anderer
Meinung als der Gewerbeverband
gewesen, so dass ein Austritt dis-
kutiert werden müsse: «Das ist
eine Option», sagt Caluori. Da
sich Gastro Graubünden als gröss-
m Er
Vor t
infrage gekommen. «Wir stehen
zur Mehrheitsmeinung unseres
f t zu
Vorstands», sagt Michel.
denscha
Im Gegensatz zum Bündner
ei
Gewerbeverband gab die Aar-
purer L
gauer Sektion die Nein-Parole zu
af t und
er Kr
«No Billag» heraus. Sie folgte der
Empfehlung des nationalen Ver-
kend
druc
bands, an deren Spitze der Zür-
cher FDP-Nationalrat Hans-Ulrich
ein
Bigler erbittert für ein Ja kämpft,
Mit be
nicht. Und im Luzerner Gewerbe-
verband kristallisierte sich keine
klare Mehrheit heraus, so dass er
Stimmfreigabe beschloss.

Classe politique
Gerhard Pfister, TV-Konsu-
NZZ-PHOTOGRAPHEN-TEAM

ment, schaut weg. Mit seiner

CVP kämpft der Zuger derzeit
gegen die No-Billag-Initiative –
auch mit dem Argument, die
SRG biete Information, die für
eine direkte Demokratie uner-
lässlich sei. In diesem Sinne hat
die «Arena» am Freitag über die
neue Finanzordnung 2021 disku-
tiert, zwar kein Quotenschlager,
aber doch eine Abstimmungs-
vorlage vom 4. März. Und was
schreibt CVP-Chef Pfister nun
dazu? «Wer sich als Zuschauer
diese Arena antut, muss ein ganz
einsamer Mensch sein, der kei-
nerlei Alternativen hat, 90 Minu-
ten in seinem Leben sinnvoller
zu gestalten.» Merke: Service
public scheint in der Theorie
besser zu sein als in der Praxis.
Gerhard Markus
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Differenzierung. US-Präsident
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Luxusschiff mit 53 Suiten und 7 Kabinen für 120 Gäste. Alle Suiten sind mit Dusche/WC, Föhn, TV, Radio, Telefon und ind. regu- • Kreuzfahrt mit Vollpension an Bord (Reise 2,3,4) 1, 2 & 3), An-/Rückreise von/nach Zürich/St.Margrethen
lierbarer Klimaanlage ausgestattet, Mittel- und Oberdeck mit franz. Balkon, Minibar und Safe. Die Mini Suiten (ca. 14 m2) und • Verpflegung gemäss Programm (Reise 1) (Reise 4),Verpflegung während der Busfahrt (Reise 4),Versi-
2-Bettkabinen (ca. 12 m2) auf dem Hauptdeck haben nicht zu öffnende Fenster. Die Junior Suiten sind ca. 15.5 m2 gross. Deluxe • Bustransfer Zürich/St.Margrethen–Passau v.v. (Reise 4) cherungen, Ausflüge, Getränke,Trinkgelder (Empfehlung
Suiten (ca. 22 m2) mit Sitzgruppe. Queen Suiten (ca. 30 m2) mit getrenntem Wohn-/Schlafbereich und Balkon. Panorama-Res- • Alle Schleusen- und Hafengebühren € 5–10 p.P./Tag),Treibstoffzuschläge vorbehalten, Auftrags-
taurant, Panorama-Salon/Theatron, Wiener Café, Shop, Wellness/Fitness, Sonnendeck. Gratis WLAN nach Verfügbarkeit. Lift • Thurgau Travel Bordreiseleitung pauschale Fr. 35.– pro Rechnung (entfällt bei Buchung über
zwischen Mittel-und Oberdeck. Nichtraucherschiff (ausser Smoker’s Lounge und Sonnendeck). • Audio-Set bei allen Ausflügen www.thurgautravel.ch)

Reise 1: Musikalische Schnupperfahrt Reise 2: Weinreise auf Rhein und Mosel Reise 3: Auf dem Rhein zur Tulpenblüte Reise 4: 8-Länderfahrt zum Donaudelta
Basel–Kehl/Strasbourg–Basel NEU Basel–Speyer–Cochem–Basel Basel–Amsterdam–Basel Passau–Donaudelta–Passau
3 Tage ab Fr. 390.– 6 Tage ab Fr. 490.– 9 Tage ab Fr. 1190.– 15 Tage ab Fr. 2190.–
(Rabatt Fr. 150.– abgezogen, Junior Suite Mitteldeck) (Rabatt Fr. 500.– abgezogen, 2-Bettkabine Hauptdeck, VP) (Rabatt Fr. 800.– abgezogen, 2-Bettkabine Hauptdeck, VP) (Rabatt Fr. 2500.– abgezogen, Junior Suite Mitteldeck, VP)

1. Tag Basel–Breisach Individuelle Anreise nach Basel. Ein-
schiffung um 11.00 Uhr und «Leinen los!» Richtung Breisach.
Kabinenbezug nach dem Mittagessen. AAnnkunft in Breisach am
frühen Abend. Nach dem Abendessen musikalische Unterhal-
tung an Bord. (M, A)
2. Tag Breisach–Kehl Reichhaltiger Brunch während der
Schifffahrt durch das Elsass. Transfer nach Strasbourg und
Rundfahrt/-gang durch die Europametropole. Freie Zeit für
einen Besuch der mittelalterlichen Altstadt. Rückkehr und
Abendessen an Bord. Musikalische Unterhaltung. (B, A)
3. Tag Basel Nach dem Check-out bis 08.00 Uhr geniessen Sie
im Restaurant das reichhaltige Frühstücksbuffet bis zur Ein-
fahrt in Basel. Ausschiffung um ca. 09.30 Uhr und individuelle
Heimreise. (F)
F=Frühstück, B=Brunch, M=Mittagessen, A=Abendessen
1. Tag Basel Individuelle Anreise nach Basel. Einschiffung ab
15.00 Uhr. Um 16.00 Uhr heisst es «Leinen los!». 2. Tag
Speyer Ausflug* «Pfälzische Weine» mit Fahrt nach Neu-
stadt. Rundgang durch die Altstadt. Weiterfahrt nach Bad
Dürkheim. Weinprobe. Rückfahrt nach Speyer. 3. Tag
Cochem–Alken Rundgang* durch Cochem. Auf dem Burg-
berg thront majestätisch die Reichsburg. Weinprobe an Bord.
Fahrt auf der Mosel nach Alken. Erkundung des Städtchens
auf eigene Faust. 4. Tag Rüdesheim Eindrucksvolle Schiff-
fahrt entlang dem «Romantischen Rhein». Nachmittags
Fahrt mit dem Winzerexpress* ins Zentrum von Rüdesheim.
Besuch von Siegfried’s Mechanischem Musikkabinett. 5. Tag
Baden-Baden Busausflug* nach Baden-Baden und Weinpro-
be. Rundgang durch die Kunststadt. Besuch des Weingutes
«Schloss Neuweier». Weinprobe mit Kellerführung. Busfahrt
und Wiedereinschiffung in Kehl. 6. Tag Basel Ausschiffung
nach dem Frühstück und individuelle Heimreise.
1. Tag Basel Ind. Anreise, Einschiffung und «Leinen los!».
2. Tag Kehl Stadtrundfahrt/-gang* Strasbourg. 3. Tag Bonn
Passage der Loreley-Strecke. In Bonn kurze Rundfahrt* mit
Besuch des Beethovenhauses und kurzem Piano-Konzert.
4. Tag Dordrecht–Rotterdam Ausflug* zu den Windmühlen
von Kinderdijk. Rundfahrt* Rotterdam. 5. Tag Amsterdam
Ausflug* zum Keukenhof mit seiner weltweit einmaligen Blü-
tenpracht. Grachtenfahrt+ am frühen Abend. 6. Tag Duis-
burg–Düsseldorf Ausflug* nach Essen zur Zeche Zollverein.
Transfer+ nach Düsseldorf für Gäste, die dort freie Zeit verbrin-
gen wollen. Wiedereinschiffung. 7. Tag Rüdesheim Schiff-
fahrt entlang dem «Romantischen Rhein». Fahrt mit Winze-
rexpress.* Individuelle Erkundung des idyllischen Weinstädt-
chens. 8. Tag Baden-Baden Ab Plittersdorf Busausflug*
nach Baden-Baden. Rundgang durch die Bäder- und Kunst-
stadt mit ihren prächtigen Parkanlagen. 9. Tag Basel Aus-
schiffung nach dem Frühstück und individuelle Heimreise.
1. Tag Zürich/St.Margrethen–Passau Busfahrt, Einschiffung
und «Leinen los!». 2. Tag Wien Rundfahrt/-gang* durch die
Kaiserstadt. 3. Tag Pustza Ausflug* mit Reitvorführung
4. Tag Belgrad Rundfahrt* mit Festung Kalemegdan. 5. Tag
Eisernes Tor Flusstag. 6. Tag Bukarest Ausflug* Bukarest,
Rundfahrt/-gang. 7. Tag Donaudelta Ab Tulcea Rundfahrt*
mit Ausflugsbooten, optional Delta intensiv° mit kleinen Aus-
flugsbooten. Ausflug+ Schwarzes Meer, Rundgang und Abend-
essen in Constanta. 8. Tag Rousse Erlebnisreiche Rundfahrt/
-gang.* 9. Tag Eisernes Tor Eindrucksvolle Passage. 10. Tag
Belgrad–Novi Sad Rundfahrt/-gang.* 11. Tag Mohács Aus-
flug* nach Pécs. 12. Tag Budapest Rundfahrt/-gang.* Freie
Zeit. 13. Tag Bratislava Rundfahrt* zur Burg und Altstadt-
rundgang*. 14. Tag Weissenkirchen Busfahrt zum Benedik-
tinerstift Melk.* Ausflug• zur mittelalterlichen Burgruine Agg-
stein. 15. Tag Passau–St. Margrethen/Zürich Ausschiffung
nach dem Frühstück. Busrückfahrt und individuelle Heimreise.

Reisedaten 2018 Es het solangs het Rabatt Reisedaten 2018 Es het solangs het Rabatt Reisedaten 2018 Es het solangs het Rabatt Reisedaten 2018 Es het solangs het Rabatt
22.02.–24.02.* 200 26.02.–28.02.° 150 02.03.–07.03. 500 17.11.–22.11. 400 22.03.–30.03. 800 15.04.–23.04. 500 08.06.–22.06. 1000 31.08.–14.09. 1000
24.02.–26.02.° 150 28.02.–02.03.• 100 07.03.–12.03. 450 22.11.–27.11. 450 30.03.–07.04. 700 23.04.–01.05. 500 06.07.–20.07. 1000 28.09.–12.10. 1300
* Dani Felber | ° Galgevögel | • Nicolas Senn 12.03.–17.03. 450 27.11.–02.12. 500 07.04.–15.04. 600 01.05.–09.05. 500 03.08.–17.08. 1000 26.10.–09.11. 2500
17.03.–22.03. 400
Preise pro Person in Fr. (vor Rabattabzug) Preise pro Person in Fr. (vor Rabattabzug)
2-Bettkabine Hauptdeck 440 Preise pro Person in Fr. (vor Rabattabzug) Preise pro Person in Fr. (vor Rabattabzug) 2-Bettkabine Hauptdeck 3990
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Junior Suite Mitteldeck, franz. Balkon 540 Mini Suite Hauptdeck 1090 Mini Suite Hauptdeck 2090 Junior Suite Mitteldeck, franz. Balkon 4690
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Deluxe Suite Oberdeck, franz. Balkon 690 Deluxe Suite Mitteldeck, franz. Balkon 1390 Deluxe Suite Mitteldeck, franz. Balkon 2790 Deluxe Suite Oberdeck, franz. Balkon 5890
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Zuschlag Alleinbenutzung Hauptdeck* 90 Queen Suite Oberdeck (ca. 30 m²), Balkon 1690 Queen Suite Oberdeck (ca. 30 m²), Balkon 3490 Zuschlag Alleinbenutzung Hauptdeck* 390
Zuschlag Alleinbenutzung Junior Suite 190 Zuschlag Alleinbenutzung Hauptdeck* 190 Zuschlag Alleinbenutzung Hauptdeck* 190 Zuschlag Alleinbenutzung Junior Suite 1890
Annullations- und Extrarückreiseversicherung 39 Zuschlag Alleinbenutzung Junior Suite 390 Zuschlag Alleinbenutzung Junior Suite 990 Ausflugspaket (11 Ausflüge) 360
* Mini Suiten sind nicht zur Alleinbenutzung möglich Ausflugspaket (4 Ausflüge) 135 Ausflugspaket (8 Ausflüge) 280 Zuschlag Ausflug Donaudelta intensiv 40
Annullations- und Extrarückreiseversicherung 54 Annullations- und Extrarückreiseversicherung 66 Ausflug Schwarzes Meer 55
* Mini Suiten sind nicht zur Alleinbenutzung möglich * Mini Suiten sind nicht zur Alleinbenutzung möglich Jahresversicherung Allianz Einzel/Familie 109/189
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NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Hassreden
wuchern
im Internet
In den sozialen Netzwerken
wimmelt es von rassistischen
Kommentaren. Fachstellen und
Politiker wollen dagegen vorgehen
Andreas Schmid
Der Umgangston ist rüde, wie
wenn alltägliche Anstandsregeln
hier nicht gelten würden. Nutzer
sozialer Netzwerke wie Facebook,
Twitter und Instagram scheinen
das Internet als rechtsfreien
Raum zu betrachten. Muslim-
feindliche und antisemitische
Kommentare sowie Verunglimp-
fungen von Andersgesinnten sind
an der Tagesordnung.
Bundesrätinnen werden in
Kommentaren von Onlinemedien
als Schlampen beschimpft; und
der jüdische Medienunternehmer
Roger Schawinski muss sich
wegen seines Buchs gegen die
No-Billag-Initiative über Face-
book sagen lassen, er lüge, wie es
in seiner Religion erlaubt, wenn
nicht sogar vorgeschrieben sei.
Aber nicht nur Prominente
sind Opfer von sogenannter Hate
Speech, der Hassrede im Internet.
Schwarzafrikaner werden als
Halbaffen bezeichnet, Muslime
als die Nazis von heute, und eine
Facebook-Kommentatorin for-
dert, das «verdammte Saupack
auszurotten». «Wo bist du, Vater
Hitler, jetzt wo wir dich brau-
chen?», fragt ein Nutzer, ein
anderer schreibt, «ein toter Jude
ist ein guter Jude».
Alltäglicher Rassismus
Solche und andere Beispiele
kennt Dominic Pugatsch, Ge-
schäftsführer der Stiftung gegen
Rassismus und Antisemitismus
(GRA), zu Dutzenden. Wöchent-
lich erhalte er Meldungen zu der-
artigen Einträgen im Internet, und
regelmässig suchten Menschen,
die von Verunglimpfungen betrof-
fen seien, Rat. In einem Flyer gibt
die GRA Handlungsanleitungen,
wie auf Hasskommentare zu
reagieren und wie damit umzu-
gehen ist. Die Stiftung empfiehlt,
Vorfälle zu dokumentieren und
Ein Schatten liegt über dem Super-Laser
Am Paul-Scherrer-Institut ist
es nach heftigen Vorwürfen
zu Freistellungen gekommen.
Das Institut und der ETH-Rat
haben Verfahren eröffnet.
René Donzé
Er ist die neuste Vorzeigeanlage
der eidgenössischen Spitzen-
forschung: Der Super-Laser
Swissfel am Paul-Scherrer-Insti-
tut (PSI) im Würenlinger Wald im
Kanton Aargau. Die 740-Meter-
Anlage gehört mit Kosten von 275
Millionen Franken zu den teuers-
ten, die der Bund in den letzten
Jahren finanziert hat.
2016 weihte Bundesrat Johann
Schneider-Ammann den Freie-
Elektronen-Röntgenlaser ein; An-
fang dieses Jahres nahm die An-
lage den Regelbetrieb auf. Der
Laser kann extrem schnelle Vor-
gänge, etwa in Molekülen, fil-
men. Vergleichbare Anlagen gibt
es weltweit bloss vier.
Überschattet wird dieser für
das PSI grosse Moment durch
einen Arbeitskonflikt sowie meh-
Schweiz
zu melden sowie mit sachlichen
Gegenreden auf hasserfüllte
Kommentare zu reagieren.
Zwischen 2014 und 2016 führ-
ten Hassreden in sozialen Netz-
werken zu 63 Verurteilungen
wegen Verletzung der Rassismus-
strafnorm. Zwischen 2010 und
2013 hatten Schweizer Gerichte
nur in 5 Fällen Hate Speech im
Internet geahndet, wie die Statis-
tik der Eidgenössischen Kommis-
sion gegen Rassismus zeigt. Wei-
tere Entscheide wegen Verun-
glimpfungen in Blogs, Kommen-
taren in Onlinemedien und Chats
seien hier nicht enthalten und
kämen dazu, betonen Fachleute.
Sie verweisen zudem darauf, dass
die Zahl der Verurteilungen die
Dimension des Problems nicht
wiedergebe, da die Dunkelziffer
enorm hoch sei. Die meisten Op-
fer meldeten Beschimpfungen
nicht, weil sie sich für die Demü-
tigungen schämten.
In Deutschland gilt seit Anfang
Jahr ein Gesetz, welches das Lö-
schen von Beschimpfungen und
rassistischen Kommentaren im
Internet durchzusetzen ermög-
licht. Eine solche Lösung peilt das
zuständige Bundesamt für Justiz
in der Schweiz nicht an. Spreche-
rin Ingrid Ryser sagt, die stei-
gende Anzahl von Verurteilungen
wegen Kommentaren im Internet
zeige, dass sich die bestehenden
rechtlichen Bestimmungen auch
auf neue Kommunikationsmittel
anwenden liessen. Statt ein neues
Gesetz zu erlassen, will der Bun-
desrat laut Ryser präventive
Massnahmen unterstützen, die
den Umgang mit sozialen Netz-
werken beinhalten. Etwa die För-
derung der Medienkompetenz
bei Kindern und Jugendlichen.
Balthasar Glättli, der grüne
Zürcher Nationalrat, will Mitte
Februar in seiner Fraktion die
Schaffung eines Zustellungs-
domizils diskutieren. Damit
rere Untersuchungen. «Das Paul-
Scherrer-Institut hat sich im Som-
mer bei uns gemeldet und ange-
zeigt, dass es Untersuchungen
durchführt zu möglichen finan-
ziellen Unregelmässigkeiten und
Vorwürfen betreffend wissen-
schaftlichen Fehlverhaltens», be-
stätigt Gian-Andri Casutt, der
Sprecher des ETH-Rats. Der Rat
ist Aufsichtsbehörde über den
ETH-Bereich, zu dem neben den
ETH in Zürich und Lausanne auch
vier Forschungsanstalten, unter
ihnen das PSI, gehören.
«Der ETH-Rat nimmt die ge-
meldeten Sachverhalte ernst»,
sagt Casutt. Darum habe der Rat
seinerseits in Absprache mit der
Eidgenössischen Finanzkontrolle
ebenfalls ein Aufsichtsverfahren
eröffnet. Nähere Angaben wür-
den wegen der laufenden Verfah-
ren keine gemacht. Auch das PSI
bestätigt, dass mehrere Unter-
suchungen im Gange sind.
Wie Recherchen der «NZZ am
Sonntag» ergeben haben, gehen
diese Verfahren auf Probleme in
einer der Forschungsgruppen am
Demonstrierende in Kanada fordern, dass Hassreden im Internet geahndet werden. (Toronto, 4.3. 2017)
müssten ausländische Unterneh-
men wie Facebook einen Brief-
kasten in der Schweiz einrichten,
über den Löschungen von belei-
digenden Einträgen veranlasst
werden könnten.
Dafür plädiert auch Anwalt
Martin Steiger, ein Experte für
Recht im digitalen Raum. Interna-
tionale Verfahren dauerten viel
zu lange, begründete Steiger
gegenüber Blick.ch die Forderung
nach einem Schweizer Zustel-
PSI zurück. Die Stimmung dort
sei schon länger sehr angespannt
gewesen, sagt ein ehemaliger Mit-
arbeiter. Er spricht von Streitig-
keiten zwischen Gruppenmitglie-
dern und mit dem Leiter.
Die Situation eskalierte im
Sommer 2017, nachdem ein dort
angestellter Postdoktorand Un-
regelmässigkeiten bei mehreren
Forschungsarbeiten monierte, an
denen er selbst, aber auch sein
Vorgesetzter beteiligt war. Die
dazu verfassten wissenschaft-
lichen Artikel waren bereits bei
einem Wissenschafts-Magazin
zur Publikation eingereicht, aber
noch nicht publiziert worden.
Derselbe Forscher machte dem
Vernehmen nach das PSI zusätz-
lich noch darauf aufmerksam,
dass die Beschaffung von Mate-
rialien durch seinen Vorgesetzten
teilweise nicht korrekt abge-
wickelt worden sei. Unter ande-
rem seien Einkäufe für den Bau
von Swissfel getätigt, dann aber
für andere Projekte innerhalb der
Gruppe genutzt worden. Der
Postdoktorand darf sich aufgrund
lungsort. Eine nationale Anlauf-
station würde es Betroffenen laut
dem Fachmann wesentlich ver-
einfachen, sich zu wehren.
Hate Speech sei ein Faust-
schlag ins Gesicht und keine Mei-
nungsäusserung, sagt die Genfer
Rechtsprofessorin Maya Hertig.
Der Hass verletze die Menschen-
würde. Weil Hate Speech jedoch
uneinheitlich definiert werde
und nicht eindeutig abzugrenzen
sei, müssten Gerichte stets eine
740 Meter lang: Röntgenlaser am Paul-Scherrer-Institut. (5. 12. 2016)
der laufenden Untersuchungen
nicht äussern. Mehrere Quellen
bestätigen aber, dass entspre-
chende Meldungen gemacht wur-
den – sowohl intern als auch
gegenüber dem ETH-Rat, der
Ombudsstelle und der Eidgenös-
sischen Finanzkontrolle.
«Wir haben rasch reagiert und
sind den Hinweisen umgehend
15
In Kürze
NURPHOTO / PICTURE ALLIANCE
Weihnachtslieder
für Schüler Pflicht
Ein muslimischer Vater muss
500 Franken Busse bezahlen,
weil seine Kinder nicht an einer
Probe zum Weihnachtssingen
teilnahmen. Das Bezirksgericht
Dietikon habe die Busse des
Statthalteramtes bestätigt,
schreibt der Islamische Zen-
tralrat. Der Prozess fand am
Mittwoch statt, doch fällte der
Richter sein Urteil nicht sofort.
Die Familie akzeptiere das Ver-
dikt nicht und ziehe es mit
Unterstützung des Zentralrats
vor die nächste Instanz,
schreibt die Organisation. (rd.)
Entführung in
den Thurgau
Die Thurgauer Polizei hat in der
Nacht auf Samstag in Arbon
am Bodensee eine Entführung
bei der Geldübergabe unblutig
beendet. Das 21-jährige Opfer
war in Winterthur von vier
Männern überwältigt und in
ein Auto gezerrt worden. Die
23- bis 25-jährigen Täter woll-
ten angebliche Schulden von
mehreren tausend Franken
eintreiben. Die Entführer
wurden verhaftet. (sda)
Bahnunterbruch
wegen Lawinen
In weiten Teilen der Alpen
herrscht wegen heftigen
Schneefalls grosse Lawinen-
gefahr. Das Institut für Schnee
und Lawinenforschung hat die
zweithöchste Gefahrenstufe
ausgerufen. Am Samstag-
abend wurde der Bahnverkehr
im Goms bis auf Weiteres ein-
gestellt. Auch zwischen Ander-
matt und Disentis ist die Bahn-
linie unterbrochen. Auch einige
Strassen sind gesperrt. Die
Bahnstrecke Visp-Zermatt
wurde wegen eines Stein-
schlags unterbrochen. (sda)
Güterabwägung zur Meinungs- 77-jähriger Mann
äusserungsfreiheit vornehmen.
erschiesst Frau
Mut zur Gegenrede Ein 77-jähriger Mann hat am
Daniele Lenzo, Leiter der Fach- Freitagabend seine 73-jährige
stelle für Gewaltprävention der Frau in der gemeinsamen Woh-
Stadt Zürich, trifft ebenfalls ver- nung in Stansstad erschossen.
mehrt auf Opfer von Beschimp- Daraufhin meldete er die Tat
fungen im Internet. Er empfiehlt der Polizei. Motiv und Hinter-
ihnen, den oft anonymen Angrei- gründe der Tat sind noch
fern mit couragierten Gegen- unklar, schreibt die Kantons-
reden zu begegnen und sie nöti- polizei Nidwalden. (sda)
genfalls anzuzeigen.
ENNIO LEANZA / KEYSTONE
Baroke. «Derzeit gibt es keine
Hinweise darauf, dass Mittel aus-
serhalb der Forschungstätigkeit
der Gruppe eingesetzt wurden»,
sagt sie. Doch könnten im
Moment noch keine abschlies-
senden Aussagen gemacht wer-
den, da das Aufsichtsverfahren
des ETH-Rats noch laufe.
Wie angespannt die Situation
in der Forschungsgruppe war,
zeigt sich nicht zuletzt auch dar-
an, dass sowohl der Gruppenlei-
ter als auch zwei Mitarbeiter im
Herbst temporär freigestellt wur-
den, wie mehrere Personen sa-
gen. Dies sei aufgrund der Eskala-
tion des Konflikts nötig gewesen,
sagt PSI-Sprecherin Baroke.
Mit der Aufnahme des Regel-
nachgegangen», sagt PSI-Spre- betriebs des Swissfel Anfang Jahr
cherin Dagmar Baroke. So wurde wurde auch die betroffene Grup-
eine Kommission eingesetzt, die pe reorganisiert. Das sei laut PSI
der angeblichen Verletzung der schon von Beginn weg geplant ge-
Integrität in der Forschung nach- wesen. Der Postdoktorand, der
geht. Die Untersuchung steht mit seinen Meldungen die Unter-
kurz vor dem Abschluss. Gleich- suchungen auslöste, ist nicht
zeitig habe man sämtliche Ein- mehr für das PSI tätig. Sein befris-
käufe der betreffenden Gruppe teter Vertrag lief Ende Jahr aus
unter die Lupe genommen, sagt und wurde nicht mehr erneuert.
Weil Selbstgemachtes
am besten schmeckt:
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Migros-Besitzer Yannick D.

Die Migros gehört den Leuten.

Deshalb trifft sie den Geschmack der Schweizer Bevölkerung wie kein anderer.
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NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Die Sozialdemokraten streiten
über die falschen Fragen
In Deutschland verzweifelt die
SPD schier an der Frage, ob sie
mit den Konservativen noch
einmal eine Regierung bilden
will. Für die Zukunft der
Sozialdemokraten ist der
Entscheid irrelevant,
schreibt Gordana Mijuk
Sie wusste
es doch
Tonya Harding, ehemalige
Eiskunstläuferin, hat ihre Rolle
beim Angriff auf ihre Rivalin
stets kleingeredet. Nun kommt
das Drama ins Kino – und sie
gibt erstmals zu, vor der Tat
etwas gewusst zu haben.
Von Daniel Meier
Das Volk spricht Der Chef spricht
Schweizer und ihre Der SRG-Direktor
Hassliebe zur SRG 22 plant Reformen 24
S
oll sie Deutschland künftig mit-
regieren? Oder in der Opposition
sitzen? Die SPD macht aus dieser
Frage eine Entscheidung über
Sein oder Nichtsein. Vier weitere
Jahre in einer grossen Koalition
mit Angela Merkels CDU würden die Partei in
den Abgrund führen, meinen die einen.
Regierungsverantwortung wahrzunehmen,
sei die einzige Alternative vor einem grösse-
ren Absturz, glauben die andern.
Beide Lager liegen in ihrer Analyse falsch.
Es spielt keine Rolle, was die Genossen an
diesem Sonntag am Parteitag in Bonn ent-
scheiden. Die Zukunft der SPD wird davon
nicht abhängen. Es ist zudem kurzsichtig, die
historische Niederlage bei den Wahlen im
vergangenen Herbst Merkel anzulasten. Die
Bundeskanzlerin rückte in der Grossen Koali-
tion stets nach links und setzte linke Politik
um. Dass die SPD davon nicht profitierte, hat
andere Gründe.
Die Partei ist bei den Wahlen abgestürzt,
weil sie ständig von Gerechtigkeit sprach,
aus der Sicht vieler SPD-Wähler aber nichts
gegen den Ansturm der Flüchtlinge tat. Für
wessen Recht und welche Gerechtigkeit
kämpft denn die SPD?, fragten sich viele an
der Basis. Wer bezahlt die Rechnung für die
Flüchtlinge? Gerechtigkeit braucht einen Ort.
Viele Stammwähler liefen der SPD davon,
direkt in die Arme der fremdenfeindlichen
Alternative für Deutschland (AfD). Nicht
weil sie fremdenfeindlich sind, sondern
weil sie sich alleingelassen fühlen. Der Auf-
stieg der AfD spiegelt den Niedergang der
Sozialdemokratie.
Und obwohl dies auch der SPD klar sein
müsste, sträubt sie sich bis jetzt mit Händen
und Füssen gegen eine Obergrenze in der
Flüchtlingsfrage. Sie würde am liebsten noch
mehr Flüchtlinge ins Land lassen und noch
mehr Menschen in Not helfen. Dass sie mit
D
ie erste Frau, die einen drei-
fachen Axel stand, war die
Japanerin Midori Ito. Niemand
würde das bestreiten. Ausser
vielleicht Tonya Harding. Sie
besitze eine Videoaufnahme,
behauptete sie einmal, auf der sie 1987 bei
einem Axel zu sehen sei. Das wäre ein Jahr
vor Ito gewesen. Leider zählt nur, was an
Wettkämpfen gezeigt wird. Immerhin war
Harding später die erste Amerikanerin. Weiss
das noch jemand? Wer ihren Namen hört,
denkt an etwas anderes: an eines der nieder-
trächtigsten Verbrechen der Sportgeschichte.
Über die Rivalität zwischen Tonya Harding
und Nancy Kerrigan, die im Anschlag auf
Kerrigans Knie gipfelte, ist alles gesagt. Und
doch wird die Geschichte immer neu erzählt.
Ein abgründiger Zickenkrieg in der trügeri-
schen Strahlewelt des Eiskunstlaufs mit
klar verteilten Rollen: Eishexe gegen Eisprin-
zessin. Hier die blonde, muskulöse Harding,
stets fluchend und rauchend, in ihrem
selbstgenähten Kleidchen. Dort die brünette
Kerrigan, elegant, allseits beliebt, irgendwie
vornehm, obwohl auch sie nicht reich war.
Nun wird das Drama im Kino aufgeführt.
Gefragt wie sie «I, Tonya», den Spielfilm über
ihr Leben, finde, sagte Harding, 47: «Gross-
artig!» Was hat ihr so gefallen? Die Bilder von
ihren Siegen? Hofft sie wegen der Szenen, in
denen sie von ihrer Mutter und später von
ihrem Mann geschlagen wird, auf mildernde
Umstände? Gibt sie uns zu verstehen, dass
endlich ihre wahre Rolle bei der Attacke
gezeigt werde? Das nämlich bleibt ein Rätsel.
Fest steht, dass am 6. Januar 1994 die
damals 24-jährige Kerrigan in Detroit ange-
griffen wurde. Sie hatte ihr Training beendet
und stakste in den Schlittschuhen durch die
Katakomben der Eishalle, als sich ihr ein
Mann näherte. Mit einer Stange schlug er
SANDRA NIEMANN
einmal gezielt auf ihr rechtes Knie. TV-Bilder
zeigen, wie Kerrigan am Boden liegt, Helfer
eilen herbei. Sie schreit: «Warum? Warum?»
REUTERS
weit über einer Million Flüchtlingen einen
Teil ihrer Wählerschaft überfordert hat,
scheint die SPD nicht zu stören.
Die Partei will auch mehr Europa, mehr
Integration. Auch hier geht es ihr darum,
eine grenzenlose Welt zu fördern, Internatio- Dem einen
nalismus zu propagieren. Denn das hehre oder anderen
Ziel der Sozialdemokraten ist es heute, um es Linken blieb
mit SPD-Chef Martin Schulz zu formulieren:
das Lachen
«Das Leben der Menschen national und
wohl im Hals
international ein Stück besser zu machen.»
Das zeugt von Blindheit gegenüber der Basis stecken: der
im Heimatland. einfache
In Deutschland hat die Masse von Flücht- Arbeiter, eine
lingen zur Eskalation geführt. In England
waren es über eine Million Polen, die mit der aussterbende
Personenfreizügigkeit auf die Insel strömten Spezies in
und nach Arbeit suchten. Labour hat die der Arbeiter-
Massenzuwanderung gestützt, jedoch die partei.
Arbeiterschaft und die sozial Schwachen, die
sich immer mehr bedroht fühlten, nicht zu
beschützen vermocht. Genau das wäre
jedoch ihre angestammte Aufgabe gewesen.
Die ungebremste Zuwanderung hat zum
Brexit und zum Erfolg der populistischen
Rechtsaussenpartei Ukip geführt.
Die Sozialdemokratie in Europa kann
nicht offene Grenzen befürworten und den
Traum universeller Gerechtigkeit träumen
und gleichzeitig so tun, als sei sie für die
Arbeiterschicht und die sozial Schwachen in
ihrem Land da. Seit der Finanzkrise hat sich
die Schere zwischen Reich und Arm geöff-
net. Unter die Räder kam im Zug der Globali-
sierung der vergangenen Jahre die untere
Mittelschicht in industrialisierten Ländern.
Daran konnten auch sozialdemokratische
Parolen gegen Abzocker nichts ausrichten.
Linke Politik ist in einer globalisierten Welt
nicht möglich. Ein Sozialstaat braucht Gren-
zen und Solidarität.
Auch in der Schweiz wurde die Massen-
einwanderungsinitiative wegen der offenen
Kerrigan verpasst die US-Meisterschaften.
Davon profitiert die ein Jahr jüngere Rivalin
Harding, die sich mit ihrem Sieg für die
Hier die blonde
Olympiade qualifiziert. Nur weil man eine
Ausnahme macht, darf Kerrigan, deren Ver-
letzung leichter ist als befürchtet, ebenfalls
Harding, stets in Lillehammer starten. Sie holt Silber. Har-
fluchend und ding dagegen landet auf Rang acht.
rauchend. Dort Die Täter sind rasch gefasst. Hardings
Ex-Mann Jeff Gillooly und drei Kumpanen,
die brünette darunter jener, der Kerrigan geschlagen hatte
Kerrigan, und sich dafür bezahlen liess, müssen ins
elegant und Gefängnis. Natürlich kommt der Verdacht
vornehm. auf, Harding habe mitgeholfen oder gar den
Auftrag erteilt. Dafür sprach etwa ein Brief-
umschlag, der im Abfall gefunden wurde.
Der Berg spricht
Nordkorea und sein
heiliger Gipfel 25
Grenzen zur EU und des Zustroms vieler
Ausländer angenommen. Die SP konnte das
Unbehagen in der Bevölkerung nicht dämp-
fen. Da halfen auch keine flankierenden
Massnahmen. Ein Grossteil der Arbeiter und
einfachen Angestellten ist auch hier längst
von der SP zur SVP übergelaufen.
Die SPD und die Sozialdemokraten in
Europa müssen um ihre Zukunft fürchten
– in Frankreich und in den Niederlanden sind
sie schon heute blosse Randerscheinungen.
In den Reihen der Sozialdemokraten voll-
zieht sich zurzeit das, was sie in den Städten
Europas bekämpfen: eine Gentrifizierung.
Urbane, gut gebildete und oft gutverdie-
nende Beamte, Lehrer, Akademiker verdrän-
gen die kleinen Leute. Viele einfache Bürger
fühlen sich in der Sozialdemokratie nicht
mehr wohl. Das zeigte eine Szene, die sich in
der englischen Küstenstadt Brighton ereig-
net hat, wo vergangenen Herbst Labour
einen Parteitag durchführte. An einer Veran-
staltung zur Frage, wie man sich wieder der
Arbeiterklasse annähern könne, stand plötz-
lich die 57-jährige Cheryl Barrott aus York-
shire in Nordengland auf und sagte laut
einem Bericht der «Financial Times» den
Parteimitgliedern: «Ich fühle mich hier nicht
willkommen. Ich bin zwar unter euch, aber
nicht Teil von euch.» Sie vermute, dass jeden
Moment der berühmte Tierfilmer David
Attenborough in den Raum platzen werde
und sie, ein Mitglied der Arbeiterklasse,
filmen werde als exotische Seltenheit. Die
Leute im Saal lachten über den Auftritt, auch
wenn dem einen oder anderen Linken das
Lachen wohl im Hals steckenblieb: der ein-
fache Arbeiter, eine aussterbende Spezies in
der Arbeiterpartei.
In ihrem Kampf für eine gerechtere Welt
sind die Sozialdemokraten daran, ihre Wur-
zeln und ihre Inhalte zu verlieren. Darüber
sollten sie sich die Köpfe heiss reden.
Darauf hatte Harding die Adresse von Kerri-
gans Trainingshalle notiert, ihre Schrift liess
sich identifizieren. Angeblich – und auch der
neue Film folgt dieser These – gab Harding
ihrem Ex-Mann die Notiz, damit dieser einen
Drohbrief an Kerrigan schreiben konnte. Das
hiesse, dass Harding, die sich stets völlig
ahnungslos gab, eben doch geholfen hatte,
jedoch im Glauben, ihr Ex-Mann verschicke
einen Drohbrief – was schlimm genug wäre.
Harding erhielt eine Bewährungsstrafe,
nicht als Komplizin, sondern weil sie die
Ermittlungen behindert hatte. Sie schwieg
nämlich, obwohl ihr zumindest nach der Tat
sofort klar sein musste, wer dahintersteckt.
Der Eiskunstlaufverband sperrte Harding
lebenslang, ihre Karriere war vorbei. Sie geht
bis heute gelegentlich aufs Eis, ein paar
Sprünge kann sie noch. Aber das tut sie nur
für sich. Nach dem Skandal arbeitete sie
zunächst als Boxerin, später als Landschafts-
gärtnerin, Schweisserin und Anstreicherin.
Bizarre Vorfälle brachten sie zurück in die
Schlagzeilen. Ein Sexvideo tauchte auf, das
Gillooly gedreht und verkauft hatte. Einmal
soll sie entführt worden sein. Mit ihrem
dritten Mann und dem sechsjährigen Sohn
lebt sie im Nordwesten der USA, nicht weit
von Portland, wo sie aufgewachsen ist und
als Dreijährige mit Eiskunstlaufen anfing.
Seit dem Anschlag trat Harding in Fern-
sehfilmen auf, war bei Oprah Winfrey im TV,
gab ein Buch heraus. Dieser Tage darf sie
dank dem Film wieder ihre Sicht schildern.
Die Haare sind so blond, die Sätze so rau wie
immer. Erstmals gestand sie in einem Inter-
view, sie habe vor der Tat mitgehört, wie ihr
Ex-Mann mit Freunden darüber sprach,
«jemanden aus dem Wettkampf zu nehmen».
Als wäre es kein Widerspruch zu all ihren
Beteuerungen, nichts gewusst zu haben,
berichtete sie, sie habe den Ex-Mann damals
gefragt: «Was zum Teufel redet ihr da?»
Seit 24 Jahren erzählt Harding ihre
Geschichte anders. Besser wird sie nicht.
18
Die Schweiz
für Expats?
Viel normaler,
als sie meint
Kaum jemand denkt so
viel über ihr Bild im Ausland
nach wie die Schweizerinnen
und Schweizer
Katja Rost
I
m Sommer gehen wir jeweils gerne in
den Biergarten des Restaurants «Sonne»
in Küsnacht. Der See glitzert. Die Atmo-
sphäre ist entspannt. Kinder sind will-
kommen. So wie uns geht es vielen ausländi-
schen Fachkräften. Im Biergarten spricht
man Hochdeutsch und Englisch. Schweizer-
deutsch hört man hingegen selten. Ist dies
ein Indiz dafür, dass Expats in der Schweiz
keinen Anschluss finden? Dass sie unter
sich bleiben müssen?
Tatsächlich kommt eine Studie des Expat-
Netzwerks InterNations zum Ergebnis,
70 Prozent der ausländischen Fachkräfte in
der Schweiz hätten Schwierigkeiten,
Freunde zu finden. 50 Prozent seien vor
allem mit anderen Expats befreundet. 30
Prozent nähmen die Schweizerinnen als
unfreundlich wahr. Hierzu passend spricht
der Journalist David Torcasso wenig schmei-
chelhaft von «Streber-Ausländern». Seiner
Meinung nach haben Expats nur ihre Kar-
riere im Sinn und gefährden damit das dolce
vita in der Schweiz. Handkehrum hatte die
Medienkritik
Wie die «Republik» ihren Penalty verschoss
Michael Furger
Übers Wasser laufen können sie dann doch
nicht, die Kolleginnen und Kollegen der
«Republik». Das Online-Magazin ist nach
vielen Monaten der Selbstbeweihräuche-
rung diese Woche gestartet – und hat Jour-
nalismus geliefert. Ganz normalen, soliden
Journalismus. Wer hätte das gedacht?
Und die Republikaner haben auch gleich
ihre erste Pleite eingefahren. Aber der
Reihe nach: Für guten Journalismus
müssen grob gesagt zwei Voraussetzungen
erfüllt sein. Es braucht erstens gute Journa-
listen. Leute, die präzis recherchieren, klug
nachdenken und griffig schreiben können.
Gute Journalisten gibt es einige in diesem
Land. Wer anständige Löhne bezahlt – und
das kann die «Republik» mit ihrer prall-
gefüllten Kasse –, bekommt solche Leute.
Und so ist es auch. Es arbeiten gute Journa-
listen bei der «Republik».
Die zweite Voraussetzung ist schwieri-
ger: Es braucht gute Themen, besser
gesagt: Leute, die ein Gespür haben für die
Temperatur von Themen. Gute Medien
schaffen es, Geschichten zu setzen, die
heiss sind, sprich: die man sofort lesen will,
und nicht solche, die man noch ganz inter-
Meinungen
Schweiz im Ausland immer schon einen
negativen Ruf, wie mehrere Stimmen bele-
gen: Laut dem Historiker Georg Kreis wird
den Schweizerinnen neben Kleinlichkeit,
Humorlosigkeit, Pharisäertum und Introver-
tiertheit auch Fremdenfeindlichkeit beschei- Für Monika
nigt. Dies sei eine Folge der Überfremdungs- Maron ist
initiativen seit den siebziger Jahren. Bereits die Schweiz
1928 hatte Graf Hermann Keyserling
eine reiche
geschrieben, die Schweiz sei rassistisch und
erhebe den Anspruch, Vorbild für die ganze DDR: «Eng,
Welt zu sein. Die ostdeutsche Schriftstellerin miefig,
Monika Maron formulierte es 1987 besonders kleinlich».
drastisch. Für sie ist die Schweiz eine reiche
DDR: «Eng, miefig, kleinlich». Diese Fremd-
bilder stimmen durchaus mit dem kritischen
Selbstbild überein, das einige Schweizerin-
nen von sich selbst haben.
Allerdings gibt es kein Land, dass im Aus-
land ausschliesslich positiv gesehen wird.
Zudem besteht gerade in der Schweiz ein
besonders grosses Bedürfnis, sich selbst und
den anderen zu erklären, wer man sei. Den
Grund für dieses schweizerische Reflektieren
benennt der Schriftsteller Kurt Marti: Vor
allem kleine Länder sind überdurchschnitt-
lich vom Ausland abhängig und müssen des-
wegen auf ihren guten Ruf achten. Könnte es
also sein, dass die Schweiz gar nicht frem-
denfeindlicher ist als vergleichbare Länder?
Sondern dass sie nur besonders ausgiebig
darüber diskutiert? Drei Beobachtungen
erhärten diese These: Erstens schneiden in
der erwähnten Expat-Studie die kulturell
essant findet und für später auf die Seite
legt (und dann niemals liest). Diese Tempe-
ratur hinzukriegen, ist etwas vom Schwie-
rigsten überhaupt, und jede Redaktion
scheitert ab und an daran. Aber wer es auf
Dauer nicht schafft, driftet in die Beliebig-
keit ab und wird zu einem Dozentenfoyer
oder zu einem Kuriositätenkabinett.
Temperatur gewinnt man mit einem
Primeur oder mit einer herausragenden
Story zu einem aktuellen Thema. Ja, Aktua-
lität ist relevant, auch wenn man keine
Nachrichtenschleuder sein will. Jeder Leser
lebt im Hier und Jetzt. Einen herausragen-
den Text gab es diese Woche bei der «Repu-
Gute Medien blik», eine Reportage über das gespaltene
schaffen es, Amerika. Keine brandneue Idee, aber aus-
Geschichten gezeichnet umgesetzt. Einige andere waren
alter Käse. Der wahrscheinlich dreihun-
zu setzen, dertste Artikel über die Digitalisierung, die
die heiss sind. vielleicht doch nicht so viele Jobs killt wie
befürchtet. Temperatur: am Gefrierpunkt.
Ihre heisseste Story hat die «Republik»
dafür verpasst. Das Drama um die schwei-
zerische Nachrichtenagentur SDA passt
perfekt ins Weltbild und in die Ansprüche
der Redaktion. Die angeblich bösen Ver-
lage, welche die seriöse Faktenfabrik aus
ökonomischen Interessen zugrunde reiten.
Helden, Schurken, Geld und finstere Pläne.
Alles, was sich die «Republik» hochtrabend
auf die Fahne geschrieben hat, steckt drin.
Doch die SDA-Story hat am Samstag der
«Tages-Anzeiger» gemacht und damit die
Kollegen abgetrocknet. Die «Republik» erhielt
gleich in ihrer ersten Woche einen Penalty,
und hat nicht einmal das Tor gefunden.
ILLUSTRATION: GABI KOPP
ähnlichen Nachbarn der Schweiz – Deutsch-
land, Österreich oder Frankreich – bei der
Unfreundlichkeit oder den mangelnden
Freundschaften mit Einheimischen genauso
schlecht ab. Zweitens entlarvt die Studie
grosse kulturelle Unterschiede zwischen
verschiedenen Expats. Sind Schweizer Fach-
kräfte selbst Expats, so integrieren sie sich
schnell ausserhalb ihrer Heimat. Hingegen
finden deutsche oder amerikanische Fach-
kräfte – die zwei grössten Gruppen in der
Schweiz – auch anderswo oft keinen
Anschluss. Drittens gibt es Fremdenfeind-
lichkeit nicht nur in der Schweiz. An Öster-
reichs Universitäten ist von «Deutschen-
schwemme» die Rede. Die Zahl der «Piefkes»,
wie die Deutschen in Österreich despektier-
lich genannt werden, soll begrenzt werden.
Kurz: Die Schweiz ist unter Expats sicher
nicht die beliebteste Destination. Ihre Nach-
barländer sind es aber auch nicht. Letztere
beschäftigen sich nur nicht so sehr mit der
Frage, was andere von ihnen denken. Nicht
die Fremdenfeindlichkeit, sondern die Refle-
xion darüber ist eine Schweizer Eigenheit.
Selbstbetrachtung hilft bekanntlich, die
Dinge zu verändern. Vielleicht wird die
Schweiz ja bald herzlicher zu ihren Expats.
Dann blühen diese auf, entdecken das dolce
vita hierzulande. Und werden die Schweiz
bald mehr lieben als deren Nachbarn.
Katja Rost ist Soziologieprofessorin an der
Universität Zürich.
Grenzerfahrung
Ein Mythos verblasst
Barbara Hofmann
D
er Eishockeyverein HC Ambri-
Piotta – kurz: Ambri – gilt als
Mythos. Dieser bildet eine kraft-
volle Erzählung über Menschen an
einem bestimmten Ort. Im Norden des Kan-
tons Tessin ist das besonders wichtig.
Die Leventina serbelt. Die Region wird
meist übergangen, nicht erst seit Inbetrieb-
nahme der Neat. Sie kämpft verzweifelt ums
Überleben und braucht darum ihre Mythen.
Etwa den Eishockeyclub Ambri, der bisher
nicht nur das Selbstbewusstsein der Leventi-
ner stärkte, sondern auch das der weniger
gut Betuchten im übrigen Tessin.
Ambri stand immer wieder kurz vor dem
grossen Durchbruch – und stürzte dann
erneut ab. Man kaufte Spieler mit grossem
Namen und verdrängte, dass diese am Ende
ihrer Karriere standen. Wer Karriere machen
will, geht nicht zu Ambri. Trotzdem standen
die Fans stets zu ihrem Verein. Der Mythos
der rebellischen Jugend in der Curva Sud, die
mit der Hymne «La Montanara», Che Gue-
vara und Fackelinszenierungen auf sich auf-
merksam machte, half dem Klub, Geld zu
verdienen. Jeder Schweizer Eishockey-Fan
liebte diese Kulisse. Es gab zwar bei den
Spielen von Ambri immer wieder Ausschrei-
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Showdown
Stefan Bühler
D
onald Trump erkennt einen
Löwen, ein Nashorn und ein
Dromedar. Er kann einen
Würfel abzeichnen, hört in
einer Buchstabenfolge den
Buchstaben A problemlos
heraus und kann sich kurze Sätze einprä-
gen. Er ist in der Lage, von 100 in Siebner-
schritten rückwärts zu zählen, kann Fahr-
rad und Eisenbahn als Fahrzeuge benen-
nen und in einer Minute mindestens elf
Wörter mit dem Anfangsbuchstaben F
aufzählen: Der US-Präsident hat den soge-
nannten Moca-Test fehlerfrei bestanden,
was seinen Arzt darauf schliessen liess, er
sei «geistig sehr klar».
Als diese Nachricht diese Woche das
untere Gürbetal erreichte, haben wir auf-
geatmet. Nicht nur, weil wir geistige Klar-
heit bei einer Person, die den grösseren
Atomknopf besitzt als der nordkoreani-
sche Diktator, prinzipiell begrüssen. Nein,
Trumps Moca-Resultat bestätigte uns
auch in unserer Schulpolitik, denn im
unteren Gürbetal unterrichten wir nach
dem Lehrplan 21. Und dieser nennt unter
anderen folgende Lernziele: «Die Schüle-
rinnen und Schüler können im Zahlen-
raum bis 100 von beliebigen Zahlen aus
vorwärts und rückwärts zählen.» Sie
können «die Aufsicht von Würfelge-
bäuden (...) zeichnen», «Zuordnungen
von Pflanzen und Tieren mithilfe ihrer
Merkmale vornehmen» und «einzelne
Buchstaben wiedererkennen». Kurzum:
Nahezu alle Fragen des Moca-Tests sind
bei uns Schulstoff. Und dies nicht erst an
der Uni, sondern schon auf der Unter-
stufe: Alle erwähnten Lernziele gelten bei
uns für die erste und die zweite Klasse.
Trump hat mit dem Moca-Test also
nicht nur seine geistige Klarheit bewiesen.
Er hat nebenbei auch den Nachweis
erbracht, dass er bei uns bereits in die dritte
Klasse übertreten dürfte und dass folglich
jeder Bewohner des unteren Gürbetals
nach der zweiten Klasse grundsätzlich zum
amerikanischen Präsidenten taugt.
tungen, gerade auch bei Derbys mit dem
Erzfeind Lugano. Doch was am letzten Sonn-
tag im Spiel gegen Lausanne passierte, ging
weit darüber hinaus. Die Fans der Klubs
gerieten sich in die Haare, angeblich hätten
die Anhänger von Lausanne angefangen. Ob
das zutrifft, werden Polizei und Staats-
anwaltschaft untersuchen.
Es war ein Nachmittagsspiel, und deshalb
waren auch Dutzende von Familien mit Kin-
dern in der Valascia, wie das Stadion heisst.
Dann flogen plötzlich Rauchbomben, Petar-
den und andere Gegenstände. Die Einrich-
tung in der Halle wurde schwer beschädigt,
das Leben der Kinder war bei den Ausschrei-
tungen in Gefahr.
Die Mannschaft will darum am 18. Februar
vorab Kinder zu einem öffentlichen Training
mit Zvieri einladen. Der Anlass soll zu einem
von den Spielern unterstützten Fest gegen
die Angst werden, sagte Ambris Präsident,
der Ständerat Filippo Lombardi. Zudem
sollen kommende Saison die beiden geplan-
ten Nachmittagsspiele aus Sicherheitsgrün-
den vor leerem Gästesektor ausgetragen
werden. Ein Novum im Schweizer Eishockey.
Ambri ist letzten Sonntag knapp an einer
Katastrophe vorbeigeschlittert. Ob schuldig
oder unschuldig: Der Mythos Ambri ver-
blasst, Ambri wird zum mittelmässigen Klub,
der es immer wieder knapp in die Play-offs
schafft. Das Ambri, das der Klub für viele
Tessiner Familien war, existiert nicht mehr.
Denn jetzt werden die Spiele auch in der
Valascia zum Sicherheitsrisiko.
Barbara Hofmann ist Korrespondentin für
deutschsprachige Medien im Tessin.
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Meinungen
USA
Heruntergekommenes
Washington
Dass der amerikanische Staat in der Nacht auf Samstag
temporär dicht machte, passt ins erste Chaosjahr von
Präsident Donald Trump. Und natürlich ist die Ver-
suchung gross, ihm auch dafür den schwarzen Peter
zuzuschieben. Vergangene Woche ist ein möglicher
Budgetdeal zwischen Republikanern und Demokraten
zerbröselt, nachdem ihn Trump mit seinem bereits
notorischen Votum zu «Dreckloch-Staaten» als zu immi-
grationsfreundlich kritisiert hatte. Nur: Das Gefeilsche
um die Zwischenfinanzierungen des US-Haushalts bis
zur letzten Sekunde wurde zur Spezialität des US-Kon-
gresses, lange bevor Trump nach Washington gekom-
men ist. In der Vergangenheit waren es in erster Linie
die Republikaner, die unter demokratischen Präsiden-
ten sachfremde politische Forderungen an kurzfristige
Finanzierungsbeschlüsse hängten. Und es genüsslich in
Kauf nahmen, wenn der Staat zumachen musste. Dieses
Mal sind es die Demokraten, die sich im polarisierten
Washington mit keinem anderen Mittel als der temporä-
ren Stilllegung des Staates zu helfen wissen. Sie gehen
davon aus, dass die Wähler die Episode im schwindel-
erregenden Nachrichtenzyklus unter Präsident Trump
schnell vergessen werden. Beides ist ein krasser Aus-
druck davon, wie heruntergekommen die amerikani-
sche Innenpolitik geworden ist. (azu.)
Verkehr
Der Konflikt zwischen Bahn und
Auto ist Geschichte – zum Glück
Bundesrätin Doris Leuthard stellte diese Woche Erwei-
terungsprojekte im Umfang von 13,5 Milliarden Franken
auf dem Schweizer Nationalstrassennetz vor. Die Pro-
teste von Umweltverbänden blieben verhalten, denn
die Ausbauten sind eine Folge des Nationalstrassen-
und Agglomerationsverkehrs-Fonds, dem Volk und
Stände vor einem Jahr zugestimmt haben. Ausserdem
ist es klar, dass die Bahninfrastruktur überfordert wäre,
würden viele Autolenker in kurzer Zeit auf den Zug
wechseln – schon jetzt sind die vielen Pannen auf dem
Netz der SBB ein Ärgernis. Die Debatte um den Verkehr
wird in der Schweiz viel weniger ideologisch geführt als
in früheren Zeiten. Das Volk stimmte zwei neuen,
langen Bahntunnels durch die Alpen zu – und später
auch einer zweiten Autoröhre am Gotthard. Anders ist
das wachsende Mobilitätsbedürfnis einer Bevölkerung,
die inzwischen 8,4 Millionen Menschen umfasst, nicht
zu bewältigen. Negativ ist einzig, wie lange die Planung
und die Ausführung grösserer Bauprojekte in der
Schweiz dauern. Dass der Zürcher Nordring – auf dem
der Verkehr täglich kollabiert – ausgebaut werden muss,
erkannte man vor 20 Jahren. Fertig ist das Projekt im
Jahr 2025. Bis dann häufen sich die Staustunden. (be.)
SBB
Konkurrenz hilft dem Kunden
Die BLS, das Kleinunternehmen Fairtiq sowie die SOB
bringen Apps auf den Markt, die das Billettlösen endlich
massiv vereinfachen. Die Programme verfolgen die
Fahrt des Kunden und verrechnen automatisch den
besten Preis. Die Zeit der unleserlichen Zonenpläne,
komplizierten Billettautomaten und Schlangen vor den
Schaltern neigt sich dem Ende zu. Noch lassen sich aber
längst nicht alle Billette über solche Apps lösen, weil das
Tarifsystem in der Schweiz viel zu komplex und voller
Spezialfälle ist. Darum ist es gut, dass der Bundesrat
bald auch Firmen ausserhalb der Branche den Billett-
verkauf erlauben wird. Das erhöht den Konkurrenz-
druck weiter. Und sorgt dafür, dass das Billettlösen noch
viel bedienerfreundlicher wird. (mju.)
Chappatte
Der externe Standpunkt
Wie sich Forscherinnen und Forscher
politisch mehr einmischen
Gesellschaftliches Engagement gehört nicht zu den Kernaufgaben von
Wissenschaftern und birgt persönliche Risiken. Gerade darum sollten
es die Universitäten fördern, findet Servan Grüninger
W
issenschafter mussten sich im
vergangenen Jahr viel anhören.
Sie sollen weniger dozieren,
sich mehr einmischen oder es
genauso machen wie bisher – einfach viel
besser. In einer Zeit, in der Antiintellektualis-
mus und selektive Faktenfeindlichkeit an der
politischen Tagesordnung sind, scheinen
wissenschaftliches Denken, Faktentreue und
Differenziertheit gefragter denn je.
Doch die Forderung nach mehr wissen-
schaftlicher Intervention in der Öffentlich-
keit ist zweischneidig – besonders für Wis-
senschafter selbst. Auf der einen Seite wird
von ihnen verlangt, dass sie sich gesell-
schaftlich engagieren und sofort ihre Stimme
erheben, wenn Fakten missbraucht werden.
Auf der anderen Seite sollen sie sich nicht
instrumentalisieren lassen und sich bei
politischen Auseinandersetzungen strikt
neutral verhalten.
Das stellt Forscherinnen und Forscher vor
ein grundsätzliches Dilemma: Wer in Auftre-
ten und Handeln rein wissenschaftlich
bleibt, wird ausserhalb des akademischen
Betriebs kaum beachtet, denn wissen-
schaftliches Schreiben und Reden ist – aus
guten Gründen – nicht massentauglich.
Manchmal müssen wissenschaftliche Argu-
mente also zugespitzt werden, um die Men-
schen dazu zu bringen, einem überhaupt
zuzuhören.
Das macht angreifbar. Wer sich als Wissen-
schafter pointiert äussert, scheint in den
Augen der kritischen Öffentlichkeit schnell
einmal im Gefechtsmodus zu sein und muss
sich des Vorwurfs erwehren, politische
Ideologie über wissenschaftliche Redlichkeit
zu stellen. Allerdings sind gewisse wissen-
schaftliche Fragen derart politisiert, dass
jedes noch so harmlose Forschungsergebnis
zu einem Politikum wird. Forscherinnen und
Forscher, die beispielsweise über die Wir-
kung des Unkrautvernichtungsmittels Gly-
phosat reden oder über die Unterschiede
zwischen den Geschlechtern, müssen oft
erfahren, dass ihre Aussagen in der Debatte
ein Eigenleben entwickeln, sie aus dem
Zusammenhang gerissen, verfälscht, miss-
braucht oder gar gegen ihre Urheber verwen-
det werden.
Widerstand droht einem gesellschaftlich
engagierten Wissenschafter aber auch aus
den eigenen Reihen. Wer sich nicht nur aka-
demisch, sondern auch öffentlich zu Wort
meldet, wird bei seinen Forschungskollegin-
nen und -kollegen nicht unbedingt auf Wohl-
wollen stossen. Gastbeiträge in Zeitungen,
Diskussionen auf Internetplattformen oder
die Mitarbeit an politischen Lösungen brin-
gen dem wissenschaftlichen Ansehen im
besten Fall wenig. Im schlimmsten Fall sind
sie karriereschädigend.
Eine solche Atmosphäre trägt wenig dazu
bei, gesellschaftliches Engagement zu
fördern – gerade bei Wissenschaftern, die
noch ganz am Anfang ihrer Forschungstätig-
keit stehen. Dabei brauchte es ihre Stimme
doch am dringendsten. Sie sind es nämlich,
die das Bild, die Inhalte und das Auftreten
Servan Grüninger
Servan Grüninger, 27, ist Präsident von
«reatch», einer jungen Ideenschmiede,
welche die Beziehungen zwischen den Wis-
senschaften und anderen Teilen der Gesell-
schaft stärken möchte. Grüninger hat einen
Abschluss in Biologie und Biostatistik der
Universität Zürich und studiert Computa-
tional Science an der ETH Lausanne.
19
der Wissenschaften in den kommenden
Jahren und Jahrzehnten bestimmen werden.
Doch wer befürchten muss, mit seinem
gesellschaftlichen Engagement die eigene
wissenschaftliche Arbeit zu torpedieren,
überlegt es sich zweimal, ob er sich in der
Öffentlichkeit äussern soll.
Ein Rückzug von Wissenschafterinnen
und Wissenschaftern aus der öffentlichen
Debatte wäre jedoch fatal. Ein Blick auf die
globalen Entwicklungen im Allgemeinen und
auf die USA im Besonderen zeigt, was wir
davon haben, wenn Wissenschaft und Politik
gegeneinander statt miteinander arbeiten:
im besten Fall nichts, sonst Trump.
Selbstverständlich darf umgekehrt die
Qualität eines Forschenden nicht an seiner
gesellschaftlichen Strahlkraft gemessen
werden. Heute wie in Zukunft brauchen
Universitäten in erster Linie solide Wissen-
schafter und nicht wortgewandte Rhetoriker
oder politische Aktivisten. Doch es ist stö-
rend, wenn wissenschaftliche Einmischung
in die Gesellschaft stets gefordert, aber kaum
gefördert wird. Universitäten, Forschungs-
institute und Geldgeber sollten das gesell-
schaftliche Engagement ihrer Forschenden
deshalb nicht nur dulden, sondern aktiv
unterstützen. Dazu braucht es nicht nur spe-
zialisierte Doktorandenprogramme und
Kommunikationstrainings, sondern auch
einen Kulturwandel. Akademiker, die sich
sowohl als Wissenschafter wie auch als
Staatsbürger verstehen, sollten für diese
Haltung nicht bestraft werden.
Die öffentliche Debatte über Wissenschaft
verlangt mehr als Dokumentarsendungen im
Fernsehen und Communiqués von Uni-
versitäten. Sie verlangt einen Austausch auf
Augenhöhe zwischen den Wissenschaften,
der Politik und anderen Teilen der Gesell-
schaft. Das offene Ohr der Politik ist dafür
genauso unabdingbar wie der Rückhalt in
der Akademie. Sonst bleiben alle Forderun-
gen nach mehr gesellschaftlichem Engage-
ment der Wissenschaften blosse Lippen-
bekenntnisse.
20
49 Prozent
Achtung, Männerversteher!
Patrick Imhasly
E
s war schon einfacher, ein Mann zu
sein. Nicht wegen der Imagepro-
bleme, die Männer derzeit haben,
weil ein paar Typen nicht wissen,
wie man sich einer Frau gegenüber zu
verhalten hat. Auch nicht, weil Feministin-
nen angeblich in sektiererischem Furor die
letzten Bastionen der Männlichkeit schleifen
wollen, etwa das Pissoir. Nein, die Männer
machen sich das Leben selbst schwer – mit
Experten, deren selbsterklärte Aufgabe es
ist, die Interessen der Männer zu wahren:
Geschlechtersoziologen, Männerversteher,
Männertherapeuten und Urologen.
Die Gendersoziologen – sie verschaffen
sich am meisten Gehör – sind häufig desillu-
sionierte oder zornige alte Männer, die ihren
Geschlechtsgenossen nichts Erbauliches zu
erzählen haben. Der emeritierte Schweizer
Soziologieprofessor Walter Hollstein zum
Beispiel beklagt, den jungen Männern fehl-
ten positive Vorbilder, wie sie seine Genera-
tion noch in Figuren wie Fidel Castro oder
Che Guevara gehabt habe. «Da ist nur die
Ruine des alten Männerbilds, das – zu Recht
– zerstört worden ist. Aber an seine Stelle ist
Die E-Mail-Debatte
«Ich halte wenig von Trump – aber noch
weniger von ‹Kill Trump›-Demos»
Was bringt das WEF der Schweiz? Einmalige diplomatische Chancen, sagt Andrea
Caroni. Mattea Meyer ist skeptisch – und auch gegen ein Treffen mit Trump
Andrea Caroni
Geschätzte Kollegin, es ist wieder WEF-Zeit.
Nicht zuletzt mit der Aufwartung von US-
Präsident Donald Trump wird das Davoser
Weltwirtschaftsforum heuer zu einem
besonderen Stelldichein. Wo wird man Sie
finden: Am Apéro mit den Mächtigen? Oder
an einer Juso-Demo gegen die Einreise
gewählter Staatsoberhäupter?
Mattea Meyer
Geschätzter Kollege, die Weltelite wird in
Davos das tun, was sie immer tut: auf ihren
masslosen Reichtum und ihre Privilegien
anstossen – und in Hinterzimmern diskutie-
ren, wie sie ihren Profit auf Kosten von Natur
und Menschen noch steigern kann. Mein
Platz ist bei denjenigen, die die Folgen dieser
verantwortungslosen Politik ausbaden
müssen. Wollen Sie denn dem US-Präsiden-
ten die Hand schütteln?
Andrea Caroni
Wie ich aus ihren Verschwörungstheorien
schliesse, waren Sie noch nie am WEF. Ich
berichte Ihnen daher gerne von meinen
Besuchen. Weltpolitisch und -wirtschaftlich
wird das WEF zwar stark überschätzt. Dafür
ist sein Wert für die Schweiz unschätzbar.
Zum einen ist es eine globale Marke. Zum
andern erhalten unsere Bundesräte in Davos
die Weltelite für unzählige bilaterale Treffen
frei Haus geliefert. Sie finden es aber offen-
bar falsch, dass unsere Bundesräte den
gewählten US-Präsidenten treffen. Halten
Sie es für politisch wertvoller, unter
Beschwörung toter Diktatoren – von Mao bis
Chávez – Krawall zu veranstalten?
Mattea Meyer
Wie 99 Prozent der Menschen in der Schweiz
war ich noch nie am WEF (zumindest nicht
innerhalb des abgesperrten Geländes). Das
WEF ist ja auch ein privates Treffen, an das
nur die geladene Elite darf, das aber von uns
allen mit Steuergeldern mitfinanziert wird.
Demokratische Mitsprache liegt mir mehr als
Machtgehabe – sei dies von Diktatoren oder
Meinungen
kein neues getreten, lediglich ein Vakuum»,
sagt er. Und der bald 80-jährige deutsche
Geschlechterforscher Gerhard Amendt greift
mit Vorliebe auf krude biologistische Erklä-
rungsmuster zurück, um die Stärke des
Mannes zu verteidigen: «Evolutionsbiolo- Männer­
gisch gesehen waren Frauen von männlicher therapeuten
Stärke nie unabhängig. Anders konnten sie entwickeln
nicht in Sicherheit leben und Kinder aufzie-
derart viel
hen.» Daran habe sich trotz Pampers und
weiblicher Berufstätigkeit nichts Grund- Verständnis
legendes geändert. für die
Die Männertherapeuten wiederum ent- anscheinend
wickeln derart viel Verständnis für die sozial
anscheinend sozial verlotterten Männer,
dass sie diese gerade dadurch klein halten: verlotterten
«Mittlerweile werden sie meist gar nicht Männer, dass
mehr ernst genommen, was noch schlimmer sie diese
ist als der Pranger. Sie werden lächerlich gerade
gemacht», sagt Björn Süfke, ein deutscher
Psychotherapeut, der auf die Behandlung
dadurch klein
von Männern spezialisiert ist. «Männer halten.
haben aufgrund der Bedingungen, unter
denen sie aufwachsen, oft einen schlechte-
ren Zugang zu den eigenen Gefühlen. Und
das ist ein Problem.» Süfke bedauert, dass
kaum ein Mann einen besten Freund hat, mit
dem er über seine Gefühle redet, «traditio-
nell-konservative Männer schon gar nicht».
Als ob Männer zu dumpf wären, die Macht
der Emotionen zu erkennen und gezielt
einzusetzen.
Nicht viel weiter bringen einen im Alltag
auch Interessenvertreter wie männer.ch und
ihre politisch motivierten Kampagnen. Es
befördert nur das Klischee des willigen, aber
Wirtschaftsführern. Ich wünsche mir von
Debattierer unseren Bundesräten, dass sie mutig hinste-
hen und Trump Paroli bieten, wie dies der
Londoner Bürgermeister Khan getan hat: Mit
seiner sexistischen, primitiven und zerstöre-
rischen Politik widerspreche der US-Präsi-
dent den Londoner Werten und sei nicht
willkommen. Trump, von den Protesten im
Ego gekränkt, reist nun nicht nach London.
Das wäre doch auch für die Schweiz ein
gangbarer Weg? Oder glauben Sie wirklich,
dass unsere Bundesräte Trump zur Einsicht
Mattea Meyer, 30, bringen können?
ist Nationalrätin der
SP aus dem Kanton Andrea Caroni
Zürich. Sie ist Meine WEF-Besuche dienten der Begleitung
Co-Präsidentin der des damaligen Bundesrates Hans-Rudolf
SP Winterthur Merz. Aus jener Erfahrung weiss ich: Für
und Co-Präsidentin unsere Bundesräte ist das WEF eine ein-
der Sans-Papiers- malige Möglichkeit, nahezu ohne Aufwand
Plattform Schweiz. und quasi vor der Haustüre andere globale
Entscheidungsträger zu treffen. Die dies-
jährige Deputation wird übrigens von SP-
Bundespräsident Alain Berset angeführt, er
erklärt Ihnen den Nutzen seiner Teilnahme
sicher gerne. Neben dem US-Präsidenten
werden heuer auch EU-Kommissions-Präsi-
dent Juncker, der indische Regierungspräsi-
dent Modi oder der französische Staats-
präsident Macron teilnehmen. Im Umfeld
des US-Präsidenten werden auch mehrere
US-Minister anwesend sein, und seitens der
Andrea Caroni, 37,
ist FDP-Ständerat
EU-Kommission sind es ein knappes Dut-
zend Kommissare. Es gibt sogar ein informel-
aus dem Kanton les WTO-Ministertreffen. Sollten unsere
Appenzell Ausser-
rhoden. Er arbeitet
Bundesräte eine solche Gelegenheit im eige-
nen Land boykottieren? Oder nicht doch
als Rechtsanwalt
und ist Vizepräsident
der FDP Schweiz.
lieber die Chancen nutzen? Nochmals zum
US-Präsidenten: Ich halte wenig von Trump
– aber noch weniger von «Kill Trump»-De-
mos. Distanzieren Sie sich von gewaltberei-
ten Wortverbietern?
Mattea Meyer
Es befremdet mich, dass Sie wiederholt ver-
suchen, mich mit Gewaltbereiten in Verbin-
dung zu setzen, und fordern, mich von ihnen
zu distanzieren. Ich habe mit denen so viel
schussligen und letztlich nicht ganz zurech-
nungsfähigen Schönwettervaters, wenn
selbst dieser Dachverband mit seinem Aus-
hängeschild Markus Theunert unter dem
Schlagwort «I love Papizeit» für mehr Teil-
zeitarbeit unter Vätern wirbt. Vatersein ist
nicht eine schlechte Kopie von dem, was eine
Mutter zu Hause mit den Kindern leistet,
sondern ein Job mit einem eigenen Stellen-
beschrieb.
An sich meinen es auch Urologen nur gut
mit den Männern. Sie überlegen sich des-
halb, wie Gesundheitskampagnen gestrickt
sein müssen, damit sie auch das Interesse
der Männer wecken, die sich nach ärztlichem
Verständnis kaum Gedanken über ihre
Gesundheit machen und zu lange im Leiden
erstarren, bevor sie Hilfe suchen. Darum hat
etwa die deutsche Gesellschaft für Urologie
letzten Frühling mit Sprüchen wie «Nimm
endlich die Eier in die Hand!» Männer selbst
mittleren Alters zum «Hodencheck» für die
Früherkennung von Hodenkrebs zu animie-
ren versucht. Diese Kampagne ist tatsächlich
unter die Gürtellinie gegangen.
So kocht sich jede Gruppe von Männer-
experten ihr eigenes Süppchen und verliert
ihre Klientel aus den Augen: Männer, enga-
giert in Beruf und Familie, weder Macker
noch Weicheier, aber von beidem etwas, die
gefragt sind wie nie zuvor. Es gibt deshalb
nur eines: Männer, nehmt endlich euer
Schicksal in die Hand!
Patrick Imhasly ist Redaktor im Ressort
Wissen bei der «NZZ am Sonntag».
am Hut wie Sie mit Männern, die Frauen
sexuell belästigen. Fordere ich Sie dazu auf,
sich von diesen zu distanzieren, nur weil sie
ein Mann sind? Nein. Weil ich Ihnen auch
nicht implizit den Vorwurf mache, sich mit
sexistischen Männern zu verbrüdern.
Genauso deplaciert sind Ihre Aufforderun-
gen mir gegenüber. Aber selbstverständlich
finde ich friedlichen Protest gegen den US-
Präsidenten richtig. Trump ist einer der
grössten Gewaltverherrlicher dieser Welt: Er
zerstört unser Klima, sät Hass gegen Minder-
heiten, legitimiert Gewalt an Frauen. Wir
haben vor einem Monat an dieser Stelle über
die Werte der Aufklärung diskutiert. Sind die
angesichts des mächtigsten Mannes nichts
mehr wert?
Andrea Caroni
Ich bin froh, dass Sie mit linksextremer
Gewalt nichts zu tun haben wollen. Aber mit
der jungsozialistischen Gesprächsverweige-
rung verschwestern Sie sich doch und wollen
Trump in Davos verhindern. Dabei liefert
just der von Ihnen offenbar geschätzte Auf-
klärer Voltaire das richtige Rezept gegenüber
Andersdenkenden: «Ich teile Ihre Meinung
nicht, aber ich würde mein Leben dafür
geben, dass Sie sie äussern dürfen.» Oder wie
Ihr Parteipräsident Christian Levrat sagte:
«Der Besuch bietet die Möglichkeit, mit
Trump ins Gespräch zu kommen. Es gibt
keinen Grund, nicht auch den Präsidenten
der USA zu treffen.» Werden Sie Ihrem Bun-
despräsidenten Alain Berset stattdessen
anraten, nur in der Filterblase völlig Gleich-
gesinnter zu diskutieren?
Mattea Meyer
Donald Trump ist vermutlich jener Mann auf
der ganzen Welt, der sicher keine Sorge
haben muss, dass er sich nicht äussern
könne. Er twittert schneller, als er denken
kann. Was ich Bundespräsident Berset raten
würde? Seine Zeit sinnvoller zu nutzen, als
sie mit dem Schütteln der Hände eines von
Tobsuchtsanfällen heimgesuchten, erwach-
senen Trotzkindes zu verbringen.
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Alles, was Recht ist
Willkürliche
Entscheide zur
Willkür
Markus Felber
D
er Staat darf nicht willkür-
lich handeln, das verbietet
die Bundesverfassung. Dass
er das auch tatsächlich
nicht tut, darüber wachen
die Gerichte. Die sind eben-
falls Teil des Staats und dürfen daher bei
ihrer Kontrolltätigkeit ihrerseits nicht in
Willkür verfallen. Das geschieht aber doch
immer wieder. Es sind vermutlich Hun-
derte von Gerichtsurteilen jedes Jahr, die
vom Bundesgericht als willkürlich aufge-
hoben werden. Doch selbst wenn in Lau-
sanne das letzte Richterwort gesprochen
ist, sind wir vor Willkür nicht gefeit, denn
«es gibt nichts Willkürlicheres als die
Willkürrechtsprechung des Bundes-
gerichts». Das sagte vor über dreissig
Jahren Otto Konstantin Kaufmann, einer
der brillantesten Köpfe, den das Bundes-
gericht je hatte.
Mit seiner humorvollen Übertreibung
wollte Kaufmann selbstkritisch darauf
hinweisen, wie eigenmächtig Richter
bisweilen den Spielraum ausreizen, den
ihnen das Gesetz belässt. Das ist bei Will-
kür besonders stossend, da hier das
Unrecht in die Augen springen müsste.
Muss Unrecht im Urteil mit aufwendiger
sophistischer Gedankenakrobatik herbei-
geschrieben werden, mutet das in der Tat
seinerseits etwas willkürlich an.
Ausgereizt wird der rechtliche Spiel-
raum inzwischen auch, wenn es darum
geht, ob der Richter einen Fall überhaupt
an die Hand nimmt. Will er das, so wird
auch einmal offengelassen, ob das Rechts-
mittel zulässig ist. Und will er das nicht,
findet der Richter meist einen formal-
rechtlichen Dreh, um den Zugang zum
Gericht noch etwas mehr zu verengen.
Diese Tendenz lässt sich statistisch sogar
belegen: Trat das Bundesgericht 1960 nur
gerade auf zwölf Prozent aller zivilrecht-
lichen Berufungen nicht ein, so hat sich
dieser Wert bis zum vergangenen Jahr
mehr als verdreifacht. Und das nota bene,
ohne dass irgendjemand ernsthaft
behaupten würde, die heutigen Anwälte
seien in Sachen Prozessrecht dreimal
weniger sattelfest als ihre Kollegen im
letzten Jahrhundert.
Markus Felber war NZZ-Bundesgerichts­
korrespondent.
Strittis Schlagzeile
Zur geplanten Aufweichung
des Rasertatbestandes.
Mörderisches
Rasen unter
dem Auge
des milden
Rechtsstaats.
Hermann Strittmatter ist Gründer und Leiter
der Werbeagentur GGK in Zürich.
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Meinungen 21

