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RAJKO BRATOŽ

Christianisierung des Nordadria- und


Westbalkanraumes im 4. Jahrhundert

Inhaltsiibersicht:

I. Quellenlage und Stand der Forschung (S. 299)


II. Christliche Gemeinschaften zur Zeit Constantins (303)
III. Die Ausdehnung des Christentums zur Zeit der christologischen K~impfe (312)
A. Der Untergang des Heidentums (312)
B. Der Aufstieg des Christentums (316)
C. Innerchristliche Auseinandersetzungen (319)
IV. Der Sieg des orthodoxen Christentums i.iber heterodoxe Gruppen und das Heidentum
(329)
A. Die Religionspolitik der Kaiser Gratianus und Theodosius und das Konzil
von Aquileia 381 (329)
B. Magnus Maximus und dessen Fall (334)
C. Die antiheidnische Politik des Theodosius und der Blirgerkrieg 394 (338)
V. Die religibs-politischen Verhaltnisse am Uhergang aus dem 4. ins 5. Jahrhundert (345)
A. Christliche Gemeinschaften (345) {a) Aquileia und Nordostitalien (345) (b)
Noricum (353) (c) Pannonien (355) (cl) Dalmatien (356)
B. Heterodoxe christliche Gruppen, Juden uncl Heiden (357)
C. Gennanen als neues Element in der Religionsgeschichte (361)
D. Zusammenfassung: Perspektiven der Entwicklung (362)

I. Quellenlage und Stand der Forschung

Nur verhaltnismaBig wenige Quellen beleuchten die Ausbreitung des


Christentums im Nordadria- und Westbalkanraum im 4. jahrhundert, deshalb ist
die Rekonstruktion dieses Vorgangs sehr schwierig und stellenweise nur
hypothetisch. Van der christlichen Literatur sind teilweise oder zur Ganze Werke
der Schriftsteller aus Aquileia aus dem 4. oder vam Beginn des 5. Jahrhunderts 1
sowie bescheidene Uberreste sonst wahrscheinlich ziemlich umfangreicher

Ausg.: FORTUNATIANUS EP!SC. AQUIL., Commentarii i11 eUc:tllRelia (cdd. A. Wilmart - B.


Bischoff, CCSL 9, 1957, 365-370; CHROMACE D'AQU!LEE, Sermo11s 1-11. lntroduction, tcxtc
critique, notes parj. Lemaric, traduction par H. Tardif, SC154 und 164, Paris 1969 ,u. 1971;
CHROMAT!US AQUILE!ENS!S, Opera (Sermones, Tractatus ill Matthaeum), cdd. R. Etaix - J.
Lemaric, CCSL 9 A, 1974; SpicileRium ad Chromatii Aquileiensis opera, CCSL 9 A
Supplcmentum, 1977; R. ETAlX, Nouvcllc cdition dcs scnnons XXI-XXII de saint Chromacc

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Rajko Bratož

arianischer Literatur Westillyricums erhalten 2, wahrend die i.ibrige heterodoxe


Literatur ZLir Ganze verlorenging. Keines der fragmentarisch oder ganzlich
erhaltenen Werke wurde der Missionsarbeit gewidmet, obwohl solche Schriften
sicher existierten.i. Die Schriften des Martyrerbischofs Victorinus von Poetovio
waren im 4. jahrhundert im norditalischen Raum (insbes. in Aquileia) bekannt,
doch weiB man nichts i.iber ihre Verbreitung im Westillyricum;,; wegen ihrer
Gattung, theologischen Besonderheiten und Sprache waren diese Texte nur im
bescheidenem MaBe ffir die Missionierung geeignet. Nur die Predigten des
Chromatius und Rufins Kommentar zum Glaubensbekenntnis waren an einen
breiteren Kreis von Lesern bzw. Zuhorern gerichtet, jedoch schon i.iberzeugter
Christen 5 . In diesen Werken findet man nur selten konkretere Berichte i.iber
heimische Christengemeinden, i.iber ihre GroBe, Sitten oder spezifische geistliche

d'Aquilce, Rcvttc Bcncdictinc 92, 1982, 105-110; ]. LEMARIE, 'Chromatiana'. Apport du


