ICS 13.

200 VDI-RICHTLINIEN September 2006

Technik und Organisation der betrieblichen Sicherheit VDI 4065

VEREIN Gefährdungsbeurteilung
DEUTSCHER Handlungsanleitung zur systematischen Vorgehensweise
INGENIEURE
Technique and organization of operation security
Former edition: 11/05 Draft, in German only
Frühere Ausgabe: 11.05 Entwurf, deutsch

Risk assessment Ausg. deutsch/englisch

Guidance for the systematic proceeding Issue German/English

Die deutsche Version dieser Richtlinie ist verbindlich. No guarantee can be given with respect to the English transla-
tion. The German version of this guideline shall be taken as
authoritative.

Inhalt Seite Contents Page

Vorbemerkung....................................................... 2 Preliminary note .................................................... 2

1 Zielsetzung ....................................................... 3
2 Begriffe ............................................................. 3
3 Vorgehensweise bei der Gefährdungs-
beurteilung ....................................................... 6
3.1 Bereich des zu beurteilenden Bereichs.......... 7
3.2 Zusammenstellen der vorhandenen
Unterlagen................................................... 8
3.3 Ermitteln der Gefährdungen ......................... 8
3.4 Beurteilen der Gefährdungen........................ 9
3.5 Festlegen der Maßnahmen.......................... 10
3.6 Umsetzung der festgelegten
Maßnahmen .............................................. 10
3.7 Wirksamkeitskontrolle ............................... 10
3.8 Fortschreiben, Verbessern .......................... 11
Schrifttum ........................................................... 12
1 Objective .......................................................... 3
2 Terms................................................................ 3
3 Hazard evaluation procedere ........................... 6
3.1 Select area to be evaluated ........................... 7
3.2 Compile existing documentation .................. 8
3.3 Determine hazards ....................................... 8
3.4 Evaluate hazards.......................................... 9
3.5 Specify measures ....................................... 10
3.6 Implement specified measures.................... 10
3.7 Check effectiveness ................................... 10
3.8 Update, improve ........................................ 11
Bibliography........................................................ 12

VDI-Koordinierungsstelle Umwelttechnik (VDI-KUT)

Fachbereich Technik und Organisation der betrieblichen Sicherheit (FB1)
Ausschuss Gefährdungsbeurteilung

VDI-Handbuch Umwelttechnik
–2– VDI 4065
Vorbemerkung
Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) beschäf-
tigen ca. zwei Drittel aller Arbeitnehmer in der
EU. Meist sind die finanziellen und personellen
Möglichkeiten gerade dieser Unternehmen einge-
engt, und es kann zu Einschränkungen im Arbeits-
schutz kommen. So steigt gemäß den Statistiken
der Unfallversicherungsträger die Zahl melde-
pflichtiger Unfälle mit abnehmender Betriebsgrö-
ße. Diese Richtlinie soll insbesondere KMU Hilfe-
stellung bei der Gefährdungsbeurteilung geben.
In der Bundesrepublik Deutschland ergeben sich
unabhängig von Betriebsart und -größe die für ein
Unternehmen erforderlichen Anforderungen zu-
nächst aus dem Arbeitschutzgesetz (ArbSchG). So
heißt es in § 5 dieses Gesetzes: „Der Arbeitgeber
hat durch eine Beurteilung der für die Beschäftig-
ten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu
ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes
erforderlich sind.“ Weitere Hinweise zur Gefähr-
dungsbeurteilung sind u. a. in der Betriebssicher-
heitsverordnung (BetrSichV) und der Unfallverhü-
tungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“
(BGV A 1) enthalten.
In Vorschriften treten die Begriffe „Unternehmer“
und „Arbeitgeber“ auf. Im folgenden Text wird
nur noch der Begriff „Arbeitgeber“ verwendet.
Durch den Wegfall zahlreicher Unfallverhütungs-
vorschriften sind konkrete Schutzziele nicht mehr
definiert (z. B. Wegfall von Prüffristen). Der Ar-
beitgeber hat nunmehr selbst die Schutzziele zu
definieren (z. B. Prüffristen selbst festlegen) und
leistet damit noch mehr als bisher die Vorsorgear-
beit (Präventionsarbeit) in eigener Verantwortung.
Das systematische Prüfen betrieblicher Vorgänge
(Technik, Organisation, Personen) dient der Ver-
meidung von Fehlbelastungen, Fehlbeanspru-
chungen und Störungen (z. B. Arbeitsunfall). Die
Durchführung der Gefährdungsbeurteilung ist
Grundlage des unternehmerischen Handelns im
Arbeitsschutz und betrifft somit wichtige Ge-
schäftsprozesse (Optimierung der Arbeitssystem-
gestaltung). Sie bringt dem Unternehmen auch
wirtschaftliche Vorteile, z. B. durch Reduzierung
der Unfallzahlen, Verminderung krankheitsbe-
dingter Ausfallzeiten sowie eine erhöhte Rechtssi-
cherheit.
Preliminary note
Small- and medium-sized enterprises (SMEs)
employ approx. two-thirds of all employees in the
EU. It is particularly in such enterprises that fi-
nancial and human resources are mostly limited,
from which limitations to occupational health and
safety may ensue. As a matter of consequence,
according to the statistics of the accident insurers,
the number of notifiable accidents increases with
decreasing enterprise size. This guideline is in-
tended to assist especially SMEs with the hazard
evaluation.
In the Federal Republic of Germany, the necessary
requirements first of all result from the Health and
Safety at Work Act (ArbSchG) and are independ-
ent of the type and size of enterprise. § 5 of this
act reads: “The employer must determine, by
means of an evaluation of the hazard to the em-
ployees ensuing from their work, which measures
of occupational health and safety are required.”
Further information on hazard evaluation is in-
cluded in the occupational safety ordinance
(BetrSichV) and the accident prevention regula-
tion “Basic rules of prevention” (BGV A 1) as
well as in other documents.
Regulations use the terms “contractor” and “em-
ployer”. Only the term “employer” will be used
hereinafter.
Due to numerous accident prevention regulations
having been repealed, specific protection targets
are no longer defined (e. g. deadlines for checks
repealed). The employer now has to define the
protection targets by himself (e. g. determine the
deadlines for checks), thus assuming even more
responsibility for the prevention work than was
previously the case. The systematic checking of
processes in the enterprise (technology, organiza-
tion, personnel) serves to avoid excessive exposure
and stress as well as incidents (such as an occupa-
tional accident). Performing a hazard evaluation is
the basis for entrepreneurial action in occupational
health and safety and hence concerns important
business processes (optimization of the work sys-
tem design). It also implies economic advantages
for the enterprise, e. g. by decreased accident rates,
decreased illness-related absence rates as well as
improved legal certainty.