Nachruf

Bezwinger von Kaiseraugst Paul Bocuse, 91

D
ie Trüffelsuppe V.G.E., die er 1975
im Elysée-Palast dem Präsidenten

Hans Jürg Weder, Basler LdU-Politiker, Anhänger der Freiwirtschaft und zentrale Valéry Giscard d’Estaing servierte,
wurde zu seinem berühmtesten
Gericht. An jenem Tag wurde Paul Bocuse in
Figur der AKW-Gegner, ist 89-jährig gestorben. Von Thomas Isler die Ehrenlegion aufgenommen. Als Koch war
er damals bereits weltbekannt. 1926 nahe

D
Lyon geboren, begann er nach dem Krieg
o wird jetzt nit baut», sagte der Kommunismus ist tot, der Kapitalismus tod- eine Lehre als Koch. Schon die Eltern und

Mann mit dem Béret zu den Bagger-
führern, die an diesem Aprilmorgen
1975 mit den Bauarbeiten für das
AKW Kaiseraugst anfangen wollten. Die
Besetzung des Geländes, die elf Wochen
dauern sollte, hatte begonnen. Hans Jürg
Weder, der Mann mit dem Béret, der als
Geschäftsführer des Basler Landesrings der
Unabhängigen (LdU) quasi ein Berufspoliti-
ker war, wurde zur zentralen Figur im Kampf
gegen das AKW. An der ersten grossen Kund-
gebung rief er: «Es gibt nur AKW-Gegner und
solche, die noch nicht genügend darüber
nachgedacht haben!»
Weders Prognose zu Kaiseraugst traf zu.
Es wurde nicht gebaut. Vierzehn Jahre nach
der Besetzung und drei Jahre nach der Reak-
torkatastrophe von Tschernobyl beendete
der Nationalrat, dem Weder inzwischen
angehörte, das Projekt. Es war SVP-National-
rat Christoph Blocher, der die entsprechende
CLAUDE GIGER
krank, neue Wege sind gefordert!» Grosseltern hatten ein Restaurant betrieben.
1958 heiratete er Marie-Claire Gysling, Mit 34 erhielt Bocuse den ersten Michelin-
1972 adoptierte das Ehepaar eine Tochter aus Stern, fünf Jahre später hatte er drei. Als die
Vietnam und zwei Jahre später einen Sohn französische Küche erneuert wurde, war er
aus Südkorea. Weder war nun Berufspoliti- einer der Wegbereiter, blieb aber kritisch:
ker. Seit 1964 sass er im Basler Grossrat, «Nouvelle Cuisine heisst gewöhnlich: zu
gewählt «als Sportler», wie er sagte. Er wenig auf dem Teller und zu viel auf der
spielte Handball beim RTV Basel in der Rechnung.» Bodenständige Kost stand bei
Nationalliga A, war dreifacher Basler Ski- ihm über allem. Bocuse wurde zur Marke mit
meister, Fussballer in der 1. Liga und Tisch- Lokalen rund um die Welt. Der Meisterkoch
tennisspieler. Kurz nach seiner Wahl in den hantierte nicht mehr selber am Herd, er liess
Grossrat trat er dem LdU bei, 1967 wurde er kochen, trank Champagner mit den Gästen
dessen Geschäftsführer in Basel. und zählte das Geld. In seiner Biografie
Er brachte es auf 48 Parlamentsjahre: Im schrieb Bocuse, dass er nebeneinander mit
Grossrat sass er bis 1976 und danach, ab drei Frauen in drei Haushalten lebe. «Ich
1980, nochmals zwölf Jahre lang. Auch dem habe ein kompliziertes Leben, aber alle
Basler Bürgergemeinderat gehörte er an, und kennen meine Affären.» Der Jahrhundert-
von 1983 bis 1995 war er LdU-Nationalrat. koch starb an seinem Geburtsort. (dme.)
Kämpfte er anfänglich für Wettbewerb und
gegen Monopole, galt sein Engagement bald
mehr dem Heimat- und Umweltschutz.
Christine Beshar, 88

Motion vertrat: Kaiseraugst war zu teuer
geworden. «Das war der schönste Tag meiner
politischen Karriere», sagte Weder.
Geboren wurde Hans Jürg Weder 1928 in
Basel. Sein Vater war Bildhauer, ein in
Deutschland aufgewachsener Schweizer,
dem in den dreissiger Jahren wegen seiner
Hochsprache ein Einstieg in die Basler Politik
unmöglich war. Er diskutierte mit seinen
zwei Söhnen, regte sie zum Zeitunglesen an
und brachte ihnen auf Spaziergängen durch
Basel die Baugeschichte der Stadt näher.
Hans Jürg machte eine KV-Lehre. Er arbei-
tete ein Jahr in Morges, eineinhalb Jahre für
Brown Boveri in Madrid und wurde, zurück
in Basel, Prokurist im Sanitärgrosshandel.
Mit 16 Jahren hatte Weder einen Vortrag
gehört, der aus ihm einen Anhänger der Frei-
wirtschaft machte, einer Anfang des letzten
Jahrhunderts populären Theorie, die eine
Marktwirtschaft ohne Kapitalzins und ohne
Grundeigentum postulierte. Weder blieb der
Lehre ein Leben lang treu. 2006 sagte er an
einer Versammlung der Schweizer Freiwirt-
schafter in Bubendorf, an der noch zwölf,
eher betagte Mitglieder teilnahmen: «Der
Weder, der als Hobby Ausgaben von «Don
Quijote» sammelte, erinnerte im Bundes-
haus manchmal selber an den spanischen
Romanhelden, wenn er unermüdlich seine
Ideale verteidigte und Vorstösse einreichte,
von Walfang bis Ballettförderung.
Grosse politische Durchschlagskraft hatte
Weder in Basel. Dass Gebäude wie die
Safranzunft, die Schmiedenzunft und das
Altersasyl zum Lamm noch stehen, ist Weder
zu verdanken. Er verteidigte auch Grünflä-
chen und machte sich die Familiengärtner
zum Freund. Dank seiner breiten Vernetzung
und zum Verdruss der Regierung konnte er
an einem Wochenende ein Referendum auf
die Beine stellen.
Dieses Netz half ihm auch beim Kampf
gegen Kaiseraugst. Dass die Anti-AKW-Be-
wegung in Basel früh bis weit in bürgerliche
Kreise reichte, war auch sein Verdienst als
Präsident des Nordwestschweizer Komitees
gegen Atomkraftwerke (NWA). SVP-nahe
Baselbieter Bauern brachten den Besetzern
in Kaiseraugst Gemüse vorbei, Galerist Ernst
Beyeler liess täglich Würste und Getränke
liefern. Weder war ein glänzender Redner
Der Mann mit dem und stets um Integration bemüht. Als Folge
Béret: Hans Jürg der Besetzung wurde er auch zu einer hohen
Weder bei einer Busse verurteilt. Die Summe war im Nu
Demonstration in durch Spenden gedeckt. Von der Verhaftung
Kaiseraugst. (1981) erzählte er ein Leben lang.
Weder war ein Grüner, bevor es die Partei
gab, er kämpfte – in der Pharma-Stadt Basel
notabene – gegen Tierversuche und betrieb
einen bodenständigen Tierschutz, der auch
die Anliegen der Hündeler einschloss. Im
Alter von 54 wurde Weder Vegetarier.
Der Basler Politik blieb der frühere Natio-
nalrat, der ein Leben lang drei Tageszeitun-
gen abonniert hatte, erhalten, als Schreiber
von Kolumnen und Leserbriefen zu fast
jedem Thema. 2015 erlitt er einen Schlag-
anfall, der seine Aktivitäten von einem Tag
auf den andern beendeten. Er lebte fortan in
einem Pflegeheim, täglich besucht von
seiner Frau. Von den jüngsten energiepoliti-
schen Wenden bekam er nichts mehr mit. Sie
hätten ihn gefreut.
A
n das Gefühl im Bauch kann ich
mich noch immer erinnern», sagte
sie Jahre später über den Moment,
als der Babysitter sie versetzte. Die
drei älteren Töchter hatte die Rechtsanwältin
Christine Beshar in der Schule abgegeben.
Jetzt stand sie mit Peter, ihrem Jüngsten, an
der Park Avenue in New York. Kinder konnte
man damals unmöglich in eine Kanzlei an
der Wall Street mitbringen. «Was zum Teufel
sollte ich bloss tun?» Als ihre Kanzlei, in der
sie früh Partnerin geworden war, Jahre
später ein neues Gebäude bezog, erspähte sie
den leeren zweiten Stock und wusste, was
sie zu tun hatte: eine Kinderkrippe für die
Kanzlei initiieren. Und tatsächlich setzte sie
sich durch. Die in Deutschland geborene
Beshar war nach dem Krieg in die USA
gekommen, wo sie ihren Mann kennenlernte
und als erste Frau die New Yorker Anwalts-
prüfung bestand, ohne je eine Law School
besucht zu haben. Familie war ihr so wichtig
wie die Arbeit: «Partnerschaft in der Kanzlei
geht nicht ohne Partnerschaft zu Hause.»
Beshar ist in Manhattan verstorben. (tis.)

Das historische Bild Wuhan, 16. Juli 1966

Ein Führer schwimmt. Der Satz stimmt
auch im übertragenen Sinn. Chinas kommu-
nistische Wirtschaft war in den sechziger
Jahren in einem katastrophalen Zustand,
Machthaber Mao unter Druck. Er reagierte
mit einem Massenmorden, das als Kultur-
revolution in die Geschichte eingehen
sollte. Die zerstörerische Kampagne lan-
cierte er mit einem PR-Coup.
Der 72-jährige Führer schwamm mit
Begleitern und vor Tausenden Zuschauern
eine zwölf Kilometer lange Strecke im Fluss
Jangtse. Das machte erstens Eindruck. Viele
chinesische Bauern konnten nicht schwim-
men. Der Anlass enthielt zweitens eine ver-
steckte Botschaft: Viel klüger, als Wider-
stand zu leisten, ist es, sich mit dem Strom
treiben zu lassen. Und schliesslich pries die
Parteizeitung «Neues China» tags darauf
den «wunderbar gesunden Vorsitzenden
Mao», der auf der Foto hier am unteren
Bildrand zu sehen ist.
Mao griff mit seinem Auftritt als Schwim-
mer auf ein uraltes Muster zurück, wie
schon unzählige Monarchen und Autokra-
ten vor ihm: Öffentlich zelebrierte Leibes-
übungen oder öffentlich gemachte Bulle-
tins über den guten Gesundheitszustand
eines Führers helfen beim Machterhalt. Der
Körper des Souveräns steht umso stärker
im Zentrum, je mehr das politische System
von ihm abhängt. Vor vielen Jahrhunderten
soll es gar ein Recht auf Verschwörung
gegeben haben, wenn ein Herrscher sein
Pferd nicht mehr kraftvoll besteigen oder
die Waffen tragen konnte. Mao stieg recht-
zeitig in den Fluss. (tis.)
AP
 22
Sie hassen und sie lieben sich: die Schweizer und ihre SRG. Was ist das für eine komplizierte Beziehung? Eine Exped
S
chon vor zwei Jahren, als es um
die künftige Finanzierung der
SRG ging, bockten sie mehr als
alle andern im Land. Fast 60 Pro-
zent der Schwyzer verwarfen
2015 das neue Radio- und Fern-
sehgesetz (RTVG). Die kleinste
Gemeinde des Kantons, Riemenstalden,
stemmte sich gar mit 89,7 Prozent dagegen.
Der Ort mit seinen 91 Einwohnern scheine wie
erfunden für «SRF bi de Lüt», aber d Lüt gut
1000 Meter über dem Vierwaldstättersee
wollten offenbar nichts von SRF wissen, ver-
mutlich auch nicht am 4.März, sagt Robert
Gisler, FDP-Kantonsrat und Wirt aus Riemen-
stalden, am Telefon. «Als Liberaler» werde er
jedenfalls für «No Billag» stimmen. «Hier oben
gibt es etliche Leute, die gar keinen Fernseh-
apparat haben und auch keinen wollen. War-
um sollen sie zahlen?»
Wenn die RTVG-Abstimmung ein taug-
liches Indiz für die Stimmung gegenüber der
SRG ist, dann ist der Kanton Schwyz im Her-
zen der Schweiz wohl das härteste Pflaster für
den Sender mit dem Slogan «Die Schweiz im
Herzen».
Der Jasser
Unsere kleine Erkundung beginnt in Muota-
thal, bei Pirmin Rickenbacher, einem leut-
seligen Mann mit Spitzbart der besonderen
Art. Rickenbacher, 50, führt seit 1991 einen
Maler- Gipser- und Plattenlegerbetrieb mit
rund 30 Angestellten. Der Firmensitz ist
giftgrün bemalt, in seinem Büro hängt ein
Poster von Laurel & Hardy.
«Wotsch ä Läbchueche? Oder äs Chrömli? Man
darf schon Du sagen, oder, ich bin der Piri.
Also, zum Schweizer Fernsehen: Es ist ja nicht
alles schlecht daran. Aber warum muss ich
zweimal Gebühren zahlen? Der Donnschtig-
Jass mit dem Kilchsperger zum Beispiel, der
ist tipptopp. Ich war im letzten Juli selber in
Wohlen unten, als wir gegen Morschach
jassten. Zuerst wollte ich ja gar nicht ans Fern-
sehen, aber dann hat mich der Oski, mein
Plättlileger, überredet. So gab ich allen Arbei-
tern frei, bezahlt natürlich, mietete einen Car,
und am Schluss waren 150 Muotathaler Fans
in Wohlen. Beim Jassen lief es mir super, das
Echo war gewaltig, ich bekomme heute noch
Fanpost. Eine Woche später waren 3000
Leute für den Donnschtig-Jass bei uns im Tal.
Trotzdem, warum muss ich zweimal zah-
len? Es hängt zwar auch bei uns in der Bude
ein Apparat, wo wir die Skirennen verfolgen,
aber ich kann ja nicht gleichzeitig zweimal
schauen, privat und in der Firma. Von mir aus
würde ich auch 2 Franken pro Tag zahlen statt
1 Franken – aber eben nur einmal. Natürlich
wäre es schade, wenn es den Donnschtig-Jass
nicht mehr gäbe, doch der Kilchsperger ist so-
ne guete Schnuri, der findet bald wieder einen
Job. Sonst kann er zu mir kommen, halt nicht
mehr zum gleichen Lohn. Wenn ich an meine
Gipser denke, die den ganzen Tag in einem
Bau arbeiten, wo es feucht ist und zieht, dann
zahlen sie ja schon gewaltig bei der SRG, vor
allem in der obersten Etage. Ein Denkzettel
tut denen gut, deshalb bin ich für ein Ja, auch
wenn ich hier nicht sagen will, wie ich abstim-
men würde, wenn es nur auf meine Stimme
ankommen würde.
Schweizer Fernsehen schaue ich selten. Ich
bin mehr auf Netflix und sehe mir Filme an,
zum Beispiel Römerfilme, die liebe ich. Wenn
nötig würde ich auch 14 Franken für einen
Film bezahlen, aber ich will selber entschei-
den und nicht zahlen, weil ich muss. Mir geht
es nicht ums Geld, sondern ums Prinzip.
Es tönt vielleicht kitschig, aber ein bisschen
Heimat im Fernsehen finde ich super, für die
älteren Leute sowieso. Die Älteren haben
Angst vor Zahlfernsehen und wollen auch
nicht so einen Scheiss mit Möchtegernpromi-
nenten und endloser Werbung. Oder das
Schwingen! Das ist nicht mehr wie glaub’s im
Jahr 1995, als sie die Übertragung des Eid-
genössischen abbrachen, weil sie ein Auto-
rennen bringen wollten. Doch in den letzten
Jahren – wahnsinnig! Geniale Kamera! Zwei-
mal habe ich beim Eidgenössischen Schwing-
fest eine Leinwand in der Bude aufgestellt für
Hintergrund «No Billag»
EinVolkundse
60, 70 Leute. Es gab Würste zum Selbst-
kostenpreis, ich habe extra 80 Franken Ge-
bühr als Gelegenheitswirt bezahlt, damit kei-
ner ä Tummi hed.
Nein, es ist wirklich nicht alles schlecht am
Schweizer Fernsehen. Aber ich sag’s zum drit-
ten Mal: Ich will nicht zweimal zahlen!»
Der Mann zwischen
den Stühlen
Ueli Brügger ist gebürtiger Berner, und als
er vor über 30 Jahren nach Einsiedeln zog,
regierte noch die CVP mit absoluter Mehr-
heit im Kanton. Heute dominiert seine SVP,
deren Kantonalsekretär er war. Brügger, 64,
ist frühpensionierter IT-Sicherheitsberater
und langjähriges Vorstandsmitglied der
SRG-Sektion Schwyz, er sitzt auch in der
Programmkommission der SRG Zentral-
schweiz. Früher sei er als SVPler eine Alibi-
figur in diesem Gremium gewesen, heute
fühlt sich der SRF-Vielseher und -hörer
ernst genommen und verteidigt die Institu-
tion gegenüber den Parteikollegen.
«Ja, ich war 2015 auch gegen das Radio- und
Fernsehgesetz. Aber dieses Gesetz ist nun ein-
mal angenommen worden, und es ist schliess-
lich meine Partei, die immer sagt, dass man
Volksentscheide respektieren muss. Diesmal
werde ich für die SRG kämpfen, und wenn ich
der einzige in der SVP bin. Denn was ich nicht
will – und jetzt rede ich als Eidgenosse –: dass
die ausländischen Sender die Lücken füllen,
wenn die SRG tot ist, und das wäre sie nach
einem Ja. Wenn die Ausländer uns drein-
reden, dann verlieren wir unsere Eigenstän-
digkeit. Die Deutschschweiz als übermächti-
ger Teil des Landes muss Sorge tragen zu den
Sprachminderheiten, auch dafür sorgt die
SRG. Ich schätze die politische Arbeit von
Christoph Blocher sehr, aber ich will keine ita-
lienischen Verhältnisse. Ich will nicht, dass er
ein Berlusconi wird, der plötzlich alle Medien-
häuser bestimmt. Deshalb braucht es eine un-
abhängige SRG als Gegengewicht.
Natürlich kenne ich die Kritik, das Fernse-
hen sei links. Ich finde selber auch, dass das
Schweizer Radio ausgewogener ist. Doch was
da sonst noch alles an Reklamationen aus dem
Publikum kommt, man glaubt es kaum. In
unseren Gremien haben wir doch sehr viel
ernsthaftere Diskussionen, als dass einer beim
Moderieren gestolpert ist oder beim ‹Bestat-
ter› einer quer im Sarg lag. In den neunziger
Jahren, angefangen mit der Berichterstattung
über den EWR, gab es eine Entfremdung zwi-
schen dem Schweizervolk und dem Schweizer
Fernsehen. Aber in den letzten paar Jahren
haben sie gemerkt, dass sie auf Swissness set-
zen und mehr zu den Schweizer Werten ste-
hen müssen. Mit den Schwingfesten machen
sie es verdammt gut. Nahe bei den Leuten ist
man auch mit der ‹Musikwelle›. Wenn sie in
den Altersheimen realisieren, dass ihre Musik-
welle ohne Billag plötzlich abgestellt würde,
dann werden die sicher alle abstimmen gehen.
Als Präsident eines Altersheims habe ich
schon mal eine Palastrevolution erlebt, als ein
Sender mit Heimatfilmen aus dem Angebot
gestrichen wurde. Da musste man rasch wie-
der einlenken.
Doch die grösste Emotion liegt im Geld, ob-
wohl keine Billag bezahlen muss, wer Ergän-
zungsleistungen bezieht. Alle andern sollten
einfach mal gut rechnen. Wollen sie künftig
zahlen für das Lauberhornrennen oder das
Eidgenössische oder wenn der Federer bälle-
let? Zahlen für jedes Champions-League-
Spiel? Kommt für alles eine separate Rech-
nung, was wir bis jetzt von der SRG erhalten,
dann wären das gegen tausend Franken, wie
wir ausgerechnet haben.»
Die höchste Schwyzerin
Männer mit markigen Sätzen sind hier rasch
zu finden. Schwieriger ist es mit den Frauen,
sie exponieren sich ungern. Auch Karin
Schwiter, 40, würde sich kaum zur Initiative
äussern, wäre sie nicht von einem Komitee
darum gebeten worden. Als Präsidentin des
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Kantonsrates ist die Sozialdemokratin der-
zeit die höchste Schwyzerin und möchte
sich deshalb mit politischen Äusserungen
zurückhalten. Sie wohnt in einer Neubau-
siedlung in Lachen, im Wohnzimmer steht
ein grosser Fernseher, doch vor diesem,
sagt sie, sitze vor allem ihr Partner, ein gros-
ser Fussballfreund. Die promovierte Gen-
der-Forscherin und Wirtschaftsgeografin
arbeitet an der Universität Zürich. Sie infor-
miert sich hauptsächlich über Zeitungen.
SRF brauche sie als gezielte Ergänzung.
«Ich bin sehr optimistisch, dass die Initiative
insgesamt abgelehnt wird, auch wenn sie in
meinem Kanton vielleicht durchkommt. Aber
nicht etwa deshalb, weil die Leute hier keine
Informationen mehr haben oder die SRG ab-
schaffen möchten, sondern schlicht deshalb,
weil sie eine grosse Rechnung vom Tisch
haben wollen. Das Perfide bei dieser Initiative
liegt ja in der Frage. Wenn es heisst: Wollen
Sie diese Dienstleistung?, dann hat die
Schweizer Bevölkerung bei Service-public-
Vorlagen schon mehrfach gesagt: Sicher wol-
len wir das! Doch fragt man: Wollen Sie diese
Rechnung bezahlen?, sagen sich manche:
Natürlich nicht! Und glauben, es werde sich
schon irgendeine Kasse finden lassen für
etwas, was man fast für zu selbstverständlich
hält, nämlich unabhängige Information. Dass
dem nicht so ist bei dieser radikalen Initiative,
das müssen wir den Leuten deutlich machen.
Man spricht dauernd vom Kanton Schwyz
als Steuerparadies, doch das ist es nur für die
Reichen. Für Leute mit tiefem und mittlerem
Einkommen hingegen wird dieser Kanton
immer teurer. Die Mieten steigen, die Prämien
für die Krankenkassen steigen, und da ist
eben auch die Billag-Rechnung viel Geld. War-
um einer wie Martin Ebner für diesen Service
public gleich viel bezahlen muss wie eine
alleinerziehende Mutter, die nicht weiss, wie
sie ihre Rechnungen am Ende des Monats be-
zahlen soll, das habe ich ohnehin nie verstan-
den, und das sollte man, wenn die SRG geret-
tet ist, auch dringend ändern. Vor allem aber
will ich nicht, dass zukünftig die Milliardäre
aus Herrliberg bestimmen, welche Nachrich-
ten wir in der Schweiz zu hören bekommen.
Dann wäre es vorbei mit unabhängiger Infor-
mation, nicht sofort, aber schleichend – ein
Horrorszenario für die Schweiz!
Gerade der Ausserschwyzer Kantonsteil ist
in den letzten Jahren zu einer Agglomeration
geworden, weshalb wir dachten, er nähere
sich auch langsam politisch den Verhältnissen
in der Stadt Zürich an. Doch dem ist nicht so.
Viele, die hierher ziehen, wollen vor allem
Steuern sparen. Deshalb ist der Kanton noch
konservativer geworden. Im hundertköpfigen
Kantonsrat sitzen 15 SP-Leute und insgesamt
11 Frauen. Es kommt vor, dass meine Fraktion
im Kantonsrat einen ganzen Tag lang nur ver-
liert, eine Abstimmung nach der andern, und Ueli Brügger, Mitglied der SVP und der SRG-Trägerschaft, in einem TV-Geschäft
ich mich dann völlig frustriert frage: Jesses
Gott, was sind denn das für Leute?
Dann nehmen mich meine Kollegen aus
© PASCAL MORA
den anderen Fraktionen im Auto Richtung
Ausserschwyz mit. Man diskutiert über alles
Mögliche, und ich merke dann, dass mein Ver-
ständnis für die Meinung der anderen wächst
– auch wenn ich sie deshalb nicht teile. Es sind
schon sehr verschiedene Welten, ob ich als
Kantonsratspräsidentin am Morgartenschies-
sen bin oder als Gender-Forscherin an der Uni-
versität. Trotzdem bin ich überzeugt, dass wir
sogar im Kanton Schwyz viele Leute davon
überzeugen können, wie schädlich die No-Bil-
lag-Initiative ist.»
Der Ständerat und
Möbelbauer
«Im Herzen der Schweiz», so heisst nicht nur
der Slogan der SRG, sondern diese Worte
stehen auch in einem Prospekt über die
Möbelfabrik von Peter Föhn. Der Schwyzer
SVP-Ständerat, ein Muotathaler, sitzt zwi-
schen seinen Ausstellungsmöbeln und
erzählt, wie er einmal Journalisten von der
«Tagesschau» «aus dem Tempel geworfen»
habe, weil ihm nicht passte, was sie fragten.
Föhn, 65, schaut und hört zwar regelmässig Unternehmer und SVP-Ständerat Peter Föhn in Muotathal. (22.12. 2017)

edition in den SRG-feindlichsten Kanton der Schweiz. Von Martin Beglinger
einFernsehen
ft in Einsiedeln. (4.1. 2018)
Kantonsratspräsidentin Karin Schwiter (SP) in Lachen, SZ. (12. 1. 2018)
23
SRF, doch viel näher liegen ihm die heimi-
FOTOS: PASCAL MORA
schen privaten Sender und Blätter.
«Die Initiative wird wohl abgelehnt werden,
ich hoffe nur nicht grad mit 70 Prozent. Auch
Wenn ich an im Muotathal wird es viele Nein-Stimmen ge-
meine Gipser ben, weil wir als Randregion auch bedient
denke, dann werden wollen. Mir wäre ein knappes Ja am
zahlen sie ja liebsten. Dann müsste die SRG vom hohen
Ross heruntersteigen und einisch i d Händ
schon gewaltig speuze. Jeder KMUler würde auf Deutsch ge-
bei der SRG, vor sagt verrecken, wenn er so arbeiten würde wie
allem in der die SRG, und zwar blitzartig. In meiner Firma
obersten Etage. müssen heute zwei Leute die Arbeit von drei
Ein Denkzettel machen, sonst gäbe es uns nicht mehr.
tut denen gut. Maximal zwei Radio- und Fernsehpro-
gramme pro Sprachregion, das sollte eigent-
Piri Rickenbacher, lich reichen. Klar, wäre dann vieles nicht mehr
Gewerbler. möglich und nicht mehr so perfekt wie heute,
aber das ist wie beim Autokaufen: Wer viel
Schnickschnack will, der muss ihn halt selber
Was ich nicht bezahlen. Der Schwyzer ist sparsam, fast spar-
will – und jetzt tanisch und sehr, sehr konservativ im Umgang
rede ich als mit Steuergeldern. Das hat nichts mit Egois-
mus zu tun, das ist Eigenverantwortung! Die
Eidgenosse – : Bündner zum Beispiel sind viel SRG-freund-
dass die auslän- licher, weil sie obrigkeitsgläubiger sind. Der
dischen Sender Schwyzer hingegen hat einen gewissen Stolz
die Lücken und rennt nicht dem letzten Franken hinter-
füllen, wenn her, den er beim Bund abholen könnte. Wir
die SRG tot ist. wollen nicht von den andern abhängig sein.
Klar, könnten wir ohne Finanzausgleich im
Ueli Brügger, Muotathal die Lichter löschen, aber hier sind
Mitglied der wir genauso sparsam mit den Steuergeldern
SRG-Trägerschaft wie die Multimillionäre in Ausserschwyz. So
ist er, der Schwyzer, der Urschweizer! Und hö-
rid einisch uf mit diesem Gerede von der SRG
Jeder KMUler als Klammer für die Schweiz. Sie ist wichtig,
würde auf weil sie ein Sprachrohr ist, aber so verreckt
Deutsch gesagt wichtig sollte sie sich auch nicht nehmen.»
verrecken,
wenn er so Der Analytiker
arbeiten würde
wie die SRG. Iwan Rickenbacher, 74, wohnt und arbeitet
in Brunnen mit schönstem Blick auf den
Peter Föhn, Möbel- Vierwaldstättersee. Der Kommunikations-
bauer und SVP- berater, ehemalige CVP-Generalsekretär
Ständerat und Tamedia-Verwaltungsrat, nicht zuletzt
aus unzähligen Auftritten am Schweizer
Fernsehen landesweit bekannt, wollte sich
Ich will nicht, zunächst nicht öffentlich zu «No Billag»
dass zukünftig engagieren, nun tut er es doch: dagegen.
die Milliardäre
«Im Augenblick gäbe es wohl ein Ja im Kanton
aus Herrliberg Schwyz. Aber das Herbeirufen der grossen Ka-
bestimmen, tastrophe überzeugt hier kaum. EWR, Bilate-
welche Nach- rale, Finanzplatz und jetzt die SRG: Ich habe
richten wir in etwas Mühe, wenn Abstimmungen immer
der Schweiz zu öfter zum Testfall für die Demokratie und die
hören bekom- Existenz der Schweiz gemacht werden. Es gibt
men. genügend andere gute Gründe für ein Nein.
Würden die Schwyzer in einem Bündner
Karin Schwiter, Seitental mit einer rätoromanischen Minder-
Maler und Gipser Piri Rickenbacher im Aufenthaltsraum seines Geschäfts in Muotathal. (22.12. 2017) SP-Politikerin heit leben, dann wäre auch ihre Befürchtung
grösser, ohne SRG von wichtigen Informatio-
nen und Dienstleistungen abgehängt zu wer-
Ich habe etwas den. Hier glaubt man sich das leisten zu kön-
Mühe, wenn nen, weil selbst das Muotatal viel näher an der
Abstimmungen Metropole Zürich liegt als Graubünden. Und
vor allem, weil der Kanton Schwyz immer
immer öfter noch eine ziemlich reiche eigene Medienland-
zum Testfall schaft mit Zeitungen sowie privaten Radio-
für die Demo- und TV-Stationen hat. So herrscht der Ein-
kratie und die druck vor, auch mit einer zurückgebundenen
Existenz der SRG entstünde hier keine mediale Wüste.
Schweiz Den Leuten hier ist ziemlich egal, was der
gemacht Rest der Schweiz über sie denkt. Für Egoisten
werden. halte ich sie jedoch nicht, so wenig wie für rei-
ne Neinsager. Vielmehr sind sie extrem prag-
Iwan Rickenbacher, matisch, etwa wenn sie dem Gemeindepräsi-
Kommunikations- denten von Ingenbohl folgen, der mit klaren
berater Argumenten aufzeigen kann, warum es eine
neue Unterkunft für Migranten braucht – ob-
wohl die SVP dagegen war. Man kann folglich
auch nicht von einem generellen Anti-Eliten-
Reflex reden. Die Erfahrung der Leute ist: Die
Institutionen funktionieren. Deshalb verfängt
hier überhaupt nicht, dass es bei ‹No Billag›
um die Zukunft der Demokratie gehen soll.»
Wagen wir eine Prognose am Ende dieser klei-
nen Erkundung: Der Kanton Schwyz wird mit
51,4 Prozent Ja zu «No Billag» sagen, ein viel zu
schwaches Signal für ein Ja im ganzen Land.
Kommunikationsberater Iwan Rickenbacher in Brunnen. (4.1. 2018) Die SRG wird den 4.März 2018 überleben.
 24
«Es ist unglaublich intensiv»: Gilles Marchand kämpft für eine Ablehnung der Volksinitiative, welche die Existenz der SRG gefährdet. (Bern, 19. Januar 2018)
«DieSRGmussfitterund
agilerwerden»
SRG-Chef Gilles Marchand verspricht, dass sich der Rundfunk ändern werde – sofern am 4. März ein Nein
herauskommt. Dass die Debatte um «No Billag» früh begann, sei ein Vorteil. Interview: Francesco Benini
NZZ am Sonntag: Sie sind Chef der SRG seit
Oktober 2017. Haben Sie sich Ihren Amts-
antritt so vorgestellt, wie er sich nun gestaltet?
Gilles Marchand: Es ist unglaublich inten-
siv, aber das überrascht mich nicht. Ich bin
mit zwei Absichten von Genf nach Bern um-
gezogen: den Abstimmungskampf um die
No-Billag-Initiative gewinnen und die Zu-
kunft der SRG vorbereiten.
Warum stösst die No-Billag-Initiative auf
grosse Resonanz?
Die Diskussionen werden so intensiv ge-
führt, weil wir der ganzen Schweizer Bevöl-
kerung gehören. Jeder hat Ansichten über
unser Programm, über bestimmte Sendun-
gen. Und wie jedes Unternehmen hat die SRG
in der Vergangenheit auch Fehler gemacht.
Der intensive Abstimmungskampf zeigt, dass
wir den Menschen etwas bedeuten. Wenn es
jetzt ruhig wäre, würde mich das mehr belas-
ten als die heftig geführte Debatte, die wir er-
leben.
Mittlerweile liegen verschiedene Vorschläge
vor, wie die SRG auch nach einem Ja zu «No
Billag» weiterbetrieben werden könnte.
Keiner dieser Pläne ist auch nur ansatz-
weise realistisch. Ohne eine öffentliche
Finanzierung können wir unseren Leistungs-
auftrag in vier Sprachen nicht erfüllen. Mit
einem Ja am kommenden 4. März verliert die
SRG ihre Daseinsberechtigung. Es wäre dann
meine Aufgabe, sie zu liquidieren, und dies
zu angemessenen Bedingungen für unsere
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Sie sagen, die SRG könne nicht so bleiben, wie
sie ist. Aber konkrete Angaben über Verände-
rungen machen Sie nicht. Das lässt viele ver-
muten: Wenn es im März ein klares Nein gibt,
machen Sie weiter wie bisher.
Nein, glauben Sie mir: Die SRG wird sich
verändern. Eine solche Reform kann man
aber nicht einfach top-down entscheiden.
Dafür braucht es viele Gespräche mit den
Mitarbeitern, mit dem Verwaltungsrat. Die
SRG muss fitter werden, agiler; unser Ange-
bot in der Information und in der Kultur
Hintergrund «No Billag»
muss noch profilierter werden. Wir müssen
uns auch stärker auf die Digitalisierung aus-
richten. Diese Veränderungen brauchen ein
wenig Zeit. Die SRG wird aber sicher nicht
bleiben, wie sie heute ist.
In der Westschweizer Zeitung «Le Temps»
haben Sie folgendes Modell erwähnt: Künftig
könnte es pro Sprachregion noch einen analo-
gen Fernsehsender geben – und den Rest des
Programms stellen sich die Zuschauer im
Internet individuell zusammen.
Das ist eine langfristige strategische
Vision, wie die SRG in fünf oder zehn Jahren
aussehen könnte.
Die SRG muss sich verschlanken. Wie viel Geld
wollen Sie einsparen?
Wir sind daran, ein Sparprogramm im Um-
fang von 50 Millionen Franken umzusetzen.
Das ist nicht viel. Es sind lediglich 3 Prozent
Ihres Budgets.
Der Bundesrat hat die Gebühreneinnah-
men der SRG auf 1,2 Milliarden Franken pro
Jahr plafoniert. Und die Werbeeinnahmen
sinken in den kommenden Jahren tenden-
ziell. Wir werden also mit weniger Geld aus-
kommen müssen. Mit dem Leistungsauftrag
ist die SRG aber verpflichtet, allen Regionen
des Landes ein gleichwertiges Programm zu
bieten. Sollte man unsere Mittel noch stärker
kürzen, müsste man auch den Leistungsauf-
trag neu diskutieren.
Wenn es jetzt ruhig
wäre um die SRG, würde
mich das mehr
belasten als die
heftig geführte Debatte,
die wir erleben.
Bundesrätin Doris Leuthard sprach diese
Woche davon, dass die SRG-Haushaltsabgabe
innerhalb von fünf Jahren von 365 auf 300
Franken sinken könnte. Was sagen Sie dazu?
Die Höhe der Gebühr wird vom Bundesrat
festgelegt, und die SRG muss mit dem Geld
auskommen, das ihr zugesprochen wird.
Sie könnten einige Sender schliessen.
Alles ist möglich. Aber die Zahl der Sender,
also die Distribution, ist heute nicht mehr
das wichtigste Kriterium. In der digitalisier-
ten Medienwelt kann bald jeder im Internet
einen Sender lancieren. Worauf es aber an-
kommt, sind die Inhalte. Die Produktionen
sind teurer als die Distribution, besonders im
digitalen Bereich. Entscheidend sind deshalb
nicht die Sender, sondern die Produktionen.
Ich fände es zum Beispiel gut, wenn mehr
Schweizer Filme produziert würden. Die SRG
muss dafür geeignete Partner suchen.
Ihr Vorgänger Roger de Weck hat mit der
Swisscom und dem Medienunternehmen Rin-
gier 2015 eine Werbevermarktungsallianz aus
der Taufe gehoben. Das kam nicht nur in der
Medienbranche schlecht an. Sind Sie nun be-
reit, die SRG aus der Allianz mit dem Namen
Admeira zu führen?
Admeira wurde mit dem Ziel gegründet,
die Vermarktung der Inhalte effizienter zu
organisieren und durch neue Angebote die
Abwanderung der Werbung auf ausländische
digitale Plattformen zu bremsen. Die SRG ist
offen, neue Lösungen sowohl für Admeira
als auch für die Branche zu prüfen – vor
allem, was unsere Aktienbeteiligung an
Admeira anbelangt. Parallel dazu diskutieren
wir weiterhin mit unseren Kollegen von den
Printmedien. Ich bin an einer konstruktiven
Koexistenz mit den Schweizer Verlegern
interessiert.
Sie haben gesagt, die SRG müsse der Gesell-
schaft künftig besser erklären, was sie tue. Wie
soll das geschehen?
Für diesen Dialog gibt es viele Möglichkei-
ten, beispielsweise Video-Produktionen, die
aufzeigen, was wir in allen Regionen des
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
MARCO ZANONI
Landes tun. Diese Produktionen könnte man
Gilles mit der Öffentlichkeit diskutieren. So käme
Marchand eine vertiefte Debatte über die SRG in Gang.
Der 55-jährige War es ein Vorteil für die SRG, dass die öffent-
Gilles Marchand liche Debatte über die No-Billag-Initiative so
ist seit Oktober früh einsetzte wie in kaum einem anderen
2017 General- Schweizer Abstimmungskampf ?
direktor der SRG. Das ist möglich, ja. Mir scheint, dass die
Der Soziologe erste Phase im Herbst vergangenen Jahres
hatte zuvor das ziemlich emotional war. Nun stellen immer
Westschweizer mehr Menschen nüchtern fest, was die Ge-
Radio und Fern- sellschaft ohne eine öffentliche Finanzie-
sehen geführt. rung der SRG verlieren würde. Wobei klar ist,
Für das Medien- dass wir bis zum 4. März noch viele Fragen
unternehmen beantworten und und vor allem weiterhin
Ringier führte er eine professionelle Arbeit machen müssen.
vor dem Wechsel Die Meinungen sind noch nicht gemacht.
zur SRG den
Unternehmens- Überrascht es Sie, dass die Deutschschweizer
teil in der staatlichen Institutionen gegenüber eher skep-
Romandie. Gilles tisch eingestellt sind?
Marchand wuchs Es gibt hier einen klaren kulturellen
in Paris und in Unterschied. Die Beziehung zu öffentlichen
Nyon auf. Institutionen ist in der französischsprachi-
gen Welt anders als im deutschsprachigen
Raum. Im lateinischen Sprachraum herrscht
ein grösserer Konsens darüber, dass es einige
Institutionen für das Zusammenleben
braucht. Man schimpft zwar ständig über sie,
aber man stellt sie nicht grundsätzlich infra-
ge. In der Deutschschweiz erlebe ich es
anders. Diese Unterschiede sind letztlich be-
reichernd für die Schweiz.
Vermissen Sie die Westschweiz?
Jein. Das ist jetzt eine schöne Antwort,
oder?
Es geht.
In der Romandie kennen mich die Leute,
ich muss weniger erklären. Hier muss ich
neu anfangen. Das ist eine neue Situation.
Sie ist anstrengend, aber auch aufregend.
Wenn es am 4. März ein Nein gibt – fahren Sie
dann in die grossen Ferien?
Ganz sicher nicht. Dann geht es für mich
erst richtig los.
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
ImHöhenrausch
Kein Volk der Welt glaubt, dass sein Staatsoberhaupt von einem Berg abstammt. Ausser die Nordkoreaner.
Die Macht von Kim Jong Un beruht auf einem kuriosen Führermythos. Von Carole Koch
K
im Jong Un hat neulich einen
Berg bestiegen. Das ist nicht
nur insofern eine besondere
Nachricht, als der Diktator
den Aufstieg mit geschätzten
130 Kilo und feinen Leder-
schuhen geschafft haben soll.
Der Paektu ist genauswenig irgendein Berg,
wie der Besuch irgendein Wanderausflug ist:
Kim hat dort oben schon öfters den Gipfel des
Personenkults zelebriert: 2015 zum Beispiel,
als er verkündete, dass die geistige Energie
des Paektus stärker sei als jede Art von Atom-
waffen. Oder 2013, bevor er seinen Onkel hin-
richten und angeblich als Hundefutter in die
Geschichte eingehen liess.
Es heisst, dass der Führer immer dann zum
höchsten Berg des Landes aufbreche, wenn
wichtige Entscheide anstünden. Diesmal
stapfte er nach Angaben der Staatsmedien bei
minus 20 Grad durch den Schnee, um mit
dem «grossen November-Event» die Rakete zu
feiern, die amerikanisches Festland treffen
kann. Bei der Ankunft des «obersten Führers»
habe sich der Sturm schlagartig in Sonnen-
schein verwandelt. Selten sei die Sicht klarer
gewesen als an diesem 9. Dezember 2017. Bot-
schaft: Kim kontrolliert nichts Geringeres als
die Natur selbst und überhaupt das ganze Uni-
versum.
Auf solche Schilderungen folgt normaler-
weise ein Rationalitäts-«Also bitte». In Nord-
korea ist das anders. Und das hat ziemlich viel
mit dem Brocken unter Kims glatten Sohlen
zu tun. Überhaupt wäre Nordkorea nicht
Nordkorea ohne seine Bergwelt.
Der Paektu, 2750 Meter hoch, liegt im
Nordwesten des Landes, an der chinesischen
Grenze. Die Koreaner nennen ihn Paektusan,
weissköpfigen Berg. In Pjongjangs U-Bahn ist
er ebenso auf Plakaten zu sehen wie auf den
Strassen oder im Staatsfernsehen, wenn
Nachrichtensprecherin Ri Chun Hee die US-
Amerikaner zuverlässig als Bastarde bezeich-
net, in rosa Seide, vor weiss gezuckerten Za-
cken. Der Berg strahlt vom Nationalemblem,
er wird in Gedichten beschrieben und von
Kims Lieblings-Pop-Gruppe Moranbong be-
sungen. Er ist Namensgeber für Raketen und
nicht selten Synonym für die Armee selbst:
Der Paektu ist viel mehr als ein Berg – ein Vul-
kan, ein Mysterium und ein Mythos.
Historischer Vulkanausbruch
Vor rund 1100 Jahren machte er seine Um-
gebung dem Erdboden gleich. Er löschte Wäl-
der aus und schuf Landschaften aus Asche,
die bis nach Japan reichten. Es war einer der
grössten Ausbrüche in der Geschichte der
Menschheit, der einen Kratersee ins Gebirge
riss, zehn Quadratkilometer gross, 384 Meter
tief. Forscher rätseln jetzt darüber, ob der Vul-
kan wieder ausbrechen wird. Vor allem:
Wann? Das ist die grosse Frage.
Der Paektu ist unberechenbar, gefährlich
und damit die perfekte, felsgewordene Propa-
gandabühne, um immer wieder das Stück auf-
zuführen, das in Nordkorea als unangefoch-
tene Wahrheit gilt: Es beginnt mit dem Gross-
vater des gegenwärtigen Staatschefs, Kim Il
Sung, der die japanischen Besetzer am Fusse
des Paektu im Guerilla-Krieg bekämpft hat.
Die Saga an diesem Berg anzusiedeln, ist aber
noch aus anderen Gründen eine vielverspre-
chende Idee: Hier ist der Ort, an dem alles be-
gann. Hier wurde Dangun geboren, der Grün-
der des ersten koreanischen Königreiches.
Hier wurde folglich auch Kim Jong Il geboren,
der Sohn des revolutionären Staatsgründers.
So hören es zumindest die nordkoreanischen
Kinder von klein auf, sie lesen es in den
Büchern, allen Beweisen westlicher Historiker
zum Trotz, dass Kim Jong Il in einem sibiri-
schen Militärlager zur Welt gekommen ist,
Hunderte von Kilometern weiter nördlich.
Mit der Verortung am Paektu wurde die
Kim-Saga auch spirituell aufgeladen. Nicht
nur Koreaner, sondern auch Chinesen ver-
ehren ihn seit Jahrtausenden als heiligen
Berg. Bisweilen galt der Paektu selbst als Gott
und Herrscher. Für die Jurchen der Man-
dschurei war er ein «König, der Wohlstand be-
schert und in Wundern antwortet». Ausser-
gewöhnlich ist das nicht, in vielen Kulturen
haben Berge eine besondere Bedeutung: Auf
dem Olymp wohnten die Götter der alten
Griechen. Am Sinai empfing Moses die Ge-
Hintergrund Nordkorea
Oben: Wander­ bote. Der Kailash im Himalaja darf nicht be-
ausflug? Mitnichten. stiegen werden, als so göttlich gilt er. Und man
Kim Jong Un macht muss nicht einmal gläubig sein, um in den
auf dem Paektu Bergen ein Bewusstsein von etwas zu empfin-
immer wieder den, das grösser ist als die Menschheit selbst.
Propaganda. Der Geburtsmythos Nordkoreas erinnert
(9. Dezember 2017). auch an den Erlöserkanon. Es ist, als würden
antiimperialistische, konfuzianische oder
Unten: In dieser christliche Bücher verschwimmen, als hätte
Berghütte soll sein man hier und da etwas herausgepickt und frei
Vater (Mitte) ge­ assoziiert: Ein Stern verkündete die Ankunft
boren worden sein. von Kim Jong Il (siehe Stern von Bethlehem),
in einer Holzhütte ist er auf die Welt gekom-
men (siehe Stall von Maria und Josef). Je nach
Überlieferung zwitscherten Schwalben die
frohe Botschaft vom Himmel hinab, oder es
war da auch noch ein doppelter Regenbogen
zu sehen. In einer Sendung des Propaganda-
senders «Stimme der nationalen Rettung» von
25
Der Paektu ist längst
REUTERS
nicht der einzige Berg,
der für die Kim-Dynastie
eine bedeutende Rolle
spielt: 80 Prozent des
Landes sind bergig.
1983 klingt das dann so: «Ein heller Stern
namens Leitstern stieg über dem Paektu auf
und schien über Korea. Heute scheint er auf
der ganzen Welt, und dieser Leitstern ist Kim
Jong Il, der im Besitz des Geistes und der
Energie des Paektu ist.»
Als Urheber dieser Geschichten gilt Kim
Jong Il selbst, der Vater des heutigen Staats-
chefs. Laut Michael Madden, Experte am US-
Korea Institut der Johns Hopkins Universität,
leitete dieser in den sechziger und siebziger
Jahren als Sohn des damaligen Machthabers
die Propagandaabteilung. In dieser Zeit wurde
der Gründungsmythos entwickelt und eine
Quasi-Religion geschaffen, die zur staatlichen
Juche-Ideologie passt. Daraus leitet sich auch
eine Erbfolge ab, die im Begriff der «Paektu
Blutlinie» ihre Entsprechung findet. Michael
Madden sagt es so: «Der Grossvater wird als
Gott verehrt, der Vater als eine Art Jesus-
Figur, und den Sohn könnte man mit dem
Papst vergleichen.» Das Bergblut soll vor
einem knappen Jahr auch dem Halbbruder
des Diktators zum Verhängnis geworden sein,
Kim Jong Nam, der in Malaysia vergiftet
wurde und damit keinen Machtanspruch
mehr anmelden kann.
Militärische Parallelwelt
Der Paektu ist längst nicht der einzige Berg,
der für die Macht der Kim-Dynastie eine be-
deutende Rolle spielt: 80 Prozent der Landes-
fläche sind bergig. Nach Analysen des US-
Korea-Instituts ist diese Topografie strate-
gisch äusserst vorteilhaft, mindestens die
Hälfte aller Militäranlagen soll in den Felsen
versteckt sein. Munitions- und Raketenfabri-
ken zum Beispiel, die auf Propagandabildern
an tunnelartig gewölbten Wänden zu erken-
nen sind, natürlich auch Schutzräume und
Vorratslager.
Es erscheint wie eine James-Bond-Parallel-
welt von Bunker-, Tunnel- und Bahnsyste-
men, in denen Truppen oder Raketenteile be-
wegt werden, ohne von Satellitenkameras be-
merkt zu werden. Dasselbe gilt für Kim Jong
Un selbst, der für sich allein eine Strasse hat,
die immer wieder im Erdreich verschwindet.
Das Nautilus-Institut in Berkeley zählt in
einem Report zudem in Fels gehauene U-Boot-
Häfen auf oder Radaranlagen, die wie Peri-
skope aus der Erde gefahren werden können.
Besondere Aufmerksamkeit gilt dem Pung-
gye-ri-Gelände am Berg Mantap, in dem die
nuklearen Tests durchgeführt werden. Sie
lösen Erschütterungen aus, die auf der ganzen
Welt messbar sind. Auch in Nordkorea geben
sie zunehmend Anlass zur Sorge: Nach dem
Atomtest im September bebte die Erde mit
einer Stärke von 6,3. Ein Tunnel stürzte ein, es
folgten weitere Nachbeben. Forscher stellen
ein «Müder Berg Syndrom» fest, das Gestein
wurde durch die Explosionen stark zersplit-
tert. Die grösste Befürchtung ist, dass der
Mantap kollabieren und radioaktives Material
freisetzen könnte.
Genauer verfolgt wird auch, wie die Druck-
wellen sich auf den Paektu auswirken, dem
Land der wilden Mythen heiligen Berg, dem Supervulkan. Er ist nur 114
Kilometer vom Testgelände entfernt und 1903
Die wichtigsten Berge Nordkoreas zum letzten Mal ausgebrochen. Vor sieben
Jahren holten sich die Nordkoreaner zum ers-
ten Mal Hilfe bei ausländische Vulkanologen,
CHINA weil sie die Risiken einer erneuten Eruption
Paektu nicht mehr allein abschätzen konnten. Und
nach den letzten Erschütterungen wurde so-
Mantap gar der Nationalpark auf der chinesischen
Seite des Vulkans vorübergehend für Touris-
Raketentest-
gelände ten gesperrt – aufgrund des zu hohen Sicher-
NORDKOREA heitsrisikos.
Könnte der Paektu infolge von nuklearen
Tests ausbrechen? Über diese Frage streiten
Pjongjang
sich Geowissenschafter aus der ganzen Welt,
die einen sagen Ja, die anderen Nein. In jedem
Fall wäre es ein Supergau – die grosse Ironie
100 km SÜD-
Seoul KOREA von einem Mythos, der sich am Ende selbst in
die Luft sprengt.
 Ein Reise-Unikat
mit Asienexperte
Manfred Rist

NZZ-REISEN EXKLUSIV
BURMA Burmesischer Alltag entlang des Wassers
• Das «Heritage Line»-Flusskreuzfahrtschiff – Ihr edles Zuhause

Kreuzfahrt auf
Irrawaddy-Fluss
Burma bleibt ein Ausnahmefall. Mit schmeichelnden, einladenden
Attributen – und einer bewegten Geschichte, die dieser Tage
neue Kapitel schreibt. Wunderschön, geheimnisvoll, im Thera-
vada-Buddhismus verankert – der Fremdenverkehr zeichnet ein
in sich ruhendes Bild eines jüngst erwachten Landes. Während
Ihrer Bilderbuchreise zu den goldenen Pagoden und auf der
Irrawaddy-Flusskreuzfahrt erhellt Ihnen der NZZ-Korrespondent
Manfred Rist so einige Details, welche simple Schlagzeilen nicht
abzudecken wissen.
Termin: 22.09. – 11.10.2018
Preis: Fr. 8800.– (Einzelzimmerzuschlag Fr. 1700.–)
Teilnehmer/innen: Min. 15, max. 25 Personen
Tage 1/2: Zürich–Yangon
Flug mit Thai Airw
r ays über Bangkok, Ankunft in Yangon am Morgen des
zweiten Tages. Nachmittags auf einheimischen Markt und danach zur über-
wältigenden goldenen Shwedagon-Pagode.
Tage 3/4: Atmosphärisches Bagan
Kurzer Inlandflug in die Königsstadt der berühmten Pagodenfelder. Über
2000 Sakralbauten aus Ziegelstein zwischen Palmen und Tamarindenbäu-
men liefern wunderbare Fotosujets. Erkundung per Pferdekutsche im
Abendrot oder optional per Heissluftballon in der reinen Morgenstimmung.
während einer Woche auf dem Irrawaddy-Fluss
• Einblicke in die burmesischen Gesellschaftsschichten – Schulprojekte,
Handwerksbetriebe, Dorfgemeinschaften
• Goldene Pagodenfelder – der Inbegriff südostasiatischer andächtiger
Szenerie
• Eintauchen in die burmesische Landschaft – auf einem Vulkan, dem
See der Einbeinruderer, der längsten Teakholz- und der berühmtesten
Eisenbahnbrücke
IHRE BEGLEITUNG
MANFRED RIST
Manfred Rist ist Auslandskorrespondent der NZZ mit Sitz
in Singapur. Seit 1999 verfolgt er die politischen und wirt-
schaftlichen Entwicklungen in Südostasien. Nach einigen
Jahren zwischendurch in Paris lebt er erneut in Singapur,
von wo er die Geschehnisse der erweiterten Region beob-
achtet und analysiert. Er begleitet die Gruppe 10 Tage während der Irrawad-
dy-Flusskreuzfahrt.
LEISTUNGEN
• Internationale Flüge mit Thai Airways in der Economy-Klasse (inkl. Taxen)
• Inlandflüge, alle Transporte, Eintritte, Gebühren, Trinkgelder
• Hotelunterkünfte, Basis Doppelzimmer, Deluxe-Doppelkabine (32 m²,
Hauptdeck), Frühstück, eine weitere Mahlzeit pro Tag
• Fachvorträge und Begleitung durch Manfred Rist, lokale Deutsch spre-
chende sowie cotravel-Reiseleitung
• Ausführliche Reisedokumentation, Audiosystem auf Rundgängen
• Fakultatives Vorbereitungstreffen in Zürich 6 Wochen vor Abreise

Tag 5: Mount Popa Katha

Fahrt zum Geisterberg, einem erloschenen Vulkan – wer zu Fuss zur Spitze
auf 1500 m ü. M. möchte, steigt die 777 Treppen in Begleitung von Äff-
CHINA
chen hinauf. Unterwegs zu Gast bei Palmzuckerbauern, die Ihnen ihre Irrawaddy
Techniken zeigen. Pyin Oo Lwin
Mandalay
Tage 6/7: See der Einbeinruderer Bagan
Kurzer Flug weiter hinein in den Shan-Staat. Zum landschaftlich wunder- Heho & Inle See
schön eingebetteten Inle-See, Lebensgrundlage für die Menschen der Region. Mt. Popa

Tage 8/9: Einschiffung in Mandalay

Indischer BURMA
Ozean
Flug nach Mandalay, Besuch eines Klosters. Bezug der stilvollen Kabinen auf
dem herausragenden Flusskreuzfahrtschiff, Treffen auf Ihren Fachreferenten
Manfred Rist. Erste Einführungen in Landestraditionen an Deck.
Yangon THAILAND
Tage 10–13: Flussaufw f ärts
Vorträge und Aktivitäten an Bord, Landgänge an verschiedenen Stellen: Ta-
guang mit alten Befestigungen, koloniales Katha mit George Orw
r ells Setting
für sein Buch «Tage in Burma» und versenkter britischer Flotille im Hafen.
Nostalgische Zugfahrt durch dichten Dschungel, Alltagsszenen der Fluss-
nomaden. Hintergrundinformationen von Manfred Rist zu Landflucht,
Selbstbild und Erw
r artungen der Burmesen.

Tage 14–16: Flussabwärts und Ausschiffung

Ausflug ins malerische Fischerdorf Hsithe, gemeinsamer Afternoon-Tea und
Gespräche mit den Einheimischen. In Mingun berühmte unfertige Pagode
mit weltweit grösster intakter Glocke, Ausflug nach Amarapura. Blatt-
gold-Herstellungsversuche in Mandalay.

Tage 17/18: Pyin Oo Lwin und Gokteik-Viadukt

Wanderung zu den Anisakan-Wasserfällen, Bad im Naturpool oder Spazier-
gang zum Botanischen Garten. Besuch eines privat von der örtlichen christli-
chen Minderheit geführten Waisenhauses. Eindrückliche Zugfahrt auf Bur-
mas berühmtester Eisenbahnstrecke.

Tage 19/20: Mandalay–Bangkok–Zürich

Freizeit am Morgen. Flug nach Bangkok, Abschiedsabendessen. Weiterflug in
die Schweiz, Ankunft am Morgen.

Anmeldung und Informationen:

reisen.nzz.ch reisen@nzz.ch 061 308 33 55

Organisierender Reiseveranstalter: cotravel

NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Leserbriefe 27

«Trump hat Rache geschworen» So schreiben

Sie uns
Leserbriefe müssen
«Wir haben Trumps Genie unterschätzt» bis Donnerstag-

PEDRO SANTANA / BRENDAN SMIALOWSKI / AFP

NZZ am Sonntag vom 14. Januar mittag eintreffen
Samantha Power (Nomen est omen) hat und mit der voll-
ihren früheren Chef in einem Punkt nicht ständigen Post-
gut – oder eben gar nicht – beraten. Präsident adresse des Absen-
Barack Obama hat sich an einem Empfang ders versehen sein.
der Medienleute im Weissen Haus – so um Sie sollten sich auf
den 1.Mai 2016 herum – in einer Art Cabaret- die letzte Ausgabe
Nummer über Politiker lustig gemacht, und beziehen. Publiziert
veräppelte besonders Donald Trump. Dieser werden auch
war im Publikum anwesend und soll in die Reaktionen, die auf
Weissglut geraten sein, und er dürfte Rache nzz.ch/nzzas ,
geschworen haben. Das ging – einigermassen Facebook und
wirksam – nur via «selber Herr im Weissen Twitter erschie-
Haus»-Sein. Davon war selbst in einer unte- nen sind. Bearbei-
ren Randspalte der «NZZ am Sonntag» zu tungen sind vorbe-
lesen. Donald Trump musste folglich die halten.
Nomination als Präsidentschaftskandidat
der Grand Old Party erreichen. Alles Weitere
ist bekannt, und über ein paar «Mittel zum
Zweck» herrscht «Omertà» und werden
Lügen verbreitet am laufenden Band.
Übrigens, der selbsternannte «Grösste
Führer aller Zeiten», Adolf Hitler, wurde als
Maleraspirant – er brachte als Werkproben
ein paar Aquarelle aufs geduldige Papier –
zweimal von der Wiener Kunstakademie
nicht als Schüler aufgenommen. Dann, ver-
mutlich im heiligen Zorn, «beschloss ich,
Politiker zu werden». Die katastrophalen
Folgen sind bekannt und wirken ersichtlich
nach bis in unsere Zeit.
Ernst Rahm-Landis, Schaffhausen

Bravo, ein sehr gutes Interview.

Samantha Power wirkt reflektiert und
sehr offen. Respekt! Und es zeigt die Profes-
sionalität von Barack Obama gegenüber US-Präsident Donald Trump orientiere sich beinahe obsessiv an Barack Obama, sagte Samantha Power im Interview.
Donald Trump.
Jürgen Hitzhaus
sive Demagogie ist. Man muss ihr zugute- die Reichen noch reicher zu machen. Wie mit Russland und China überspielen will.
Ein lesenswertes Interview, das ehrlich halten, dass sie zum Teil schwere Fehler kann man nur einen solchen Schwachsinn Dieses Ziel, mit welchem er die Wahl zum
wirkt. Zwischen den Zeilen wird aber auch einräumt, wie in Jemen die falsche Seite von sich geben? Präsidenten gewonnen hat und welches
erkennbar, worin das Versagen von Obama unterstützt zu haben. Wenn sie gleichzeitig Maximilian Freyberg Samantha Power und Co. ihm immer
und seiner Berater wie Samantha Power behauptet, Trump würde immer das Gegen- noch als ein Komplott mit Putin auslegen,
lag: Konferenzen, Meetings, Reisen – die teil von Obama tun, bedeutet es auch, dass Samantha Power und ihre Gleichgesinnten wird er nie aufgeben.
Wünsche des amerikanischen Bürgers er diese Entscheidungen richtig gefällt (und «haben (nicht nur) Trumps Genie unter- Victor Lambert, Rickenbach Sulz (ZH)
wurden vernachlässigt. viel Leid vermieden) hätte. Aber solche ein- schätzt», sondern sie unterschätzen sein
Rainer Stenzenberger fache Logik gilt bei Frau Power natürlich nur, Genie weiterhin. Das Theater, welches Amerika ist seit über siebzig Jahren dumm
wenn sie ihre Sichtweise stützt. Donald Trump ihnen und der ganzen Welt und gefährlich. Kennt jemand eine andere
Samantha Power wirft den Trump-Anhän- Endgültig blamiert hat sich Samantha vorspielt, ist nur ein Rösselsprung, mit Nation, die seit ihrem Bestehen ständig
gern vor, fanatisch zu sein, gibt aber hier ein Power schliesslich mit der Behauptung, dem er ihre Bemühungen um die Verhinde- Kriege führt, und das überall auf dieser Welt?
Interview, das ein Paradebeispiel für aggres- Trump würde nur zum WEF fahren, um rung von Normalisierung der Beziehungen Wolfgang Weber

«Was ist Einkommen und mehr Verfassungsbruch geübt, was leider in nicht tun wollen. Damit wird die Freiheit Probleme, weil jetzt zwei Anschlüsse übers Schreiben Sie an:
der Schweiz wegen fehlender Verfassungs- eines Dritten nicht eingeschränkt. Kreuz vertauscht waren: Unser Internet, NZZ am Sonntag,
was nicht?» gerichtsbarkeit möglich und üblich ist. Martin Hartmann, Zürich Telefon und Fernsehen waren auf die fremde Leserbriefe,
«Schweizer erben so viel Geld wie nie zuvor» Max Egli, Seuzach (ZH) Adresse geschaltet, und über unseren Postfach,
NZZ am Sonntag vom 14. Januar Anschluss liefen die Dienste des dortigen CH-8021 Zürich.
Gemäss Bundesverfassung sind Einkom- «Desolate Organisation» Abonnenten. Diese Situation war für die Mit- leserbrief.sonntag
men von natürlichen und juristischen Perso-
nen «angemessen» zu versteuern, wobei
«Aufklärungsbedarf» «Absurder Kundenservice im digitalen
arbeiter des Swisscom-Kundendienstes
unbegreiflich. Gemäss ihren Prüfroutinen
@nzz.ch

die Details von den kantonalen Instanzen «Die Staatsfeinde» Zeitalter» funktionierte ja alles einwandfrei. Nur funk-
geregelt werden. So wurde im Kanton Zürich NZZ am Sonntag vom 14. Januar NZZ am Sonntag vom 14. Januar tionierte jetzt eben alles am falschen Ort.
vor Jahren die Erbschaftssteuer für direkte Grossartig, dass über Libertäre berichtet Das ruft mir die Erfahrung in Erinnerung, Es ist hier nicht der Raum für die Schilde-
Nachkommen abgeschafft. Dabei wurde die wird! Die spürbare Zurückhaltung und die die ich mit einem hoffnungslos überforder- rung, wie sich das Chaos weiterentwickelte.
entscheidende Frage gar nie gestellt, näm- finale Unterstellung, dass Freiheit auf Kosten ten Kundendienst der Swisscom machte. Am Jedenfalls dauerte es gut vier Monate, bis
lich, was «Einkommen» ist und was nicht. anderer geht, verdeutlichen jedoch den wei- Anfang war ein Adressfehler: Swisscom hatte die falsche Schaltung in einer Zentrale
Für einen Empfänger sind Erbschaften teren Aufklärungsbedarf. Die Autorin rückt für den Standort unseres Glasfaseranschlus- behoben wurde und damit das Problem
genauso wie Kapitalgewinne, Saläre, Boni, Libertäre in den Dunstkreis düsterer Perso- ses eine fremde Adresse in ihren Unterlagen definitiv bereinigt war – nachdem wir uns
Schenkungen, Dividenden und Immobilien- nen und stempelt ihre Anliegen als jugend- eingetragen. Doch «Adresse korrigieren» schliesslich mit einem Brief an die Swiss-
erträge Einkommen. Was denn sonst? Die liche Trotzaktionen ab. Damit tut sie den versteht man offenbar bei Swisscom nicht. com-Geschäftsleitung gewendet hatten.
darauf beruhende Initiative für eine bundes- grossen Denkern der österreichischen Schule Es gibt nur Adressänderung bei Umzug. So Geblieben ist uns der Eindruck von einer
weite Erbschaftssteuer wurde vom Volk der Nationalökonomie unrecht. Man sollte liess sich nicht verhindern, dass ein Techni- desolaten Organisation des Kundendienstes
abgelehnt. Dass Erbschaften nicht mehr als zurückhaltend mit Demokratie und Kollek- ker ins Haus kam und eine Umschaltung mit mangelnder interner Information und
Einkommen gelten, ist stossend, wo doch tiventscheiden sein, unterjochen diese näm- vornahm, was anderthalb Stunden dauerte Koordination, hilflosen Mitarbeitern und
sonst Werte bei jeder Handänderung gemäss lich die Minderheit, die man anderswo zu und gar nichts änderte, auch die falsche fehlenden Ansprechpersonen. Das genügt
Gesetz besteuert werden (müssen). Das Volk schützen vorgibt. Man sollte allen die Frei- Adresse nicht. Eines Tages war die Adresse auch in der digitalen Welt nicht.
und der Kanton haben in diesem Fall einmal heit gewähren, nicht tun zu müssen, was sie zwar korrigiert, dafür gab es nun reihenweise Rudolf Bolli, Zürich