nouveaux tcmoins manuscrits, RcvucBc11cdicti11c98, 1988, 258-271; TYRANNII RUFINI Opera,
cel. M. Simonetti, CCSL 20, 1961; Historia ccclcsiastica 10-11 (ed. Th. Mommse n, GCS9/2,
1908, 950-1040).
Scripta Arricma Latina 1, ed. R. Gryson, CCSL 87, 1982; eine Dbersicht der gesamten aria-
nischcn Literatur des Westens gibt M. MESL!N, Les Ariens d'Occidcnt 335-430, Paris 1967,
101-250; vgl. auch K. GAMBER, Die lateinischen liturgischen Quellen Illyriens vom 4. bis 6.
Jahrhundert, Sirmittm 4, Beograd 1982, 77-85.
Zwei moglichc Beispiele solcher Texte seien angeflihrt. (l.) HIERONYMUS, De viris il!tt-
stribus 97(PL 23, 735 C) crwiihnt dic Kommentarc dcs Fortunatianus zu den Evangelien,
die brcvi ct rustico scrmonc gcschriebcn worclen seien. Die Bczeiclmung bedeutet nicht
unbedingt, dar..; dicsc Tcxtc in der Volkssprache verfaSt uncl der Missionsarbeit gewiclmet
wurden, wic einige Forschcr meintcn (z.B. G.C. MEN!S, La diffusione del cristianesimo nel
territorio Friulano in cpoca palcocristiana, AAAd 6, 1974, 49-61, insbes. 53; vgl. dazu L.
CRACCO RUGGINI, La cristianizzazione nellc citta dell'Italia settentrionale (IV-VI secolo), in:
W. Eck - H. Galstcrcr (Hg.) , Dic Stadt iu Obcritalicu tmd in dc1111ordwcstlichcn Provinzen
dcs R6mischc11 Rcichcs, i<Olncr Forschungen 4, Mainz 1991, 235-249, insbes. 240 f.). Die
Bezcichnung hczicht sich unscrcr Mcinung nach wahrschcinlicher auf die schlechte Sprache
und den schlechten Stil Fortunatians (als Gegensatz zu sarmo urbanus; Fortunatianus wird
von Hieronymus auch als sc11sibus hebcs „. ct vcrbis (!) bezeichnet; Praefatio in Omelias
Origcnis super Lucam eva11p,clistam, SC87, 1962, 68 uncl 94). Auch als Schriftgattung waren
die exegetischcn Tcxtc flir Missionszweckc wenig gceignet. (II.) PAULINUS, Vita Ambrosii
36(ccl. A.A.R. Bastiacnsen, Verona 1975, 100) berichtet, daB cler Mailander Bischof fi.ir die
markomannische Kbnigin Fritigil cpistulamfccit pracclaram in modum cathecismi uncl sie
kurz vor seincm Tod (397) flir clas Christentum gewann; ihrem Vorbild sollte ihr Mann und
das gesamtc Volk folgcn.
M. DULAEY, Victori11 de Poctouio premier cxcgete latin 1-11. Collection des Etucles
Augustiniennes. Scric Antiquitc - 139, Paris 1993, 323 ff.
RUFINUS, Rxpositio S)JJnboli J (CCSL 20, 133 ,13 ff.) bcrichtet in der Einfi.ihrung zu seinem
Kommentar zum Glauhcnshckcnntnis, daS seine Schrift den Anfangern im Glauben
gewidmet ist (quac quidem 1w11 tam pe1fcctorum cxcrcitiis digna vidcautw~ quam ad
parvulorum i11 Cbristo et i11cipie11tium librc11tur auditwn), cloch geht es hier - betrachtet
man dcn Inhalt dcr Schrift - um einen litcrarischen Ausdruck der Bescheidenheit. Die
Schriften flir clic Anfangcr verfaStcn in relativer N;ihc des behandelten Gebietes AMBROSIUS
(Explanatio S)miboli, cd. 13. Botte, SC25 bis, 1994, 46-59) und NICETAS von Remesiana
(Jnstructio ad compctcntcs, cel. K. Gambcr, Textus patristici et liturgici 1-2, Regensburg
1964/65; der Autor schopftc aus Rufinus und vor allem Ambrosius). Auf Grund der clrei
erw;ilmten Autorcn kbnntc man cinc ann~ihcrnclc Vorstellung liber die Katechese im
norditalischcn und Mittcldoanau- umi Balkanraum bckommen. Vgl. clazu zuletzt G.
SCHRAMM, A11fa11gc dcs albaniscbcn Christcntums, Freiburg im Breisgau 1994, 48-58.