1 Zielsetzung
Arbeitgeber haben sich schon immer – auch ohne
Arbeitsschutzgesetz oder Betriebssicherheitsver-
ordnung – mit der Gefährdung ihrer Beschäftigten
am Arbeitsplatz auseinander gesetzt und geeignete
Maßnahmen getroffen, jedoch oft wenig systema-
tisch.
Diese Richtlinie hat zum Ziel, in anschaulicher
Weise die systematische Vorgehensweise bei der
Durchführung der Gefährdungsbeurteilung darzu-
stellen, die sich in der Praxis bewährt hat. Ent-
scheidende Voraussetzung ist, dass der Arbeitge-
ber die positive Bedeutung der Gefährdungsbeur-
teilung erkennt und diese Aufgabe zur „Chefsa-
che“ macht. Der Anwender der Richtlinie erhält
eine Handlungsanleitung, mit deren Hilfe er sich
leichter und intensiver als bisher mit der Gefähr-
dungsbeurteilung befassen kann.
2 Begriffe [1; 2]
Arbeitsschutz und Maßnahmen
Arbeitsschutz ist:
• Abwehr von Unfallgefahren und Arbeitsbe-
dingten Gesundheitsgefahren zum Schutz vor
Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und ande-
ren Arbeitsbedingten Erkrankungen
• menschengerechte Gestaltung und ständige
Verbesserung der Arbeit, dass diese insgesamt
den körperlichen und geistigen Leistungsvor-
aussetzungen des Beschäftigten entspricht
Maßnahmen im Arbeitsschutz sind ihrer Rangfol-
ge entsprechend:
a) technisch
b) organisatorisch
c) personenbezogen
Gefährdung
Mit „Gefährdung“ wird die Möglichkeit bezeich-
net, dass eine Person zeitlich und räumlich mit
einer Gefahrenquelle (Gefährdungsfaktor) zu-
sammentreffen und dabei eine schädigende Wir-
kung entstehen kann.
Gefährdungsbeurteilung
Grundlage betrieblicher Prävention (Vorbeugung)
ist eine Beurteilung der Arbeitsbedingungen, um
mögliche Gefährdungen der Beschäftigten bei der
Arbeit zu ermitteln, zu bewerten und Maßnahmen
zur Vermeidung oder einer ausreichenden Redu-
zierung von Gefahren zu treffen. Eine Gefähr-
dungsbeurteilung ist die gründliche Überprüfung
beispielsweise einer Tätigkeit, eines Arbeitsmit-
VDI 4065 –3–
1 Objective
Employers have always – even without a health
and safety at work act or operational safety ordi-
nance – concerned themselves with the exposure
of their employees to hazards at the workstation,
and have taken suitable measures, often, however,
lacking a systematic approach.
This guideline is intended to illustrate the system-
atic procedure for carrying out the hazard evalua-
tion, which has proven useful in practice. The
decisive prerequisite is that the employer recog-
nizes the positive effect of the hazard evaluation
and gives this task top priority. The user of the
guideline is given a set of instructions which allow
him to deal with the hazard evaluation more easily
and more intensively than before.
2 Terms [1; 2]
Occupational health and safety and measures
Occupational health and safety signifies:
• Control of accident hazards and work-related
health hazards to avoid accidents at work, oc-
cupational diseases and other work-related ill-
nesses.
• Humane design, and permanent improvement,
of the work so that it meets the physical and in-
tellectual capacities of the employee
Measures of occupational health and safety are, in
order of priority:
a) technical
b) organizational
c) personnel-related
Hazard
The term “hazard“ signifies the possibility that a
person may encounter, in space and time, a hazard
source (hazard factor) and hence be exposed to a
detrimental effect.
Hazard evaluation
The basis of operational prevention is an evalua-
tion of the working conditions in order to deter-
