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Arcadia 2017; 52(1): 74–94

Contributions

Hyowon Cho
Vergangene Vergängnis: Für eine Philologie
des Stattdessen

DOI 10.1515/arcadia-2017-0005

Abstract: Between Erich Auerbach and Walter Benjamin, there existed a remarka-
ble friendship, which on the one hand manifested itself as an unobtrusive dis-
putation, and yet which on the other hand could be considered an unintended
collaboration toward an old-new ideal of philology. Auerbach claims that with
the Divine Comedy of Dante Alighieri, Western European literature reached the
climax of the figuralism that Auerbach, if belatedly, wants to bring to the fore.
Benjamin, in contrast, finds energy for the revolution in the surrealistic love that
traces back not to Dante, but to the Provençal poetry which Auerbach regards
merely as preliminary to Danteʼs literary achievement. In his The Origin of German
Tragic Drama, Benjamin highlights the concept of creatureliness, whose signifi-
cance for his philosophy of history is no less than that of justice. Auerbach, for his
part, does not find its expression in the Germany of the 17th century, but in the
France of the 16th century, namely in the work of Michel de Montaigne. However,
Montaigneʼs creatureliness is rooted in sermo humilis, which is best embodied in
the story of Peter who denied his Lord Jesus Christ three times. By contrast,
German creatureliness detects its dissolution in the idea of natural theatre that
Benjamin locates in the work of Franz Kafka. Sermo humilis is the perfection of
figuralism, whereas the idea of natural theatre means reversal of allegory. The
perfected figuralism and the reversed allegory cooperate in the idea of the philolo-
gy of instead (Philologie des Stattdessen), whose task it is to make bygone the
futility of worldly things. 

Keywords: allegory, figuralism, creatureliness, natural theatre, sermo humilis,


futility

Kontaktperson: Hyowon Cho, NYU, German Department, 19 University Place, 3rd Floor, New York,
NY 10003, E-Mail: hc1472@nyu.edu

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Vergangene Vergängnis: Für eine Philologie des Stattdessen 75

Die Präfiguration verleiht einer Entscheidung, die von äußerster Kontingenz, also
Unbegründbarkeit sein mag, Legitimität.

Hans Blumenberg, Präfiguration

1 Prolog: Schicksal und Charakter einer


Freundschaft
Seit Karlheinz Barck einen kurzen Aufsatz über die Korrespondenz zwischen
Erich Auerbach und Walter Benjamin veröffentlicht hat (Barck), ist wohl be-
kannt, dass sich die beiden gleichaltrigen jüdischen Schriftsteller aus Berlin
1924 in der Preußischen Staatsbibliothek angefreundet hatten. Die Freundschaft
dauerte bis in die 1930er Jahre an, obwohl es scheint, als hätten beide nur in
einem sporadischen Briefwechsel miteinander gestanden. Dennoch steht die
Ernsthaftigkeit ihrer Freundschaft außer Frage, was sich darin zeigt, dass Auer-
bach die Projekte seines Freundes, einschließlich Passagenwerk und Deutsche
Menschen, zur Kenntnis nahm und später sogar ein Empfehlungsschreiben zu
einer Professur der germanistischen Fakultät an der Universität von São Paulo
in Brasilien für ihn schreiben wollte. Zudem hatten sie beide auch großes
Interesse an französischer Literatur. Zwar übersetzte Benjamin die Gedichte
Baudelaires und mit Franz Hessel das Meisterwerk Prousts, Auf der Suche nach
der verlorenen Zeit. Auerbach rezensierte die Übersetzung und beschäftigt sich
etwa zwanzig Jahre später am Ende seines eigenen Meisterwerkes, Mimesis,
erneut damit. Vor allem aber war ihnen gemeinsam, Heimweh nach der Berliner
Kindheit um 1900 zu haben, deren Verlust Auerbach und Benjamin in tiefe
Seelennot führte.
Dennoch soll hier keine vorschnelle Schlussfolgerung gezogen werden, die
unterstellen würde, dass es nur ein freundliches Verständnis zwischen ihnen gab.
Vielmehr soll das Augenmerk auf die Tatsache gerichtet werden, dass Auerbach
und Benjamin in einer ganz unauffälligen Weise ein virtuelles Wortgefecht
geführt hatten, welches weitaus interessantere Auseinandersetzungen andeutet.
Wie Stefanie Leuenberger nachgewiesen hat, publizierte Auerbach 1921 seine
Übersetzungen der Gedichte von Dante und Petrarca in der Zeitschrift Die Argo-
nauten, in der Benjamin seinerseits seinen Aufsatz „Schicksal und Charakter“
veröffentlichte. Leuenberger behauptet, dass Auerbach Benjamins Auslegung
dieses Begriffspaars als einen Ansatz zu seiner eigenen Auseinandersetzung mit
Dante gewählt hat (87), und deshalb als Motto seines Dante-Buches 1929 ein
Diktum Heraklits wählte: „Der Charakter des Menschen ist sein Schicksal.“ (87)
Damit wollte Auerbach vermutlich Benjamins Auflösung des Begriffspaars wider-

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legen. Doch schon bevor Auerbach Dante als Dichter der irdischen Welt verfasste,
hatte er, wie Leuenberger angemerkt hat, 1921 in seinem Aufsatz „Zur Dante-
Feier“ festgestellt: „Charakter und Schicksal sind eines, und in der freien Wahl
des autonomen Ichs ist sein Geschick; es ist in seiner Besonderheit von Gott
geschaffen, aber die Freiheit der Entscheidung ist ihm gelassen.“ (408)
Demgegenüber behauptet Benjamin, dass das Zusammenfallen beider Begriffe
lediglich unter der Voraussetzung erfolgt, dass das Innen und das Außen eines
Menschen kaum unterscheidbar sind: „Charakter und Schicksal werden in dieser
Betrachtung, weit entfernt theoretisch geschieden zu werden, zusammenfallen.“
(„Schicksal und Charakter“ 173) Eigentlich aber liegt seiner Perspektive eine schar-
fe Scheidung zwischen Schicksal und Charakter zugrunde. „[W]o Charakter ist“,
fügt Benjamin hinzu, „da wird mit Sicherheit Schicksal nicht sein und im Zusam-
menhang des Schicksals Charakter nicht angetroffen werden.“ (173) Gewöhnlich
stellt man das Schicksal in einen religiösen Zusammenhang, den Charakter hin-
gegen in einen ethischen; dahingegen glaubt Benjamin, Charakter finde seinen
eigentlichen Ort auf der Bühne. Ein Vorbild des so verstandenen Charakters findet
Benjamin in den Komödien des französischen Dramatikers. „Während das Schick-
sal“, fährt Benjamin fort, „die ungeheure Komplikation der verschuldeten Person,
die Komplikation und Bindung ihrer Schuld aufrollt, gibt auf jene mythische Ver-
knechtung der Person im Schuldzusammenhang der Charakter die Antwort des
Genius.“ (178) Es handelt sich also für Benjamin um den soteriologischen Gegen-
satz zwischen Urschuld und Unschuld des Menschen, dessen sich Auerbach sicher
bewusst war. „Dem Dogma von der natürlichen Schuld des Menschenlebens“,
schreibt Benjamin, „von der Urschuld, deren prinzipielle Unlösbarkeit die Lehre,
und deren gelegentliche Lösung den Kultus des Heidentums bildet, stellt der
Genius die Vision von der natürlichen Unschuld des Menschen entgegen.“ (178)
Angesichts dieser sonderbaren Konfrontation zwischen Auerbach und Benja-
min mögen wir uns an eine absonderliche Geste eines jüdischen Philosophen
erinnern, über den Richard Faber berichtete. Fabers Bericht zufolge hat dieser
Philosoph während einer Reihe von Seminaren um 1968 Auerbachs Mimesis „in
beide Arme [genommen], um kosend mit ihr zu tanzen, als wäre sie eine ostjü-
dische Thorarolle“ (326). Dieser Philosoph ist Jacob Taubes, der 1987 durch sein
wissenschaftliches Testament in Heidelberg zum ersten Mal Benjamins Theo-
logisch-Politisches Fragment in Verbindung mit dem Römerbrief des Paulus brach-
te. Die Geste und die Worte Taubes’ verkörpern Schicksal und Charakter der
Freundschaft zwischen Auerbach und Benjamin, die sich auf virtuelle philologi-
sche Auseinandersetzungen stützt. Mit anderen Worten: Dass der jüdische Philo-
soph das Meisterwerk von Auerbach liebkoste und Benjamins Geschichtsphiloso-
phie in die Genealogie der paulinischen politischen Theologie einschloß, macht
deutlich, dass es bei Auerbach und Benjamin wesentlich darum geht, wie man