300
Christ.ianisierung des Nordadria- und Westbalkanraumes im
4. Jahrhundert

Einstellung. Von den sparlichen Resten der heidnischen Autoren, die die heidnische
Reaktion auf die Ausbreitung des Christentums beleuchten und seine Erscheinungs-
formen ("Intoleranz" im modernen Sinn des Wortes) bekampfen6 , bezieht sich
kein einziger Bericht auf das behandelte Gebiet.
Beri.icksichtigt man die religiose Gesetzgebung der Kaiser ( und
Gegenkaiser) im 4. Jahrhundert, stellt sich die Prage ihrer jeweiligen Gi.iltigkeit
auf dem betreffenden Territorium bzw. die Prage ihrer tatsachlichen Wirksamkeit
auch im Fali einer unumstrittenen Gi.iltigkeit7. Die religiose Einstellung bekannter
Staatsbeamter, denen die Durchfi.ihrung dieser Gesetzgebung oblag, bleibt in
allzu groBem Mars unbekannt oder unsicher, dafS auf dieser Grundlage
irgendwelche Schli.isse moglich waren8 . Eine ahnliche Prage wie die der staatlichen
Gesetzgebung stellt sich, wenn man die Bestimmungen der Konzile beri.icksichtigt;
es scheint, als ob einige dieser Bestimmungen nicht durchgefi.ihrt worden sind,
manchmal wiederum wurde ihre Gi.iltigkeit erst vom Staat erzwungen 9 .

6 Vgl. dazu F. PASCHOUD, L'intolcrance chrctienne vue et jugce par les palens, Cristianesimo
ne/la storia 11, 1990, 545-577; P. THRAMS, Christianisiertt!lf!. des R6merreiches 1t11d
heidnischer Widerstand, Heidelberg 1992. ·
7 Der i.iberwiegende Teil dieser Gesetzgebung istim Codex Theodosianus ( Theodosiani libri
XVI cum constitutionibus Sirmondianis et lef!.es 11ouellae ad Theodosianum perthzentes,
edd. Th. Mommsen et P.M. Meyer, Dublin~Zi.irich 19714) erhalten. Siehe dazu K. L.
NOETHLICHS, Die f!.esetz!!,eberiscbe11 Majsnabmen der cbristlichen Kaiser des uierten
jabrhu11de11s f!.ef!.ell Haretike1; Heiden 1t11d]uden, Diss. Koln 1971; dens„ Heidenverfolgung,
RAC 13, 1986, 1149-1190; P.- P. JOANNOU, La lcp,islation imperiale et la christianisation de
l'Empire Romain (311-476), Roma 1972;]. GAUDEMET, La legislation anti-palenne de
Constantin a Justinien, Cristianesimo nella storia 11, 1990, 449-468; M.R. SALZMAN, The
Evidence for the Conversion of the Roman Empire to Christianity in Book 16 of the
Theodosian Code, Historia 42, 1993, 362-378; D. HUNT, Christianising the Roman Empire:
the evidence of the Code, in: The Tbeodosian Code. Studie.1· in the Imperial Latu oj Late
Antiquity (ed.]. Harries and]. Wood), London 1993, 143-158. Zur Wirkungslosigkeit der
Gesetzgebung im spiitromischen Reich vgl. K. L. NOETHLICHS, Beamtentum und
Die11stuergebe11. Zur Staatsuerwaltung in der Spatantike, Wiesbaden 1981 und kurz A.
DEMANDT, Die Spatantike, Mi.inchen 1989, 254.
s Unter den 33 bekannten praefecti praetorio Italiae, Illyrici et Africae und 5 praefecti prae-
torio Illyrici aus der Zeit von 337 bis 395 ist die rcligiose Zugeh0rigkeit bei den 16 (rund
42%) Amtstriigern unbekannt, 13 davon (rqnd 34%) waren Heiden und 9 (rund 24 %)
Christen; erst nach 395 waren diese Amtstriiger'fast ausnahmslos Christen (vgl. R.v. HAEHLING,
Die Religionszugeb6rigkeit der boben Amtstrager des R6miscben Reicbes seit Constantins I.
Alleinberrscbaft bis zum Ende der Theodosianiscben Dynastie (324-450 bzw. 455 n. Chr.),
Antiquitas 3,23, Bonn 1978, insbes. 95-111; 284-330). Die Religionszugehorigkeit der
Provinzstatthalter und der Militiirbefehlshaber in der gleichen Zeit ist - abgesehen von
wenigen Ausnahmen - unbekannt. Vgl. fi.ir die pannonische Diozese J. FITZ, L 'administration
des proui11cespaimonie1111es sous le Bas-Empire romahi, Collection Latomus 181, 1983 (nur
12 Namen der Provinzstatthalter und 19 Militiirhefehlshaber his 395 i.iberliefert; nur fi.ir
Noricum G. WINKLER, Die Reicbsbeamten uon Noricum wzd ibr Personal bis zum Ende der
r6mischen Herrschaji, 6sterr. Akad. d. Wiss„ Sitzungsber. 261/2, 1969, 103 ff.); fi.ir Venetia
et Histria vgl. A. CHASTAGNOL, L 'Italie et l'Afrique au Bas-Empire. Scripta uaria, Lille 1987,
124 f. 03 Namen). Bei den Provinzstatthaltern ist ihre religiose Angeh0rigkeit nur in
Ausnahmefallen bekannt. Zur Frage allgemein vgl. auch K. L. NOETHLICHS, Hofbeamter,
RAC 15, 1991, 1111-1159.