mine possible hazards for the employees at work,
to evaluate them and to take measures to avoid or
sufficiently reduce dangers. A hazard evaluation is
the thorough checking of, for instance, an activity,
a piece of work equipment, a workstation or a
work process or work system. Its formal aspects
–4– VDI 4065
tels, eines Arbeitsplatzes oder eines Arbeitspro-
zesses bzw. Arbeitssystems. Sie ist nicht an eine
bestimmte Form gebunden. Es gibt verschiedene
Arbeitshilfen, z. B. Checklisten der Unfallversi-
cherungsträger.
Die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung sind
zu dokumentieren. Aus dieser Dokumentation
müssen die festgelegten Arbeitsschutzmaßnah-
men, die Kontrolle der Durchführung der Maß-
nahmen, die Wirksamkeit der Maßnahmen und die
erzielten Verbesserungen hervorgehen.
Anlass einer Gefährdungsbeurteilung kann u. a.
sein:
• Erstbeurteilung bestehender oder neuer
Arbeitsplätze
• Einsatz neuer Maschinen, Arbeitsmittel,
Einrichtungen, Arbeitsstoffe, Arbeitsverfahren
usw.
• wesentliche Änderungen von Arbeits-/
Verkehrsbereichen, Tätigkeitsabläufen, der
Arbeitsorganisation usw.
• Unfälle, Beinaheunfälle
• Berufskrankheiten oder häufig auftretende Er-
krankungen mit betrieblich bedingten Ursachen
Grundsätzlich unterscheidet man:
• vorausschauende (präventive) Gefährdungsbe-
urteilung: vor Eintritt eines Unfalls, einer
Fehlbeanspruchung oder einer Fehlbelastung
• rückschauende (retrospektive) Gefährdungsbe-
urteilung: nach Eintritt eines Unfalls, einer
Fehlbeanspruchung oder einer Fehlbelastung
Gefährdungsermittlung
Gefährdungsermittlung ist die systematische Er-
fassung von Gefährdungen (ohne Bewertung/
Beurteilung). Sie ist Grundlage der Gefährdungs-
beurteilung.
Gefährdungsfaktoren
Gefährdungsfaktoren sind z. B.:
• physikalische
− mechanische
ungeschützt bewegte Teile
Teile mit gefährlichen Oberflächen
bewegte Transportmittel, bewegte
Arbeitsmittel
unkontrolliert bewegte Teile
glatte Böden, Stolperstellen, ungeeignetes
Schuhwerk, unebenes Gelände,
unzureichende Absturzsicherung
may vary. There are different aids, e. g. checklists
of the accident insurers.
The results of the hazard evaluation have to be
documented. This documentation shall present the
specified occupational health and safety measures,
the check of the performance of the measures, the
effectiveness of the measures, and the improve-
ments achieved.
Reasons for a hazard evaluation may be, among
other things:
• Initial evaluation of existing or new worksta-
tions
• Use of new machinery, work equipment, de-
vices, substances, working methods, etc.
• Substantial changes to working/traffic areas,
workflows, work organization, etc.
• Accidents, near accidents
• Occupational diseases or frequently occurring
illnesses with work-related causes
A basic distinction is made between:
• Prospective (preventive) hazard evaluation:
prior to the occurrence of an accident, an ex-
cessive stress or exposure
• Retrospective hazard evaluation: after an acci-
dent, an excessive stress or exposure has oc-
curred
Hazard determination
Hazard determination denotes the systematic de-
termination of hazards (without assessment/
evaluation). It is the basis of the hazard evalua-
tion.
Hazard factors
Hazard factors are, e. g.:
• physical
− mechanical
unprotected moving parts
parts with dangerous surfaces
moving transport equipment, moving work
equipment
parts moving in an uncontrolled manner
slippery floors, trip spots, unsuitable
footwear, uneven terrain, insufficient
anti-fall protection
 VDI 4065 –5–