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jüdisch-christliche Auseinandersetzungen mit Ursprung und Vollendung der Ge-


schichte überwinden soll bzw. kann. All diese Auseinandersetzungen kann man
ohne Weiteres in die Kategorie der Geschichtstheologie einordnen, die eigentlich
von dem Aufkommen des Christentums eingeleitet wird. Im Wesentlichen aller-
dings lassen weder Auerbach noch Benjamin den dreizehnten Apostel Jesu Christi
ins Blickfeld geraten. Es kommt daher an dieser Stelle auf den Versuch an, die
folgenden metaphorisch formulierten Fragen zu beantworten: Wie ist das Schick-
sal der philologischen Konfrontation zwischen Auerbach und Benjamin verlau-
fen? Was ist der Charakter ihrer geschichtstheologischen Auseinandersetzungen?
Ich möchte vor allem darlegen, wie grundverschieden Auerbach und Benjamin,
besonders im Hinblick auf Forschungsbereiche und Schlüsselbegriffe, an das
Problem der Geschichte herangehen und wie grundverwandt die Rätsel, die beide
jeweils hinterlassen haben, sich darstellen lassen. Zuerst werde ich den zwischen
Auerbach und Benjamin durch bizarre Zitate geführten Streit, der oben kurz
angedeutet wurde, weiter ausführen, um den Unterschied ihrer Standpunkte zu
konturieren. Dann werde ich Michel de Montaigne als Repräsentant der irdischen
Kreatürlichkeit in den Vordergrund des zweiten Abschnitts stellen, um die Diffe-
renz zwischen den beiden aufzuheben. Schließlich schlage ich vor, durch einen
Versuch des zerstörenden Synthetisierens der Auerbach’schen Figura und der
Benjamin’schen Allegorie ein altneues Programm der Philologie zu erklären.

2 Liebe: Dante oder Surrealismus


Werfen wir zunächst einen Blick zurück auf den Zitatstreit zwischen Auerbach
und Benjamin. Bedenkt man die Bedeutung des Mottos in Auerbachs Dante-Buch
im Zusammenhang mit seiner vollständigen Darstellung der Göttlichen Komödie
und der Gedichte Dantes, so taucht etwas Fragwürdiges auf, das nicht für gering
gehalten werden kann. Bekanntlich betont Auerbach mehrfach die Vormacht des
lateinischen Christentums über das Griechentum. Aber warum dann Heraklit? Die
Vermutung liegt nahe, dass Auerbach, der Gefahr ins Auge sehend, doch dem
Gedanken der Trennung in Hinsicht auf Schicksal und Charakter widerstehen
wollte. Seiner eigenen Ansicht nach war vielmehr ein römischer Dichter, Vergil,
der wichtigste Vorläufer Dantes, der als der Prophet des christlichen Geschichts-
bilds einzig „die Schicksalsfremdheit der spätgriechischen Philosophie überwun-
den und die apriorische Einheit der Gestalt in ihrem Geschick gesehen“ hat (Dante
18). Freilich, wie unten erläutert wird, behauptet sich Auerbachs Eigensinn nicht
ohne Grund. Das ändert jedoch nichts an der Sonderbarkeit seiner Mottowahl. Vor
allem stützt sich die Vorstellung von beiden Beziehungen, die das Heraklit’sche
Motto zum Ausdruck bringt, nicht auf die Werke von Dante, sondern nur auf die

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von Homer, wie Auerbach selber im ersten Kapitel des Buches ausdrücklich
erwähnt, wo der Name Heraklit das einzige Mal genannt wird.
Benjamins einzige Nennung des Namens Auerbach in seinem Sürrealismus-
Essay, der im selben Jahr wie das Dante-Buch publiziert wurde, erscheint umso
merkwürdiger, weil sie Auerbachs Intention in hohem Maße verfälscht. Denn
Benjamin zieht das Werk Auerbachs in einer listigen Weise heran; inmitten seiner
Ausführung über surrealistische Liebe zitiert Benjamin unerwartet doch mit
einem hochhaltenden Ton das Buch Auerbachs, dessen Darlegung zufolge das
Potenzial der irdischen Liebe, die die provenzalischen Dichter als erste lanciert
hatten, dem Liebesideal der Surrealisten sehr nahesteht. Solch eine Zitatstrategie
mutet absonderlich an, wenn man in Betracht zieht, dass es in dem Dante-Buch,
wie der Titel selber klarstellt, nicht auf die Troubadoure, sondern hauptsächlich
auf Dante und seine Werke ankommt. Im Vergleich dazu stellen sich die Lieder
der Troubadoure nur als Vorstufe dar, genauso wie sich die Kunst der trobar clus
der provenzalischen Dichter lediglich als eine Propädeutik zu Dantes Figuralis-
mus zeigt. So merkt Auerbach bestimmt an:

[D]er leere Raum, der in der provenzalischen Liebesdichtung überall zwischen der poeti-
schen und der wirklichen Welt bestehen bleibt, so daß die gelegentlichen Andeutungen, die
auf die letztere Bezug haben, ganz für sich stehen, ohne rechte Verbindung mit dem
eigentlichen Inhalt – dieser leere Raum ist fortgefallen; ein jedes Gedicht ist eine echte
Gelegenheit, in welcher das Ereignis in seiner einmaligen, unwiederbringlichen gebundenen
Diesseitigkeit unmittelbar zum Gegenstand wird; es stößt aus dem persönlichen Erleben vor
ins Allgemeinste, empfängt von diesem gleichsam als Gegenwirkung seine geformte Glie-
derung, und erscheint nun als unveränderliche Vision des Wirklichen überhaupt, der erhal-
tenen irdischen Besonderheit im Spiegel eines zeitlosen Auges. (Dante 85)

Was Dante den leeren Raum der provenzalischen Dichtung überwinden lässt, war
die Lektüre der Werke Thomas von Aquins, in die sich Dante vertieft hatte.
Gewiss, Dante lernte von Thomas von Aquin, wie sich die Vernunft das Univer-
sum (an)geordnet hat. Diesbezüglich beruft sich Auerbach auf ein Buch, Die
Hauptform mittelalterlicher Weltanschauung, das Alois Dempf, einer seiner Zeitge-
nossen, verfasst hat.1 Was die thomistische Lehre, Auerbach zufolge, Dante aber
wegen ihrer Abstraktheit nicht bieten konnte, hat er vermöge seines Genius
erworben: „[d]ie Strenge und Unmittelbarkeit, in der das Gefährliche und Äußers-
te der Lage, die höchste Not und die einzige Rettung sogleich deutlich werden“
(Dante 209). Kurzum: die (Darstellung der) Wirklichkeit. Diese drohte das Dogma

1 Hierzu regt uns Jane O. Newman an, indem sie das Argument vorbringt, die poetische Theo-
logie Dantes, die von Auerbach vorgestellt wurde, beruhe hauptsächlich auf der thomistischen
Philosophie.

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seines Glaubens zu stürzen. Um die thomistische Lehre in der Göttlichen Komödie


zu verklären, erfindet Dante eine Idee des Schattenleibes, der von der umge-
benden Luft geformt wird. Doch damit, behauptet Auerbach, „hat er den Weg zur
mythischen Tradition vom Schattenreich zurückgefunden und macht sie seinem
Ausdruckswillen dienstbar“ (110).
Hier ist noch einmal daran zu erinnern, dass Auerbach beharrlich nach der
Vereinheitlichung von Schicksal und Charakter strebt. Was er unter Schicksal
versteht, bezieht sich (fast) ausschließlich auf göttliche Vorsehung, die die Dar-
stellung des einzigen Moments der Wirklichkeit ermöglicht (283). Darum konnte
Auerbach behaupten, Dantes Loslösung vom Dogma ganz außer Acht lassend,
dass Dante den Inbegriff von Schicksal und Gestus aus den spezifisch-zufälligen
Details seiner dramatis personae hervorzaubere (185). „[E]s ist die Konkordanz
ihrer [dramatis personae] entscheidenden Anlagen mit dem providentiellen Welt-
lauf, in dem sie so und nicht anders wirkten, die uns in ihrer ewigen Haltung gezeigt
wird [...].“ (186) Auerbach gibt sodann eine ausschlaggebende Antwort dafür ab,
warum er das Risiko einging, ein griechisches Diktum als Motto voranzustellen:
„Die providentielle Weltordnung hat der menschlichen Grenzüberschreitung ihr
Ziel gesetzt, die Kühnheit hat keine autonome Geltung, die menschliche Gestalt
findet ihr Maß nicht in sich selbst, sondern in dem gerecht richtenden Geschick.“
(187) Hiermit befestigt Auerbach die Grundlage seines Figuralismus, auf den hier
im dritten Abschnitt eingegangen wird. Gerade an diesem Punkt unterscheidet sich
die Dante’sche Liebe von der provenzalischen. Diese muss unbestimmt weltlich
bleiben, während jene auf geheimnisvolle Weise die Geliebte in ein himmlisches
Dasein zu verklären vermag, ohne dass sie ihre irdische Gestalt verliert. Dantes
Geliebte, Beatrice, wird von Dante wagemutig mit Christus gleichgesetzt. Wie
Christus zeigt sich Beatrice als eine inkarnierte Heiligkeit, die laut Auerbach die
provenzalische Liebe niemals erreichen konnte.
Aber eben das mag Benjamins Absicht sein, wenn er die surrealistische Liebe,
in der er die Energien und einen Trick für die Revolutionen findet, mit der provenza-
lischen verknüpft. Da er mit der geheimnisvollen Liebe der Surrealisten keine Über-
lagerung des Irdischen und des Himmlischen, sondern vor allem erreichen will, die
Dingwelt zu bewältigen („Der Sürrealismus“ 300), kann Benjamin die Dame, die
normalerweise als die Quintessenz der Liebe aufgefaßt wird, außer Acht lassen:
„Die Dame ist in der esoterischen Liebe das Unwesentlichste.“ (299) Was aber ist
dann der Trick, den Benjamin für revolutionär hält? „Der Trick [...] besteht in der
Auswechslung des historischen Blicks aufs Gewesene gegen den politischen.“
(300) Aufgrund dieser scharfsinnigen Auswechslung konnten Breton und Nadja,
die Repräsentanten der surrealistischen Liebe, „das alles, was wir auf traurigen
Eisenbahnfahrten [...], an gottverlassenen Sonntagnachmittagen in den Proleta-
riervierteln der großen Städte, im ersten Blick durchs regennasse Fenster einer