Impressum Herausgeberin: Neue Zürcher Zeitung AG
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Wochenrückblick
International
Die USA stehen vor der Schlies-
sung der Bundesbehörden,
nachdem das Budget im Senat
scheitert. Dieser sogenannte
Shutdown würde die Wirtschaft
Milliarden kosten. Gelingt nicht
ein schneller Kompromiss zwi-
schen Republikanern und Demo-
kraten, droht 800 000 Staats-
bediensteten der unbezahlte
Zwangsurlaub. Betroffen sind
auch Zollabfertigungen, die Post,
Nationalparks oder die Ausgabe
von Essensmarken für Arme.
Der Orkan «Friederike» richtet in
Deutschland riesige Verwüstun-
gen an. Mindestens 8 Personen
kommen ums Leben. Versicherer
beziffern die Schäden auf mehr
als 500 Millionen Euro. Die
Deutsche Bahn stellt den Betrieb
landesweit ein. Auch die Nieder-
lande und Belgien sind stark
betroffen.
Papst Franziskus (Bild unten)
bittet in Chile um Verzeihung
wegen des Kindesmissbrauchs
durch einen chilenischen Pries-
ter. Solches dürfe sich nie mehr
wiederholen,
mahnt er bei
seiner sechsten
EPA
Lateinamerika-
reise als Papst.
Dabei besucht er
auch Peru – nicht
aber seine
Heimat Argen-
tinien.
Ein Mordanschlag
erschüttert Kosovo: In
der Stadt Mitrovica
töten Unbekannte den
wichtigsten Politiker in
«Sie haben
keine Kreditkarte?
Eine Adresse
reicht auch.»
Schluss mit Ausreden:
Einfach das Billett auf Rechnung kaufen.
Jetzt umsteigen auf SBB Mobile und SBB.ch.
Umgestürzter Baum, verletzter Autolenker. (Moers, 18. Januar 2018)
Nordkosovo, Oliver Ivanovic. Er
hat als Vermittler in der serbisch
dominierten Region gegolten.
Kommentatoren schliessen
allerdings ein ethnisches Tat-
motiv aus. Vermutet wird, dass
Ivanovic kriminellen Organisa-
tionen im Weg war.
Für den Grenzschutz in Calais
erhält Frankreich von Grossbri-
tannien zusätzlich rund 50 Mil-
lionen Euro. Dies bestätigen
Premierministerin Theresa May
und Präsident Emmanuel
Macron bei einem Treffen in
Sandhurst. Beide Länder
wollen auch bei der Terror-
bekämpfung intensiver
zusammenarbeiten.
Für London ist dies
wichtig, wird doch
die EU-Aussen-
grenze nach dem
Brexit durch den
Ärmelkanal
laufen.
REICHWEIN / IMAGO
Nach einer Solidaritätskampa-
gne für eine prokurdische Zei-
tung verurteilt ein Gericht in
Istanbul fünf Journalisten. Es
verhängt Haftstrafen von bis zu
3 Jahren und 9 Monaten – wegen
Terrorpropaganda.
Neuseelands Regierungschefin
Jacinda Ardern erwartet im Juni
ihr erstes Kind. Sie plant eine
sechswöchige Babypause. Die
Regierungsarbeit sieht sie nicht
beeinträchtigt: Ihr Lebenspart-
ner werde sich die meiste Zeit
um das Kind kümmern. (maz.)
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Schweiz
Das Referendum gegen das neue
Geldspielgesetz wird in Bern
eingereicht. Die Komitees haben
rund 60 000 Unterschriften
gesammelt und beglaubigen
lassen. Sie wehren sich dagegen,
dass gegen ausländische Anbie-
ter von Online-Spielen Netzsper-
ren errichtet werden können.
Die SVP beginnt mit der Samm-
lung von Unterschriften für ihre
Begrenzungsinitiative. Diese
verlangt, dass der Bundesrat das
Freizügigkeitsabkommen mit
der EU ausser Kraft setzt oder
gar einseitig kündigt.
Der Mobbing-Fall an der ETH
Zürich weitet sich aus: Die Hoch-
schule leitet neben der bereits
Wirtschaft
Die Weltwirtschaft dürfte im
laufenden Jahr nach Einschät-
zung der Unternehmensbera-
tung PWC das grösste Wachstum
seit 2011 verzeichnen. Haupt-
motoren sind die USA, die
Schwellenländer Asiens und die
Euro-Zone. Sie werden 2018 für
fast 70 Prozent des Wachstums
verantwortlich zeichnen.
Der Handelsstreit der USA mit
China spitzt sich zu. Die US-Re-
gierung verhängt weitere Straf-
zölle auf bestimmte Edelstahl-
und Polyesterprodukte. Exper-
ten befürchten, dass die Streitig-
keiten der USA mit China und
anderen Ländern erhebliche
Auswirkungen haben könnten.
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
laufenden Administrativunter- sche Gerichtshof für Menschen-
suchung eine Untersuchung rechte weist die Beschwerde
wegen Verdachts auf Fehlverhal- einer Basler Familie ab, die ihre
ten in der Forschung ein. Die Tochter bis zur zweiten Klasse
betroffene Professorin wird vor- dispensieren lassen wollte. Die
läufig freigestellt. Ablehnung dieses Gesuchs sei
gut begründet und stelle keine
Schüler können zum Besuch des Verletzung des Rechts auf
Sexualkundeunterrichts ver- Gedankens-, Gewissens- und
pflichtet werden. Der Europäi- Religionsfreiheit dar.
Bundesrätin Doris Leuthard prä-
GAËTAN BALLY / KEYSTONE
sentiert die Pläne für den Ausbau
des Nationalstrassennetzes: Bis
2030 sollen rund 13,5 Milliarden
Franken investiert werden. An
erster Stelle stehen der Bypass
Luzern sowie Projekte in Crissier
und Le Locle. Vorgesehen sind
später auch Entlastungen im
Sexualkundeunterricht in Chur. Raum Zürich und Bern. (rd.)
Am Schweizer Immobilienmarkt mens Jones Lang LaSalle (JLL)
zeichnet sich laut der Grossbank allerdings immer noch der zweit-
UBS eine Trendwende ab. Wäh- höchste Stand seit über einem
rend die Zuwanderung sinkt, Jahrzehnt. Ausnahme war
wird weiterhin viel gebaut. Das Zürich, wo der Leerstand stieg.
dürfte laut Einschätzung der
UBS-Experten zu sinkenden Deutschland und Frankreich
Mieten und zumindest stagnie- wollen die Digitalwährung Bit-
renden Preisen bei Eigentums- coin stärker kontrollieren. Laut
wohnungen führen. dem französischen Wirtschafts-
minister sind gemeinsame Vor-
Nach einem Rekord im Jahr 2016 schläge zur Regulierung geplant.
ist 2017 der Leerstand bei Büro- Diese sollen bis im März vorlie-
flächen in den grossen Schwei- gen. Die Bitcoin-Währung steht
zer Städten im Durchschnitt
etwas zurückgegangen. Es waren
wegen starker Schwankungen
und fehlender Regulierung in
noch 1,2 Prozent der gesamten der Kritik. Berlin und Paris spre-
Büroflächen nicht vermietet. Das chen laut dem Minister zudem
ist gemäss Berechnungen des über die Besteuerung von Inter-
Immobilienberatungsunterneh- net-Giganten. (mju.)
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Das neue Geschäft mit alten Uhren
Die Uhrenbranche setzt mehr denn je auf den Retro-Trend. Er geht über das Design hinaus: Wichtige Marken
wollen den lukrativen Verkauf von Uhren aus Vorbesitz selber in die Hand nehmen.Von Daniel Hug
I
n Genf haben diese Woche über 30 Nobel-
Uhrenmarken präsentiert, was sie in den
nächsten Monaten verkaufen wollen. Die
Leistungsschau der vorwiegend in der
Schweiz situierten Hersteller hat vor allem
eines gezeigt: Die Rückbesinnung auf die his-
torischen Designs ist allgegenwärtig. Kaum
eine Marke greift nicht auf ein klassisches
Modell zurück – um es etwas grösser und tech-
nisch verbessert wieder neu herauszubringen.
Woher rührt diese Orientierung an vergan-
genen Epochen? «Wir arbeiten in der ‹feel-
good-industry›: Unsere Uhren sollen den Leu-
ten ein gutes Gefühl vermitteln und für Wohl-
befinden in den guten alten Werten sorgen»,
erklärt Christoph Grainger-Herr. Er führt seit
kurzem die Schaffhauser Marke IWC, die die-
ses Jahr den 150. Geburtstag feiert.
Retro-Stil ist positiv aufgeladen
Doch warum schaut man lieber in den Rück-
spiegel statt nach vorne? «Der Glaube an den
technischen Fortschritt und an einen für alle
steigenden Lebensstandard ist tief in der
Grundidee der Moderne verankert», sagt
Grainger-Herr. «Doch seit den 1980er Jahren
hat sich der Fortschritt vom Lebensstandard
entkoppelt, breite Bevölkerungsschichten
haben eine Desillusionierung erlebt.» In der
westlichen Welt ist das Fortschrittsmodell
brüchig geworden, Zukunftstechnologien
werden skeptisch beurteilt. Die Internet-
Suchmaschine Google zum Beispiel ist zwar
technologisch führend, löst aber gleichzeitig
auch Ängste vor der totalen Überwachung
und Datenkontrolle aus. Die Uhr, die man
direkt auf der Haut trägt, soll hingegen posi-
tive Gefühle wecken. «Eine Marke wie IWC
steht schliesslich auch für ein bestimmtes
Wertesystem», sagt Grainger-Herr.
Dazu zählen Kontinuität, Zuverlässigkeit
und Beständigkeit. Reicht das, um in einer
Welt im Umbruch zu bestehen? Jahrelang hat
die Schweizer Uhrenindustrie von phantas-
tisch wachsenden Verkäufen in China profi-
tiert – bis die Regierung das Verschenken von
Billettrevolution
Nun verkauft gar der
TCS Bahntickets 31
Harzende
Uhrenverkäufe
Umsatz* der
Uhrensparte von
Richemont
2,5 Mrd. €
2,0
1,5
1,0
0,5
0 Stahl- statt Goldmodelle und entdecken, dass
2013 14 15 16 17
* jeweils 9 Monate von April–Dez.,
da Abschluss des letzten
Geschäftsjahres noch nicht vorliegt
Nachgefragt François-Henry Bennahmias, Chef von Audemars Piguet
«Vintage-Uhren sind das nächste grosse Ding in der Branche»
In den letzten Jahren durch-
lebte die Uhrenindustrie eine
Krise – doch Audemars Piguet
legte deutlich zu. Weshalb?
In den letzten sechs Jahren hat
sich unser Umsatz fast verdop-
pelt, von 500 Mio. Fr. auf fast
1 Mrd. Fr. Allein im letzten Jahr
sind unsere Verkäufe um 12% ge-
stiegen – und das bei gleichen
Stückzahlen, die seit Jahren bei
rund 40 000 Stück liegen. Wir
verkaufen aber mehr Uhren in den
eigenen Boutiquen und weniger
über den Grosshandel. So können
wir uns einen deutlich grösseren
Teil der Wertschöpfung sichern.
Wie viele Ladengeschäfte
betreiben Sie?
Konzerngewinne
Zwei Drittel der Profite
sind für Aktionäre 32
Luxusuhren unter Korruptionsverdacht
stellte, was die Verkäufe ab 2015 einbrechen
liess. Seither erholt sich die Branche, aber nur
gemächlich. Die Uhrensparte der Richemont-
Gruppe, dem wichtigsten Aussteller in Genf,
hat in den letzten neun Monaten des letzten
Jahres nahezu stagniert (+2% Umsatz) und
liegt noch unter dem Niveau von 2013 (siehe
Grafik). Das liegt nicht nur an der Abkühlung
in China, sondern auch an einem Angebot, das
zu teuer und zu wenig attraktiv war.
Nun sind viele der Nobelmarken spürbar
bescheidener geworden, präsentierten mehr
es einen Markt für Uhren unter 10 000 oder
5000 Fr. gibt. Nur einzelnen Marken, die
gerade sehr gefragt sind, ist es gelungen, ihre
Weltweit 53, davon besitzen wir 21,
und 32 führen wir mit Händlern.
Die Konkurrenz setzt zwar stark
auf Asien, aber unser Hauptmarkt
sind die USA. Die Nachfrage ist so
gross, dass wir problemlos 45 000
Uhren pro Jahr ausliefern könnten.
Wir bleiben bei 40 000 Stück. Es
ist so im Leben: Die Leute wollen
immer das, was sie nicht einfach so
bekommen. Alles, was sie sofort
kriegen, wirkt weniger attraktiv.
Die meisten Ihrer Uhren orien-
tieren sich am Modell Royal Oak
von 1972. Sie arbeiten an einem
neuen Museum in Le Brassus...
... wir werden es 2019 eröffnen.
Der Markt für Vintage-Uhren
BLOOMBERG
Uhren noch teurer zu verkaufen: Audemars
Piguet vermochte ihren Durchschnittspreis
auf rund 40 000 Fr. anzuheben, eine Hublot
geht im Schnitt für 20 000 Fr. über den Laden-
tisch, das ist etwas mehr als im Vorjahr.
Doch für die meisten übrigen Marken gilt
die Devise, die Preise tiefer anzusetzen.
Vacheron Constantin, eine der teuersten Mar-
ken im Richemont-Konzern, hat als grosse
Neuigkeit ein Modell mit einem Preisetikett
von 12 000 Fr. präsentiert, das liegt klar unter
dem bisherigen Angebot. Dafür wird das Herz
der Uhr nicht mehr in den Genfer Ateliers her-
gestellt, sondern von der Richemont-Firma
Val Fleurier, die für Marken wie Cartier, IWC
oder Baume & Mercier in grösseren Mengen
Uhrwerke produziert.
wächst schneller als jener der
neuen Uhren. Vacheron Con-
stantin hat begonnen, ältere
Uhren der Marke selber zu über-
holen und dann zu verkaufen.
Ist das ein Thema für Sie?
Ja, sicher. Wir haben die Idee be-
reits getestet und Vintage-Uhren
unserer Marke verkauft. Wir wer-
den in den Vintage-Bereich gehen.
Das ist das nächste grosse Ding in François-Henry
der Uhrenindustrie, nicht nur für Bennahmias (53)
Audemars oder Vacheron. Die leitet seit 2012 die
gesamte Uhrenbranche wird in Manufaktur Aude-
das neue Geschäftsmodell mit mars Piguet.
Vintage-Uhren und Zeitmessern
aus zweiter Hand einsteigen.
Dabei dürften ein gutes Archiv
und Dokumentation wertvoller
Tourismus
Schweizer buchen oft
im Ausland 39
HAROLD CUNNINGHAM / GETTY IMAGES
Stimmungsvolle
Retro-Ästhetik am
Uhrensalon in Genf:
Der legendäre IWC-
Uhrmacher Kurt
Klaus mit Fussball-
Star Luis Figo und
seiner Frau Helen
Svedin. (16. 1. 2018)
Das sind nicht gerade euphorische Aussich-
ten. Was liegt da näher, als neue Geschäfts-
felder zu suchen? Am stärksten haben sich
jüngst die Preise der echten Klassiker-Uhren
nach oben geschraubt. Zwar ist nicht jede Uhr
so wertvoll wie die Rolex Daytona von Paul
Newman, die Aurel Bacs im Oktober für 17,8
Mio. $ versteigert hat. Doch auch für etliche
«Vintage»-Uhren ohne prominenten Vorbesit-
zer zeigt der Trend nach oben. Der Auktiona-
tor schätzt, dass Vintage-Uhren für jährlich
über 1 Mrd. Fr. umgesetzt werden, davon 200
Mio. Fr. durch die grossen Auktionshäuser.
«Alle Manufakturen umarmen heute ihre Ver-
gangenheit und pflegen ihr Erbe», so Bacs.
Fortsetzung Seite 31
werden. Wie steht es bei Aude-
KEYSTONE
mars Piguet?
Wir haben unsere Archive. Und Sie
werden in den nächsten Jahren
sehen, dass wir Boutiquen eröff-
nen, die sich auf Vintage-Uhren
spezialisieren.
Ihre Marke ist stark auf ein ein-
ziges Grundmodell, die Royal
Oak, fokussiert. Wie wollen Sie
sich aus dieser Abhängigkeit
lösen?
Wir werden 2019 eine komplett
neue Modelllinie lancieren. Danach
werden wir auch die Produktion
langsam erhöhen. Im Jahr 2020
wollen wir etwa 42 000 Uhren
herstellen.
Interview: Daniel Hug
AB CHF 189.–/MONAT.
DER BMW 2er ACTIVE TOURER.
Beispielkalkulation: BMW 216d Active Tourer Essential Edition, 1496 cm³, 85 kW (116 PS), Verbrauch: 4,0–4,3 l/100 km, Benzinäquivalent: 4,6–4,9 l/100 km, CO2 -Emissionen: 106–112 g/km
(Durchschnitt aller in der Schweiz verkauften Neuwagen: 133 g CO2 /km), CO2 -Emissionen aus der Treibstoff- und/oder der Strombereitstellung: 18–19 g/km, Energieeffizienzkategorie: A–B.
Unverbindliche Preisempfehlung: CHF 31 600.– (regulärer Preis: CHF 37 430.– abzüglich CHF 5830.–), 1. grosse Leasingrate: CHF 7964.–, effektiver Jahreszins: 1,92 %, monatliche Leasingrate:
CHF 189.–, Laufzeit: 48 Monate, Laufleistung: 10 000 km/Jahr. Leasingaktion gültig vom 1.1.2018 bis 31.3.2018 für alle Neufahrzeuge der BMW 2er Reihe (Kundenübernahme bis 30.4.2018)
bei einer Leasingdauer von bis zu maximal 48 Monaten. Die Kalkulation basiert auf Fahrzeugpreisen, die nur eine Gültigkeit bis zum 28.2.2018 (Produktionsdatum) aufweisen. Abgebildetes Fahrzeug
enthält Sonderausstattungen: Modell M Sport CHF 5360.–, Metallic-Lackierung CHF 960.–, Dachreling schwarz CHF 290.–, Park Distance Control (PDC) CHF 440.–, Sonnenschutzverglasung
CHF 440.–. Vollkaskoversicherung obligatorisch und nicht inbegriffen. Eine Leasingvergabe wird nicht gewährt, falls sie zur Überschuldung des Konsumenten führt. Preis- und Konditionsänderungen
bleiben vorbehalten, sämtliche Angaben gültig bei Drucklegung. Ein Angebot von BMW Financial Services, BMW (Schweiz) AG.
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Das neue...
Fortsetzung von Seite 29
«Die grosse Frage ist heute, wann
die Manufakturen beginnen, sel-
ber Vintage-Uhren zu verkaufen.»
Für Juan-Carlos Torres, bis vor
kurzem Chef von Vacheron Con-
stantin, ist die Frage beantwortet:
«Wir haben vor rund zehn Jahren
begonnen, eine Abteilung für
Vintage-Uhren für Sammler auf-
zubauen. Wir überarbeiten und
reparieren die alten Uhren, ferti-
gen fehlende Teile an und verkau-
fen sie danach mit einer Garan-
tie.» Die Nachfrage sei viel grösser
als die Kapazität, denn mitunter
arbeite ein Uhrmacher ein Jahr an
einer komplexen alten Uhr.
«Sogar Jean Todt, der ehemali-
ge Formel-1-Teamchef von Fer-
rari, ist an mich gelangt, um ein
Konzept für die historischen
Sportwagen aus Modena zu ent-
wickeln», erklärt Torres. Daraus
sei «Ferrari Classiche» entstan-
den. «Ich habe ihm geraten, die
Abteilung komplett vom Neu-
wagen-Geschäft zu trennen, die
besten Mechaniker für die
Restaurationen zu engagieren
und mit dem Archiv und der
Dokumentation zu beginnen.»
Schutz vor Fälschungen
Genau das wird auch bei den
Uhren immer wichtiger: Je stär-
ker die Preise ansteigen, desto
mehr lohnen sich Fälschungen. In
Asien werden heute fast alle Teile
wichtiger klassischer Uhren nach-
gebaut. Der Unterschied zum Ori-
ginal ist kaum zu erkennen.
Das grösste Fachwissen haben
die Markenhersteller selber. Bei
Patek Philippe, der Überflieger-
marke an den Auktionen, disku-
tiere man bereits seit Jahren über
einen Einstieg in den Vintage-
Markt, heisst es in Uhrenkreisen.
Andere Marken wie IWC überle-
gen es sich ernsthaft: «Ich kann
mir vorstellen, dass IWC künftig
Vintage-Uhren selber verkauft»,
sagt Christoph Grainger-Herr.
«Hier gibt es viele Parallelen zum
Sportwagenbereich: Der Herstel-
ler ist der Einzige, der zweifelsfrei
feststellen kann, ob es sich um
ein Original oder eine Fälschung
handelt. Aber im Unterschied zu
Autos sind unsere Produkte deut-
lich langlebiger.»
Die zehn wichtigsten Neuheiten von Genf
auf https://bellevue.nzz.ch/
Zeit, über Geld zu reden.
Wirtschaft
Im öffentlichen Verkehr rollt
die Billettrevolution
Gleich mehrere Anbieter bauen ihre Ticket-Apps aus. Neu verkauft sogar der TCS Billette
Jürg Meier
Jahrelang tat sich im Billettver-
kauf im öffentlichen Verkehr der
Schweiz nichts. Während die
Londoner längst mit einer ein-
fachen Karte namens Oyster
durch die U-Bahn-Tunnels don-
nerten und Bus fuhren, standen
die Schweizer ÖV-Kunden mit
offenen Mündern vor den immer
komplizierter werdenden Zonen-
plänen der Schweizer Verkehrs-
verbünde.
Doch nun sind gleich mehrere
Anbieter daran, das Lösen von
Billetten massiv zu vereinfachen.
Am weitesten ist das Berner
Bahnunternehmen BLS. Es hat
seine App Lezzgo vor kurzem
schweizweit lanciert. Diese funk-
tioniert nach dem Prinzip «Check-
in, check out». Zum Start und
zum Ende der Fahrt drückt man
in der App auf einen Knopf, das
Programm berechnet dann auto-
matisch den günstigsten Preis.
Während der Fahrt wird der Pas-
sagier mit GPS und Wi-Fi geortet.
Der ZVV springt auf
Lezzgo erhält nun gewichtige
Unterstützung: Der grösste Ver-
kehrsverbund der Schweiz
springt ebenfalls auf. «Wir wer-
den im Frühling die Technologie
von Lezzgo in unsere Ticket-App
integrieren», sagt Caspar Frey,
Sprecher des Zürcher Verkehrs-
verbunds (ZVV). In der Testphase
wird die Technologie nur im ZVV-
Gebiet nutzbar sein. Besitzer von
Zonenabos des ZVV können diese
in der App hinterlegen. Diese
merkt dann, wenn der Kunde sei-
nen Abobereich verlässt.
Doch die Konkurrenz schläft
nicht. Die App der Lezzgo-Kon-
kurrentin Fairtiq ist heute erst in
einzelnen Gebieten der Schweiz
nutzbar, das Unternehmen plant
nun aber den grossen Schritt. Sei-
ne App soll «Ende des ersten oder
Anfang des zweiten Quartals»
auch schweizweit funktionieren,
wie Firmenchef Gian-Mattia
Schucan erklärt. Geplant ist aus-
In der Schule lernen wir alles, warum
nicht auch den Umgang mit Geld?
Ein Kondukteur der SBB kontrolliert ein elektronisches Billett.
serdem, dass die SBB Fairtiq in
ihre sogenannte Preview-App
einbinden. Diese ist eine Test-
version der millionenfach ver-
breiteten offiziellen SBB-App.
Wann das so weit sein wird, ist
laut SBB noch offen. Fairtiq ist
auch international erfolgreich
und wird in Pilotprojekten in den
Niederlanden und im Raum
Frankfurt getestet.
Ein drittes neues System
stammt von der SOB aus St. Gal-
len. Sie wird ihre Abilio genannte
Ticketplattform erweitern. «Wir
schalten Ende Februar oder An-
fang März im Gebiet der SOB ein
Ticketsystem auf, bei dem es
überhaupt keine Interaktion
mehr braucht», erklärt Direktor
Thomas Küchler. Das System
wird von der SOB «Walk-In» ge-
nannt und basiert auf Bluetooth-
Technologie. Die SOB hat ihre
Wagen mit sogenannten Beacons
ausgerüstet, die automatisch
registrieren, wenn ein Passagier
mit eingeschalteter App in den
31
riesen Siemens stammende Tech-
CHRISTIAN BEUTLER / KEYSTONE
nologie günstig einbauen. Da-
nach sei sie zuverlässiger und aus
Sicht des Datenschutzes besser
als die Ortung über GPS. Zudem
sei der Batterieverbrauch auf den
Smartphones tiefer.
Dennoch wird auch die SOB ein
Angebot lancieren, bei dem der
Passagier analog wie bei Fairtiq
und Lezzgo mit der App von Hand
ein- und auscheckt. Dies unter
anderem darum, weil noch nicht
alle Smartphones für das Walk-In
geeignet sind.
Taxis und Velos einbinden
Es gibt aber noch einen anderen
Grund, warum Küchler das Sys-
tem der SOB im Vorteil sieht. Die
Plattform kann alle Mobilitätsfor-
men einbinden, etwa Autos,
Velos oder Taxis. Längerfristig
wird der Verkehr nur ein Teil des
Angebots auf der Plattform sein.
Am Schluss sollen sich praktisch
alle denkbaren Angebote buchen
lassen – vom Hotelzimmer bis hin
zum Besuch im Tierpark, inklu-
sive Angebot für ein vergünstig-
tes Mittagessen.
Der TCS geht bereits in diese
Richtung. Er bietet in einer App
ab sofort auch ÖV-Tickets an, wie
Sprecher David Venetz bestätigt.
Die App namens «Einfach mobil»
erlaubt es nicht nur, Parkplätze
zu reservieren und Taxis zu be-
stellen. Es können auch Zug-,
Tram- und Busbillette für die gan-
ze Schweiz gelöst werden. Laut
Venetz bietet damit erstmals
überhaupt eine Organisation, die
Zug einsteigt und diesen wieder gar nicht im öffentlichen Verkehr
verlässt. «Damit bieten wir Passa- tätig ist, solche Billette an.
gieren den Komfort, den heute Möglich wird das durch eine
nur Besitzer eines Generalabos Zusammenarbeit mit der SOB, die
haben», sagt Küchler. sich so Zugang zu den 1,5 Millio-
Die Lösung der SOB wird nen Mitgliedern des TCS schafft.
schweizweit allerdings nur funk- Die App ist kostenlos und steht
tionieren, wenn in Tausenden auch Nichtmitgliedern zur Ver-
Fahrzeugen des öffentlichen Ver- fügung. Mitglieder sollen künftig
kehrs zusätzliche Geräte instal- von Vorteilen bei bestimmten An-
liert werden. Das wird innerhalb geboten profitieren. Längerfristig
der Branche aus Kostengründen soll die App ausgebaut werden.
kritisch gesehen. Doch laut Küch- Denkbar ist etwa die Einbindung
ler lässt sich die vom Industrie- von Carsharing-Diensten.
 32 Wirtschaft Gewinne und ihre Verteilung NZZ am Sonntag 21. Januar 2018

Dank BonisteigenEinkomm
In den Unternehmen haben die Einkommen in der
Chefetage und die Dividenden für die Aktionäre am
stärksten zugenommen. An der Basis wachsen die Löhne
hingegen seit geraumer Zeit nur marginal.
Von Franziska Pfister

D
ie Wirtschaft läuft so gut wie
schon lange nicht mehr. Die
Auftragsbücher der Unter-
nehmen sind voll, endlich
Jahren zwar ebenfalls gewachsen, aber merk-
lich gemächlicher. Denn im Unterschied zu
Verteilung
den Topverdienern seien die Löhne der brei- in Zahlen
ten Masse nicht direkt an die konjunkturelle

geht es aufwärts – nach
Finanzkrise, Rezession und
Franken-Schock. Das Staats-
sekretariat für Wirtschaft erwartet für dieses
und nächstes Jahr ein Wachstum des BIP von
je rund 2%. Das verleiht den Unternehmens-
gewinnen Schub – und es gibt mehr zu vertei-
len. Doch an der Basis wächst der Unmut.
Statt wie früher den Klassenkampf zu
beschwören, brachten die Gewerkschaften im
letzten Lohnherbst ein neues Argument in die
Verhandlungen ein. «Die Arbeitnehmenden,
die wesentlich den Unternehmenserfolg er-
arbeiten, müssen auch finanziell an diesem
beteiligt werden», forderte Syna-Präsident
Arno Kerst. Und berührt damit einen wunden
Punkt. Nicht zuletzt die fulminante Zustim-
mung zur Minder-Initiative zur Eindämmung
der Managersaläre zeigt: Das Thema Lohnun-
gleichheit treibt die Menschen um, die Oppo-
sition gegen die Manager-Gehälter war noch
nie so gross wie im vergangenen Frühjahr.
Alles bloss Sozialneid, oder ist es gar
eine Täuschung, dass da eine Kluft wächst?
Nein, urteilt die Wissenschaft. «Die tatsäch-
liche Einkommenskonzentration wird unter-
schätzt», schreiben die Ökonomen Reto
Föllmi und Isabel Martínez von der Uni-
versität St.Gallen. Laut ihren Berechnungen
gingen im Jahr 2010 30% der gesamten
Arbeitseinkommen an jene 10% der Ange-
stellten und selbständigen Erwerbstätigen mit
den höchsten Salären. 1981 hatten sie bloss
gut ein Viertel eingesteckt.
In ihren Berechnungen berücksichtigten
die Wissenschafter auch erfolgsabhängige
Lohnkomponenten wie Boni und Gratifikatio-
nen. Sie stellen einen Zusammenhang fest
zwischen dem Anstieg der Top-Arbeitsein-
kommen und jenem des Börsenwerts der
Unternehmen. Anders die durchschnittlichen
Einkommen: Diese seien seit den 1980er
Lage geknüpft. In einem Aufschwung füllt
sich ihre Lohntüte weniger stark.
«Wenn der Aktienkurs deutlich avanciert,
treibt das auch die erfolgsabhängigen Vergü-
tungen nach oben, die Boni und den Wert von
Optionen», erklärt Personalexperte Olaf Lang.
Er leitet den Bereich Talent & Rewards des
Beraters Willis Towers Watson in Westeuropa
und berät Unternehmen bei der Entlöhnung
von Führungskräften. In der Schweiz erhalte
ein guter Teil der Geschäftsleitungsmitglieder
und Topkader Vergütungen, deren Wert an
den langfristigen Erfolg der Firma gebunden
sei. Bei einem Teil der Manager mache das
50% des Lohns oder gar mehr aus.
Angelsächsische Kultur
Und die Schwelle, um in den erlauchten Kreis
der Bestverdienenden vorzustossen, steigt.
Im Jahr 2000 gehörte man mit einem Jahres-
gehalt von 275 000 Fr. zu den obersten 1% der
Lohnbezüger, zehn Jahre später waren dazu
300 000 Fr. nötig, wie Föllmi/Martínez er-
rechnet haben. Die Schere zwischen Manage-
ment und Angestellten öffne sich tendenziell,
bestätigt Berater Olaf Lang, zumindest bei
börsenkotierten Unternehmen.
«Jemand, der Boni erhält, hat eine viel
höhere Einkommenschance», sagt Lang. Die
Schere sei hierzulande aber kleiner als im
Ausland, da auch die hiesigen Angestellten
gut verdienten. In den USA und in Grossbri-
tannien lägen die Gehälter der oberen Kader
dagegen um ein Vielfaches über den Durch-
schnittslöhnen. «Darüber wird gesellschafts-
politisch zu Recht kontrovers diskutiert.»
Doch haben sich in der Schweiz zahlreiche
Konzerne kulturell amerikanisiert. Weil sie
von Amerikanern geführt werden oder mit
US-Firmen im Wettbewerb stehen, übernah-
men sie angelsächsische Führungscredos –
und Lohnmodelle. «Die Schweiz hat gemes-
200%
des Bruttoinland­
produkts beträgt
die Marktkapitali­
sierung von Schwei­
zer Unternehmen
an der Börse.
99,9 Mrd.Fr.
betrug der kumu­
lierte Personal­
aufwand von 18
der 20 grössten
Schweizer Firmen
im Jahr 2016. Die
verbleibenden
zwei legten diesen
Posten nicht offen.
34,8 Mrd.Fr. sen an der Einwohnerzahl mit die höchste
Dichte an multinationalen Konzernen. Diese
zahlen in der Regel auch bessere Löhne», sagt
ihnen schrittweise Gehaltserhöhungen garan-
tierte. Auch generelle Lohnrunden, die früher
verbreitet waren, sind seltener geworden.
Dividende haben die Rudolf Minsch, Chefökonom von Economie- «2009 führten noch zwei von drei Firmen
SMI­Unternehmen suisse. Davon hätten alle etwas, schliesslich eine generelle Lohnrunde durch», sagt Gabriel
2016 kumuliert zahlten diese Unternehmen auch in der Fischer, Leiter Wirtschaftspolitik von Travail
ausgeschüttet. Schweiz Steuern. Suisse, dem Dachverband der Arbeitnehmer.
An der Basis dagegen mussten viele Berufs- Seit 2013 habe das bloss noch gut eine von
gruppen jüngst Abstriche machen. Wurde dreien getan, die übrigen hätten bloss einzel-
früher das Gros der Schweizer Beschäftigten nen Mitarbeitenden Lohnerhöhungen ge-
im Rahmen eines Gesamtarbeitsvertrags ein- währt. «Wir kritisieren das, denn die Lohn-
gestellt, schwindet deren Anteil Jahr für Jahr. politik wird dadurch undurchsichtig, zu
Und das nicht nur in der Privatwirtschaft, einem gewissen Grad gar willkürlich.» Die
auch Staatsbetriebe sind dabei, vermehrt Leistungskriterien seien oft intransparent und
Angestellte «outzusourcen». Dadurch fallen lägen im Ermessen des Vorgesetzten. Ein Blick
diese aus dem öffentlichen Lohnsystem, das in die Jahresberichte der zwanzig grössten

Einkommenskonzentration Lohnwachstum verlangsamt Höhere Schwelle

Anteil der Top 10% am Durchschnittslöhne gemäss AHV-Statistik Ab welchem Lohn man in der Schweiz zu den
gesamten Arbeitseinkommen und Bruttoinlandprodukt je Kopf obersten Einkommensgruppen gehört (inflationsbereinigt)
300 000 Franken
31,0% 140 Indexpunkte (1981 = 100)
BIP pro Kopf Top 10% Top 5% Top 1%
30,5 250 000
130
30,0
200 000
29,5 120
29,0 150 000
Durchschnitts-
28,5 110 löhne gemäss
AHV-Statistik 100 000
28,0
100 50 000
27,5

27,0 90 0
1981 1985 1990 1995 2000 2005 2010 1981 1990 2000 2010 2016 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010

Quelle: Föllmi/Martínez: AHV-Statistik, eigene Berechnungen Quelle: Föllmi/Martínez: AHV-Statistik, BFS Quelle: Berechnungen Föllmi/Martínez
 33
So wird

menschneller
der Kuchen
verteilt
SERIE

ILLUSTRATION : MIRA GISLER

Unternehmensgewinne

61% werden an die

Schweizer Unternehmen zeigt: In den letzten
Jahren stieg der Personalaufwand weit weni­
ger als die Managerlöhne, wie Erhebungen
von Willis Towers Watson belegen. Die zwan­
zig grössten Schweizer Firmen des SMI wen­
den im Schnitt ein Viertel des Umsatzes für
Löhne und Sozialleistungen auf.
profitierten deshalb überproportional vom
Kursanstieg. Auffällig ist, dass die Unter­
nehmen nicht nur das Management besser
bezahlen, sondern auch einen wachsenden
Teil in Form von Dividenden an die Aktionäre
ausschütten (siehe Text rechts).
Die Intention der Minder­Initiative und
Aktionäre
ausgeschüttet
Die Aktionäre langen kräftiger zu
bei den Firmengewinnen.
Begnügten sie sich bei den gröss­
ten Schweizer Unternehmen vor
zehn Jahren im Durchschnitt
noch mit 36% des Gewinns, war
es 2016 mit 61% ein fast doppelt
so hoher Anteil. Das zeigen
Berechnungen von Willis Towers
Watson, welche die Beratungs­
gesellschaft auf der Basis der
Geschäftsberichte aller 20 SMI­
Gesellschaften für die «NZZ am
Sonntag» angestellt hat. Der
Medianwert des Gewinnanteils
der Aktionäre für 2016 betrug
sogar rund 70%.
«Offenbar bilden weniger
Betriebe Rücklagen», sagt Olaf
Lang, Berater von Willis Towers
Watson. Eine weitere mögliche
Erklärung ist, dass der Druck der
Geldgeber wächst und sie offen­
bar stärker dafür entgolten
werden möchten, das unterneh­
merische Risiko zu tragen.
Ein Blick auf die einzelnen
Unternehmen ergibt ein unein­
heitliches Bild. Überdurch­
schnittlich hohe Ausschüttun­
gen nahmen der Pharmakonzern
Novartis, der Versicherer Zurich
und der Warenprüfers SGS vor.
Sie gaben 2016 fast den gesam­
ten Gewinn an die Eigentümer
weiter. Und die Credit Suisse
zahlte gar eine Dividende,
obwohl sie Verlust geschrieben
hatte. Dagegen behielten der
Versicherer Swiss Life, der
Bauchemie­Konzern Sika und
die Bank Julius Bär rund zwei
Drittel des Gewinns zurück.
Ausschüttungsquoten sind
indes immer Momentaufnah­
men und können von Jahr zu
Jahr stark schwanken. Denn die
Banker sind jene Dividendenpolitik ist geprägt
von den mittel­ bis langfristigen
Berufsgruppe, die am Plänen der Firmen. Wer Investi­
stärksten in tionen in neue Fabriken zu täti­
den Genuss von Boni gen hat oder Zukäufe vorneh­
men will, muss sich des Rück­
kommt. Fast jeder hat halts der Aktionäre versichern.
Olaf Lang, Leiter Talent &
Rewards, Willis Towers Watson.
Lag 2006 die Gewinnmarge im
Schnitt bei 12%, belief sie sich
im Jahr 2016 auf lediglich 9,3%.
Das bedeutet, dass die Aktionäre
ihren Anteil an den Gesamtein­
nahmen zu steigern vermochten.
Führung und Verwaltungsrat
kassierten einen weitgehend
gleich hohen Anteil des Gewinns
in Form von Vergütungen: 2006
erhielten sie 1,7% des Gewinns,
2016 waren es 1,3%. Allerdings
sind die Gewinne der meisten
Firmen seit 2006 deutlich
gewachsen. Insgesamt bezog das
Management von SMI-Firmen
2016 im Schnitt 33,6 Mio. Fr. und
der Verwaltungsrat 5,3 Mio. Fr.
Im Verhältnis zum Gewinn
entlöhnten der Chemiekonzern
Lonza, der Sanitär­Spezialist
Geberit und der Zementherstel­
ler Lafarge­Holcim ihre Top­
kader am grosszügigsten. Sie
gönnten Management und
Verwaltungsrat 2016 mehr als
ein Zehntel des Gewinns. Beson­
ders niedrig, nämlich unter 1%,
lag der Anteil dagegen bei den
hochprofitablen Pharmafirmen
Roche und Novartis sowie beim
Nahrungsmittelhersteller Nestlé.
Für die Angestellten an der
Basis blieb lohnmässig dagegen
alles weitgehend beim Alten. Der
Personalaufwand entwickelte
sich träge und machte 2016 im

Spezialfall Bank
Es handelt sich um den grössten Kostenblock,
und nicht ganz überraschend fällt er bei den
Grossbanken mit einem Anteil von mehr als
50% am üppigsten aus. Banker sind auch jene
Berufsgruppe, die am stärksten in den Genuss
von Boni kommt. Fast jeder hat Anspruch
darauf. In der Industrie erhalte hingegen
nur ungefähr jeder Zweite erfolgsabhängige
Zahlungen, im Pharmasektor sei es immerhin
noch eine Mehrheit, sagt Berater Olaf Lang.
Die Arbeitnehmer hätten dagegen seit 2011
keine «berauschenden Lohnabschlüsse» mehr
herausholen können, erklärt Fischer von
Travail Suisse. Meist weil die Unternehmen
geltend gemacht hätten, dass sie gerade
schwere Zeiten durchlaufen würden. Für die
Manager galt das offenbar nicht. Der Abstand
zwischen Basis und Chefetage nimmt zu.
Hatten die Chefs kotierter Unternehmen
vor zehn Jahren 45­mal so viel verdient wie
der schlechtestbezahlte Mitarbeiter, lag das
Verhältnis 2016 laut Berechnungen des Dach­
verbands bei 51:1. «Doch warum sind die
Managerlöhne gestiegen, wenn es doch keine
Boomjahre waren?», fragt Fischer.
Rudolf Minsch von Economiesuisse ver­
weist auf die Nationalbank. Die Geldpolitik sei
mit jahrelangen Nullzinsen wesentlich verant­
wortlich für den Börsenboom. «Völlig klar,
dass das die Einkommensverteilung verän­
dert», sagt er. Reiche hielten mehr Aktien und
wohl auch jene vieler Stimmbürger war, die
Aktionärsrechte zu stärken – und damit ein
Gegengewicht zu den steigenden Ansprüchen
der Manager zu bilden. Jetzt stelle sich her­
aus, dass den Eigentümern mehrheitlich
ziemlich egal sei, was die Chefs verdienten,
sagt Fischer. Ihr Augenmerk liege auf anderen
Kennzahlen. Nur selten bekomme ein Unter­
nehmen an der Generalversammlung einen
Denkzettel. Berater Olaf Lang erachtet den­
noch die nichtbindenden Abstimmungen
über die Managersaläre sehr wohl als wirk­
sames Korrektiv.
Doch «Minder» gibt den Verwaltungsräten
auch ein Instrument an die Hand, um die Ge­
hälter untereinander besser zu vergleichen.
Schon länger hegen Experten wie der Akti­
onärsrechtsvertreter Dominique Biedermann
den Verdacht, dass so eine Spirale geschaffen
wird, bei der sich die Managerlöhne gegen­
seitig nach oben schrauben. «Die zunehmende
Transparenz der Vergütungen hat eher einen
Aufwärtstrend ausgelöst», bestätigt Olaf Lang.
Die Ökonomen von der Universität St.Gal­
len ziehen den Schluss, dass in der Schweiz die
Schere im obersten Lohnsegment aufgeht. Ins­
gesamt nehme die Einkommensungleichheit
allerdings bloss leicht zu. Breiten Schichten sei
es weiterhin möglich, «relativ ausgeglichene
Einkommen» zu erzielen. «Wie eine ungleiche
Verteilung gerechtfertigt werden kann, bleibt
[...] eine normative Frage», schreiben Föllmi/
Martínez.
Anspruch darauf. Gerade im Bank­ oder im Pharma­ Schnitt 25% des Umsatzes aus,
sektor hagelte es in den vergange­ nach 23,9% im Jahr 2006.
nen Jahren Bussen in empfind­ Obenaus schwangen UBS, Credit
licher Höhe. Daher drängt es sich Suisse und Julius Bär mit einem
auf, sicherheitshalber gewisse Anteil von um die 50%. Swiss
Rücklagen zu bilden. Life und Zurich wendeten 2016
Interessant ist, dass die Profi­ dagegen weniger als ein Zehntel
tabilität der Unternehmen über des Umsatzes für Löhne und
den Zeitraum abgenommen hat. Sozialleistungen auf. (frp.)
Löwenanteil für Aktionäre
Wie der Gewinn von SMI-Unternehmen verteilt wird
Bleibt im Unternehmen
(Reserve, Rücklagen)
35,9%
2016 Dividenden
an die
Aktionäre
Dividende an 60,9%
Geschäftsleitung
und Verwaltungsrat 0,3%
Vergütungen Verwaltungsrat 0,4%
Vergütungen Geschäftsleitung 2,5%
Quelle: Willis Towers Watson; Basis: Medianwerte für 2016
 21. /22. M Ä RZ 2018

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Digital ist längst normal, Alternativen gibt es nicht. 0815 war gestern, die neue digitale Realität heisst 0915.
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NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Mein Standpunkt Beat Kappeler
Der Wert einer Währung ist das, was ein
anderer dafür hergibt
W
er hat diese Woche eine
alte Zehnernote
gesehen? Nach drei
Monaten zirkulieren fast
nur noch neue Noten,
und die zuvor ausge-
gebenen 20er- und 50er-Noten dominieren
die Portemonnaies vollends.
Der Umtausch geschah ohne stunden-
langes Anstehen wie in Indien, als kürzlich
mehrere Notensorten eingezogen wurden.
Es musste sich auch niemand für die neuen
Noten ausweisen. Die Ladenketten und die
Banken handelten als Agenten der Noten-
bank, sie lieferten die alten Noten ab und
setzten die neuen in Zirkulation.
Diese Zirkulation schlägt das Geld offen-
sichtlich rasch um. Doch sind die Noten –
und die Münzen – nicht das ganze Geld des
Landes. In weiterem Sinne zählen auch die
Einlagen bei Banken und Postfinance, die
Spargelder, dazu. Diese sind nur elektronisch
verbucht.
Man kann ins Grübeln kommen, warum
wir für diese Verbuchungen und für ein paar
bunte, jetzt neue Papierchen unser Hab und
Gut hergeben, unsere Arbeitsstunden, aber
auch alles dafür kaufen können. Seit der
Dollar seine Golddeckung gegenüber den
anderen Notenbanken 1971 aufhob und seit
die Notenbanken einen grossen Teil ihres
Golds in den neunziger Jahren billig an die
Märkte abgaben, wird Geld ohne Deckung,
willkürlich, ausgegeben (fiat money).
Der Wert einer Währung ist daher nur das,
was ein anderer dafür herzugeben bereit ist.
Dieses Vertrauen herrscht in stabilen Ver-
hältnissen, hingegen steigen in Venezuela
heute die Preise um 440 000%, aufs Jahr
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Wirtschaft
hochgerechnet. Sensationell stabil war die
zweite Notenserie der Nationalbank, sie zir-
kulierte von 1911 bis 1956. Sie überdauerte
zwei Weltkriege, eine Weltwirtschaftskrise
und den Nachkriegsboom. Die neueste,
anlaufende Serie wird einen grossen Vertrau-
enstest mit der 1000er-Note erleben. Sie ist
die weltweit wertvollste Note und im Aus-
land als Versteck beargwöhnt. Tatsächlich
soll schon heute der grösste Teil davon als
Hort in Safes und unter Matratzen ruhen.
Die Nationalbank knickte aber nicht ein
und bietet den neuen Tausender sogar in
kleinerem Format an – noch besser zu sta-
peln. Warum nicht? Freies Geld für freie
Bürger, umzutauschen ohne Belege, auch
wenn jemand mit einem Stapel davon
anrückt. Auf der Tausendernote der deut-
schen Reichsbank von 1910 stand sogar:
«Eintausend Mark zahlt die Reichsbank-
hauptkasse ohne Legitimationsprüfung dem
Einlieferer.» Der autoritäre Staat des Kaisers
stellte den Bürger nicht unter Generalver-
dacht wie heute die Demokratien, er kehrte
die Beweislast nicht um. Den Test des Ver-
trauens beim neuen Tausender schuldet also
der Staat gegenüber den Inhabern alter
Noten, die sie in neue tauschen.
Das Zahlungsversprechen auf den alten
Noten kommt einem übrigens seltsam vor
– was wollte denn die Reichsbank, wie
damals jede Notenbank, für Mark auf Noten
an der Kasse in Mark auszahlen? Gold- und
Silbermünzen natürlich, denn man war im
Goldstandard. Noten und Goldmünzen
waren zu festem Kurs austauschbar. Die
Münzen gab der Staat aus, die Noten die
Notenbank, vor 1907 in der Schweiz waren es
33 private Banken. Damit hatte der Bilanz-
posten «Bargeld» der Banken einen Sinn: Es
waren die Gold- und Silbermünzen und
Barren im Keller, gegen welche die privaten
und öffentlichen Notenbanken die Noten
ausgegeben hatten.
Man kann ins Manche möchten dieses schöne Zeitalter
Grübeln wiederbeleben, etwa indem die National-
kommen, bank wiederum das Notengeld mit Gold
deckt. Doch wenn sie allein das täte, wären
warum wir für die Noten eigentlich günstige, handelbare
ein paar bunte Depotgutscheine für Gold. Der Franken
Papierchen würde mit dem Goldpreis schwanken und
unser Hab und sich wohl weiter aufwerten.
Gut sowie Wer heute eine Deckung der Schweizer
Noten sucht, kann sie im aussergewöhn-
unsere Arbeit lichen Bestand an Aktien und Obligationen
hergeben. der Nationalbank sehen, die sie für aufge-
kaufte Dollar und Euro anschaffte, um den
Frankenkurs zu dämpfen. Von 1000 Mrd. Fr.
breit definierter Geldmenge sind so 760 Mrd.
im Ausland angelegt – mit Risiken allerdings,
wie hier mehrmals kritisiert.
Der Bund gibt auch heute nicht die Noten,
sondern die Münzen aus, unter dem Gold-
standard auch die Goldvreneli. Deren Wert
folgt dem Goldpreis, und der ist höher als die
aufgeprägten 10 und 20 Fr.
Die Münzserie des Bundes bietet übrigens
eine noch sensationellere Stabilität als die
alten Noten von 1911: Man kann als Heraus-
geld in Läden immer noch Zehn- und Zwan-
zigrappenstücke von 1885 bekommen, wie
mir geschah. Sie sehen immer noch gleich
aus und können für Liebhaber bis zu 250-mal
mehr wert sein. Diese Langlebigkeit schlägt
die Kurse der Bitcoins, dieses entkörperlich-
ten fiat money. Bitcoins, wie Dollar, Euro,
Bolivar oder Rupie, sind das wert, was der
nächste Dumme dafür herzugeben bereit ist.
35
Personenund
Unternehmen
Sika. Paul Schuler, Chef des Bauchemie-
konzerns Sika, glaubt offenbar nicht an
die angekündigte Übernahme durch
Saint. «Die Investoren, mit denen wir
reden, rechnen nicht damit, dass die
Transaktion wie geplant zustande
kommt.» Trotzdem sei ein gewisses
Risiko mit 10 bis 15% im Aktienkurs ent-
halten. Ohne dieses Risiko wäre der Kurs
höher. «Unser Ziel ist die Einheitsaktie.
Wenn das erreicht wird, würde der Kurs
nochmals steigen», sagte Schuler gestern
in der «Finanz und Wirtschaft». (knu.)
Johann Schneider-Ammann. Der Bundes-
rat hat keine Angst davor, dass nach der
US-Steuerreform reihenweise Firmen
nach Hause abziehen. Die Schweiz habe
es selber in der Hand, für gute Rahmen-
bedingungen zu sorgen, sagte Schneider-
Ammann in der «Schweiz am Wochen-
ende». Die Politik könne den Standort
auch mit der Vorlage zu den Unterneh-
menssteuern attraktiv halten. (sda)
Crans-Montana. Die frechste Winter-
sportdestination der Schweiz hat für diese
Saison kurzerhand die Halbtageskarte ab-
geschafft. Wer nach oben wollte, musste
volle 69 Fr. zahlen,
auch wenn er um 14
Uhr in die Gondel
stieg und die Hälfte
der Bahnen nicht in
Betrieb war. Nach
Protesten der Gäste
hat man wieder eine
halbe Karte (ab 12.30
Uhr) eingeführt, für
59 Fr. Das ist etwas
anständiger. (dah.)
36 NZZ am Sonntag 21. Januar 2018

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Quelle: Swiss Fund Data AG E-Mail: helpdesk@swissfunddata.ch

Reihenfolge Fondsinformationen: Fondsname, Rechnungswährung, Konditionen Ausgabe / Rücknahme, Kursbesonderheiten, Inventarwert, Ausgabepreis
oder Börsenschlusskurs (Werte vom Freitag, 19.01.2018, Abweichungen siehe Besonderheiten), Performance 2018 in %, Jahreshöchstwert und Datum

BANQUE CANTONALE DE GENÈVE BLACKROCK ASSET MANAGEMENT SCHWEIZ AG CARMIGNAC SUISSE SA FRANKFURTER BANKGESELLSCHAFT (SCHWEIZ) AG FRANKLIN TEMPLETON SWITZERLAND LTD
Tel. +41 58 211 21 00 Tel. +41 800 08 80 20 Tel. 041 560 66 00, www.carmignac.ch Tel. 044 265 44 44 Tel +41 44 217 81 81
www.bcge.ch www.blackrock.com/ch Vertreter in der Schweiz: www.frankfurter-bankgesellschaft.ch www.franklintempleton.ch
info@synchronyfunds.ch CACEIS (Schweiz) SA

Obligationenfonds Obligationenfonds Geldmarktfonds Strategiefonds Obligationenfonds

Synchrony Swiss Government Bonds CHF 4/3 e 109.29 -1.0 110.72 08.01. BGF AsTigBd A2 USD USD 2/1 el 40.74 0.3 40.78 16.01. Carmignac Capital Plus A EUR Acc EUR 1/1 e 1181.56 0.5 1181.56 18.01. FBG CHF Managed CHF 2/1 e 73.42 0.7 73.52 09.01. Franklin European TR A (Acc) EUR 1/1 b 15.20 0.1 15.24 08.01.
Aktienfonds BGF FixedIncGlbOpps A2 USD USD 3/1 el 14.13 0.9 14.13 18.01. Carmignac Sécurité A EUR Acc EUR 1/1 e 1759.53 0.5 1759.53 18.01. FBG Global Bal. Strategy EUR 2/1 e 50.68 1.2 50.78 09.01. Franklin GCC Bond A (acc) USD 1/1 e 12.86 0.3 12.89 16.01.
Synchrony All Caps CH A CHF 1/1 e 195.40 1.6 197.44 09.01. Aktienfonds Obligationenfonds FBG Global Managed CHF 2/1 e 77.56 0.6 78.37 09.01. Templeton Global Bond A (Acc) USD 1/1 e 29.79 1.7 29.83 08.01.
Synchrony Emerging Equity A USD 4/3 f 124.87 4.8 124.87 17.01. BGF Asian Dragon A USD USD 2/1 el 48.61 6.1 48.61 18.01. Carmignac Unconstr.Glbl Bd A EUR AccEUR 1/1 e 1415.75 1.0 1416.19 12.01. FBG Global Return Strategy 1 EUR 2/1 e 46.40 0.5 46.51 09.01. Templeton Global TR A (Acc) USD 1/1 e 30.84 1.8 30.84 18.01.
Synchrony Europe Equity A EUR 4/3 f 181.68 2.5 182.59 09.01. BGF Asian Grwth Lead Fd A2 USD 1/1 e 22.09 4.6 22.09 18.01. Aktienfonds Templeton Global TR A CHF-H1 CHF 1/1 e 14.54 1.5 14.57 08.01.
Synchrony High Div. Swiss Stocks A CHF 1/1 e 106.29 1.6 107.01 09.01. BGF China A2 USD USD 1/1 e 22.69 9.8 22.69 18.01. Carmignac Comm. A EUR Acc EUR 1/1 e 320.37 3.8 326.65 12.01. Aktienfonds
Synchrony Small & Mid Caps CH A CHF 1/1 e 234.89 3.8 235.70 09.01. BGF Glbl MA Income Fd A2 USD 1/1 e 13.46 1.2 13.47 17.01. Carmignac Emerg.Disc. A EUR Acc EUR 1/1 e 1571.22 2.5 1586.81 08.01. Franklin India A (Acc) USD 1/1 e 42.98 1.7 43.47 15.01.
Synchrony Swiss Equity CHF 4/3 e 159.00 1.1 161.69 09.01. BSF EM Eq Strat A2 USD 1/1 e 178.30 8.9 178.30 18.01. Carmignac Emergents A EUR Acc EUR 1/1 e 965.44 1.6 981.74 09.01. Franklin Technology A (acc) USD 1/1 e 18.29 6.6 18.29 18.01.
Synchrony US Equity A USD 4/3 e 208.63 5.0 208.84 17.01. BSF EM Flexi Dynamic A2 USD 1/1 e 120.80 1.1 120.80 18.01. Carmignac Euro-Entrepr A EUR Acc EUR 1/1 e 383.69 2.8 384.63 09.01. Templeton Asian Smaller Co A (acc) USD 1/1 e 51.65 3.0 51.91 17.01.
Immobilienfonds BSF Glbl Event Dr A2 USD 1/1 a 108.60 0.6 108.60 17.01. Carmignac Grande Eur. A EUR Acc EUR 1/1 e 203.20 2.5 204.39 09.01. Templeton EM Smaller Co A (acc) USD 1/1 e 13.20 3.0 13.25 12.01.
Synchrony Swiss Real Est FoF A CHF 1/1 a 112.82 0.1 113.12 04.01. BSF MMAS A2 USD 1/1 e 103.33 0.9 103.44 09.01. Carmignac Invest. A EUR Acc EUR 1/1 e 1250.76 3.7 1250.76 18.01. Templeton Euroland A (acc) EUR 1/1 e 24.88 3.5 24.88 18.01.
BSF Style Adv A2 USD 1/1 e 111.05 1.4 111.05 18.01. Strategiefonds Andere Fonds
Strategiefonds Carmignac Emerg.Pat. A EUR Acc EUR 1/1 e 123.05 2.2 123.88 09.01. Franklin Global Convert Sec A (Acc) USD 1/1 e 13.73 3.5 13.73 18.01.
BGF GlobAll A USD USD 2/1 e 58.76 2.8 58.90 16.01. Carmignac Euro-Patr. A EUR Acc EUR 1/1 e 356.70 -0.2 360.26 03.01. Franklin K2 Alternative Strat A (acc) USD 1/1 e 11.31 1.4 11.32 15.01.
Carmignac Patrimoine A CHF Acc Hdg CHF 1/1 e 115.52 2.2 115.62 12.01.
Carmignac Patrimoine A EUR Acc EUR 1/1 e 663.82 2.2 664.35 12.01.

JPMorgan Asset Management (CH) GmbH LB(SWISS) INVESTMENT AG PIMCO (SCHWEIZ) GMBH
Tel. +41 44 206 86 00 Tel. +41 44 225 37 90 Tel. +41 44 512 49 10
Weitere Fonds unter: investment@lbswiss.ch www.europe.pimco-funds.com PvB Pernet von Ballmoos AG RESPONSABILITY INVESTMENTS AG
www.jpmam.ch Tel. +41 44 205 51 51 -- www.pvbswiss.com www.responsAbility.com

Obligationenfonds Aktienfonds Obligationenfonds Aktienfonds Andere Fonds

JPM EM Corp Bond A acc USD USD 2/2 e 154.48 0.4 155.02 12.01. Swiss Opportunity Fund - P CHF 2/1 e 267.94 3.7 268.44 15.01. Capital Securities Fd Inst acc CHF 2/2 e 15.61 1.2 15.61 18.01. PvB Swiss Equity Futures Fund A CHF 1/1 b 119.50 - - - rA Fair Agriculture B1 CHF 2/2 b 97.45 - - -
JPM Flexible Credit Fd A Acc USD USD 4/4 e 15.59 0.5 15.60 16.01. Diversified Income Inst Hdg CHF 1/1 e 13.40 -0.2 13.43 16.01. PvB Swiss Equity Futures Fund I CHF 1/1 b 124.28 - - - rA Fair Agriculture B2 EUR 2/2 b 99.83 - - -
JPM Income Opp A(Perf)acc CHF (h) CHF 3/1 e 98.43 0.2 98.47 17.01. Emerging Local Bond Inst Unhdg CHF 1/1 e 9.72 2.0 9.76 12.01. Immobilienfonds rA Micro and SME FF B USD 4/1 b 154.65 - - -
Aktienfonds Euro Bond Inst Hdg CHF 1/1 e 33.60 -0.2 33.72 08.01. Synchrony Swiss Real Est FoF A CHF 1/1 a 112.82 0.1 113.12 04.01. rA Micro and SME FF H CHF CHF 4/1 b 123.99 - - -
JPM Asia Growth A acc-USD USD 2/2 el 33.45 4.9 33.45 18.01. Global Bond Inst Hdg CHF 1/1 e 32.71 -0.3 32.81 08.01. Synchrony Swiss Real Est FoF I CHF 1/1 a 103.03 0.1 103.27 04.01. rA Micro and SME FF H EUR EUR 4/1 b 138.83 - - -
JPM EM Opportunities A acc USD USD 4/4 el 325.59 6.2 325.59 18.01. Global High Yield Bd Inst Hdg CHF 1/1 e 16.55 0.4 16.61 09.01. Alternative Investments
JPM Euroland Dyn A(Perf)acc EUR EUR 4/4 e 257.44 5.5 257.44 18.01. Global Inv Grade Credit Inst Hdg CHF 1/1 e 16.96 -0.3 17.02 08.01. PvB Andante - Emg Mkts K (CHF) CHF 2/1 bf 11983.00 - - -
JPM Europe Dynamic A acc-EUR EUR 2/2 el 24.86 3.7 24.86 18.01. Income Fund Inst (Hdg) acc CHF 2/1 e 11.34 -0.2 11.38 08.01. PvB Andante - Emg Mkts K (USD) USD 2/1 bf 15349.90 - - -
JPM Europe Eq A acc-EUR EUR 2/2 el 19.25 3.1 19.26 16.01. Total Return Bd Inst Hdg CHF 1/1 e 11.16 -0.8 11.24 03.01. PvB Andante - Global K (CHF) CHF 2/1 bf 10920.70 - - -
JPM Europe Eq Plus A(Perf)acc EUR EUR 2/2 el 17.63 2.9 17.64 16.01. Aktienfonds PvB Andante - Global K (USD) USD 2/1 bf 13598.05 - - -
JPM Europe Tec A acc-EUR EUR 2/2 el 43.70 6.5 43.70 18.01. MLP & Energy Infrastructure Inst acc USD 2/1 e 8.49 6.4 8.68 12.01. Andere Fonds
Strategiefonds PIMCO RAE Fdtl PLUS EM Inst acc USD 4/4 e 14.99 7.2 14.99 18.01. PvB Asset-Backed Securities Fund A USD 2/3 b 3655.94 - - -
JPM Global Income A div CHF (h) CHF 3/1 el 123.27 1.0 123.44 16.01. PIMCO RAE Fdtl PLUS Gbl Dev Inst accUSD 4/4 e 16.13 5.0 16.14 17.01. PvB Asset-Backed Securities Fund I CHF 2/3 b 1648.99 - - -
JPM Global Macro Op A Acc CHF CHF 4/4 el 123.06 5.6 123.06 18.01. PIMCO RAE Fdtl PLUS US Inst acc USD 4/4 e 17.64 4.7 17.66 17.01. PvB Asset-Backed Securities Fund I USD 2/3 b 1657.82 - - -
Strategiefonds PvB Asset-Backed Securities Fund S USD 2/3 b 256.37 - - -
Global Multi-Asset Inst acc USD 1/1 e 17.55 2.8 17.57 17.01.

Erklärung Indizes
Konditionen bei der Ausgabe und Rücknahme von Anteilen:
Die erste Ziffer verweist auf die Konditionen bei der Ausgabe von Anteilen:
1. keine Ausgabekommission und/oder Gebühren zugunsten des Fonds (Ausgabe erfolgt zum Inventarwert)
2. Ausgabekommission zugunsten der Fondsleitung und/oder des Vertriebsträgers
SCHRODER INVESTMENT MANAGEMENT
(kann bei gleichem Fonds je nach Vertriebskanal unterschiedlich sein)
(SWITZERLAND) AG, LUX-SICAV 3. Transaktionsgebühr zugunsten des Fonds (Beitrag zur Deckung der Spesen bei der Anlage neu zufliessender Mittel)
www.schroders.ch, Tel. 0800 8 4444 8 WYDLER ASSET MANAGEMENT AG 4. Kombination von 2) und 3)
contact@schroders.ch www.wydlerinvest.ch 5. Besondere Bedingungen bei der Ausgabe von Anteilen
Die zweite, kursiv gedruckte Ziffer verweist auf die Konditionen bei der Rücknahme von Anteilen:
Obligationenfonds Obligationenfonds 1. keine Rücknahmekommission und/oder Gebühren zugunsten des Fonds (Rücknahme erfolgt zum Inventarwert)
Em Mkts Dbt Ab Return A Acc USD 2/2 e 28.81 2.1 28.81 18.01. Wydler Global Bond Fund CHF 2/1 e 134.24 1.5 134.24 18.01. ANLAGEFONDS – 2. Rücknahmekommission zugunsten der Fondsleitung und/oder des Vertriebsträgers
(kann bei gleichem Fonds je nach Vertriebskanal unterschiedlich sein)
EURO Corporate Bond A Acc EUR 2/2 e 22.42 0.1 22.49 08.01. Aktienfonds
3. Transaktionsgebühr zugunsten des Fonds (Beitrag zur Deckung der Spesen beim Verkauf von Anlagen)
Gl Cred.Dur.Hgd A Acc EUR 2/2 e 113.94 0.4 114.21 17.01. Wydler Global Equity Fund CHF 3/3 a 244.68 4.8 244.68 16.01. TRANSPARENTE UND 4. Kombination von 2) und 3)
Global Corporate Bond A Acc USD 2/2 e 11.21 -0.3 11.25 08.01. 5. Besondere Bedingungen bei der Rücknahme von Anteilen
Strategic Bond A Acc USD 2/2 e 146.79 1.3 146.85 16.01. BEWÄHRTE FINANZ-
Besonderheiten:
Aktienfonds a) wöchentliche Bewertung
Emerging Markets A Acc USD 2/2 e 17.67 5.9 17.67 18.01.
PRODUKTE. MEHR UNTER: b) monatliche Bewertung
c) quartalsweise Bewertung
European Large Cap A Acc 268.97 3.0 270.24 16.01.
European Value A Acc
EUR 2/2 e

EUR 2/2 e 69.63 4.4 69.93 16.01.

WWW.SWISSFUNDDATA.CH d) keine regelmässige Ausgabe und Rücknahme von Anteilen
e) Vortagespreis
Gl Climate Change Eq A Acc USD 2/2 e 15.62 5.0 15.62 18.01. f) frühere Bewertung
Global Energy A Acc USD 2/2 e 17.48 6.6 17.79 16.01. g) Ausgabe von Anteilen vorübergehend eingestellt
h) Ausg. und Rückn. von Anteilen vorübergehend eingestellt
Global Equity A Acc USD 2/2 e 26.75 5.4 26.75 18.01.
i) Preisindikation
Middle East A Acc USD 1/1 e 12.72 5.6 12.72 18.01. l) in Liquidation
Swiss Equity Opp. A Acc CHF 2/2 e 205.13 1.4 207.31 09.01. x) nach Ertrags- und/oder Kursgewinnausschüttung
Swiss S&M Cap Equity A Acc CHF 2/2 e 49.50 3.3 49.58 17.01. Wertangaben ohne Gewähr
NAV / Issue Price exklusive Kommissionen

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Erscheinungsdatum
12. April
Titel
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NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Wirtschaft 37

Amazon

JOSHUA ROBERTS / REUTERS

rückt
näher
Der US-Online-Händler hat
vor kurzem die Marken Prime
und Whole Foods in der
Schweiz registrieren lassen.
Ueli Kneubühler

Die Spekulationen über einen bal-

digen Eintritt Amazons in den
Schweizer Markt haben in diesen
Tagen neue Nahrung erhalten.
Am 8. Januar des laufenden Jah-
res hat der Online-Händler beim
Eidgenössischen Institut für Geis-
tiges Eigentum seine Marke Pri-
me eintragen lassen. Mit Amazon
Prime lassen sich tausende Filme,
Serien und Songs streamen. Auch
garantiert der Dienst die Liefe-
rung in Deutschland innerhalb
von 24 Stunden. Schweizer Kun-
den haben bisher nur beschränk-
ten Zugriff auf das Angebot von
Amazon.de, als auch auf jenes der
Streaming-Dienste.
Experten sehen hinter der Mar-
kenregistrierung eher eine glo-
bale Sicherheitsmassnahme,
denn einen Hinweis auf eine bal-
dige Schweiz-Expansion. Ama-
zon schütze sich mit der Regis-
trierung vor Dritten, welche die
Der Amazon-Gründer Jeff Bezos stellt seit 2006 seine Rechenzentren unter dem Namen Amazon Web Services anderen Firmen zur Verfügung. Heute ist das seine Goldgrube. Marke eintragen könnten. Tat-
sächlich registriert Amazon seine

Bezos’ Wunderwaffe
Brands auch in der Schweiz lau-
fend. Derzeit sind hierzulande 87
Amazon-Brands geschützt.
Allerdings ist aktuell auch auf
anderer Ebene Bewegung festzu-
stellen. Seit einigen Tagen kann

Firmen werden dank Amazons Rechenzentren innovativer – und gleichzeitig abhängig
Marco Metzler
Er verkörpert eine Revolution der
IT: Der 39-jährige Glenn Gore,
Chefarchitekt des Cloud-Anbie-
ters Amazon Web Services (AWS),
ist wie ein 19-Jähriger gekleidet
als wir ihn am Donnerstag am
Zürcher Worldwebforum treffen.
Sein Look ist auf Rockstar ge-
trimmt: Armbänder und schwar-
zes T-Shirt mit pixeligen Gamefi-
gürchen und dem Schriftzug
«AWS Certification». Inmitten all
der Anzugträger sendet das ein
starkes Signal: AWS ist der junge
IT-Superstar. Ihm gehört die Zu-
kunft, die anderen gehören zum
alten Eisen.
Motor für neue Ideen
Amazon-Gründer Jeff Bezos ist
nicht etwa durch Online-Bücher-
verkauf zum reichsten Mann der
Welt geworden, sondern durch
die 2006 ins Leben gerufene
Tochter AWS. Sie ist der Motor der
IT-Revolution und mit Abstand
die Nummer eins im Cloud-Ge-
schäft. Ihr Umsatz hat sich innert
zwei Jahren verdoppelt (siehe
Grafik). Das macht zwar nur einen
Zehntel des Amazon-Konzerns
aus, doch mit einem Quartals-
gewinn von 1,2 Mrd. $ ist AWS die
Profitmaschine von Bezos.
Dank AWS müssen Firmen
nicht mehr selbst in IT-Infra-
struktur investieren oder Soft-
ware programmieren – alles lässt
sich mieten. «Wir nehmen den
Kunden in der IT die Schwerst-
arbeit ab», sagt Gore. Niemand
müsse mehr Server stapeln, ver-
kabeln, sich um Strom oder
Sicherheit kümmern. So bleibe
mehr Zeit, um innovative Dienste
für Kunden zu entwickeln. «Das
senkt die Eintrittshürden für
Leute mit guten Ideen», sagt er.
Wenn ein Student mit Bilderken-
nung in Social Media Marketing-
Trends erkennen wolle, könne er
dafür maschinelles Lernen von
AWS nutzen – ohne Kenntnisse
auf dem Gebiet. Eine Idee und ein
Laptop reichten, um ein Startup
aufzubauen.
Der Clou: Die Dienste kosten
anfangs meist nichts, was zum
Experimentieren einlädt. Die
Rechnung wächst erst mit der
Nutzung. Und AWS kann den
Preis einer Firmen-IT immer
schlagen – dank riesigen Skalen-
effekten. Im Wettbewerb um die
Cloud können deshalb nur noch
Tech-Riesen wie Microsoft und
Google mithalten. AWS dominiert
aber immer noch mit einem
Marktanteil von knapp zwei Drit-
teln. Je mehr Firmen ihre IT-Kos-
ten durch die Cloud senken kön-
nen, desto grösser wird auch der
Druck auf die Konkurrenz.
AWS bietet eine breite Palette:
Rechenleistung, Grafikverarbei-
tung, künstliche Intelligenz oder
Entwicklungsplattformen für
Apps. Insgesamt sind es über 100
Dienste, die laufend ausgebaut
werden: 2017 gab es über 1400
Updates. Darunter sind Dienste
wie Lex und Polly – die Grund-
bausteine hinter dem Sprach-
assistenten Alexa. Lex verwan-
delt Gesprochenes in Text; Polly
liest Texte vor. Jede Firma kann
so eine eigene Sprachsteuerung
oder einen Chat-Bot bauen.
Seit 2016 hat AWS Büros in
Zürich und in Genf. Ein Schweizer
Rechenzentrum gibt es noch
nicht, aber Schweizer Kunden,
deren Daten etwa in Frankfurt la-
gern, können diese in lokalen
Rechenzentren spiegeln, so dass
Kunden schnell darauf zugreifen
können. AWS bietet auch private
Leitungen zu Rechenzentren.
In der Wolke gefangen
Um die grossen Vorteile zu nut-
zen, nimmt man aber auch Nach-
teile in Kauf: Man lagert erstens
die Sicherheit aus. Anfang Januar
sorgten Sicherheitslücken dafür,
dass Cloud-Kunden Daten ande-
Verdoppelung
Entwicklung von Amazon Web
Services seit dem 4. Quartal 2015
4,5 Mrd. $
4,0 Umsatz Gewinn
3,5
3,0
2,5
2,0
1,5
1,0
0,5
0 Daten ihrer Website auslagern,
4. Q. 1. Q. 2. Q. 3. Q. 4. Q. 1. Q. 2. Q. 3. Q.
2015 2016
Quelle: Amazon
rer Kunden hätten sehen können.
«Wir haben die Lücken geschlos-
sen», sagt Gore, der es eher als
Vorteil sieht, wenn sich Experten
um die IT-Sicherheit kümmern.
Zweitens sind sensitive Daten
in der Cloud nicht vor dem Zugriff
durch US-Behörden geschützt:
2017 lieferte Amazon bei 1618 ge-
richtlichen Anordnungen in 74%
der Fälle Daten – hinzu kommen
geheime Anfragen. «Wir empfeh-
len Kunden, ihre Daten zu ver-
schlüsseln, damit niemand etwas
beim Prime-Dienst wie auch bei
Amazons Sprachassistenten
Alexa der Standort Schweiz ange-
damit anfangen kann», sagt Gore. wählt werden. Was dies für Aus-
Für grosse Verunsicherung sorgt wirkungen auf das Angebot hat,
derzeit ein Verfahren vor dem ist noch nicht klar. Neben Prime
obersten US-Gerichtshof: Es geht hat Amazon vor einem Monat in
darum, ob US-Behörden direkt der Schweiz auch die Marke des
auf europäische Rechenzentren Detailhändlers Whole Foods ein-
zugreifen dürfen. Je nach Ent- tragen lassen. Der Online-Händ-
scheid, der in diesem Jahr erwar- ler hat die US-Lebensmittelkette
tet wird, dürften sich hiesige Fir- im vergangenen Jahr für fast
men hüten, auf US-Cloudanbieter 14 Mrd. $ geschluckt.
zu setzen. «Das Problem müsste Zu einer möglichen Expansion
man auf Regierungsebene lösen», in die Schweiz gibt sich die Ama-
sagt Gore. Sollen hiesige Firmen zon-Pressestelle wie üblich wort-
das Urteil abwarten? «Nein, sie karg. «Wir haben zu den genann-
können heute schon mit AWS ten Fragen keine Ankündigung
experimentieren, indem sie etwa gemacht. Ich bitte um Ihr Ver-
ständnis, dass wir Medienspeku-
die sowieso öffentlich sind.» lationen nicht kommentieren»,
2017
Schliesslich droht Firmen auch lässt eine Sprecherin ausrichten.
die Gefangenschaft in der Cloud. Ende November sorgten Be-
«Wir halten die Daten nicht als richte über ein baldiges Eintreffen
Geiseln», widerspricht Gore. von Amazon in der Schweiz für
Jeder sei frei, einzelne Module Aufsehen. Im Wirtschaftsmaga-
selbst zu entwickeln oder zu zin «Bilanz» war zu lesen, dass die
anderen Anbietern zu wechseln. Post künftig die Verzollung für
Viele Startups diversifizierten die Amazon-Pakete übernehmen
Anbieter, und Grossfirmen hätten wolle, was den Schweizer Kun-
eine Multi-Cloud-Strategie. Aber den den Zugriff auf das ganze An-
eine Migration oder Eigenent- gebot von Amazon.de erlaube.
wicklung von Software-Modulen Man sei im Gespräch mit Ama-
ist teuer. Das Startup Dropbox, zon, liess sich damals ein Post-
das dank AWS gross wurde, hat Mitarbeiter zitieren. Erste Pakete
den Schritt gewagt und setzt heu- hätten demnach im Dezember
te hauptsächlich auf eigene Infra- oder Januar verzollt werden sol-
struktur. Doch das lohnt sich erst len. Bis heute ist die Kooperation
ab einer gewissen Grösse. aber noch nicht gestartet.
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Das Seminar ist auf die Bedürfnisse der KMU

massgeschneidert. Dank den ausgezeichneten
Dozenten und dem Austausch zwischen den
Seminarteilnehmenden sind Netzwerke
Weiterbildung für unternehmerische und Freundschaften entstanden.
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38 NZZ am Sonntag 21. Januar 2018

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Erdbeben: die unterschätzte Gefahr

In vielen Teilen unseres Landes sind immer mal wieder Erdbeben
spürbar: Sie führen der Bevölkerung vor Augen, dass die Schweiz
ein Erdbebenland ist. Insbesondere Hauseigentümer sowie
Stockwerkeigentümer sollten sich absichern.