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Rajko Bratož

Die archaologischen Quellen, vor allem fri.ihchristliche Inschriften und


Reste fri.ihchristlicher Kirchen jener Zeit, beleuchten in erster Linie die Entwicklung
nur einzelner Gemeinden, nicht jedoch die Entwicklung im ganzen Gebiet. Auf
deren Grundlage ist es nicht moglich, das sich stufenweise verandernde Verhaltnis
zwischen Heiden und Christen (von der Minoritat in Consrantins Zeit bis zur
Majoritat ein Jahrhundert spater) zu rekonstruieren. Die Anzahl der Funde ist
von der IntensiUit bisheriger Forschungen (cliese war je nach Region ziemlich
unterschiedlich) abhangig, deshalb ist eine SchluBfolgerung i..iber allgemeine
Entwicklungstendenzen auf dieser Grundlage selu riskantw.
Angesichts solcher Quellenlage ist es fast unmoglich, den ProzeB der
Christianisierung, unter Beri.'1cksichtigung seiner Entwicklungsphasen, Intensitat,
Schwerpunkte, Besonderheiten u.a„ vollkornmen zu umfassen. Die Quellen zeigen
nur vereinzelte Mosaiksteinchen, die man zusammenlegen muB, um mindestens

9 Eine Ubersicht dcr gcsamtcn Matcrie bringt Ch.). HEFELE, Histoire des conciles 1-11. Paris
1907/8 (ktirze Ubersicht mit neuen Literaturangahen in: Restauratio11 zmd Enieuerung.
Die Lateinische Literatur vou 284 his 3 74 11. Chr. (Hg. R. Herzog), Mi.inchen 1989, 435 ff.).
Die Gi.iltigkeit dcr Bcstimmungcn wird manchmal durch dcn Staat bestiitigt (so z.B. in
allen Eillen, wenn dcr Kaiser teilgenommen hat), in einigen Eillen (wie z.B. das Konzil
von Aquileia 381) hat der Kaiser mit spezieller Verordnung die Durchfi.ilmmg der Beschli.isse
garanticrt.
10 Fi.'ir eine Orienticrung in der recht umfangreichen archiiol. Literatur s. die Forschungsberichte
in Actes du Xle co11Rrcs ilttematio11al d'archcoloRie chrctiemw 1-lfl(ed. N. Duval), Collec-
tion de l'Ecole Fran\,'.aise de Rome 123, 1989 (in ller Fortsetzung ACIAC Xl), insbes. 174 ff.
(G. CANTINO WATAGHIN); 735 ff. (G. CUSCITO); 2089 ff. (R PILLINGER); 2345 ff. (R. BRATOŽ,
N. CAMBI, l. NIKOLAJEVIČ); fi.ir die beiden Provinzen Noricums R. PILLINGER, Fri.ihes
Christentum in 6sterreich. Ein Uherblick an Hanci cler Denkmiiler, Mitteiltmgen zur
Ji'iihchristlichen ArchaoloRie in Osterreich 5, 1993, 4-27; H. UBL, Die Christianisierung von
Noricum Ripense his zun) 7. Jahrhundert nach den archiiologischcn Zeugnissen, in: Das
Christentum im hairische11 Raum (Hg. E. Boshof und H. Wolff), Passaucr Historische
Forschungen 8, Wien-Koln-Weimar 1994, 129-151 und F. GLASER, Die Christianisierung
von Noricum Mediterraneum bis zum 7. Jahrhundert nach den archiiologischen Zeugnissen,
ehd„ 193-229; fOr den heutigen slowenischcn Raum T. KNIFIC - M. SAGADIN, Pismo brez
pisave (Carla sine litteris), Ljubljana 1991 (Ausstellungskatalog); fi.ir Pannonien (den
ungarischen Tei!) vgl. E.B. THOMAS, Das fri.ihe Christentum in Pannonien im Lichte der
ard1iiologischen Forschungen, in: Severin zwische11 R6merzeit und Volkerwanderung, Linz
1982, 255-293; kritisch dazu R. SORRIES, Wie weit war die Christianisierung der
Donauprovinzcn in der Spiitantikc wirklich fortgeschrittcn?, RO 19/20, 1991/2 0994), 161-
175; neuc Uhersicht bei E. TOTH, Das Christentum in Pannonien bis zum 7. Jahrhundcrt
nach den archiiologischen Zeugnissen, in: Das Christe11tum im hairischen Rawn, 241-272;
fi.ir den heut. kroatischen Teil Pannoniens B. VIKIČ-BELANČIC, Elementi ranog krščanstva u
sjevcrnoj Hrvatskoj (Elemente cles frOhen Christcntums in Norclkroatien), AV29, 1978, 588-
606 umi zulctzt Ausstellungskatalog Od nepohjedivog sunca do simca pravde. Rano
kr.~canstvo u ko11ti11e11talizoj Hruatskoj (From the Invinciblc Sun to thc Sun of Justice. Early
Christianity in Continental Croatia, ed. Ž. Demo), Zagreb 1994; fi.ir das heutige Bosnien
und Hcrzegowina s. zuletzt D. BASLEH, Spata11tike undjdihchristliche A rchitektur in Bos11ie11
und HerzeROWi11a, Wien 1993; fi.ir Dalmatien s. zuletzt: P. CHEVALIER, L'architecture
palcochrctienne de la provil1ce romai1w de Dalmatie (JVe - Vile s), Univ. Paris IV-Sorbonne
1991 (Doktorarbcit; non vidi) und ihr Beitrag in Salo11a II (Recherches archcologiques
franco-croates dirigces par N. Duval et E. Marin, in Druck); Orbis Romanus Christianusque
ah Diocletiani aetate 11sq11e ad Heraclium. Travaux sur l'A11tiquitc Tardive rassemhles autour
des recherches de Noči Duval, Paris 1995 (dic Beitriige von N. CAMBI, E. MARIN, T.
MARASOVIC, S. 253-295).