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neuen Wohnung erfuhren, in revolutionärer Erfahrung, wenn nicht Handlung,


einlösen“ (300). Hier kann also die inkarnierte Göttlichkeit nicht im Vordergrund
stehen, die Auerbach durch Christus und Beatrice vergegenwärtigt sieht.
Auerbachs Dante war „der christliche Dichter der erhaltenen irdischen Wirk-
lichkeit im Jenseits, in der Vollendung durch das goettliche Gericht“ (Dante 79);
deswegen wollte Auerbach auf der Idee der Vereinigung des Schicksals und des
Charakters beharren; deswegen konnte er Dantes Geliebte als „die reale, sinnlich-
vernünftige Synthesis der Vollkommenheit“ (78) bezeichnen; im Anschluss daran
vermochte Auerbach auch der Auffassung zu sein, dass Dantes Gesamtleben „mit
all seinen Taten und Bestrebungen“ völlig dichterisch war (80). Diesen Sachver-
halt fasst Auerbach mit einem Wort zusammen: Vision. Mit diesem Wort enthüllt
er seine latente Neigung zum protestantischen Weltbild, das es bei Dante noch
nicht gab und das zugleich Auerbachs Zutrauen zur katholischen Weltanschau-
ung widersprechen muss. Die Gottesgnade, so äußert sich Auerbach,

ist freiwillig und überwiegt jedes Verdienst, aber sie zu empfangen ist verdienstvoll, denn
sie ist konform dem guten Willen sie aufzunehmen. Die Gnade erzeugt die Vision, aus der
Vision entspringt das Maß der himmlischen Liebesglut, der caritas patriae, und diese offen-
bart sich in dem Grade des Lichts, von dem die Seele erstrahlt. (147)

Was Auerbachs Religiosität betrifft, ist nichts Deutliches zu erfahren. Doch zu-
mindest bestätigt sich hier, dass seine protestantische Gesinnung, die er sich
dank Ernst Troeltsch aneignete, die poetische Theologie Dantes in Gang setzt. Auf
jeden Fall bedeutet für Auerbach die Liebe in den Dichtungen Dantes eine wirk-
lich mysteriöse Konvergenz des irdischen Auf und Abs und des himmlischen
Vollendetseins. Dante, so lautet Auerbachs Folgerung, „hat nur einen Augen-
blick, in dem sich alles enthüllen muss; freilich einen ganz besonderen Augen-
blick, denn er ist die Ewigkeit“ (177).
Im Gegensatz dazu hebt Benjamin, der zehn Jahre früher die Vision des
Genius angeregt hat, „die profane Erleuchtung des Denkens“ in den Vordergrund,
damit man „das Alltägliche als undurchdringlich, das Undurchdringliche als
alltäglich“ erkennen kann („Der Sürrealismus“ 307). Die mit der surrealistischen
Liebe verbundene Erkenntnis markiert gerade die richtige Übung für die Revoluti-
on. Somit erklärt Benjamin: „Die Kräfte des Rausches für die Revolution zu
gewinnen, darum kreist der Sürrealismus in allen Büchern und Unternehmen.“
(307) Die Kräfte, die sich durch solches Erkennen manifestieren können und sogar
explodieren würden, sind, laut Benjamin, die der ‚Stimmung‘ der Dingwelt.
Merkwürdig ist hier jedoch, dass Benjamin wie Auerbach sein Augenmerk auf
einen singulären Augenblick richtet. Wo Auerbach „eine[n] einzig[en] Augenblick
wahrer Wirklichkeit, den er [Dante] darzustellen hat“ (Dante 176) findet, da trifft
Benjamin auf „eine[n] entscheidenden Augenblick“, der das Leben des Menschen

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überhaupt „gerade durch den letzten beliebtesten Gassenhauer bestimmen“ wür-


de („Der Sürrealismus“ 300). Um einen solchen Augenblick zu berühren, will uns
der Surrealismus auf die veralteten Dinge aufmerksam machen.
Auf den ersten Blick scheint der Abstand zwischen der Göttlichen Komödie
und dem letzten, beliebtesten Gassenhauer fast unüberbrückbar. Denn der Auer-
bach’sche Augenblick „enthält [...] das von der Vorsehung bestimmte Endschick-
sal des auftretenden Menschen“ (Dante 176); der Benjamin’sche Moment hin-
gegen basiert auf dem revolutionären Nihilismus („Der Sürrealismus“ 299). Kraft
der genialen Dichtung Dantes strebt Auerbach nach der Verpflanzung des ir-
dischen Weltlaufs in die himmlische Ewigkeit; mit der surrealistischen Bewegung
zielt Benjamin auf „Pessimismus auf der ganzen Linie“ ab (308). Er fügt sogar
unverzüglich hinzu: „Jawohl und durchaus“ (308). Kurzum, die beiden Richtun-
gen scheinen gänzlich entgegengesetzt zu sein. Man wird jedoch merken, dass
der Abstand zwischen Auerbach und Benjamin tatsächlich nichts als „Fernähe“
ist – wie der Begriff von einem zeitgenössischen Philologen jüngst geprägt wurde
(Hamacher 82, These 78) – wenn man zur Kenntnis nimmt, dass ihre philologi-
schen Bemühungen als sich gegenseitig ergänzend betrachtet werden können.

3 Kreatürlichkeit
1946 schrieb Auerbach über das Fatum des Figuralismus: „Dantes Werk verwirk-
lichte das christlich-figurale Wesen des Menschen und zerstörte es in der Verwirk-
lichung selbst; der gewaltige Rahmen zerbrach durch die Uebermacht der Bilder,
die er umspannte.“ (Mimesis 193) Diese Aussage klingt recht vieldeutig, da Auer-
bach sowohl in dem 1938 erschienenen Essay „Figura“ als auch in „Epilegomena
zu Mimesis“, den er 1954 publizierte, starr an seinem figuralen Realismus fest-
halten wollte. Diese Problematik wird im letzten Abschnitt eingehend beleuchtet.
Hier genügt es zu fragen: Was kommt (oder bleibt) nach der Verwirklichung/
Zerstörung der Figura? Folgt man einigen Anzeichen, ist es plausibel anzuneh-
men, dass, was bleibt (oder kommt), die Kreatürlichkeit ist. In dieser Hinsicht fällt
es durchaus auf, dass bisher kaum auf die Tatsache hingewiesen wurde, dass
Auerbach und Benjamin sich hinsichtlich ihrer Forschungsbereiche stark von-
einander unterscheiden. Benjamin beschäftigte sich mit einem bis dahin kaum
beachteten Thema, auf das Auerbach niemals sein Augenmerk gerichtet hat: dem
deutschen Trauerspiel. Dies scheint umso bizarrer, wenn man mutmaßt, Auer-
bach habe von der Habilitationsschrift Benjamins gewusst. Tatsächlich be-
schränkte sich Auerbachs Interesse größtenteils auf das 17. Jahrhundert. Auer-
bach beschäftigte sich ja wiederholt z. B. mit Giambattista Vico, dessen

Hauptwerk er selbst ins Deutsche übersetzte, und mit Blaise Pascal, dem er einige