Geborstene Wasserleitungen, Risse in den Risse oder Instabilitäten in der Tragstruktur

Wänden: So kann sich die Schadensbilanz nach
einem Erdbeben in unserem Land präsentieren.
Die Schweiz kommt meistens mit dem Schre-
cken davon. Doch es war auch schon einmal
anders: Das stärkste historisch dokumentierte
Erdbeben in der Schweiz mit einer Magnitude
entstehen. Damit ist bereits bei einem Beben
ab einer Magnitude von 4 zu rechnen. Das
gilt auch für Häuser, die gemäss der 2003 ein-
geführten schweizerischen Erdbebenbaunorm
SIA 261 erbaut wurden. Diese verhindert keine
Schäden, sondern verlangt in erster Linie, <wm>10CAsNsjY0MDQx0TUxMjQzsQQA0pureA8AAAA=</wm>

von 6,6 ereignete sich 1356 in Basel. Ein derar- dass Massnahmen getroffen werden, um einen
<wm>10CFWKoQ7DMAwFvyjRe3bsOTOswqKCaTxkGt7_o7ZjBQdOd3OmVfzZxv4eryTYWmlCbz1De4VZumh1kQQZAsaTDqM-VG9_AbsrsK7nlMJYPCOKyQpF_X2-B9uJxZtyAAAA</wm>

tiges Beben würde heute Schäden im Ausmass
von 80 bis 100 Milliarden Franken verursachen.
Das Stadtberner Beben im Jahre 1881 erreichte
eine Magnitude von 4,8. Vier Menschen fielen
dem Unglück zum Opfer. Zahlreiche Schorn-
steine stürzten ein und viele Gebäude erlitten
erhebliche Schäden. 1946 bebte die Erde bei
Siders derart stark, dass Tausende von Gebäu-
den beschädigt wurden. Laut dem Schweizeri-
schen Erdbebendienst (SED) kommt es in der
Schweiz etwa alle 10 bis 20 Jahre zu einem
Erdbeben mit einer Magnitude von mindestens
5. «Erdbeben stellen in der Schweiz die Natur-
gefahr mit dem grössten Schadenspotenzial
dar», fasst Stefan Wiemer, Direktor des Schwei-
zerischen Erdbebendienstes, zusammen.
Erdbebensicheres Bauen schützt nur
teilweise
Wenn die Erde in der Schweiz bebt, bedeutet
dies nicht zwangsläufig, dass Gebäude wie
Kartenhäuser zusammenstürzen. Viel eher ist
es so, dass durch die Erschütterung klaffende
Einsturz und damit Lebensgefahr für Mensch
und Tier zu vermeiden. Viel Schutz für wenig Geld Die Frage der Notwendigkeit
Eine davon ist zum Beispiel GVB Terra der Andreas Dettwiler, Geschäftsleiter der GVB
Finanzielle Risiken absichern GVB Privatversicherungen AG. Sie bietet nicht Privatversicherungen AG, rät Hauseigentümern
Was viele nicht wissen: Erdbebenschäden werden nur Hauseigentümern, sondern auch Stock- und Stockwerkeigentümern in der ganzen
von den obligatorischen Gebäudeversicherungen werkeigentümern umfassenden Schutz zu nied- Schweiz nach den letzten Beben zu einem Um-
nicht gedeckt. Nur im Kanton Zürich ist eine rigen Preisen. denken. «Erdbeben sind zwar seltener als der
beschränkte Deckung eingeschlossen. Die Behe- Diebstahl eines Portemonnaies, gegen den sich
bung von Schäden ist aber mit erheblichem – Voller Versicherungsschutz zum Neuwert – die meisten Schweizer ohne Zögern versichern.
Aufwand verbunden und kann die finanziellen ohne Schwellenwerte Aber sollte man sich nicht eher gegen gravieren-
Möglichkeiten der Hausbesitzer und Stockwerk- – Niedriger Selbstbehalt von CHF 10 000 de Schäden versichern, die zwar seltener passie-
eigentümer rasch übersteigen. Denn es müssen – Keine Schadensobergrenze – wer versichert ren, jedoch schnell ernsthafte finanzielle Schwie-
nicht nur Statik- und sonstige Schäden durch ist, erhält die volle Deckung und zusätzlich rigkeiten nach sich ziehen können?»
Experten analysiert Folgekosten von bis zu CHF 200 000 erstattet
und repariert werden, sondern beispielsweise – Indirekte Schäden sind auch gedeckt (Feuer,
auch zusätzliche Lebenshaltungskosten getra- Erdrutsch, Lawine, Felssturz etc.)
gen, Mietausfälle kompensiert – und die Hypo- – GVB Terra kann einzeln abgeschlossen
thek weiter bezahlt werden. Einige Versich- werden und ist nicht an andere Versich-
erungen haben das Risiko erkannt und bieten erungen geknüpft Wie gross ist das Erdbebenrisiko an Ihrem
eine entsprechende Erdbebenversicherung an. – GVB Terra kann einzeln für Stockwerkeigen- Wohnort? Wie teuer wäre eine Versiche-
tum abgeschlossen werden rung dagegen? Diese Fragen beantwortet
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NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Wirtschaft 39

Einkaufstourismus erreicht den Tourismus

Über ein Viertel der Tui-Suisse-Kunden, die im Sommer in Zürich abflogen, haben in Deutschland gebucht
Ueli Kneubühler destkurs zum Euro aufgehoben über die jeweilige Ländergesell­ Fluggesellschaft Swiss zum Bei­

JEAN-PAUL PELISSIER / REUTERS

hat. Angesichts der kurzen Dauer schaft einzukaufen, was in der spiel richtet sich der Ticketpreis
An ihm reiben sich die Gemüter: hat das Cross­Border­Shopping Schweiz oft höhere Preise zur Fol­ nach dem Abflughafen und nicht
dem Einkaufstourismus. Mora­ aber bereits einen beachtlichen ge hat, verzichtet Tui auf diese nach dem Verkaufspunkt. Der
lisch verwerflich sei die Schnäpp­ Anteil erreicht. Praxis. Selbst auf der Website Flug Zürich–New York kostet
chenjagd im grenznahen Aus­ Auch der Konkurrent DER Tou­ lässt sich mit wenigen Klicks immer gleich viel, egal, ob er in
land, sagen die einen. Der Markt ristik mit seinen Marken Kuoni direkt aus der Schweiz heraus bei der Schweiz, den USA oder
spiele, argumentieren die ande­ und Helvetic Tours macht ähn­ Tui Deutschland bestellen. Die Deutschland gebucht wird. Und
ren. Jährlich rund 10 Mrd. Fr. ge­ liche Beobachtungen. Es lasse meisten Online­Shops leiten Kun­ auch die Buchungsplattform
ben Schweizer Konsumenten in sich sagen, dass die Aufhebung den jeweils direkt auf die entspre­ Ebookers.ch stelle keine ausser­
Konstanz, Lörrach und Weil am des Mindestkurses zum Euro zu chende Länderseite. gewöhnlichen Verschiebungen
Rhein aus für Kleider, Kosmetik einer Zunahme des Cross­Border­ fest, sagt ein Sprecher.
oder Kalbfleisch. Shoppings geführt habe, sagt Zuversichtlicher Ausblick Auch haben sich die Preise mit
Nicht minder virulent, aber Mediensprecher Markus Flick. Ein Virtual Private Network dem Erstarken des Euro angegli­
von der Diskussion weitest­ Vor allem preisaffine Kunden (VPN), es verschleiert, aus wel­ chen. Die Preisvorteile vieler Rei­
gehend ausgenommen, war das würden in erster Linie Pauschal­ chem Land der Kunde auf eine se­Angebote im Ausland sind da­
Thema bisher in der Reise­ reisen für Badeferien über Website zugreift, um bessere hingeschmolzen.
branche. Cross­Border­Shopping Deutschland buchen. Konditionen zu erhalten, ist da­ Obwohl rückläufig, ist der
nennt sich dort das Phänomen, Bei Tui werden ebenfalls oft mit überflüssig geworden. Konn­ Cross­Border­Anteil relativ gross,
wenn Schweizer Urlauber ihre klassische Badeferien oder Rund­ ten früher mit einem VPN tat­ und grenznahe Reisebüros wer­
Ferien auf der Suche nach dem reisen über deutsche Schwester­ sächlich ab und an günstigere den gut von Schweizer Kunden
tiefsten Preis bei ausländischen Sonne, Sommer, Griechenland. (Alimos, 12. Juli 2015) Veranstalter gebucht, aber nicht Hotels oder Flüge gebucht wer­ frequentiert. Denn viele Konsu­
Anbietern buchen. nur. Neben den preisaffinen sind den, scheint sich dieses Vorgehen menten vergleichen die Preise
viele auch Kunden des Robinson­ langsam zu verflüchtigen. Bei der erst gar nicht. In ihren Köpfen
Leichter Rückgang mersaisons verglichen. 27% der sei das Volumen über den Ge­ Clubs, der eher teurere Reisen an­ wird der Euro weiterhin mit dem

27
Verlässliche Zahlen gibt es nicht. Schweizer Kunden haben im samtumsatz von Tui Suisse ge­ bietet. Viele Cross­Border­Shop­ Attribut «günstig» assoziiert.
Doch Schweizer Ferienreisende Sommer 2017 über Tui Deutsch­ sehen mit unter 10% gering, sagt per hätten noch nicht bemerkt, Trotzdem sind Tui Suisse so­
scheinen den Aufwand nicht zu
scheuen, wenn Flug oder Hotel
land anstelle der Schweizer
Ländergesellschaft gebucht. Ein
Sprecherin Bianca Schmidt.
Ausland­Shopping in der
dass Tui in Deutschland und in
der Schweiz die gleichen Preise
% wie Kuoni und Helvetic Tours zu­
versichtlich, dass sich die Lage an
ein paar Franken günstiger zu stattlicher Wert, selbst wenn im Reisebranche ist gemäss Tui ein anbiete, so Schmidt. Der Produk­ So viele Schweizer Reisende mit der Cross­Border­Front entspan­
haben sind. Tui Suisse, einer der Vergleich zur Vorjahressaison das relativ neues Phänomen. Erst seit teeinkauf ist in beiden Ländern Abflug Zürich haben im Som- nen wird. Der erstarkte Euro als
grössten Schweizer Reiseveran­ Cross­Border­Geschäft um 5 Pro­ Sommer 2015 würden Schweizer der gleiche. mer 2017 bei Tui Deutschland auch das Bewusstsein, dass man
stalter, hat nachgerechnet und zentpunkte abgenommen hat. Reisende in Deutschland Flüge ab Während globale Markenan­ gebucht. Das sind 5 Prozent- in der Schweiz mit denselben
die Buchungen mit Abflug in Auch wenn die Zahl der Buchun­ Zürich buchen. In dem Jahr also, bieter im Detailhandel den Kun­ punkte weniger als im Vorjahr. Preisen rechne, setze sich lang­
Zürich in den letzten beiden Som­ gen in Deutschland hoch ist, so als die Nationalbank den Min­ den in der Regel vorschreiben, sam durch.

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Invest
Luxusgüter-Plattform macht
«legales» Initial Coin Offering
Die Firma Tend des früheren Credit-Suisse-Digitalchefs verkauft demnächst Coins,
die Partizipationsscheine nach Schweizer Recht darstellen. Von Markus Städeli
B
eim Jungunternehmen Tend ist alles
aussergewöhnlich: das Management,
die Geschäftsidee und die Finanzie-
rung. Beginnen wir mit dem Personal:
Marco Abele, der Gründer und CEO, war zuvor
Digitalchef der Credit Suisse. Der operative
Leiter Rasoul Jalali kam von Uber Schweiz,
dessen Chef er war. Und als strategischer Be-
rater fungiert Oliver Bussmann, der bei der
UBS die Rolle des Innovationschefs inne hatte.
Heute leitet Bussmann die Branchenorganisa-
tion Crypto Valley Association in Zug.
Auch das Geschäftsmodell von Tend ist in
einem wörtlichen Sinne extravagant: Die
Firma will es wirtschaftlich aufstrebenden
Menschen ermöglichen, in Luxusgüter wie
Weingüter, Steinway-Flügel oder Kunst zu
investieren – im Miteigentum. Beim Firmen-
domizil in Zug steht etwa ein 1955er Porsche
365 A Speedster. Wer einen Anteil am 210 PS
starken Oldtimer erwirbt, darf ihn an vier Ta-
gen pro Jahr ausfahren. Tend ermöglicht so
Damit aus Dot.coms nicht Dot.gones werden
Geldspiegel
Markus Städeli
D
er Darwinismus in der Wirtschaft
kommt dieser Tage in Gestalt der
Digitalisierung daher. Technologie-
unternehmen machen traditionel-
len Firmen das angestammte Geschäft strei-
tig, was man derzeit etwa besonders ein-
drücklich im Detailhandel beobachten kann.
Doch auch Technologiefirmen selber laufen
Gefahr, rasch obsolet zu werden. Die Stras-
sen des Silicon Valleys sind gesäumt von
Firmenleichen à la Pets.com. Viele vormals
beliebte Dienste wie etwa der Netscape Navi-
eine Mischform von Investition in Luxusgüter
mit Wertsteigerungspotenzial und Lifestyle.
Die Eigentumsrechte am besagten Porsche
und anderen Vermögenswerten werden auf
die Blockchain gebracht, die man sich als
transparentes, dezentral organisiertes und fäl-
schungssicheres Register vorstellen kann.
Tend hat einerseits globale Ambitionen,
doch gleichzeitig handelt es sich um ein sehr
lokales Geschäft – schliesslich wollen die
künftigen Kunden die Luxusgüter in Reich-
weite haben. Die Plattform startet am 1. April
Weil Tend beim Initial
Coin Offering mit einer
Bank zusammen-
arbeitet, kann man die
Firmenanteile auch in
Franken bezahlen.
gator sind nicht mehr. Aus Dot.coms wurden
Dot.gones. Selbst Jungstars wie Uber zeigen
exemplarisch, wie schnell aus gefeierten
Tech-Unternehmen aufgrund von Manage-
mentfehlern Problemfälle werden können.
Doch wie können Investoren erkennen, ob
eine Firma kurz- und welche langlebig ist?
Antwort auf diese Frage will ein neuer
Aktienindex geben, der Thomson Reuters
Top 100 Global Technology Leaders. Firmen,
die in diesen aufgenommen werden, müssen
gute Werte bei 28 Kriterien aufweisen.
Untersucht werden Kennzahlen, die auf
Gesundheit in folgenden Bereichen schlies-
sen lassen: Finanzen, Innovation, Manage-
mentqualität, Rechts- und allgemeine Unter-
nehmensrisiken, Umwelt- und Sozialstan-
dards sowie Reputation.
Wer hat es in diesen Index geschafft? Aus
der Schweiz lediglich das Sicherheitsunter-
nehmen Dormakaba. Aus dem übrigen
Europa sind die Beratungsunternehmen
Accenture (IRL) und Capgemini (F), die IT-
Dienstleister Atos (F), Sopra Steria (F), Com-
putacenter (GB) und Tieto (FIN), die Mobil-
funk-Netzwerkbauer Ericsson (S) und Nokia
(FIN) mit von der Partie, daneben die Halb-
in der Schweiz, will später aber auch in Mün-
chen, Paris, Mailand und London Fuss fassen.
Danach ist vorgesehen, die «Investment-Er-
lebnis-Plattform» – so nennt sie sich selber – in
Sao Paulo, Mexiko City und einem halben Dut-
zend asiatischer Metropolen zu lancieren.
Auch die Finanzierung erfolgt über die
Blockchain. Ab dem 3. Februar will Tend ein
Initial Coin Offering durchführen. Diese ICO
erleben derzeit zwar einen beispiellosen
Boom (siehe Grafik). Doch bisher ist unklar, ob
ICO den Anforderungen der Behörden ge-
nügen, also überhaupt legal sind. Bei vielen
Coins (auch Token genannt) wissen die Inves-
toren auch nicht genau, was sie da im recht-
lichen Sinne erwerben: Sind es Wertschriften,
Klubwährungen, Zahlungsmittel oder Beteili-
gungen an Vermögenswerten?
Diese Unschärfen will Abele, von Haus aus
Rechtsanwalt, beseitigen. Die Token von Tend
seien Partizipationsscheine gemäss Schweizer
Recht, sagt er. «Ein grosses Problem für Block-
leiter-Hersteller Infineon (D), NXP (NL) und
STMicroelectronics (NL), die Software-Firma
SAP (D) und der SIM- und Chipkartenherstel-
ler Gemalto (NL).
Interessant ist, dass die Technologie-
Grossmacht China nur gerade drei Firmen
stellt: Lenovo, Tencent und ZTE – während
Japan und Taiwan es auf je 13 Firmen brin-
gen. Erwartungsgemäss schwingt Nordame-
rika mit 47 Firmen obenaus. Bemerkenswert
ist aber, dass Firmen wie Netflix oder Tesla
nicht im Global-Technology-Leaders-Index
aufgenommen worden sind – wohl aufgrund
ihrer (nach klassischen Kriterien) nicht so
brillanten Finanzkennzahlen.
Natürlich kann man sich über die Metho-
dologie solcher Indizes trefflich streiten. Das
beginnt nur schon bei der Frage, wann genau
eine Firma Technologie macht und wann
nicht. Thomson Reuters berücksichtigt zum
Beispiel auch eine Firma wie Mastercard.
Doch gegen Ende dieses Aktienzyklus, der
ganz unter dem Eindruck der Digitalisierung
steht, lohnt sich folgende Überlegung beson-
ders: Von welchen Firmen reden wir auch in
fünf oder zehn Jahren noch? Und wer sind
die Pets.coms dieses Zyklus?
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
BARCROFT MEDIA / GETTY IMAGES
Wundersame Vermehrung
Anzahl Initial Coin Offerings pro Monat
80
70
geplant
60
50
40
30
20
10
0
2016 2017
Quelle: PwC Strategy&
chain-Firmen ist, dass sie über ein ICO Krypto-
währungen wie Bitcoin oder Ether erhalten,
dann aber keine Bank finden, welche diese
Gelder annimmt», sagt er. Dies, weil sie nicht
dokumentieren könnten, wer die Eigentümer
seien und ob die Geldwäscherei-Regeln einge-
halten würden. «Um diese Situation zu ver-
meiden, haben wir schon im Vorfeld mit der
Bank Frick zusammen Standards festgelegt,
wie wir bei ICO vorgehen werden.»
Das Bankhaus mit Sitz in Liechtenstein fun-
giert als Depotbank. «Für das ICO kann man
auch Franken an die Bank Frick überweisen
oder von seiner Kreditkarte abbuchen lassen.
Denn für viele Investoren ist der Umgang mit
einer Wallet noch zu ungewohnt», sagt Abele.
Für jene Investoren, die das bevorzugen, be-
stehe nach dem ICO die Möglichkeit, die
Token auf einer Hardware-Wallet zugestellt zu
bekommen. Das ist ein physisches Gerät, ver-
gleichbar mit einem USB-Stick, auf dem die
Token gespeichert sind. Hardware-Wallets
bieten eine grössere Sicherheit vor Hacker-
angriffen als reine Online-Wallets.
Wer beim ICO mitmachen will, muss sich
erst über die Webseite tend.swiss identifizie-
ren – indem man seinen Pass hochlädt und ein
Selfie macht. Bei grösseren Summen sei auch
ein Video-Call nötig für die Geldwäscherei-
Abklärungen, so Abele. Wer diesen Prozess
durchlaufen hat, erhält einen Investorcode,
mit dem man dann eine Geldüberweisung
vornehmen kann. Nachdem die Token gene-
Dieser Porsche 356 riert worden sind, erhalten Investoren diese
A Roadster steht im zugeschickt: an ihr Hardware-Wallet oder an
Porsche-Museum in eine Blockchain-Adresse.
Stuttgart. Ein ähnli- Partizipieren kann, wer mindestens 1000
ches Modell können Fr. zu investieren gewillt ist. Anleger, die
Kunden der Firma schon vor dem eigentlichen ICO-Fenster ein-
Tend erwerben – im steigen, erhalten einen Rabatt von 20%. «Wir
Miteigentum. möchten 30 Mio. Fr. aufnehmen. Dieses Geld
würde für die nächsten drei Jahre und für den
Aufbau des Schweizer Marktes ausreichen,
wie wir in unserem Businessplan detailliert
ausweisen», sagt Abele. «Auch das gehört für
uns zu einem ICO nach Best Practice: Wir wol-
len nicht mehr Geld aufnehmen, als wir klar
definiert haben.»
Wenn nicht alles täuscht, zeigt Tend der
Blockchain-Szene gerade auf, wie ein muster-
gültiges ICO funktionieren kann. Trotzdem ist
das Risiko für Anleger sehr hoch. Nicht wegen
des ICO per se, sondern weil es sich bei Tend
um ein Startup handelt, das mit seiner Ge-
schäftsidee grandios scheitern könnte.
Die schlechteste Woche hatte...
Urs Schaeppi, Swisscom
nen sich immer wieder vor
KEYSTONE
Gericht, etwa wenn es um
Sport-Übertragungsrechte
geht. Dass also ausgerechnet
UPC eine Partnerschaft mit
Swisscom einzugehen bereit
ist, gibt in der Branche zu
reden. Allerdings müssen sich
Eigentlich hat das neue Jahr für
UPC-Kunden, die nun auf das
Swisscom-Mobilfunknetz
Swisscom-Chef Urs Schaeppi transferiert werden, langsam
ausgezeichnet begonnen. Die Gedanken machen, ob die
Konkurrentin UPC gab Swisscom dieser Aufgabe tech-
bekannt, ihre rund 100 000 nisch auch gewachsen ist. Am
Mobilfunk-Kunden vom Netz Freitag kam es zu einer gravie-
der Firma Salt auf jenes der renden schweizweiten Störung
Swisscom zu zügeln. Das ist auf dem Mobilfunknetz, deren
bemerkenswert, da UPC-Chef Ursache die Firma noch nicht
Eric Tveter die Swisscom kennt. Dies, nachdem Swiss-
inbrünstig hasst und dies auch com ihre Kunden bereits vom
gerne in Wort und Tat bekun- 8. bis zum 10. Januar und am
det. Beide Firmen kämpfen mit 15.Januar mit einer Pannen-
harten Bandagen und begeg- serie verärgert hatte. (stä.)

Unternehmen der Woche
Das berühmteste Konglomerat
der Welt ist gescheitert
D
ie Gerüchte um eine Aufspaltung
von General Electric werden ausge-
rechnet vom Konzernchef weiter
angefeuert. «Die Ergebnisse der
vergangenen Jahren haben mich in meiner
Ansicht gestärkt, dass wir GE neu gestalten
müssen», sagte John Flannery diese Woche.
Die neue GE solle kleiner und wendiger sein.
Die Börse rätselt nun, wie radikal der Umbau
ausfallen könnte.
Dass er überfällig ist, darüber herrscht
Einigkeit. Im vergangenen Jahr hat die GE-
Aktie mitten in der Börsenrally 40% an Wert
verloren, kein Name im Dow Jones schnitt
schlechter ab. Im November musste der Kon-
zern die Dividende halbieren, in dieser
Der Absturz
Kursentwicklung der GE-Aktie seit einem Jahr
30 $
28
26
24
22
20
18
16
J F M A M J J A S O N D
2017
Quelle: Swissquote
Nestlé setzt seine Strategie
konsequent um
Der Waadtländer Nahrungsmittelmulti
Nestlé gilt als Supertanker. Er setzt mit mehr
als 300 000 Mitarbeitenden fast 90 Mrd. Fr.
um. Tanker sind schwer manövrierbar, Kurs-
änderungen brauchen Zeit. Mark Schneider
beweist das Gegenteil. Seit der Nestlé-Chef
vor Jahresfrist das Steuer übernommen
hat, bewegt sich Nestlé agiler. Allein in den
letzten Wochen verkaufte der Konzern eine
Schokoriegel-Marke in Australien, kaufte
einen kanadischen Nahrungsergänzungs-
mittel-Hersteller, trennte sich in den USA
von zwei Getränkemarken, bietet dem
Vernehmen nach für das Consumer-Health-
Geschäft von Merck, kündigte an, den
Zuckergehalt seiner Produkte in Europa bis
2020 zu reduzieren, und teilte diese Woche
mit, dass er die Süsswarensparte in den USA
an Ferrero verkauft. Im Portfolio verbleiben
bloss globale Marken wie Kitkat. In den
Übernahmen und Verkäufen ist Nestlés Stra-
tegie erkennbar. Weg vom Zucker, hin zu
gesünderen Lebenmitteln. Gesünder Leben
ist Nestlés oberstes Credo. Das kommt auch
bei den Anlegern an. (knu.)
Wall Street
Kaffeebecher statt Spardose
Jens Korte, New York
A
merikaner trinken lieber Kaffee,
als sich um die Altersabsicherung
zu kümmern. Zu diesem Schluss
kommt zumindest eine jüngste Um-
frage. Danach würden rund ein Drittel der US-
Bürger mehr Geld für den täglichen Kaffee als
für Geldanlagen ausgeben. 44% der Befragten
gaben an, mehr in Weihnachtsgeschenke als
in Aktien investiert zu haben. Und 37% bezah-
len mehr für die Ferien als für Geldanlagen.
Die Profis an der New Yorker Börse verweisen
gerne darauf, dass die Menschen selbst ver-
antwortlich sind, wenn sie nicht am Markt
Woche fiel der Marktwert auf gut 123 Mrd. $.
STÉPHANE MAHE / REUTERS
Dem Umsatz von zuletzt 125 Mrd. stehen
Schulden von 130 Mrd. $ gegenüber. Vor
Veröffentlichung der Zahlen für das vierte
Quartal in der kommenden Woche bremste
der Konzernchef die Erwartungen: Es stehe
ein Jahr des «Reset» bevor.
Mit Finanzdienstleistungen, Energie- und
Luftfahrtsparten sowie eigenen TV-Sendern
gab es lange kaum eine Branche, in der der
125 Jahre alte Konzern nicht mitmischte. Je
grösser und breiter das Unternehmen, so das
Credo, desto effizienter könnten Forschung
und Marketing genutzt werden. Doch dann
kam der Riese ins Schleudern. Erst traf die
Finanzkrise das wichtige Kreditgeschäft,
später brachen die Energiepreise mitten im
Ausbau des Öl- und Gasgeschäfts ein. Flan-
nerys Vorgänger Jeffrey Immelt zog die Not-
bremse: Er verkaufte die Mediensparte,
lagerte das Öl- und Gasgeschäft aus und
stiess den Grossteil des Finanzarms ab.
Doch mit weltweit 300 000 Angestellten
bleibt GE der grösste US-Industriekonzern,
das verbliebene Finanzgeschäft gehört noch
immer zu den 20 grössten US-Banken. GE sei
ein Relikt aus vergangenen Zeiten, sagt Robert
Salomon, Management-Experte an der New
York University. Dass der Konzern gerade
überraschend Abschreibungen in Höhe von
6,2 Mrd. $ wegen Altlasten aus dem Rückver-
J sicherungsgeschäft ankündigte, sehen Kriti-
18 ker als weiteres Zeichen dafür, dass die Spitze
den Überblick verloren hat. Flannery hatte
Thyssen Krupp wehrt sich gegen den
aktivistischen Investor Cevian
Die Aktie des traditionsreichen Stahlkon-
LG
zerns Thyssen Krupp kommt seit Jahren
kaum vom Fleck, die Kritik der Aktionäre
wird immer lauter. Zum Ende der Woche
ging der Kurs für einmal deutlich hoch. Rund
4% legte der Titel am Freitag zu. Der Grund
für den Kursgewinn dürfte sein, dass das
Unternehmen am Freitag höhere Dividenden
in Aussicht stellte.
Den Kritikern des Konzerns ist das zu
wenig. Der aktivistische schwedische Inves-
Nestlé-Chef Mark tor Cevian, der auch einen bedeutenden
Schneider schlägt Anteil am Schweizer Industrieriesen ABB
beim Umbau des hält, fordert eine Zerschlagung. Thyssen
Konzerns ein hohes Krupp giesst nicht nur Stahl, sondern han-
Tempo an. delt auch mit ihm und produziert Rolltrep-
pen und Maschinen. Zwar sollen die Stahl-
werke wegen der grossen Überkapazitäten
im Markt in ein Gemeinschaftsunternehmen
mit der britisch-indischen Tata Steel einge-
bracht werden. Bis zu 4000 Stellen dürften
dadurch entfallen.
Doch Cevian fordert mehr. Der Investor
hält den Konzern für viel zu komplex. Die
unterschiedlichen Einheiten würden sich
mitspielen und entsprechend auch nicht an
der Rally partizipieren. Das klingt nachvoll-
ziehbar. Doch mit Geldanlagen ist es nun ein-
mal so: Wer kein Geld auf der hohen Kante
hat, kann dementsprechend nicht beim Bör-
senspiel mitverdienen. Oder anders formu-
liert: Wer Geld hat, kann reicher werden, wer
kein oder wenig Geld hat, bekommt keine
Chance auf den Jackpot.
In den vergangenen Monaten liess sich an
der Wall Street viel Geld verdienen. Seit dem
20.Januar 2017, also seit dem Amtsantritt von
Donald Trump, ist der Wert der US-Aktien um
fast sieben Billionen Dollar (also 7000 Mrd.)
gestiegen. Der Dow Jones übersprang in
diesem Wochenverlauf erstmals in der
Geschichte die 26 000-Punkte-Marke. Es war
bereits die achte 1000er-Marke, die seit der
Präsidentschaftswahl im November 2016
geknackt wurde.
Ob der 45. Präsident der USA eine gran-
diose Wirtschaftspolitik fährt, lässt sich noch
schwer beurteilen. Die grossen Massnahmen
Noch immer im Sommer das Ruder übernommen und den
arbeiten weltweit Schrumpfungsprozess beschleunigt. Der Kon-
300 000 Ange- zern soll sich auf die Kerngeschäfte mit Flug-
stellte für GE. zeugtriebwerken, Turbinen für den Energie-
markt und Maschinen für die Gesundheits-
branche konzentrieren. Der 56-Jährige will
Unternehmenswerte in Höhe von 20 Mrd. $
abstossen. Wie der jetzt angekündigte Umbau
aussehen soll, will der Chef im Frühjahr
bekanntgeben.
Analysten warnen vor zu viel Optimismus.
An der Börse brach der Kurs diese Woche um
fast 12% ein. Thorsten Schröder, New York
nicht etwa ergänzen, sondern vor allem dazu
führen, dass das Unternehmen einen gros-
sen, teuren Wasserkopf habe.
Die Führungsspitze um den ehemaligen
Siemens-Manager Heinrich Hiesinger tritt
solcher Kritik entgegen, will aber im Mai
über die Firmenstrategie beraten. (mju.)
Thyssen Krupp kommt nicht vorwärts
Aktienkurs des Mischkonzerns
seit Anfang 2013
26 €
24
22
20
18
16
14
12
2013 2014 2015 2016 2017
Quelle: Finanzen.ch
wie die Steuerreform kamen erst gegen Ende
des vergangenen Jahres. An der Börse wird je-
doch nicht das gehandelt, was passiert ist,
sondern was die Investoren glauben, dass pas-
sieren wird. Die Börsianer gehen davon aus,
dass die Senkung der Unternehmenssteuer Ob der 45. Prä-
die Gewinne von Corporate America kräftig sident der USA
beflügeln wird. Entsprechend ziehen die eine grandiose
Aktienkurse an. Über die langfristigen Konse-
Wirtschafts-
quenzen wie eine höhere Verschuldung
machen sich die Anleger derzeit weniger Ge- politik fährt,
danken. Dass die Vermögensschere derweil lässt sich noch
immer weiter auseinanderklappt, ist bei eini- schwer
gen Profis durchaus angekommen. Blackrock- beurteilen.
Chef Larry Fink forderte seine Kunden drin-
gend dazu auf, sich ihrer sozialen Verantwor-
tung stärker bewusst zu werden.
In den nächsten Wochen dürfte es weniger
um Glauben, sondern viel mehr um Fakten
gehen. Die Berichtssaison nimmt Fahrt auf.
Den Auftakt haben Banken mit einem durch-
wachsenen Ergebnis gemacht. Dabei mussten
die Banken wegen der Steuerreform zunächst
41
Fünf Fragen
an Carlos Mejia
Carlos Mejia arbei-
tet als Head of
Investment bei der
Rothschild Bank
Schweiz.
Die geldpolitische Trendwende hat begon-
nen. Bringt das die Märkte aus dem Lot?
1
Wir rechnen dieses Jahr mit drei Zins-
erhöhungen in den USA und keiner Be-
wegung der Zinsen in Europa und der
Schweiz. Die Zentralbanken informieren
transparent über den Weg zu einer restrik-
tiveren Geldpolitik. Die Märkte haben Zeit,
die schrittweisen Änderungen zu ver-
dauen. Mit einem Schock ist nicht zu rech-
nen, ausser die Inflation zieht stark an. Da-
für sehen wir aber noch keine Anzeichen.
Welche Anleihen soll man noch kaufen?
2
Die Bewertungen sind so strapaziert,
dass diese Frage schwierig zu beant-
worten ist. Wir haben Anleihen in den
Portfolios untergewichtet. Innerhalb der
Anlageklasse bevorzugen wir Firmenanlei-
hen gegenüber Staatsanleihen. Sowohl
als Einkommensquelle als auch als Risiko-
schutz haben Anleihen grundsätzlich aber
immer noch ihre Berechtigung.
Bleibt der Aktienmarkt 2018 positiv?
3
Aktien haben immer noch das Poten-
zial, ansehnliche Renditen zu erzie-
len. Die Weltwirtschaft ist in einer
guten Verfassung, die Unternehmen inves-
tieren wieder mehr Geld, die Arbeitslosig-
keit ist tief und die Konsumentenstim-
mung ist gut. In diesem Umfeld können die
Unternehmen gute Gewinne erzielen. Es
ist noch zu früh, um ängstlich zu werden
und sich aus dem Markt zu verabschieden.
Aber bei den hohen Bewertungen kann
man zumindest skeptisch sein, oder nicht?
4
Die Bewertungen sind hoch, aber
nicht übertrieben. Vor allem sind sie
durch die Ertragskraft der Firmen ge-
rechtfertigt. Allerdings ist es im Rahmen
eines disziplinierten Investment-Ansatzes
auch gerechtfertigt, Gewinne zu realisie-
ren. Das haben wir etwa bei den Internet-
Aktien und asiatischen Titeln gemacht, die
sehr stark gestiegen sind.
Und wie investieren Sie diese Gewinne?
5
Wir wollen Erträge erzielen, aber die
Kunden sollen auch gut schlafen kön-
nen. Hedge-Funds haben in der Ver-
gangenheit mehrheitlich eher enttäuscht
und waren die hohen Kosten nicht wert.
Hingegen haben wir etwa ein bisschen
mehr Gold gekauft, als Versicherung gegen
Schocks. Wir haben ebenfalls in sehr kon-
servative strukturierte Produkte investiert.
Sie werfen einen attraktiven Coupon ab,
solange die Aktienmärkte nicht sehr tief
fallen. Das ist ein eleganter Weg, um Ein-
kommen zu erzielen, der gleichzeitig auch
sehr vorsichtig ist.
Interview: Eugen Stamm
höhere Abschreibungen vornehmen, hoffen
aber, mittelfristig von tieferen Steuern und
geringerer Regulierung zu profitieren.
Im abgelaufenen Quartal meldete Ameri-
can Express jedoch den ersten Verlust seit 25
Jahren. Big Blue IBM ist es gelungen, erstmals
seit über fünf Jahren ein Umsatzplus zu ver-
buchen. Die Aktie verlor am Freitag dennoch
4% an Wert. Es liegt noch ein langer Weg vor
IBM, bevor die neuen Geschäftszweige die
Probleme im traditionellen Bereich ausglei-
chen können.
In der kommenden Woche gehören Netflix,
Procter & Gamble, Ford, General Electric,
Caterpillar, die Fluggesellschaften, Biogen,
Intel und Starbucks zu den Unternehmen, die
Quartalszahlen publizieren. In der Folgewo-
che stehen dann die mit Spannung erwarteten
Zahlen der Technologieunternehmen an.
Der Shutdown hat die Börse übrigens kalt
gelassen. Das ist nicht aussergewöhnlich. Die
Börse hat nur bedingt auf die 18 Shutdowns in
den letzten 40 Jahren reagiert.
42 NZZ am Sonntag 21. Januar 2018

Verkauf Wohneigentum Anlageobjekte Vermietung Wohnen

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Gebäudehaftpflicht Personen- und Sach- Für selbstbewohnte Dachziegel
schäden an Dritten Liegenschaft mit max. beschädigt Auto
3 Wohnungen reicht des Nachbarn.
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Wasserversicherung Schäden am Gebäude In einigen Kantonen kann Wasserleitung birst
durch Leitungen oder die Wasserversicherung und durchfeuchtet
Regen-, Schnee-, in die kant. Gebäude- Wände.
Schmelzwasser versicherung einge-
schlossen werden.
Glasbruch Zerstörung von Glas- Glasbruchrisiko kann in der Fensterscheibe
und Keramikteilen Hausratversicherung geht zu Bruch.
am Gebäude mitversichert werden.
Einbruchdiebstahl Einbruchschäden Bei selbstbewohntem Einbrecher
am Gebäude Eigentum übernimmt beschädigen
Hausratversicherung den Haustür.
Gebäudeschaden.
Hausrat Diebstahl oder Beschä- durch Bewohner Durch Brand werden
digung von Gegen- abzuschliessen Möbel zerstört.
ständen im Haushalt
Erdbebenversicherung Zerstörung und Folge- Deckt Kosten, die von Nach Erdbeben stürzt
schäden am Gebäude Erdbeben-Pools der das ganze Haus ein.
durch Erdbeben Gebäudeversicherer nicht
getragen werden.
Privathaftpflicht Personen- und Sach- Wenn keine Gebäudehaft- Dachziegel beschädigt
schäden an Dritten pflicht abgeschlossen wurde das Auto des Nachbarn.
Erwerbsunfähigkeits- Finanzielle Ergibt vor allem Sinn, Hauptsächlich
und/oder Todesfall- Absicherung wenn viel Fremdkapital erwerbstätiger Vater
risikoversicherung der Familie aufgenommen wurde. erkrankt, verunfallt
oder stirbt.

Ein umgestürztes Baugerüst in Littau (LU) nach dem Wintersturm «Burglind». (3.1.2018)

Baurisiken richtig versichern

Beim Bau eines Gebäudes kann einiges schiefgehen – im Schadenfall wird es für den Bauherrn richtig teuer.
Vermeiden lässt sich dies mit den richtigen Versicherungen.

Üsé Meyer Kosten herrn ausgehen. «Leider werden Bauherren • Bauzeit: Diese Versicherung ist in den meis- stellt werden. Kippt beispielsweise ein solches
von ihren Architekten zu wenig auf diesen ten Kantonen obligatorisch. Sie deckt Schä- Profil wegen starkem Wind auf den Ferrari des

Die Plasticabdeckung des Baugerüstes flattert
wild im Wind. Plötzlich kommt der obere Teil
des Gerüsts ins Schwanken, die Verankerung
in der Fassade reisst sich los, das Baugerüst
kippt – erst langsam, dann bricht es wie ein
Kartenhaus innerhalb von Sekunden laut
scheppernd zusammen. Die jüngsten Winter-
stürme «Burglind», «Evi» und «Friederike»
verursachten mit Windgeschwindigkeiten bis
zu 180 km/h erhebliche Schäden – wie etwa
das abgestürzte Baugerüst am Neubau in Lit-
tau (LU) demonstriert.
Die Bauherren dort hatten noch Glück:
Neben den Schäden am Gebäude selbst wur-
den von den Gerüststangen nur gelagerte Bau-
materialien auf dem Vorplatz getroffen. Hät-
ten sich dort aber Personen aufgehalten,
wären die Folgen schnell weit drastischer aus-
gefallen. Sind in einem solchen Fall gerade
private Bauherren nicht richtig versichert, ist
das finanzielle Debakel vorprogrammiert.
In der Planungsphase daran denken
Wichtig ist deshalb, sich schon vor Baubeginn
um den Abschluss aller Versicherungen zu
kümmern, die während der Bauzeit nötig
sind. Oft muss hierfür die Initiative vom Bau-
0,4
Punkt hingewiesen, und viele kennen sich in
der Materie auch nicht so gut aus», sagt Adrian
Humbel, Vizepräsident der Kammer unabhän-
‰ giger Bauherrenberater (KUB). Der Beizug
eines neutralen Experten schon während der
der Bausumme Planungsphase kann sich deshalb lohnen. Er
muss ein Bauherr weist auf alle nötigen Versicherungen hin,
für eine Haftpflicht- holt Offerten ein, verhandelt mit den Anbie-
versicherung min- tern und prüft die Verträge. Das spart den Auf-
destens aufwenden. traggebern Zeit und garantiert faire Konditio-
Abgedeckt sind nen. Die wichtigsten Versicherungen während
sämtliche Schäden, der Bauzeit sind folgende:
unabhängig vom • Bauherrenhaftpflicht: Damit sind durch die
Verursacher. Bautätigkeit verursachte Personenschäden
von Dritten und Sachschäden an benachbar-
ten Gebäuden, Grundstücken oder anderen
Sachen versichert, unabhängig davon, ob sie
der Bauherr, Architekt oder Handwerker ver-
ursacht hat. Kostenpunkt: rund 0,4‰ bis
0,8‰ der Bausumme.
• Bauwesen: Schäden, die am Bauwerk ent-
stehen, sowie Diebstahl von Objekten, die
mit dem Bauwerk fest verbunden sind, und
Vandalismus sind durch diese Versicherung
gedeckt. Die Leistungen variieren – allenfalls
sind noch Zusatzversicherungen nötig. Kos-
ten: rund 0,8‰ bis 1,3‰ der Bausumme.
den am eigenen Bau durch Feuer sowie Ele-
mentarschäden ab. Die Kosten betragen rund
0,3‰ bis 1‰ des Gebäudewerts.
Die Kosten aller Versicherungen sind ab-
hängig von der Bausumme und der Höhe des
Selbstbehaltes. Wesentlich ist jedoch das vor-
handene Risikopotenzial, wie beispielsweise
der Zustand des Baugrunds oder die notwen-
digen Baugrubensicherungen (gilt für Bauher-
renhaftpflicht und Bauwesen). Ausserdem
können die Prämien je nach Versicherer stark
variieren – es lohnt sich also, mehrere Offerten
einzuholen und zu vergleichen.
Spezialfall Reihenhaussiedlung
Abgeschlossen sollten die nötigen Versiche-
rungen sein, noch bevor die Bauprofile aufge-
Als Bauherr sollte man
darauf achten, dass alle
am Bau beteiligten
Firmen die nötigen
Versicherungen
abgeschlossen haben.
Nachbarn, kann schon dies richtig ins Geld
gehen. Als Bauherr sollte man zudem darauf
achten, dass auch alle am Bau beteiligten Pla-
ner und Firmen die nötigen Betriebshaft-
pflichtversicherungen abgeschlossen haben.
Folgende Angaben sollte man als Versiche-
rungsnachweis von den Firmen einfordern:
Name der Versicherung, Policen-Nummer,
Versicherungssummen für Vermögens- und
Personen-/Sachschäden. Ähnliches gilt, wenn
das Wohneigentum von einem General- oder
Totalunternehmer gebaut wird.
Spezialfälle punkto Versicherungen wäh-
rend der Bauzeit sind Reihenhaussiedlungen
und Wohnungen im Stockwerkeigentum. In
der Reihenhaussiedlung gehören die Grund-
stücke, auf denen die Eigenheime entstehen,
meistens einem Eigentümer. So muss auch
jeder selbst die nötigen Versicherungen ab-
schliessen. Anders beim Bauen oder Um-
bauen im Stockwerkeigentum: Hier ist es
üblich, dass der Verwalter die nötigen Ver-
sicherungen für die ganze Gemeinschaft ab-
schliesst. Ein guter Versicherungsschutz ist
ferner nicht nur für den Neubau wichtig, son-
dern auch für alle Projekte von An- und grös-
seren Umbauten.

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Versailles
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Wie muss man sich das vorstellen, wenn ein Fünfjähriger König wird und seine Gouvernante mehr
Einfluss hat als ein Minister? Blicken Sie hinter die Fassaden von Versailles.
Von Leonhard Horowski
Der 9. September 1715 war einer dieser Herbstta-
ge, an denen Versailles am schönsten ist. Bis
Sonnenuntergang blieben noch viereinhalb
Stunden, und so fiel jetzt westliches Licht auf
das Schachbrettmuster des Marmorbodens, den
die Herzogin von Ventadour überquerte, um zur
Prinzentreppe zu gelangen. Ob sie ein letztes
Mal aus den grossen Fenstern zur Rechten sah?
Endlos konnte der Blick dort über den Schlos-
spark fliegen, den sie vielleicht nie wiedersehen
würde, nachdem sie mehr als dreissig Jahre lang
hier gelebt hatte. Andererseits war es kaum der
Moment für solche Ablenkungen. Madame de
Ventadour lief an diesem Nachmittag schliess-
lich nicht alleine über das Schachbrettmuster;
sie hielt eine Leine aus golddurchwirkten
Kordeln in der Hand, an der sie den König über
20 Millionen Franzosen führte, und schon
deswegen wüsste man gerne, was sie in diesem
Moment dachte.
Immerhin: Manches, vielleicht sogar
alles können wir erraten, weil Ort und Situation
es ihr förmlich aufgedrängt haben müssen.
Sicher Triviales, das zu ihrem Amt gehörte und
die bevorstehende Reise nach Paris betraf – ob
also beispielsweise in Abwesenheit der Junker
vom Ärmel die Hunderter-Schweizer dafür
zuständig waren, Silbermünzen unters Volk zu
werfen, wenn man über den grossen Platz fuhr,
ob der Grossstallmeister und der Erste Stall-
meister drei Stunden lang miteinander in der
Kutsche würden sitzen können, ohne sich so in
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nzz.ch/geschichte20
sive
Exklu obe
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die Haare zu geraten, wie ihre konkurrierenden
Ämter das normalerweise mit sich brachten,
oder ob der Herzog von Orléans wusste, dass
Madame de Ventadour im Inneren der Königs-
karrosse von Amtes wegen einen ranghöheren
Sitzplatz als er beanspruchen durfte.
Noch offensichtlicher aber muss die alte
Dame sich Gedanken über das Schicksal des
kleinen Mannes im violetten Staatskostüm
gemacht haben, den sie hier entlangführte, weil
sie als Obergouvernante der Königskinder eben
auch den König zu erziehen hatte, wenn der ein
Kind war. Sicher, seit acht Tagen hiess dieser
aufgeweckte Fünfjährige Ludwig XV., König von
Frankreich und Navarra. Aber als Madame de
Ventadour jetzt am Treppenabsatz stand, hatte sie
die katastrophale Vorgeschichte dieser Thronbe-
steigung noch ganz buchstäblich vor Augen.
Wäre die Gouvernante geradeaus
weitergelaufen, statt mit dem Königskind rechts
die Treppe hinunterzugehen, dann wäre sie auf
einen hundert Meter langen Korridor gestossen,
an dessen Ende ihr ehemaliges Appartement
lag. Hier hatte Madame de Ventadour vor vier
Jahren gewohnt, um die im Nachbar-Appartement
untergebrachten Urenkel des Sonnenkönigs
aufzuziehen, deren jüngerer heute ihr neuer
Herrscher war. Damals hatte nicht nur Ludwig XIV.
noch gelebt. Der Sonnenkönig hatte als erster
französischer König seit 850 Jahren seinen
60. Geburtstag feiern können; er erlebte die
Heirat seines einzigen ehelichen Sohnes, der
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Bild: Ludwig XIV. mit seinem Sohn (dem Dauphin),
seinem ältesten Enkel (Herzog von Burgund),
seinem ältesten Urenkel (Herzog der Bretagne)
und der Gouvernante, Herzogin von Ventadour.
Gemälde eines unbekannten Malers, 1709.
den Titel Dauphin trug, dann 1682 die Geburt von noch fast ein Kind und lebte am anderen Ende
dessen ältestem Sohn, dem Herzog von Burgund. des Schlosses, wo die Söhne sie gelegentlich
1707 schliesslich kam Burgunds ältester Sohn besuchten, um artig «Madame» zu ihr zu sagen.
auf die Welt, den man Herzog der Bretagne Madame de Ventadour aber nannten sie bald
nannte, und so schien die Thronfolge unangreif- «Maman Doudour», so wie vorher Liselotte von
bar gesichert, als 1710 ein zweiter Sohn Burgunds der Pfalz sie «schöne Doudou» genannt hatte,
auf die Welt kam. als sie noch deren Oberhofmeisterin gewesen
Nichts konnte klarer sein: Der phlegmati- war. Ihre Urgrossmutter hatte Ludwig XIV.
sche Dauphin würde, da er natürlich wie sein erzogen, ihre Mutter dessen Sohn und Enkel;
Vater hiess, eines Tages Ludwig XV. werden; der nun war es an Madame de Ventadour, sich um
bucklige, fromme, gelehrte Burgund würde die nächste Generation zu kümmern. Sie selbst
ihm als Ludwig XVI. folgen, bevor schliesslich hatte nie Söhne gehabt, weil ihre arrangierte
dessen Sohn Bretagne als Ludwig XVII. den Ehe die Geburt einer einzigen Tochter nicht
Thron besteigen musste. Für den 1710 gebore- lange überlebte. Als der Ehemann seinem Ärger
nen kleinen Herzog von Anjou dagegen war die über eine angebliche Affäre Ausdruck verlieh,
übliche Rolle des Zweitgeborenen reserviert: indem er durch ihre abgeschlossene Schlafzim-
ein Notfallkandidat, den man eines Tages mit mertür mit einer Pistole hindurchschoss,
grossem Pomp auf den Namen Karl oder Philipp erwirkte Madame de Ventadour eine gerichtliche
taufen würde. Aber das hatte ja keine Eile – Trennung und war froh, auf einen Hofposten
Frankreichs Königs- und Adelskinder erhielten fliehen zu können. So wurde sie zur Prinzener-
bei der Geburt eine fürs Seelenheil ausreichende zieherin, nervös zuerst, bald jedoch regelrecht
Nottaufe, während man mit der Namensgebung vernarrt in die beiden, so lästig es auch war, jede
schon deswegen länger warten konnte, weil Nacht im selben Raum wie sie schlafen zu
ohnehin niemand die Vornamen benutzte und müssen. Was ihr da unterstand, mochte mit 41
selbst diese Kleinkinder einander mit «Bretagne» Bedienten, 21 Zimmern und ein paar niedrigen
und «Anjou» anredeten. Zwischengeschossen der kleinste Hofstaat im
Bis zum siebten Geburtstag würden die ganzen Schloss sein. Aber es war auch der
«Kinder von Frankreich» allein von Frauen einzige, dessen Angehörige sorglos sein durften,
erzogen werden, an deren Spitze die Obergou- während draussen der fünfte grosse Krieg des
vernante Ventadour stand. Die Herzogin von Urgrossvaters tobte.
Burgund, also die seinerzeit als Zwölfjährige
verheiratete Mutter beider Prinzen, war selbst Lesen Sie weiter in der aktuellen Ausgabe, S. 35
Weitere Themen
der Ausgabe:
r Wie die Reformation hierzulande ihren
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r ap l e
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Go
en r
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ttl hten, . Eineisten
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da rlic th
ie fäh er A
s s ge
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Anfang nahm.
Der zweite Teil unserer Serie «Schlüssel-
momente der Schweizer Geschichte»
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82
von Thomas Maissen.
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Da Bundg die hinte
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Wie rela ratiee
jah mok
Der Caudillo lebt.
De
h
44 Spanien hat die Franco-Diktatur nie
aufgearbeitet. Das rächt sich heute.
Natalie Zemon Davis
Ein Gespräch mit der bedeutendsten
Sozialhistorikerin der Welt.
 NZZ am Sonntag 21. Januar 2018

Aufstieg und Fall Knapp bei Kasse

PHOTOPRESS
St. Otmar war eine Warum Eishockeyklubs Freizeit-
sport
Institution im Handball. in der Schweiz häufig in Aufs Gefühl
Dann erodierte alles finanzielle Not geraten achten
50 49 55

Der Deutsche Thomas Dressen triumphiert in Kitzbühel. Es ist der erste Weltcup-Sieg in der Karriere des 24-Jährigen.

Aussenseiterdüpiert
FeuzaufderStreif
Seite 52
FOTOS: LISI NIESNER / EPA, GIOVANNI AULETTA / AP

Thomas Dressen (rechts) erwischt auch Beat Feuz (links) auf dem falschen Fuss. Eine Woche nach seinem Sieg beim Lauberhornrennen bleibt dem Schweizer diesmal nur Platz zwei.
46 NZZ am Sonntag 21. Januar 2018

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Aufrufe gegen die exaltierte Globalisierung der
Stadt und ihre Auflösung in gesichtslose und
unwirtliche Peripherien entstanden.
Zwischen Stadt und Land ist der politischer
Faktor die Bevölkerung der Agglomeration ent-
standen. In zehn Beiträgen wird der Frage nach-
gegangen, wie die aktuelle Entwicklung unserer
Siedlungsstrukturen zu bewerten ist und sich
die Gesellschaft dadurch verändert.
Ein neuer Blick auf die Agglomeration ist wichtig
– warum ist sie wie sie ist? Die Autoren sprechen
mit Familien, Gemeindepräsidenten, Gärtnern,
Lehrern. Reportagen von idealtypischen Schau-
plätzen aus der ganzen Schweiz zeigen Treiber
der Agglomerationswerdung und Modellprojekte
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NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Sport 47

RivalenamEishang
Marcel Hirscher und Henrik Kristoffersen liefern sich seit drei Jahren ein Slalom-Duell, das sie zu immer
grösserer Perfektion treibt. Treibende Kraft ist bei beiden der Vater.Von Remo Geisser, Kitzbühel

W
ie ein wütender Rott- Team Ende September eine grosse Ausspra-

SAMMY MINKOFF / IMAGO

weiler fletscht Marcel
Hirscher die Zähne,
wenn er sich in die
Stangen wirft. Man
sieht die Kraft, die er
einsetzt, man sieht
aber auch die Präzision. In den vergangenen
Jahren hat er es geschafft, immer noch näher
ans Limit zu gehen und doch eine minime
Sicherheitsmarge zu wahren. Henrik Kristof-
fersen wirkt im Vergleich zu ihm fast grazil, er
tänzelt den Hang hinunter, und an seinen
besten Tagen kann er selbst in den steilsten
Passagen mit etwas Rücklage die Ski noch be-
schleunigen. Die beiden sind Künstler. Doch
sie sind vor allem auch Arbeiter.
Der Norweger Kristoffersen sagt von sich,
er sei nicht besonders talentiert. Als sein Vater
Lars ihn als Fünfjährigen den Hang hinunter-
rutschen sah, dachte er: «Ist der ungeschickt!»
Aber der Bub wollte unbedingt Ski fahren, und
weil sein Vater einen Schlüssel zum einzigen
Bügellift im Dorf besass, tat er das fast un-
unterbrochen. Nicht einmal sagte der Vater:
«Das hast du gut gemacht.» Doch der Bub war
so stur wie fleissig. Mit zehn Jahren trainierte
er bereits zweimal täglich.
Der Vater als Testpilot
Ferdinand Hirscher ist Chef einer Skischule
und nahm den kleinen Marcel schon als Zwei-
jährigen mit auf die Pisten. Der Sohn sagt, ihm
sei eine grosse Begabung gegeben, und er
dürfte sie vom Vater haben. Nur wenige Leute
haben ein so feines Gespür für Material und
Schnee wie Ferdinand Hirscher. Als der Bub in
den Weltcup aufstieg, machte ihm Rossignol
ein Angebot, es wurden Skitests vereinbart,
und die Leute staunten nicht schlecht, als an-
stelle des Sohns der Vater anreiste. Er testete
die Ski und brach die Verhandlungen ab. So
blieb Marcel Hirscher bei Atomic, was auch
logistische Vorteile hat. Die Fabrik liegt quasi
vor der Haustür. Wenn Hirscher einen neuen
Ski will, ist er in kürzester Zeit verfügbar.
Noch heute ist der Vater auch Testfahrer. Oft
werden gegen 20 verschiedene Modelle ent-
wickelt, Ferdinand Hirscher fährt sie alle
durch und wählt die sieben oder acht Paar aus,
mit denen sich Marcel intensiver befasst. So
kann der Testaufwand für den Rennfahrer
massiv reduziert werden.
Kristoffersens Vater Lars war selbst Renn-
fahrer, doch als der Sohn ins Nationalteam
aufstieg, hatte er mit dem Training nichts
mehr zu tun. In Norwegen wird Teamgeist
gross geschrieben, die erfahrenen Athleten
teilen mit den jüngeren das Zimmer und wei-
sen ihnen auf dem Berg den Weg. Lars Kristof-
fersen findet, das sei für einen Techniker nicht
der richtige Weg. Er verlangte im vergangenen
Frühling mehr Freiheiten für seinen Sohn,
worauf dieser aus dem Team geschmissen
wurde. Den ganzen Sommer trainierte er pri-
vat, unterstützt von zwei Coachs, die ihm der
Ausrüster Rossignol zur Verfügung stellte.
Weil andere norwegische Fahrer seinen Egois-
mus kritisierten, gab es vor der Rückkehr ins
che, die ein Psychologe leitete. Ausserdem
Marcel
engagierte die Familie Kristoffersen einen Hirscher
Kommunikationsberater. «Henrik hat in der
Vergangenheit Sachen gesagt, die nicht gut für Der 28-jährige
ihn waren», sagt Vater Lars. Inzwischen soll Österreicher domi-
wieder grosse Eintracht herrschen. niert den Skiwelt-
cup seit über einem
Im Streit mit dem Verband halben Jahrzehnt. Er
Kristoffersens Zerwürfnis mit dem Verband gewann die Gesamt-
hatte aber nicht nur mit dem Alleingang im wertung sechsmal
Training oder forschen Ansagen zu tun. In in Folge und stand
Norwegen werden praktisch alle Fahrer zent- 53-mal zuoberst auf
ral vermarktet, auf ihren Helmen prangen fast dem Podest. An WM
ausschliesslich Schriftzüge von Verbands- sicherte er sich vier
sponsoren. Kristoffersen aber hatte ein lukra- Goldmedaillen, nur
tives Angebot von Red Bull und wollte wie der ein Olympiasieg
Superstar Aksel Svindal eine Ausnahmebewil- fehlt noch in seinem
ligung. Als ihm diese nicht gewährt wurde, Palmarès.
boykottierte er 2016 den ersten Slalom des
Winters in Levi. Der Streit ist bis heute nicht
beigelegt, Kristoffersen hat ihn an einen An-
walt übertragen. Sein Kopfsponsor heisst wei-
terhin Telenor, doch bei jeder Gelegenheit
hält er einen Bidon mit dem Schriftzug von
Henrik
Red Bull in die Kameras. Kristoffersen
Hirscher war am Anfang seiner Karriere in
einer ganz ähnlichen Situation. In Österreich Der 23-jährige Nor-
liegt die Vermarktung fast aller Athleten bei weger scheint der
Verbandspräsident Peter Schröcksnadel, der einzige Fahrer zu
die Partner des ÖSV auch als Kopfsponsoren sein, der Hirscher
placiert. Hirscher aber hatte einen eigenen derzeit konstant
Manager. Das änderte sich, als der Skifahrer fordern kann. In sei-
ein Privatteam aufbauen wollte. Er übergab ner Spezialdisziplin
das Marketing an Schröcksnadel, der dem Slalom gewann er
wichtigen Verbandssponsor Raiffeisen den bisher 14 Rennen
Platz auf dem Helm des aufstrebenden Fah- und 2016 die kleine
rers verschaffte. Im Gegenzug übernahm der Kristallkugel. Mit 17
Verband die gesamte Finanzierung von Hir- Jahren war er be-
schers Privatteam, die auf jährlich 700 000 reits Juniorenwelt-
Euro geschätzt wird. meister und mit 19
Auch Hirscher steht seit Jahren bei Red Bull Olympiadritter.
unter Vertrag, aber die Ruhe im Team war ihm
wichtiger als ein Streit um einen Schriftzug.
Dabei unterstützt ihn der Getränkekonzern
massiv. Nach Kitzbühel flog er Mitte der
Woche für einen Medienauftritt mit einem Das Lachen noch nicht verlernt: Henrik Kristoffersen (links) mit Dominator Marcel Hirscher.
Helikopter von Red Bull. Und auf dem Circuit
durch Europa ist er oft in einem Privatjet des
Sponsors unterwegs. Dort sitzt er dann ge- Das grosse Duell
meinsam mit Kristoffersen und dem Franzo-
sen Pinturault, der ebenfalls für Red Bull Henrik Kristoffersen und Marcel Hirscher in den Slalom-Rennen der letzten drei Saisons
wirbt. Organisiert werden diese Trips von
Kristoffersen Hirscher ausg = ausgeschieden ng = nicht gestartet nq = nicht für 2. Lauf qualifiziert
Hirschers Pressebetreuer Stefan Illek.
Die Energie, die auf diesen Reisen gespart 2015/2016 2016/2017 2017/2018
wird, investieren die Sportler unter anderem 1.
ins Training. In Österreich wird erzählt, der
Verband hätte einst gefordert, dass die ande- 2.
ren häufiger mit Hirscher üben. Das wollten
die auch tun, doch als sie um 9.30 Uhr am Sla- 3.
lomhang waren, packte der Star bereits zu-
4.
sammen. Er hatte um 7.30 Uhr angefangen
und war zehn Läufe gefahren, bevor sich die 5.
anderen aus dem Bett bequemten. Von Kris-
toffersen weiss man, dass er ein Stangenfres- 6.
ser ist, der Lauf um Lauf brettert, damit die
Automatismen stimmen. In diesem Winter ist 7.
19. 24. 17.
ihm Hirscher etwas voraus. Das ist für den ausg ausg ng ausg nq
Norweger der Antrieb, noch besser zu werden.

Zweikämpfe im Skiweltcup

Wenn zwei Mahre vs. Stenmark. Der US- Zurbriggen vs. Girardelli. Nie Tomba vs. Accola. Der Playboy Aamodt vs. Kjus. Es war kein Maier vs. Eberharter. Auch sie
Amerikaner Phil Mahre machte mehr kämpften zwei derart kom- aus reicher Bologneser Familie Zweikampf, sondern ein Mitein- waren Landsleute, aber von
in den 1980er Jahren in seiner plette Fahrer um den Gesamt- gegen den Bauernsohn aus ander auf höchstem Niveau, das einer Freundschaft zwischen

sich streiten, Heimat den Skiweltcup populär.

Er profitierte dabei als vielseiti-
weltcup, den Pirmin Zurbriggen
viermal gewann und Marc Girar-
Davos – dieses Duell faszinierte
die Massen im Winter 1991/92.
die Norweger über Jahre zele-
brierten. Kjetil André Aamodt
ihnen konnte keine Rede sein.
Maiers Siegeswille war derart

freut sich ger Athlet von einer bizarren delli fünfmal. Beide siegten in Accola fuhr nicht nur schnell, er gewann den Weltcup 1994, Lasse ausgeprägt, dass er jedes gute
Regel: Der Schwede Ingemar den 1980er Jahren in allen fünf heizte den Fight auch mit flotten Kjus triumphierte 1996 und Resultat Eberharters als Affront
Stenmark war in den techni- Disziplinen, nur im Slalom erran- Sprüchen an. Der Bündner 1999. Noch erfolgreicher waren bewertete. Maier gewann den

das schen Bewerben fast unschlag-

bar, es wurden jedoch pro Diszi-
gen sie die kleine Kristallkugel
nicht. Der Österreicher Girardelli
gewann die grosse Kristallkugel,
weil er in allen Disziplinen punk-
die Skizwillinge an Titelkämp-
fen, wo sie zusammen 36
Weltcup 1998, 2000 und 2001,
dann verletzte er sich bei einem

Publikum plin nur die besten drei, später wurde vom Vater trainiert, der tete. Er erreichte danach nie Medaillen einheimsten. Sie Motorradunfall schwer, und
die besten sechs Rennen gewer- sich früh mit dem Verband über- mehr das Niveau dieses Winters, gelten als jene Athleten, die in Eberharter siegte 2002 und
tet. Stenmark punktete meist warf und den Sohn für Luxem- in dem er siebenmal zuoberst ihrer nordischen Heimat den 2003. 2004 riss Maier die Krone
schon im Januar nicht mehr. burg starten liess. auf dem Podest stand. alpinen Skisport etablierten. noch einmal an sich. (reg.)
FOTOS: KEYSTONE, RUCKSTUHL
48 Sport NZZ am Sonntag 21. Januar 2018

Ronaldo
TORUM HANAI / REUTERS
droht mit
Abschied
Entfremdungstendenzen in
Madrid: Real scheint bereit,
seinen Superstar abzugeben.
Zuletzt schwächelte Ronaldo.
Florian Haupt, Barcelona
Endzeitstimmung hängt über dem Estadio
Santiago Bernabéu. 19 Punkte beträgt Real
Madrids Rückstand vor dem Meisterschafts-
spiel gegen Deportivo La Coruña am heutigen
Sonntag, bedrohlich wartet am Horizont der
formstarke Top-Favorit Paris in der Cham-
pions League. Im Falle eines Ausscheidens
gibt es den Kassensturz. Die Rede ist von Neu-
anfang, vom «dritten galaktischen Projekt».
Der Leader des zweiten heisst Cristiano
Ronaldo. 2009 kam er für 94 Millionen Euro
aus Manchester, seither hat er in 418 Spielen
sagenhafte 422 Tore geschossen und den Klub
mit drei Champions-League-Siegen in vier
Jahren zum erfolgreichsten Zyklus seit dem
mythischen «Weissen Ballett» geführt. Die
Marke CR7 und die Marke Real – sie potenzier-
ten sich gegenseitig.
Doch jetzt soll Präsident Florentino Pérez
Ronaldo intern als «amortisiert» bezeichnen.
Keinesfalls will er diesem das Gehalt in die
Sphären eines Lionel Messi schrauben, der in
Barcelona neuerdings an die 50 Millionen
Euro pro Saison einstreichen soll, netto.
Ronaldo steht bei geschätzten 22 Millionen.
Eine untragbare Diskrepanz für den nach Wie gross ist der Anteil der Spieler am Erfolg der Grand-Slam-Turniere? Diese Frage beschäftigt die Tenniswelt am Australian Open. (Melbourne, 14. Januar 2018)
Eigenauskunft «besten Spieler der Geschichte»

Kampfumden
– der diese Saison allerdings erst vier Liga-Tore
geschossen hat. Weshalb sich der Klub von
den Wechseldrohungen des Weltfussballers
nicht mehr erpressen lassen mag. Wolle
Ronaldo wirklich weg, berichtet die Presse,
werde Real sich eventuelle Angebote anhören.

Millionen-Kuchen
An dem Trennungsszenario gibt es aller-
dings zwei Haken: Nicht mal Ronaldos neuer
alter Sehnsuchtsklub United kann sich bis
jetzt unter den gegebenen Variablen (Drei-
stellige Millionenablöse, Messi-Gehalt, 33. Ge-
burtstag am 5. Februar) zu einem Vorstoss
durchringen. Auf der anderen Seite kennt
Pérez sein eigenes Geschäftsmodell gut
genug, um zu wissen, dass er weiter einen
Megastar als «Franchise Player» braucht. Der
Trotz ständig steigenden Preisgeldern formieren sich Tennisspieler zum Protest: Sie
ursprünglich als Erbe vorgesehene Gareth
Bale wird das wohl nicht mehr, zu verlet- wollen noch stärker am Erfolg beteiligt werden. Von Daniel Germann, Melbourne

D
zungsanfällig, zu unglamourös. Und so kur-
siert jetzt immer öfter der Name von Neymar,
einer alten Liebe von Pérez, wie der offen zu- er Melbourne Park ist nicht
gibt. Ob der Flirt mit dem gerade erst für 222
Millionen Euro zum Katar-gesponserten PSG
nur Schauplatz des Austra-
lian Open, sondern auch eine
transferierten Brasilianer realistisch ist, wis- Baustelle. Ständig wird neu
sen allenfalls die Beteiligten. Immerhin wird oder umgebaut. Vor vier Jah-
Pérez ein gutes Verhältnis zu Katars Emir und ren wurde der drittgrösste
oberstem Sportstrategen Tamim Bin Hamad Showcourt, die Margret-
Al-Thani nachgesagt. Court-Arena, vollständig renoviert und mit
Real-Trainer Zidane hat erklärt, er könne einem mobilen Dach versehen. Dann baute
sich «kein Real ohne Cristiano vorstellen». In Tennis Australia, der australische Verband,
der Champions League werden sich die bei- ein topmodernes Trainingscenter. Als Nächs-
den Megastars dann duellieren. Vorher trifft tes schoss ein siebenstöckiges Verwaltungs-
Ronaldo aber bei einem Ligaspiel auf Reals gebäude in die Höhe. Und während die besten
Anhang – der sich gerade in einer Umfrage zu Spieler der Welt nun um den ersten Grand-
zwei Dritteln für seinen Abgang aussprach. Slam-Titel der Saison spielen, laufen die Vor-
Viele sind sein Vertragsgejammer leid. Das bereitungen für die Gesamterneuerung der
Bernabéu kann brutal sein. Genauso bekannt mittlerweile 30-jährigen Rod-Laver-Arena.
sind allerdings seine Stimmungsschwankun- Zusammen mit dem Bundesstaat Victoria
gen. Götterdämmerung oder Wiederauferste- investiert Tennis Australia gegen 800 Millio-
hung: Noch kann bei Ronaldo alles passieren. nen Franken in die Erneuerung der Anlage. Es
sieht fast so aus, als wüsste man nicht mehr
wohin mit dem ganzen Geld. In zwei Wochen
setzt das Turnier rund 180 Millionen Franken
RODRIGO JIMENEZ / EPA
Lukrative stätigte aber, dass die Spieler mit der Situation
Majors
nicht zufrieden seien. Unterstützung erhielt
er unter anderem von Roger Federer. Der sagt:
«Die Grand-Slam-Turniere könnten uns ein-
deutig mehr bezahlen, da gibt es keine Zwei-
fel. Deshalb müssen wir Spieler uns zusam-
mentun und für unsere Rechte kämpfen. Das
ist etwas ermüdend. Aber die Turniere reagie-
ren erst, wenn wir uns wehren.»
Der Ärger unter den Topprofis mag auf den
Mit 728 763 Zu- ersten Blick schwer nachvollziehbar sein.
schauern erreichte Federer und Djokovic haben als Erste in der
das Australian Open Geschichte des Männer-Tennis die Grenze von
2017 einen Zu- 100 Millionen Dollar Preisgeld überschritten;
schauerrekord. Zum Rafael Nadal wird bald folgen. An den grossen
Vergleich: In Turnieren steigen die ausgeschütteten Sum-
Roland-Garros men immer weiter. Das US Open zahlte im ver-
kamen im letzten gangenen Herbst als erstes Turnier mehr als
Jahr 471 274. 50 Millionen Dollar aus. In Melbourne wartet
auf die beiden Einzelsieger ein Check über
umgerechnet drei Millionen Franken.
Doch setzt man diese Summen in Relation
zum Geld, das die Turniere umsetzen, sind sie
«Wir versuchen
alle, irgendwie
nebeneinander zu
existieren, und das
scheint nicht schlecht
zu funktionieren.»
neu. Auf der ATP-Tour sind sie gleichberech-
tigte Partner der Turnierorganisatoren, an den
Grand-Slam-Turnieren hingegen nur die
Gäste. Allerdings sorgen sie für die Show.
Nicht zum ersten Mal fühlen sie sich nicht
ganz ernst genommen. Am verregneten US
Open 2011 wäre der Konflikt beinahe eskaliert.
Rafael Nadal, Andy Murray und Andy Roddick
sprachen gemeinsam bei der Turnierleitung
vor, weil sie ihre Gesundheit im Interesse der
Fernsehstationen aufs Spiel gesetzt fühlten.
Mittlerweile droht auch die ATP zwischen
die Fronten zu geraten. Der mittlerweile zu-

um. Der Gewinn beträgt nach Rückstellungen
knapp zehn Millionen. Und doch sind die Aus-
tralier nur die Nummer vier im Konzert.
Ob in Melbourne, Paris, London oder New
York: Grand-Slam-Tennis ist ein lukratives Ge-
schäft. Der Branchenprimus ist das Turnier in
Wimbledon, das seinen Gewinn seit 2008 von
33 auf gegen 50 Millionen Franken steigerte.
Das entspricht einem Wachstum von fast 50
Prozent. Im selben Zeitraum verdreifachte
sich das Preisgeld auf 46 Millionen Franken.
Und doch sind die Spieler unzufrieden.
Novak Djokovic lancierte als Präsident des
Spielerrats vor dem Turnierbeginn eine Dis-
kussion über die Spielerentschädigung. In bri-
tischen Medien zirkulierte das Gerücht, die
Spieler würden für 2019 einen Boykott des
Australian Open erwägen, falls sie von den
Majors nicht besser entschädigt würden. Djo-
kovic stritt solche Kampfmassnahmen nach
Trennungsszenarien um Cristiano Ronaldo. seinem ersten Match in Melbourne ab. Er be-
nicht mehr ganz so gross. Nur rund 15 Prozent
ihrer Einnahmen geben die Majors an die
Spieler weiter. Verglichen mit den Modellen
Umsatzmässig ist im amerikanischen Profisport, wo die Einnah-
das Australian Open men zur Hälfte zwischen Klubbesitzern und
mit 180 Millionen Spielern geteilt werden, ist das wenig.
Franken nur die Die Grand-Slam-Veranstalter sind sich be-
Nummer vier. Ange- wusst, dass die Preisgelder weiter steigen
führt wird das Ran- müssen. Craig Tiley, der Turnierdirektor des
king vom US Open Australian Open, hat den Spielern vor einer
mit 260 Millionen. Woche in Aussicht gestellt, die ausgeschüttete
Summe in Melbourne in den kommenden fünf
Jahren von aktuell 55 auf über 100 Millionen
australische Dollar zu steigern. Das zeigt, dass
es durchaus Spielraum gibt. Federer sagt: «Wir
können nicht erwarten, dass sich von einem
Tag auf den anderen alles ändert. Wir wün-
schen uns einfach, dass man unseren Beitrag
zum Erfolg honoriert.»
Die Spannungen zwischen den Grand-
Slam-Turnieren und den Spielern sind nicht
rückgetretene Roddick hat sich diese Woche
per Tweet in die Diskussion eingeschaltet. Er
fordert eine unabhängige Gewerkschaft, die
die Interessen der Spieler stärker schützt als
die ATP, die immer auch den Hut der Veran-
stalter trägt. Support erhielt der Amerikaner
von Judy Murray, der Mutter von Andy Mur-
ray, die sich als Trainerin im britischen Ver-
band einen Namen geschaffen hat. Sie schlägt
eine gemeinsame Organisation von Frauen
und Männern vor.
Federer, der den Spielerrat vor Djokovic
von 2008 bis 2014 als Präsident geführt hat,
bleibt in diesem Punkt zurückhaltend. Wich-
tiger sei, sagt er, dass die Spieler zusammen
sprechen. «Die ATP leistet grundsätzlich gute
Arbeit. Wir versuchen alle, irgendwie neben-
einander zu existieren, und das scheint nicht
schlecht zu funktionieren. Die Tour macht
Spass. Das ist letztlich auch der Grund, wes-
halb ich immer noch spiele.»
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Sport 49

SchattenübermEis
Zerfallserscheinungen im EHC Kloten, Infrastrukturprobleme in Ambri. Mehrere Schweizer Eishockeyklubs
leiden an Finanzproblemen. Bei Genf/Servette ist die Lage besonders dramatisch. Von Nicola Berger

A
m Mittwoch traf zum dritten
SALVATORE DI NOLFI / KEYSTONE

Mal eine illustre Runde

zusammen: Die zwölf Prä­
sidenten der National­
League­Klubs tauschten bei
einem Abendessen Gedan­
ken aus. Das vorherr­
schende Thema: die Lage der Liga. Es ist ein
Fakt, dass derzeit nur knapp die Hälfte der
zwölf Teams in der Jahresrechnung kein
strukturelles Defizit aufweist: Bern, Zug,
Langnau. Freiburg und Biel sind vom Break­
even nicht weit entfernt. Bei den ZSC Lions, in
Davos und Lugano werden die Verluste seit
Jahren per Mäzenatentum gedeckt, ihre Lage
ist stabil. In Lausanne ist die Trendwende mit
dem 2019/20 bezugsfertigen, neuen Stadion
absehbar. Und dann gibt es die Sorgenkinder:
Kloten, das Zerfallserscheinungen zeigt.
Ambri, das zwar so vernünftig arbeitet wie seit
Jahren nicht mehr, das aber vor massiven
infrastrukturellen Problemen steht.
Aber Genf/Servette ist der aktuell diffizilste
Fall. Den Klub drücken Millionenschulden,
die Sozialabgaben wurden zuletzt verspätet
bezahlt, die Stadionmiete ebenfalls. Zulieferer
klagen über offene Rechnungen. Der Präsi­
dent Hugh Quennec sowie die Verwaltungs­
räte Peter Gall und Mike Gillis schossen unter
der Woche als Darlehen 1,2 Millionen Franken
Privatvermögen ein, damit die dringendsten
Verbindlichkeiten beglichen werden können.
Die Liga verfolgt die Vorgänge mit Sorge, der
Geschäftsführer Denis Vaucher sagt, man be­
gleite den Klub «sehr eng».