302
Christ -ianisierung <les Nordadria- und Westbalkanraumes im
4. Jahrhunclert

ein annahernd klares Bild der Entwicklung zu bekommen. Auch im Fali einer
geistreichen Kombination bleibt dieses Bild jedoch in betrachtlichem MafS hypo-
thetisch 11. Der ChristianisierungsprozeB im behandelten Raum ist weniger klar
als allgemein im gesamten Romischen Reich, dabei wesentlich schlechter als in
einigen Landern vorwiegend im Osten, im Westen aber auch schlechter als im
benachbarten Norditalien 12 .
In die Beschreibung des Christianisierungsprozesses im 4. Jahrhundert
wird das Gebiet der pannonischen (oder westillyrischen) Diozese einbezogen
(die beiden norischen Provinzen, die vier pannonischen Provinzen und Dalmatien)
sowie fi.ir die Entwicklung des Christentums auf diesem Gebiet der selu bedeutende
ostliche Tei! der Italischen Provinz Venetia ct Histria mit seiner Metropole Aquileia,
insgesamt ein grofSer Raum (bis 250.000 km 2) 13 , fi.ir <len versucht wird, gemeinsame
Entwicklungszi.ige herauszuarbeiten.

II. Christliche Gemeinschaften zur Zeit Constantins

Nach der Zeit der Christenverfolgung, die auf dem Gebiet Italiens im
Jahr 305, im westlichen Illyricum moglicherweise im Jahr 308 oder spatestens im
Jahr 311 abgeschlossen war 11, gab es auf dem Territorium des westlichen Bal-
kans, mittleren Donaugebiets und der nordlichen Adria etwa ein Dutzend christ-
licher Gemeinden. Diese wurden in einigen Provinzhauptstadten (wie z.B. in
Aquileia, Salonae, Sirmium, Siscia, Savaria und Lauriacum; von den Provinzial-
zentren in dieser Zeit ist das Bestehen des Christentums nur in Virunum und

11 Die bisherigen Ubersichten der Gesamtheit hzw. groBer Teile des gcsamten Gcbictcs: ).
ZEILLER, Les origines chrctiemies da11s lesprovi11ces dau11bic1111es de l'empire romai11, Paris
1918; H. LECLERCQ, Illyricum, DACL 7/1, 1926, 89-180; A. LIPPOLD - E. KIRSTEN,
Donauprovinzen, RAC4, 1959, 147-189; fi.ir dic Entwicklung in dcn cinzclncn Provinzcn s.
). ZEILLEH, Les origi11es chrčtie1111es dam la provi11ce romai11e de Dalmatie, Paris 1906; T.
NAGY, Die Gcschichtc dcs Christe11tums i11 Pai111011ic11 bis ztt dem Zttsammc11br11ch des
r6mischc11 Grenzschutzes, Diss . Pann. 11,12, Budapest 1939 (ungarisch); R. NOLL, Friihcs
Christe1ttttm i11 Ostcrrcich. Wien 1954; G. CUSCITO, Cristia11csimo a11tico ad Aquilcia c in
Jstria, Trieste 1977; R. BRATOŽ, Dic Geschichtc des frlihen Christentums im Gebiet zwischen
Sirmium uncl Aquileia im Licht der ncueren Forschungen, Klio 72, 1990, 508-550; P.F.
BARTON, Gcschichte des Christc11tums ilt Ostcrreich tmd Siidmitteleuropa 1-11, Wien 1992.
12 Neuere synthetische Uberblicke flir das gesamte Romische Reich: R. MacMULLEN, Chris-
tianizing the Roman Empirc (A.D. 100-400), New Haven and London 1984; R. LANE FOX,
Pagans and Christians, New York 1987; G. GOTTLIEB - P. BARCELO, Christe11111td Heidc1t
in Staat umi Gcsellschaft des zweite11 bis vierte11.fahrhuuderts. Gcdankc11 wzd 7bcscn zu
ei11em schwicrif!.Cll Vcrhaltuis, Mi.inchcn 1992. Fi.ir dcn norditalischcn Raum vgl. R. LIZZI,
Ambrose's Coniemporarics and thc Christianisation of Northcrn Italy, JRS80, 1990, 156-173
und L. CRACCO RUGGINI, La cristianizzazione (wie in Anm. 3).
13 Zur administrativen Einteilung dcs behandelten Gebietes im 4. Jh. vgl. ). FITZ, L'admi-
11istratio11 (wie in Anm. 8); A. CHASTAGNOL (ebd.); C. ZACCAHIA, II govcrno romano nella
Regio X e nella provincia Venetia et Histria, AAAd28, 1986, 100 ff.; vgl. eten Beitrag von I.
WEILER in diesem Band (S. 123 ff.).
14 Vgl. kurz R. BRATOŽ, Die Geschichte (wie in Anm. 11), 508 ff„ insbcs. 514 f.