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wichtige Aufsätze widmete. Überdies war sein Dissertationsthema die französi-


sche Literatur des 17. Jahrhunderts. Seine Konzeption des 17. Jahrhunderts ver-
schließt sich aber schlichtweg gegen das deutsche 17. Jahrhundert. Gerade in
diesem von seinem Freund ganz vernachlässigten Terrain findet Benjamin so-
zusagen ein Sprungbrett für sein eigenes Philologie-Projekt.
Doch durch eine Verschiebung bzw. Ausweitung der Zeitspanne sind wir
imstande, Auerbach ins Gespräch mit Benjamin zu bringen: Kurz gesagt, was
Benjamin durch das Studium über das deutsche Trauerspiel erlernt hat, fand Auer-
bach durch die Auseinandersetzung mit dem Text Montaignes, dessen Leben und
Tod ins 16. Jahrhundert fallen. Für Auerbach ist Michel de Montaigne die einzige
Figur, die sich nach dem Tod des Figuralismus noch erhalten konnte. 1933 publi-
zierte Auerbach einen Essay „Der Schriftsteller Montaigne“. Wie immer betont
Auerbach den historischen Kontext, aufgrund dessen sich Montaigne als der erste
selbständige Schriftsteller darstellen konnte. Die Hugenottenkrise „begann in den
1550er Jahren, als Montaigne gerade erwachsen war, sie endete um 1600, [...]
wenige Jahre nach Montaignes Tod. Die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts [...]
zeigt in Frankreich blutige Verwirrung der Ereignisse und eine unheimliche Anar-
chie der Herzen.“ (Philologie der Weltliteratur 19) „Dort skizziert“, bemerkt Mat-
thias Bormuth, „Auerbach das Portrait eines vorurteilsfreien Mannes, der auf dem
‚schwankenden Grund‘ der Zeit seine ‚innere Einsamkeit‘ gegen die sozialen An-
sprüche pragmatisch zu verteidigen weiß.“ (99, Anm. 4) Da er in seiner Zeit keine
Aussicht auf Transzendenz haben konnte, da er nirgends die Autorität für Ordnung
auf der Erde finden konnte, vermochte Montaigne paradoxerweise seinem Schick-
sal zu entkommen; nicht trotz, sondern kraft dieses In-der-Klemme-Steckens
konnte er seinen Charakter verwirklichen. „Montaigne ist“, schreibt Auerbach,
„etwas Neues: die Würze des Persönlichen, und zwar einer einzigen Person, bietet
sich weit eindringlicher, und die Ausdrucksweise ist noch viel spontaner und
alltäglich gesprochener Rede näher, obgleich es sich doch hier nicht um Dialog
handelt.“ (Mimesis 281) Montaignes Neuheit besteht also in seiner Einsamkeit.
Doch sie ist noch im Alltäglichen verwurzelt. Aus dieser Verbindung der Einsam-
keit mit dem Alltäglichen entspringt Montaignes Monodrama, das die Beliebigkeit
des Lebens verhandelt. Seltsamerweise erklärt Auerbach Montaignes Lebensdra-
ma für universal, und sieht es als Sinnbild „ein[es] ganz beliebige[n] Menschen-
schicksal[s]“ (283), das auch über Montaigne hinaus bestimmend ist. Folglich
befinden sich nun die Menschen in einer unaufhaltbaren Beliebigkeit. Wo einst die
Vereinigung von Schicksal und Charakter als Ordnungsprinzip der Menschenwelt
bestand, da tritt jetzt die tyrannische Beliebigkeit auf, die dem Menschen die
innere Einsamkeit als einzige Möglichkeit erlaubt, zweierlei zu eins zu machen.
Es ist fast eine Binsenweisheit, dass die Allegorie aus der unendlichen Ein-
verleibung des Willkürlichen besteht. Hierin ist die Allegorie des deutschen

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Trauerspiels keine Ausnahme. Benjamin betont bezeichnenderweise die Beliebig-


keit der barocken Allegorie: „Jede Person, jedwedes Ding, jedes Verhältnis kann
ein beliebiges anderes bedeuten.“ („Trauerspiel“ 350) Beeindruckend ist, dass
Benjamin die Möglichkeit einer solch umfassenden Willkür als eine Art Gerechtig-
keit verzeichnet. „Diese Möglichkeit spricht der profanen Welt ein vernichtendes
doch gerechtes Urteil: sie wird gekennzeichnet als eine Welt, in der es aufs Detail
so streng nicht ankommt.“ (350) Die Parataxe zweier Adjektive, „vernichtend“
und „gerecht“, ist bemerkenswert, weil sie der Auerbach’schen Universalisierung
des beliebigen Erdenlebens eines beliebigen Individuums gegenüberzustehen
scheint. Der die Maske Montaignes tragende Auerbach aber spricht nicht von der
gerechten Vernichtung, sondern von der Selbstorientierung des Menschen. „[W]
as noch mehr bedeutet“, schreibt Auerbach, „er hat von allen Zeitgenossen am
reinsten das Problem der Selbstorientierung des Menschen gesehen; die Aufgabe,
sich ohne feste Stützpunkte in der Existenz Wohnlichkeit zu schaffen.“ (Mimesis
296) Benjamin hingegen wendet seinen Blick auf die Todesverfallenheit der
Natur. „Das ist der Kern der allegorischen Betrachtung, der barocken, weltlichen
Exposition der Geschichte als Leidensgeschichte der Welt; bedeutend ist sie nur
in den Stationen ihres Verfalls.“ („Trauerspiel“ 343) Wie im Fall der Liebe schei-
nen hier Auerbach und Benjamin in einer gegenstrebigen Fügung verfangen zu
sein.
Der Gegensatz verdoppelt sich sogar, wenn man in Betracht zieht, dass
Benjamin im barocken Trauerspiel die von Rebellionen ihrer Elemente erschütter-
te Sprache findet, nämlich „die Spannung zwischen Wort und Schrift“ (377), die
dem Zwiespalt des Souveräns in Machthaber und Melancholiker entspricht, wo-
hingegen Auerbach in Montaignes Schrifttum „inneren Rhythmus, der zwar von
den Dingen immer aufs neue bewegt und genährt wird, aber sich nicht an sie
bindet, sondern frei vom einen zum andern überspringt“ (Mimesis 280) verspürt.2
„Lautliches“, erklärt Benjamin, „ist und bleibt dem Barock ein rein Sinnliches;
die Bedeutung ist in der Schrift zu Hause.“ („Trauerspiel“ 383) Und danach tritt
einer der zentralen Begriffe des Trauerspiel-Buchs in den Vordergrund: Trauer.
„Und das verlautbarte Wort wird nur gleichwie von einer unentrinnbaren Krank-
heit von ihr heimgesucht; im Austönen bricht es ab und eine Stauung des Gefühls,
das sich zu ergießen bereit war, weckt die Trauer.“ (383) Auerbachs Montaigne

2 Es ist bemerkenswert, dass Leo Spitzer die christliche Weltharmonie hervorhebt, deren Idee der
hl. Ambrosius durch Musik begründet hat, während Auerbach die spannungsvolle Stilmischung
von St. Augustin betont, die Montaigne übernahm und radikalisierte. Vgl.: „If, indeed, we think of
our problem of historical semantics, ‚World Harmony > Stimmung‘, we discover that Ambrose has
done relatively more for the concept of world harmony, Augustine for that of Stimmung – but
without the former the latter is unthinkable.“ (Spitzer 33)

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84 Hyowon Cho

dagegen wird von der Trauer nicht als Geisel genommen. Er stellt sich aufgrund
der hartnäckigen Bemühung um seinen eigenen Schriftton als der erste selb-
ständige Schreibende dar (Mimesis 293). „Wir sagten schon“, schreibt Auerbach,
„daß in Montaignes Werk Tragik noch nicht anzutreffen ist; er weist sie von sich;
er ist zu unpathetisch, zu ironisch, ja zu bequem, wenn man dieses Wort in einem
würdigen Sinne nimmt; er faßt sich selbst, trotz allem Eindringens in die eigene
Ungesichertheit, zu ruhig.“ (296)
Fügung ist jedoch immer noch Fügung, sosehr sie auch gegenstrebig wirken
mag.3 Die Selbstorientierung eines Menschen namens Montaigne mag also ein-
fach wie ein chaotisches Hin und Her aussehen. Auerbach war sich dessen völlig
bewusst. Deshalb hebt er die Tatsache hervor, dass Montaigne keinen hohen Ton,
sondern „stile comique et privé“ (295) schreibt, weil eben seiner Tonlage der
kreatürliche Realismus zugrunde liegt:

Das ist eine unverkennbare Anspielung auf den realistischen Stil der antiken Komoedie, den
sermo pedester oder humilis, und ähnliche Anspielungen finden sich in Menge. Aber was er
als Inhalt bietet, ist keineswegs komisch; es ist die condition humaine, mit all ihren
Belastungen, Problemen und Abgründen, mit all ihrer grundsätzlichen Ungewissheit, mit
all den kreatürlichen Bindungen[.] [...] ohne Zweifel wäre solch ein kreatürlicher Realismus
ohne die vorausgehende christliche, insbesondere die spätmittelalterliche Vorstellung vom
Menschen nicht denkbar [...]. (Mimesis 295)

Bevor wir diese entscheidende Erklärung mit der Anmerkung von Benjamin über
die Kreatürlichkeit vergleichen, ist auf die Hinzufügung Auerbachs aufmerksam
zu machen: „Aber freilich hat sein kreatürlicher Realismus den christlichen
Rahmen, in dem er einst entstand, verlassen. Das irdische Leben ist nicht mehr
die Figur des jenseitigen, er kann es sich nicht mehr gestatten, das Hier um eines
Dort willen zu verachten und zu vernachlässigen.“ (295)4 Hier bestätigt Auerbach
das Zugrundegegangensein des von Dante vollendeten Figuralismus, den Auer-
bach für die Spitze des westlichen Christentums hält. Was aber für Montaigne

3 Was Fügung betrifft, nebenbei bemerkt, kann man zur Kenntnis nehmen, dass Martin Heid-
egger in seiner Vorlesung über Hölderlins Hymne „Andenken“ Folgendes sagte: „Die Einheit und
Einfachheit dieser ursprünglichen Bezüge [der Menschen und der Götter, H. C.] ist die Fuge, die
alles fügt und Jegliches bestimmt, was der Fug ist. Die Fuge nennen wir das Seyn, worin alles
Seiende west. Die Fügung der Fuge ist Freilassung ins Wesen, aber zugleich Loslassung in die
Möglichkeit des Unwesens. Freigabe ist Zulassung des Unfugs.“ (100)
4 Es bleibt offen, ob Auerbach hierbei das Pleroma der Immanenz meint. Im Gegensatz dazu stellt
Paul de Man fest, dass man in der Subjektivität Montaignes Transzendenz finden kann: „We are
far from total immanence. Subjectivity does not know speech; it laughs, groans, shrieks, or weeps;
it never describes. Let there be no mistake: Montaigne speaking of the impossibility of knowing
himself is entirely in transcendence.“ (7)

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Vergangene Vergängnis: Für eine Philologie des Stattdessen 85

bleibt, ist etwas viel Ungeheureres als Figura: sermo humilis. Es ist unbestreitbar,
dass sermo humilis der Stilmischung gleicht, die Auerbach als den Inbegriff seines
philologischen Projekts ansieht. Hier sieht man deutlich, wie trotz der unwieder-
bringlichen Distanz zu christlicher Vorstellung die Montaigne’sche Beliebigkeit
zum Grundprinzip des irdischen Weltlaufs überspringen kann. Zwar ist Montai-
gnes Stilmischung, bemerkt Auerbach, „kreatürlich und christlich. Aber die Ge-
sinnung ist nicht mehr christlich und mittelalterlich.“ (295) Was bleibt, ist also
Kreatürlichkeit.
Deshalb musste die Gesinnung Montaignes im Nachleben des christlichen
Mittelalters hängen bleiben. Wo das christliche Mittelalter schon untergegangen
ist, dort spukt die (nicht mehr) christliche Kreatürlichkeit immer noch. Dass
gerade mit dieser verwickelten Lage die Dichter des deutschen Barock gekämpft
haben, verdeutlicht die folgende Äußerung Benjamins: „Das Wort, so darf man
sagen, ist die Ekstase der Kreatur, ist Bloßstellung, Vermessenheit, Ohnmacht vor
Gott; die Schrift ist ihre Sammlung, ist Würde, Überlegenheit, Allmacht über die
Dinge der Welt.“ („Trauerspiel“ 377) Sowohl für Auerbach als auch für Benjamin
gibt es also nur Kreatürlichkeit, die dem (wegen der Religionskriege verfallenen)
Christentum entspringt.
Weder Benjamin noch Auerbach bekennen sich zum Christentum oder ver-
weigern es ausdrücklich. Tatsächlich stand eine Wahl nicht zur Debatte, weil sie
als deutsche Juden lebten, die die Explosion des Judenhasses ertragen mussten.
In dieser Hinsicht ist es lohnend, sich die Gesten und Worte Taubes’ ins Gedächt-
nis zurückzurufen. „[D]as Wort ‚Christ‘“, stellt Taubes fest, „[...] gibt es bei Paulus
noch gar nicht.“ (33–34) Dies besagt, Paulus sei, wie Auerbach und Benjamin,
kein Christ. Allerdings war Paulus in fast jeder Hinsicht kein (normaler) Jude, weil
er glaubte, dass er durch Offenbarung ins (dreizehnte) Apostelamt Christi berufen
wurde, um die Mission für alle Völker auf der Erde zu vollbringen. In dieser
verdoppelten Diskrepanz zwischen dem durch Offenbarung auferlegten Apostel-
amt für Nicht-Juden und dem vererbten, zwangsläufig sich selbst verteidigenden
Judentum, litten auch Auerbach und Benjamin. Gewiss, sie atmeten die Luft des
die deutsche Welt beherrschenden Kulturprotestantismus und des schwärmeri-
schen deutschen Nationalismus. Gerade in dieser schicksalhaften Situation sich
befindend haben Auerbach und Benjamin ihr Philologie-Projekt angegriffen. Nun
vermögen wir an den Charakter der fast unmerklichen Auseinandersetzungen
zwischen Auerbach und Benjamin heranzugehen.

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86 Hyowon Cho

4 Für eine Philologie des Stattdessen


Im Unterschied zu Auerbach, der sein Augenmerk niemals auf das deutsche
Trauerspiel gerichtet hat, zog Benjamin zumindest einmal den Namen Montaigne
heran, auch wenn es nur ganz nebenbei geschah. Denn in der von Benjamin
gesetzten Genealogie der großen Erzähler von Herodot (über Hebel) zu Leskow
tritt Montaigne sozusagen als ein Gehilfe auf. In dem Aufsatz, in den Benjamin
die Genealogie eingefügt hat, kann man einige bemerkenswerte Punkte ent-
decken, die durch den Vergleich mit den Auerbach’schen Argumenten erläutert
werden können. Vor allem seine hochachtungsvolle Bemerkung über Herodot
kontrastiert scharf mit der Beurteilung Auerbachs in dem ersten Kapitel der
Mimesis: „Die Narbe des Odysseus.“ Hierin verteidigt Auerbach die Überlegenheit
der biblischen Erzählung gegen die griechische Epik. Dieser Kontrast lenkt unsere
Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass sich Benjamin mit dem russischen Autor,
Nikolai Leskow, auseinandersetzte, auf den Auerbach niemals Acht gegeben hat,
obgleich er in Mimesis Tolstoi und Dostojewski explizit benannte.
Was den ersten Erzähler in der Benjamin’schen Genealogie betrifft, liest man:
„Herodot erklärt nichts. Sein Bericht ist der trockenste. Darum ist diese [Herodots,
H. C.] Geschichte aus dem alten Ägypten nach Jahrtausenden noch imstande,
Staunen und Nachdenken zu erregen.“ („Der Erzähler“ 446) Und in Mimesis steht
folgendes: „Abrahams Worte und Gesten richten sich nach dem Innen des Bildes
oder in die Höhe, nach einem unbestimmten, dunklen, auf jeden Fall nicht vor-
dergründigen Ort, von dem die Stimme zu ihm dringt.“ (11) Dagegen kennt die
griechische Epik, Auerbach zufolge, „nur Vordergrund, nur gleichmäßig beleuch-
tete, gleichmäßig objektive Gegenwart“ (9). „Der Wahrheitsanspruch der Bibel
ist“, fährt Auerbach fort,

nicht nur weit dringender als der Homers, er ist auch tyrannisch; er schließt alle anderen
Ansprüche aus. Die Welt der Geschichten der Heiligen Schrift begnügt sich nicht mit dem
Anspruch, eine geschichtlich wahre Wirklichkeit zu sein – sie behauptet, die einzige wahre,
die zur Alleinherrschaft bestimmte Welt zu sein. (17)

Hier steht die auf der horizontalen Ebene der Zeit dauernde Kraft der griechischen
Erzählung dem zeitunterbrechenden Alleinherrschaftsanspruch der hebräischen
Erzählung gegenüber. Benjamin aber ist anderer Meinung: Herodot ist anders als
Homer; die Schrift Herodots nähert sich der biblischen Geschichte. Hinsichtlich
der Staunen und Nachdenken erregenden Tiefe würde Benjamin also keinen
Unterschied zwischen Psammenit und Abraham machen.
Was aber den letzten Erzähler in der Genealogie betrifft, scheint der Anspruch
Leskows auf den Gerechten demjenigen des französischen Schriftstellers auf die
universale Beliebigkeit zu entsprechen. Sowohl Montaigne als auch Leskow dach-