− elektrische − electrical
unzureichender Berührschutz aktiver Teile insufficient protection from touching live
parts
Störlichtbögen stray arcs
elektrostatische Aufladungen electrostatic charges
− thermische − thermal
heiße oder kalte Medien/Oberflächen hot or cold media/surfaces
− Klima − climatic conditions
Lufttemperatur, -geschwindigkeit, air temperature, air velocity, air humidity,
-feuchtigkeit, Wärmestrahlung radiant heat
− Schall − sound
Lärm, Infra-/Ultraschall noise, infrasound/ultrasound
− mechanische Schwingungen − mechanical vibration
Hand-Arm-, Ganzköperschwingungen hand-arm, whole-body vibrations
− Strahlung − radiation
ultraviolette, infrarote, ionisierende ultraviolet, infrared, ionising radiation
Strahlung
elektromagnetische Felder electromagnetic fields
Laserstrahlung laser radiation
− Beleuchtung − lighting
− Farbe − colour
− Arbeiten in Über-/Unterdruck − working under positive or negative pressure
• chemische • chemical
− Brände, Explosionen − fires, explosions
Brandgefährdung durch Feststoffe, fire hazard due to solids, liquids, gases
Flüssigkeiten, Gase
explosionsfähige Atmosphäre explosive atmosphere
− Gefahrstoffe − hazardous materials
Flüssigkeiten, Gase, Nebel, Dämpfe, liquids, gases, mists, vapours, dusts
Stäube
• biologische • biological
− biologische Arbeitsstoffe − biological substances
Infektionsgefahr durch Mikroorganis- infection hazard due to micro-organisms
men und Viren and viruses
gentechnisch veränderte Organismen genetically modified organisms
allergene und toxische Stoffe von allergenic and toxic substances from
Mikroorganismen, Kleinstlebewesen micro-organisms, micro-organisms
• physische • physical
− schwere dynamische Arbeit − hard dynamic work
− einseitige dynamische Arbeit − one-sided dynamic work
− Haltungs-/Haltearbeit − holding/retaining work
− Kombination aus statischer und − combination of static and dynamic work
dynamischer Arbeit
–6– VDI 4065
• psychische
− Arbeitsaufgabe
− Arbeitsorganisation
− soziale Beziehungen
− Rivalitäten
• Sonstige
− durch den Menschen bedingt
Unachtsamkeit, Fehlverhalten
Überschätzung der eigenen Fähigkeiten
und Kräfte
übertragbare Krankheiten
Überfall
− durch Tiere bedingt
Verletzungen durch Schlagen, Stoßen,
Treten, Stechen, Beißen, übertragbare
Krankheiten, Vergiftungen, Allergien
• Organisation
Arbeitsablauf, Arbeitszeit, Qualifikation,
Unterweisung, Verantwortung
• Kombinationen
− Zusammenwirken mehrerer Gefährdungen
3 Vorgehensweise bei der Gefährdungs-
beurteilung
Die im Unternehmen vorhandenen Fachleute
(z. B. Sicherheitsfachkraft, Betriebsarzt, Betriebs-
rat und gegebenenfalls auch externe Stellen) sind
in die Gefährdungsbeurteilung mit einzubinden. In
jedem Fall sind die Beschäftigten in diesen Pro-
zess einzubeziehen, damit deren Erfahrung aus der
täglichen Arbeit einfließen kann.
Zum Ablauf einer fachgerechten Beurteilung eines
Arbeitsplatzes hinsichtlich des Gefährdungspoten-
zials hat sich die in Bild 1 dargestellte Vorge-
hensweise bewährt.
Jeder der Einzelschritte ist zu dokumentieren. Im
Folgenden wird die Vorgehensweise zu den ein-
zelnen Schritten an einem konkreten Beispiel ver-
deutlicht.
• psychological
− task
− work organization
− social relationships
− rivalries
• other
− caused by man
carelessness, human error
overestimation of one’s own abilities
and power
infectious diseases
attacks
− caused by animals
injuries due to hitting, pushing,
kicking, stinging, biting, infectious
diseases, poisoning, allergies
• organizational
workflow, working time, qualification,
instruction, responsibility
• combinations
− combined effect of several hazards
3 Hazard evaluation procedure
The experts available in the enterprise (e. g. safety
officer, company physician, worker’s council and,
if appropriate, also external experts) shall be in-
volved in the hazard evaluation. In any case, the
employees have to be involved in this process so
that their experience from everyday work can be
utilized.
For an appropriate evaluation of a workstation
with respect to the hazard potential, the procedure
shown in Figure 1 has proven useful.
Every individual step has to be documented. The
procedure for the individual steps is clarified be-
low by means of a specific example.