Zwist der Kanadier

Servette kommt in diesen Tagen auch darum
nicht aus den Negativschlagzeilen heraus,
weil im Inneren ein Machtkampf tobt und
mehrere Parteien nach der Kontrolle greifen.
Im Zentrum stehen der Präsident Hugh
Quennec, ein Geschäftsmann, der 2015 den
Zwangsabstieg und Fast­Konkurs des Servette
FC zu verantworten hatte, und der ehemalige
Trainer Chris McSorley. Die Kanadier standen Irgendwie muss es weitergehen: Kevin Romy von Genf/Servette mit dem Vereinsmaskottchen, dem Adler Sherkan.
einst in Minne zueinander, haben sich inzwi­
schen aber nicht mehr viel zu sagen. Quennec
setzte McSorley im Frühjahr nach 16 Saisons Lokalmedien sät McSorley geschickt Zwie­ Aus Genf ist zu vernehmen, McSorley feile der einst General Manager der Vancouver Genf/Servette
als Coach ab. Es war ein Erdbeben, von dem tracht, was den Klub weiter destabilisiert. Und im Hintergrund an einem Masterplan, um die Canucks war.

sich der Klub bis heute nicht erholt hat.
Quennec hätte McSorley zu gerne entlas­
sen, wäre da nicht dieser leidige Vertrag: Er
läuft noch bis 2024, und McSorley ist mit
einem hohen sechsstelligen Jahressalär der
teuerste Mitarbeiter auf der Lohnliste. Also
wurde der Coach zum Manager wegbefördert.
Was als elegante Lösung schien, erweist sich
nun als Rohrkrepierer. Über die ihm hörigen
als Sportchef ist seine Bilanz liederlich: Der
wichtigste Schweizer im Team, der National­
verteidiger Romain Loeffel, schliesst sich
Lugano an. Mit dem NHL-Draft Damien Riat
wird Servette zudem das wichtigste Talent an
die Konkurrenz verlieren. Und für den seit
Herbst nicht mehr erwünschten Amerikaner
Nathan Gerbe fand McSorley monatelang kei­
nen Abnehmer.
Macht zurückzuerobern, er schare Geldgeber
aus Russland und der Romandie um sich.
McSorley ist in der Stadt sehr populär, er weiss
den Anhang hinter sich – beim Heimspiel am
Dienstag gegen Bern forderten die Fans per
Transparent den Abgang des unbeliebten Prä­
sidenten Quennec.
Demgegenüber steht der neue starke Mann
im Klub, der Kanadier Mike Gillis. Ein Anwalt,
18
Es gibt eine schriftliche Übereinkunft, dass
Gillis vom alleinigen Besitzer Quennec 50 Pro­
zent der Aktien übernehmen wird und das
Stichrecht erhalten soll. Doch abgewickelt
wird das Geschäft nur, sobald die Stadt grünes
Mio.Fr.
Licht für die geplante neue Arena in Lancy beträgt das
gibt. In Genf stehen im April Kommunal­ Budget von Genf/
wahlen an – es ist nicht klar, ob sich die Situa­ Servette gemäss
tion davor entwirrt. Schätzungen.
Was ein Problem darstellt, denn die finan­

National League
Noch ist der Leidensdruck nicht gross genug
Ein CEO eines National­League­
6
ziellen Kapriolen werden nicht enden, ehe die
Stadionfrage gelöst ist – der Klub wartet unter
anderem darauf, dass von den Bauinvestoren
zugesichertes Geld deblockiert wird; es geht
um rund drei Millionen Franken. Bis dahin
Mio.Fr.
werden die Liquiditätsengpässe bestehen
bleiben; der Sportbeauftragte der Stadt Genf,
Sami Kanaan, sagte jüngst, der Klub befinde
Verlust hat der
Klub als Worst-
Case-Szenario
sich in «einer Art Geiselhaft». angekündigt.
der Geschäftsführer des Lau­ Franken. Alle bemängeln das. Die Idee stand bereits mehr­

Teams sagt: «Ist im Eishockey
alles perfekt? Nein. Aber wo ist es
das schon? Wir stehen besser da
als der Schweizer Fussball.» Jetzt
ist das natürlich «Whataboutism»
in Reinkultur, aber falsch ist es
nicht. Der sportliche Wert der
Liga ist international anerkannt,
sie lockt mehr Zuschauer an als
jede andere Liga in Europa –
2016/17 mobilisierte sie mehr als
zwei Millionen Menschen. Dazu
bringt der neue TV-Vertrag bis
2023 satte 177 Millionen Franken.
Und doch gibt es Anlass zur
Sorge. Gaudenz Domenig, der
Präsident des HC Davos, sagt:
«Wir haben in der Liga derzeit
wieder mehr sichtbare Probleme
als auch schon.» Hans­Ulrich
Lehmann, der Präsident des EHC
Kloten, sagt: «Es sind zu viele
Klubs von Mäzenen abhängig.
Das Geschäftsmodell ist nicht
gesund.» Hans­Peter Strebel, der
Präsident des EV Zug, sagt: «Wir
müssen die Lohnspirale in den
Griff bekommen.» Sacha Weibel,
1
sanne HC, sagt: «Die Wirtschaft­ Und doch ändert sich Winter für fach im Raum, doch in der NLA McSorley als Phönix?
lichkeit der Klubs muss sich ver­ Winter nichts, weil die Spieler­ hat sich seit 2007/08 nichts mehr Immerhin: Die Löhne werden weiterhin
bessern.» decke zu dünn ist, um zwölf geändert. Damals war beschlos­ pünktlich bezahlt, und es sieht so aus, als
Es gibt rund um die Liga nie­ Erstligisten adäquat zu bestü­ sen worden, von fünf auf vier könne Servette die Saison beenden. Die Frage
manden, der diese Aussagen cken; die Nachfrage ist grösser Ausländer zu reduzieren. ist, welche Zukunft der Verein hat. Scheitert
nicht bestätigen würde. Es als das Angebot, was sich auf die Auch andere derzeit disku­ das Stadionprojekt, werden sich die Verwal­ Titel hat der Klub in
herrscht auch Konsens darüber, Preise niederschlägt. tierte Einfälle schwirren seit tungsräte Gall und Gillis zurückziehen, es seiner 113-jährigen
dass sich Dinge ändern sollten, Über das Problem herrscht langer Zeit herum: Die Einfüh­ würde der Konkurs drohen, weil Quennec Geschichte
dass es Massnahmen braucht. Einigkeit, nicht aber über die rung einer Gehaltsobergrenze dann noch einsamer wäre und sich kaum je­ gewonnen: 1972
Bei der Diskussionsrunde der Lösungsansätze. Ein Präsident nach Vorbild der NHL, was die mand vorstellen kann, wie er mit seinem ram­ den eher
Präsidenten vom Mittwoch gab sagt: «Es gibt fast so viele Mei­ Kosten eindämmen und für Pari­ ponierten Image im Alleingang Geldgeber fin­ unbedeutenden
es diesen Beschluss: Dass an alle nungen wie Teams.» Da ist die tät sorgen würde, hierzulande den will. Schweizer Cup.
CEOs und Sportchefs der Auftrag Gruppe um Lausanne und aber kaum durchsetzbar ist. Die Vielleicht ist es dieses Szenario, auf das
ergeht, zeitnah Vorschläge zu Kloten, die gerne eine Erhöhung Schliessung der Liga. Eine Redu­ McSorley hofft, weil es ihm erlauben könnte,
erarbeiten, wie sich die Kosten­ des Ausländerkontingents sähe. zierung auf zehn Klubs. Ein CEO wie Phönix aus der Asche zu steigen. Es ist ein
struktur verbessern lässt, wie die Ein Klub­Vorsitzender sagt: «Die sagt leicht genervt: «Wir disku­ riskantes Pokerspiel, an dessen Ende nicht
Liga gesunden kann. Rechnung ist einfach: Einen tieren seit 15 Jahren über die weniger stehen könnte als das Ende des Profi­
Das Vorhaben ist Schweizer, der 320 000 Franken gleichen Dinge. Geändert hat Eishockeys in Genf.
nicht neu, denn es ist kostet, finde ich in der gleichen sich nie etwas.»
ein bekanntes Phäno­ Qualität in Kanada Die Chancen stehen gut, dass
men, dass für 90 000. Das das auch dieses Mal so bleibt. Es Es ist ein Fakt, dass
Durch­
schnittsspie­
ist bei allen
Zusatzkosten und
ist nicht vorteilhaft, wenn drei
von zwölf Klubs mit existenziel­
derzeit nur knapp die
ler viel zu viel trotz Quellensteuer len Problemen kämpfen. Aber Hälfte der zwölf Teams
Geld verdie­ viel günstiger.» der Leidensdruck für radikale in der Jahresrechnung
nen, teil­ Veränderungen dürfte bei den
weise mehr Gaudenz übrigen neun Teams so gross kein strukturelles
als 300 000 Domenig nicht sein. Nicola Berger Defizit aufweist.
 50
DasEndederGeschi
Der Handballverein St. Otmar St. Gallen war eine
Institution der katholischen Schweiz. Dann erodierte alles.
Gibt es eine Zukunft für das Vergangene? Unterwegs mit
Sportchef Dominique Gmür in den schwierigsten Wochen
seines Lebens. Von Samuel Tanner
D
ominique Gmür ist 66 Jahre
alt, er könnte sich pensionie-
ren lassen, aber in seinem
Büro im St. Galler Lerchen-
feld brennt noch das Licht. Er
hat Gmür-Decor, «eine kleine
und leistungsfähige Handels-
Firma für Vorhangstoffe», von seinem Vater
übernommen. Jetzt beschäftigt er acht Leute,
die alle gegen zwanzig oder dreissig Jahre da-
bei sind. Mit den Jahren seien sie eine Familie
geworden, sagt Gmür. Und Familien löst man
nicht einfach auf.
Gmür sagt, er sei ein Mensch, der eigentlich
überall zu lange dabeibleibe. Das Büdeli, wie
er seine Firma nennt, führe er seit ewig, ver-
heiratet sei er seit 36 Jahren und Mitglied im
Handballverein St. Otmar St. Gallen seit dem
Jahr 1967. Fast ein ganzes Leben lang.
Wenn Dominique Gmür am Morgen ins Bü-
deli kommt, geht er durch das Treppenhaus
nach oben. An den Wänden hängen Bilder aus
guten Zeiten. Otmar im Europacupfinal, 1982.
Otmar bei der letzten Meisterfeier, 2001. Eine
Holzuhr, auf der steht: «Lieber Dominique,
deine gelbschwarzen Jungs danken dir für
deine immense Unterstützung.» Gmür-Decor
wirkt wie eine Zeitkapsel – alles hier erzählt
von Erfolgen, aber sie liegen lange zurück.
Gmür spürt, dass die Welt da draussen eine
andere geworden ist. Er sagt, er sei manchmal
müde und frage sich, ob er noch gemacht sei
für diese Zeit. Er sehe schon, heute werde
überall gemanagt, aber so sei er nicht. «Einige
sagen, ich wolle immer allen helfen, und viel-
leicht stimmt das. Ich bin halt ein sehr sozialer
Mensch, so wurde ich erzogen.»
Es ist der 6. Dezember 2017, und es gibt
nicht mehr viel Hoffnung für St. Otmar und
seinen Sportchef Gmür. Er sitzt in seinem Be-
sprechungszimmer und raucht, an der Wand
hängen bunte Vorhangstoffe, aber sie bringen
die Farbe auch nicht zurück in den Tag. Vor ein
paar Tagen verlor die Mannschaft in der
Eulachhalle gegen Pfadi Winterthur. Der Ver-
ein liegt unter dem Strich, wahrscheinlich
muss er zum zweiten Mal hintereinander in
die Abstiegsrunde. In den letzten zwei Spielen
der Hauptrunde wird die Mannschaft gegen
einen Niedergang kämpfen müssen, der sich
eigentlich längst ereignet hat.
I. Aufstieg
St. Otmar ist der grosse Schweizer Roman, den
Niklaus Meienberg nicht geschrieben hat.
Ihren Anfang nahm die Geschichte im Jahr
1924, als der Katholische Jünglingsverein eine
Sektion bildete, die Katholischer Turnverein
St. Otmar hiess. Im gleichen Jahr wurde der
Familie Furgler im Otmar-Quartier ein Sohn
namens Kurt geboren.
Auf seinem Weg vom Kurt zum Dr. Furgler
erschuf er 1942, im Alter von achtzehn Jahren,
die Handballabteilung des Vereins. Das war
der Boden, auf dem alles zu stehen kam. Er
wurde Spieler und Anwalt, Spielertrainer und
Brigadier, Trainer und Nationalrat, Coach und
Bundesrat der Christlichen Volkspartei.
Seit Vadian die Stadt vor fünfhundert
Jahren reformiert hatte, war St. Gallen protes-
tantisch. In den Aussenquartieren entstand
aber eine christlich-soziale Gegenwelt. Kurt
Furgler lernte deren Gesetze schnell, studierte
in Freiburg, ging in die Kirche und in die
Partei, machte Karriere im Militär und im
Handball. Das waren die Netzwerke einer alten
Schweizer Elite.
Sport Handball
St. Otmar stieg im gleichen Tempo auf wie
sein Gründer: 1957 spielten die sogenannten
Otmärler erstmals in der Nationalliga A des
Feldhandballs, 1964 wurden sie Schweizer
Meister. Als Furgler im Jahr 1971 in den Bun-
desrat einzog, gewann sein Verein auch in der
Halle den ersten Meistertitel. Gelb-schwarze
Hegemonie.
Auf dem Bild von 1968, das die Schweizer
Meister im Feldhandball zeigt, kniet unten
links Dominique Gmür. Die Männer um ihn
herum waren Nationalspieler und hiessen
Notter, Stahlberger, Gemperle. Einige von da-
mals leben nicht mehr, aber Gmür hat seinen
Platz im Verein nie verlassen. Er sagt: «Otmar
hat mir so viel gegeben, an dem mein Herz
hängt. Der Verein hat mich ins Leben hinaus-
geführt.» Oben rechts auf dem Mannschafts-
bild steht der Trainer Kurt Furgler in Jacke und
Krawatte, alles hat seine Ordnung.
Wenn es sportlich nicht gut lief in der letz-
ten Zeit, hielt sich Dominique Gmür an den
alten Geschichten fest. Im Verein sagen sie
ihm dann: «Los emol de Furgler sii, dä isch
gschtorbe.» Gmür erinnert sich bis heute an
Spielszenen aus den sechziger Jahren. Als jun-
ger Flügelspieler war er für den Tee mit den
Zitronenschnitzen verantwortlich. Über Jahre
fror er in der alten Olma-Halle auf der Bank,
weil der Platz am linken Flügel dem arrivierten
Peter Notter gehörte (dem ersten Protestan-
ten, der für den Verein spielen durfte). Wenn
er schliesslich reinkam, hatte er so kalte Fin-
ger, dass ihm der erste Pass von Stahlberger
durch die Hände ging. In der Stadt nannten sie
ihn 2-Minuten-Gmür, weil er lange nur zu kur-
zen Einsätzen kam. Gmür sagt: «Ich habe mich
untergeordnet, eingeordnet. So bin ich ge-
wachsen.»
Es war eine Zeit der Gegensätze. Auf den
Strassen kämpfte die bewegte Jugend für ein
neues Land, in der Halle bewegten sich andere
im Rhythmus der alten Ordnung. Dominique
Gmür musste lange Herr Doktor sagen, aber er
wusste, irgendwann würde Furgler ihm das
Du anbieten – und er innerhalb der Familie
einen privilegierten Platz bekommen.
Mit Christoph, einem von Furglers Söhnen,
war Gmür befreundet. Als dieser achtzehn
Jahre alt wurde, fuhren sie gemeinsam in den
Ausgang. Um 0.30 Uhr sollten sie zurück sein,
hatte Vater Furgler bestimmt. Als sie um 1.10
Uhr vor der Villa am Rosenberg ankamen,
brannte drinnen noch Licht. Kurt Furgler kam
in dem weinroten Otmar-Trainer, den er zu
Hause immer trug, nach draussen, öffnete die
Beifahrertür und sagte zu seinem Sohn: «Du
gehst rein.» Dann wechselte er die Seite, Gmür
liess die Scheibe runter und Furgler sagte,
ganz ruhig: «Dominique, du hast mich ent-
täuscht.» Gmür vergass das nie, er habe so ge-
zittert, sagt er, dass er die Kupplung nicht
mehr habe durchdrücken können. Einen Kurt
Furgler enttäuscht man nicht, fand er damals
und findet er heute.
Kurt Furgler wurde in kulturkämpferischen
Zeiten gross und im Kalten Krieg grösser. Er
war geübt im Duell. St. Otmar führte er als Ver-
treter der ersten Generation an die Spitze der
Tabelle und der Stadt. Fussball spielte im
St. Gallen der sechziger Jahre eine kleinere
Rolle, Brühl und der FC St. Gallen spielten
über Jahre in der zweiten Liga – Handball war
der Sport der Stunde. Vorübergehend spielten
vier Stadtklubs in der Nationalliga A. BTV, STV,
Fides, Otmar. In den Derbys riefen die refor-
mierten BTVler: «So, Otmarli, häsch Wiiwäs-
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
PHOTOPRESS / KEYSTONE
Grosse
Geschichte
1942
Ein achtzehnjähriger
Mann namens Kurt
Furgler gründet aus
dem Katholischen
Turnverein St. Otmar
heraus eine Handball-
sektion, die so be-
kannt werden wird
wie er selber.
1982
Der Handballverein
erreicht seinen Höhe-
punkt: In der ausver-
kauften Herisauer Eis-
halle spielt St. Otmar
im Europacupfinal
der Meister gegen
Honved Budapest.
2001
Das neue Jahrtausend
beginnt in St. Gallen
mit dem siebten
Meistertitel. In der
gleichen Saison ge-
winnt der Verein auch
Cup und Supercup. Es
ist die letzte goldene
Saison.
Höhenflüge im Europacup: In den achtziger Jahren durchlebte St. Otmar St. Gallen seine goldenen Jahr
serli gno?» St. Otmar gewann am Ende immer, gerne. Wir waren beide hemdsärmlige Typen,
bis man irgendwann die ewige Tabelle des wir chrampften und assen, wenn es sein
Schweizer Handballs anführte. musste, um Mitternacht zusammen einen Cer-
Im Jahr 1971, als Furglers Zeit im Bundesrat velat.»
begann, übernahm der frühere Otmar-Goalie Im Jahr 1982 spielte St. Otmar in der Heris-
Otmar Keller das Präsidium. Er war der Vertre- auer Eishalle den Final der Landesmeister
ter der zweiten Generation und lange Jahre gegen Honved Budapest. Die Mannschaft ver-
nicht nur dem Namen nach gleichzusetzen mit lor, aber die Spieler blieben in Erinnerung. Der
dem Verein. Rorschacher Pöstler Robert Jehle, der einen
Fass, wie Gmür ihn nennt, war als Bub Bauch hatte und deshalb «Buuch» hiess. Peter
Oberministrant der Domkirche und Präfekt Stürm, der später Theaterschauspieler und
der Katholischen Jungmannschaft. Später Dramatiker wurde. Heinz Karrer, der in die ers-
nannte er sich einen «klassischen Stadtbären»: te Reihe der Schweizer Wirtschaft aufstieg. Es
aktiv ein Leben lang in der Halle von St. Otmar waren die goldenen Jahre.
und während vierzig Jahren in den Büros der 1986 gewann St. Otmar den vorletzten
St. Gallischen Creditanstalt. Keller verbrachte Meistertitel seiner Geschichte, im Jahr 2001
sein Leben am Rosenberg, der, wie Niklaus den letzten. Es war noch einmal eine Saison
Meienberg schrieb, «herrschaftlich überbaut wie aus dem Archiv. Als Kapitän führte Markus
ist durch die Residenzen der reichen Mitbür- Keller, der Sohn von Otmar Keller, die Mann-
ger, die es durch ihre Tüchtigkeit zu einer Villa schaft an. Spielertrainer war der schwedische
gebracht haben, während es die meisten Nationalspieler Robert Hedin. Assistiert wurde
St. Galler nur zu einem lohnenden Spazier-
gang bringen, etwa durch das Tal der Demut
zum Wenigerweiher». Die Zeiten ändern sich.
Otmar Keller wirkte vier Jahre als Präsident
und neununddreissig als sportlicher Leiter,
Als Kurt Furgler im
bald gemeinsam mit seinem Freund: Domi- Sommer 2008 verstarb,
nique Gmür. Beide arbeiteten ehrenamtlich. gab es die Kurt-Furgler-
«Er machte die Verträge, ich war oft in der Hal-
le, bei den Spielern», sagt Gmür. «Sie nannten Schweiz schon länger
mich ‹Mappenträger von Fass›, und ich war es nicht mehr.

ichte
re. Peter Jehle (rechts) überlistete mit einem Heber die Abwehr von Empor Rostock. (6. Dezember 1980)
er von Predrag Borkovic, der 1993 mit seiner
Familie das ehemalige Jugoslawien verliess
und als Flüchtling in St. Gallen ankam. Im Bü-
deli von Dominique Gmür hatte er Arbeit ge-
funden, bei St. Otmar seinen Platz.
II. Fall
Das neue Jahrtausend brachte die Zeiten-
wende, im Handball und im Land. Der Unter-
nehmer Giorgio Behr managte Kadetten
Schaffhausen mit viel Geld und neuen Metho-
den an die nationale Spitze. Wacker Thun ging
neue Wege, gründete einen eigenen Fernseh-
sender und gewann den Europacup. Verände-
rungen führten zum Erfolg. Otmar blieb
Otmar. Vereine, die über Jahrzehnte erfolg-
reich sind, verändern sich irgendwann nicht
mehr – aus Gewohnheit und Respekt vor der
Vergangenheit. Aber die Zeiten ändern sich.
Als Kurt Furgler im Sommer 2008 verstarb,
gab es die Kurt-Furgler-Schweiz schon länger
nicht mehr. Die Bedeutung des Militärs war in
den neunziger Jahren gesunken, die Bedeu-
tung der CVP sinkt immer noch weiter. Als in
St. Gallen im Herbst der Stadtrat gewählt
wurde, verlor die Partei ihren letzten Sitz. Im
Schulsport hat das Unihockey den Handball
abgelöst, weil es leichter zu vermitteln ist. Das
christlich-soziale Milieu, früher so dominant,
ist auseinandergefallen. Die Kirchen leeren
sich. Kurt Furgler wäre nicht mehr möglich.
KEYSTONE
Eine grosse Zeit: Die Spieler von St. Otmar mit ihrem Trainer Kurt Furgler im Jahr 1964.
Dominique Gmür
zitierte den
Verstorbenen: «Man tritt
in einen Verein ein, und
erst mit dem Tod tritt
man aus.»
Als Otmar Keller im September 2013 ver-
starb, hielt Dominique Gmür die Ansprache in
der vollen Kirche. Er zitierte den Verstorbe-
nen: «Man tritt in einen Verein ein, und erst
mit dem Tod tritt man aus.» Er selber blieb als
einer der Letzten übrig.
Gmür hatte in all den Jahren versucht, die
alten Werte herüberzuretten in die Gegenwart.
Wenn er neue Spieler aus dem Ausland ver-
pflichtete, zeigte er ihnen die Stadt und führte
sie ins Kloster. Neulich fuhr er mit einem
Spieler am alten Lerchenfeld-Stadion vorbei,
wo sie früher Feldhandball gespielt hatten.
«10 000 Leute schauten uns damals zu», sagte
Gmür, vor seinen Augen hatte er sie noch ein-
mal versammelt. Der Spieler antwortete ihm:
«So viele haben da doch gar nicht Platz!»
Dominique Gmür ist in diesem Dezember,
da es gegen den Fall in die Abstiegsrunde geht,
immer noch häufig in der Halle. Er sagt: «Ich
verwöhne die Mannschaft vielleicht zu sehr.
Aber wer mir sagt, ich müsse strenger sein,
den Spielern mit Lohnabzug drohen, falls sie
die Leistung nicht bringen, dem muss ich sa-
gen: Ich kann das nicht. Das sind Menschen,
ich suche das Gespräch mit ihnen.»
Am letzten Heimspiel des Jahres, gegen den
BSV Bern Muri, sitzt Gmür auf einem Stuhl im
Bauch der Halle, auf der Höhe des Torhüters,
hinter seiner Mannschaft. Der Präsident des
Vereins, Hans Wey, steht am Geländer auf
einer Halbhöhe, er blickt in die Kreuzbleiche-
Halle wie ein Kapitän an der Reling. Er ist
gleich alt wie Gmür, war früher Verwaltungs-
ratspräsident bei Price Waterhouse Coopers
und kommt aus dem Laufental. Er will die alte
MICHEL CANONICA / ST. GALLER TAGBLATT
Otmar-Familie wiederbeatmen, aber was,
wenn es die Familie gar nicht mehr gibt?
Wey sagt: «Stimmt schon. Das Milieu, das
den Verein getragen hat, das ist verschwun-
den. Wir müssen schauen, dass wir eine neue
Breite erreichen, wieder mehr Jugendliche für
den Handball begeistern können!» St. Otmar
arbeitet deshalb jetzt auch mit Fides zusam-
men, dem Feind aus der Vergangenheit. Viel-
leicht geht es gemeinsam.
Um Wey herum stehen bei dem Spiel gegen
Bern Muri ein paar Gönner von St. Otmar. Aber
die Sponsoren waren auch schon zahlreicher.
Das Geld, das die Firmen früher vor Ort in die
lokalen Vereine investierten, wird heute zent-
ral vergeben: an die Grossen des Sports. Otmar
hat in den letzten Jahren einige grosse Spon-
soren verloren, an deren Stelle traten kleinere.
Die Hallensprecherin verkündet jetzt während
der Heimspiele immer, wer das Harz gespon-
sert hat. Jeder Rappen zählt.
Die finanziellen Stützen des Vereins sind
nicht zuletzt Präsident Wey und der Sportchef
Gmür. Seit Jahren begleichen sie offene
Rechnungen aus ihrem eigenen Sack. «Andere
haben sonst ein teures Hobby», sagt Domi-
nique Gmür. Er gibt dem Verein viel Geld und
Zeit – dafür ist er ein wichtiger Teil der Familie.
Seine Freunde sagen ihm immer wieder, er
Dominique Gmür: «Es tut verdammt weh.» solle doch endlich aufhören, das bringe alles
51
nichts mehr, und stattdessen mit ihnen golfen.
Gmür sagt: «Ich könnte das nicht, einem Bälle-
li hinterherseckeln. Ich bin nicht der Genuss-
typ, ich mache auch nicht gerne Ferien.»
Dennoch fragte er sich zuletzt immer wie-
der, fast stündlich, wie er sagt, ob er zurück-
treten solle. «Vielleicht stehe ich den Verände-
rungen im Weg?»
Auf dem Platz bieten die Spieler von Inte-
rimstrainer Vedran Banic gegen den BSV Bern
Muri die beste Leistung seit langem. Sie ge-
winnen am Ende mit einem Vorsprung von
vier Toren. Es ist ein Sieg, der am Ende nichts
bringt. Das entscheidende Spiel gegen Suhr
verliert St. Otmar am 16. Dezember mit 21:25.
Leere in allen Augen, Abstiegsrunde.
Vor Weihnachten muss sich der Vorstand
des Vereins entscheiden, ob er den Vertrag sei-
nes jungen Trainers Vedran Banic verlängert.
Die andere Option wäre es, den früheren
Otmar-Captain Rolf Erdin als Trainer zurück-
zuholen in den Verein. Es ist ein Entscheid
darüber, wie St. Otmar seine Vergangenheit
bewertet und seine Zukunft sieht.
Nach einem Trainingsabend im Dezember
stand der Kreisläufer Benjamin Geisser, einer
der St. Galler in der Mannschaft, noch ein biss-
chen in der Halle und dachte über St. Otmar
nach. Er hatte im Sommer eine Ausbildung
zum Sportmanager gemacht und sagte jetzt:
«Wir müssen mit der Zeit gehen. Die Social
Media gehen bis jetzt an uns vorbei. Im Vor-
stand haben die Älteren vielleicht Angst, dass
man da Geld aus dem Fenster hinauswirft –
weil sie diese Dinge nicht kennen.»
III. Epilog
Am Ende des Jahres entschied sich der Vor-
stand unter Präsident Wey für einen neuen
Vertrag mit Vedran Banic. Es war der Punkt, an
dem sich Dominique Gmür zum Rücktritt ent-
schied. Er hatte eine andere Idee von der Zu-
kunft des Vereins.
Gmür sagt am Telefon, da hat das neue Jahr
gerade begonnen, es tue verdammt weh. Er
habe Rolf Erdin als Trainer und mit ihm zurück
zu den Wurzeln von St. Otmar gewollt. «Rolf
war acht Jahre bei uns, war Kapitän, kennt den
Verein und die Region sehr gut. Das wäre
meine Vision gewesen für die Zukunft: Dass
noch ein paar Otmärler da wären, wenn ich
gehe.» Es ist anders gekommen.
Gmür bekommt in diesen Tagen viele Nach-
richten, von alten Spielern und Weggefährten,
«schöne E-Mails, unglaublich schöne Worte,
das ist viel wert.» Er verlasse sein Amt in Frie-
den, sagt er. Die sportliche Verantwortung gab
er per sofort ab, aus dem Vorstand scheidet er
an der Generalversammlung im Juli aus. Es ist
ein langsamer Rücktritt, und kein leichter.
Das Sekretariat des Vereins bleibt vorläufig
bei Gmür-Decor eingemietet. Gmür will es
langsam übergeben. Unten im Keller ist das
Archiv. Das will er in der nächsten Zeit ordnen.
Was kann weggegeben werden? Was bleibt?
Dominique Gmür ist der Vertreter der dritten
Generation von St. Otmar. Er verwaltet die er-
folgreiche Geschichte des Vereins.
Der TSV St. Otmar St. Gallen startet Anfang
Februar gegen GC Amicitia Zürich in die Ab-
stiegsrunde. In der Pressemitteilung, die den
neuen Vertrag von Banic und den Rücktritt
von Gmür vermeldete, stand: «Banic wird mit
seinem Team alles geben.»
Der Abschied von Dominique Gmür wurde
auf drei Zeilen gewürdigt.
52
Rote Karte
Nun ist auch der Nachwuchs
des russischen Frauen-Hand-
balls in den Dopingsumpf
gelangt. Der U19-Natio-
nalmannschaft der
Frauen ist die EM-Silber-
medaille von 2017
aberkannt worden. Der
Europäische Handball-
verband (EHF) reagierte
damit auf positive
Dopingtests dreier
russischer Spielerin-
Ski Alpin
1. Vonn (USA) 1:36,48
2. Weirather (LIE) +0,92
3. Wiles (USA) +0,98
5. Gisin (SUI) +1,38. 13. Gut (SUI)
+1,98. 20. Suter (SUI) 2,47.
In der zweiten Weltcup-Abfahrt
in Cortina d’Ampezzo wurde
Lindsey Vonn ihrer Favoritenrolle
gerecht. Die Amerikanerin siegte
überlegen vor der Liechtensteine-
rin Tina Weirather.
Bestklassierte Schweizerin war
Michelle Gisin. Die Engelbergerin,
am Tag zuvor schon nach we-
nigen Toren ausgeschieden,
schaffte als Fünfte ihr zweit-
bestes Ergebnis in einer Weltcup-
Abfahrt. Anfang Dezember war
sie in Lake Louise Dritte gewor-
den. Die restlichen Schweizerin-
nen gehörten zu den Geschlage-
nen, unter ihnen auch Lara Gut.
Die Tessinerin büsste fast zwei
Sekunden ein und musste sich
mit Platz 13 bescheiden.
Jasmine Flury schied nach
einem Sturz aus. Ebenfalls nicht
ins Ziel kam die Italienerin Sofia
Goggia, die Siegerin der Abfahrt
vom Freitag.
Lindsey Vonn kam im Gegen-
satz zum Vortag, als sie wegen
eines groben Fehlers im Mittelteil
den Sieg verpasst hatte, diesmal
ohne Patzer durch. Prompt war
die Amerikanerin eine Klasse für
sich. Ihre erste Verfolgerin Tina
Weirather, tags zuvor nur Neun-
zehnte, distanzierte sie um 92
Hundertstel.
Mit 40 Siegen ist Vonn nicht
nur die erfolgreichste Abfahrerin
im Weltcup. Sie ist nunmehr auch
die älteste Gewinnerin in dieser
Disziplin. Am Samstag war sie 33
Jahre und 95 Tage alt und über-
traf damit Elisabeth Görgl. (sda)
Fussball Bundesliga
Eindrückliches Lebenszeichen des Schlusslichts
0 Hamburg
2
Köln
27./67. Terodde.
Zu den überraschenden Erkennt-
nissen des noch jungen Fussball-
jahres 2018 zählt jene, dass der 1.
FC Köln doch kein hoffnungsloser
Fall ist – entgegen allen Annah-
men und Prognosen, die noch An-
fang Dezember getätigt wurden.
Damals war Köln mit einer bis da-
hin einmaligen Ausbeute von
lediglich drei Punkten Tabellen-
letzter. Als Konsequenz wurde
Trainer Peter Stöger entlassen.
Nun siegte Köln mit 2:0 in
Hamburg – in einem Match, der
als «Endspiel» etikettiert worden
war. Denn wenn Köln unmittelbar
mit einem Klub konkurriert, dann
ist es Hamburg. Es war der dritte
Sieg in Serie für die Kölner, und es
war das zweite Spiel, in dem der
Mittelstürmer Simon Terodde für
den FC auflief. Er erzielte beide
Tore gegen den HSV, nachdem er
schon in der letzten Woche zum
Sport
Zahl Aufgefallen
225
nen. Bei Antonina Skorobogat- Nordkorea
schenko, Maria Duwakina und Bei den Olympischen Spielen in
Maria Dudina wurde die verbo- Pyeongchang werden 22 nord-
tene Substanz Meldonium koreanische Athleten teil-
nachgewiesen. Anfang 2016 nehmen. Erstmals treten Nord-
war die Tennisspielerin und Südkorea mit einem
Maria Scharapowa mit der gemeinsamen Eishockeyteam
gleichen Substanz an. Ausserdem starten Nord-
erwischt worden. So viele Minuten dauerte das koreaner im Eiskunstlauf, Short-
Meldonium ist zur Spiel zwischen Simona Halep track, Ski alpin und Langlauf.
Behandlung von Herz- und Lauren Davis in der Hitze Das wurde nach einem Treffen
und Kreislaufbeschwer- des Australian Open. Halep des Internationalen Olympi-
den gedacht. (sda) sagte nachher: «Ich bin fast tot.» schen Komitees bekannt. (smb.)
Ein Hauch von Roulette
STEFAN ADELSBERGER / EXPA / FRESHFOCUS
1. Dressen (GER) 1:56,15
2. Feuz (SUI) +0,20
3. Reichelt (AUT) +0,41
5. Gisin (SUI) +0,68. 14. Caviezel
(SUI) +1,81.
Kitzbühel ist eine Kasino-Stadt,
und manch einer ist schon ver-
zweifelt, weil die Kugel beim Rou-
lette im entscheidenden Moment
auf die falsche Seite fiel. Etwa
einen Kilometer von den Spiel-
tischen entfernt werfen einmal
im Jahr ein paar verwegene Män-
ner wenn nicht ihr Leben, so doch
die Gesundheit in die Waag-
schale, wenn es darum geht,
König von Kitzbühel zu werden.
Und immer wieder spielt das
Schicksal mit. Der Modus in der
Abfahrt sieht es vor, dass die zehn
Besten der Weltrangliste ihre
Startnummer auswählen dürfen,
die Nummer 1 zuerst, die Num-
mer 10 zuletzt. Zur Wahl stehen
die ungeraden Nummern von 1
bis 19. Vor diesem Prozedere
unterhielten sich in Kitzbühel
Thomas Dressen und Hannes Rei- Glückstränen nach einem Höllenritt: Marc Gisin schaffte in Kitzbühel die Olympia-Qualifikation.
chelt, die Nummern 9 und 10 der
Welt. «Ich möchte lieber nicht als
Erster runterfahren», sagte Dres- «Ich hatte einen Beat Feuz gewählt, und er war da-
sen, «beim letzten Mal bin ich ge- mit so stark gefahren, dass ihn
stürzt. Wenn es geht, würde ich
Bombenlauf», sagte keiner mehr übertraf. Reichelt
gerne vor dem Start ein paar an- Beat Feuz. Seine zeigte in Wengen eine heraus-
dere am TV verfolgen.» – «Mach
dir keine Gedanken», sagte Rei-
Zeit schien ragende Performance, aber in der
Stunde seit dem Start von Feuz
chelt, «wenn die 1 noch frei ist, unschlagbar. hatte die Sonne den oberen Teil
nehme ich sie.» Und so geschah es erhitzt und dadurch langsamer
dann auch. gemacht. Die 19 war chancenlos.
Dazu muss man wissen: Vor In Kitzbühel trug also Reichelt
einer Woche in Wengen blieb für die 1, und auch er zog eine per-
Reichelt bloss die 19. Die 1 hatte fekte Linie in den Hang. Seine
DEFODI / IMAGO
Bundesliga
19. Runde: Hoffenheim - Bayer Leverku-
sen 1:4. SC Freiburg - RB Leipzig 2:1.
Borussia Mönchengladbach - Augsburg
2:0. Wolfsburg - Eintracht Frankfurt 1:3.
Mainz 05 - VfB Stuttgart 3:2. Hamburger
SV - 1.FC Köln 0:2.
Freitag: Hertha Berlin - Borussia Dort-
mund 1:1.
Sonntag: Bayern München - Werder
Bremen (15.30). Schalke 04 - Hannover
96 (18.00).
1. Bayern 18 44 10. Hannover 18
2. Leverkusen 19 31 11. Berlin 19
3. RB Leipzig 19 31 12. Freiburg 19
4. Gladbach 19 31 13. Wolfsburg 19
5. Schalke 04 18 30 14. Stuttgart 19
6. Dortmund 19 30 15. Mainz 05 19
7. Frankfurt 19 30 16. Bremen 18
8. Augsburg 19 27 17. Hamburg 19
9. Hoffenh. 19 27 18. 1. FC Köln 19
Simon Terodde (rechts) schenkt Köln neue Hoffnung.
Rückrunden-Auftakt gegen Mön- die der nach China abgewanderte Plötzlich scheint es nun Anzei-
chengladbach den Siegtreffer er- Goalgetter Anthony Modeste hin- chen für eine wundersame Wen-
zielt hatte. terlassen hat. Es mag ihm zugute de zu geben: Coach Stefan Ru-
In Köln scheint dem aus Stutt- kommen, dass er das Kölner thenbeck, der Anfang Dezember
gart gekommenen Terodde zu ge- Milieu gut kennt: Zwischen 2009 Peter Stöger ersetzte, vermittelt
lingen, was ihm wohl nur grösste und 2011 spielte er bereits in der jene Ruhe, die in brenzligen
Optimisten zugetraut hatten: Die Stadt am Rhein, ohne sich damals Situationen nötig ist. Die Stelle
Lücke im Angriff zu schliessen, aber durchsetzen zu können. des Sportdirektors ist nach der
ROBERT HRADIL
Bestzeit hatte Bestand, bis Feuz
mit der 7 losraste. «Ich hatte
einen Bombenlauf», sagte dieser
später. Die Zeit des Weltmeisters
schien unschlagbar. Doch die
Roulettekugel rollte noch immer.
Und dann fiel sie auf die unerwar-
tete Seite. Als Dressen sich mit
der 19 aus dem Starthaus katapul-
tierte, hatten sich die Wolken, die
zuvor für ein diffuses Licht ge-
sorgt hatten, verzogen. Der Deut-
Demission Jörg Schmadtkes
durch Armin Veh geschlossen
worden. Und die Mannschaft hat
nun auch einmal, was ihr wäh-
rend fast der gesamten Hinrunde
bis zur Entlassung Stögers fehlte:
Fortune.
Ganz anders stellt sich dagegen
die Situation für den HSV dar. Nur
noch drei Punkte trennen das
Team von Köln und somit dem
letzten Tabellenrang. Die Ten-
denz der letzten Wochen ist
26
25 gegenläufig zu der des rheini-
23 schen Rivalen. Bereits unmittel-
20
20 bar nach dem Schlusspfiff befand
20 die Hamburger Presse, der HSV
16
15 habe gespielt «wie ein Absteiger».
12 Auf eine grosse Zukunft von Trai-
ner Markus Gisdol will in Ham-
burg niemand mehr setzen.
Manager Jens Todt distanzierte
sich vorsorglich: Er könne nicht
ausschliessen, dass Gisdol entlas-
sen werde. Über mögliche Nach-
folger wird diskutiert, auch die
Namen Felix Magath und Thomas
Doll sind schon gefallen. Beide
waren bereits beim HSV.
Stefan Osterhaus, Berlin
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Unfall
Tod auf dem Meer
Die vierte Etappe des Volvo
Ocean Race war fast zu Ende,
als es in der Nacht auf Samstag
kurz vor dem Zieleinlauf in
Hongkong zu einem Unglück
kam. Die Segeljacht des Teams
«Vestas» kollidierte mit einem
chinesischen Fischerboot.
Einer der Fischer kam ums
Leben, neun andere konnten
gerettet werden. Die Segler
blieben unverletzt. (sta.)
sche hatte perfekte Sicht, und
dass viel, viel Talent in seinem
24-jährigen Körper steckt, hat
sich längst herumgesprochen. Er
war in diesem Jahr schon Dritter
und Fünfter, jetzt holte er zum
grossen Coup aus. Feuz hatte zu-
vor mehrmals gejubelt, wenn die
Angriffe anderer Athleten schei-
terten. Nun erstarrte sein Gesicht.
Er brauchte eine Weile, bis er
sagen konnte, auch ein zweiter
Rang in Kitzbühel sei viel wert.
Und dass es nicht einfach gewe-
sen sei, sich nach dem Crash des
letzten Jahres zu überwinden.
Ein anderer Swiss-Ski-Fahrer
brauchte noch viel länger, bis er
erklären konnte, wie viel ein fünf-
ter Rang in Kitzbühel wert sein
kann. Marc Gisin rollten immer
wieder Glückstränen über die
Wangen, und die Stimme stockte.
Der 29-Jährige war 2015 auf der
Streif schwer gestürzt und hatte
sich eine Hirnblutung zugezogen.
Er kehrte 2016 zurück und wurde
schon damals Fünfter in Kitz-
bühel, doch die Sturzfolgen für
das Hirn waren noch nicht über-
wunden, Gisin kämpfte mit
schwersten Schlafstörungen und
musste erneut pausieren.
Der Weg zurück war hart, Gisin
zweifelte daran, dass er es noch
einmal schaffen würde. «Ich war
ein Häufchen Elend.» In den ver-
gangenen Wochen ging es endlich
aufwärts. Die Sonne hatte sich
wieder verzogen, als er in Kitz-
bühel losfuhr. Doch er zeigte sich
unbeirrt. Im ersten Rennen der
Saison war er 42. Nun steht er im
Olympiateam.
Remo Geisser, Kitzbühel
Sport im TV
Ski alpin
10.25 SRF 2: Kitzbühel, Männer Slalom,
1. Lauf.
11.35 SRF 2: Cortina d’Ampezzo, Frauen
Super-G.
13.15 SRF 2: Kitzbühel, Männer Slalom,
2. Lauf.
Langlauf
9.20 SRF 2: Planica, Frauen 10 km
klassisch.
15.30 SRF 2: Planica, Männer 15 km
klassisch.
Biathlon
12.55 SRF 2: Antholz, Frauen
Massenstart.
14.40 SRF 2: Antholz, Männer
Massenstart.
Ski nordisch
15.55 SRF 2: Oberstdorf, Skifliegen-WM
Mannschaften.
Bob
17.55 SRF 2: Königssee, Viererbob.
Tennis
5.00 Eurosport: Australian Open.
Allgemein
18.30 SRF 2: Sportpanorama.
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Gewinner
GEPA PICTURES
Skiflug WM
1. Tande (NOR) 651,9 Punkte
2. Stoch (POL) 638,6
3. Freitag (GER) 627,6
12. Ammann (SUI) 559,2. 34.
Deschwanden (SUI) 111,8.
Daniel-André Tande ist Skiflug-
Weltmeister. Der Norweger be-
hauptete in Oberstdorf seine Füh-
rung vor Kamil Stoch. Dem Polen
blieb somit der fünfte und letzte
ihm noch fehlende grosse Titel im
Skispringen zumindest vorerst
verwehrt.
Tande wurde vorzeitig zum
Champion gekürt. Die Jury brach
den vierten und letzten Durch-
gang nach wenigen Springern
wegen zu starker Winde ab. Der
blonde Teenie-Schwarm nahm
die ersten Gratulationen noch
oben im Aufwärmraum des
Turms von seinen Konkurrenten
entgegen.
Tande, erst dreifacher Gewin-
ner von Weltcupspringen, domi-
nierte mit seinen Flieger-Qualitä-
ten eigentlich jeden Durchgang –
sei es Probesprung, Qualifikation
oder Wettkampf. Auch der Schan-
zenrekord ist nun mit 238,5
Metern in seinem Besitz. Einzig
im letzten Umgang hatte der
23-Jährige die klar schlechteren
Winde als Stoch, der seinen Rück-
stand auf Tande von umgerech-
net 15 auf 11 Meter verkürzte.
Der Schweizer Simon Ammann
beendete den Wettkampf auf
dem 12. Platz. Er zeigte sich
gegenüber dem Vortag verbessert
und machte noch drei Ränge gut.
«Heute zeigte ich einen guten
Sprung. Ich habe mir einige tech-
nische Punkte zur Verbesserung
vorgenommen, welche ich auch
umsetzte», sagte er. (sda)
Snowboard
Podladtchikov gewinnt,
Hablützel stürzt schwer
1. Podladtchikov (SUI) 90,50
2. Totsuka (JAP) 88,25
3. Yiwei (CHN) 87,00
4. Scherrer (SUI) 85,00. 11. Burge-
ner (SUI). 13. Hablützel (SUI).
Iouri Podladtchikov stand am
Laax Open seit einigen Augen-
blicken als Halfpipe-Sieger fest,
als auf dem Crap Sogn Gion ein
Helikopter mit dem verletzten
David Hablützel abhob. Hablützel
war im zweiten Run des Finals
schwer gestürzt, er knallte nach
einem eben erst erlernten Trick
seitlich auf den Rand der Halfpipe
und überschlug sich fürchterlich.
Hablützel blieb lange liegen
und wurde dann mit dem Ret-
tungsschlitten abtransportiert.
Bald gab es erste Entwarnung.
Hablützel zog sich starke Prellun-
gen der Lendenwirbelsäule und
der Schulter zu sowie eine Ge-
hirnerschütterung. Der Olympia-
fünfte war den neuen Trick zuvor
vier- von fünfmal gestanden.
Sport
Marc Bischofberger
Der Appenzeller konnte beim
Skicross im kanadischen
Nakiska mit einem dritten Platz
seine Weltcup-Führung aus-
bauen. Um den möglichen Sieg
kam Bischofberger durch einen
unverschuldeten Crash. Der
Kanadier Kevin Drury stürzte
und riss den Schweizer mit. Pro-
fiteur war der Deutsche Paul
Eckert, der seinen ersten Welt-
cup-Sieg feierte. (sda)
Tennis Australien Open
Federer besteht Formtest souverän
Federer (SUI) 676
EDGAR SU / REUTERS
Gasquet (FRA) 254
In der ersten Woche eines Grand-
Slam-Turniers hat ein Spieler mit
dem Renommee von Roger Fede-
rer wenig zu gewinnen, dafür um-
so mehr zu verlieren. So gesehen,
darf der Titelverteidiger zufrie-
den sein. Er überstand die drei
ersten Runden zusammen mit
Rafael Nadal als Einziger ohne
Satzverlust. Am Samstag gegen
Richard Gasquet erinnerte seine
Rückhand gelegentlich an jenen
Schlag, mit dem er vor einem Jahr
in Melbourne den Grundstein zu
seinem 18.Major-Titel legte.
Noch fehlen vier weitere Siege.
Doch zumindest bestätigte Fede-
rer in der ersten Woche, dass er
auch 2018 zum engsten Favori-
tenkreis gehört. Der Match gegen
Gasquet war im Prinzip die per-
fekte Vorbereitung auf Woche
zwei. Der 31-jährige Franzose ist
einer der talentiertesten Spieler
auf der Tour. Er versteht es wie
wenige, Federers Rhythmus mit-
zugehen. Aber am Ende verliert er
trotzdem meist. Der gestrige Sieg
war bereits Federers 17. im
19. Duell mit ihm. Die Ballwechsel
waren oft umstrittener, als es das
letztlich deutliche Resultat aus-
drückt. Gasquet nahm Federer im
dritten Satz auch einmal den Auf-
schlag ab. Doch am Ende gewann
erneut der Schweizer.
Im Prinzip lief am Samstag
alles für Federer. Mit dem als
Nummer 4 gesetzten Deutschen
Podladtchikov agierte im drit-
ten Contest seit einem Kreuz-
bandriss im März jederzeit souve-
rän. Dem 29-jährigen Zürcher ge-
langen zwei sehr saubere Runs.
Podladtchikov ging bei Schneefall
und schwierigen Sichtverhältnis-
sen keine unnötigen Risiken ein
und verwarf die Option, im zwei-
ten Run den Yolo-Flip zu zeigen.
Diese Eigenkreation hatte ihm vor
vier Jahren in Sotschi den Olym-
piasieg eingebracht.
Podladtchikov bringt nach
einer rekordverdächtigen Reha
bereits wieder alles mit, um auch
in gut drei Wochen in Pyeong-
chang um Olympiagold zu kämp-
fen. Vor der Reise nach Südkorea
erwartet ihn am nächsten Sonn-
tag noch die grosse Hauptprobe.
An den X-Games in Aspen wird
Podladtchikov auf die stärksten
Amerikaner um Shaun White, auf
den stärksten Japaner Ayumu
Hirano sowie auf den Weltmeister
Scotty James treffen. Sie alle
haben in Laax gefehlt.
Philipp Bärtsch, Laax
Zitiert Entdeckt
«Der Nati fehlt ein Serena Williams
Ende Jahr spielte die ameri-
kanische Tennisspielerin
pfeilschneller das erste Showturnier
nach ihrer Babypause –
und verlor gegen
Stürmer...» Jelena Ostapenko.
Anfang März will sie
nun wieder auf die
Profitour zurück-
... sagt Innocent Emeghara im «Blick». Und es ist für kehren. «Der Plan
ihn natürlich klar, wer dieser pfeilschnelle Stürmer ist, dass sie im
an der WM in Russland sein könnte: Er selber! März beim Tur-
Das Gefühl für den Ball stimmt auch im neuen Jahr: Roger Federer nach seinem Sieg gegen Richard Gasquet. (Melbourne, 20. Januar 2018)
Federer bestätigte, Alexander Zverev und dem licher Viertelfinalgegner, im
Argentinier Juan Martin Del Potro Halbfinal würde er nach Papier-
dass er auch 2018 scheiterten zwei jener fünf Spie- form entweder auf den Serben
zum engsten ler, die ihn 2017 hatten schlagen Novak Djokovic oder den Öster-
Favoritenkreis können und nun in Melbourne
potenzielle Stolpersteine auf dem
reicher Dominic Thiem treffen.
Doch vorher hat Federer am Mon-
gehört. Weg in den Final schienen. tag noch einen Achtelfinal gegen
Nun ist der Tscheche Tomas Marton Fucsovics (ATP 80) zu
Berdych Federers wahrschein- überstehen. Mit 25 Jahren steht
Eishockey
Wache Klotener bezwingen träge Lions
4 Kloten
3. Santala. 26. Kellenberger. 28. Egli,
Praplan (P.).
gelegen. Wie so oft zeigten sie
gegen ein Team aus den Top-8
eine ungleich bessere Leistung als
ihrer zwölf Siege schafften sie
gegen Teams auf den Play-off-
Plätzen. Dazu verströmten sie
gegen ihre direkten Konkurren- auch eine sonst selten gesehene
3 ZSC Lions
2. Vey. 31. Hinterkircher. 47.
Pettersson.
ten unter dem Trennstrich. Neun Aggressivität. Es scheint, als ob
PATRICK B. KRÄMER / KEYSTONE
Das sechste und letzte Derby der
Eishockey NLA
Saison – das insgesamt 211. – be-
scherte den gebeutelten Klote- 42. Runde: Ambri-Piotta - SCL 2:3. Bern
- Lausanne 4:3 n.V. Biel - Davos 5:1. Fri-
nern wieder einmal ein Erfolgs- bourg-Gottéron - Genf/Servette 5:4 n. P.
erlebnis. 4:3 nach Penaltyschies- Kloten - ZSC 4:3 n. P. Lugano - Zug 1:0.
sen gewannen sie gegen die ZSC Dienstag: Lausanne - Bern. Biel - SCL
Lions dank dem Topskorer Vin- Tigers. Zug - ZSC Lions (alle 19.45).
cent Praplan, der als einziger der
1. Bern 41
zehn Schützen ins Tor traf. Er war
schon während der gesamten Par- 2. Zug 42
tie besonders motiviert; schliess- 3. Lugano 42
lich wurde er von Vertretern des 4. Biel 42
NHL-Klubs Buffalo Sabres beob- 5. Davos 42
achtet. Dank dem Sieg macht der
6. ZSC Lions 42
EHC Kloten in der Tabelle gegen-
über Ambri etwas Boden gut und 7. Fribourg-Gottéron 42
wahrt die Chance, in den Play- 8. Genf/Servette 42
outs das Heimrecht zu haben. 9. SCL Tigers 42
Aus Klotener Sicht ist der zwei- 10. Lausanne 41
te Saisonsieg gegen die Lions ein
11. Ambri-Piotta 42
Erfolg. Nimmt man allerdings die
12. Kloten 42
gesamte Partie als Massstab,
wären auch drei Punkte drin- Klotens Stürmer Marc Marchon.
53
nier in Indian Wells
zurückkommt», sagte
ihr Coach Patrick Mou-
ratoglou der «Süd-
deutschen Zeitung».
Wird sie wieder die
Alte sein? «Sie würde
nie versuchen
zurückzukommen,
um dann nicht
gewinnen zu
wollen», so der
Coach. (sta.)
der Ungar zum ersten Mal in der
vierten Runde eines Grand-Slam-
Turniers. Gegen ihn gespielt hat
Federer noch nie. Dafür kennt er
ihn von einer gemeinsamen Trai-
ningswoche im letzten Jahr in der
Schweiz. Überraschen wird ihn
Fucsovics also kaum.
Daniel Germann, Melbourne
sie nur gegen den ZSC dazu fähig
sind. Jedenfalls brachten sie ge-
fühlt mehr Checks an den Mann
als in allen Partien 2018 zusam-
men. Mental waren sie auf der
Höhe. Sie liessen sich durch das
frühe 0:1 durch den neuen ZSC-
Kanadier Linden Vey nicht aus
dem Konzept bringen und erhöh-
ten das Skore bis kurz vor Spiel-
mitte durch ein bemerkenswertes
Solo Steve Kellenbergers und
einen Schlenzer des Junioren
Dominik Egli auf 3:1.
Die Lions waren in dieser
Phase zu träge und öffneten den
86
schnellen Klotenern so viele Räu-
74 me, so dass das Heimteam gemes-
74 sen an den Chancen auch 5:1
72 hätte führen können – oder müs-
67
sen. Roman Schlagenhauf und
Denis Hollenstein vergaben beste
66
Möglichkeiten. Es war dann das
62 von Lions-Headcoach Hans Koss-
61 mann geförderte Eigengewächs
58 Mattia Hinterkircher, welches die
54 Stadtzürcher zurück ins Spiel
brachte, ehe Frederik Pettersson
41
im vierten Powerplay doch noch
38
der Ausgleich gelang.
Yves Tardent, Kloten
ImFokus
Der Schweizer Springreiter Martin Fuchs hat sich mit 25 Jahren in der Weltspitze etabliert. Die kommende
Woche steht für ihn im Zeichen des Abschiednehmens. Von Marco Ackermann
M
anchmal ist eine Hun-
dertstelsekunde sehr
viel wert. Martin Fuchs
war am vergangenen
Sonntag im Grand Prix
des CSI Basel einer der
wenigen, die den ersten
Durchgang mit einem Null-Fehler-Ritt
beendet hatten – und sein Timing war
schlichtweg perfekt. Fuchs war der
Schnellste unter den Makellosen, er brauchte
für den Parcours eine Hundertstelsekunde
weniger als sein Landsmann Werner Muff.
Das bedeutete, dass Fuchs im Final-
Durchgang als Letzter startete. Was kein Vor-
teil sein muss. Während die anderen starten
konnten, lastete der gesamte Druck auf den
Schultern des erst 25-jährigen Halbzeitfüh-
renden. Aber Fuchs sah es positiv. Er schaute
sich vor seinem Einsatz am Fernseher an, wie
sich die Konkurrenten schlugen. Muff hatte
sich etwas gar viel Zeit gelassen, und so
wusste Fuchs, als er in die Arena einritt, dass
ihm ein fehlerfreier und kontrollierter
Umgang zum Sieg in der wichtigsten Prüfung
reichen würde.
Es kam, wie es Fuchs geplant hatte. Nichts
brachte ihn und seinen Schimmelwallach
Clooney aus der Ruhe, auch nicht die Aus-
sicht auf das Siegerpreisgeld von 100 000
Franken. Fuchs meisterte alle Hindernisse,
und wenig später sagte er: «Das ist mein
bisher grösster Sieg.»
Freude und Trauer
Zeit, den Erfolg auszukosten, blieb kaum.
Der Turnierkalender der Springreiter ist so
dicht geworden, dass man fast ständig an
einem grösseren Concours teilnehmen
könnte. Martin Fuchs sitzt rund 350 Tage im
Jahr im Sattel. Am Mittwoch ist er nach Leip-
zig an den Weltcup geflogen. Dort hat er an
diesem Wochenende seinen Pferden aus der
zweiten Reihe Auslauf gegeben, einem Cool
and Easy beispielsweise.
Das Spitzenpferd Clooney ist geschont
worden, es durfte zu Hause bleiben. Denn
schon in der kommenden Woche steht die
letzte Austragung des CSI Zürich an; es war
immer Fuchs’ Lieblingsturnier. Er hat nur
noch diese eine Chance, im Hallenstadion
die zum Weltcup zählende Hauptprüfung zu
gewinnen. Auf Clooney lastet die Hoffnung.
Das Pferd war früher etwas stur und hatte
Mühe in den Kurven, doch Fuchs hat aus ihm
ein Tier gemacht, das sich durch seine Zuver-
lässigkeit auszeichnet. Konstant gute Resul-
tate haben dem Duo Sicherheit verliehen, die
sich auszahlt. Im vergangenen Jahr holte
Fuchs ein Preisgeld von rund einer Million
Franken plus eine EM-Bronzemedaille mit
dem Schweizer Team.
Fuchs und der CSI Zürich – das ist seit je
eine besondere Beziehung. Als Bub hatte
Fuchs Tränen in den Augen, wenn er im
Publikum sass und sah, wie sein Götti Willi
Die Sportwoche Von Benjamin Steffen
Setzen Sie Ihren Charakter positiv ein – und hoffentlich bis bald!
Wie viele Träume haben wir eigentlich?
KIRCHNER-MEDIA / IMAGO
Als der FC Basel im September 2017 in der
Champions League bei Manchester United
spielte, sagte der FCB-Verteidiger Manuel
Akanji, United sei seit Kindheit sein Lieb-
lingsklub – und wenn er in Manchester ins
Stadion laufe, gehe ein Traum in Erfüllung.
Am letzten Montag wechselte Akanji vom
FCB nach Dortmund, er verabschiedete sich
per Videogruss von den «lieben FCB-Fans»
– mit dem Transfer zu Dortmund gehe «ein
sehr grosser Traum in Erfüllung», er bedanke
sich bei allen «und hoffentlich bis bald».
Welcher Traum erfüllt sich in Dortmund?
Der Traum von England? Und was wird
Akanji sagen, sollte er dereinst zu Manches-
ter United wechseln?
Vielleicht wollte Akanji nur mitteilen, dass
er schätzt, was er bekommt, auch die Fetzen
eines Traums. Denn was ist nicht alles selbst-
verständlich geworden in unserer Zeit: die
Exklusivität von Zlatan Ibrahimovic, des
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
EincoolerFuchs
NICEPIX.WORLD / IMAGO
Martin Fuchs
Der 25-jährige
Zürcher entstammt
einer Reiterfamilie.
Die Mutter Renata
wurde Schweizer
Meisterin, der Vater
Thomas dreimal
Europameister mit
dem Team, und sein
Onkel Markus
gewann 2000 in
Sydney mit der
Schweizer Equipe
Olympiasilber.
Martin Fuchs kam
an Nachwuchs-
Europameister-
schaften reihen-
weise aufs Podest.
Seit dem Abschluss
seiner KV-Lehre
setzt er ganz auf
den Spitzensport.
An den Olympi-
schen Spielen 2016
in Rio erreichte er
die Ränge 6 (Team)
und 9 (Einzel).
Martin Fuchs mit seinem Pferd Clooney am vergangenen Sonntag beim CSI Basel. In Zürich will das Duo wieder siegen.
Melliger den legendären Schimmel Calvaro Wängi ein Refugium geschaffen, das allen In Fuchs’ Karriere ist
über die Hindernisse führte. Schon als Anforderungen gerecht wird. Er hat eine
16-Jähriger durfte Fuchs erstmals am CSI Infrastruktur und einen Betreuerstab aufge-
es immer aufwärts
mitreiten, und der Turnierorganisator Rolf baut, von dem andere nur träumen können. gegangen. Und nichts
Theiler hatte ihm oftmals gute Pferde zur
Hand. Der Erfolg sollte sich für Fuchs rasch
Sein Vater Thomas Fuchs trainiert ihn, und
dieser gilt mittlerweile als einer der besten
spricht dagegen, dass
einstellen in Zürich, mit dem Highlight, dass Coaches überhaupt. Weil er auch Steve es in diesem Stil
er 2017 auf Chaplin den Grand Prix vom Frei- Guerdat betreut, den Olympiasieger von weitergeht.
tagabend gewann. 2012, können sich die besten zwei Schweizer
Das Abschiednehmen dürfte Fuchs Reiter rege austauschen. Thomas Fuchs gibt
schwerfallen – umso mehr, als sein Götti sich bescheiden. Er sagt: «Es sind nur kleine Unsicherheit besteht darin, ob Fuchs lang-
nicht mehr da ist. Willi Melliger ist am Diens- Dinge, die ich ihnen mitgebe. Wer sich an der fristig einen starken Beritt zur Verfügung
tag verstorben. Darüber reden mag Fuchs Spitze halten will, muss selber merken, wie hat. Vielleicht wird er nicht immer an einen
nicht in den Medien. Er habe es Melligers das geht.» Pferdebesitzer wie Luigi Baleri geraten, der
Söhnen versprochen. Mit ihnen ist er Der Bruder Markus, der ebenfalls auf Welt- nicht gewillt ist, Clooney zu vergolden. Hilf-
befreundet. klasse-Niveau geritten ist, sagt: «Martin hat reich ist, dass sich die Familie Fuchs in der
auf dem Pferd dieses Gespür für die richtige Pferdeausbildung weltweit einen Namen
Die Suche nach dem Gespür Balance gefunden. Früher war er vielleicht gemacht hat. In ihrem Stall sind schon Prin-
In Fuchs’ Karriere ist es immer aufwärts- noch etwas zurückhaltend, heute hat er auch zessinnen, Reederstöchter oder Opernsänger
gegangen. Und nichts spricht dagegen, dass die Aggressivität und die Kaltblütigkeit, die ein- und ausgegangen. Martin Fuchs nimmt
es in diesem Stil weitergeht. Fuchs hat sich es braucht.» Das gute Gespür ist auch im das ganz locker: «Ich bin damit aufgewach-
auf seinem eigenen Hof im thurgauischen Handel gefragt. Denn die vielleicht grösste sen und kenne es nicht anders.»
Manuel Akanji sagt, einst weltbesten Fussballers; die Meistertitel Meine Drittklass-Lehrerin sagte uns, wir
mit seinem Wechsel des FCB; die Comebacks des Skirennfahrers träumten jede Nacht, bloss erinnerten wir
nach Dortmund Beat Feuz; Roger Federer; die SRG; der uns morgens nicht immer daran. Deshalb
gehe ein «sehr Transfer-Wahnsinn im Fussball; 22 Millionen weiss ich nicht mehr so genau, wie es sich
grosser Traum» für Akanji. Hätte ein Verteidiger vor einigen anfühlte, mit Ibrahimovic im Sturm von
in Erfüllung. Am Jahren für so viel Geld die Schweiz verlassen, Manchester United zu spielen, hinter uns der
Freitag sass er hätte Aufregung geherrscht. Heute: Danke «Züri-West»-Sänger Kuno Lauener, ohne
beim Auswärtsspiel und hoffentlich bis bald. rechten Fuss, aber mit dem sehr positiven
in Berlin zunächst Von Pierre-Emerick Aubameyang, bisher Charakter einer Quitte, und nachdem wir
einmal auf der in Akanjis Halbtraum-Stadt Dortmund, sind Dortmund 7:0 besiegt hatten, bedankte sich
Auswechselbank. mehrere Aussagen verbürgt, wonach er Akanji und sagte: «Und hoffentlich bis bald.»
davon träume, einmal in Spanien zu spielen. Und als ich heute aufwachte, dachte ich
Nun zieht er womöglich nach England zu mir, dass der Kern von Akanjis Videobot-
Arsenal. In den Augen vieler Dortmund-Fans schaft wohl im Ende lag; dass wir träumen
benahm sich Aubameyang zuletzt mangel- sollen, egal wovon, ob Dortmund oder Man-
haft; der Arsenal-Trainer Arsène Wenger chester, Hauptsache: grau – dass wir träumen
hingegen meinte, es gelte, die Erfolge eines sollen, solange es noch ein «bis bald» gibt.
Spielers anzuschauen, «und wenn eine Kar- Aber vielleicht träumte ich diese Erkennt-
riere sehr positiv war, ist der Charakter auf nis auch bloss. Verändern sich mit den Träu-
positive Art eingesetzt worden». men auch die Charaktere? Oder umgekehrt?
Auch schlechte Charaktere haben etwas Wünsche Ihnen eine traumhafte Woche,
Gutes, wenn sie nur richtig benutzt werden. und hoffentlich bis bald.
Freizeitsport 55

Körper oder Zahl? So nutzt man

beim Laufen neue Technologie Sportberatung
Romana
Wer sich allein auf Daten von Feldmann
GETTY IMAGES

Schrittzählern und Co. verlässt,

drängt das Empfinden in den
Hintergrund. Dabei ist es Lächeln Sie
wichtig, aufs Gefühl zu hören.
Von Yonca Krahn
den inneren
Wenn Luca vom Lauftraining zurückkommt,
Kritiker
sind die ersten Handgriffe: Sportuhr ab,
Laptop an. Wenn er dann das Tracking-Pro- weg

U
gramm startet, sieht er in roten, gelben und
blauen Linien ein Abbild der letzten Stunde.
Zahlen, Karten und Graphen zeigen ihm, ob m im Sport ganz
sein Puls hoch war, wo die gelaufene Strecke an die Spitze zu
durchführte und ob er Pausen gemacht hat. gelangen, braucht
Sie zeigen ihm Werte, lösen Wertungen aus. es über Jahre täg-
«Sehr gut!» oder «Mist, hätte ich doch noch lich viele Stunden
etwas Gas gegeben.» Zuerst schaut er auf die hartes Training.
metrisch klassifizierten Daten, dann setzt er Ein anstrengender Weg, der eine
sich hin und spürt in seinen Körper hinein. hohe Leistungsbereitschaft mit
Aber fühlt er da noch etwas? viel Disziplin fordert und auch
ein gewisses Mass an Perfektio-
Schwierige Interpretation nismus, um an Details zu feilen.
Selbstmesstechnologien sind allgegenwärtig Die Forschung zeigt: Athleten
– ob mit Tracker, Handy-App oder Sportuhr. mit einem ausgeprägten Mass an
Sie können Körperdaten wie Puls und «perfectionistic striving» zeigen
Schrittzahl erfassen. Häufig besitzen sie auch eine grössere Motivation, posi-
GPS-Funktionen und errechnen die Distanz tivere Emotionen und bessere
in Relation zur Herzfrequenz, nutzen Algo- Leistung. Das Konstrukt Perfek-
rithmen, um die Erholungszeit zu bestim- tionismus umfasst jedoch noch
men und zeigen diverse hochspezifische eine zweite Dimension, nämlich
Parameter an, deren Interpretation ein die Bedenken und besorgnis-
halbes Studium bedürfte. Eine vorangegan- erregenden Gedanken, die mit
gene Leistungsdiagnostik ist beispielsweise dem Streben nach Perfektion
notwendig, wenn der persönliche Puls rich- einhergehen: «perfectionistic
tig interpretiert werden soll. Denn ein Puls- concerns». Hohe Werte in dieser
wert an sich lässt wenig Schlüsse über das Dimension äussern sich zum
Leistungsspektrum erkennen. Beispiel in der Angst, Fehler
Viele Breitensportler nutzen die Technolo- zu machen oder von anderen
gien während des Trainings. Aber auch bei bewertet zu werden, langem
nicht sportlichen Tätigkeiten und im Büro Grübeln über Fehler, generellem
gibt es immer mehr Personen, die ihre Schlechte Entwicklung: rechnet einzig mit vorprogrammierten Sche- kennt ihren Körper gut. Früher hatte sie Überbewerten von negativen
Schritte zählen und ihre Bewegungsstunden Es geht bei vielen Sportlern mata. Manch eine Vorgabe der Smarttechno- Messgeräte am Velo, der Trainer wertete Ereignissen, Alles-oder-nichts-
vermessen. Daraus entsteht eine neue Form nicht mehr darum, logie ist daher eher algorithmisches Hexen- diese für sie aus und entschied, wie sie Denken oder selbstwertschädi-
von Wissen über den Körper: Es geht nicht was sie fühlen, sondern darum, werk als sinnvoll für den Technikträger. weiter trainieren sollte. gender Selbstbewertung. All dies
mehr darum, was man fühlt, sondern darum, was die Daten sagen. Auch wenn sich eine Entzündung oder Heute treibt sie Sport nach Gefühl. Wenn löst Stress aus und ist verbunden
was die Tracker in metrischen Daten spiegeln Erkältung anbahnt, wissen die Geräte davon das Herz schneller klopft, kann sie unter- mit einer Reihe von Belastungen
und mit Algorithmen weiterverarbeiten. nichts. Zwar gibt es teilweise entsprechende scheiden, in welcher der sogenannten Inten- oder gar Krankheiten.
Doch das Streben nach dem Erreichen Eingabeoptionen, doch die Smarttechnologie sitätszonen sie trainiert. Ihr Körpergefühl Das Streben nach ständiger
eines bestimmten Wertes forciert ein immer kann solche weichen Faktoren nur in pau- leite sie an, zeige ihr, was es brauche und was Verbesserung kennen nicht nur
höheres Mass an Aktivität und eine fort- schale Richtwerte umwandeln. Da sich der ein Zuviel wäre und früher oder später zu Spitzensportler, es ist in unserer
währende Steigerung der eigenen Leistung. Puls unter Krankheit anders verhält, kann Überlastungen und Leistungseinschränkun- leistungsorientierten Gesell-
Unsinnige und unrealistische Zielsetzungen der Bezug auf die Zahlen fatale Folgen gen führen würde. schaft in vielen Lebensbereichen
können entstehen. Die permanente Steige- haben: Wer trainiert, gefährdet seine Je besser jemand seinen Körper kennt, zu erkennen. Folgende Tipps
rung wirkt sich kontraproduktiv auf die Leis- Gesundheit. Lieber pausieren, langsamer desto eher kann er deuten, was dieser gerade können helfen, die hinderlichen
tung und das Wohlbefinden aus. Ein Training machen und die Geräte einmal ausschalten. leistet. Dabei hilft Achtsamkeit. Klinische Aspekte des Perfektionsstrebens
ins Unermessliche zu steigern, korreliert Nach einer Krankheit sieht es anders aus. Der und neurobiologische Studien zeigen, dass im Sport zu mindern:
nicht mit dem, was sinnvoll für den Körper Sportwissenschafter Sascha Wenzel sagt: Achtsamkeitsübungen das Körpergefühl und Fragen Sie sich: Was ist meine
ist oder was ein personalisiert ausgerichteter «Nach einer Erkältung ist die Pulsuhr für den die Stress- und Emotionsregulation verbes- Motivation, Sport zu treiben?
Trainingsplan vorschlagen würde. Sporteinstieg sinnvoll, damit man wirklich sern. Dabei geht es nicht um das Bewerten, Halten Sie sich Ihren persön-
Errechnete Erholungszeiten der Uhren ruhig beginnt und seinen Körper langsam sondern um das Annehmen von Empfindun- lichen Grund (z.B. fit sein, sich
beispielsweise generieren sich primär nur wieder an die Belastung gewöhnt.» gen. Die Informationen der smarten Techno- erholen, soziale Kontakte)
aus den metrischen Körperdaten und igno- logien können dann in Beziehung zum eige- immer wieder einmal vor Augen.
rieren weitere wichtige Bedürfnisse. Hat Intelligentes Bewegungsverhalten nen Empfinden gesetzt werden. Sie sollten Weiter können Ziele pro
jemand Stress auf der Arbeit, braucht er Die Bernerin Andrea Huser ist Ultraläuferin. mehr als Abgleich und weniger als Vorgabe Training helfen, den Fokus auf
mehr Erholung von einem Training als ein Sie ist Champion der Ultra-Trail World Tour und verpflichtende Zielsetzung dienen. etwas Bestimmtes zu lenken.
emotional ausgeglichener Kollege. Die Tech- und blickt auf eine international erfolgreiche Dann unterstützen sie ein intelligentes So reduzieren Sie die Gefahr,
nologie weiss von diesen Details nichts und Karriere im Ausdauersport zurück. Huser Bewegungsverhalten. Ihr ganzes Training schlecht-
zureden. Konzentrieren Sie sich
vor dem Training auf Ihre Ziele,
und überprüfen Sie sie danach.
Für eine Verwenden Sie einen fairen
Bewertungsmassstab? Würde Ihr
bessere Trainingskollege oder ein guter
Freund Ihre Leistung gleich ein-
Wahrnehmung schätzen? Halten Sie jeweils min-
destens einen positiven Punkt
fest, etwa, was Ihnen gelungen
ist, und erkennen Sie Ihre Stär-
ken an. Neuste Studien belegen
positive Effekte der Übung, sich
täglich (oder nach jedem Trai-
ning) 15 Minuten Zeit zu nehmen
Meditation Gruppentraining Notizbücher und über drei Dinge zu schrei-
ben, die gut oder schön waren.
Das Körperbewusstsein schulen, Stress Manche Hobbysportler brauchen verbind- Achtsamkeits-Tagebücher sind begehrt. Macht sich bei einem Fehler
abbauen, Energie tanken, Ängste bewältigen, liche Gruppentermine, um sich motivieren Eines der bekanntesten heisst «Ein guter Ihr innerer Kritiker bemerkbar,
Einschlafstörungen mildern – Meditation zu können. Für die Selbstwahrnehmung ist Plan» und ist für 2018 ausverkauft, ebenso kann ein Leitsatz helfen, die
kann bei vielen Anliegen helfen. Wer noch das gemeinsame Sporttreiben ebenfalls «Ein gutes Buch» vom selben Unternehmen Aufmerksamkeit wieder auf Ihr
nie meditiert hat, findet online zahlreiche wertvoll – sofern man eine Problematik (www.einguterplan.de). Es gibt aber auch gegenwärtiges Tun zu richten.
Informationen. Die 7-Mind-App eignet sich beachtet: Im Vergleich mit anderen verges- «Das 6-Minuten-Tagebuch» oder «Klarheit, Gerade in solchen Situationen
besonders gut für Einsteiger. Das Design ist sen wir oft, auf unseren Körper zu achten. Life Coach + Kalender» usw. Gemeinsam ist zu lächeln, kann zudem Distanz
schlicht, die Bedienung selbsterklärend. Die Wenn man aber regelmässig mit denselben allen Notizbüchern, dass man auf den Tag, zum Kritiker schaffen.
Anleitungen sind simpel und gut verständ- Leuten unterwegs ist und sich nach dem die Woche, den Monat zurückblickt und
lich. Es gibt Grundlagen-Meditationen, auf Training austauscht, schult das die Achtsam- seine Eindrücke niederschreibt. Das soll Romana Feldmann ist
denen man aufbauen kann, Meditationen zu keit. Denn wer sein Befinden in Worte fassen helfen, mehr auf Positives zu fokussieren, selbständige Sportpsychologin
verschiedenen Lebenssituationen, zwei- muss und vom Gegenüber ein Feedback Ziele erfolgreicher zu verfolgen und das und bietet Coachings und Referate
minütige Mini-Meditationen und so weiter. erhält, entwickelt ein feineres Sensorium. Wohlbefinden zu steigern. (ajk.) für Sportler und Personen
aus der Privatwirtschaft an.
Mobilität
Wie sich ein Drittel des
Sprits sparen lässt
Ökonomische
Fahrweise und
dezenter Komfort
reduzieren den
Benzinverbrauch
deutlich
Es gibt viele Möglichkeiten, den Spritver-
brauch zu senken. Automatische Systeme
helfen dabei, unnötige Stromverbraucher
abzuschalten. In der Fahrweise liegt das
grösste Einsparpotenzial. Insgesamt lässt
sich bis zu ein Drittel des Sprits sparen,
wenn folgende sieben Tipps beim Auto-
fahren berücksichtigt werden. Sie stammen
im Wesentlichen von der Quality Alliance
Eco-Drive, einem Verein, der finanziert
wird vom Bundesamt für Energie, dessen
Ziel es ist, Spritsparmöglichkeiten
bekanntzumachen.
Fahrweise
Am besten starten Sie ohne Gaspedalbetäti-
gung, beschleunigen flott, schalten die
Gänge rasch hoch und schwimmen dann
mit niedrigen Drehzahlen möglichst gleich-
mässig im Verkehr mit. Hohe Gänge bedeu-
ten tiefen Verbrauch. Erst wenn das Auto
ruckelt, sollten Sie zurückschalten. Wer
innerorts im 6. statt im 3. Gang fährt, kann
bis zur Hälfte des Sprits sparen, obwohl man
genauso schnell unterwegs ist. Bei Automa-
tikgetrieben wechseln Motoren elektronisch
geregelt die Gänge. Die Stellung des Gas-
pedals hat Einfluss darauf. Wird es ganz
durchgedrückt, schaltet das Getriebe spät
und der Verbrauch ist hoch. Wird weniger
Gas gegeben, werden die Gänge schon bei
niedrigeren Drehzahlen hochgeschaltet. Das
mindert den Verbrauch, wie es auch voraus-
schauendes Fahren macht.
Startphase
Beim Warmlaufenlassen ist der Nutzen
gering, weil der Motor im Stand kaum auf
Temperatur kommt. Und die Prozedur ist
verboten. Das drohende Bussgeld beträgt
60 Franken. In der Kaltstartphase schlucken
Motoren bis zu 50 Liter auf 100 Kilometer,
echte Spritfresser sind daher Kurzstrecken.
Leerlauf
Auch ein Auto, das läuft, aber nicht fährt,
verbraucht Sprit. Neue Autos haben daher
häufig eine Start-Stopp-Automatik. Fahrer
ohne diese Technik sollten im Stau oder
Verwalten Sie Ferienumleitungen, Zustellunterbrüche,
Zahlungsmittel und Adressen. Schnell und einfach.
nzz.ch/konto
Ob Automat oder Gangschaltung: Mit niedrigen Drehzahlen lässt sich der Verbrauch deutlich reduzieren.
an der roten Ampel den Motor von Hand
ausschalten. Das lohnt sich, denn das Ein-
sparpotenzial im Stadtverkehr liegt bei
etwa 10 Prozent. Ob nun mechanisch oder
automatisch: Die zusätzliche Belastung
durch häufiges Ein- und Ausschalten ist für
Anlasser und Batterie bei warmem Motor
vernachlässigbar gering.
Unnötiger Ballast
Specken Sie Ihr Auto ab, denn Gewicht
braucht Energie. Alles was nicht rein muss,
sollte raus. Und alles was nicht ran muss,
gehört weg. Selbst aerodynamisch geformte
Dachkoffer führen zu einem Mehrverbrauch
von mindestens 1,5 Litern auf 100 Kilometer.
Heckgepäckträger, die im Windschatten
des Fahrzeugs montiert sind, erhöhen den
Verbrauch um denselben Wert. Fahrraddach-
träger mit montierten Rädern steigern den
Spritverbrauch um etwa 40 Prozent, ohne
Räder sind es rund 5 Prozent. Wenn möglich,
sollten Ski und Räder im Innenraum trans-
portiert werden. Wenn das nicht geht, Boxen
und Träger abmontieren, wenn sie ausge-
braucht sind.
Wohlfühlklima
Mit der Klimaanlage ist es wie bei der
Heizung im Wohnzimmer: Je höher man
die aufdreht, umso mehr Energie wird ver-
braucht. Bei der Klimaanlage im Auto gilt
das gleich in doppelter Hinsicht, nämlich
bei Hitze und Kälte. Der Mehrverbrauch mit
Klimaanlage liegt zwischen 0,1 und 2,1 Liter
auf 100 Kilometer. Ein wesentlicher Einfluss-
faktor auf den Verbrauch ist die Stärke der
Einstellung. Wer 25 Grad Wärme bei Kälte
braucht, hat einen höheren Verbrauch als bei
eingestellten 20 Grad. Schon zwei, drei Grad
weniger senken den Spritverbrauch spürbar
und mindern den Komfort nur gering. Eine
Sitzheizung erhöht den Verbrauch um bis zu
0,25 Liter auf 100 Kilometer. Wird die Sitz-
heizung nicht auf der höchsten Stufe betrie-
ben, geht der Verbrauch nach unten.
Reifen
Die Reifen, mit denen sich Sprit sparen lässt,
sind Leichtlaufreifen mit geringem Roll-
widerstand. Wenn der vorgegebene Wert
um 0,5 bar erhöht wird, geht der Treibstoff-
verbrauch um drei Prozent nach unten.
Strom
Alle elektrischen Geräte im Fahrzeug
brauchen Strom, und dessen Erzeugung
kostet Sprit. Deshalb sollte alles, was nicht
gebraucht wird, ausgeschaltet oder gedros-
selt werden. Beheizbare Aussenspiegel
laufen oft das ganze Jahr, weil vergessen
wird, sie abzuschalten. Dabei genügt es,
sie im Winter maximal fünf Minuten einzu-
schalten, dann ist die Sicht nach hinten
frei. Anschliessend abdrehen. Dasselbe gilt
für Handschuhfächer, die gekühlt werden
können. Sie sollten nur in Betrieb sein, wenn
sie gebraucht werden, und anschliessend
wieder ausgedreht werden. Manche laufen
das ganze Jahr völlig unnötig – manchmal
aus Unwissenheit darüber, dass das Auto
eine solche Funktion hat. Peter Ilg
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
News
Auto fahren im
Abonnement
Cadillac, Porsche, Volvo und
Lincoln haben bereits begonnen,
die neue Art des Autofahrens
zu testen. Nun wollen auch Mer-
cedes und BMW das Autofahren
im Abo möglich machen. Der
WIN-INITIATIVE / GETTY IMAGES
Kunde zahlt dabei eine monat-
liche Gebühr und kann dann
aus einer Reihe von Modellen
sein Fahrzeug auswählen. Ein
Wechsel des Autos ist dabei kein
Problem. Versicherung, Unter-
halt und Anlieferung sind im
Abonnementspreis inbegriffen.
Zuerst steht allerdings eine Pilot-
phase an: BMW wird höchst-
wahrscheinlich noch dieses Jahr
einen Testmarkt in den USA
auswählen. Mercedes will das
Fahren im Abo in verschiedenen
Märkten ausprobieren. (ses.)
Der Wechsel ist im Abo kein Pro-
blem: Modelle von Mercedes.
Schon zwei, drei
Grad weniger Ferrari plant
senken den Elektromodell
Spritverbrauch Ferrari will mit einem vollelektri-
spürbar. schen Modell Tesla in den Schat-
ten stellen. «Die Menschen sind
begeistert von Teslas Leistungen,
doch ohne Elon Musks Errungen-
schaften schmälern zu wollen,
denke ich, dass auch andere
Autobauer das schaffen können»,
sagte Ferrari-Chef Sergio Mar-
chionne an der Detroit Auto
Show dazu. Bisher begegnete er
der Marke Tesla und der Elektri-
fizierung eher misstrauisch, aber
«wir tun es nun, weil wir es tun
müssen». Mit dem «LaFerrari»
ist bereits ein elektrisch unter-
stützter Supersportwagen von
Ferrari auf dem Markt. (ses.)
Ferrari hat bereits einen Hybri-
den im Angebot: «LaFerrari».
 NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
57
NZZ am Sonntag: Herr Ariely, welches ist
der schlimmste Fehler im Umgang mit Geld?
Dan Ariely: Dass wir uns in Versuchung
führen lassen, Dinge zu tun, die nicht
in unserem Interesse sind. Die meisten
wissen, was gute und was schlechte finan­
zielle Entscheidungen sind, aber im Alltag
werden wir immer wieder verführt. Wenn
wir ein neues Auto brauchen, versucht uns
der Verkäufer das teuerste anzudrehen. Der
Supermarkt will, dass wir so viel Geld wie
möglich ausgeben.