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Vergangene Vergängnis: Für eine Philologie des Stattdessen 87

ten alle irdischen Geschehnisse im Hinblick auf den Tod, damit konnten sie die
Haltung der Kreatur aufrechterhalten. Während Auerbach also in dem Franzosen
die Kreatürlichkeit findet, begegnet Benjamin einem sich hingebenden Gerechten
in dem russischen Schriftsteller. „Der Gerechte ist“, gibt Benjamin an, „der Für-
sprecher der Kreatur und zugleich ihre höchste Verkörperung.“ („Der Erzähler“
459) Hier geht der Gerechte, nebenbei bemerkt, Hand in Hand mit dem Fürst auf
der barocken Trauerspielbühne. „Nichts lehrt“, schreibt Benjamin, „die Gebrech-
lichkeit der Kreatur, als daß selbst er [der Souverän, H. C.] ihr unterworfen ist.“
(„Trauerspiel“ 321) Die Gebrechlichkeit der Kreatur ist nichts als die Beliebigkeit
des Weltlaufs überhaupt. So betrachtet ist es maßgeblich, dass Benjamin in den
Erzählungen Leskows eine Art Stilmischung entdeckt:

Ob der Weltlauf ein heilsgeschichtlich bedingter oder ein natürlicher ist, das macht keinen
Unterschied. Im Erzähler hat der Chronist in verwandelter, gleichsam säkularisierter Gestalt
sich erhalten. Leskow ist unter denen, deren Werk besonders klar von diesem Sachverhalt
Zeugnis ablegt. („Der Erzähler“ 452)

Benjamin spricht hier von der heiligen Kunst der geschichtsschreibenden Chro-
nisten, die sich trotz der Säkularisierung nicht verliert, sondern vielmehr eine
wertvolle Stilmischung von der Heilsgeschichte und der säkularisierten Gestalt
verwirklicht.
Was dann ist die Auerbach’sche Stilmischung? Auerbach zögert nicht, sie als
christlich zu bezeichnen, obgleich dieses Adjektiv eine ganz zweideutige Bedeu-
tung zu haben scheint. Auerbach findet das Urbild seiner Stilmischung in der
Geschichte Christi, aber in ihr ist die wirkliche Hauptfigur nicht der Gottessohn,
sondern Petrus der Fischer:
Petrus [...] hat [...] mehr Mut gezeigt als die übrigen; denn da er zur nächsten Umgebung des
Verhafteten gehörte, war die Gefahr, daß man ihn erkannte, sehr groß; und tatsächlich, wie
er am Feuer steht, sagt ihm eine Magd auf den Kopf zu, er habe zu der Gruppe Jesu gehört.
Er leugnet und versucht unauffällig aus dem Bereich des Feuers zu verschwinden; wahr-
scheinlich aber hat die Magd dies beobachtet, sie folgt ihm in den Vorhof und wiederholt
ihre Beschuldigung, so daß die Umstehenden es hören; er leugnet abermals, doch nun ist
man auch auf seinen galiläischen Dialekt aufmerksam geworden, und die Lage beginnt für
ihn überaus gefährlich zu werden. (Mimesis 44)

Man darf wohl verwundert sein, dass hier nicht Christus, sondern Petrus in den
Mittelpunkt der sermo humilis gestellt wird. Wenn man die Anmerkung Auerbachs
in Betracht zieht, Dantes Werk habe das christlich-figurale Wesen des Menschen
verwirklicht und es in der Verwirklichung zerstört (192), dann kann man ver-
stehen, warum Petrus im Mittelpunkt steht. Weil Auerbach schon erklärte, der
Figuralismus sei zerstört, weil er klarmachte, dass die christlich-spätmittelalterli-
che Vorstellung schon vor dem Zeitalter Montaignes unmöglich geworden sei,

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88 Hyowon Cho

deswegen kann man hinsichtlich der Stilmischung von keiner Konjunktion zwi-
schen dem niedrigen und dem hohen, keinem Zusammentreffen zwischen Imma-
nenz und Transzendenz mehr sprechen. Man kann vielmehr nur von Kreatürlich-
keit sprechen. Hieran anschließend wird auffällig, dass Petrus in Bezug auf die
menschliche Schwäche, also auf der horizontalen Ebene, mit Montaigne ver-
gleichbar ist, nicht mit Beatrice, die die Gottheit inkarniert. Im Sinne von sermo
humilis sind die Evangelien unermesslich überwältigender als die Göttlichen
Komödien. Kurzum: die Stilmischung im eigentlichen Sinne ist nicht möglich,
weil es (von Anfang an) keine Höhe (mehr) gibt. Dies ist mutmaßlich der Grund,
warum Auerbach von der Zerstörung der Figura in ihrer Verwirklichung spricht.
Und dies ist zweifellos der Grund dafür, dass Auerbach die kreatürliche Vor-
stellung Montaignes fast identisch mit der christlichen sermo humilis beschreibt.
Doch der erste Apostel und der erste selbständige Schriftsteller sind ganz ver-
schieden. „Montaigne war ein großer Herr, angesehen und einflußreich, und es
lag lediglich an ihm, wenn er von seiner Person nur sehr maßvoll und widerwillig
politischen Gebrauch machte.“ (283) Hingegen war Petrus, bevor er von Jesus
Christus berufen wurde, lediglich Fischer. Noch wesentlicher ist, dass Petrus kein
Erzähler, sondern einer der Hauptdarsteller in dem weltgeschichtlichen Ereignis
war. Die dramatische Dynamik und die historische Konkretheit sind die beiden
Hauptkategorien, die Auerbach schätzt. Daher beteuert Auerbach im Bezug auf
die Geschichte Petri wie folgt:

Aus der beliebigen Alltäglichkeit seines Lebens wird Petrus zu der ungeheuersten Rolle
aufgerufen; hier ist sein Auftreten, wie überhaupt alles, was mit der Verhaftung Jesu
zusammenhängt, im weltgeschichtlichen Zusammenhang des Römischen Reiches noch
nicht mehr als ein provinzieller Zwischenfall, ein lokales Ereignis ohne jede Bedeutung, von
dem niemand außer den Nächstenbeteiligten Notiz nimmt; allein wie gewaltig ist es schon,
im Verhältnis zu dem Leben, das ein Fischer vom See Genezareth normalerweise führte, und
welch ungeheurer Pendelausschlag vollzieht sich in ihm! (45)

Wenn man also etwas Jüdisches in dem Schrifttum Auerbachs suchen will,5 dann
muss man sein Augenmerk nicht auf Abraham, sondern vor allem auf Petrus
richten. In der Tat kann man keine Konkretheiten in der Geschichte des Isaak-
Opfers finden. Konkrete Situationen stellen sich vielmehr in hohem Maße in der
Geschichte der Petrus-Verleugnung dar. Jesus Christus kann als der Souverän und
zugleich der Märtyrer im extremen Sinn des Wortes angesehen werden. Wenn dies

5 Vgl. James I. Porter. Während Porter fast ausschließlich die Bedeutung Abrahams in Mimesis
betont, richtet Galili Shahar dagegen sein Augenmerk auf die Verwandtschaft zwischen der
jüdisch-hebräischen Tradition und der modernen Literatur, indem er auf die Fragmentarität der
beiden Gewicht legt. Um einen differenzierten Standpunkt zu sehen, s. Malachi Haim Hacohen.

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Vergangene Vergängnis: Für eine Philologie des Stattdessen 89

der Fall ist, kann Petrus mit einer wichtigen Figur im Trauerspiel-Buch verglichen
werden: dem Intriganten. „Mit dem Intriganten“, schreibt Benjamin, „zieht die
Komik ins Trauerspiel ein. Sie ist darin jedoch nicht Episode. Die Komik – richti-
ger: der reine Spaß – ist die obligate Innenseite der Trauer, die ab und zu wie das
Futter eines Kleides im Saum oder Revers zur Geltung kommt. Ihr Vertreter ist an
den der Trauer gebunden.“ („Trauerspiel“ 304) In der Figur des Intriganten stößt
die Trauer mit dem reinen Spaß zusammen. Benjamin spricht hier von einer
andersartigen Stilmischung als derjenigen Auerbachs, d. h. von einer Mischung

von Spaß und Trauer. Wenn man keine Leiter zum Himmelsreich mehr finden
kann, kann man nur vergeblich versuchen, sich durch Pendelausschlag zu erhe-
ben oder durch den reinen Spaß die irdische Trauer zu überwinden.
Ausschlaggebend ist vor allem, dass man damit den scheinbaren Gegensatz
zwischen Figura und Allegorie zunichtezumachen vermag, wenn man die Bedeu-
tung des Intriganten namens Petrus richtig versteht. Dass „figura [...] sinnlicher
und beweglicher als forma [ist] und [...] das Selbst des Ursprünglichen reiner als
imago [bewahrt]“ (Auerbach, „Figura“ 266), macht sich verständlich auf der
Grundlage der sermo humilis, weil allein deren Pendelausschlag den Nachklang
der figuralen Verheißung und Erfüllung erhalten kann. In „Figura“ legt Auerbach
dies folgendermaßen dar: „Die Figuraldeutung stellt einen Zusammenhang zwi-
schen zwei Geschehnissen oder Personen her“ (285), der nur durch ‚intellectus
spiritualis‘ die ‚Realprophetie‘ richtig begründet werden kann.