303
Rajko Bratož

Sopianae nicht mit Sicherheit belegt 15) und in einigen wichtigeren Stadten (Tergeste,
Parentium und Pola in Istrien, Poetovio in NoriCL1111 Mediterraneum und Cibalae
im Zweiten Pannonien) erwahnt. Erste Beispiele der Expansion des Christentums
von den Stadten aufs Land beziehen sich nur auf die Stadtnahe, insbesondere im
Gebiet um Aquileia und in Istrien (S. Canzian am Isonzo nahe Aquileia, Barbariga
nordwestlich von Pola). Die altesten und groBten dieser Gemeinden formten
sich in der ersten Halfte oder spatestens in der Mitte des 3. Jahrhunderts (Aquileia,
Salona, Sirmium, Poetovio). Diese christlichen Gemeinden besaBen die
Uberlieferung von Martyrern aus der diokletianischen Verfolgung, einige sogar
aus noch fri.iherer Zeit (z.B. Aquileia, Cibalae, vielleicht auch Poetovio), die groBten
unter ihnen befanden sich unter der Leitung der eigenen Bischofe (AquiJeia,
Parentium, Poetovio, Siscia, Salona, Sirmium, Cibalae). Nur Poetovio wurde mit
dem Bischof und Martyrer Victorinus schon in der Verfolgungszeit zu einem der
damals noch seltenen Zentren der christlichen Literatur im abendlandischen Raum
und das einzige in den Donauprovinzen. Allerdings wurde seine Entwicklung
mit dem Tod des Bischofs unterbrochen 16 •
Uber das Leben clieser christlichen Gemeinclen zur Zeit Constantins ist
wenig bekannt. Die materiellen Funde spiegeln - zumindest indirekt - teilweise
auch in cliesem Gebiet Constantins Untersti.itzung des Kirchenbaus wider17 . Die
monumentale Doppelbasilika mit gro!Sartigen Mosaiken in Aquileia ist das groBte
Denkmal uncl gleichzeitig clie Hauptquelle fi.ir die Kenntnis der christlichen
Gemeinde von Aquileia zur Zeit des Bischofs Theodorus (bis ungefahr
320) 18 • Anderswo sind die fri.ihchristlichen materiellen Funde aus der Zeit