Wieso verleitet uns Geld dazu, systematisch

Fehler zu machen?
Weil Geld zu komplex ist. Wenn ich
Ihnen 100 Franken gebe, und das ist alles,
was Sie heute ausgeben können, ist das
noch einfach. Aber mit Geld können wir die
unterschiedlichsten Dinge tun: Wir können
heute oder morgen etwas kaufen...

... oder einen Teil sparen.

Ja, aber wir wissen nicht, wie lange wir
leben werden. Die Realität ist, dass jeder
Franken, den Sie für eine Tasse Kaffee aus­
geben, von etwas anderem abgeht. Das
sind die Opportunitätskosten, und darüber
nachzudenken, ist sehr schwierig: Woher
kommt das Geld, das ich ausgebe? Was
kann ich mir heute im Vergleich zu später
leisten? Weil solche Fragen sehr komplex
sind, beschäftigen wir uns nicht damit.
Anstatt das Kluge und Richtige zu tun,
machen wir oft, was wir gerade fühlen.

Können wir den Wert der Dinge überhaupt

bestimmen?
Das ist sehr schwierig. Denken Sie an
Schokolade. Wenn wir sie probieren,
meinen wir sie zu verstehen. Aber dann
frage ich Sie: «Wie viel ist Ihnen die Erfah­
rung wert?» Sie können es sich einfach
machen und fragen: «Wie viel kostet
Schokolade im Laden?» Oder: «Was kosten
andere Sorten?» Aber was, wenn ich sage:
«Stellen Sie sich ein Leben ohne Schokolade
vor»? Wie stark würde sich Ihre Lebens­
qualität verändern? Wären Sie bereit, für
Schokolade mehr zu arbeiten? Hätten Sie
lieber ein Leben ohne Schokolade und dafür
5000 Franken mehr in der Pensionskasse?
Solche Fragen müssten wir im Umgang mit
Geld ständig beantworten, tun es aber nicht.

Was tun wir stattdessen?

Wir bestimmen den Wert nur indirekt
über Hinweise. Eine Forscherin fragte
etwa Leute danach, wie viel ein Kunstwerk
wert sei. Bei einer Gruppe war der Rahmen
leicht, bei der anderen mit Blei beschwert.
Am Ende waren die Leute mit dem Blei­
CARL BARKS / © DISNEY PRODUCTIONS

rahmen bereit, mehr für das Gemälde zu

bezahlen. Um den Wert zu schätzen, ver­
wenden wir unterschiedlichste solcher
indirekteren Hinweise: Wie viel könnte so
etwas kosten? Wie viel Arbeit steckt darin?
Sieht es nach gutem Handwerk aus? Ist es
ein faires Angebot? Was ist der Ladenpreis?

Geiz ist geil, findet Dagobert Duck, die reichste Ente der Welt. Fortsetzung Seite 58

«UnserGlückhält
länger,wennwir
Geldverschenken»
Der Verhaltensökonom Dan Ariely hat in Experimenten untersucht,
welche Fehler wir im Umgang mit Geld machen. Das Resultat: Es sind
sehr viele. Wie können wir das ändern? Interview: Marco Metzler

Henri Matisse Tsunami Super-Zoom Abnehmen

Kreativität trotz Murgänge im Was können Bridge- Die dubiose
Krankheit 58 Zürichsee 61 Kameras? 62 Hollywood-Diät 63
58 Wissen
DieLeiden
desHenri
Matisse
Der Künstler litt in seinem Leben an Krankheiten, die ihn
mehrmals an den Rand des Grabes brachten. In seinem
künstlerischen Werk kamen Leid und Schmerz nicht zur
Darstellung. Von Ernst Gemsenjäger-Mercier
M
atisse berichtete in
seiner reichhaltigen
Korrespondenz häufig
über Kälteempfindlich-
keit und Erkältungen.
Der geringste Luftzug
führe bei ihm zu
Husten, teilte er 1915 dem Malerfreund
Charles Camoin mit. Eine eitrige Brustfell-
entzündung musste 1937 nach aussen drai-
niert werden. Erkältung verzögerte 1941,
nach seiner Darmoperation, die Wiederauf-
nahme des Malens. «Je suis très sensible des
bronches et je m’enrhume... à la moindre
fraîcheur», schrieb er am 19. März 1942 an
Pierre Bonnard. Seit Jahren ziehe sein Körper
die Pneumokokken an; er arbeite im Bett,
er sei immer im Bett, klagte er wiederholt.
Zukunftsvision
Als Schüler und in der Adoleszenz war
Matisse wiederholt durch rätselhafte Bauch-
schmerzen geplagt. Sie erforderten Bettruhe
und längere Rekonvaleszenz. Die Ursache
blieb jeweils unbekannt. Ein «spastisches
Colonsyndrom», oder eine «psychosomati-
sche Störung» blieben ebenso hypothetisch
wie Darmverschluss infolge Darmverdre-
hung oder -einstülpung. Zum Zeitvertreib –
«und um etwas zum Aufhängen an der Wand
zu haben!» – wurde dem jungen Matisse
Kolorieren, Ausmalen von Bildern empfoh-
len. Und siehe: Der «Malkasten in der Hand»
vermittelte tiefe Zufriedenheit, ein befreien-
des Lebensgefühl. Er wies den Weg in die
Zukunft: «J’ai senti que c’était là qu’était ma
«Unser Glück ...»
Dan Ariely
Fortsetzung von Seite 57
Wenn ich einen Mixer kaufen will, gehe ich auf
eine Online-Preisvergleichs-Plattform. Dort ist
doch der Preis ein guter Hinweis?
Solche Websites sind nur nützlich, wenn
Sie wissen, welchen Mixer Sie wollen. Der
Entscheid wird zu einer eindimensionalen
Auswertung. In den USA gibt es aber auch
Plattformen, die vergleichen, wo es wie viel
kostet, ein Kind zu gebären – im Stanford-Spi-
tal in Kalifornien ist es zehnmal so teuer wie
im lokalen Spital. Angenommen, Sie leben
in San Francisco und Ihre Frau bekommt Der 50-Jährige ist
ihr erstes Kind: Gehen Sie für 30000 Dollar seit 2008 Professor
ins berühmte Stanford-Spital oder für 3000 für Psychologie und
Dollar ins lokale Spital? Sie denken: O Gott, Verhaltensökono-
die Qualität in Stanford muss so viel besser mie an der Duke
sein! Wie kann ich, um zu sparen, das Risiko University in North
eingehen, meiner Frau nicht die beste Geburt Carolina. Er forscht
zu ermöglichen? Ist uns die Qualität unbe- zum Thema Irratio-
kannt, schätzen wir sie anhand des Preises. nalität und gehört
zu den weltweit
In Ihrem Buch schreiben Sie, dass es uns weh renommiertesten
tut, wenn wir Käufe bar bezahlen. Wieso? Psychologen. Meh-
Weil wir anders als beim Bezahlen etwa rere seiner Bücher
mit Kreditkarte über die Opportunitätskosten sind Bestseller, und
nachdenken: Wenn Sie den Schein weggeben, seine Vorträge
können Sie nichts anderes mehr damit erreichen im Netz
kaufen. Wenn Sie Bargeld verwenden, denken
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
vie», erinnerte sich Matisse anlässlich eines
autobiografischen Gesprächs vom April 1941
mit dem Kunstkritiker und Interviewer
Pierre Courthion. Und am 8. Nov. 1941
schrieb er dem Chirurgen Pierre Wertheimer
in Lyon: «Krankheit kann glücklicherweise
auch von Nutzen sein» («heureusement que
les malheurs sont profitables»).
In den späten 1930er Jahren und im Jahr
1940, einer seelisch belastenden Zeit, erlitt
Matisse erneut akute Attacken rätselhafter
Bauchschmerzen. Gleichzeitige Depression
und Niedergeschlagenheit vermochte er
durch vertiefte Arbeit und Rückbesinnung
auf den künstlerischen Auftrag, durch Flucht
in harte Arbeit zu überwinden. Es lag indes
nicht eine funktionelle, psychosomatische
Störung vor: Aufgrund minuziöser Beschrei-
bung im Tagebuch und klinischer Kenntnisse Seit Jahren ziehe abschnitt zuerst vor die Bauchdecke nach
erkennen wir in den vehementen, dramati- aussen verlagert und einige Tage später
schen Schmerzkrisen von 1940 sogenannte
sein Körper die unter Anlegung eines künstlichen Darm-
viszerale, also von inneren Organen aus- Pneumokokken an; ausganges abgetragen wurde, kommt heute
gehende Schmerzen. Sie treten bei Ver-
schluss eines viszeralen Hohlorgans wie
er arbeite im Bett, er kaum mehr zur Anwendung. Matisse erklärte
die Operation seinem Sohn Pierre anhand
Appendix, Gallenwege, Darm somit bei ver- sei immer im Bett, einer anatomischen Skizze in einem Brief
schiedenen Krankheiten auf, was die Dia- klagte er wiederholt. vom 20. August 1941. Auf den Eingriff folgte
gnose klassischerweise häufig erschwert! eine schwere Wundinfektion, welche der
In unserem Fall entdeckten die Ärzte Patient nur knapp überstand. Der künstliche
schliesslich einen grossen Tumor des Colon Darmausgang und ein riesiger Narbenbruch
sigmoideum, eines Abschnitts des Dick- hinterliessen für die – in seinen Worten –
darms. Eine baldige operative Entfernung «geschenkten Lebensjahre» (1941–1954)
war angezeigt, und sie erfolgte in zwei Ein- einen im Alltag «höchst beschwerlichen
griffen, welche am 16. und 20. Januar 1941 in Zustand».
Lyon durch drei ausgewählte, bekannte Chir- Anders als in der Literatur häufig beschrie-
urgen durchgeführt wurden. Die Operations- ben, zeigte die histologische Untersuchung
methode, bei welcher der erkrankte Darm- der entfernten Geschwulst keinen bösarti-
Sie an verpasste Gelegenheiten oder daran,
CHRISTIAN BEUTLER / KEYSTONE
dass sie nun von anderen Dingen weniger
kaufen können. Bezahlen Sie hingegen mit
Kreditkarte oder App, tut es weniger weh.
Und das gilt für jeden Konsum?
Es spielt vor allem bei den Käufen eine
Rolle, die stärker mit Schuld beladen sind.
Bei Dingen, die man sowieso braucht, wie
Toilettenpapier, schmerzt das Bezahlen
nicht. Aber bei einer Massage, einem Juwel
oder teuren Ferien fühlen wir uns eher
schuldig und spüren den Schmerz.
Mit Kreditkarte bezahle ich erst später. Hat
das einen Einfluss?
Millionen. Seine App Das Timing von Bezahlung und Konsum
«Pocket Ariely» soll spielt eine Rolle: Geschieht beides gleich-
helfen, bessere zeitig, denken wir mehr über Konsum und
Entscheidungen zu Bezahlung nach. Der Schmerz ist dann auf
treffen. Sein jüngs- dem höchsten Level. Wenn wir im Voraus
tes Buch «Dollars bezahlen – wie etwa bei All-inclusive-Ferien
and Sense: How we –, denken wir beim Konsum nicht mehr an
Misthink Money and die Bezahlung. Wenn wir später bezahlen,
How to Spend denken wir auch anders darüber. Pre- und
Smarter», das er post-payment erzeugen weniger Schmerz.
zusammen mit dem
Juristen und Komi- Inwiefern macht Geld glücklich?
ker Jeff Kreisler Geld ist eine phantastische Erfindung.
geschrieben hat, ist Sie erlaubt es, uns durch Arbeitsteilung zu
im November 2017 spezialisieren und zu sparen. Eine Welt ohne
erschienen. (mtz.) Geld wäre viel schlechter. In vielen Anwen-
dungsarten macht es uns glücklicher, aber Geld ausgeben: Kann manchmal weh tun.
 59

Bild links: Matisse

PARIS MATCH / GETTY IMAGES / 2018 PRO LITTERIS, ZÜRICH

SUCCESSION H. MATISSE / 2018 PRO LITTERIS, ZÜRICH / ARCHIVES HENRI

arbeitet sitzend in
seinem Bett. Nizza,
April 1950.

Bild rechts: «Nature

morte au verre
vert», Juni 1941.

Bild ganz rechts:

«Autoportrait au
chapeau». Diese
Zeichnung entstand
1941 kurz nach
Matisse’ Rückkehr
von seiner Darm-
operation in Lyon.

SUCCESSION H. MATISSE / 2018 PRO LITTERIS, ZÜRICH / ARCHIVES HENRI MATISSE

gemacht, für welche er unbedingt noch wei-
Henri Matisse terleben wollte, schrieb er seiner Tochter
Marguerite.
Viszerale Schmerzen treten auch bei
Gallensteinen auf. Ob diese bei Matisse
schon 1940, nebst dem Dickdarm-Tumor
Beschwerden verursachten? Im Mai 1942
jedenfalls setzte mit voller Wucht ein schwe-
res Gallensteinleiden ein. Der Schriftsteller
und Arzt Louis Aragon schrieb, dass Matisse
sozusagen ein ganzes Jahr in alarmierendem
Zustand, mit regelmässigen Schüben von
Gelbsucht, Fieber, Schmerzen verbringen
Henri Emile Benoît musste. Die Entzündung und Infektion der
Matisse wurde am Gallengänge mit Blutvergiftung brachten ihn
31. Dezember 1869 erneut an den Grabesrand, und er musste
geboren und starb zeitweise auf das Malen und Zeichnen ganz
am 3. November verzichten. Dann arbeitete er zwischen den
1954. Matisse zählt
gen, sondern einen seltenen, gutartigen,
vom Muskelgewebe des Dickdarmes aus- zu den bedeutends-
Krisen, während Monaten halbsitzend im
Bett, wie er 1942 dem Malerfreund André
gehenden Tumor. Bei einem solchen Leio- ten Künstlern Rouveyre mitteilte. Auch gehörte Bettruhe
myom des Darmes treten gemäss Literatur der klassischen damals zur Behandlung des Gallenstein-
nicht selten Episoden von Darmverschluss Moderne. leidens, um zu verhüten, dass sich Gallen-
auf. Ein Kolonkarzinom, wie häufig kolpor- steine verlagerten, den Galleabfluss behin-
tiert, hat histologisch und auch klinisch derten und Krisen auslösten.
nicht vorgelegen.
Matisse erholte sich erfreulich gut von der Neues spirituelles Leben
komplizierten Darmoperation. Im August Die Ärzte waren geteilter Meinung, ob eine
1941 berichtete er aus Nizza über Wohlerge- «lebensrettende» Operation angezeigt sei;
hen, ausgezeichnetes Befinden, fleissiges Evidenz über die beste Behandlung fehlte!
Arbeiten, Verjüngung durch die Operation, Der Patient beschrieb den Freunden klar das
«die er trotz allem segne». Der «Operations- Dilemma. Er lehnte 1942 eine Operation ab.
schock» hätte in seinem Geist manches Das Arbeiten im Bett wurde zu einer Art
zurechtgerückt, berichtete er Wertheimer «Retraite», welche mit einer wichtigen
im November 1941. Seit der Operation habe Weiterentwicklung, Vertiefung seiner Kunst
sein Schaffen grundlegende Fortschritte einherging. Im Oktober 1943 schrieb er dem
Chirurgen, er habe das Gefühl, ein neues schrieb Matisse am 1. August 1947 Wert-
spirituelles Leben begonnen zu haben. heimer. Er war überzeugt, dass Krankheit
Geht die geläufige Matisse-Rezeption – und Leid Wesentliches zur Verwirklichung
Harmonie, Lebensfreude, Schönheit –ange- seines Spätwerkes beigetragen hätten. Trotz
sichts der wahren, medizinischen Biografie, – oder vielleicht gerade wegen – seinen häu-
eines Leidensweges, insbesondere seit den figen Leiden verwirklichte Matisse die Spiri-
späten 1930er Jahren, an der Realität vorbei? tualität seines Spätwerkes, geprägt von Liebe
Leid und Schmerzen kamen in seinem künst- zum Leben. Er verstarb 1954 an Altersschwä-
lerischen Werk nicht zur Darstellung. Er che und seinen chronischen Leiden.
empfinde bei der Betrachtung seiner Bilder Der Fall Matisse illustriert ein klassisches,
ausschliesslich Gefühle von Glück. «Ich oft schwieriges medizinisches Problem – den
habe die Gunst erfahren, meine Leiden nicht viszeralen Schmerz – und eine einmalige Wir-
in meinem Werk ausdrücken zu müssen», kung von Krankheit auf die Kreativität.
Medizinische Biografie von Henri Matisse
Neuerscheinung liefert interessante Einblicke
Die Matisse-Literatur und Matisse selber bekanntes Modell von Matisse in den 1930er
beschäftigten sich eingehend mit seiner medi- Jahren.
zinischen Biografie. Die kürzlich erschienene Dank bevorzugtem Zugang zu den «Archi-
Monografie «Die Krankheiten und Operationen ves Matisse» in Paris gelang es dem Autor,
von Henri Matisse» von Ernst Gemsenjäger- neue Einblicke in die Krankengeschichte des
Mercier berücksichtigt neue Quellen und Künstlers zu gewinnen. Dabei standen unbear-
modernes medizinisches Fachwissen. Der beitete Dokumente, Tagebuchaufzeichnun-
Autor ist in besonderer Weise mit dem Werk gen, ärztliche Berichte sowie eine bisher unver-
von Matisse vertraut. öffentlichte Skizze Matisse’ zu seiner Darm-
Gemsenjäger ist emeritierter Viszeral- operation von 1941 zur Verfügung.
chirurg. Früh begann er, sich mit der bilden- Seine Erkenntnisse hat Gemsenjäger in der
den Kunst auseinanderzusetzen. Sein beson- beim EMH Schweizerischen Ärzteverlag (Ver-
deres Interesse an Henri Matisse verdankt lag Schwabe Basel) erschienenen, dreisprachi-
er seiner Schwiegermutter: Die Exil-Russin, gen Monografie «Die Krankheiten und Opera-
Princesse Hélène Galitzine (1912–1966), war tionen von Henri Matisse» zusammengetragen.

wir mindern dies durch Fehler. Der häufigste 45 Minuten in der Warteschlange. Sie ver- können, weil wir nicht sehen, wie uns die zelfall klein sein, aber insgesamt machen sie
ist, dass wir in der Regel zu viele Dinge stehen die Kosten, sehen sie aber nicht. Viel Umwelt beeinflusst. Wenn Sie die Leute
Dan Ariely viel aus. Da müssen wir uns Regeln setzen.
kaufen, aber nicht genügend Erfahrungen. besorgniserregender sind aber die Fälle, in fragen, wie viele ihrer Entscheidungen sie in Zürich
Wer ein Sofa kauft, gewöhnt sich schnell denen jemand Dinge von uns nimmt und wir selbst treffen, dann glauben sie, dass sie Welche Tipps geben Sie den Leuten, um besser
daran und ist weniger glücklich als erwartet. nicht verstehen, wie diese genutzt werden. die Kontrolle haben. Aber das stimmt nicht: Am Mittwoch, dem mit Geld umzugehen?
Gewisse Erfahrungen hingegen bleiben sehr Das ist bei unseren Daten der Fall: Wer diese Viele Entscheidungen werden nicht von 24. Januar, hält Erstellen Sie ein Budget für Ausgaben, die
lange erhalten. Wenn Sie eine Woche auf heute erhält, kann künftig etwas damit anstel- uns, sondern von unserer Umwelt gefällt. Ariely einen Vortrag nicht unbedingt zum Leben notwendig sind.
Tauchreise gehen, spüren Sie Vorfreude, len, was nicht in unserem besten Interesse ist. Aber wir sehen es nicht, weshalb wir uns an der Uni Zürich Brechen Sie es auf eine Woche herunter.
erleben den Trip und erinnern sich danach auch nicht dagegen schützen können. Und zum Thema Geld. Laden Sie das Geld auf eine Prepaid-Karte –
daran. Solche Dinge verändern Ihr Leben. Die Verhaltensökonomie zeigt Wege, wie sich weil wir die Illusion haben, dass wir allein Die Veranstaltung so sehen Sie jeden Tag, wie viel Sie noch zur
Menschen manipulieren lassen. Wenn man die Entscheidungen treffen, sagen wir: «Na des UBS Center be- Verfügung haben. Und starten Sie an einem
Gibt es andere Fehler, die das Glück mindern? dies mit der Macht von digitalen Geräten und, es ist doch keine grosse Sache, wenn ginnt um 18.30 Uhr Montag und nicht an einem Freitag, weil Sie
Wenn wir nicht genug Geld abgeben. und Daten kombiniert, steigt dann die Gefahr, Firmen viel über mich wissen.» in der Aula. Der Ein- sonst am Wochenende zu viel ausgeben.
Bei einem Experiment gab man Leuten am im grossen Stil manipuliert zu werden? tritt ist frei. Am
Morgen einen Kaffeegutschein. Am Abend Klar, keine Frage. Je mehr Daten wir Können wir besser mit Geld umgehen lernen? Donnerstag refe- Wie lässt sich einfacher sparen?
fragte man nach ihrer Zufriedenheit. Nur die, weggeben, desto eher verstehen andere, wie Wir müssen verstehen, dass wir irrational riert er an der Aca- Wir sehen, wofür wir Geld ausgeben,
die man bat, den Gutschein abzugeben, waren sie unsere Auslöseknöpfe drücken müssen. sind und Fehler machen. Und dass das, was demy of Behaviou- unsere Ersparnisse sind für uns aber unsicht-
abends glücklicher. Tatsächlich hält unser Wir verstehen nicht, wie wir uns schützen wir für die richtige Entscheidung halten, ral Economics am bar, weshalb wir uns nicht sehr dafür interes-
Glück länger an, wenn wir Geld oder Dinge vielleicht die falsche ist. Wir sollten deshalb GDI in Rüschlikon. sieren. Reden Sie deshalb von Zeit zu Zeit
verschenken. Es macht uns nicht nur glück- nicht in Angst leben und jedes Mal beim mit Ihrem Mann oder Ihrer Frau über Ihre
licher, sondern ist auch ein soziales Schmier- Kauf eines Kaffees denken: «Wie schrecklich, Ersparnisse und darüber, wie viel Sie zur
mittel. Es verbessert unsere Beziehung zu dass man mich mit diesem Croissant in Seite legen. Wir haben herausgefunden, dass
anderen und erhöht die soziale Effizienz. Versuchung führt!» Das wäre übertrieben. sich die Leute mehr fürs Sparen interessie-
Kleine Entscheidungen brauchen wenig ren, wenn es sichtbarer ist.
Viele Produkte von Google oder Facebook Fokus, solange sie kein Leid verursachen.
scheinen gratis zu sein, aber wir bezahlen sie Wenn es gratis Glace Und wie lassen sich Gewohnheiten ändern?
mit unseren Daten. Was sind die versteckten
Kosten?
gibt, sind die Leute Worauf soll man sich dann fokussieren?
Besser ist es, grosse Entscheidungen und
Schauen Sie sich an, für welche Dinge Sie
Geld ausgeben, die Sie nicht glücklich
Wenn die Dinge gratis erscheinen, sind begeistert und warten Gewohnheiten zu betrachten. Besonders machen. Gehen Sie dafür Ihre Kreditkarten-
wir übertrieben euphorisch und verstehen vielleicht 45 Minuten in aufpassen müssen wir bei grossen finanziel- rechnung durch, und überlegen Sie bei
deshalb manchmal die versteckten Kosten len Entscheidungen, weil sie stark negative jedem Eintrag, ob Sie das glücklich gemacht
nicht. Wenn es gratis Glace gibt, sind der Warteschlange. Sie Konsequenzen haben können. Und sich wie- hat. Wenn nicht, geben Sie dafür künftig kein
die Leute begeistert und warten vielleicht sehen die Kosten nicht. derholende Entscheide mögen zwar als Ein- Geld mehr aus.
SONDERBEILAGEN
UND SCHWERPUNKTTHEMEN
in der «Neuen Zürcher Zeitung»
und der «NZZ am Sonntag»
Die regelmässig erscheinenden Sonderbeilagen und
Schwerpunktthemen der «Neuen Zürcher Zeitung»
und der «NZZ am Sonntag» werden jeweils von Experten
der Redaktion recherchiert und von der Leserschaft
sowie dem Fachpublikum nachhaltig genutzt.
Damit ermöglichen wir Ihnen eine fokussierte Ansprache
Ihrer Zielgruppe sowie eine themenorientierte Placierung
Ihrer Anzeigen.

Neue Zürcher Zeitung

Sonderbeilage Erscheinungsdatum Anzeigenschluss

Bildung 5. April 22. März
Reisen 11. April 28. März
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Art Basel 11. Juni 28. Mai
Lehrabschluss Gratulation 5. Juli 21. Juni

NZZ am Sonntag

Sonderbeilage Erscheinungsdatum Anzeigenschluss

150-Jahre-Jubiläum Tonhalle 25. März 9. März
Ticino Tourismus 8. April 23. März
Bildung 15. April 29. März
Bier 22. April 6. April
Digital Detox 6. Mai 20. April
Gesundheit 13. Mai 27. April

Weitere Informationen über Mediadaten, Placierungsmöglichkeiten sowie Anzeigenpreise

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Änderungen vorbehalten.
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Wissen 61

Tsunamisin

URS HUBACHER / KEYSTONE

derSchweiz
Von Erdbeben ausgelöste Murgänge können in
Schweizer Seen Tsunamis auslösen. Wie hoch ist
die Gefahr am Zürichsee? Von Kurt de Swaaf

V
iele hatten vermutlich
Glück. Als sich im Jahr 563
am Ufer des Genfersees
plötzlich ein rund 13 Meter
hoher Tsunami auftürmte,
war die ehemalige römische
Siedlung Lousonna wohl
schon aufgegeben. Das frühmittelalterliche
Lausanne lag bereits höher, die meisten
seiner Bewohner dürften der Flutwelle ent-
gangen sein. In Genf dagegen schwappten
die Wassermassen sogar über die Stadt-
mauer. Chronisten berichten über mehrere
Todesopfer.
Ursache dieses Naturschauspiels war ein
grosser Bergsturz nahe der Rhonemündung
im Osten des Genfersees, der dort einen
Unterwasser-Murgang mit Tsunami auslöste.
Gemäss Modellrechnungen erreichte die
Welle in Genf noch immer acht Meter Höhe.
Für sich genommen sind Rutschungen
unter dem Wasser auch von Schweizer Seen
nichts Ungewöhnliches, wie der Seismologe
Stefan Wiemer, Professor an der ETH Zürich
und Direktor des schweizerischen Erdbeben-
dienstes, erklärt. Sehr kleine Bewegungen
fänden praktisch fortlaufend statt, die richtig
massiven im Schnitt nur alle 1000 bis 2000
Jahre. Im Vierwaldstättersee jedoch kam es
sowohl 1601 wie auch 1687 zu Abgängen.
Wieder schäumten Flutwellen über die
Ufer, Boote wurden bei Luzern über vier
Höhenmeter hinweg landeinwärts gespült.
Das Ereignis von 1601 indes war nachweis-
lich die Folge eines Erdbebens. Der seismi-
sche Schock, dessen Epizentrum zirka zehn
Kilometer südlich des Sees lag, hatte vermut-
lich eine Stärke von 5,9 und brachte an
mehreren Stellen die Unterwasser-Hänge ins
Rutschen.
Vergleichbare Kettenreaktionen können
jederzeit wieder eintreten. «Die Schweiz
ist ein Erdbebenland», sagt Wiemer. Stösse
der Stärke 6 bis 6,5 treten im statistischen
Durchschnitt alle 50 bis 150 Jahre auf. Wel-
ches Gefahrenpotenzial von ihnen unter
Wasser ausgeht, ist allerdings nur wenig
erforscht.
Im Zürichsee zum Beispiel haben bis-
herige Untersuchungen Spuren von insge-
samt 149 Rutschungen nachgewiesen. Ein
Teil dieser Murgänge fand simultan statt – sie
wurden offenbar durch Erdbeben ausgelöst.
Auf Tsunamis gibt es dennoch keine Hin-
weise. Weitere Stürze, die 1875 bei Horgen
und 1918 nahe Oberrieden stattfanden,
brachten anscheinend nur kleine Wellen
hervor, sagt Wiemer. Die Frage aber sei: «War
das nur Glück?»
Wiemer und seine Kollegen haben die
Sedimente an den Hängen des bis zu 136
Meter tiefen Zentralbeckens des Zürichsees
einer detaillierten Analyse unterzogen. Die
Wissenschafter fügten zahlreiche Messdaten
über Struktur und Stabilität der Ablagerun-
gen zu einem digitalen Modell zusammen.
Zum Vergleich analysierten sie den mut-
masslichen Hergang einer prähistorischen
Rutschung, welche vor rund 2210 Jahren am
Westufer nahe Oberrieden eintrat. Auch
dieser Murgang wurde höchstwahrscheinlich
durch ein Erdbeben ausgelöst.
Luftaufnahme des 800 000 Kubikmeter Seeboden glitten dabei Unter der Oberfläche
Zürichsees. in die Tiefe.
Die Stabilität eines Hangs hängt von diver- Wassertiefen im Zürichsee
sen Faktoren ab, erklärt Stefan Wiemer. Ent-
scheidend sei der Neigungswinkel. In steilen
Lagen bilden sich oft Erosionsrinnen, die Küsnacht 0m
zum Teil über hundert Meter lang sind. «So
ähnliche Strukturen sieht man auch über Erlenbach
Wasser.» Man nimmt an, dass sie stetig
136 m
Schlamm in tiefere Gefilde transportieren. Thalwil Herrliberg
Die Bildung dicker, potenziell instabiler Sedi-
mentdepots werde dadurch verhindert. Aus-
serdem fungieren die Rinnen oft als Barrie- Oberrieden Meilen
ren, sagt Wiemer. Sie begrenzen die Ausdeh-
nung möglicher Abgänge, weil benachbarte Horgen Männedorf
Bereiche nicht mitgerissen werden.
Gemäss den Berechnungen dürften Hänge Au
mit einem Neigungswinkel zwischen 10° und
2 km
25° das grösste Rutschpotenzial bergen Wädenswil
(«Natural Hazards», Bd. 90, S. 51). Im Zürich-
see sind die Sedimentschichten an solchen Quelle: SED
Stellen zum Teil mehrere Meter dick. Die
mächtigsten unter den eventuell instabilen
Ablagerungen liegen vor dem Nordostufer gleichzeitig abrutschen, ist unwahrschein-
zwischen Meilen und Herrliberg. Dort könn- lich.» Als «Worst-Case-Szenario» ermittelten
ten 4,3 Millionen Kubikmeter Material in die Experten, dass ein massives Erdbeben
Bewegung geraten. Mehrere andere Hänge bis zu 70 Millionen Kubikmeter Sedimente
dagegen werden von Erosionsrinnen durch- abwärts schicken könnte. Aber selbst dann
zogen. sind keine Riesen-Flutwellen zu erwarten.
Trotz den beeindruckenden Zahlen sagt Die Verteilung der Depots und die Morpholo-
die Studie für den Zürichsee und seine rund gie des Seebodens schützen den Zürichsee
247 000 Anwohner keine ernsthafte Tsu- vor einer Katastrophe. Echte Verheerungen
nami-Gefahr voraus. Zwar könnten Erdstösse würden die Erschütterungen aber über
durchaus Murgänge auslösen, doch die Aus- Wasser anrichten. Das Risiko eines solchen
wirkungen wären lokal begrenzt und nicht Bebens in den nächsten 50 Jahren beträgt
katastrophal, sagt Wiemer. «Dass alle Hänge zum Glück nur 0,5 Prozent.

Neues aus der Wissenschaft

Flöhe und nicht Ratten nen Verbreitungsmechanismen Umfrage – zwischen 61 und 77 Bodenbakterien bekannt über das mikrobielle
GETTY IMAGES

verbreiteten die Pest
Im 14. Jahrhundert starben in
Europa 25 Millionen Menschen
am Schwarzen Tod, ein Drittel
der Bevölkerung. Auslöser war
eine Variante des Pestbakteriums
Yersinia pestis. Derselbe Erreger
wütete noch bis ins 19. Jahrhun-
dert. Bisher lautete die gängige
Meinung, dass ihn Ratten ver-
breitet hatten. Dieser Vorstellung
widerspricht nun aber eine
Studie norwegischer Wissen-
schafter («PNAS»). Mit mathe-
matischen Modellen ermittelten
sie, welcher von drei verschiede-
ALAMY
die Todesfälle im damaligen
Europa am besten erklären kann:
Rattenflöhe, die von den Tieren
auf Menschen übersprangen,
Tröpfcheninfektion von Mensch
zu Mensch oder Flöhe und
Läuse, die allein Menschen
befielen. Die Geschwindigkeit,
mit der sich die Krankheit ver-
breitet hat, spricht klar für das
letztgenannte Szenario. (mna.)
Grösse der Pupillen
ändert sich im Schlaf
Sind wir wach, verändert sich
die Grösse unserer Pupillen stän-
dig. Wie Forscher der Universität
Genf berichten, könnte das auch
Prozent eine Sucht. Bei der Prä- Leben unter unseren Füssen.
vention ist es laut Autoren des- Eine Milliarde Bakterien können Wissenschafter der Universität
halb wichtig, das Augenmerk auf in jedem Gramm Erde leben. Colorado haben nun 237 Boden-
das Experimentieren mit Zigaret- Die Organismen ermöglichen proben aus allen Klimazonen
ten zu legen. In Grossbritannien den Abbau toter Biomasse und untersucht und dabei die 500
haben von den 11- bis 15-Jährigen erleichtern die Versorgung von wichtigsten Bakterienarten iden-
nur gerade 19 Prozent schon eine Pflanzen mit Nährstoffen. Und tifiziert. Diese Arten sollen jetzt
Zigarette ausprobiert. (tlu.) trotzdem ist bis jetzt wenig genauer analysiert werden. (hir.)
Bessere Chancen für
verarbeiten. Falls sich zeigen
sollte, dass dies beim Menschen
Flüchtlinge Schluss-Strich von Nicolas Mahler
ähnlich sei, könne der Mechanis- Drei Jahre nach ihrer Einreise
mus Kliniken ein zusätzliches arbeiten in der Schweiz nur
Mittel bieten, um Schlafphasen 15 Prozent der Flüchtlinge.
zu messen. (mna.) Dieser Wert liesse sich auf
26 Prozent steigern, wenn bei
Riskantes der Verteilung der Immigranten
stärker auf die Anstellungs-

während des Schlafs der Fall

sein («Current Biology», online).
Zumindest bei Mäusen tritt der
Effekt auf. Ihre Pupillengrösse
verändert sich je nachdem,
in welchem Zustand sich das
Gehirn befindet: je tiefer die
Schlafphase, desto kleiner die
Pupille. Dies verhindert, so die
Wissenschafter, dass ein plötz-
licher Lichteinfall die Tiere aus
dem Tiefschlaf reisst. Dann
nämlich ist ihr Gehirn damit
beschäftigt, Erinnerungen zu
Experimentieren chancen in den verschiedenen
Mindestens 61 Prozent der Perso- Kantonen geachtet würde,
nen, die einmal eine Zigarette anstatt dass sie gemäss der Kan-
ausprobieren, werden – zumin- tonsgrössen einer Gemeinde
dest vorübergehend – regel- zugewiesen werden. Das berich-
mässige Raucher. Dies zeigen ten Wissenschafter der Universi-
Daten von 8 Umfragen mit tät Stanford und der ETH Zürich
insgesamt 215000 Personen in einer neuen Studie («Science»,
(«Nicotine & Tobacco Research», Bd. 359, S. 325). Die Forscher
online). Von den Befragten haben einen Algorithmus ent-
hatten rund 60 Prozent ange- wickelt, der die Personen- und
geben, irgendwann einmal eine Erwerbsdaten der Asylsuchen-
Zigarette ausprobiert zu haben. den nutzt, um den für sie besten
Von diesen entwickelten – je nach Standort zu bestimmen. (hir.)
Computer&Technik
Vonnahbisfern
Vom Weitwinkel bis zum Supertele: Bridge-Kameras überbrücken einen riesigen Zoombereich. Modelle
mit guter Bildqualität haben aber ihren Preis. Von Claude Settele
D
en Namen haben die Bridge­
Kameras aus der Zeit, als
man noch Filme einlegte,
um Fotos zu knipsen. Die
Idee des Konzeptes war,
die Vorzüge der Kompakt­
kamera mit jenen der gros­
sen Spiegelreflexkameras zu kombinieren.
Der Begriff Kompaktkamera ist dabei tech­
nisch gemeint: Als solche gelten Modelle
ohne Wechselobjektiv.
Das Format der meisten Bridge­Modelle ist
aber alles andere als kompakt. Vom Gewicht
und von der Grösse wie auch von vielen
Funktionen her sind sie eher mit digitalen
Spiegelreflexkameras (DSLR) zu vergleichen,
sie besitzen aber nur ein fest montiertes
Objektiv. Dessen Zoombereich ist allerdings
so riesig, dass man bei einer DSLR mehrere
Objektive einpacken müsste, um einen ähn­
lichen Brennweitenbereich abzudecken.
Die Kamera Lumix FZ82 von Panasonic
beispielsweise wartet mit einem 60­fachen
Zoom auf und deckt den Brennweitenbereich
von 20 bis 1200 mm ab (Kleinbild­Äquiva­
lent). Damit kann man beispielsweise in
der Savanne eine Landschaft in der Weitwin­
kelperspektive erfassen, bei der ein Elefant
unter einem Baum kaum zu sehen ist. Im
Super­Telebereich kann die Kamera den
Kopf des Tiers so nahe heranzoomen, dass
dessen Augen gut sichtbar sind. Solche
Brennweiten sind bei DSLR-Kameras gar
nicht zu finden. Bei Canon und Nikon endet
der Telebereich bei 800 mm, und diese
Objektive wiegen 4,5 kg, sind 46 cm lang
und kosten deutlich über 10 000 Franken.
Kleinere Sensoren
Auch sonst lassen sich Bridge­Kameras nur
bedingt mit Profikameras vergleichen, da die
Sensoren und die Optik in unterschiedlichen
Ligen spielen. Dies zeigt der Grössenver­
gleich der Sensoren, die massgeblich für
die Bildqualität verantwortlich sind. Eine
Top­DSLR verwendet einen Vollformat­Sen­
sor mit den Massen 24×36 mm (Kleinbild­
format). Die Mehrzahl der Bridge­Kameras
besitzt einen Sensor der Grösse von rund
6,2×4,6 mm. Der Vollformat­Sensor misst
864 mm2, jener der Bridge­Kameras knapp
29 mm2 – eine rund 30­mal kleinere Sensor­
fläche, mit der Folge, dass Bildrauschen und
Schärfe schon bei mässigen Lichtverhältnis­
sen schnell zum Problem werden.
Sony und Panasonic bauen deshalb auch
Bridge­Kameras mit einem Sensor im 1-Zoll­
Format 1 (13,2×8,8 mm). Dessen Fläche
(116 mm2) ist rund viermal grösser als jene
der meisten Bridge­Modelle.
Was eine Spitzenkamera der Bridge­Klasse
leistet, zeigt die kürzlich lancierte Power­
Mehr Licht ins Dunkel
Ein Velo-Rücklicht, das
auch den Asphalt rot
beleuchtet, soll die Sicherheit
auf dem Fahrrad erhöhen.
Velofahren ist gut für die Umwelt. Und
gesund ist es auch. Jedenfalls, solange man
keinen Unfall hat: Ungefährlich ist das
Verkehrsmittel Fahrrad nämlich nicht. Pro
zurückgelegtem Kilometer ist das Todes­
fallrisiko zehnmal höher als im Auto. Nur
Motorräder schneiden noch schlechter ab.
Unverständlich erscheint daher, dass eine
verkehrstaugliche Beleuchtung von vielen
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Grosses Gehäuse. Bridge-Kameras mit 1-Zoll-Sensor sind nicht handlich.
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480 mm und 1-Zoll-
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Brennweite 24 bis
1440 mm und
1/2,3-Zoll-Sensor. Ab
rund 450 Franken.
Insgesamt verfügt die Sony RX10 über 340 Autofokus-Punkte.
shot RX10 Mark IV von Sony. Die vierte
Generation der RX10 bringt viele Funktionen
und den Bedienungskomfort von Spiegel­
reflexkameras. Sie findet in einer Kamera­
tasche mit einem Fach Platz, hat aber ein
respektables Volumen (132×94×127 mm). Ist
das Objektiv ausgefahren, erreicht sie gar
eine Tiefe von 212 mm. Der Zoombereich des
Velofahrern als Zumutung
empfunden wird. Eine ordent­
liche Leuchte vorne und hinten
scheint für die zweirädrige Avant­
garde eine Art Fauxpas zu sein.
Zugegeben: Es kann mühsam sein, die
elektrische Verkabelung am Velo instand zu
halten oder den defekten Dynamo zu erset­
zen. Oder teuer, wenn man den Fachhändler
seines Vertrauens beauftragt.
Eine Alternative sind aber akkubetriebene
Leuchten. Es gibt sie als Scheinwerfer und
als Rücklicht. Das Angebot ist fast unüber­ Das Vizy Light
schaubar. Rücklichter beispielsweise gibt es kostet 36 Franken.
zur Befestigung an der Sattelstütze, am
Gepäckträger und sogar am Schutzblech.
Letztgenanntes sieht dann nicht mehr so
furchtbar provisorisch aus wie all die roten,
am Rucksack baumelnden Lichtlein. Für
jeden Geschmack und jeden Velotyp ist
passendes Zubehör also vorhanden.
Einen besonderen Sicherheitsgewinn
versprechen Rückleuchten, die nicht nur
nach hinten abstrahlen, sondern die gleich­
zeitig auch den Asphalt rot illuminieren.
Das soll Autofahrer davon abhalten, einen
Sicherheitsabstand zu unterschreiten – eine
Art virtueller Schutzschild. Zu diesen Rück­
FOTOS: SONY
Mit 4K Auflösung ist sie
auf der Höhe der Zeit,
und die Super-Zeitlupe
mit 960 Aufnahmen pro
Sekunde liefert
spektakuläre Bilder.
leuchten gehört das Vizy Light, das uns
von Galaxus.ch für einen Text überlassen
wurde. Das Lämpchen lässt sich ohne
Werkzeug an der Sattelstütze befestigen – ein
Gummizug fixiert eine Kunststoffhalterung,
in der man die Leuchte einrasten lassen
kann. Gegen Diebstahl ist das Rücklicht also
nicht geschützt. Die Befestigung funktioniert
sonst problemlos, einen langlebigen Ein­
druck macht sie aber nicht. Gleiches gilt für
die elastische Kunststoffabdeckung der Mik­
ro­USB-Buchse, die man zum Aufladen des
integrierten Akkus öffnen muss.
Der grösste Einwand aber betrifft die
Funktion. Die Idee, den Asphalt rot zu
beleuchten, klingt besser, als sie in der Rea­
lität ist. Denn im Scheinwerferlicht eines
Autos ist das Rotlicht auf dem Boden kaum
noch zu sehen – es wird schlicht und einfach
vom hellen Abblendlicht der Autos über­
strahlt. Immerhin: Es schadet auch nicht.
Dämlich ist dagegen, dass das Licht keinen
separaten Ein­/Aus­Schalter hat. Jedes
Ein­und Ausschalten erfordert daher, dass
man sich durch den ganzen Zyklus von
fünf verschiedenen Blink­Modi klickt, bis
die Leuchte wieder aus ist. Das ist Chichi
ohne Nutzen. Andreas Hirstein
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Zeiss­Objektivs ist mit dem Faktor 25 ein­
drücklich. Er deckt den Bereich von 24 bis
600 mm ab und erreicht je nach Brennweite
eine Blendenöffnung von f/2,4 bis 4,0.
Ausserdem brilliert die Kamera mit ihrem
schnellen Autofokus. Insgesamt 340 Fokus­
punkte decken zwei Drittel des Ausschnitts
ab, und das System stellt mit einer Verzöge­
rung von lediglich 0,03 Sekunden scharf.
Einen Spitzenwert erreicht die Kamera
beim Einfangen von Actionszenen: Die RX10
schafft bis zu 24 Bilder pro Sekunde. Die
Bildqualität verblüffte bei unseren Testauf­
nahmen. Die RX10 liefert bei ausreichend
Licht eine gute Bildqualität und überzeugt
als Allrounderin. Wie zu erwarten bei einem
Bildsensor dieser Grösse ist aber bei höherer
Lichtempfindlichkeit, ab etwa 3200 ISO,
mit Einbussen bei der Schärfe und Rausch­
verhalten zu rechnen.
Hoher Preis
Die Ausstattung von Sonys Bridge­Juwel
ist sehr gut: Der elektronische Oled­Sucher
löst recht hoch auf (2,35 Mio. Pixel), das
rückseitige LC-Display ist hingegen nur ein­
geschränkt ausklappbar und nicht per Touch
bedienbar. Stärken zeigt die Kamera bei der
Videofunktion: Mit 4K Auflösung ist sie auf
der Höhe der Zeit, und die Super­Zeitlupe
mit 960 Aufnahmen pro Sekunde liefert
spektakuläre Bilder, welche Live­Szenen
rund um den Faktor 40 verlangsamen. Der
Blick auf das Preisschild mag aber manch
einen abschrecken: 2249 Franken ist der
Listenpreis der RX10 Mark IV, die man aber
bereits für knapp unter 2000 Franken findet.
Beim Entscheid pro oder contra Bridge­
Kamera muss sich der Fotofreund fragen,
wie wichtig ihm der Telebereich ist. Wenn er
oft grosse Distanzen nah heranzoomen will,
ist das Bridge­Konzept eine gute Wahl. Man
bekommt viele Optionen und den Bedie­
nungskomfort grösserer Kameras, ohne dass
man Wechselobjektive braucht. Die Wahl des
Modells bleibt eine Budgetfrage. Aus Sicht
der Bildqualität ist aber nur eine Kamera mit
1-Zoll­Sensor zu empfehlen. Zur neuen Sony
gibt es auch zwei günstigere Alternativen mit
gleichgrossem Sensor: Die vor etwa einem
Jahr lancierte Panasonic Lumix FZ2000
findet man für 900 Franken, und die RX10
Mark III, das Vorgängermodell von Sonys
aktuellem Flaggschiff, ist immer noch für
knapp 1400 Franken erhältlich.
Hobbyfotografen, denen eine Tele­Brenn­
weite von 200 mm reicht, sind auch mit
einer kompakt gebauten Systemkamera und
zwei Objektiven gut beraten. Sie kommen
mit dieser Lösung allenfalls günstiger und
haben die Option, später weitere Objektive
dazuzukaufen.
News
Whatsapp für
Geschäftskunden
Der Kurznachrichtendienst Whatsapp hat
diese Woche eine Android­App für profes­
sionelle Anwender lanciert. Whatsapp Busi­
ness, so der Name, ist zunächst nur in eini­
gen Ländern verfügbar, darunter die USA,
Italien und Grossbritannien. Ein weltweites
Angebot und eine iOS-App seien in Planung,
schreibt die Website Tech Crunch. Die
Geschäftsanwendung richte sich vor allem
an kleinere Unternehmen, die direkt mit
ihren Kunden kommunizieren wollen. (hir.)
Neues Mittelklasse-Handy
von Samsung
Der koreanische Hersteller hat ein neues
Mittelklasse­Smartphone lanciert, das
Galaxy A8 (2018). Es orientiert sich am
Design der teureren S8-Handys, verfügt über
einen 5,6 Zoll grossen Bildschirm und ein
wasserdichtes Gehäuse. Ungewöhnlich ist
die Möglichkeit, zwei SIM-Karten und gleich­
zeitig eine SD-Karte zur Speichererweiterung
einzulegen. Dazu gibt es erstmals zwei
Frontkameras mit 16 und 8 Megapixeln Auf­
lösung, was vor allem die Selfie­Gemeinde
erfreuen dürfte. (hir.)
Mensch& Medizin
Falsche Versprechen
der Hormondiät
Die HCG-Diät wird als
Geheimtipp der
Schönen in Hollywood
propagiert. Doch mehr
als ein Placebo-Effekt
ist es nicht, die
Hormone sind teuer
und Nebenwirkungen
nicht auszuschliessen.
Von Felicitas Witte
J
etzt geht es wieder los mit den Vor-
sätzen. Nicht rauchen, mehr Sport,
weniger Fernsehen und vor allem:
endlich abnehmen. Hoch im Kurs
steht derzeit die HCG-Diät, die nicht
nur in Hollywood, sondern auch in
der Schweiz immer mehr Anhänger findet.
Man nehme rasch und sichtbar Gewicht ab,
heisst es auf der Homepage einer Klinik
in Zürich. Man habe keine Heisshungeratta-
cken, sei psychisch ausgeglichen, und das
Gehirn werde dauerhaft so umprogram-
miert, dass man keine Lust mehr auf Süssig-
keiten habe.
Bei der HCG-Diät spritzt man sich drei bis
sechs Wochen lang täglich das Schwanger-
schaftshormon HCG unter die Haut oder
nimmt «HCG-Tropfen» ein. Zusätzlich darf
man pro Tag nur 500 Kalorien essen, kein
Fett, kein Zucker, kaum Kohlenhydrate und
keinen Alkohol. Je nach Anbieter kommen
noch Proteinshakes, Vitamine, Mineralstoffe
oder ominöse Mittel wie Flohsamen oder
Aquamin dazu. Die Diät wird zu einem Preis
von 300 bis 1100 Franken angeboten.
Teuer und wirkungslos
Rausgeschmissenes Geld, findet Marc
Donath, Endokrinologe in der Adipositas-
Sprechstunde am Universitätsspital Basel.
«Die Diät ist teuer und wirkungslos. Ich frage
mich, warum sie immer noch so angepriesen
wird.» Auf die Idee mit der Diät kam 1954 der
Arzt Albert Theodore William Simeons durch
Patienten mit Fröhlich-Syndrom. Die Betrof-
fenen haben unter anderem zu wenig Hor-
mone und Fettpolster an Hüften, Oberschen-
WENN ES UMS HERZ
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Dauerhaft Gewicht verlieren kann man nur mit einer Verhaltensänderung.
HCG
keln und Bauch. Das Syndrom versuchte
man damals mit HCG zu behandeln, und
Simeons hielt es offenbar für geistreich, das
auch bei Übergewichtigen zu probieren. Er
spritzte 125 Einheiten HCG pro Tag, die Leute
Das humane Chori- durften nur 500 Kalorien pro Tag essen. Sie
ongonadotropin, nahmen zwischen 9 und 14 Kilogramm ab.
kurz HCG, ist ein Doch zum Abnehmen sei das Hormon
Hormon, das wäh- nicht geeignet, findet auch Michael von
rend der Schwan- Wolff, Endokrinologe in der Frauenklinik am
gerschaft von der Inselspital in Bern. «Das Hormon wird nor-
Plazenta gebildet malerweise in der Schwangerschaft produ-
wird und für die ziert, es bereitet den Körper vor und erhält
Erhaltung der die Schwangerschaft», erklärt er. «Abneh-
Schwangerschaft men soll man ja in der Schwangerschaft
verantwortlich ist. gerade nicht.» HCG als Medikament setzen
Ärzte ein, um bei unfruchtbaren Frauen den
Eisprung auszulösen oder die Bildung von
Gelbkörperhormon zu stimulieren oder um
bei Männern mit Testosteronmangel die Hor-
monproduktion anzukurbeln.
Gespritzt werden bei diesen Patienten
Dosen von 500 Einheiten pro Woche bis zu
einmaligen 5000 bis 10 000 zum Auslösen
des Eisprungs. Bei der HCG-Diät sind es nur
100 Einheiten pro Tag, aber zum Abnehmen
ist HCG nicht zugelassen. Ärzte, die das
trotzdem spritzen, verabreichen es off-label,
das heisst auf eigene Verantwortung. «Jeder
Arzt muss aber eine Off-Label-Verwendung
den kantonalen Gesundheitsbehörden
melden», sagt Thomas Heiniger, Gesund-
heitsdirektor in Zürich. Der Arzt müsse dann
Empfehlungen der Berufsverbände oder
wissenschaftliche Artikel vorlegen, einen
offensichtlichen Nutzen zeigen, den Patien-
ten informieren und dessen Zustimmung
63
Verschnürter
Fussballer
THOMAS BARWICK / GETTY IMAGES
Diagnose
Andrea Six
E
in Indianer kennt keinen
Schmerz, mag sich der portu-
giesische Fussballer denken,
als er sich beim Spiel den
Knöchel vertritt. Anders als
ein bekannter Landsmann
von ihm geht er tapfer und erhobenen
Hauptes vom Platz. Doch als sich der
Schmerz vom Knöchel aus immer weiter
auf das ganze Bein ausbreitet, wird es
dem 25-Jährigen unheimlich, und er
humpelt ins Spital.
Die Ärzte lassen Röntgenbilder anferti-
gen und verabreichen dem Mann
Schmerzmittel. Die Verletzung scheint
tatsächlich nicht besonders schlimm zu
sein, denn der Fuss lässt sich durchaus
noch bewegen. Wie sehr dieser erste
Eindruck trügt, wird in den nächsten
Stunden klar. Denn bei einer erneuten
einholen. «Ich kann mir nicht vorstellen, Untersuchung wirkt der Unterschenkel
dass die Anbieter der HCG-Diät all diese geschwollen, und der Patient spürt Teile
Punkte befolgen», sagt Heiniger. «Wir seines Fusses nicht mehr. Diese Krank-
werden dem nachgehen.» heitszeichen machen den Medizinern
Schon 1959 kritisierten Forscher, der grosse Sorgen. Sie haben einen Verdacht,
Effekt der Simeons-Diät käme nur durch die der sich nur durch eine Notoperation
geringe Kalorienzahl zustande, und auch klären lässt.
spätere Studien liessen Zweifel aufkommen. Während des Eingriffs bestätigt sich
1995 fällte eine Metaanalyse aus 14 Studien die Befürchtung: Durch die Verletzung
dann das ernüchternde Fazit: Dass die Leute am Fuss hat sich in der Folge der Druck
abnehmen, liegt allein an der geringen Kalo- in einem bestimmten Abschnitt der Wade
rienzahl. Es gibt keinen Hinweis, dass HCG stark erhöht. Bei diesem sogenannten
zu Gewichtsverlust führt, zu einer Umvertei- Kompartmentsyndrom kann die Blut-
lung von Fett oder dass man damit weniger versorgung der betroffenen Muskeln der-
Heisshungerattacken hat. art leiden, dass die Muskulatur abstirbt.
Während der Operation müssen die
Bei Diäten unkritisch Chirurgen das Bindegewebe, welches die
Obwohl bereits amerikanische und deutsche Muskeln umschliesst, öffnen, um den
Behörden vor der HCG-Diät gewarnt haben, Druck zu senken. Bis sich die Situation im
scheint sie immer noch begeisterte Anhänger Muskel normalisiert, dauert es allerdings.
zu haben. «Hormone werden doch heutzu- Daher kann die Wunde nicht sofort
tage oft verteufelt», sagt von Wolff, «aber bei verschlossen werden. Mit einem langen
Diäten lassen sie sich die Leute unkritisch Schnitt über die gesamte Wade muss der
spritzen.» Kopfschmerzen, Reizbarkeit und 25-Jährige ausharren, bis sein Bein wieder
depressive Verstimmungen können HCG- gut durchblutet ist. Damit die Wunde
Präparate auslösen, ebenso Müdigkeit, Haut- nicht völlig auseinanderklafft, sind die
ausschläge oder Allergien. Ärzte berichteten Ränder mit einer elastischen Schnur,
von einer Thrombose, die im Rahmen einer ähnlich den gekreuzten Bändern eines
solchen Diät auftrat, und HCG soll auch eine Ballettschuhs, verschnürt.
Rolle bei der Entstehung von Krebs spielen. Fünf Tage muss die Wunde offenblei-
Dauerhaft Gewicht verlieren könne man ben, bis sie endlich genäht wird. Bei einer
nur mit einer Verhaltensänderung, sagt Kontrolle nach sechs Monaten berichtet
Marc Donath. Sich bewusstmachen, wo die der Sportler bereits von seinen Spiel-
Kalorien stecken, zu definierten Mahlzeiten erfolgen.
essen, aufhören, wenn man satt ist, und sich
auch mal was Leckeres gönnen. «Ein Wun- Quelle: «BMJ Case Reports», 2018, online
dermittel gibt es nicht.»
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64 NZZ am Sonntag 21. Januar 2018

NZZ GENUSSAKADEMIE

Grossartige Pinot Noirs der Schweiz –

Leser küren ihren Lieblingswein
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Weinredaktor der «NZZ am
Sonntag» und Weinakademiker

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KUNST & DESIGN GUSTAV KLIMT GUSTAV KLIMT

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Hauchzart und elegant legen sich die Seiden-

schals für Damen um den Hals. Das edle
Material hält im Winter angenehm warm und
fühlt sich im Sommer kühl auf der Haut an.

Verschiedene Werke von den Künstlern

Gustav Klimt und Paul Klee dienen hier als
Vorlage. So ist jeder Seidenschal ein
einzigartiges Kunstwerk, das in einem
detaillierten Fertigungsprozess entstanden ist.

Jeder dieser Seidenschals besteht aus 100 %

feinster Seide und wurde handrouliert.

Gustav Klimt:
Seidenschal «Bauerngarten»
180 × 45 cm
PAUL KLEE
Gustav Klimt: Seidenschal «Haupt- und Nebenwege»
Seidenschal «Lebensbaum» Fr. 110.–
180 × 45 cm

Paul Klee:
Seidenschal «Haupt- und Nebenwege»
170 × 33 cm

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FRED MERZ
Wusste sich mediengerecht in Szene zu setzen: Claude Nobs (1936–2013), der Gründer des Montreux Jazz Festival. (Caux, Montreux, April 2011)
Erwolltespielen
Das Landesmuseum Zürich feiert in einer Schau das Montreux Jazz Festival. Dessen Gründer
Claude Nobs war jedoch eine schillernde Figur mit Schattenseiten. Von Bänz Friedli
S
ie fiel auf, die dunkle Limou-
sine mit den getönten Schei-
ben, die an einem Sommer-
morgen des Jahres 1995 an der
Zürcher Höschgasse vorfuhr.
Unwirklich war’s. Ein bisschen
wie in einem Mafiafilm. Selbst
hier, im schon damals noblen Quartier See-
feld, sah man ein solch luxuriöses Gefährt
nicht alle Tage.
Dem immensen Wagen entstieg ein
unscheinbares Männchen: Claude Nobs
(1936–2013), Chef des Montreux Jazz Festi-
val, den alle Welt nur als «Monsieur Jazz»
kannte, hatte sich von seinem Chalet
in Caux hoch über dem Genfersee hierhin
chauffieren lassen.
Monsieur war echauffiert. Das Nachrich-
tenmagazin «Facts», dessen Chefredaktor
er nun die Aufwartung machte, hatte
Wochen zuvor unter dem Titel «Häuptling
von Montreux» dargelegt, mit welchen
Schlichen und Schelmereien Nobs sich die
ganze Stadt untertan gemacht und sein
Imperium gefestigt hatte. Wie er ein ihn
konkurrenzierendes Dance-Music-Festival
verhindert und im Jahr darauf dessen Idee
kopiert hatte. Wie er sich von der Stadt
Montreux für 70 Millionen Franken ein
Festivalzentrum hatte hinklotzen lassen,
Georg Baselitz
Der Künstler schaut
auf sein Werk 66
das die erlaubte Gebäudehöhe überschritt
und fortan den Gästen des Fünf-Sterne-
Hauses «Montreux Palace» die Seesicht be-
einträchtigte. Wie er den geprellten Hotelier
dafür mit dem alleinigen Wirterecht in dem
neuen Kongressgebäude abgespeist hatte
– allerdings nur für die oberen Stockwerke,
wo kaum konsumiert wurde. Und vor allem:
Wie er das Office des Congrès et du Tourisme
de Montreux, das lokale Verkehrsbüro, in
dessen Auftrag er seit 1967 das Jazzfestival
organisierte, an den Rand des Ruins gewirt-
schaftet hatte: In der Kasse des Office klaffte
ein Loch von 15 Millionen Franken – derweil
«Monsieur Jazz» privat ein Jahreseinkom-
men von 259 000 und ein Vermögen von
1,82 Millionen Franken versteuerte.
Kein Zweifel, Claude Nobs hatte seine
Verdienste, der Mann, der 1962 als Erster die
Rolling Stones für ein Konzert ausserhalb
Grossbritanniens gebucht hatte. Er lotste alle
Granden des Jazz an den Genfersee, von
Miles Davis bis Herbie Hancock, später fast
alle klingenden Namen aus Rock, Funk, Soul
und Pop. Nur waltete er mittlerweile nach
Gutdünken und fuhr Defizit um Defizit ein.
Die Kurdirektoren kamen und gingen,
Nobs blieb. Und da erdreistete sich doch ein
Nachrichtenmagazin aus der humor- und
freudlosen «Suisse alémanique», den Macht-
Rock mit Gefühl Denkmäler bleiben Medienkritik
Das neue Album von New York steht zur NZZ macht keine
Tocotronic 69 US-Geschichte 69 Propaganda 71
Die meisten Deutsch-
schweizer Journalisten
frassen Nobs aus der
Hand, weil er sich als
verspielter, kreativer
Kindskopf zeigte.
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
65
menschen Nobs zu skizzieren statt den
Künstlerfreund und quirligen Possen-
reisser, als der er sich gern gab. Also kam
er, dem Chefredaktor und dem «jeune
homme», der den entsprechenden Artikel
recherchiert hatte, die Leviten zu lesen.
Sein Sekretariat hatte es telefonisch ange-
kündigt.
Kritische Presse – die war Nobs sich nicht
gewohnt. In der Romandie gab es nie
Widerspruch: Sein alter Pfadifreund
Jacques Pilet hielt den «Nouveau Quoti-
dien» stramm auf Nobs-Kurs und bezeich-
nete bei allfälligen Wirren stets alle
anderen als die Bösen. «Le Matin» und
«L’Hebdo» waren ohnehin Festival-Sponso-
ren, sie brachten nur fröhliche People-Ge-
schichten über den Anlass. Und die meisten
Deutschschweizer Journalisten frassen
Nobs aus der Hand, weil er sie an Partys in
seinem Chalet teilnehmen liess, für Home-
storys posierte, sich ihnen als launiger
Sammler von Musikautomaten und Minia-
tur-Eisenbahnen zeigte, als verspielter,
kreativer Kindskopf, dem man nichts übel-
nehmen konnte. «Das Festival ist jedes Jahr
wie ein neues Spielzeug für mich», liess er
sich gern zitieren. Et voilà, dank den
Fortsetzung Seite 66
66 Kultur NZZ am Sonntag 21. Januar 2018

Er wollte ...
Fortsetzung von Seite 65
Medien gelang die Personifizierung: «Le Fes-
tival c’est moi!» Montreux, das ist doch
dieser lustige Kerl Nobs...! Derjenige, der all
die Musiker in die Schweiz holt. Alle moch-
ten ihn, alle verziehen ihm, dass er immer
wieder im Massanzug mit seiner Mund-
harmonika dilettierend zu den Stars auf die
Bühne hüpfte. Er war der Typus Veranstalter,
der sich als Teil der Show sieht, und so por-
trätierte ihn auch die Presse. In Vorschauen
auf die Festivals in St. Gallen oder Nyon war
jeweils von den auftretenden Künstlern die
Rede, in Vorschauen auf «Montreux Jazz»
meist von Claude Nobs.
Funkelnder Charmeur
Nur diesmal nicht mit der gewünschten
Freundlichkeit. Man erwartete ein Donner-
wetter. Doch was tat Nobs bei seinem Besuch
auf der Redaktion? Er stellte die geschilderte
Misswirtschaft, die Mauscheleien und die
Machtspiele gar nicht in Abrede, flüchtete
vielmehr nach vorn, schwärmte und schwa-
dronierte in seinem drolligen Kauder-
deutsch, das immer wieder für halbe Sätze
ins Französische glitt, und tat, was er am
besten konnte: Er causierte und charmierte
und liess seine Äuglein burschikos funkeln,
wenn er von einer Party am Swimmingpool
mit David Bowie erzählte, von einer mit Van
Morrison durchzechten Nacht. Und wenn
man ihm so zuhörte, waren sie alle, alle seine
besten Freunde: Quincy Jones, Randy Craw-
ford, Carlos Santana, Keith Jarrett. Statt zu
schimpfen, nutzte er seinen kleinen Auftritt
im Büro des Chefredaktors für eine Inszenie-
rung: Claude Nobs, der hyperaktive Luftikus
mit den neuen Ideen – er sprach davon, eine
Kette von Musikrestaurants im Stile der
«Hard Rock Cafes» mit ihren 191 Standorten
zu starten.
Es sollte ihm nur halbwegs gelingen. Das
«Montreux Jazz Café» würde es immerhin
auf je eine Filiale in Paris und an den Flug-
häfen von Zürich, Genf und Abu Dhabi brin-
gen, eine Weltmarke aber wurde es nicht.
Egal, «Monsieur Jazz» wusste alles schön-
zureden. Seine Besucherzahlen rundete er
KEYSTONE
«Ichbinzieml
grosszügig auf: Hatte er 68 000 Karten ver-
kauft, zählte er kurzerhand alle hinzu, die
während des Festivals an der Seepromenade
flaniert hatten, und wies 130 000 Festival-
besucher aus. Ein Lausbub.
Ein Filou gar? Jedenfalls agierte Nobs
listig. Und eigennützig. Nach seinem Besuch
auf der Zürcher Redaktion sollte er es
zustande bringen, dass das seinetwegen
schlingernde Verkehrsbüro ihm das
Montreux Jazz Festival für symbolische
720 000 Franken abtrat. Später überliess Georg Baselitz gilt als
ihm die Stadt auch das Ton- und Videoarchiv
mit Tausenden Konzertstunden für lächer- einer der wichtigsten
liche 500 000 Franken. Nobs veräusserte es
gewinnbringend an die Londoner Firma
Eagle Rock weiter.
Künstler unserer Zeit.
1998 schliesslich kam es zum grossen
Knall: Emmanuel Gétaz, der Ziehsohn und
Im Gespräch äussert
Vizechef, der das Festival finanziell saniert
und Nobs’ chaotisches Wesen stets balan-
er sich über seine
ciert hatte, ging im Zorn und mit ihm die
gesamte Führungscrew. Nobs stand alleine Selbstzweifel, über
da. «Le Festival c’est moi.» Und meisterte
auch diese Krise. Mit Streichen wie diesem: Günter Grass und
Im November 1999 kündigten die Organisa-
toren des «Paléo» in Nyon an, im darauf- über sein Unbehagen
folgenden Sommer anlässlich ihres 25. Festi-
vals eine Soirée zu Ehren des 1991 verstorbe-
nen Serge Gainsbourg auszurichten, des
an der deutschen
Dirty Old Man des Chansons. Flugs stibitzte
Nobs die Idee, kam den Nyon-Programmie-
Politik. Interview:
rern im Sommer 2000 um zwei Wochen
zuvor und liess deren Gainsbourg-Hommage
Gerhard Mack
platzen.
Freund von Freddie Mercury
Als er an besagtem Sommermorgen in Zürich
per Limousine vorfuhr, kam Nobs nicht mit
leeren Händen. «Monsieur Jazz», gepflegt
und wohlriechend wie stets, überhäufte den
Chefredaktor mit Geschenken. Hier eine
Krawatte, da eine luxuriös aufgemachte
CD-Box «Live at Montreux», dort ein von
Jean Tinguely gestaltetes Festivalplakat.
Munter strickte Claude Nobs an seiner eige-
nen Legende: der Tausendsassa, der «Funky
Claude», als der er im Jahrhundertsong
«Smoke on the Water» von Deep Purple ver-
ewigt ist, der enge Freund von Freddie Mer-
cury und Roberta Flack – darüber sollte die
Presse gefälligst schreiben und die Legende
mehren. Nobs gab den Weltmann, den kleine
Summen nicht kümmerten, dem irdisches
Ungemach wie ein Defizit nichts anhaben
konnte. Und er sollte bis zu seinem Tod recht

behalten.
Der Chefredaktor und der «jeune
homme», der es gewagt hatte, am Denkmal
Nobs zu rütteln, waren auf eine Wutrede
gefasst gewesen. Nobs aber ging nicht auf die
Vorwürfe ein, sondern er sprudelte während
zweier Stunden drauflos und, ach ja, ob
«Facts» im kommenden Jahr nicht als
Mediensponsor einsteigen möchte?
Claude Nobs wollte geliebt werden. Er
wollte Aufmerksamkeit.
Er wollte doch nur spielen. Und verab-
schiedete sich mit den Worten: «Qu’on en
parle bien ou qu’on en parle mal – pourvu
qu’on en parle.» Ob schlecht oder gut –
Hauptsache, man spricht darüber! Im
Gespräch zu sein, das gelang Claude Nobs
zweifellos. Zu seinen Lebzeiten und darüber
hinaus.