[D]er intellectus spiritualis[] ist ein geistiger Akt, der sich bei jedem der beiden Pole mit dem
gegebenen oder erhofften Material des vergangenen, gegenwärtigen oder zukünftigen Ge-
schehens zu befassen hat, nicht mit Begriffen oder Abstraktionen; diese sind durchaus
sekundär, da auch Verheißung und Erfüllung als wirkliche und innergeschichtliche Ereig-
nisse teils in der Fleischwerdung des Wortes geschehen sind, teils in seiner Wiederkunft
geschehen werden. (285)

Die Fleischwerdung des Wortes und seine Wiederkunft weisen wohl auf die sermo
humilis Christi hin. Danach aber tritt eine entscheidende Aussage auf:

[D]iese Welt wird nur als figura vergehen, nicht ihre natura [...], und das Fleisch wird auf-
erstehen. Insofern nun die Figuraldeutung ein Ding für das andere setzt, indem eines das
andere darstellt und bedeutet, gehört sie zu den allegorischen Darstellungsformen im wei-
testen Sinne. Sie ist jedoch von den meisten anderen uns sonst bekannten allegorischen
Formen durch die beiderseitige Innergeschichtlichkeit sowohl des bedeutenden wie des
bedeuteten Dinges klar geschieden. (285)

Dies besagt, dass die allegorische Darstellungsform im eigentlichen Sinne wohl


die beiderseitige Innergeschichtlichkeit (zu) beinhalten (ver)mag. Sie soll aber
nicht die sermo humilis Christi, sondern die sermo humilis Petri sein, der gegen-

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strebige Fügungen (in) der irdischen Welt ertragen konnte, ohne sie zu verlassen.
Die Geschichte der Petrus-Verleugnung also markiert den Verwandlungsprozess
der Figura in die Allegorie. „In other words“, um Jesse M. Gellrichs Verdikt zu
zitieren, „the preference for figura and the disapproval of allegory are recto and
verso of a single attitude.“ (110) Ob der intellectus spiritualis auf das recto der
Figura oder auf das verso der Allegorie hinweist, macht keinen Unterschied.
Auch wenn wir die allgemeine Ansicht anerkennen, dass es einen Unter-
schied zwischen Figuration und Allegorese gibt, unterscheidet sich die Benja-
min’sche Deutung erheblich von dieser Vorstellung, denn sie verbindet sich mit
der Auerbach’schen Figuraldeutung durch einen grundsätzlichen Denkakt: Um-
schwung. In „Epilegomena zu Mimesis“ bekennt Auerbach, die echte Intention
seiner philologischen Forschung über die mimetische Tradition der west-lateini-
schen Welt sei „nicht den Übergang zu zeigen, sondern den Umschwung“ (469).
Seine Stilmischung ist daher eigentlich nicht Mischung, sondern vielmehr Um-
schwung, ja Stilumschwung. Worauf Benjamin seinerseits mit dem Allegorie-
studium abzielt, ist, wenn nicht Umschwung, das Umspringen der Allegorie
selber. „Zuletzt springt in den Todesmalen des Barock – nun erst im rückgewand-
ten größten Bogen und erlösend – die allegorische Betrachtung um.“ („Trauer-
spiel“ 406) Und mit Bezugnahme auf Bewältigung der Allegorie zieht Benjamin
eine für Auerbach ganz wichtige Figur heran: Franz von Assisi. Weder das
Trauerspiel- noch das Mimesis-Buch rücken Franz in den Vordergrund, aber er
besetzt gewiss einen grundlegenden Platz in der Gedankenbühne beider.
Aber es gibt noch eine andere Figur, mit der sich die Auseinandersetzungen
zwischen Auerbach und Benjamin zugleich zuspitzen und beenden: Franz Kafka.
Es ist ganz merkwürdig, dass Auerbach in Mimesis seinen Namen nur einmal,
sogar sehr kritisch, erwähnt, wenn man an sein Geständnis erinnert: „Die großen
französischen Romanschriftsteller sind für die Problemstellung in Mimesis von
entscheidender Bedeutung, meine Bewunderung für sie ist groß. Aber zu Ver-
gnügen und Erholung lese ich lieber Goethe, Stifter und Keller.“ („Epilegomena
zu Mimesis“ 469) Seine Bewertung von Kafkas Werken ist völlig negativ, gerade
deswegen ist seine Anmerkung umso eher symptomatisch zu lesen. Für Auerbach
ist Kafka sozusagen der Repräsentant jener modernen Schriftsteller, „deren Welt
durch ihre grauenhafte Verzerrung an überaus konsequenten Irrsinn erinnert“
(Mimesis 63). Zu diesen modernen Schriftstellern zählen aber nicht James Joyce
und Virginia Woolf, die offensichtlich nicht zu den großen französischen Roman-
schriftstellern gehören und heutzutage eher mit Kafka verglichen werden.
Während Auerbach in der Welt Kafkas lediglich irreführende Verzerrung vor-
findet, ahnt Benjamin dort eine echte Möglichkeit, dem von Schicksal und Cha-
rakter verwickelten Weltlauf zu entrinnen. In dieser Hinsicht erscheint einer der
drei unvollendeten Romane Kafkas, Der Verschollene, als wichtig, weil, wie

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Vergangene Vergängnis: Für eine Philologie des Stattdessen 91

Benjamin mit Recht gezeigt hat, einzig in diesem Roman Kafka einen vollendeten
(d. h. normalen) Namen eingefügt hat: Karl Roßmann. „Während in den früheren

Romanen“, so schreibt Benjamin, „der Autor sich nie anders als mit dem gemur-
melten Initial ansprach, erlebt er hier mit vollem Namen auf dem neuen Erdteil
seine Neugeburt. Er erlebt sie auf dem Naturtheater von Oklahoma.“ („Franz
Kafka“ 417) Die Vermutung liegt nahe, dass Benjamin hier einen Weg findet, das
deutsche Trauerspiel zu bewältigen. „Das Glück“, fährt Benjamin fort, „erwartet
ihn auf dem Naturtheater von Oklahoma, das eine wirkliche Rennbahn ist[.] [...]
Diese Rennbahn ist zugleich ein Theater, und das gibt ein Rätsel auf. Der rätsel-
hafte Ort und die ganz rätsellose durchsichtige und lautere Figur des Karl Roß-
mann gehören aber zusammen.“ (417) Hiermit setzt Benjamin das Trauerspiel ins
Naturtheater um. „Kafkas Welt ist ein Welttheater. Ihm steht der Mensch von
Haus aus auf der Bühne.“ (422) Aber noch entscheidender ist, dass Benjamin die
Hauptfigur des Romans als charakterlos darstellt. Dies besagt, dass er durch die
Tilgung des Charakters das Schicksal überhaupt zunichtemachen wollte. Wenn
dies der Fall ist, können wir auch mutmaßen, dass Auerbach irrtümlich eine
Gefahr in der Kafka’schen Welt verspürt hat, die seine Bemühung für die Ver-
einigung des Schicksals und des Charakters ungültig machen würde.
Aber Auerbach konnte sich der Tatsache nicht bewusst sein, dass Kafka ‚einen
anderen Abraham‘ in Anspruch genommen hat, der ungerufen doch zu Gott
kommt. Ist es eine Übertreibung zu behaupten, dass eben Petrus der andere
Abraham sein kann? Auerbach, der kein Hebräisch konnte, zitiert in Mimesis das
hebräische Wort „hinneni“ als das erste Fremdwort, mit dem Abraham dem
Gottesruf antwortete (10). Es scheint mir, dass die Verleugnung Petrus’ der spät
angekommenen Verheißungsfigura und die Antwort Abrahams der früh gegebe-
nen Erfüllungsfigura jeweils gleichen. Petrus kann ‚ein anderer Abraham‘ sein,
weil Auerbach in der Geschichte der Petrus-Verleugnung den Gipfel der Stil-
mischung findet, die dem Gehorchen Abrahams entspringt. Im Gegensatz zu
Christus also ging hier die übermenschliche Gehorsamkeit zu Gott voraus, danach
kommt die allzu menschliche Lüge an. Diesem Umschwung der Figuraldeutung,
dem auf dem Kopf stehenden Figuralismus, wenn man so will, entspricht das, was
Benjamin in Kafkas Werk entdeckt: Naturtheater. Taubes mag falsch liegen. Die
Idee des Naturtheaters, die Benjamin Kafka entnimmt, mag anders als die der
Hos-Me Pauli sein, die Taubes als Urprinzip der Weltgeschichte hervorgehoben
hat. Eher würde sie mit dem Auerbach-Kafka’schen Abraham übereinstimmen.
‚Jeder wird auf dem Naturtheater von Oklahoma eingestellt.‘ Die Verleugnung
Petri bezeugt „die Entstehung einer geistigen Bewegung in der Tiefe des alltäg-
lichen Volkes, mitten aus dem zeitgenössischen alltäglichen Geschehen heraus,
das damit eine Bedeutung gewinnt, die ihm innerhalb der antiken Literatur
niemals zukam. Es erwacht vor unseren Augen ‚ein neues Herz und ein neuer