15 Flir Virunum vgl. zuletzt F. GLASER, Die Christianisierung von Noricum Mediterraneum
(wie in Anm. 10), 211 f„ fi.ir Sopianae F. FULEP, Sopianac, Budapest 1984, 279 (die iiltesten
christlichen Gr;iher stammen aus der Zeit 340-350) und E. TOTH, Das Christentum in
Pannonien, 245 ff.
16 Flir Aquileia, lstrien und Noricum vgl. R. BRATOŽ, Krf~čanstvo v Ogleju in na vzhodnem
vplivnem območju Of'.lejske cerkve od začetkov do nastopa verske svobode (Das Christentum
in Aquileia uncl auf dem ostlichen EinfluSgehiet der Kirche von Aquileia von den Anfangen
bis zum Eintritt des Religionsfriedens), Acta Ecclesiastica Sloveniae 8, Ljubljana 1986; G.
CUSCITO, II primo cristiancsimo nella "Vcnetia et Histria". Indagini c ipotcsi, AAAd 28,
1986, 259-309; dens., Fede e politica ad Aquileia. Dibattito teologico e centri di potere (secoli
IV - VIJ, Udinc 1987; dens., Martiri cristiani ad Aquileia e in lstria, Udine 1992; fLJr das
Gcbiet Pannoniens A. MOCSY, Pannonia, RE Suppl. 9, 1962, 750-758; E.B. THOMAS, Das
fri.ihe Christentum; E. TOTH, Das Christentum in Pannonicn (wie in Anm. 10); M. ]ARAK in:
Od nepobjediuog sunca (wic in Anm. 10), 19 ff. und ihr Beitrag in diescm Band, S. 263 ff.;
unbegri.indet hleibt dic Hypothese von D. GASPAR, Episcopi Pannoniae, RO 17-18, 1989-
1990, 99-105, nach dcr die Anfonge dcs Christentums in Pannonien (Sirmium) in die
apostolische Zcit fallen. i..iber Victorinus und die christliche Gemcinclc von Poetovio vgl.
zulctzt M. DULAEY, Victorilz de Poetouio(wie in Anm. 4), insbes. 1, 221-270 (mit der Datierung
dcr Schriften Victorins in die Zcit um 260).
17 EUSEBIUS, Vita Collstaittilli 2,45ff. (CCSEuseb. 1, 1975, 66 ff.); THEODORETUS, Hist. eccl.
1, 15(GCS19, 1954, 59). Nach Pancgyrirns Nazarii diet. Constantiuo 27, 1 (XII Paneg. Lat„
ed. R.A.B. Mynors, 1973, 163) solite auch Aquileia Konstantins incredibilium bonorum
commoditates genieScn, was sich auf clie groBzi.igigen Bauarbcitcn in der Stadt bezichen
konntc.

304
C h r i s t i· a 11 i s i e r u 11 g d e s N o r d a d r i a - u 11 d W e s t b a 1 k a 11 r a u m e s im
4. Jahrhu11derl

Constantins eher karg Lind schwer ZLI bestimmen (fast mit Sicherheit belegt in
ParentiLlm Lind Salona, vollig Llnsicher in Poetovio, Savaria und Sirmium)1 9 . Die
wichtigsten Fragen i_'1ber das Leben dieser christlichen Gemeinden bleiben nach
wie vor offen, denn dari.iber weilS man weit weniger als beispielsweise i.iber die
Christen in Poetovio wr Zeit des Victorinus. Nur wenig ist Ciber die Verhaltnisse
in diesen Gemeinden Clberliefert; die QL1ellen weisen relativ enge Verbindungen
zwischen Salonae Lind AqL1ileia, aber aL1ch die BeziehL1ngen AqL1ileias mit dem
pannonischen RaLlm, aL1f2°
Es ist nicht moglich, Genaueres Clber die Grof:>e dieser Gemeinschaften
ZLI sagen (flir die grof:>ten konnte man einige hL1ndert, in Einzelfallen moglicher-
weise bis ZLI mehreren tausend Angehbrigen vermuten) 21 . Nur wenige QLlellen
ennoglichen die Einsicht in ihre sozialen Lind ethnischen Strukturen, clie ziemlich
heterogen waren (Angehorige verschieclener sozialer Schichten, von clen untersten
bis ZLI den Angehbrigen cler lokalen Aristokratie, ein verhaltnismaP..ig groger
Anteil von Orientalen)2 2 • Die geistlichen Dimensionen dieser GlaL1bensgemeinclen
Lind ihre alltaglichen religiosen Sitten sind kaL1m noch bekannt; als einzige