Montreux. Jazz seit 1967. Landesmuseum

Miles Davis mit Nobs. (Montreux 1985) Zürich, bis 21. 5.

NZZ am Sonntag: Herr Baselitz, Sie wohnen Georg Baselitz vor tion ist Schweinerei. Schweinerei drückt sich
ALAIN BETTEX

teilweise in Basel. Jetzt stellen Sie hier aus.
Wie ist Ihr Verhältnis zur Schweiz?
Georg Baselitz: Die Schweizer Situation
war immer sehr glücklich. In Basel, Bern und
Zürich haben mich viele unterstützt. Und
schon früh war das Kunstmuseum wichtig.
Inwiefern?
Als ich meine frühen Bilder gemalt habe,
sind meine Frau und ich in europäische
Museen gefahren, von denen man sagte, da
gebe es moderne Kunst und ein neues
Gebäude. Unsere erste Reise galt dem Stede-
lijk-Museum in Amsterdam, die zweite Reise
ging nach Paris, die dritte nach Basel, denn
das war eine Stadt, in der man amerikani-
schen Expressionismus sehen konnte.
War der für Sie nicht schwierig?
Im Gegenteil. Der war meine Erweckung.
In dem Gebäude, in dem ich in Westberlin
studierte, fanden 1958 Ausstellungen zum
Amerikanischen Expressionismus und zu
Jackson Pollock statt. Da war ich 20 Jahre alt
und gerade aus Ostberlin gekommen. Jeden
Tag bin ich da vorbei. Das zu sehen, war so
eindrücklich, dass ich sagte, es hat keinen
Sinn, in der abstrakten Richtung weiterzu-
arbeiten, die die Hochschule lehrte.
«Funky Claude» Nobs und Jean-Paul Marquis legen bei einem Brand im Casino Montreux Sie haben dann diese ekligen Füsse gemalt.
selbst Hand an. Deep Purple schrieben darüber den Song «Smoke on the Water». Ich dachte: Mein Protest, meine Revolu-
Köpfen seiner aus, indem man stinkende Farben nimmt,
Skulpturengruppe die keine Farben mehr sind, sondern dunkel,
«Dresdner Frauen» schimmelig, eklig. Und in der Mitte dann
(1990) in der Fonda- einen Pimmel und dergleichen. Ich fand
tion Beyeler. diese Bilder grossartig. Aber ihre Wirkung
(Riehen bei Basel, damals war schockierend.
16. Januar 2018)
Es gibt eine Foto, auf der Sie ordentlich geklei-
det vor einem dieser Bilder stehen. Bürgerlich.
Ich habe nie viel von Künstlerdarstellern
gehalten. Mein Vorbild war Gottfried Benn.
Ich habe gesagt, im Privatleben bist du nor-
maler Bürger mit Frau und Kind. Und als
Maler bist du Künstler.
Der ist dann ungezügelt?
Ein Künstler ist nicht integriert, egal wie
die Gesellschaft aussieht. Vielmehr bin ich
ein Wilder, ein Verrückter und habe mich
geschützt durch Aussenseiterkunst, die im
Mainstream nicht vorkam.
Wollten Sie den Finger auf Tabus legen? Die
Bilder wurden ja beschlagnahmt.
Das waren nur Missverständnisse. Es gab
an derselben Akademie einen Studenten, der
Bildhauerei studierte und Günter Grass
hiess. Ein furchtbar schlechter Bildhauer,
Zeichner und Maler. Aber er wurde ein guter
Schriftsteller. Sein Roman «Die Blechtrom-
mel» war die gewünschte gesellschaftskriti-
sche Position. Da kamen kleine Ferkeleien

mlichschamlos»
vor. Daran hat niemand Anstoss genommen.
Meine Bilder waren nicht so. Die waren nicht
elegant. Die Ästhetik war unbekannt und
unangenehm. Die Bilder waren ja nur für
einen internen Kreis gemacht.
Sie wollten kein gesellschaftliches Statement?
Überhaupt nicht. Ich wollte mich nur ver-
teidigen und um meine Existenz kämpfen.
Ich wollte dagegen angehen, dass man sagte,
Kunst habe nach der Katastrophe objektiv zu
sein. Meine Kunst ist nicht objektiv, ich bin
subjektiv. Meine Kunst ist existenziell. Ich
bin keiner, der etwas verkündet und in einer
Gruppe arbeitet. Damit war ich sehr allein.
Wie hält man diese Ablehnung aus?
Ich habe geheiratet. Das war eine grosse
Ich rege mich darüber
auf, dass die Demokratie
demoliert wurde und
aus ihr eine Autokratie
wurde. Dafür gibt es
viele Belege.
Stütze. Dann kamen zwei Kinder. Ich hatte
plötzlich eine Verantwortung, die ich nicht
suchte, mir andererseits aber wünschte. Ich
wollte meine Familie ernähren. Also habe ich
gejobbt, Bier ausgefahren, Plastic gespritzt,
alles Mögliche. Daneben habe ich meine
Bilder gemalt. Das war ein schwerer Kampf
im Atelier, und es war ein schwerer Kampf
ums Portemonnaie. Es gab immer den Zwei-
fel und die existenzielle Angst. Aber die ver-
schwanden ja erst vor ein paar Jahren.
Vor ein paar Jahren? Sie sind doch ein welt-
berühmter Künstler, spätestens als Sie 1969
anfingen, die Motive auf den Kopf zu stellen.
Sie irren sich. Diese Ausstellung fand statt
während des Kunstmarktes in Köln. Sie war
unglaublich, aber es kam niemand. Nur von
den Kollegen gab es ein Schmunzeln: Na ja,
jetzt versucht er diesen Trick. Maler sind
sehr neidisch auf einander. Die Ausstellung
war chancenlos, kein Verkauf.
Wie erklären Sie sich das?
Es interessierte sich niemand dafür. Das
ist doch heute noch so. Die Elite wird verach-
tet von der Bevölkerung. Kunst wird mit
Geld in Verbindung gebracht, und das ist
etwas Negatives geworden. Krupp dagegen
ist immer positiv geblieben.
Immerhin hat Kanzler Schröder 1995 eins der
Adler-Bilder hinter den Schreibtisch gehängt.
67
Ist denn Frau Merkel ein Produkt davon?
LUCIAN HUNZIKER
Geburtstags­ Frau Merkel ist eine Politikerin, die aus
Retrospektive dem Osten kommt. Sie hat eine DDR-Karriere
gemacht mit allem, was dazugehört. Wir
Zum 80. Geburtstag haben jetzt ja die AfD. Im Deutschen Bundes-
bieten die Fonda­ tag gibt es den Alterspräsidenten. Das ist laut
tion Beyeler und das Regelung der älteste Abgeordnete. Das wäre
Kunstmuseum Basel ein AfD-Mann gewesen. Da hat man zuvor
(bis 29. 4.) einen einfach die Regelung verändert und den
Überblick über das dienstältesten Parlamentarier gewählt. Das
Werk. Die Fondation ist so absurd.
führt mit über 100
Bildern und Skulp­ Hätten Sie vorgezogen, dass ein AfD-Mann
turen die perma­ Alterspräsident wird?
nenten Neuansätze Ich hätte gar nichts vorgezogen. Das ist
des Künstlers von doch nicht der Punkt. Wenn eine lange gel-
1963 bis 2017 vor. tende Regelung existiert, muss sie einfach
Das Kunstmuseum beachtet werden.
fokussiert auf das
zeichnerische und Sie regen sich nicht über die AfD auf ?
grafische Werk. Ich rege mich darüber auf, dass die Demo-
Beide Ausstellun­ kratie demoliert wurde und aus ihr eine
gen zeigen einen bis Autokratie wurde. Dafür gibt es viele Belege,
heute sehr vitalen initiiert und inszeniert von der Regierung.
Künstler, der sich
radikaler Subjek­ Übertreiben Sie jetzt nicht masslos?
tivität verpflichtete. Nehmen Sie den Ausstieg aus der Atom-
kraft als Beispiel. Den hat die Kanzlerin
angeordnet. Ich habe in der Schule im Osten
gelernt, dass die Zukunft unserer Welt nur
eine Chance hat, das ist die Atomkraft. Dann
wurde in England das erste Atomkraftwerk
errichtet. Das war Fortschritt. Und dieser
Fortschritt ist heute natürlich demoliert, in
Deutschland ganz besonders.
Hätten Sie Atomkraft weiter befürwortet?
Ja selbstverständlich! Das ist die sauberste
Energie, die wir derzeit haben, solange noch
Gas, Öl und Kohle verbrannt werden.
Was ist mit der Endlagerung?
Die ist problematisch, aber sie muss gelöst
werden. Ich bitte Sie!
Trotz all dieser Ärgernisse haben Sie
2005/2006 heitere, selbstironische Bilder
nach den frühen Bildern gemalt. Wurde die
Gesellschaft für Sie bekömmlicher?
Das ist der falsche Schluss. Und ob die
Bilder heiter sind? Eher nicht, die Malweise
ist anders. Die Gesellschaft wurde immer
unbekömmlicher, aber ich bin älter gewor-
den. Ich will als Maler besser werden. Und
wie komme ich zu besseren Bildern? Doch
nicht, indem ich etwas wiederhole, sondern
indem ich es zitiere und vorhalte.
Zeigt das Ihr starkes Selbstbewusstsein? Auch
die Eitelkeit, ich brauche die anderen nicht?
Ich habe die anderen nie gebraucht,
höchstens als Lieferanten von Stoffen. Pol-
lock oder De Kooning waren für mich Vor-
bilder. Aber mir wäre nie eingefallen, im
Sinne von De Kooning zu malen. Erst jetzt.
Wie ist das gekommen?
Jetzt bin ich ein Künstler, der ganz frei
geworden ist. In dieser Freiheit kommen
eben viele Zitate vor. Ich zitiere gerne.
Georg Baselitz Ist das so neu?
Ja! Mit dem Zusammenbruch des Dritten
Berserker der Kunst Reichs war die Welt zusammengebrochen,
auch die Abbildwelt in der Kunst. Ich bin
nicht einmal auf die Idee gekommen, einen
Der Künstler wurde und galt bald als der Baum oder ein Porträt zu malen, wie es
am 23. 1. 2018 als deutsche Maler, der vorher möglich war. Ich war abstrakt. Und
Hans-Georg Kern in Verdrängungen des ich habe zu einem Gegenstand zurückgefun-
Deutschbaselitz in Wirtschaftswun- den, der sich in meinem Kopf abbildete als
Sachsen geboren. ders erfasste. Seine Phantasiegebilde, als Verrücktheit. Und so ist
Er setzte sich mit Bilder und Skulptu- es bis heute geblieben.
seinen unschönen ren sind weltweit
Bildern von der geschätzt und Auf Ihren jüngsten Bildern malten Sie sich
dominanten ameri- kosten Millionen. Er selbst in der Mitte durchgetrennt. Zeigt das
kanischen und fran- lebt vorwiegend in diese Zerrissenheit?
zösischen Kunst ab Deutschland. (gm.) Das hat mit einem Traum zu tun, in dem
ich eine Haut bin wie aus dem Medizinbuch,
abgebildet mit Blutbahnen und Nervenbah-
nen, ohne Muskeln. Die war in der Mitte
Damit hatte ich nichts zu tun. Andere durchgetrennt. Als Selbstporträt.
Künstler reisten mit Schröder im Flugzeug
nach China. So etwas habe ich nie gemacht. Steckt darin auch ein Stück Abschied?
Schröder war halt der einzige Politiker, der Nein. Eher das Altwerden. Ich habe wahn-
sich für zeitgenössische Kunst interessierte. sinnig körperlich zu leiden unter diesem
Altwerden. Und ich bin ziemlich schamlos,
Warum ist das in Deutschland so schwierig?
Sie sind weggegangen, haben die österreichi-
wenn ich mich nach Fotos selber male. Aber
es gibt so tolle Beispiele fürs Alter. Das herr-
sche Staatsbürgerschaft angenommen. liche Bild, das Otto Dix von seinen Eltern
Deutschland ist nicht wie die Schweiz, gemalt hat, habe ich hundertmal gemalt.
England, die USA oder sogar Russland gesell-
schaftlich durchstrukturiert. Es ist alles Also nichts mit Endlichkeit?
flach. Man trägt ja nicht mal eine Krawatte. Ach was!
Vielen Dank für Ihre Spende.

Wi freuen uns ausserordentlich.

Wir ausserordentli Sie – unsere Kundinnen und Kunden –
haben gemeinsam über 2,2 Millionen Franken gespendet. Sie tragen so dazu
bei, dass weniger Menschen in der Schweiz mit ihren Sorgen und Nöten
alleingelassen werden. Wir haben unseren Beitrag geleistet und die erreichte
Spendensumme um 1 Million Franken erhöht. Die Spenden kommen
vollumfänglich den Hilfswerken zugute:
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Haben auf dem neuen Album brenzlige, weil ungeschützte Momente: Tocotronic mit Jan Müller (l.), Dirk von Lowtzow (2. v. l.), Arne Zank (r). Rick McPhail (2. v. r.)
IhrerLiebekann
keinerentkommen
Die deutsche Band Tocotronic vertont auf ihrem neuen Album «Die Unendlichkeit»
ihre eigene Biografie überraschend direkt. Von Tobi Müller
D
ie vier Rockmusiker von
Tocotronic sind jetzt Mitte
vierzig. Auf ihrem neuen
Album «Die Unendlichkeit»
singen sie über ihre Biogra-
fie. Nach einer Eröffnung
über das Erinnern geht es
chronologisch über das Kind vor dem Karus-
sell und das Erwachsenwerden im Reihen-
haus, über die Zeit in Hamburg bis zu den
Abgründen des Nachtlebens in Berlin, wo die
Band heute zur Mehrheit wohnt. Da bleiben
selbst bei einer Band, die verschwitzte Män-
nerposen stets vermied, Rockklischees nicht
aus. Allerdings flötet Sänger Dirk von Lowt-
zow sie in einem zarten Bariton: «Du ziehst
dir den Pulli vor dem Spiegel aus / Manic
Depression im Elternhaus / Ich gebe dir alles
und alles ist wahr / Electric Guitar.»
Memoiren ohne Schnörkel, Pop auf vier
Zeilen und sechs Saiten: So direkt ging es bei
Tocotronic noch nie zur Sache, beim ersten
Hören klingt vieles verblüffend emotional.
Mit den ersten vier Alben schrieben sie in
den neunziger Jahren einen Generationen-
roman für linke Städter, von dessen Slogan-
haftigkeit sie sich bald entfernten. «Wir
hatten so viel über uns preisgegeben», sagt
Sänger Dirk von Lowtzow im Gespräch, «dass
wir Umwege wählen mussten, zum Beispiel
über meine Begeisterung für Philosophie.»
Abschied vom Seminar
Gerade die intellektuellen Fans empfanden
diese Phase zunehmend als ein arg in die
Länge gezogenes Seminar. Vielleicht sprach
da aber nur der Neid darauf, dass die Musiker
selbst nach dem 30. Altersjahr weiterlesen
konnten und sich im Berufsleben nicht
dumm stellen mussten. Rock als ewiges
zweites Studium, das war zumindest unge-
wöhnlich. Im Rückspiegel des neuen Albums
erscheinen die Dinge aber auf einmal klar.
«Mit Mitte dreissig waren wir noch zu nah
dran an unserer Jugend», sagt dazu Bassist
Jan Müller. «Auf unserem letzten Album gab
es bereits einen Song, der wieder konkret
wurde und uns alle begeistert hat.» Das Lied
hiess «Ich öffne mich», von Lowtzow sang:
«Ich lasse dich in mein Leben». Das neue
Album «Die Unendlichkeit» erzählt nun seine
Geschichte über den Weg von Freiburg im
Kultur
Schneller Breisgau bis Hamburg und Berlin. Arne Zank,
der Schlagzeuger, und Bassist Müller sind in
Aufstieg Hamburg aufgewachsen, Gitarrist Rick
McPhail kommt aus den USA.
1993
Tocotronic wurde
«Ich habe den Wunsch verspürt, mich
schlichter auszudrücken», sagt Dirk von
Lowtzow mit vollendeter Höflichkeit und
unterspielt stets, wie viel Arbeit darin steckt.
Ende des Jahres von Es geht um die Pop-Kunst, Peinlichkeit in
den drei Hamburger Kauf zu nehmen, ohne peinlich zu werden.
Studenten Dirk von Das Stück «Electric Guitar» ist einer dieser
Lowtzow, Jan Müller brenzligen, weil ungeschützten Momente:
und Arne Zank Von Lowtzow entwirft nicht aus der Distanz
gegründet. des mittleren Alters ein Bild von sich als
Kind, sondern versucht in jedem Song, die
1998
spielte die Band
jeweilige Erzählperspektive einzunehmen,
in «Electric Guitar» die des Jugendlichen.
Reise zum sterbenden Freund
erstmals in den USA. Wahr und Guitar, was für ein trefflicher Reim
Mit Platz 7 in den für dieses Alter, in dem man nicht mehr Kind
deutschen Charts ge- ist und noch nicht Student und der Körper
lang Tocotronic der fühlt wie nie davor oder danach. Ausser man
Einzug in die Top 10 wird Musiker, Tänzer oder Dichter. «Die
– was sie auch mit Unendlichkeit» erzählt auch musikalisch von
allen nachfolgenden den biografischen Phasen, das Stück ist eine
Alben schaffte. romantische, selten romantisierende Ode
an die Musik. Das führt dazu, dass das Album
2010
eroberte Tocotronic
stilistisch sehr verschieden klingt – die Lie-
beserklärung kennt keine Genregrenzen.
In der zweiten Hälfte verdunkelt sich das
neue Werk und bietet vielleicht das Beste in
in den Albumcharts der 25-jährigen Bandgeschichte. «Unwieder-
ihren ersten Spitzen- bringlich» beginnt wie eine minimalistische
platz: Ihre neunte CD, Etüde von Philip Glass, mit Klarinetten,
«Schall & Wahn», Schlagwerk, Vibraphon. Fast im Bass und mit
bildete zugleich den einer Kindermelodie singt von Lowtzow:
Abschluss der Berlin- «Dein Tod war angekündigt / Das Leben ging
Trilogie, die sie 2005 dir aus / Unwiederbringlich / Schlich es aus
mit «Pure Vernunft dir heraus.» Das zweite g in «Angekündigt»
darf niemals siegen» spricht er süddeutsch aus mit einem g, Hoch-
begonnen hatten. deutsch wäre auch «angekündicht» möglich,
was auf «unwiederbringlich» reimen würde.
Aber das Lied erzählt die Zugreise von Ham-
burg in den heimatlichen Süden zu einem
Freund, der noch vor der Ankunft stirbt: Die
Sprache torkelt und fällt in den Dialekt,
während die strenge Musik die Trauer bannt.
Auch wenn der Beat beschwingt bleibt
und wenn E-Piano und Gitarren glamourö-
sen Kunstpop nahelegen, taucht der Song
«Bis uns das Licht vertreibt» tief in die Nacht.
MICHAEL PETERSOHN
Man darf von dieser
Band trotz der
Altersemotionalität
mehr als ein Fotoalbum
erwarten, ohne
enttäuscht zu werden.
Das Schlagzeug zickt fast mutwillig, der Bass
lässt das Herz etwas zu schnell schlagen, der
Tag droht in Kürze mit unerwünschter Reali-
tät. Dirk von Lowtzow sagt freimütig: «Ja,
das beschreibt die Phase kurz vor meinem
Umzug nach Berlin 2003. Ich fühlte mich da
oft hospitalisiert zu Hause und habe die
Nacht zum Tag gemacht.» Er erzählt weiter,
aus dem biografischen Kern wächst etwas
Grösseres. Ein Mann am Fenster, der
rauchend auf Rettung hofft. «Das sollte eher
wie Kino wirken», sagt von Lowtzow ver-
schmitzt. Fiktion und Fakt tanzen eng mit-
einander im Album «Die Unendlichkeit».
Man darf von dieser Band trotz der Alters-
emotionalität dieser CD mehr als ein Foto-
album erwarten, ohne enttäuscht zu werden.
Das erste Lied, das Titelstück «Die Unend-
lichkeit», offenbart das ästhetische Pro-
gramm als Prolog. Es beginnt wie ein Wes-
tern-Soundtrack, bevor schwere Bassschlei-
fen und Halleffekte den Raum der Erinne-
IMAGO
rung öffnen. Von Lowtzow singt: «Ich treibe
weiter / Seit ich ein Kind bin und es dauert
an.» Im Gespräch sagt er: «Die Erinnerung
treibt einen an, man ist getrieben von ihr.
Aber der Vorgang ist eben auch transitiv: Wir
treiben die Erinnerung voran.» So spricht
tatsächlich kaum ein Rockmusiker. Und
dann sagt er: «Aber das ist auch ein Rockkli-
schee, dieses Driften hat doch etwas Bluesi-
ges, oder?» Im Lied bricht genau nach dem
Wort «Zärtlichkeit» ein brachiales Riff ein.
Die E-Gitarre kommt zu ihrem Recht.
Ob es noch immer derselbe magische Mo-
ment sei nach zwanzig Jahren, wenn man vor
der Tournee wieder die Gitarre umschnalle?
Dirk von Lowtzow und Jan Müller schauen
sich nicht an und antworten unisono: «Klar.»
Tocotronic: Die Unendlichkeit (Universal). Ab
26. 1. im Handel. Konzert (X-tra, Zürich): 9. 4.
69
New York
will seine
Geschichte
Letzten Sommer brach in den
USA ein heftiger Streit um
Denkmäler aus. Die Stadt New
York entschied nun, ihre
weiterhin in der Öffentlichkeit
zu zeigen. Von Gerhard Mack
Dass alte Reiterstatuen ein Land wochenlang
in Atem halten können, hätte niemand
gedacht. Doch dann fegte ein Denkmal-Tsu-
nami über die USA und wurde zu einer Aus-
einandersetzung um Bürgerrechte, weissen
Rassismus, Südstaatenmelancholie und die
neue Rechte unter Donald Trump. Alles
begann im August letzten Jahres. Damals
demonstrierten Anhänger der Alt-Right-Be-
wegung in Charlottesville dagegen, dass eine
Statue des Südstaatengenerals Robert E. Lee
aus einem öffentlichen Park entfernt wird. Er
verkörperte für die einen das Leid der Afro-
amerikaner, den anderen war er ein Symbol
von Tapferkeit und weisser Überlegenheit.
Der Tumult führte zur Demontage von weite-
ren Denkmälern und zu einer landesweiten
Diskussion darüber, wie mit öffentlichen
Symbolen umgegangen werden soll, die
ganze Bevölkerungsschichten verletzen.
Die Welle erreichte auch New York. Bür-
gerrechtsbewegungen forderten die Entfer-
nung umstrittener Statuen, worauf Bürger-
meister de Blasio eine Kommission einsetzte.
Diese befragte Tausende von Bürgern und
fand für vier öffentliche Denkmäler unter-
schiedliche Vorschläge: Eine Reiterstatue
Präsident Roosevelts mit einem Afroameri-
kaner und einem Indianer als Lakaien wird
durch eine Tafel ergänzt, eine Plakette für
den Nazi-Kollaborateur des Vichy-Regimes
Philippe Pétain leicht verändert. Die Statue
des Gynäkologen J. Marion Sims wird vom
Central Park auf den Friedhof verlegt, auf
dem er begraben ist. Er hat seine Erkennt-
nisse an schwarzen Sklavinnen ohne Anäs-
thesie gewonnen. Und die Kolumbus-Säule
wird durch ein Kunstwerk ergänzt, das der
Urbevölkerung gewidmet ist. Keines der
Denkmäler verschwindet im Depot.
Diese Lösung trägt der vielschichtigen
Bedeutung Rechnung, die öffentliche Denk-
mäler im Lauf der Zeit gewinnen: So erinnert
die Kolumbus-Säule nicht nur an den Geno-
zid an den Ureinwohnern, sondern auch an
das Leid italienischer Einwanderer, die für
sie sammelten, obwohl der Ku-Klux-Klan
Jagd auf sie machte. Viel wichtiger ist: Sie ist
ein Statement gegen die Geschichtsverges-
senheit unserer Gegenwart. Wir surfen, kli-
cken und tweeten uns durch den Alltag und
glauben, damit die Welt zu erfassen. Dass
diese dabei auf immer kürzere Zeitspannen
schrumpft, die auch noch mit Belanglosig-
keiten gefüllt werden, entschwindet uns. Es
gab wohl noch keine Kultur, die sich so sehr
von ihrer Geschichte abgeschnitten hat, wie
unsere. Das Social-Media-Zeitalter ist gefan-
gen im Gegenwartstaumel. Die New Yorker
Entscheidung beharrt darauf, dass wir nur
wissen können, wer wir sind, wenn wir
sehen, woher wir kommen. Diese Herkunft
darf durchaus schwierig und widersprüch-
lich sein. Darauf können wir reagieren,
daraus können wir Identität gewinnen. Das
Gespräch, die Ergänzung von Historie sind
dafür probate Mittel. Negierung und Ver-
drängung helfen dagegen nicht weiter.
Theodore Roosevelt mit Lakaien.
70 NZZ am Sonntag 21. Januar 2018

Cinema

KINO
Basel
am SONNtag
Cinedome 1–8 … Fortsetzung
GOLDEN GLOBE
BESTER HAUP TDARSTELLER GARY OLDMAN
®

DRAMA
Hilfe, ich habe meine Eltern geschrumpft
f 2.30/5.30 D
Capitol 1+2 kitag.com Dieses bescheuerte Herz 2.45/8.45 D
Jumanji: Willkommen im Dschungel 1.30/4.45 E/d/f The Commuter 4K: 2.45/5.45/8.45 D
Star Wars: Die letzten Jedi 1.30/4.45/8.15 E/d/f Downsizing 5/8 D
The Commuter 8.15 E/d/f Pitch Perfect 3 5.30 D
kult.kino atelier 1–5 kultkino.ch The Greatest Showman 5.45 D
Darkest Hour – Die dunkelste Stunde 8.15 D
Dokumentarfilm trifftf Theater 11 D Insidious: The Last Key 8.30 D
Kedi: Von Katzen und Menschen 11 Türk/d
Non ho l’età 11 I/d Kinok kinok.ch
Anna Karenina – Vronsky’s Story 11.15 Russ/d/f Gauguin 10.30 F/d
Score: A Film Music Documentary 12.30 E/d Gabriel and the Mountain 12.30 Ov/d/f
Un beau soleil intérieur 12.45 F/d Cherchez la femme 3 F/d
Ernest & Célestine 2 D Viva Maria! 4.45 F/d
Papa Moll 2 Dialekt Anna Karenina – Vronsky’s Story 7 Ov/d/f
Le sens de la fête – C’est la vie 2.10/6.30/9 F/d/f Rex Studio 1–3 kitag.com
Loving Vincent 2.15/6.40/8.40 E/d/f
Gauguin – Voyage de Tahiti 2.30/8.30 F/d Downsizing 2.15/5.15/8.30 E/d/f
Lucky 4/7/9 E/d/f Darkest Hour – Die dunkelste Stunde 2.30/8.30 E/d/f
On Body and Soul 4 Ungar/d/f Papa Moll 2.45 Dialekt
Sami – A Tale from the North 4.15 Ov/d/f C’est la vie – Das Leben ist ein Fest 5.15/8.15 D
Die letzte Pointe 4.30 Dialekt Mord im Orient Express 5.30 D
Maria by Callas 4.40 F/d Scala 1–6 kitag.com
The Killing of a Sacred Deer 6 E/d/f Star Wars: Die letzten Jedi – 3D 1.45/5/8.15 D
Gabriel and the Mountain 6.20 Port/d/f Hot Dog 2/5/8 D
Cherchez la femme 8.50 F/d Jumanji: Willkommen im Dschungel – 3D 2/5.15/8.15 D
kult.kino camera 1+2 kultkino.ch Coco 2.30 D
The Square 11 Ov/d/f Dieses bescheuerte Herz 2.30/5.30/8.30 D
Ôtez-moi d’un doute 11.30/6.15 F/d The Commuter 2.45/8.45 D

“GARY OLDMAN SPIELT ATEMBERAUBEND”

120 BPM 1.30/8.15 F/d Frontaliers Disaster 5.30/8.30 I/d
Darkest Hour 1.45/6/8.30 E/d The Greatest Showman 5.45 D
Köhlernächte
La Novia del Desierto
4.15
4.15
Dial/d
Sp/d/f
Winterthur
Neues Kino neueskinobasel.ch Kiwi Center 1–11 kiwikinos.ch
Coco – 3D 2 D
Keine Vorstellungen Downsizing 2/5/8 D Daily Mail
Pathé Küchlin 1–8 pathe.ch Hot Dog 2.15/5.30/8.15 D
Papa Moll 2.15 Dialekt
Papa Moll
Downsizing
10/12/2
10.10/8.40 E/d/f
Dialekt
3/5.50 D Die letzte Pointe 2.30/6/8.30 Dialekt GA RY O L DM A N I S T W I N S T O N C H U R C H I L L
Darkest Hour – Die dunkelste Stunde 10.20/6 E/d/f 3.20/8.40 D Ferdinand – Geht STIERisch ab! 3D: 2.30 D 2D: 5 D
Ferdinand – Geht STIERisch ab! 2D: 10.20 D 3D: 12.50 D Burg Schreckenstein 2 2.45 D
Simpel 10.20 D Jumanji: Willkommen im Dschungel – 3D 2.45/5.30/8.15 D
Jumanji: Willkommen im Dschungel – 3D 10.45/3.30/8.30 D Pitch Perfect 3 2.45/5.15/8 D
Hilfe, ich habe meine Eltern geschrumpft
f 11/1.15/3.15 D Dieses bescheuerte Herz 3/5.45/8.15 D
Star Wars: Die letzten Jedi – 3D 11.10/8.10 E/d/f 5 D Hilfe, ich habe meine Eltern geschrumpft
f 3 D
Coco 12.45 D Star Wars: Die letzten Jedi 4.45/8 D
Paddington 2 12.55 D C’est la vie – Das Leben ist ein Fest 5/8.30 D
The Commuter 1/5.40 D 8 E/d/f The Greatest Showman 5.30/8.15 D
Pitch Perfect 3 1.20 D Darkest Hour – Die dunkelste Stunde 5.45 D
C’est la vie – Das Leben ist ein Fest 2.20/8.20 D Mord im Orient Express 8 D
Hot Dog 3.15/8.15 D The Commuter 8.30 D
Bolschoi Theater Moskau: Romeo and Julia 4 Ov Kiwi Loge 1–3 kiwikinos.ch
Frontaliers Disaster 4/8.50 I/d Loving Vincent 2.15 D
Mord im Orient Express 5.40 E/d/f Darkest Hour – Die dunkelste Stunde 2.30/5.15/8 E/d/f
The Greatest Showman 6.10 E/d/f C’est la vie – Das Leben ist ein Fest 2.45/5.30/8.15 F/d
Dieses bescheuerte Herz 6.30 D La Novia del Desierto 6.30 Sp/d/f
Rex 1+2 kitag.com Gauguin 8.30 F/d
Downsizing
Hot Dog
The Greatest Showman
2/5/8.30
2.30/9
5.30
E/d/f
D
E/d/f
Maxx 1–6
Downsizing 2/5/8.30
Jumanji: Willkommen im Dschungel – 3D 2/8.30
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JETZT IM KINO
Stadtkino stadtkinobasel.ch Ferdinand 2.15 D
Taste of Cement 1.30 Ov/d Hilfe, ich habe meine Eltern geschrumpft
f 2.15 D
Der Mann aus Marmor 3.15 Poln/d Star Wars: Die letzten Jedi – 3D 2.15/5.30 D
25 degrés en hiver 6.15 F/d Hot Dog 2.30/5.15/8 D
Die Mädchen von Wilko 8 Poln/d The Commuter 5/8.45 D
Darkest Hour – Die dunkelste Stunde 5.30/8.45 D
Bern Frontaliers Disaster 5.30
C’est la vie – Das Leben ist ein Fest 8.45
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Alhambra kitag.com
Star Wars: Die letzten Jedi – 3D
Capitol 1+2
2/5.15/8.30 E/d/f
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Abaton 1–10, a+b kitag.com
Veranstaltungen Kunsthandel
Hot Dog 2.15/5.15/8.15 D Downsizing 2/5/8.15 D
Papa Moll 2.15 Dialekt Jumanji: Willkommen im Dschungel – 3D 2.15/5.15/8.15 D 4DX: 2/5 D
Paddington 2 5.15 D Star Wars: Die letzten Jedi – 3D 2/5.15/8.30 D 5/8.30 E/d/f
The Commuter
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Ferdinand – Geht STIERisch ab!
8.15

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Coco – 3D
Ferdinand
Mord im Orient Express
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Gauguin – Voyage de Tahiti
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Darkest Hour – Die dunkelste Stunde 2.30/5.45/9
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The Greatest Showman 6.10/9 D 6.20 E/d/f Hechtstr. 14 9053 Teufen T 071 333 6008 weinankauf.ch
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IQ6EQBBE0RP1pGom3UxtS4IjCIIQ9DcX7G7DvG_euuaX BvXrZ 2dPlok2QHEn3IkRKpbJGItAq6B8GCE29v7yBigaMnzGEoQ1-D2t9RGe5z-sBPS5e2XIAAAA=</wm>

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C’est la vie – Das Leben ist ein Fest 11/3.45/6/8.40 D The Killing of a Sacred Deer 6 E/d/f
Coco 11/12.30 D Three Billboards outside Ebbing, Missouri 8.30 E/d/f
Star Wars: Die letzten Jedi 2D: 11 D
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Die Dschungelhelden 1 D

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Bolschoi Theater Moskau: Romeo and Julia 4 Ov Hilfe, ich habe meine Eltern geschrumpft
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Zwischen zwei Leben 5.30 D C’est la vie – Das Leben ist ein Fest 2.30/8.30 F/d
TERN IST KALT oder OHLALAHELVETIA von Allan Poe mit Daniel Rohr, Tribute-Band
Simpel
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Mord im Orient Express
6.30
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8.30
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Frontaliers Disaster
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Jumanji: Willkommen im Dschungel 5.30 E/d/f 044 268 66 66, opernhaus.ch spräch Orchester
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Voll verschleiert – Cherchez la Femme
Pitch Perfect 3
5.30
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So 21. Jan, 10.00, Einführunggsmatinee So 28. Jan, 14.00/16.00/18.00/20.00.
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On Body and Soul
11
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Ungar/d/f Corso 1–4
Darkest Hour – Die dunkelste Stunde 2/5/8
kitag.com
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«Idomeneo». 14.00, Emerggence. Cho-
reografien von Crystal Pite und Sol
BERNHARD THEATER Aqquarius 18 - André Despponds mit Noëmi
Hitlers Hollywood 1 D
Papa Moll 2.15 Dialekt 044 268 66 99, bernhard-theater.ch Nadelmann, Elea Nick, Nehrun Aliev,
The Killing of a Sacred Deer
Das Testament des Dr. Mabuse
2.45/8.15
3.15
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D Downsizing 2.30/5.30/8.45 E/d/f León/ Paul Lightfoot. 20.00, L’Heure So 21. Jan, 12.15. Jim Knoppf & Lukas der Samuel Zünd, Rea Claudia Kost,
Dene wos guet geit 5/8.30 Ov/d/f Paddington 2
The Greatest Showman
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5.15/8.15
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esppaggnole/ L’Enfant et les sortilègges. Zwei Lokomotivführer Daniel Fueter, André Desponds
The Square 5.45 Ov/d/f
Avant la fin de l’été 6.30 Ov/d Mord im Orient Express 5.30/8.45 E/d/f Kurzopern von Maurice Ravel 16.00 und 20.00. Der Schwarze Hecht
Splendid 1+2 kitag.com Filmpodium filmpodium.ch Do 25. Jan, 19.30, Ravel/ Strawinskyy. 4. KONZERT
MILLER’S
Ferdinand – 3D 3 D El Lado Oscuro del Corazón 3 Sp/d
The Greatest Showman 3/9 E/d/f Der Gang in die Nacht 6.15 Stumm/d. Zw’titel Philharmonisches Konzert
Sophie’s Choice 8.15 Ov/d/f Fr 26. Jan, 19.00, L’Heure esppaggnole/
TONHALLE-ORCHESTER ZÜRICH
Jumanji: Willkommen im Dschungel – 3D 6/9 D
The Commuter 6 E/d/f Frosch Studio 1+2 kitag.com 044 387 99 79, millers.ch
L’Enfant et les sortilègges. Zwei Kurzopern So 21. Jan, 11.15. Nordische Saggen –
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Houdini 1–5 kinohoudini.ch Sa 27. Jan, 19.00, Emerggence. Choreo- So 21. Jan, 17.00, Johanneskirche am
Anna Karenina – Vronsky’s Story
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E/F/d/f Downsizing 11.30/1.30/4.30/6.30/9.20 E/d/f 17.00. Heute Gemeindeversammlungg – Limmatplatz
Die göttliche Ordnung 11.30 Dial/d Köhlernächte 11.30/2.20/6.40/8.50 Dial/d grafien von Crystal Pite und Sol León/ Eine Komödie von und mit Mike Müller
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Maria by Callas 11.50 E/F/d/f
Downsizing 1.30/5.30/8.20 E/d/f Musikerinnen und Musiker des TOZ
Die letzte Pointe
Papa Moll
1.50
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Dialekt
Dialekt
Avant la fin de l’été
Ferdinand
Papa Moll
12/7/9
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Ov/d
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So 28. Jan, 11.15, Chansons tristes. Brun-
chkonzert. 14.00, Emerggence. Choreo-
THEATER NEUMARKT Schumann,, Schostakowitsch
Loving Vincent 3.30/6.40 E/d/f
Die Dschungelhelden 2.20 D
044 267 64 64, theaterneumarkt.ch Mo 22. Jan, 12.15, Tonhalle Maag
Dene wos guet geit 4 Dial/e
Coco 4.10 D grafien von Crystal Pite und Sol León/ Mo 22. Jan, 20.00, Saal. Unterwerfungg
Lucky 4.40/8.40 E/d/f
Loving Vincent 4.20/7.20/9.30 E/d/f Paul Lightfoot. 20.00, L’Heure esppaggnole/ Extra-Lunchkonzert
C’est la vie – Das Leben ist ein Fest
The Killing of a Sacred Deer
5.50/8.10
8.40
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E/d/f Paddington 2 4.20 D nach Michel Houellebecq Bochabela String Orchestra
Drei Zinnen 4.50 Ov/d/f L’Enfant et les sortilègges. Zwei Kurzopern Mi 24. und Do 25. Jan, 20.00, Saal. Bieder-
Capitol 1–6 kitag.com C’est la vie – Das Leben ist ein Fest 6.40/9.10 F/d
von Maurice Ravel Klaus Christa, Leitung
Ferdinand 2 D Kosmos 1–6 kosmos.ch mann und die Brandstifter von Max Frisch A Tribute to Nelson Mandela
Star Wars: Die letzten Jedi – 3D 2/8.15 E/d/f
THEATER
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Banana Pancakes and the Lonely ... 11.15 Ov/d

C’est la vie – Das Leben ist ein Fest 2.15/8 D Mo 22. Jan, 19.30, Tonhalle Maag
Frontaliers Disaster 2.15/8 I/d Transformance
Das Kongo Tribunal
11.15
11.30
Ov/d
Ov/d/f THEATER RIGIBLICK Série jeunes
Gauguin – Voyage de Tahiti
Hot Dog
Pitch Perfect 3
2.15/8
2.45/5.45/8.45
5
F/d
D
D
Score: A Film Music Documentary
Human Flow
11.30/7
11.45
E/d
E/d/f SCHAUSPIELHAUS ZÜRICH 044 361 80 51, theater-rigiblick.ch TONALi-Trio
The Commuter 5 D I, Claude Monet
Loving Vincent
12
1/8.40
E/d
E/d/f
044 258 77 77, schauspielhaus.ch So 21. Jan, 18.00. Mendocino. Hits aus nextstop:classic, Konzept und
The Greatest Showman 5 D
Downsizing 5.15/8.15 E/d/f C’est la vie – Das Leben ist ein Fest 1.30/6.30/9 F/d So 21. Jan, 11.00, Pfauen. ZKO im Pfauen: den 70er Jahren. Von und mit Daniel Organisation
Papa Moll 1.45 Dialekt
Jumanji: Willkommen im Dschungel – 3D 5.15 D
Menashe 2/6.45 Jidd/d/f Kinderkonzert «Tino Flautino und der Kater Rohr und Dietmar Loeffler. Regie: Tschaikowskyy
Maxx 1–8 kitag.com 120 BPM 2.15/5.45/8.45 F/d Leo». Konzert mit dem Zürcher Kamme- Hansjörg Betschart
Ferdinand – 3D 2 D Downsizing 2.30/5.30/8.30 E/d/f Di 23. Jan, 19.30, Tonhalle Maag
Jumanji: Willkommen im Dschungel – 3D 2/5.15/8.15 D Anna Karenina – Vronsky’s Story 3.15 Russ/d/f rorchester Mo 22. Jan, 20.00. Schönholzer & Rüdisüli Musikkritiker diskutieren über Aufnah-
Coco – 3D 2.15 D Star Wars: The Last Jedi – 3D 3.50 E/d/f
Papa Moll 2.15 Dialekt Gabriel and the Mountain 4 Ov/d/f 19.00, Schiffbau/Box. Weltzustand mit Markus Schönholzer und Robi men und Klangtraditionen.
Hilfe, ich habe meine Eltern geschrumpft
The Commuter
f 2.30/5.30
2.30/8.30
D
D
Paddington 2
The Killing of a Sacred Deer
4
6.15/9.15
D
E/d/f
Davos (Staat 4)) von Rimini Protokoll. Rüdisüli. Quartier-Kultur Kreis 6 Eleonore Büning (FAZ), Wilhelm
Hot Dog 2.45/5.45/8.45 D Detroit 8.55 E/d/f Regie: Rimini Protokoll (Haug, Kaegi) Di 23. Jan, 20.00. Thomas Mann: Der Zau- Sinkovicz (Die Presse) und Christian
Pitch Perfect 3 2.45/8.15 D
Downsizing 5/8 D
Metropol 1+2 kitag.com 19.30, Pfauen/Kammer. DEN SCHLÄCH- berbergg. «Fülle des Wohllauts» Spiel: Wildhagen (NZZ)
Star Wars: Die letzten Jedi – 3D 1.45/5/8.15 E/d/f
Star Wars: Die letzten Jedi – 3D
C’est la vie – Das Leben ist ein Fest
5
5.15
D
D The Commuter 4K: 2.30/5.30/8.30 E/d/f TERN IST KALT oder OHLALAHELVETIA von A. Pelichet. Regie: H. Betschart Do 25./Fr 26. Jan, 19.30, Tonhalle Maag
Darkest Hour – Die dunkelste Stunde 5.30/8.30 D Riffraff 1–4 riffraff.ch Katja Brunner. Regie: Barbara Falter Mi 24. Jan, 20.00. Flüggel. Conférence Sa 27. Jan, 18.30, Tonhalle Maag
Dieses bescheuerte Herz 5.45/8.45 D
Insidious: The Last Key 9 D
Dene wos guet geit
On Body and Soul
12/1.40/3/4.50/7.20/9
12.30/5.40
Dial/e
Ungar/d/e
Mo 22. Jan, 20.00, Pfauen. Der zerbroch- mit Liedern von Thomas Hürlimann. Tonhalle-Orchester Zürich
Moderne kitag.com The Square 12.30/6/8.20 Ov/d/f ne Krugg. Ein Lustspiel von Heinrich von Spiel und Gesang: Rachel Matter. Am Semyon Bychkov, Leitung
Die göttliche Ordnung 12.50 Dial/e
Darkest Hour – Die dunkelste Stunde 2.30/5.30/8.45 E/d/f Sami – A Tale from the North 3 Ov/d/f Kleist. Regie: Barabara Frey. Unter- Flügel: Daniel Fueter Bertrand Chamayou, Klavier
stattkino stattkino.ch Lucky 3.20/5.20/6.30/8.30 E/d/f stützt von der Hans Imholz Stiftung Do 25. Jan, 20.00. Édith Piaf - Petite
Michelangelo: Love and Death 11 Ov/d Pio 3.30 I/d R. Strauss,, Tschaikowskyy
Radiance 6 Jap/d/f Three Billboards outside Ebbing, Missouri 9 E/d/f 20.00, Schiffbau/Box. Weltzustand Grande Dame mit Sylphe, Alexandre Pe-
120 battements par minute 8 F/d Stüssihof 1+2 stuessihof.ch Davos (Staat 4)) von Rimini Protokoll lichet und Sarah Madeleine Kappeler.
Verkehrshaus Filmtheater
Wild Africa – 3D 11/2
filmtheater.ch
D/f/i/e
Gelebte Kunst
Ferdinand – Geht STIERisch ab!
12
1.15
D
D Di 23. Jan, 19.00, Schiffbau/Matchbox. Regie: Anna Justice CAMERATA VARIABILE
Wild America
Wale – 3D
12
1
D/f/i/e
D/f/i/e
Der kleine Vampir
Simpel
1.45
3.45/8
D
D Shut upp von Jan Sobrie und Raven Fr 26. Jan, 20.00. Hommagge an Maurice Konservatorium Zürich, camerata-variabile.ch
Hurricane 3 D/f/i/e Non ho l’età
Noces
4
6
I/d
F/d
Ruëll. Regie: Enrico Beeler. Einfüh- Ravel mit Melina Mandozzi, André Des- Sa 27. Jan, 19.00. Konstellationen
Bolschoi Theater Moskau: Romeo and Julia 4 Ov
All I See Is You 6.15 E/d/f rung 18.15 ponds, Andrea Herdeg, Florian Albin Schumann Klavierquintett, Furrer Spur,
st. Gallen Blade Runner 2049 8.30 E/d/f
19.30, Pfauen/Kammer. DEN SCHLÄCH- Sa 27. Jan, 20.00. Pink Floyyd meets Edggar Bach Kanons, Stockhausen Tierkreis
Cinedome 1–8 kitag.com Xenix xenix.ch
C’est la vie – Das Leben ist ein Fest 2/5.15/8.30 D Taste of Cement 12 Ov/d
Hot Dog 2/5/8 D Der blaue Pfeil 2.15 Dialekt
Jumanji: Willkommen im Dschungel – 3D 2.15/5.15/8.15 D Playing Men 4.30 Ov/e
Papa Moll 2.15 Dialekt Rester vertical 6.30 F/d
Ferdinand – 3D 2.30 D Männer 8.30 D
Ihr Kinoprogramm im Internet: www.movies.ch
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Kultur
Wirmüssenkeine
Bühnefürdeutsche
Streitereienbieten
Die Website «Swiss Propaganda Research» schiesst mit unhaltbaren Behauptungen gegen die hiesigen
Medien und weigert sich offenzulegen, wer dahintersteckt, schreibt Felix E. Müller
D
ie Schweizer Medienrealität sei
«alarmierend». Nein, nicht die
Befürworter der «No Billag»-Initia-
tive fällen dieses vernichtende
Urteil, sondern Forscher, die eine aufwendig
gemachte, um den Eindruck von Seriosität
bemühte Website, Swiss Propaganda
Research (SPR), verantworten. Dabei stehen
nicht etwa die Privatradios oder Lokalzeitun-
gen im Fokus der Untersuchung, sondern
zwei Schwergewichte der Schweizer Medien-
landschaft: die NZZ und das Schweizer Fern-
sehen. Diese würden total einseitig über das
Weltgeschehen berichten, der Nachrichten-
fluss werde systematisch zensuriert. Die NZZ
etwa verbreite in ihren Berichten «überwie-
gend Propaganda der Konfliktparteien USA/
Nato», Gastkommentare und Meinungsbei-
träge gäben «nahezu durchgehend die Sicht
dieser Konfliktpartei wieder». Insgesamt
müsse von einer «einseitigen, selektiv-unkri-
tischen und wenig objektiven Berichterstat-
tung gesprochen werden».
Wer sind nun die Personen, die auf angeb-
lich wissenschaftliche Weise zu so extremen
Befunden gekommen sind? Hier gibt sich die
Website leider wortkarg: Weil die Forscher
nicht Opfer «persönlicher Diffamierungen
und beruflicher Sanktionen» werden möch-
ten, hätten sie beschlossen, «nicht nament-
lich aufzutreten». Das allerdings scheint dem
Interesse an deren Behauptungen nicht zu
schaden. Seit Juli 2017 verzeichnete sie fast
eine halbe Million Besucher, vor allem aus
Deutschland. Nach Angaben von Silvia
Stöber von der deutschen ARD, die sich mit
dem Phänomen alternativer Medien beschäf-
tigt, habe SPR im September einen Aufmerk-
samkeitsschub erlebt, der wohl mit der
Publikation des Buchs «Lügen die Medien?»
zusammenhänge. In dieser Propaganda-
schrift sind die SPR-Forscher ebenfalls mit
einem Text vertreten, wiederum anonym.
Geht man die Autorenliste des gut verkauf-
ten Werks aber durch, stösst man auf einen
in der Schweiz bekannten Namen: Daniele
Ganser.
Die ARD-Journalistin Stöber meint denn
auch, dass Ganser hinter der Website Swiss
Propaganda Research stehen könnte. Dieser
Friedensforscher und Verschwörungstheore-
tiker – Ganser bezweifelt etwa, dass 9/11
wirklich ein Werk von Usama bin Ladin war
– ist seit seinem umstrittenen Auftritt in der
«Arena» vom 24. Februar 2017 schweizweit
bekannt. In dieser Sendung ging es unter
dem Titel «Trumps Krieg» um Themen wie
Mainstream-Medien, Fake-News und Lügen-
presse. Es sind dies Vorwürfe gegenüber den
etablierten Medien, die in den USA Donald
Trump und in Deutschland vor allem die AfD
erheben. In die gleiche Kerbe haut Swiss
Propaganda Research, indem es die Schwei-
zer Medien als Lakaien im Dienst der USA
und der Nato hinstellt. Diese Auffassung
vertritt auch Daniele Ganser. Zwar erklärt
Ganser: «Nein, ich bin nicht Swiss Propa-
ganda Research. Ich weiss nicht, wer es ist.»
Doch fügt er an: «Ich finde deren Arbeit aber
spannend.» Diese Einschätzung überrascht
nicht, wer Gansers publizistisches Wirken
verfolgt. Es geht fast immer darum, den
Westen der Lüge zu bezichtigen und mora-
lisch auf die gleiche Ebene wie Russland zu
stellen, was im Ergebnis den politischen
Absichten Putins hilft.
In der Szene der alternativen
Medien in Deutschland ist Ganser
eine bekannte Figur. Eine ganze
Boutique-Publizistik à la Breitbart
hat sich dort in den letzten
Jahren entwickelt, mit Web-
sites, die KenFM heissen oder
Rubikon, wo er im Beirat sitzt.
Mächtig Auftrieb erhielt diese
Bewegung durch die Flüchtlings-
krise des Jahres 2015, bei der in
den deutschen Medien anfangs
Kritisches tatsächlich ziemlich rar
war. Es waren die Sympathisanten
der AfD, welche auf diese Bericht-
erstattung mit dem historisch belas-
teten Schlagwort «Lügenpresse»
reagierten. Doch auch von ganz ande-
rer Seite, etwa aus dem Lager der Russ-
landfreunde oder EU-Gegner, sind ähnliche
Töne zu vernehmen. Das Raffinement dieser
Begrifflichkeit liegt darin, dass sich die Kriti-
ker der Mainstream-Medien so als Aufklärer,
als Vertreter des Meinungspluralismus zu
inszenieren vermögen – oder als Opfer, die
wegen ihrer abweichenden Meinungen tot-
geschwiegen oder gar diffamiert würden.
Für deutsche Anhänger dieses Weltbilds
liegt die Schlussfolgerung nahe, die Situation
in der Schweiz könne wohl nicht viel anders
sein. Dass nun aus diesen Kreisen eine raffi-
niert gemachte, aufwendig gestaltete Web-
site unter dem Titel «Swiss Propaganda
Research» lanciert wird, heisst, dass eine
heftig tobende deutsche Debatte endlich in
die Schweiz exportiert werden soll.
Ä
hnliche Mechanismen lassen sich
im Fall Franziska Schutzbach beob-
achten. Die aus Deutschland stam-
mende Genderforscherin der Uni-
versität Basel schlug in einem Artikel vor,
rechte Politiker – insbesondere solche der
SVP – systematisch auszugrenzen: Taxi-
firmen sollten diese nicht mehr befördern,
Airlines ihnen keine Sitze mehr verkaufen,
Hotels keine Versammlungsräume mehr zur
Verfügung stellen. Mit andern Worten: Jeder
Versuch sei zu unterbinden, mit SVP-Vertre-
tern in eine Diskussion zu treten. Vielmehr
müssten diese konsequent ausgegrenzt
werden. Als die «Basler Zeitung» diesen Text
einer breiteren Öffentlichkeit zur Kenntnis
brachte, sah sich Schutzbach darauf vor
allem aus SVP-Kreisen hart attackiert. Sie
rechtfertigte sich damit, es habe sich um eine
«gedankliche Spielerei» gehandelt, «ohne
den Anspruch, richtigzuliegen». Nicht
bedacht hat sie offenbar, dass sich künftig
natürlich auch jeder rechtsradikale Pamphle-
tist auf diese intellektuell etwas bescheidene
Verteidigungslinie zurückziehen könnte.
Schutzbach gehört zu den Herausgeberin-
nen der Online-Plattform «Geschichte der
Arbeitet mit historisch belasteten
Klischees: Grafik auf der Website von
«Swiss Propaganda Research».
Die Schweiz ist nicht
Deutschland. Wer sie
mit Denkmustern aus
Deutschland zu
verstehen sucht, landet
auf dem Holzweg.
71
Gegenwart». Sie gründete diese mit den an
der Universität Zürich lehrenden Professoren
Svenja Goltermann und Philipp Sarasin, die
beide in einen Rechtsstreit mit der «Welt-
woche» verwickelt waren, der mit der Verur-
teilung von «Weltwoche»-Redaktor Philipp
Gut wegen Persönlichkeitsverletzung
endete. Seither stehen beide Lager in einer
Dauerfehde. Auf dem Höhepunkt der
Schutzbach-Kontroverse publizierte denn
auch «Geschichte der Gegenwart» einen
«Aufruf zur Verteidigung der Wissenschaf-
ten», weil in der Schweiz «demokratische
unabhängige Institutionen wie die Universi-
tät finanziell und ideell immer mehr unter
Druck gesetzt» würden. Dies zeigten etwa
die «gezielten Kampagnen seitens SVP-naher
Medien gegen kritische Wissenschaftlerin-
nen». Speziell erwähnt werden angebliche
Attacken «insbesondere auf die Geschlech-
terforschung» in der NZZ und der «NZZ am
Sonntag». Was Letztere betrifft, scheint aller-
dings eine peinliche Verwechslung vorzulie-
gen, werden in der Folge doch nur Beispiele
aus der «Sonntags-Zeitung» genannt, die bei
Tamedia erscheint.
I
n unserem Zusammenhang ist aber
etwas anderes augenfällig: Schutzbach
wie Goltermann und andere deutsche
Wissenschafter (etwa Kijan Espahangizi,
Geschäftsführer des Zentrums Geschichte
des Wissens von ETH und Universität Zürich)
begehen den Fehler, die Verhältnisse in
Deutschland eins zu eins auf die Schweiz zu
übertragen. Doch die Schweiz ist nicht
Deutschland; sie hat nur schon eine radikal
andere Geschichte. Wer die Schweiz mit
Denkmustern aus Deutschland zu verstehen
sucht, landet auf dem Holzweg. Die SVP etwa
ist nicht einfach ein Abziehbild der AfD, son-
dern eine seit 100 Jahren bestehende Organi-
sation mit zwei Vertretern in der Landes-
regierung und Exekutivpolitikern in vielen
Kantonen, was sie deutlich vom schrillen
Haufen der AfD-Protestpartei unterscheidet.
Zudem geniessen die Medien in der
Schweiz eine vergleichsweise gute Akzep-
tanz; das Jahrbuch «Qualität der Medien»
spricht gar von einem hohen Vertrauen. Die
«No Billag»-Debatte wird ja auch nicht mit
primär inhaltlichen Argumenten geführt,
sondern auf der Achse Freiheit contra
Zwang. Linards Udris von der Forschungs-
stelle «Öffentlichkeit und Gesellschaft» an
der Universität Zürich begründet dies auch
damit, «dass in den meisten Medientiteln
keine Partei systematisch und regelmässig
über die Zeit hinweg auffallend bevorzugt
wird». Dies dürfte ein Grund sein, weshalb in
der Schweiz im Unterschied zu Deutschland
kaum ein Biotop von alternativen Medien
existiert und solche Angebote aus Deutsch-
land in der Schweiz auf wenig Resonanz
stossen. So werden zwar gemäss den vor-
herrschenden kulturellen Einflusskanälen
auf der Schweizer Bühne Debatten ausgetra-
gen, die in Deutschland konzipiert worden
sind. Aber die breite Masse des Publikums
erreicht man damit offensichtlich nicht.
 Tipps
Musik und Theater
Ein Leben zwischen Kinderzimmer und Schlachthaus: Rachel Nicholls als Elektra.
Kaltes Blut
Oper ★★★★✩
Richard Strauss: Elektra.
Theater Basel, bis 23. 4.
Das Blut fliesst im Finale in
Strömen von den Wänden. Aber
selbst wenn damit vorher Hände,
Wangen und Kleider beschmiert
werden, bleibt es in dieser Regie
von Richard Strauss’ Oper
«Elektra» etwas Abstraktes,
etwas Kaltes. Nicht einmal die
Tierkadaver, die zum Auftritt von
Klytämnestra (grandios: Ursula
Hesse von den Steinen) in den
Bühnenraum fallen, ändern das.
Im Gegenteil merkt man gerade
daran, dass hier dick aufgetragen
wird. Und doch stimmt in dieser
Inszenierung des Schweizers
Spur des Terrors
Bücher
Roman
Fernando Aramburu: Patria. Aus
dem Spanischen von Willi Zur-
brüggen. Rowohlt, Reinbek 2018,
766 S., Fr. 37.90.
Dieser Roman ist ein Ereignis. Er
stammt vom spanischen Autor
Fernando Aramburu. In der
Kritik seiner Heimat wurde er
gefeiert und mit den höchsten
Preisen bedacht. Zu Recht, wie
die vom Schweizer Willi Zur-
brüggen, der seit langem in
Heidelberg lebt, vorzüglich
übersetzte Ausgabe, die seit
wenigen Tagen vorliegt, ein-
drücklich beweist. Wir begegnen
zunächst einer trauernden Frau.
Bittori sitzt am Grab ihres
Mannes Txato, der vor mehr als
zwanzig Jahren von Terroristen
erschossen wurde. Nun will sie
herausfinden, was damals wirk-
lich geschehen ist. Die Rückkehr
der Frau in ihren Heimatort
alarmiert die Nachbarschaft. Wo
sie Freundinnen zu haben
glaubte, begegnet sie nur noch
eisiger Feindschaft. Was ist da
geschehen? Fernando Arambu-
ru, der 1959 im Baskenland
geboren wurde und seit drei
Jahrzehnten in Hannover lebt,
aber nach wie vor in der Sprache
seiner Heimat schreibt, legt mit
«Patria» einen eindrücklichen,
spannenden und beklemmen-
den Roman vor. Schuld und die
prekäre Möglichkeit der Ver-
gebung sind seine grossen
Themen. Kein einfaches Buch,
gewiss. Aber doch eines, das
uns in seinen Bann zieht
und das wir nicht aus der
Hand legen können, bis
wir nach ungezählten
Lesestunden auf der
letzten Seite angelangt
sind. Höchste Zeit,
dass dieser
bedeu-
tende,
von
Mario
Vargas
David Bösch und seines Bühnen-
bildners Patrick Bannwart (unter
Mitarbeit von Maria Wolgast)
viel: Die Protagonisten sind sanft,
aber klug charakterisiert, nie-
mand ist überzeichnet. Stereo-
type oder, besser gesagt: Alt-
bekanntes gibt es aber durchaus.
Warum auch nicht, sind diese
Figuren doch von Strauss und
Hugo von Hofmannsthal so
klar angelegt. Wenn dann aber
Orest (eindrücklich: Michael
Kupfer-Radecky) und Elektra
(zurückhaltend, dann famos
aufdrehend: Rachel Nicholls),
erschöpft vom dunklen Leben
und von den blutigen Rache-
träumen, auf den Kinderstühl-
chen Platz nehmen, wo sie
einst vergnügt von der Zukunft
träumten, ist klar, wie viel Liebe
diese zwei verbindet.
Llosa hochgelobte Autor bei uns
bekannt wird – zumal er hierzu-
lande noch kaum wahrgenom-
men worden ist. (pap.)
Prinzipienfrei
Kinderbuch
Barbro Lindgren: Loranga. Illus-
trationen: Kai Würbs. Aus dem
Schwedischen von Maike Dörries.
Woow Books, Hamburg 2017.
236S., Fr. 21.90 (ab 8 J).
Eine ernsthafte Alternative zur
«vaterlosen Gesellschaft» zeigt
dieser Kinderroman nicht. Und
Von Bangladesh
kann der Westen
viel lernen
Bengal Stream, hrsg. v. N. Graber
Christoph-Merian-Verlag, Basel
2018. 448 S., 400 Abb., Fr. 69.–.
Ausstellung: SAM Basel, bis 6. 5.
SANDRA THEN
Dirigent Erik Nielsen will mit
seinem Orchester nicht überwäl-
tigen, keine Sinfonie mit Stim-
men schaffen. Und so zeichnet
er die Partitur bisweilen unheim-
lich sanft und dient den Sängern.
Doch wer die Obertitel nicht
mitliest, versteht vom Gesang
dennoch nur wenig.
Es ist ein Abend, der bestens
ins Konzept des bald scheiden-
den Theaterdirektors Andreas
Beck passt: Oper lässt er klas-
sisch-modern spielen. Von
Basel war man anderes gewohnt,
es unterschied sich in seiner
Modernität immer wieder von
Zürich. Der Fokus von Beck liegt
beim Sprechtheater, und somit
ist es folgerichtig, wenn er 2019
an eine grosse Schauspielbühne,
ans Residenztheater München,
wechselt. Christian Berzins
doch entstammt er der Zeit, in
der Alexander Mitscherlich den
Blick auf die Vaterrolle mitge-
prägt hat. So könnte man inter-
pretieren, dass der Nonkonfor-
mismus «des besten Papa der
Welt» eine typische Utopie der
sechziger Jahre sei. Oder man
könnte die schräge Vater-Sohn-
Geschichte als Umsetzung des
damaligen Slogans «Phantasie
an die Macht» loben. Jede Ein-
bindung dieser Art wäre jedoch
eine falsche Beschränkung,
denn Masarins Papa ist die
Verweigerung jedes Prinzips
ausser des spontanen Unsinns.
Während klassischer Nonsens
Das Bürgerzentrum liegt in
einer ländlichen Region Bangla-
deshs, die Überschwemmungen
und Erdbeben ausgesetzt ist.
Überdies ist der Boden nicht für
schwere Bauten geeignet. Die
Architekten orientierten sich an
alten buddhistischen Klöstern
und entwarfen ein Geflecht aus
offenen und geschlossenen
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Pop, Rock, Jazz
STEVEN HABERLAND / ACT
Kurz und knapp
Theater Triumph ★★★★★
Typisch Theater Neumarkt:
2017 ist Robert Menasses viel-
gelobter Brüssel-Roman «Die
Hauptstadt» erschienen – jetzt
schon ist er in einer Regie von
Tom Kühnel auf der Zürcher
Bühne. Jene, die den Roman
erst auf ihrem Nachttisch lie-
gen haben, müssen sich nicht
sorgen: Das ist ein Theater-
abend, der für sich spricht.
Und er tut das so verspielt, bil-
derreich, anklagend und wort- Souverän: Joachim Kühns (M.) Trio.
stark, dass die dreistündige
Aufführung nicht eine Sekunde
durchhängt. Geschildert wer-
den nicht nur die EU-Beamten- Fesselnder Dialog
Mühlen, die da schleppend
mahlen, sondern eingebaut Joachim Kühn New Trio: Love & Peace.
und verzahnt wird das men- Act Records. Musikvertrieb. Erscheint
schelnde Kommissionsleben am 26. 1.
auch mit einem dunkelschwar-
zen Krimi: Ein Kapuze tragen- Der 1944 in Leipzig geborene Jazzpianist
der Auftragsmörder schleicht Joachim Kühn ist immer wieder für Über-
durch den Abend. Überaus fas-
zinierend, wie man auf einer
raschungen gut. Für seine neue CD hat er
sich mit zwei Musikern zusammengetan, die
blanken Spielfläche dank auf über dreissig Jahre jünger sind als er: mit
den Boden projizierten Videos Chris Jennings am Bass und Eric Schaefer am
von einer Szene in die nächste Schlagzeug. Das Trio-Album überzeugt und
hüpft und wie unglaublich beglückt – dem Allerweltstitel zum Trotz.
agil das Ensemble agiert. Ein «Love & Peace»: Das klingt freilich ein wenig
Triumph. (bez.) nach Gefühligkeit, voreiliger Versöhnung
und «Weltmusik», nachdem schon der Erst-
ling des Trios, «Beauty & Truth», sich pathe-
BARBARA BRAUN / MUTPHOTO
tisch genug angekündigt hatte.
Doch die Musik tappt nicht in die Kitsch-
falle. Umsichtig und neugierig disponiert
Kühn seine Themen. Er spielt sowohl eigene
Kompositionen als auch je eine seiner beiden
Mitstreiter. Hinzu kommen drei ganz unter-
schiedliche Funde: Modest Mussorgskis «Le
Vieux Château» (aus den «Bildern einer Aus-
stellung»), «The Crystal Ship» aus dem legen-
dären Debütalbum der Doors vom Januar
1967 und «Night Plans» von Ornette Cole-
Verspielt und bilderreich. man, einem Musiker, mit dem der Deutsche,
der seit vielen Jahren auf einer Finca in Ibiza
sowie in Paris lebt, seinerzeit intensiv zu-
sammengearbeitet hat. Dieses berühmte
Stück geht Kühn wie seinen eigenen Klassi-
eine eigene Logik entwickelt, ker «Phrasen» auf ganz neue Weise an.
ist Papa Loranga einfach nur Er spielt hier einmal mehr seine Souverä-
chaotisch; chaotischer als Kin- nität aus. Perlende Läufe wechseln ab mit
der, weil kein Erwachsener ihn insistierenden Ostinato-Figuren. Besonders
in die Schranken weist. Die Ab- berückend ist die kleine, auf einem Flug
folge komischer Episoden läuft zwischen den beiden Städten entstandene
denn auch Gefahr, Opfer der Komposition «Barcelona – Wien». Kühn hat,
eigenen Freiheit zu werden. wie die Liner Notes treffend festhalten, die
Aber im Umfeld pädagogisch Jazzgeschichte im Rücken, aber den Blick
strukturierter Abenteuer möchte stets nach vorne gerichtet. Seine Ausbildung
man diese Beliebigkeit nur fei- im klassischen Fach, die ihn zur Konzertreife
ern. Dass nun der junge Woow- führte, bevor er sich unter den Fittichen
Verlag das Buch von Barbro seines älteren Bruders, des Klarinettisten
Lindgren neu anbietet, ist kein Rolf Kühn, dem Jazz zuwandte, hat er nicht
Zufall: Sein Gründer ist als Ver- vergessen.
legerkind im Oetinger-Verlag Schon 1966, als 22-Jähriger, kehrte er der
damit aufgewachsen. DDR den Rücken, lebte in der BRD, dann in
Hans ten Doornkaat Frankreich und in Kalifornien. In den 1970er
Jahren war er an der Seite von Jean-Luc
Ponty, Philip Catherine, Billy Cobham und
etlichen anderen eine prägende Figur im
CMV / IWAN BAAN
Jazzrock, bevor er sich Mitte der 1980er dem
Trioformat zuwandte – und mit Daniel Hu-
mair am Schlagzeug sowie Jean-François
Jenny-Clark am Bass stilbildend wirkte.
Wie diese sind auch seine beiden neuen
Partner weit mehr als blosse Begleiter. Sie
suchen und finden den Dialog mit dem Alt-
meister. Wach, alert und immer wieder uner-
wartet agieren sie, dass es eine Freude ist.
Manfred Papst
Kurz und knapp
The Mutual Admiration Society. Mascot
Music Productions/Musikvertrieb.
Hinter dem selbstironischen Titel dieser All-
Star-Band, die Sterling Ball, John Ferraro
und Jim Cox zusammengestellt haben, ver-
bergen sich etliche prominente Namen aus
Rock & Blues: beispielsweise Steve Lukather
(Toto), Steve Morse (Deep Purple), Albert
Lee und Steve Vai. Musik wie eine Grillparty
für verschworene Kumpel. (pap.)
Bernard Allison: Let it Go. Ruf Records/
MV. Erscheint am 2. 2.
Räumen, die mit lokalen Mate-
rialien gefertigt sind, natürliche
Der Gitarrist und Sänger Bernard Allison ist
das jüngste der neun Kinder von Luther Alli-
Kühlung und viel Abwechslung son (1939–1997). Dieser war ein Genie. Das
bieten. Dies alles zeichnet die
60 Bauten aus, mit denen der
ist sein Benjamin nicht. Dafür fehlt ihm die
mächtige Stimme. Ein grundsolider und
Band das bisher nur als Elends- konstanter Musiker ist der 1965 in Chicago
region bekannte Land vorstellt. geborene Crack aber allemal. Auf den Mann,
Von ihnen kann westliche Archi- der mit seinen Rastas an seine afrikanischen
tektur lernen, die Fotos Iwan Wurzeln erinnert, ist Verlass. (pap.)
Baans sind grossartig. (gm.)

