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Deutschland – eine Vorzeigedemokratie?

Frankreich und Deutschland im Ländervergleich - wer schneidet besser ab?


Quelle: Jennifer Lohr

Peter Maurer ist seit 2008 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft
Quelle: Jennifer Lohr

Bertrand Gallicher arbeitet als Radio France-Korrespondent in Berlin


Quelle: Jennifer Lohr

Politikwissenschaftler Peter Maurer von der Freien Universität im Dialog mit Radio France-
Korrespondent Bertrand Gallicher

07.07.2010

Ist Deutschland seinem französischen Nachbarn derzeit nicht nur fußballerisch, sondern auch politisch um
mehr als eine Nasenlänge voraus? Können die Franzosen auch bei ökonomischen und sozialen
Problemlösungen nicht mehr mit den Deutschen mithalten? „L’Allemagne“ oder „La France“: wer ist näher an
einer „démocratie exemplaire“, einer musterhaften Demokratie?

Diese Fragen beschäftigten Peter Maurer, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Publizistik- und
Kommunikationswissenschaft der Freien Universität, und den französischen Radio France Journalisten
Bertrand Gallicher in der Debatte „Warum Deutschland weiterhin die Nase vorn haben wird“, zu der das
Institut français de Berlin Ende Juni geladen hatte.

Peter Maurer forscht neben seiner Lehrtätigkeit über die nationalen Grenzen hinaus in einem von der
Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt zur politischen Kommunikation in Frankreich.
Im Gespräch mit Bertrand Gallicher diskutierte er über den Zusammenhang von nationalen Werten und
wirtschaftlichem Erfolg und stellte die politischen und ökonomischen Vorgehensweisen beider Länder auf den
Prüfstand.

Ein Franzose im Deutschlandfieber

Anders als man es zunächst hätte erwarten können, verteidigte der französische Journalist Bertrand Gallicher

1 von 2 13.09.2010 21:07


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die deutsche Wirtschaft, lobte ihre Effizienz und befürwortete Angela Merkels Streben nach mehr
Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum. So viel Zuspruch von französischer Seite wurde den Deutschen in
letzter Zeit nur selten entgegengebracht. Erst kürzlich hatte Frankreichs Finanzministerin Christine Lagarde
kritisiert, dass die Deutschen ihre Wettbewerbsfähigkeit vor allem aufgrund niedriger Arbeiterlöhne stabil
hielten.

Geschlossene Gesellschaften

Mit der französischen „élite“ ging Gallicher hart ins Gericht. Nur Absolventen der „Grandes Écoles“ hätten eine
reale Aussicht auf Führungspositionen innerhalb der französischen Großkonzerne sowie in der Politik – von
Chancengleichheit fehle auf dem Arbeitsmarkt jede Spur. Zu personalisiert sei zudem in seinem Land die
politische Berichterstattung, zu schemenhaft und undurchdacht die Protestaussagen der
demonstrationsfreudigen Bevölkerung.

Die Kehrseite der „médaille“

Während Gallicher „deutsche Werte“, wie Pragmatismus und Sparsamkeit, als Garanten für eine
funktionierende Demokratie bewertete, fand Peter Maurer durchaus kritische Worte für die Situation im
eigenen Land.

Zum einen sei die deutsche Exportwirtschaft viel stärker als jede andere in Europa von der internationalen
Marktlage abhängig. Das mache sie verletzbarer als die der Franzosen. Bei schwacher Nachfrage aus dem
Ausland wie etwa auf dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise brächen die deutschen Ausfuhren massiv ein,
andere Einnahmequellen – neben dem Export – blieben rar.

Zum anderen käme die Bundesrepublik zwar mit sozialen Problemen wie Arbeitslosigkeit und Ghettoisierung
besser zurecht als Frankreich, jedoch sei auch in Deutschland die Tendenz zu Parallelgesellschaften und
sozialer Ungerechtigkeit erkennbar. Menschen, die aus dem sozialen Raster fielen, fänden hier nur schwer ein
geeignetes Sprachrohr für ihre Probleme – eine Situation, die nicht im Sinne des demokratischen
Grundgedankens sei.

Politikverdrossenheit und Unwissenheit

Die seit 1998 stetig sinkende Wahlbeteiligung der Bürger bei den Bundestagswahlen wertete Peter Maurer als
Indiz für ihre Abkehr von der nationalen Politikmaschinerie. Unwahrscheinlich sei zudem, dass die Deutschen
politikinteressierter und –informierter seien als die Franzosen oder sich objektiver mit der nationalen Politik
auseinandersetzen. Auch Desinteresse und politische Ohnmacht könnten hier zulande der Grund für eine
„Laissez faire“- Haltung gegenüber den politischen Entscheidungsträgern sein.

Dem Optimismus des französischen Gastes setzte Maurer schließlich entgegen: „Wir haben verschiedene
Probleme, aber Probleme haben wir alle beide!“

von Jennifer Lohr

Dieser Artikel ist publiziert in campus.leben, dem Online-Magazin der Freien Universität Berlin unter:
http://www.fu-berlin.de/campusleben/campus/2010/100707_maurer_gallicher/index.html.

© 2010 campus.leben | Feedback | Stand: 07.07.2010

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