Bild 1. Vorgehensweise bei der Gefährdungsbeurteilung
Figure 1. Hazard evaluation procedure
3.1 Auswählen des zu beurteilenden
Bereichs
Am zweckmäßigsten beginnt man z. B. mit dem
Bereich, der am gefährlichsten erscheint oder in
dem bereits ein Unfall aufgetreten ist. Die weite-
ren Bereiche (z. B. Arbeitsplatz, Arbeitsmittel,
Gebäude, Freigelände) können dann ihren Gefähr-
dungen entsprechend (z. B. Umgang mit Arbeits-
stoffen) nacheinander einbezogen werden.
Beispiel
Betrachtet wird ein produzierendes Unternehmen, das bisher
noch keine umfassenden und systematischen Arbeits-
schutzmaßnahmen eingeführt hat. Das Unternehmen ist struk-
turiert in Wareneingang, Produktionshalle, Lager und Waren-
ausgang. Verwaltungsaufgaben werden in einem Büro durch-
geführt.
VDI 4065 –7–
3.1 Select area to be evaluated
It is most expedient to start with, e. g., the area
that seems to be the most dangerous or in which
an accident has already occurred. The further ar-
eas (such as workstation, work equipment, prem-
ises, open-air ground) can then be considered step-
by-step, depending on their hazards (e. g. handling
of substances).
Example
The object under consideration is a manufacturing enterprise
that has not yet introduced extensive and systematic occupa-
tional health and safety measures. The enterprise is divided
into receiving department, production hall, warehouse and
goods issuing department. Administration work is carried out
in an office.
–8– VDI 4065
Auslöser ist ein Arbeitsunfall (Quetschen der Finger am
offenen Riementrieb), der den Arbeitgeber veranlasst, sich
intensiv mit Arbeitsschutz und Gefährdungsbeurteilung zu
befassen.
Es wird die Maschine und deren Umgebung ausgewählt, an
der der Arbeitsunfall geschehen ist.
3.2 Zusammenstellen der vorhandenen Unter-
lagen
Für eine erste Aufnahme sind beispielsweise fol-
gende Unterlagen heranzuziehen:
• Unfallanzeigen, Unfallmeldungen
• Verbandbuch
• Berichte der Sicherheitsfachkraft und des
Betriebsarztes
• Schriftverkehr mit Aufsichtsbehörde, Unfall-
versicherungsträger
• Messprotokolle z. B. über Lärm, Beleuchtung,
Klima
• Betriebsanweisungen
• Gefahrstoffverzeichnis
• Leitfäden für Gefährdungsbeurteilungen
• Unfallbelastungslisten und -statistiken z. B. der
Unfallversicherungsträger.
• Unfallverhütungsvorschriften, gesetzliche Re-
gelwerke, Normen
Anhand dieser Unterlagen können erste Gefähr-
dungsschwerpunkte erkannt werden.
Beispiel
Folgende Unterlagen werden zusammengestellt:
• Bedienungsanleitung der Maschine (aus Mappe an der
Maschine entnommen)
• Unfallanzeige (aus dem Verwaltungsbüro beigebracht)
• Unterlagen über Unterweisungen der Beschäftigten (aus
dem Verwaltungsbüro beigebracht)
• Wartungsplan, Prüfunterlagen (aus Mappe an der Ma-
schine entnommen)
• Betriebsanweisungen (aus Mappe an der Maschine ent-
nommen)
3.3 Ermitteln der Gefährdungen
Neben der rückschauenden Gefährdungsermitt-
lung (Untersuchung des letzten Unfalls) gibt es
folgende Möglichkeiten der vorausschauenden
Gefährdungsermittlung:
• Begehung/Besichtigung, um offensichtliche
Gefährdungen zu erkennen
The cause is an accident at work (fingers caught in the open
belt drive), which induces the employer to deal in depth with
occupational health and safety and hazard evaluation.
The machine on which the accident at work has happened is
selected, together with its environment.
3.2 Compile existing documentation
For initial fact-finding, the following documents,
for example, are to be used:
• notices of accident, accident reports
• first-aid log
• reports of the safety officer and the company
physician
• correspondence with supervisory authority,
employers’ liability insurance association
• measurement reports on, e. g., noise, lighting,
climatic conditions
• operating instructions
• list of hazardous substances
• guidelines for hazard evaluations
• accident lists and statistics issued by, e. g., the
accident insurers
• accident prevention regulations, legal regula-
tions, standards
By means of these documents, first main hazards
can be identified.
Example
The following documents are compiled:
• operating instructions for the machine (taken from folder
at the machine)
• notice of accident (made available by the administration
office)
• documentation of instructions given to the employees
(made available by the administration office)
• maintenance schedule, test reports (taken from folder at
the machine)
• instruction handbook (taken from folder at the machine)
3.3 Determine hazards
In addition to the retrospective hazard determina-
tion (investigation of the last accident), there are
the following possibilities of prospective hazard
determination:
• Inspection/visit in order to identify obvious
hazards