Kino
Nathan (Arnaud Valois, Mitte) demonstriert mit Freunden für Akzeptanz von Aids-Kranken.
Kampf für die
Akzeptanz von
Aids-Kranken
120 battements par minute
★★★★✩
Frankreich, 140 Min. Regie:
Robin Campillo. Mit Adèle
Haenel, Arnaud Valois u. a.
Mit diesem ergreifenden Ensem-
blefilm verneigt sich Regisseur
Robin Campillo vor den Aktivis-
ten der Gruppe Act-Up, die An-
fang der neunziger Jahre mit
Demonstrationen sowie Beset-
zungen von Schulhäusern und
Spitälern in Paris auf die grassie-
rende Aids-Epidemie aufmerk-
sam machten. Ihre wichtigste
Forderung war, dass mehr Geld
in die Forschung investiert wer-
den soll, damit es bessere Medi-
kamente gibt.
Campillo gehörte ebenfalls
zu den Aktivisten, plante schon
lange, einen Film über sie zu
drehen, hatte aber Angst, sich
Er ist wieder da
Home Cinema
Serie ★★★✩✩
My Next Guest Needs No
Introduction. USA 2017. Von und
mit David Letterman.
Das Publikum springt johlend
von seinen Sitzen auf, als Barack
Obama die Bühne betritt und
sich David Letterman gegenüber
in den Sessel fallen lässt. Der
ehemalige Präsident ist der erste
Gast in der neuen Sendung des
ehemaligen Talkmasters der
«Late Show». Hier sitzen sich
zwei gegenüber, die sich auf der
Bühne wohl fühlen. Natürlich
will man unbedingt wissen, was
Obama über seinen Nachfolger
denkt. Er nennt dessen Namen
zwar nie, kommentiert aber
indirekt. Zum Beispiel, wenn er
Ein Fall von
TV
Selbstjustiz
Prisoners
SRF zwei/22.05/Psychothriller
In einer Kleinstadt in Pennsylva-
nia feiern die Familien Dover
und Birch Thanksgiving. Die
Stimmung ist ausgelassen, und
die Kinder spielen miteinander.
Die beiden jüngeren Mädchen
begeben sich später ein paar
Häuserzeilen entfernt von ihrem
Zuhause auf die Suche nach
einer verschollenen Trillerpfeife.
Von hier aber kehren sie nicht
wieder zurück. Beide Mäd-
chen sind spurlos ver-
schwunden. Für die beiden
Familien bricht eine Welt
zusammen. Sofort leitet
der junge Detective Loki
(Jake Gyllenhaal) eine
umfassende Suchaktion
dem Schmerz noch einmal zu
stellen. Mehr als zwanzig Jahre
später hat er den Mut gefunden,
seine Erlebnisse zu einem
anwaltschaftlichen Befindlich-
keitsdrama zu verarbeiten.
Wir lernen die Aktivisten bei
ihren basisdemokratischen Tref-
fen kennen, die oft von Sophie
(Adèle Haenel) moderiert wer-
den. Sie finden in einem Hörsaal
statt, daran nehmen Schwule,
Lesben, Angehörige von Aids-
Kranken sowie Sympathisanten
teil. Jeder darf das Wort ergrei-
fen, Zustimmung drücken die
Aktivisten durch Fingerschnip-
pen aus. Oft fliegen die Fetzen,
Regisseur Robin Campillo, 55.
über das Amt seiner Frau sagt:
«Von der First Lady erwartet
man, dass sie sich in die Diskus-
sion um die wichtigsten Themen
einmischt. Michelle musste
herausfinden, wie sie diese
Macht am besten nutzt.» Da fragt
man sich, wann die aktuelle First
Lady sich zuletzt für irgendwas
engagiert hat. Als Letterman
wissen will, ob Aussenstehende,
die Wahlen manipulieren, ge-
fährlicher seien für eine Demo-
kratie oder ein Herrscher, der
dies kleinredet, zitiert Obama
einen Senator: «Jeder hat ein
Recht auf seine eigene Meinung,
aber nicht auf eigene Fakten.»
Weil das Gespräch geschnitten
ist, gibt es störend abrupte The-
menwechsel. Von Fake-News zu
Obamas Töchtern, zu seiner
Kindheit, zur Bedeutung von
John Lewis für seine Karriere.
ein. Doch die Mädchen tauchen
nicht wieder auf. Es verdichten
sich die Hinweise auf eine Ent-
führung, und dabei gerät ein ver-
dächtiges Wohnmobil in den
Fokus der Ermittler. Als es aufge-
funden wird, versucht der Fahrer
zu flüchten und macht sich so
erst recht verdächtig. Nach-
gewiesen werden kann dem
geistig zurückgebliebenen Alex
Jones (Paul Dano) allerdings
nichts, und so muss er nach zwei
Tagen wieder auf freien Fuss
gesetzt werden. Keller Dover
(Hugh Jackman, Foto), Vater
eines der Mädchen, kann nicht
fassen, dass der Hauptverdächti-
ge nicht in Haft bleibt. Als Alex
ihm bei der Freilassung dann
auch noch – ohne dass es die
anderen hören – «sie haben nicht
geweint» zuflüstert, verliert der
verzweifelte Vater endgültig die
Fassung. Er beschliesst, die Sache
selbst in die Hand zu nehmen.
weil sich die Versammelten nicht
einig sind, ob man jetzt inner-
halb der Legalität bleiben oder
sie verlassen soll.
Während Campillo anfangs
das Kollektiv und dessen Ziel
im Blick hat, fokussiert er ab
der Hälfte seines 140 Minuten
langen Dramas auf das Schicksal
des jungen Sean (Nahuel Pérez
Biscayart), eines flamboyanten
Schwulen voller Lebensfreude,
der schwer krank ist und sich
gegen Ende seines Lebens sogar
der Zuneigung seines Freundes
Nathan (Arnaud Valois) entzieht.
Der Film zeigt den Kampf der
Aktivisten, aber auch ihre
Lebensfreude und suspendiert
die Handlung oft während eines
Songs, der die Gefühlslage der
Figuren ausdrückt, etwa, wenn
Sean und seine Weggefährten
an der Gay-Pride ausgelassen
feiern. «Danser = vivre» lautete
einer der Leitsprüche von Act-
Up. Er weicht aber auch dem Tod
nicht aus. Ein anrührender Film,
nach dem man das Kino leise
verlässt. Christian Jungen
Lewis initiierte 1965 die Märsche
von Selma nach Montgomery,
gegen die die Polizei gewaltsam
vorging. Das eingespielte Foo-
tage-Material zeigt, was damals
geschah. Das erinnert an Char-
lottesville und Trump, der es
nicht fertigbrachte, diese rechts-
Barack Obama ist David Lettermans Lieblingspräsident.
Tipps des Tages
Tatort: Bausünden
SRF 1/20.05/Krimireihe
Die Kölner Hauptkommissare
Max Ballauf (Klaus J. Behrendt)
und Freddy Schenk (Dietmar
Bär) kommen mit der dunklen
Seite der Baubranche in Kontakt.
Guardians of the Galaxy
SRF zwei/20.05/Actionfilm
Peter Quill (Chris Pratt) ist Welt-
raumbandit. Er verbündet sich
mit den Kopfgeldjägern Rocket,
Groot und mit Gamora und Drax,
um das Universum zu beschützen.
Das grenzt an Liebe
ORF 1/20.15/Komödie
Als er sich um seine kleine Enkelin
kümmern muss, braucht der ego-
zentrische Oren Little (M. Douglas)
die Hilfe seiner Nachbarin.
Kurz und knapp
Dieses bescheuerte Herz
★★★✩✩
Studienabbrecher Lenny
(Elyas M’Barek) wird von
seinem Vater gezwungen, sich
um einen 15-Jährigen (Philip
Schwarz) mit Herzfehler zu
kümmern. M’Barek macht
in dieser berührenden Tragi-
komödie nach einer wahren
Begebenheit mit Charme Dreh-
buchschwächen wett. (dbc.)
Darkest Hour ★★★★✩
Gary Oldman verkörpert bril-
lant Premier Winston Churchill,
wie er im Mai 1940, als der
Einmarsch der Nazis drohte
und viele seiner Landsleute
bei Dünkirchen eingekesselt
waren, um die richtigen Ent-
scheide ringt. Britische Schau-
spielkunst at its best. (dbc.)
Un beau soleil intérieur
★★★★✩
Juliette Binoche spielt eine
Künstlerin in Paris, die beruflich
Erfolg hat, aber in der Liebe
immer an die Falschen gerät.
Eine depressive Comédie
humaine über die Schwierig-
keit von Sex und Glück im
Alter, von Claire Denis magis-
tral inszeniert. (cj.)
Frontaliers Disaster
★★★✩✩
Ein Tessiner Zöllner (Paolo
Guglielmoni) und ein italieni-
scher Grenzgänger (Flavio
Sala) mögen sich nicht, müssen
aber im Kampf gegen
die Mafia zusam-
menspannen. Tes-
siner Hitkomödie,
die das schwierige
Verhältnis zwischen
Tessinern und Italie-
nern auf die
Schippe
nimmt.
(cj.)
extreme Gewalt zu verurteilen.
«Sie waren der erste und bis jetzt
einzige Präsident, den ich voll-
kommen respektiert habe», sagt
Letterman zum Abschied. Man
selber fügt stumm hinzu: Wir
werden Sie weiterhin vermissen,
Mr. President. Denise Bucher
Katie Fforde:
Mama allein zu Haus
ZDF/20.15/TV-Romanze
Die Schulpsychologin Lydia
(Gesine Cukrowski) hat ein
Problem: Ihre Tochter Holly
(Emilia Bernsdorf) möchte mit
einem schwierigen Patienten
verreisen.
Cukrowski (l.) und Bernsdorf.
73
Hunde und
Hähne im
Nachbarort
Zugabe
Manfred Papst
A
ls «aller Rotten-
meister Gaukel-
sack» bezeichnete
Martin Luther
einst die Offenba-
rung des Johan-
nes. Ernst Bloch hat die markige
Wendung gern zitiert. Die «Apo-
kalypse» ist ein vergleichsweise
kurzer, dunkler und bildkräftiger
Text – mithin ein Tummelfeld
für Übersetzer und Deuter.
Diese Eigenschaften teilt er
mit dem «Daodejing» von Laozi,
älteren Generationen besser
bekannt als «Tao-Te-King» von
Lao-Tse, einem chinesischen
Text, dessen Autorschaft nicht
gesichert ist und der irgendwann
zwischen dem achten und ersten
vorchristlichen Jahrhundert
entstanden sein soll. 81 kurze
Kapitel, auch sie eine Einladung
für Philologen, Nachdufter und
Zerdeutscher jeglicher Couleur.
Ich habe im Lauf der Jahrzehnte
einige Dutzend Übertragungen
des Werks gesammelt und als
gelernter, wenn auch mässig
begabter Sinologe immer wieder
ein bisschen im Original herum-
buchstabiert.
Unlängst ist mir ein Bändchen
in die Hände gefallen, das jüngst
bei C. H. Beck in München,
einem meiner Lieblingsverlage,
erschienen ist. Es stammt von
Jan Philipp Reemtsma, der auf
dem Klappentext als «Geschäfts-
führender Vorstand der Hambur-
ger Stiftung zur Förderung von
Wissenschaft und Kultur und
Professor für Neuere Deutsche
Literatur an der Universität
Hamburg» vorgestellt wird.
Deutsch genug! Obwohl man ihn
ja nicht mehr vorstellen muss.
Blickpunkt Seit er Arno Schmidt mit aller
Kraft in den Olymp gestemmt
Mario hat. Seit er entführt und befreit
Testino wurde. Seit er der Welt bewiesen
hat, dass er über Christoph
Der 63-jährige Martin Wieland genauso elo-
Fotograf wird laut quente Bücher schreiben kann
«New York Times» wie über Muhammad Ali.
von 13 männlichen Und nun also noch der grosse
Models beschuldigt, alte Chinese. Musste das sein?
sie sexuell belästigt Ich meine nicht. Als Beispiel
zu haben. Ein Assis- führe ich lediglich das Kapitel 80
tent bezeichnete an, einen Entwurf des idealen
Testino als «sexuel- Staates in nuce: Klein soll er sein,
les Raubtier». Werke spärlich bevölkert von Men-
des Fotografen sind schen, die nicht in die Ferne
in Museen zu sehen, schweifen, die zwar über Schiffe,
zuletzt in der New- Wagen und Waffen verfügen,
ton-Stiftung Berlin. aber keinen Grund dafür sehen,
Ähnliche Vorwürfe sie einzusetzen. Die Nachbar-
gibt es gegenüber länder mögen in Sehweite
Bruce Weber. Der liegen, man hört die Hunde und
Verlag Condé Nast Hähne; doch hat man einander
teilte mit, dass er mit bis ins höchste Alter nie besucht.
beiden Fotografen Welch ein wunderbares Bild!
nicht mehr arbeiten Reemtsma vermurkst es mit
wolle. Diese wiesen folgenden Worten: «Aber von der
über ihre Anwälte Wiege bis zur Bahre meide man
die Anschuldigun- die anderen!» Die anders konno-
gen zurück. (gm.) tierten Begriffe Wiege und Bahre
kommen im chinesischen Text
nicht vor. Und es geht eben
gerade nicht ums «Meiden», das
einen aktiven und feindseligen
Akt bezeichnet, sondern um ein
friedliches Für-sich-Bleiben. Um
einen freundlichen Regionalis-
mus, der in unseren Zeiten der
Beschleunigung sämtlicher
Lebensverhältnisse und der
besinnungslosen Globalisierung
ein Modell für eine bessere
Zukunft sein könnte. Auch wenn
wir nicht, wie der Weise rät, bei
der Knotenschrift bleiben.
Wetter
NZZ am Sonntag 21. Januar 2018

Wetterprognose Aussichten für kommende Woche

Alpennordseite Aussichten bis Sonntag:

Schaffhausen Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag Sonntag Am Montag im Norden trüb mit
kräftigem Regen, Schneefall-
3° 3°
Basel grenze auf 1500 bis 2000 Meter
4° 4° St. Gallen steigend. Prekäre Lawinensitu-
ation, Gefahr von Überschwem-
Zürich 0° 0°
mungen und Hangrutschen. Im
3° 3° 10° 8° 11° 9° 5° 4° 3° Süden ebenfalls etwas Regen.
5° 5° 4° 1° 4° 1° –1° Am Dienstagmorgen im Nor-
La Chaux-de-Fonds
Luzern Glarus den letzte Niederschläge,
0° 0°
tagsüber sukzessive Wetterbes-
Bern 3° 3° 1° 2°
Alpensüdseite serung. Im Süden strahlender
4° 4° Chur Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag Sonntag Sonnenschein. Beidseits der
Freiburg
1° 2° Alpen milde Temperaturen.
4° 4°
Interlaken Am Mittwoch freundlich mit
3° 3° einer Mischung aus Nebel-
Gotthard
Lausanne St. Moritz feldern, Wolken und Sonnen-
Montreux –8° –9° schein. Frühlingshaft mild, in
6° 6° –5° –4°
6° 6° 6° 10° 9° 7° 7° 7° 8° den Alpen zunehmend föhnig.
2° –1° –1° 0° 4° 4° –1° Im Süden oft wolkenlos.
Genf Sitten Am Donnerstag im Norden
1° 3° Locarno
6° 7° hohe Wolken und Sonne, in den
Martigny 1° 13°
Alpen Föhn. Im Süden deut-
3° 3°
Lugano Sonne und Mond Bergwetter liche Bewölkungszunahme.
2° 13°
Am Freitag trüb und nass, im
Sonne Deutschschweiz Norden Schnee ab 800 Meter.
Aufgang: 8.04 Wind km/h
/
/h °C Am Samstag Wetterberuhi-
Allgemeine Lage: Quer über Alpennordseite, Wallis, Nord- Alpensüdseite und Engadin: Im Untergang: 17.10 3000 m NW 40– 90 –14° gung, am Sonntag recht sonnig
Europa erstreckt sich eine mar- und Mittelbünden: Heute bleibt Südtessin ist es heute recht 18 min mehr Sonne 2000 m NW 35– 80 –8° mit nur harmosen Wolken.
kante Luftmassengrenze, die es stark bewölkt, Aufhellungen sonnig mit nur hohen Wolken. als vor einer Woche 1000 m W 15– 40 –1°
Schweiz ist davon unmittelbar finden sich nur am Hochrhein. Im Nordtessin und im Engadin Trend für übernächste Woche:
betroffen. Die nördlichen und Im Flachland gibt es nur wenig gibt es aus Norden übergreifend Mond Alpensüdseite Aus heutiger Sicht in der ersten
östlichen Landesteile liegen auf Schnee oder Schneeregen, ent- starke Bewölkung und Schnee- Aufgang: 10.19 Wind km/h
/
/h °C Wochenhälfte noch freundlich
der kalten Seite dieser Frontal- lang der Bergen schneit es da- flocken. In den Tessiner und Untergang: 21.44 3000 m NW 60 – 110 –11° und für die Jahreszeit deutlich
zone, im Westen ist die Luft gegen häufig. Im Westen ist die Südbündner Tälern bläst star- Zunehmend 2000 m N 50 – 100 –5° zu mild, dann wieder sinkende
bereits etwas milder. Schneefallgrenze schon höher. ker bis stürmischer Nordföhn. Füllgrad: 17% 1000 m N 20 – 55 7° Temperaturen.

Allgemeine Lage heute Sonntag um 13 Uhr Schneebericht

Tiefdruck- Tal Berg Tal Berg Tal Berg

–8° zentrum
Tromsö Adelboden 19 cm 160 cm Flims-Laax 57 cm 348 cm Riederalp 190 cm 198 cm
05
10
T T T Andermatt 95 cm 450 cm Flumserberge 115 cm 150 cm Saas Fee 130 cm 480 cm
Arosa 100 cm 150 cm Grindelwald 10 cm 198 cm Savognin 50 cm 140 cm
Hochdruck-
zentrum
Crans-Montana 80 cm 455 cm Gstaad 30 cm 180 cm Schuls 35 cm 185 cm
2° Davos 115 cm 248 cm Hoch-Ybrig 50 cm 130 cm St. Moritz 90 cm 149 cm
Reykjavik H Engelberg 15 cm 543 cm Lenzerheide 100 cm 225 cm Verbier 90 cm 320 cm
1015 Isobaren
Elm 30 cm 260 cm Les Diablerets 40 cm 160 cm Zermatt 180 cm 300 cm
–8° Luftdruck
985 –3° –7° in hPa
St. Petersburg
Oslo –2° Helsinki

T
Stockholm
Kaltfront
Wetter gestern / Extremwerte
985
3°
995
Edinburg 1°
–3°
Werte gestern Tagesmin. Tagesmax. Regen
Kopenhagen
Moskau
1010
6 Uhr 12 Uhr Regen Jahr Grad Jahr Grad Jahr mm
Warmfront
12° 2° –1°
Zürich 2,4° 4,0° 0,0 mm 1981 –9,6 2007 11,3 2012 9,1
Dublin 12° 5°
1005 London Amsterdam Berlin Warschau Basel 4,5° 6,2° 0,0 mm 1942 –20,0 1962 13,4 1865 15,3
5° Bern 2,0° 4,3° 0,0 mm 1891 –17,4 1918 11,7 1865 21,8
Brüssel 1010 –4°
Kiew Okklusion T Genf 2,7° 4,8° 0,3 mm 1891 –15,6 1899 13,8 1985 20,8
1015
13°
6°
Paris T 0°
Prag 3° Lugano 4,9° 6,7° 0,0 mm 1880 –7,1 1951 20,2 1971 46,9
Brest 2°
3° Wien
4° München Budapest 1°
1025 Bern Odessa
5°
14°
Bordeaux
Belgrad 2°
Bukarest Wetterlexikon: Schneefallgrenze
1030 14° 9°
Nizza Dubrovnik

16° 18°
16°
Rom T 11°
Was soll man denken, wenn es in Frage die Fachleute von Meteo fallgrenze ein Bereich ange-
Madrid Barcelona Istanbul der Wetterprognose heisst Schweiz zu Wort kommen: «Mit geben. Die Schneegrenze
18° «Schneefallgrenze zwischen 600 der Schneefallgrenze wird eine bezeichnet die Höhenlage, wo
17° Palma
Lissabon 17° 16° und 1000 Meter»? Gibt es Höhe angegeben, bei der das der Schnee am Boden liegen-
Athen 14°
15

Palermo Antalya irgendwo eine Sprungschicht, ab Verhältnis zwischen Schnee- bleibt. Diese liegt in der Regel
17°
H
10

17° Tunis
Gibraltar 17° der plötzlich Winter herrscht? flocken und Regentropfen 50:50 50–200 Meter höher als die
Algier 17°
Nikosia Lassen wir zu dieser wichtigen ist. Häufig wird für die Schnee- Schneefallgrenze.» Alles klar?

22°
Tel Aviv MeteoNews AG | Peter Wick | meteonews.ch
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ändert wie noch nie zuvor. Ausserdem
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lerweile entscheidend. Deshalb haben
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gestellt, der nach in Zürich, auch in
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33 Fragen an Marc-André Heller, Geschäftsführer von L’Oréal Schweiz Fortsetzung auf Seite 3

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Mitglied des Bankrats (M/W)

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Leumund und einem beruflichen Leistungsausweis als Führungspersönlichkeit im
Bankenumfeld, vorzugsweise in einer Universalbank.
Sie zeichnen sich durch eine schnelle Auffassungsgabe aus und gehen die
Problemlösungen dank Ihres analytischen und vernetzten Denkens konzeptionell
an. Sie verfügen über Augenmass sowie eine gesunde Kritik- und Konfliktfähigkeit,
denken und handeln unternehmerisch und berücksichtigen dabei stets die Interessen
der Kunden, des Kantons Aargau und der Aargauischen Kantonalbank.
Je nach Eignung und beruflichem Hintergrund sind Sie zusätzlich Mitglied im
Strategieausschuss und/oder im Prüfungs­ und Risikoausschuss.
Leiter Fachstelle Steuern (m/w)
Sie führen fachlich und personell das wichtige interne Kompetenz-
zentrum für Steuern. Die Aufgabenschwerpunkte bestehen in der
Beratung bei der steueroptimalen Ausgestaltung von Stiftung-,
Trust- und Holdingstrukturen, in der Umsetzung von FATCA und
AIA, der Durchführung von Schulungen und Präsentationen, der
Koordination des Meldewesens, der Mitarbeit in Arbeitsgruppen,
der Leitung von Projekten und der Beobachtung der Marktentwick-
lungen. Als Abteilungsleiter führen Sie eine kleine Gruppe von Fach-
spezialisten, steuern die Mandatsabwicklung und sorgen für Effizi-
enz und Qualität in der Arbeitsausführung. Sie verfügen über die
Ausbildung zum

Als Mitglied des Prüfungs­ und Risikoausschusses sind fundierte Kenntnisse und
Erfahrung im Finanz­ und Rechnungswesen oder aus der Revision unabdingbar.
Als Mitglied des Strategieausschusses überzeugen Sie durch solide Kenntnisse
und Erfahrung in Unternehmensführung und sind vertraut mit strategischen Frage­
stellungen.
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unterlagen mit Foto bis zum 16. Februar 2018 per E­Mail an die beauftragte Unter­
nehmensberatung zu senden, die auch für Fragen zur Verfügung steht:
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Tel.: +41 44 919 86 86
Wahlbehörde ist der Grosse Rat auf Antrag des Regierungsrats bzw. auf Vorschlag
des Bankrats. Weitere Informationen zu den Anforderungen und Aufgaben der
Bankratsmitglieder finden Sie unter www.akb.ch/corporate-governance.
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so einen wesentlichen, persönlichen Beitrag zur Entwicklung des
Unternehmens leisten können. Trauen Sie sich diese Aufgabe zu?
Dann möchten wir Sie gern kennen lernen!

Vielen Dank für Ihre Bewerbung via www.mercuriurval.ch, Referenz: CH-02762. Gerne geben wir Ihnen weitere Informationen
unter +41 44 396 11 11. Mercuri Urval mit Sitz in Zürich, Nyon, Bern und Luzern sowie weltweit über 70 Niederlassungen.

Die Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW umfasst neun Hochschulen mit rund

12’000 Studierenden. Die Hochschule für Gestaltung und Kunst bietet BA- und MA-
Studiengänge in Design, Bildender Kunst und Kunstvermittlung an und ist in der
Entwurfs- und Kunstforschung tätig. Am Institut Lehrberufe für Gestaltung und
Kunst ist per 01.09.2018 oder nach Vereinbarung infolge Pensionierung folgende
Stelle mit Arbeitsort Basel zu besetzen: Well-established as a world-class player in the Electronic Manufacturing Services (EMS) market, the ESCATEC
Group provides a range of design and manufacturing services to a customer base of leading European and

Institutsleiter/in North American OEMs from its facilities located in Asia and Switzerland. Our success is based on our commit-
ment to Customer Satisfaction and Continuous Improvement with uncompromising Business Ethics.

Lehrberufe für Gestaltung und Kunst
Ihre Aufgaben: Das Institut Lehrberufe für Gestaltung und Kunst erfüllt mit den
beiden Studiengängen „Bachelor Vermittlung von Kunst und Design“ und „Master
Vermittlung in Kunst und Design, Lehrdiplom für Maturitätsschulen“ (in Kooperation
mit der Pädagogischen Hochschule der FHNW) einen Auftrag der Trägerkantone im
Rahmen des gesamten, alle Stufen, Fächer und Fachbereiche umfassenden Lehrerin-
nen- und Lehrerbildungsangebots in der Nordwestschweiz. Die grundlegende Steue-
rung der Studienangebote wird auf Schweizer Ebene (EDK) festgelegt. Als Leiter/in
des Instituts Lehrberufe für Gestaltung und Kunst sind Sie für die konzeptionelle
Weiterentwicklung des Institutes verantwortlich. Sie setzen sich mit den neuesten
kulturellen und gesellschaftlichen Entwicklungen und ihren Auswirkungen auf die
Bildung auseinander. Mit besonderem Augenmerk auf das Digitale und die Medien
entwickeln Sie gemeinsam mit dem Team den Bachelor- und Masterstudiengang
weiter, u. a. durch den Aufbau eines Learning-Labs. Im Weiteren übernehmen Sie
eine Lehrtätigkeit im BA- und/oder MA-Studiengang und führen die Forschungsakti-
vitäten am Institut weiter. Als Mitglied der Hochschulleitung arbeiten Sie zudem an
der Strategie der Hochschulentwicklung mit.
Ihr Profil: Sie verfügen über einen Hochschulabschluss oder eine äquivalente Ausbil-
dung sowie Berufserfahrung in Vermittlung von Kunst und Design, bringen schulische
Berufserfahrung mit (idealerweise im Bereich bildnerisches Gestalten auf Sekundar-
stufe II / Gymnasialstufe) und sind mit der Schweizer Bildungs- und Forschungsland-
schaft vertraut. Ausserdem kennen Sie sich in der Hochschulorganisation aus und
verfügen über eine hochschuldidaktische Qualifikation. Management- und Personal-
führungskompetenz sowie eine hohe Innovationsfähigkeit runden Ihr Profil ab.
Ihre Bewerbung richten Sie bitte bis zum 18.02.2018 über die entsprechende On-
line-Ausschreibung unter www.fhnw.ch/offene-stellen an Regula Hidber, HR-
Verantwortliche. Nähere Auskünfte erteilt Ihnen gern Prof. Kirsten M. Langkilde,
fhnw.ch
Direktorin, T +41 61 228 40 27. E-Mail: kirsten.langkilde@fh
www.fh
fhnw.ch/hgk
Opportunity for a Zurich-based Decision-making
and Knowledge Manager with Aquamarine Zurich
AG. Master’s level qualification in Organisational
Decision-making and Knowledge Management
required, as well as fluency in English and at least
one year of experience in an investment context
providing a risk framework. Contact Mark Chapman
at humanresources@aquamarinefund.com.
Our goal is to create a work environment that challenges, recognises and rewards each employee’s contribu-
tion to our business goals. At ESCATEC, we value talented people and seek to expand their experience and
responsibilities.
Joining ESCATEC means making dreams a reality, delivering customer satisfaction and above all, making
a difference. If you want to go further, fly higher, improve your skills, and broaden your horizons, if you have
something special to contribute, contact us now!
Chief Financial Officer (CFO)
with Information Systems responsibility
Located at the ESCATEC Group Headquarters in Penang, Malaysia
We are seeking for a highly motivated successor to our current CFO who will be taking another position within
the ESCATEC group. Reporting directly to the CEO, the CFO manages the group’s finance, IS & IT and HR
functions and plays an active role in developing and implementing the group’s strategy.
Primary responsibilities:
 assuming overall responsibility for the financial management and all financial matters of the group in order
to fulfil all internal and external requirements
 developing and managing the group’s information systems in order to provide useful data and tools in an
efficient manner to optimise the business processes
 managing HR functions that support the management effectively with solid HR processes in order to
provide the personnel required to implement the group’s strategy
 supporting the management and the Board of Directors by maintaining a state-of-the-art controlling
service which provides powerful data for decision making
 working across all functions within the organisation to build an understanding of the business drivers and
create awareness and ownership of the implications of every business decision
 assuring that the group complies at any time with all required company secretarial matters and taking
charge of any legal matters
 assuring that the group is adequately insured
 organising the Board of Directors meetings and taking the minutes
Job Requirements:
 A dual education, Bachelor or Master in accounting, MBA, CPA, coupled with IT/IS is preferred
 Over ten years experience in finance and accounting in a manufacturing company with at least three
years at CFO level
 Strong knowledge’s and experience in selecting, implementing and managing information systems
(ERP, CRM, PDM, MES)
 Excellent understanding of manufacturing cost accounting
 Experience in HR management
 Experience in consolidation of an international group
 Strong analytical skills
 Strong leadership skills
 Demonstrated ability to think and act strategically
 Result oriented working style with a lot of drive & initiative
 Having lived and worked in both Asia and Europe would be a plus
This position is also open for expatriates.
Interested candidates are invited to submit their application with a comprehensive resume and recent photo
preferably by email to: jobs@escatec.com, or to: Attention: Human Resources, ESCATEC Switzerland AG,
Heinrich-Wild-Strasse, 9435 Heerbrugg, Switzerland.
 NZZ am Sonntag 21. Januar 2018 3

«. . . ist mittlerweile entscheidend»

Fortsetzung von Seite 1
Hat die globale Arbeitsteilung positive
Effekte gebracht?
Ein Team muss aus einigen Genera-
listen und vielen Spezialisten bestehen,
eigentlich wie in einem Spital.
Können Sie sich Alternativen zur Glo-
balisierung vorstellen?
Die Welt ist schon lange global.
Lokale und kulturelle Eigenheiten wer-
den weiter bestehen und sich ent-
wickeln. Unsere Aufgabe ist es, diese
Besonderheiten in einem global gewor-
denen Kontext zu meistern, die richtige
Sprache zu verwenden und über das
richtige Produkt zur rechten Zeit zu
sprechen – sozusagen tagtäglich «preci-
sion marketing» zu praktizieren.
Was geht Ihnen auf die Nerven?
Fehlende Authentizität.
Worüber können Sie herzlich lachen?
Über meine Fehler.
Was sagen Ihre Mitarbeiter über Sie?
Ich sei ein Manager, der die Massen
bewege und konsequent handle, der
den Worten Taten folgen lasse. Um
unser Bildungsprogramm «Lead &
Enable» konkret umzusetzen, haben
wir letztes Jahr innerhalb weniger
Monate unsere Büros in dynamische
Arbeitsräume umgebaut – 100 Prozent
offen und flexibel. Seitdem bin auch ich
ohne festes Büro.
Wie reagieren Sie auf Kritik?
Für Kritik und Anregungen habe ich
immer ein offenes Ohr – und versuche
dann, sie in der einen oder anderen
Weise zu integrieren.
Hat Sie Ihr Bauchgefühl auch schon
einmal getäuscht?
Sehr oft! Entscheidungen zu treffen,
ist heute schwieriger geworden. Man
muss die richtige Mischung aus Bauch-
gefühl und datenbasierten Entschei-
dungen finden.
Stellen Sie auch ehemalige Arbeits-
kollegen und Freunde ein, oder ziehen
Sie unbeschriebene Blätter vor?
Freundschaft sollte ausserhalb der
Arbeit gelassen werden. Dagegen sehe
ich kein Problem darin, ehemalige Kol-
legen einzustellen.
Sind Frauenquoten notwendig?
Generell bin ich der Meinung, dass
man ein ausgeglichenes Verhältnis zwi-
schen Männern und Frauen in Füh-
rungsgremien haben sollte. L’Oréal hat
übrigens im Global-Gender-Equality-
Ranking 2017 von Equileap den ersten
Platz belegt.
Googeln Sie Kandidaten?
Selbstverständlich, um sich auf ein
«Als einer, der in der
Romandie aufgewach-
sen ist, habe ich
grundsätzlich immer 15
Minuten Verspätung.
Als St. Galler gemäss
Pass bin ich dann
wiederum stets
pünktlich.»
erstes Gespräch vorzubereiten. Wir
machen aber keine systematische
Online-Suche und interessieren uns
nicht für private Informationen. Anzu-
merken ist dabei, dass Bewerber mehr
und mehr spontan auf ihr Online-Profil
verweisen.
Falls Ihnen Ihr Smartphone abhanden-
kommt: Ist das ein Desaster für Sie und
Ihre Terminplanung?
Keinesfalls, ich improvisiere gerne.
Welchen Stellenwert haben für Sie
soziale Netzwerke, beruflich und privat?
Im Beauty-Bereich sind die sozialen
Netzwerke entscheidend. Unser Ziel ist
es unter anderem, Marktführer im
Bereich der vernetzten Schönheit zu
werden und Online-Dienste wie virtuel-
les Make-up, Beauty-Beratung sowie
Live-Sharing anzubieten.
Was halten Sie von Managern, die in
der Öffentlichkeit mit wenig Schlaf und
Wochenendarbeit auftrumpfen?
Wenn ich weniger als sieben Stun-
den schlafe, bin ich nicht effizient. Und
Wochenenden sind für andere Aktivitä-
ten gedacht. Natürlich kann es Ausnah-
men geben.
Würden Sie Ihre Karriere gegebenen-
falls zugunsten eines humanitären Ein-
satzes aufgeben?
Als Country Manager eines Beauty-
Unternehmens kann man schon vieles
durch die Unterstützung lokaler
Gemeinschaften erreichen. In der
Schweiz zum Beispiel integrieren wir
Menschen mit Behinderung mit unserer
Make-up-Marke Urban Decay.
Wann und wo können Sie wirklich
abschalten?
In den letzten Jahren habe ich
gelernt, Abstand zu gewinnen und total
abzuschalten. Aufatmen und sich Zeit
zu gönnen, ist entscheidend.
Sind Vorbilder für Sie aktuell?
Sei es privat oder beruflich, von Vor-
bildern aus verschiedenen Lebensberei-
chen lasse ich mich immer wieder gern
inspirieren.
Was raten Sie dem Berufsnachwuchs?
So viel wie möglich auszuprobieren.
Um die Welt reisen, Sprachen lernen
und Berufserfahrung sammeln.
Wie wurden Sie durch Ihre ehemaligen
Lehrpersonen eingeschätzt?
Als begabt, aber nicht sehr fleis-
sig . . . Ich hatte nur Sport im Kopf.
Hat Ihnen die Schule das wirklich
Relevante vermittelt?
Schule und Studium (HEC Lau-
sanne) haben mich gelehrt, Komplexi-
tät zu vereinfachen und zu beherrschen.
ZUR PERSON
Marc-André Heller, 44, ist seit Anfang 2016 Coun-
try Manager Schweiz von L’Oréal. Seit gut hundert
Jahren steht das Label für Beauty. Mit ihrem inter-
nationalen Portfolio von 34 unterschiedlichen und
sich ergänzenden Marken erzielte die Gruppe im
Jahr 2016 einen Umsatz von 25,8 Milliarden Euro.
Weltweit werden 89 300 Mitarbeiter beschäftigt.
L’Oréal ist in allen Vertriebskanälen präsent: Mas-
senmarkt, Kaufhäuser, Apotheken und Drogerien,
Friseursalons, Einzelhandel im Reisesektor, Marken-
einzelhandel und E-Commerce. Forschung und
Innovation sind das Herzstück der Strategie; rund
3870 Personen sind in diesem Bereich tätig. Die
Schweizer Filiale mit Sitz in Genf und die Beauty
Academy in Zürich beschäftigen 420 Mitarbeitende.
Könnten Sie sich ein Leben im Kloster
vorstellen?
In Klosters eventuell . . . meine Mut-
ter stammt aus Davos.
Kommen Sie manchmal zu spät?
Als einer, der in der Romandie auf-
gewachsen ist, habe ich grundsätzlich
immer 15 Minuten Verspätung. Als
St. Galler gemäss Pass bin ich dann wie-
derum stets pünktlich.
Glauben Sie an die Vorsehung und an
das Schicksal?
Ich glaube eher an Ereignisse, die
wir nicht kontrollieren. Sehr jung habe
ich Dinge erlebt, die dazu geführt
haben, dass ich heute und jetzt lebe und
den gegenwärtigen Augenblick respek-
tiere und geniesse.
Sind Sie zuversichtlich für die Schweiz?
Die Schweiz hat unglaubliche Assets:
ein hochqualitatives Bildungssystem,
ein stabiles politisches System, eine
gesunde Wirtschaft, führende Unter-
nehmen in ihrem Bereich.
Welche Probleme sollte die Politik
unverzüglich anpacken?
Politik zu machen, überlasse ich den
fachlich kompetenten Leuten. Ich habe
grossen Respekt und Bewunderung für
jene Personen, die sich für unsere Insti-
tutionen und für unser Land einsetzen.
Eine Ihrer Lebensweisheiten?
Testen und Erlernen ist die neue
Perfektion!
Wie könnte die Titelüberschrift dieses
Interviews lauten?
«Ne le dis à personne.»
Interview: Hanspeter Mettler

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Leiter/in Abteilun
ng Personal un
nd Logistik
Strategisches und operatives HR-M Manage-
ment: für die Positionierung als moderner,
attraktiver Arbeitgeber und die Sic
cherstellung
der künftig geforderten Mitarbeitterkompe-
tenzen.
Die Schweizerische Unfallversicherung Suva ist ein
wichtiger Teil des schweizerischen Sozialversiche­
rungssystems. Als selbstständiges Unteernehmen des
öffentlichen Rechts versichert die Suva Menschen im
Beruf und in der Freizeit. Mit den integrierten Leis­
tungen in Versicherung, Prävention und d Rehabilita­
tion bietet sie ihren Kunden und Versichherten ganz­
heitliche Lösungen an. Sie beschäftigt am Hauptsitz
in Luzern, in den schweizweit 18 Agentu uren sowie
den zwei Rehakliniken rund 4‘200 Mita arbeitende. Im
Rahmen der Nachfolgeplanung suchen wir eine füh­
rungserfahrene Persönlichkeit als
Leiter/in Abteilung Personal und Logistik
In dieser Funktion sorgen Sie mit Ihremm Team von
80 Mitarbeitenden für ein professionellles und zeit­
gemässes HR­Management sowie für eiine effiziente
Logistik. In Zusammenarbeit mit der G eschäftslei­
tung definieren Sie die Personalpolitik und Personal­
strategie. Sie beraten die Führungsveraantwortlichen
bei der Umsetzung der Strategien hinsichtlich der
HR­relevanten Auswirkungen und liefeern dazu die
erforderlichen Entscheidungsgrundlageen. Dabei sind
Sie wichtiger und aufmerksamer Gesprächs­ und
Verhandlungspartner der Anspruchsgru uppen und
stellen die Sozialpartnerschaft mit dem
m Personalver­
band sicher. Ebenso zu Ihrem Verantwo ortungsbereich
gehören die Beeschaffung, Lagerung und Disposition
von Betriebs­, Promotions­, Dokumentationsmaterial
sowie die Postverarbeitung. Sie sind Mitglied des
Strategieteamss und repräsentieren die Suva in allen
HR­ und Logisstikthemen nach innen wie aussen.
Für diese unteernehmens­ wie personalpolitisch ge­
prägte Aufgabee verfügen Sie über ein Studium, vor­
zugsweise mit betriebswirtschaftlicher Ausrichtung
und Vertiefung g im HR­Bereich. Sie bringen mehr­
jährige Manag gementerfahrung mit und überzeugen
mit strategischher Weitsicht sowie operativer Um­
setzungsstärkee. Sie werden den unterschiedlichen
Ansprüchen deer Stakeholder gerecht, verhandeln
taktisch geschickt und gewinnen dank Ihrem um­
fassenden Versständnis für die Besonderheiten
öffentlich­rech
htlicher Organisationen breite Akzep­
tanz. Sie sind verhandlungssicher in Deutsch und
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wohnerinnen und Einwohner und viele andere Men­
schen Bildungs­, Kultur­ und Gartensta adt. Die Mitar­
beitenden sind am Puls der Stadt und errleben Ihre
Vielfalt täglich. Die Schulzahnklinik Wiinterthur
führt in enger Zusammenarbeit mit den n Winterthurer
Zahnärztinnen und Zahnärzten die obliigatorischen
Untersuchungen der etwa 10‘000 Schüleerinnen und
Schüler sowie Behandlungen und Proph hylaxemass­
nahmen durch. Nun hat uns das Departtement Schule
und Sport beauftragt, per sofort (oder nach Vereinba­
rung) die
Leitung der Schulzahnklinik
neu zu besetzen. In Zusammenarbeit miit Ihrem Team
von 20 Mitarbeitenden (Zahnärztinnen,, Dental­ und
Prophylaxe­Assistentinnen, Mitarbeiterr innen in der
Prävention/Gesundheitsförderung und der Adminis­
tration) übernehmen Sie die Führung dees schulzahn­
ärztlichen Dienstes inklusive medizinischer Verant­
wortung für die Schulzahnklinik. Ihre k linische
Tätigkeit umfasst ein Pensum von etwa 20% und auch
die Betreuung in der postgradualen Aussbildung von
jungen Zahnärztinnen und Zahnärzten in der Kinder­
zahnmedizin ist Ihnen ein grosses Anlieegen. Sie
pflegen den Kontakt zur Vereinigung Winterthurer
Zahnärzte und stellen die Qualität in deer Kinder­ und
Jugendzahnmedizin bei den verschieden nen Partnern
sicher. Auch das Erarbeiten von Konzep pten, Behand­
lungsrichtlinieen, Berichten wie auch die Durchfüh­
rung von Weiteerbildungen gehören zu Ihrem span­
nenden und veerantwortungsvollen Tätigkeitsgebiet.
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sönlichkeit mitt hoher Belastbarkeit, guter Kommuni­
kationsfähigkeeit und lösungsorientierter Manage­
mentkompeten nz. Sie verfügen über ein anerkanntes
Studium der Za ahnmedizin mit mindestens drei Jahren
Berufserfahrung im Fachgebiet (allg. Zahnmedizin,
Chirurgie, Kiefferorthopädie) und einen zweijährigen
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fähigen Sie dazzu, die vielfältigen Herausforderungen
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lebenswert ist und bleibt. Dabei werden Ihnen Ver­
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4 NZZ am Sonntag 21. Januar 2018
Die Schweizerische Technische Fachschule Winterthur (STFW) ist landesweit eines der modernsten Ausbildungszentren – von der Tradition geprägt und zugleich der
Zukunft verpflichtet. In diesem führenden Bildungszentrum für Wirtschaft, Gewerbe und Industrie lassen sich jährlich über 9‘500 Personen aus der Fahrzeug-, Elektro-,
Kommunikations- sowie Gebäudetechnik aus- und weiterbilden.
Infolge Pensionierung des langjährigen Stelleninhabers suchen wir auf Sommer 2018 oder nach Vereinbarung eine starke Persönlichkeit als
Direktor/in (100%)
IHRE AUFGABEN IHRE LAUFBAHN BISHER
→ Operative Führung inklusive Budgetverantwortung → Technisch gewerbliche Berufslehre
der Schweizerischen Technischen Fachschule Winterthur → FH-Abschluss im Bereich Technik
→ Strategieumsetzung mit Schulleitung und Lehrkörper → Zusatzausbildungen in Betriebswirtschaft/Schulführung
→ Beziehungspflege mit Berufsverbänden, Unternehmen → Mehrjährige Führungserfahrung
der Branchen und Behörden sowie anderen Fachschulen → Idealerweise Erfahrung im Unterrichten
STFW | Schlosstalstrasse 95 - 139 | 8408 Winterthur | www.stfw.ch/jobs
Weitere Informationen:
stfw.ch/jobs
Curriculum follows Passion! Der SBW Talent-Campus Bodensee ist einzigar-
tig in seiner Vielfalt und seinem Bildungsangebot. Eine moderne, bilinguale Schule
mit massgeschneiderten und personalisierten Bildungswegen. Unser Fokus und
Anspruch liegt auf der Ausbildung und Weiterentwicklung der persönlichen Poten-
ziale und der Förderung bereits ausgewiesener Talente von Kindern und Jugendlichen.
Der SBW Talent-Campus Bodensee gehört zur SBW Haus des Lernens AG, einer führenden
Bildungsinstitution in der D-A-CH Region.
Auf das kommende Schuljahr hin (Schuljahresbeginn August 2018/19) suchen wir eine/n
LeiterIn SBW Talent-Campus Bodensee
Persönlichkeit mit Leidenschaft und Leadership
Ihre Kernaufgaben:
• Führung eines Teams aus Bildungslinien-Verantwortlichen und multinationalen
Lehrkräften
• Weiterentwicklung des Talent-Campus, insbesondere Aufbau und Verzahnung
internationaler und regionaler Bildungsangebote
• Aufbau des Talent-Campus zum «Olympic Village» mit internationalem Boarding
• Förderung regionaler und internationaler Kunst- und Sportpartnerschaften
• Umsetzen innovativer Bildungsansätze
• Qualitäts-, Personal- und Budgetverantwortung
Sie verfügen über:
• Leadership-Qualitäten, Fähigkeit, ein innovatives Team zu führen
• Vorbild in Sachen Teamgeist, Teamförderung und Leidenschaft
• Sport- und Bildungsaffinität
• Mut, ambitionierte Ziele zu verfolgen
• Neugierde auf neue Lernansätze sowie die Fähigkeit, in neuen Mustern zu denken
• Kenntnis der internationalen wie kantonalen Bildungslandschaft
• Sicherheit in deutscher wie englischer Sprache in Wort und Schrift
• weltoffenes und respektvolles Auftreten sowie Präsenz im Campusalltag
• wertschätzenden, motivierenden Umgang auf Augenhöhe innerhalb eines motivierten
Teams
• Humor, Netzwerk und eigene Lernbereitschaft im Sinne eines Vorbildes
Wir bieten Ihnen:
• die Chance, den SBW Talent-Campus zu einem internationalen Brand mit zu entwickeln
• Lernfeld von Führungsumgebung, inspirierenden Kollegen und einmaligem Konzept
• sinnhafte Arbeit in einer weltoffenen, respektvollen und wertschätzenden Kultur
• Herausforderung mit viel Entwicklungspotenzial
• begleitete Einarbeitungszeit und regelmässiger Austausch
• eine gestaltete und moderne Umgebung in unserem Talent-Campus direkt an der
Grenze, in See- und Bahnhofsnähe mitten im Herzen Europas
Bewerbung bis 11. Februar an:
SBW Haus des Lernens AG, Irina Baiz, Hafenstrasse 46, 8590 Romanshorn, i.baiz@sbw.edu
Fragen an:
SBW Haus des Lernens AG, VRP / CEO Reto Ammann, Hafenstrasse 46, 8590 Romanshorn,
071 555 40 90
IHRE PERSÖNLICHKEIT
→ Innovativer Geist und unternehmerisches Denken
→ Analytische und strategische Fähigkeiten
→ Sie übernehmen Verantwortung und entscheiden gerne
→ Gefühl für Menschen, Technik und Zahlen
→ Kommunikationsstark
Allgemeine
Baugenossenschaft
Zürich
Die Allgemeine Baugenossenschaft Zürich (ABZ) ist die grösste Wohnbaugenossen­
schaft der Schweiz und verwaltet ein Immobilien­Portfolio von rund 4700 Wohnun­
gen. Als innovative Genossenschaft stehen wir für bezahlbaren Wohnraum und soziale
Nachhaltigkeit und setzen Zeichen mit wegweisender Architektur und gemeinschafts­
fördernden Wohnformen. Zur Ergänzung unserer Geschäftsleitung suchen wir in der
Geschäftsstelle Zürich­Wiedikon eine/n
Leiter Bewirtschaftung 100% (m/w)
Mitglied der Geschäftsleitung
Sie übernehmen die Gesamtverantwortung für die Bewirtschaftung (Liegenschafts­
unterhalt mit Gärtnern, Hauswarten, Maler/innen) sowie die Verwaltungsmandate
mit zusammen rund 35 Mitarbeitenden – acht Personen sind Ihnen direkt unterstellt.
Ihr vielseitiges Aufgabengebiet beinhaltet folgende Schwerpunkte:
– Optimieren und Weiterentwickeln von Konzepten, Prozessen und Instrumenten
– Aktive Mitarbeit in der Weiterentwicklung der ABZ auf Geschäftsleitungsebene
– Überwachung und Steuerung der Beschaffungen
– Mitarbeit in und Leitung von Projekten
– Information und Beratung zur Betriebssicherheit sowie Sicherstellen von
Massnahmen
Sie verfügen über eine Ausbildung als Ingenieur FH und/oder Betriebsökonom und
haben sich im Immobilienbereich bereits weitergebildet. Dank Ihrer langjährigen
Berufs­ und Führungserfahrung in vergleichbarer Position in der Immobilienbewirt­
schaftung pflegen Sie einen integrativen Führungsstil. Gemeinsam mit Ihrem Team
stellen Sie eine professionelle Bewirtschaftung und Werterhaltung der Wohnungen
sicher. Sie treiben aktiv und nachhaltig Veränderungen voran und planen Ihre Projek­
te strukturiert und mit Blick auf die ganzheitlichen, interdisziplinären Prozesse. Ihre
Entscheide treffen Sie überlegt und kommunizieren dabei intern wie extern überzeu­
gend. Dank Ihrem unternehmerischen Denken und Handeln und Ihrer hohen Identi­
fikation mit genossenschaftlichen Werten haben Sie die Chance, die Zukunft der ABZ
als Geschäftsleitungsmitglied mitzuprägen.
Neben attraktiven Anstellungsbedingungen und Sozialleistungen bieten wir ein in­
teressantes und lebensnahes Arbeitsumfeld mit einer offenen Unternehmenskultur.
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NZZ am Sonntag 21. Januar 2018 5

Die Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW umfasst neun Hochschulen mit rund

12‘000 Studierenden. Am Institut Sekundarstufe I und II der Pädagogischen Hoch-
schule mit über 3‘000 Studierenden sowie über 30‘000 Weiterbildungsteilnehmenden
ist per 01.09.2018 folgende Stelle mit Arbeitsort Muttenz zu besetzen:

Leiter/in Professur
Gesundheit, Haushalt, Wirtschaft (80−100 %)
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sich der Lehrpersonenbildung, der pädagogischen Fachpersonenbildung und der
Schul- und Unterrichtsentwicklung verpflichtet. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung.
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Weitere Informationen finden Sie unter: www.fh fhnw.ch/de/karriere/offene-stellen.
Detailhandel und im kaufmännischen Bereich inklusiv
Nähere Auskünfte erteilt Ihnen gerne auch Prof. Urban Fraefel, Institutsleiter ad inte-
Berufsmatura aus. Auf das Schuljahr 2018 / 19 (Schul- fhnw.ch
rim, E-Mail: urban.fraefel@fh
beginn 20. August 2018) suchen wir Lehrpersonen für
die Fachbereiche fhnw.ch/ph
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Mathematik / Technik
und Umwelt (90 %)
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personen zuständig. Sie arbeiten zu dem aktiv an der
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vielfältige Entfaltungsmöglichkeiten. Basierend auf humanistischen Bildungswerten zeichnet es sich durch
Respekt, Gemeinschaft und Weltoffenheit aus.

Auf Beginn des Schuljahrs 2018/19 sind folgende Stellen offen:

Was wir von Ihnen erwarten
– Lizentiat oder Masterabschluss an der Mathematik – Informatik* (80% - 100%)
Fachhochschule
– MAS in Adult and Professional Education oder
Englisch – Geschichte (80% - 100%)
*Nachqualifikation für das neue Pflichtfach möglich.
Lehrbefähigung auf Sekundarstufe II
– Bereitschaft sich mit elektronischen Lernmedien
auseinanderzusetzen Die ausführlichen Inserate finden Sie unter: www.der-weg-nach-oben.ch Suchfeld: Aktuell
Unser Rektor, Roman Walker, steht bei Fragen gerne zur Verfügung: +41 (0)79 912 62 25.
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Die Schweiz
– Kantonale Entlöhnung
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Ihre Bewerbung richten Sie bitte bis 2. Februar 2018 an

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«NZZ am Sonntag»
Herausgeberin: Neue Zürcher Zeitung AG
Redaktion: Walter Hagenbüchle, «Neue Zürcher Zeitung»
Auflagen: «Neue Zürcher Zeitung» 89 840 Ex. (WEMF 2017)
«NZZ am Sonntag» 100 322 Ex. (WEMF 2017)
Erscheint: Wöchentlich als Beilage in der NZZ (samstags) und der «NZZ am Sonntag»
Reichweite: 550 000 Leserinnen und Leser Deutschschweiz (MACH Basic 2017)
Adresse Redaktion: Redaktion NZZ Executive
Die Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW umfasst neun Hochschulen mit rund Falkenstrasse 11, Postfach, CH-8021 Zürich
12‘000 Studierenden. Am Institut Spezielle Pädagogik und Psychologie der Pädago- Tel. 044 258 11 11
gischen Hochschule mit über 3‘000 Studierenden sowie über 30‘000 Weiterbildungs- Internet: www.nzz.ch
teilnehmenden ist per 01.09.2018 oder nach Vereinbarung folgende Stelle mit Arbeits-
Adresse Verlag: NZZ Verlag, Falkenstrasse 11, Postfach, CH-8021 Zürich
ort Muttenz zu besetzen:
Tel. 044 258 11 11
Internet: www.nzz.ch, E-Mail: verlag@nzz.ch
Leiter/in Professur Inserateverkauf: NZZ Media Solutions AG, Falkenstrasse 11, Postfach, CH-8021 Zürich
Inklusive Didaktik und Heterogenität (80–100 %) Tel. 044 258 16 98, Internet: www.nzzmediasolutions.ch,
E-Mail: inserate@nzz.ch
Verkaufsleitung: Andy Bürki
Es erwartet Sie eine herausfordernde Tätigkeit in einem dynamischen Umfeld, Verkauf: Anina Gross
welches sich der Lehrpersonenbildung, der pädagogischen Fachpersonenbildung Preise: Es gelten die Anzeigenpreise gemäss Tarifdokumentation 2018
sowie der Schul- und Unterrichtsentwicklung verpflichtet. Wir freuen uns auf Ihre Inserateschluss: Donnerstag 14.00 Uhr
Bewerbung.
Alle Rechte vorbehalten. Jegliche Verwendung der redaktionellen Texte setzt die schriftliche Zustimmung der
Weitere Informationen finden Sie unter: https://ww
www.fh
fhnw.ch/de/karriere/offene-stellen. Redaktion voraus, jegliche Verwendung von Inseraten jene der Geschäftsleitung.
© Neue Zürcher Zeitung AG
Nähere Auskünfte erteilt Ihnen gerne auch Prof. Dr. Jan Weisser, Institutsleiter,
T +41 61 228 51 83.
jobs.nzz.ch
www.fh
fhnw.ch/ph
Das Stellen-Portal für Kader und Fachspezialisten
6 NZZ am Sonntag 21. Januar 2018

L’INSTITUT DE HAUTES ETUDES EN ADMINISTRATION PUBLIQUE (IDHEAP) DE LA FACULTÉ DE L’INSTITUT DE HAUTES ETUDES EN ADMINISTRATION PUBLIQUE (IDHEAP) DE LA FACULTÉ DE
DROIT, DES SCIENCES CRIMINELLES ET D’ADMINISTRATION PUBLIQUE DE L’UNIVERSITÉ DE DROIT, DES SCIENCES CRIMINELLES ET D’ADMINISTRATION PUBLIQUE DE L’UNIVERSITÉ DE
LAUSANNE EST À LA RECHERCHE D’UN·E : LAUSANNE EST À LA RECHERCHE D’UN·E :

PROFESSEUR·E ORDINAIRE OU PROFESSEUR·E PROFESSEUR·E ASSOCIÉ·E, PROFESSEUR·E

ASSOCIÉ·E EN MANAGEMENT DES ASSISTANT·E EN PRÉTITULARISATION
ORGANISATIONS PUBLIQUES CONDITIONNELLE AU RANG DE PROFESSEUR·E
ASSOCIÉ·E EN EVALUATION
En fonction des candidatures et de leur évaluation, la Faculté se réserve le droit de
proposer le poste à un niveau différent.
DES POLITIQUES PUBLIQUES
Entrée en fonction : 1er août 2018 ou à convenir En fonction des candidatures et de leur évaluation, la Faculté se réserve le droit de
proposer le poste à un niveau différent.
Lieu de travail : Lausanne – Dorigny

Entrée en fonction : 1er août 2018 ou à convenir

Vos activités :
La personne recherchée doit jouir d’excellentes connaissances dans le domaine du
management stratégique et opérationnel des organisations publiques, domaine dont
elle sera en charge des enseignements dans les différents programmes gérés par
l’IDHEAP. Elle doit également être capable de conseiller – sous la forme par exemple
de mandats – les responsables de ces organisations sur des questions centrales
du fonctionnement de leur organisation. Pour ce faire, elle doit avoir de bonnes
connaissances des paradigmes actuels dans le domaine des réformes organisationnelles
et administratives.
Le profil suivant est recherché :
La personne nommée devra être titulaire d’un doctorat en administration publique, en
sciences de gestion, en management public ou d’un titre jugé équivalent. Une préférence
sera donnée aux candidat·e·s qui démontreront une capacité à publier dans les meilleures
revues scientifiques internationales du domaine et disposant d’une expérience
d’enseignement avérée au niveau universitaire. Le niveau du poste sera déterminé par les
publications et l’expérience académique.
La maîtrise du français et de l’anglais est exigée. Pour les candidat·e·s ne maîtrisant pas le
français, un délai de deux ans est accordé afin d’acquérir les aptitudes nécessaires
à l’enseignement dans cette langue.
Lieu de travail : Lausanne – Dorigny
Vos activités :
La personne recherchée doit être capable aussi bien d’enseigner la discipline de
l’évaluation des politiques publiques, dans une perspective pluridisciplinaire avec
cependant un ancrage fort en science politique, que de réaliser elle-même
des évaluations sous forme de mandats pour des autorités/administrations publiques
(une expérience pratique dans ce domaine est attendue) ; ceci aussi bien au niveau
international et européen, que national et local. Elle devra en particulier faire preuve
de bonnes connaissances théoriques et de la maîtrise d’une pluralité de méthodes
à la fois quantitatives et qualitatives.
Le profil suivant est recherché :
La personne nommée devra être titulaire d’un doctorat en science politique ou d’un titre
jugé équivalent. Une préférence sera donnée aux candidat·e·s qui démontreront
une capacité à publier dans les meilleures revues scientifiques internationales du domaine
et disposant d’une expérience d’enseignement avérée au niveau universitaire.
Le niveau du poste sera déterminé par les publications et l’expérience académique.
La maîtrise du français et de l’anglais est exigée. Pour les candidat·e·s ne maîtrisant pas le
français, un délai de deux ans est accordé afin d’acquérir les aptitudes nécessaires
à l’enseignement dans cette langue.

Votre dossier de candidature :

Nous vous prions de postuler obligatoirement en ligne sur note site www.unil.ch/emplois
en nous faisant parvenir votre dossier complet (CV détaillé avec un énoncé des intérêts
de recherche, une liste des publications et des exemples de travaux de recherche
(.zip accepté), ainsi que les noms et adresses de trois personnes de référence au
maximum) dans un seul document PDF. Il ne sera pris en compte que les candidatures
adressées par le biais de ce site. Nous vous remercions de votre compréhension.
Votre dossier de candidature :
Nous vous prions de postuler obligatoirement en ligne sur note site www.unil.ch/emplois
en nous faisant parvenir votre dossier complet (CV détaillé avec un énoncé des intérêts
de recherche, une liste des publications et des exemples de travaux de recherche
(.zip accepté), ainsi que les noms et adresses de trois personnes de référence
au maximum) dans un seul document PDF. Il ne sera pris en compte que les candidatures
adressées par le biais de ce site. Nous vous remercions de votre compréhension.

Délai de candidature : 19.02.2018 Délai de candidature : 19.02.2018

L’annonce détaillée est disponible sur notre site à l’adresse suivante : L’annonce détaillée est disponible sur notre site à l’adresse suivante :
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Soucieuse de promouvoir une représentation équitable des femmes et des hommes parmi son Soucieuse de promouvoir une représentation équitable des femmes et des hommes parmi son
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Macht Föderalismus erfolgreich?
Die Schweiz belegt in internationalen Länderrankings zur Wettbewerbsfähigkeit regelmässig Spitzenpositionen.
Gleichzeitig zeichnet sie sich durch einen ausgeprägten Föderalismus mit einer kleinräumigen Struktur und sehr
selbstständigen Gliedstaaten aus. Es stellt sich die Frage, ob die ausgewiesene Wettbewerbsfähigkeit wegen oder
trotz des Föderalismus erreicht wurde.

Lars P. Feld, Christoph A. Schaltegger et al.

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NZZ am Sonntag 21. Januar 2018 7

       


 


 

 



Faculty of Business, Economics and Informatics


   
  
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 The University of Zurich invites applications for a

 Professorship in Economics of Child

and Youth Development with a focus on
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Applications are invited for a position as an Assistant Professor, Associate Professor or Full
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' The research focus of the professorship will be to understand how economic, social, psychologi-
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8;9:; Candidates should hold a PhD degree in Economics. The position involves teaching under-

 graduate and graduate courses. Teaching can be entirely in English.
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9;9 The Department of Economics offers an exciting research environment, competitive terms and
conditions, and generous research support. Knowledge of German is not a requirement. In order
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to apply.
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Complete applications will be reviewed immediately. Please submit your application at
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 #% ,:9 $"#& https://www.facultyhiring.oec.uzh.ch/position/8323072 by 31st January at the latest.

For further questions regarding the profile of the open position please contact
Prof. Rainer Winkelmann (rainer.winkelmann@econ.uzh.ch).

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l’emballage, recherche son futur représentant bilingue
(FR/DE) pour les régions de Zurich, Bâle, St-Gall.
Merci d’envoyer votre dossier de candidature à
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Die Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW umfasst neun Hochschulen mit über

12’000 Studierenden. An der Hochschule für Life Sciences, Institut für Chemie und
Bioanalytik, ist zum nächstmöglichen Termin folgende Stelle mit Arbeitsort Muttenz
zu besetzen:

Institutsleiter/in – Professor/in (100 %)

Institut für Chemie und Bioanalytik
Ihre Aufgaben: Sie leiten das Institut für Chemie und Bioanalytik und interessieren
sich als Naturwissenschaftler/in für die gesamte Breite der Arbeitsgebiete, die im
Institut bearbeitet werden, von der Chemie und Bioanalytik bis zur Bioprozess-
technik. Als unternehmerisch denkende und handelnde Persönlichkeit fördern Sie
gezielt die Weiterentwicklung des Instituts sowie die institutsübergreifende inter-
ne und externe Zusammenarbeit. Eigene anwendungsorientierte Forschung betrei-
ben Sie mit Mitarbeitenden, Studierenden und Praxispartnern vorzugsweise im
synthetischen, analytischen, bioanalytischen oder prozesstechnischen Umfeld. Sie
unterstützen Mitarbeitende bei der Akquisition von Drittmitteln und haben Freu-
de, motivierte Studierende von der Bachelor- bis zur Masterstufe zu begleiten und
ausgewählte Themen in der Lehre zu vertreten. Durch Ihr persönliches Netzwerk
leisten Sie einen aktiven Beitrag zur nationalen und internationalen Profilierung
der Hochschule.
Ihr Profil: Sie verfügen über einen Studienabschluss mit Promotion in einer natur-
wissenschaftlichen Fachrichtung und können eine Laufb fbahn mit mehrjähriger F&E-
Erfahrung in den Life Sciences bzw. der chemisch-pharmazeutischen Industrie
vorweisen. Sie haben Führungserfahrung im interdisziplinären Umfeld und Ihr
Erfolgsausweis in der Praxis ist kombiniert mit Engagement für Innovation. Ferner
verfügen Sie über gute Kontakte zur Industrie und zu nationalen und internatio-
nalen Förderinstitutionen. Erfahrungen und Nachweise in der Lehrtätigkeit an
einer Hochschule sind von Vorteil. Wegen der internationalen Ausrichtung der
Fachhochschule ist die Beherrschung von Englisch in Wort und Schrift unerlässlich.
Ihre Bewerbung richten Sie bitte bis zum 31.03.2018 über die entsprechende Online-
Ausschreibung unter www.fhnw.ch/offene-stellen an Andreas Flück, HR-Verant-
wortlicher. Nähere Auskünfte erteilt Ihnen gern Prof. Dr. Falko Schlottig, Direktor
Hochschule für Life Sciences, T +41 61 228 55 71.
www.fh
fhnw.ch/lifesciences
Stellengesuche
Privatsekretär/ Erfolgreicher Berater-Trainer-Coach sucht
altershalber eine(n) Nachfolger(In) zur Ge-
Faculty of Business, Economics and Informatics
The University of Zurich invites applications for an
Assistant Professorship in
Economics of Child and
Youth Development
Applications are invited for a position as Assistant Professor,
starting in Fall 2018.
The professor will be a member of the Jacobs Center for Pro-
ductive Youth Development, which foresees the establish-
ment of new assistant professorships in the economics, the
psychology and the sociology of child and youth develop-
ment. The professor is expected to contribute to position the
Jacobs Center as an internationally leading institution in in-
terdisciplinary cutting-edge research in the area of Child and
Youth Development. Beyond the professor’s affiliation with
the Jacobs Center, he/she will be a member of the Depart-
ment of Economics.
The research focus of the Jacobs Center is to understand how
economic, social, psychological, or biological factors interact
in creating opportunities and overcoming obstacles in child
and youth development. The Jacobs Center expansion will
be devoted to understanding these interactions by integra-
ting the different theoretical and methodological perspec-
tives necessary to comprehensively address challenges to
productive youth development. Relevant research topics
could include questions such as: How do individuals’
economic, biological, and behavioral characteristics and
educational institutions affect the course of child and adoles-
cent development? How does economic disadvantage and
parental investment influence the developmental processes
of children and youth? How efficient are specific interventi-
ons in terms of social costs and benefits? How can interven-
tions programs best be adapted to local contexts to increase
their acceptance and effectiveness?

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J.) mit fundierter akademischer
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In order to increase the number of women in leading acade-
wertvollen Kundenkontakten. Das Schwerge- mic positions, we specifically encourage women to apply.
wicht der Aktivitäten liegt in Führung, Verkauf,
Kundenorientierung und im Kompetenzma- Complete applications will be reviewed immediately. Please
nagement. Interessenten ermöglicht das einen
submit your application at
schnellen und unternehmerisch erfolgreichen
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by 31st January at the latest.
Berater, Trainer und Coach. Anfragen erwünscht
101860 NZZ AG, c/o Chiffre
unter Chiffre Nr.101750,
For further questions regarding the profile of the open
MS, Falkenstrasse 11, 8021 Zürich
position please contact Prof. Rainer Winkelmann
(rainer.winkelmann@econ.uzh.ch).
 NZZ am Sonntag 21. Januar 2018 8

Arbeitswelt

Die Blockchain geht auch KMU etwas an

Spätestens seit der explodierenden, vola-
tilen Kursentwicklung ist Bitcoin jeder-
mann ein Begriff. Der Erfolg der Krypto-
währung hat auch viele Konkurrenzwäh-
rungen wie Ripple, Ethereum oder Lite-
coin befeuert. Die Meinungen über den
Stellenwert von Kryptowährungen gehen
weit auseinander, viele stufen deshalb
Bitcoin und Co. als exotisches Thema ein,
das sie nicht tangiert. Das mag so sein,
doch der spannendere Aspekt hinter Bit-
coin ist die verwendete Technologie
namens Blockchain. Experten sind über-
zeugt, dass diese in viele Branchen fun-
damentale Veränderungen bringen kann;
Evangelisten unter ihnen bezeichnen die
Blockchain gar als Game-Changer mit
einem Einfluss, der mit jenem der Ein-
führung des Internets vergleichbar ist.
Potenzial für Umwälzungen
Die Blockchain, so mag man denken, ist
vielleicht ein Zukunftsthema für Gross-
unternehmen. Kleine und mittlere Unter-
nehmen könne der ganze Hype kalt-
lassen. Das KMU-Portal des Eidgenössi-
schen Departements für Wirtschaft, Bil-
dung und Forschung (WBF) ist anderer
Meinung und hat unter dem Titel «Die
Blockchain bringt Kostensenkungen und
mehr Effizienz» ein Interview mit Prof.
Roman Beck von der IT-Universität
Kopenhagen publiziert. Die Technologie
wird laut Beck grosse Umwälzungen aus-
lösen, auf die sich auch KMU vorberei-
ten sollten.
Für die Wirtschaft ist die Technologie
interessant, weil die Blockchain ver-
spricht,Transaktionen und Informations-
abläufe effizienter, transparenter und
sicherer zu gestalten. Die Technologie ist
komplex und basiert auf einer dezentra-
len Datenbank, die in einem Netzwerk
von vielen Computern gespeichert wird.
Wie in einem Journal in der Buchführung
werden alle Transaktionsschritte in einer
Kette von Datenblöcken verschlüsselt
dokumentiert und auf allen Computern
im Netzwerk gespeichert. Zumindest in
der Theorie können die Daten nachträg-
lich nicht verändert werden. Die dezen-
trale Buchführung, die parallel auf vielen
Rechnern gespeichert wird, gilt als siche-
rer und schafft Transparenz für alle an
DANIEL STOLLE
einer Transaktion Beteiligten. Wie die
Blockchain-Technologie Prozesse verein-
fachen kann, lässt sich am Beispiel des
dänischen Reeders Maersk illustrieren.
Der führende Schiffslogistiker hat zu-
sammen mit IBM den Nutzen in einem
Versuch dazu getestet, wie die Block-
chain die immer komplexer werdende
Abwicklung von Gütertransporten ver-
einfachen kann. Involviert sind verschie-
dene Transportunternehmen, Finanz-
und Versicherungsdienstleister sowie
Zoll- und Hafenbehörden, was einen
Wust von Bürokratie und Dokumenten
zur Folge hat. So fallen laut Maersk für
die Verschiffung eines Blumencontainers
zwischen Kenya und dem Hafen Rotter-
dam rund 200 Kommunikations- und
Dokumentationsschritte an, bis hin zu
Details wie der chemischen Behandlung
der Pflanzen und der Versiegelung des
Kühlcontainers. Mittels der Blockchain-
Technologie kann der ganze Prozess auf
einer einzigen Plattform abgewickelt
werden.
Das Potenzial der Blockchain be-
schränkt sich nicht auf die Finanz- und
die Logistikbranche: Das Schweizer
Startup Winding Tree plant eine Reise-
plattform auf Blockchain-Basis, die Kun-
den und die Reiseindustrie ohne Inter-
mediäre verbinden soll. Mit Lufthansa,
Swiss, weiteren Airlines und einer Hotel-
kette hat Winding Tree bereits promi-
nente Partner gefunden.
Auch im Retailgeschäft, wo viele
Transaktionen, ist die Blockchain ein
Thema. Unter anderem experimentiert
der US-Riese Walmart in Kooperation
mit Nestlé und Unilever mit der Techno-
logie. Weitere Anwendungsfelder sind
das Internet der Dinge und das Gesund-
heitswesen, wo elektronische Patienten-
daten mit hohem Sicherheitsstandard
innerhalb einer privaten Blockchain für
berechtigte Akteure zugänglich gemacht
werden sollen. Selbst für das E-Govern-
ment kann die Technik interessant wer-
den, wie Estland zeigt. Der baltische
Staat, der 2005 als erstes Land die elek-
tronische Abstimmung und vor vier Jah-
ren die digitale Identität eingeführt hat,
stellt zurzeit viele administrative Pro-
zesse der Verwaltung auf die Blockchain-
Technologie um. Bis die Blockchain-
Technologie im Alltag angekommen ist,
wird noch viel Zeit vergehen. Im globa-
len Handel müssen nationale Behörden
bereit sein, Dokumente wie Zoll- und
Frachtpapiere in digitaler Form von einer
Blockchain-Plattform zu akzeptieren.
Problem Energieverbrauch
Ein kritischer Punkt ist der Energiever-
brauch der Technik. Obschon die Block-
chain auf ein Netzwerk von Computern
setzt, handelt es sich nicht um verteiltes
Rechnen. Jeder Knoten verarbeitet und
speichert die Journale parallel und red-
undant. Manche Experten bezweifeln
ausserdem, dass die Blockchain auf-
grund ihrer technischen Komplexität
Transaktionen günstiger und in jedem
Fall schneller abwickeln kann. Bitcoin
stösst diesbezüglich heute schon an
Grenzen.
Die Entwicklung ist aber definitiv an-
gerollt. Wie breit mittlerweile das Inter-
esse ist, zeigt das Projekt Hyperledger,
das unter dem Dach der Open-Source-
Organisation Linux Foundation Dut-
zende von Unternehmen vereint, welche
die Nutzung und die Weiterentwicklung
der Blockchain-Technik fördern wollen.
In der Liste der über 180 Mitglieder fin-
den sich globale Konzerne wie Airbus,
IBM und Samsung und viele nationale
Player wie Swisscom. Das Thema ist defi-
nitiv nicht nur für jene relevant, die sel-
ber einmal eine Blockchain betreiben
wollen. Wie das Beispiel der geplanten
Reiseplattform Winding Tree zeigt, muss
auch ein Kleinunternehmen wie ein Rei-
senischenanbieter die Technologie im
Kern verstehen, wenn es seine Produkte
auf der Plattform anbieten will.
Claude Settele

ARBEIT KANN BEFLÜGELN NZZ-LI BRO.CH

2. AUFLAGE
«Frauen müssen im Beruf früh Gas geben. Denn wenn eine Frau beruflich etwas
erreicht hat, ist sie eher bereit, weiterzuarbeiten, auch wenn sie Kinder bekommt.
Wenn eine Frau realisiert, dass Arbeit Leidenschaft sein und beflügeln kann, verfolgt
sie ihre Karriere weiter, auch wenn sie eine Familie hat.»
REGULA BÜHRER FECKER im Gespräch mit persönlich.com

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