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Geist‘.“ (46) Die Verschmelzung von Natur und Theater bedeutet die Verwirk-
lichung der Vereinigung des Schicksals und des Charakters und in ihr die Zer-
störung der beiden, weil jeder in dem Theater sich darstellen kann, als führe jeder
auf natürliche Weise das eigentliche Leben. Wir können also versuchen, Petrus im
Naturtheater auftreten zu lassen. Und aufgrund der Naturtheateridee versucht
Benjamin die Allegorie der Allegorie darzustellen. Er nennt sie Vergänglichkeit.
„Vergänglichkeit ist“, schreibt Benjamin, „in ihr [der Allegorie der Allegorie, H. C.]
nicht sowohl bedeutet, allegorisch dargestellt, denn, selbst bedeutend, dargebo-
ten als Allegorie. Als die Allegorie der Auferstehung.“ („Trauerspiel“ 405–406)
Die Allegorie der Allegorie, ja Umschwung der Allegorie, kann als das Pro-
gramm einer altneuen Philologie angesehen werden, nach der Auerbach und
Benjamin jeweils streben. In der Einleitung zu Literatursprache und Publikum in der
lateinischen Spätantike und im Mittelalter, das postum erschien, schreibt Auerbach
im Bezug auf verschiedene Versuche Geschichte zu schreiben das Folgende: „But
there is always something arbitrary about them.“ (Literary Language and Its Public
21) Allegorie ist der Ausgangspunkt, dem bis zum Ende niemand entrinnt; umge-
kehrt, Allegorie ist der Endpunkt, an dem jeder schon von Anfang an angekommen
ist. Und die Idee des Naturtheaters, das sogar die Allegorie der Allegorie über-
winden soll, ebnet Auerbach und Benjamin die Bahn für eine Philologie des Statt-
dessen: Die Philologie des Stattdessen eifert weder der klassischen Philologie
nach, die immer wieder auf die griechisch-römische Antike zurückgreifen will,
noch konkurriert sie mit der Philologie des Christentums, die wegen ihrer Unred-
lichkeit und Trägheit Friedrich Nietzsche angeklagt hat (Nietzsche 79–80). Statt-
dessen kommt es ihr darauf an, dass sie die Allegorie und die allegorische Welt
weder hartnäckig verneinen noch ohnmächtig an ihr verzweifeln will. Eher bereitet
sich die Philologie des Stattdessen darauf vor, irgendeinen ungeheuren Unfug mit
ihnen zu treiben. Solch eine List drückt Kafka lakonisch aus: „Im Kampf zwischen
dir und der Welt sekundiere der Welt.“ (124) Dieses Apophthegma darf man unter
ein Motto der Philologie des Stattdessen stellen. Diesbezüglich kann man sich an
ein Wort erinnern, das Benjamin im Theologisch-politischen Fragment einführt:
Vergängnis. Dort spricht er von der messianischen Natur, die „aus ihrer ewigen und
totalen Vergängnis“ besteht (204). Zur Vergängnis äußert sich Irving Wohlfarth
folgendermaßen: „Das Wort kommt einem irgendwie bekannt, aber verschollen
vor, es steht jedoch in keinem älteren Wörterbuch. Es ist weder ein Anachronismus
noch ein Neologismus, sondern beides und keines zugleich.“ (171) Vergängnis ist
etwas Gespenstisches, das uns an (Kafkas) Odradek erinnert. Vergängnis ist also
das, was allem und allen entkommt. „Vergängnis ist“, fährt Wohlfarth fort,

nicht Verhängnis. Es erinnert noch an Vergänglichkeit, hat sich jedoch gleichsam von der
Familie stillschweigend abgesetzt, hat die Vergänglichkeit umgewertet, aber auf ganz

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Vergangene Vergängnis: Für eine Philologie des Stattdessen 93

eigene Weise. Vergängnis befreit Weltliches sowohl von der mythischen Welt, die die Natur
verabsolutiert, als auch von der metaphysischen Ordnung, die sie entwertet. (172)

5 Epilog
Weder Auerbach noch Benjamin würden den Einwand Blumenbergs akzeptieren,
die Präfiguration legitimiere bloße Kontingenz. Stattdessen würden sie eben die
Vergängnis der Figuration und der Allegorie vergehen lassen, um sie vergangen
zu machen. August Boeckh, einer der Gründungsväter der klassischen Philologie,
setzte als Programm seiner philologischen Forschung „das Erkennen des Erkann-
ten“ ein (vgl. Adelmann 13); Odo Marquard, der Gründer der „Philosophie des
Stattdessen“, bemerkte über den Menschen: „Er eilt nicht von Sieg zu Sieg,
sondern muß Niederlagen und Schwächen ausgleichen.“ (42) Als Motto der
altneuen Philologie können wir uns daraufhin folgende Formulierung wählen:
vergangene Vergängnis. Dies zu erstreben ist die Aufgabe der Philologie des Statt-
dessen, deren Methode (Ske)Pragmatik zu heißen hat.6

Bibliografie
Adelmann, Dieter. „H. Steinthal und Hermann Cohen.“ Hermann Cohen’s Philosophy of Religion.
Hgg. Stéphane Mosès und Hartwig Wiedebach. Hildesheim: Georg Olms, 1997. 1–33.
Auerbach, Erich. Dante als Dichter der irdischen Welt. Berlin: Walter de Gruyter, 2001.
Auerbach, Erich. „Epilegomena zu Mimesis.“ Barck und Treml, Erich Auerbach. 466–79.
Auerbach, Erich. „Figura.“ Figura: Dynamiken der Zeiten und Zeichen im Mittelalter. Hgg. Christi-
an Kiening und Katharina Mertens Fleury. Würzburg: Königshausen & Neumann, 2013.
Auerbach, Erich. Literary Language and Its Public in Late Latin Antiquity and in the Middle Ages.
Princeton: Princeton UP, 1993.
Auerbach, Erich. Philologie der Weltliteratur: Sechs Versuche über Stil und Wirklichkeitswahr-
nehmung. Frankfurt a. M.: Fischer, 1992.

Auerbach, Erich. Mimesis: Dargestellte Wirklichkeit in der abendländischen Literatur. Bern:


Francke, 1982.
Auerbach, Erich. „Der Schriftsteller Montaigne.“ Philologie der Weltliteratur: Sechs Versuche
über Stil und Wirklichkeitswahrnehmung. Frankfurt a. M.: Fischer, 1992. 19–35.

Auerbach, Erich. „Zur Dante-Feier.“ Barck und Treml, Erich Auerbach. 407–9.
Barck, Karlheinz. „Fünf Briefe Auerbachs an Benjamin.“ Zeitschrift für Germanistik 9.6 (1988):
688–94.

6 Ohne irgendein Programm zu setzen, hat Hans Ulrich Gumbrecht behauptet, man bedürfe
immerhin „einer programmatischen Rückwendung auf das Werk von Erich Auerbach“, um den
gegenwärtigen Stand der philologischen Fakultät präzis zu erfassen (287).

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94 Hyowon Cho

Barck, Karlheinz, und Martin Treml, Hgg. Erich Auerbach. Geschichte und Aktualität eines euro-
päischen Philologen. Berlin: Kadmos, 2007.
Benjamin, Walter. „Der Erzähler .“ Gesammelte Schriften II. 2. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1991.

438–65.
Benjamin, Walter. „Franz Kafka.“ II. 2. Gesammelte Schriften II. 2. Frankfurt a. M.: Suhrkamp,

1991. 409–38.
Benjamin, Walter. „Schicksal und Charakter.“ Gesammelte Schriften II. 1. Frankfurt a. M.:

Suhrkamp, 1991. 171–9.


Benjamin, Walter. „Der Sürrealismus.“ Gesammelte Schriften II. 1. Frankfurt a. M.: Suhrkamp,

1991. 295–310.
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