• objektorientierte Gefährdungsermittlung von
Arbeitsmittel, Arbeitsplatz, Arbeitsorganisation
etc.
• ablauforientierte Gefährdungsermittlung des
Zusammenwirkens von Arbeitsmittel, Arbeits-
platz, Arbeitsorganisation
Allen gemeinsam ist die systematische Ermittlung
von Gefährdungen. Hilfsmittel sind beispielsweise
die Auflistung der Gefährdungsfaktoren (vgl. Ab-
schnitt 2) oder die Gefährdungskataloge der Un-
fallversicherungsträger
Beispiel
Der Arbeitsplatz an der Maschine wird gemeinsam mit dem
Maschinenbediener betrachtet. Folgende Fragen werden
gestellt und die Antworten dokumentiert: Wie ist der Unfall
geschehen? Warum ist der Unfall geschehen? Was könnte
hier noch passieren?
• Technik
− Unfallursache war ein ungeschützt bewegtes Teil –
offener Riementrieb, Einzugstelle Riemen/Riemen-
scheibe
− Hier zusätzliche Gefährdung durch unkontrolliert be-
wegtes Teil: Wegfliegen des gerissenen Riemens
• Arbeitsablauf und -bedingungen: Schutzhaube war nicht
mehr vorhanden
• Maschinenbediener: Ablenkung durch Zuruf
• Umgebungsbedingungen: hier keine Besonderheiten
3.4 Beurteilen der Gefährdungen
Nach der Gefährdungsermittlung ist eine Gefähr-
dungsbeurteilung durchzuführen. Diese besteht
aus Risikoabschätzung (Eintrittswahrscheinlich-
keit, Schadensschwere) und Risikobewertung
(Risiko akzeptabel oder nicht akzeptabel). In den
Gefährdungskatalogen der Unfallversicherungs-
träger sind die typischen Gefährdungsfaktoren mit
den möglichen Maßnahmen bereits zusammenge-
stellt.
Beispiel
Gibt es weitere Maschinen dieses Typs im Betrieb? Sind
diese sicher? Wie wahrscheinlich ist es, dass der gleiche
Unfall erneut oder ein anderer an dieser Maschine geschieht?
Wie sind die Auswirkungen der Gefährdungen auf Mensch
und Umwelt? Wird der Stand der Technik eingehalten? Risi-
koabschätzung und -bewertung (Risiko hoch/mittel/gering).
• Technik: hohes Risiko – offener Riementrieb ist nach
Stand der Technik nicht akzeptabel. Ebenso inakzeptabel
sind unkontrolliert bewegte Teile (gerissener Riemen
fliegt weg).
VDI 4065 –9–
• Object-oriented hazard determination of work
equipment, workstation, work organization,
etc.
• Process-oriented hazard determination of the
interaction of work equipment, workstation,
work organization
All of these share the systematic approach in de-
termining hazards. The list of hazard factors (see
Section 2) and the hazard catalogues of the acci-
dent insurers are examples of helpful aids.
Example
The workstation at the machine is inspected together with the
machine operator. The following questions are asked, and the
answers documented. How did the accident happen? Why did
the accident happen? What else might happen here?
• Technical conditions
− The accident was caused by an unprotected moving
part – open belt drive, nip point belt/belt pulley
− Additional hazard due to part moving in an uncon-
trolled manner : torn belt sent flying
• Operating sequence and conditions: Protection hood had
been removed
• Machine operator: attention diverted by a shout
• Environmental conditions: no special features
3.4 Evaluate hazards
Following the hazard determination, a hazard
evaluation must be performed. This evaluation
includes risk estimation (risk of occurrence, sever-
ity of damage) and risk assessment (risk accept-
able or unacceptable). The hazard catalogues of
the accident insurers already list the typical hazard
factors and possible measures.
Example
Are there any other machines of this type in the enterprise?
Are they safe? What is the probability of the same accident
occurring again, or of a different accident occurring at this
machine? What are the impacts of the hazards on man and
environment? Is the state of the art observed? Risk estimation
and assessment and evaluation (risk high/medium/low)
• Technical conditions: high risk – open belt drive is unac-
ceptable according to the state of the art. Parts moving in
an uncontrolled manner are also unacceptable (torn belt is
sent flying).
– 10 – VDI 4065
3.5 Festlegen der Maßnahmen
Auf Grundlage der durchgeführten Gefährdungs-
ermittlung sind in Abhängigkeit von Risikoab-
schätzung und Risikobewertung für jede festge-
stellte Gefährdung geeignete Maßnahmen zu de-
ren Minderung oder Beseitigung festzulegen. Die-
se können darin bestehen,
• Gefahrenquellen zu vermeiden/zu beseitigen,
• sicherheitstechnische Maßnahmen umzusetzen,
• organisatorische Maßnahmen durchzuführen,
• arbeitsmedizinische Vorsorge organisieren
• verhaltensbezogene Maßnahmen vorzugeben
und/oder
• Persönliche Schutzausrüstung (PSA) zu ver-
wenden.
Neben der konkreten Beschreibung der erforderli-
chen Maßnahmen ist die für die Umsetzung ver-
antwortliche Person namentlich zu benennen.
Beispiel
Als geeignete Maßnahme, die bewirkt, dass Auswirkungen
auf Mensch und Umwelt möglichst gering sind, wird eine
Schutzhaube an der Maschine angebracht, die verhindert,
dass Finger gequetscht und Personen durch umher fliegende
Teile verletzt werden können. Als Verantwortlicher für die
Umsetzung der Maßnahme wird der Betriebsschlosser Müller
benannt.
3.6 Umsetzung der festgelegten Maßnahmen
Um die in Abschnitt 3.5 festgelegten Maßnahmen
umsetzen zu können, müssen die erforderlichen
Mittel und die erforderliche Zeit zur Verfügung
stehen. Entsprechend ihrer Dringlichkeit sind die
festgelegten Maßnahmen zeitnah umzusetzen.
Beispiel
Der Betriebsschlosser des Unternehmens wird vom Betriebs-
leiter beauftragt, unverzüglich eine geeignete Schutzhaube zu
beschaffen und diese an der Maschine anzubringen. Wegen
des hohen Risikos wird die Maschine sofort still gesetzt. Die
Beschäftigten werden angewiesen, die Maschine zukünftig
nicht ohne Riemenschutzhaube zu betreiben.
3.7 Wirksamkeitskontrolle
Die Wirksamkeit der Maßnahmen muss kontrol-
liert werden:
• Kontrolle der Durchführung (Wer, Was, Wann,
Wie?)
• Kontrolle der Wirksamkeit (Ist das erwünschte
Ziel erreicht?)
• Erhaltungskontrolle: Bleibt der erreichte Zu-
stand bestehen?
3.5 Specify measures
Based on the hazard determination and depending
on risk estimation and risk assessment, suitable
measures have to be specified for each hazard
identified, serving to reduce or eliminate the re-
spective hazard. These measures may consist in
• avoiding/eliminating hazard sources,
• implementing safety measures,
• taking organizational measures,
• organizing occupational health care,
• specifying conduct-related measures and/or
• using personal protective equipment (PPE).
In addition to the detailed description of the meas-
ures required, the person responsible for the im-
plementation shall be named.
Example
As a suitable measure, minimizing the impact on man and
environment, a protection hood will be installed on the ma-
chine, which prevents fingers from getting caught and per-
sons from being injured by parts sent flying. Shop mechanic
Mr. Smith is designated the person in charge of implement-
ing the measure.
3.6 Implement specified measures
In order to be able to implement the measures
specified in Section 3.5, the required equipment
and time must be available. In accordance with
their urgency, the measures specified have to be
implemented in due time.
Example
The shop manager asks the shop mechanic to immediately
procure a suitable protection hood and install it on the ma-
chine. Considering the high risk, the machine is shut down
immediately. The employees are instructed never to operate
the machine without belt protection hood in future.
3.7 Check effectiveness
The effectiveness of the measures must be
checked:
• check of performance (who, what, when,
how?)
• check of effectiveness (Has the desired target
been achieved?)
• check of maintenance: Is the achieved state
maintained?

Es muss sichergestellt sein, dass durch eine Maß-
nahme keine neuen Gefährdungen entstehen.
Beispiel
Nach Anbringen der Schutzhaube prüft der Betriebsleiter
zusammen mit dem Maschinenbediener, ob eine Verletzung
bei der Maschinenbedienung jetzt wirksam verhindert ist,
ohne dass der Arbeitsablauf behindert wird. Vor allem nach
Wartungsarbeiten wird vom Betriebsleiter geprüft, ob die
Schutzhaube wieder montiert ist.
3.8 Fortschreiben, Verbessern
Die Gefährdungsbeurteilung ist ein Prozess, der
regelmäßig, aber mindestens z. B. bei Änderungen
von Arbeitsverfahren oder -abläufen durchlaufen
werden muss.
Je kürzer die zeitlichen Abstände zwischen den
Fortschreibungen der Gefährdungsbeurteilungen
sind, desto wirkungsvoller ist die Prävention. Ziel
der Fortschreibung ist die kontinuierliche Verbes-
serung des Arbeitsschutzes.
Beispiel
Bei der nächsten Gefährdungsbeurteilung nach einem Jahr
wurde festgestellt, dass das Vibrieren der Schutzhaube des
Riementriebs eine Lärmbelastung darstellt. Nach Feststellung
dieser neuen Belastung wird der Prozess der
Gefährdungsbeurteilung wieder von vorne durchlaufen, mit
dem Ergebnis, dass die Geräuschabstrahlung der Schutzhaube
durch Dämmstoffe vermindert wird.
VDI 4065 – 11 –
Make sure that no new hazards are incurred by a
measure.
Example
After installation of the protection hood, the shop manager
and the machine operator verify that injuries during machine
operation are now effectively avoided without impeding the
operational sequence. Especially after maintenance opera-
tions, the shop manager verifies that the protection hood has
been re-installed.
3.8 Update, improve
The hazard evaluation is a process that has to be
performed at regular intervals, but at least, e. g.,
whenever working methods or operational se-
quences have been modified.
The shorter the time intervals between the updates
of hazard evaluations, the more effective the pre-
vention will be. Updating serves to continually
improve operational health and safety.
Example
During the following hazard evaluation one year later, the
vibration of the protection hood of the belt drive was found to
be a source of noise. Following the detection of this new
impact, the process of hazard evaluation is reiterated with the
result that the noise emission of the protection hood is re-
duced by sound-insulating materials.
– 12 – VDI 4065
Schrifttum/Bibliography
Gesetze, Verordnungen, Verwaltungsvorschriften/
Acts, ordinances, administrative regulations
Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeits-
schutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesund-
heitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutz-
gesetz – ArbSchG). BGBl I, 1996, Nr. 43, S. 1246–1253
Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der
Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren Benutzung bei der
Arbeit, über Sicherheit beim Betrieb überwachungsbedürftiger
Anlagen und über die Organisation des betrieblichen Arbeits-
schutzes (Betriebssicherheitsverordnung – BetrSichV). BGBl
I, 2002, Nr. 70, S. 3777–3816
BGV A 1 : 2005-04 BG-Vorschrift – Grundsätze der Präventi-
on. Köln: Carl Heymanns Verlag
Literatur/Literature
[1] Skiba, R.: Taschenbuch Arbeitssicherheit
[2] Lehder, G.; R. Skiba: Betriebliche Sicherheitstechnik
Links
Die Eingabe der Begriffe „Gefährdungsbeurteilung, Checklis-
ten, Hilfen“ in eine Internet-Suchmaschine führt zu zahlrei-
chen Informationen und weiterführenden Links. / Entering the
terms “hazard evaluation, checklists, aids“ in an Internet
search engine will lead to numerous information sources and
further links.
Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am
Arbeitsplatz: http://de.osha.eu.int/
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin:
www.baua.de
Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften:
www.hvbg.de
BG-Netzwerk Prävention: www.bg-praevention.de
Bundesverband der Unfallkassen: www.unfallkassen.de
Der unabhängige Markplatz für Arbeitsschutz, Gesundheits-
schutz, Umweltschutz und Qualität: www.praevention-
online.de
Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik
(LASI) mit Links zu den Bundesländern:
www.brandenburg.de/liaa
Bürgerportal Arbeitsschutz des Landes NRW:
www.komnet.nrw.de/onlineRecherche/index.htmlxxx