18 Vgl. G.C. MENIS, La cultura tcologica del clcro aquilcicsc all'inizio del IV sccolo, / l;\/ld 22,
1982, 463-527; kurz auch S. TAVANO, Aquilcia , RllC Suppl. l, 1986, 545 ff.; G. CANTINO
WATAGHIN, La cattcdralc in Italia, ;\Cfi\C XI, 182 ff.; J.-P. CAILLET, L 'čucr.wHis111c 11wuu-
mc11tal cbrčtic11 en Jtalic ct a scs n1arRcs, Collcction de l'Ecolc fran s; . de Rome 175, 1993,
123 ff. Dcr These von H. KAHLEH, Dic Stijicrmosaikcll i11 dcr ko11Sta11ti11iscbc/l Siidkircbc
uon /lquilcia, Koln 1962 (nach ilun auch L. BEiffACCHI , Architcttura c mos;tico, in: Da
llquilcia a Vc11czia, Milano 1980, 199; H.A. POHLSANDEH, Crispus: brilliant carccr and
tragic end, Historia 33, 1984, 79-106, insbcs. 90 f.; dcrs„ Constantia, /lncicnt Socicty 24,
1993, 151-167, insbcs. 166), da S auf den Bodcnmosaikcn der Si.idhallc dcr Kaiser Constantin
und scine familic abgcbilclct sind , wiclcrsprach G.C. MENIS, Nuovi studi iconologici sui
mosaici tcodoriani di Aquilcia, ;\tli dcll'llccadcmia di scicllzc, /cttcrc c arti di Udinc 1970-
1972, ser. VII/9 , Udinc 1971, 21 ff. Dic Fragc blcibt offcn .
19 Flir das Baptisterium in Parentium vgl. A. ŠONJE, Krstionicc gradcvnog ansambla Eufrazijcve
bazilike u Poreču (Baptistericn des Baukomplexcs dcr Euphrasius-Basilica in Poreč), ;\V
23, 1972, 289-322 (kritisch dazu, mit cincr Spiitdaticrung, G. CANTINO WATAGHIN, La
cattedralc, llCJllC XI, 174 ff.); fi.ir Salona vgl. E. MARIN, Starokr.licallska Salona (Das
fri.ih christliche Salona), Zagreb 1988, 27 ff.; dc!1s„ Salona Cbristiana, Split 1994, 30 ff. Die
iiltcsten fri.ihchristlichcn Fundc aus dem pannonischcn Bcrcich wurdcn na ch ncucren
Analyscn in einc ctwas spiitcrc Zcit daticrt, wic dic Kcrz e nhaltcr von Poctovio (nach E.
TOTH, Et lux perpctua luccat ci, RO 17/ 18, 1989/ 90, 261-279 aus dem zwcircn Drittel clcs 4.
Jhs.), wiihrcnd dic sog. Basilica von Savaria und dic Basilica von Aquac Iassae in dicser
Zcit keine Kultstattcn ~warcn, sondern Rcpriiscntationszwcckcn dic ntcn (flir Savaria s. E.
TOTH, Das Christcntum in Pannonien, 246, fi.ir Aquac Iasac B. MIGOITI in Od ncpobjcdiuog
.rn11ca, 51); clie Inschrift Constantins i.ibcr dic Rcnovicrung dcr verbranntcn Staclt aus cler
Zeit 321-324/6 ( CIL III 4121; zulctzt Od 11cpobjcdivoR .m11ca, 110), mit cindcutiger Rcfcrcnz
auf CT 2, 8, 1, e nthiilt kcine Rcfcrcn z auf dic cvtl. christlichcn Strukturen in der Staclt. Die
im Jahrc 1976 cntdeckte Ircniius-Basilica von Sirmium stammt aus dcr Mittc oder dcr 2.
Hiilftc dcs 4. Jhs. (N. DUVAL, Sirmium "vilic impcrialc" ou "capitale"?, CCllRB 26, 1979, 53-
90, bes. 83 f.).
20 Vgl. R. BRATOŽ, Dic Gcschichtc, 510 f.; 518-522.

305
Rajko Bratož

Ausnahmen in diesem Sinn stehen zum Teil Poetovio (die Schriften von Victorinus
ermoglichen die Einsicht in die lokalen theologischen Vorstellungen und geben
iiber einige religiose Sitten AufschlulS) 20 und Aquileia (Rufins Kommentar zum
Glaubensbekenntnis enthalt eine Reihe von durchaus bedeutenden Berichten
iiber die Anfange des Christentums in der Stadt). In beiden christlichen Gemeinden
waren offensichtlich auch heterodoxe ("haretische" oder "schismatische") Gruppen
anwesend; letztere waren sporadisch auch anderswo in diesem Gebiet prasent,
was aus der Entwicklung im 3. Jahrhundert hervorging 2".
Flir die Zeit Constantins sind polemische Auseinandersetzungen im
Rahmen der christlichen Gemeinden zwischen der rechtglaubigen Gemeinschaft
(im constantinischen Gesetz aus dem Jahr 315 (CT 16,2,1) erstmals als ecclesia
catholica bezeichnet) und den heterodoxen Gruppen (in derselben Konstitution
als haereticorumfactio bezeichnet) im behandelten Raum nicht bekannt 25 . Die
kaiserliche Gesetzgebung war gegenliber den "Haretikern" und "Schismatikern"
verhaltnismaBig mild; auf zwei Gesetze, die die Sonderrechte nur flir die
katholischen Kleriker bestatigten (bzw. die haretischen sowie die schismatischen
von diesen ausschloS) 26 folgte ein strengeres, das den Haretikern und Schismatikern
(Novatianer, Valentinianer, Marcioniter, Paulinianer und Montanisten wurden
e1wahnt) Versammlungen untersagte, ihnen die Gottesdienstraume wegnahm
und sie aufforderte, sich der katholischen Kirche anzuschlieBen. Dieses Gesetz
scheint allerdings nur kleinen Erfolg gehabt zu haben 27 .

21 Die Schiitzungen basieren auf der hypothetischen Voraussetzung, daB der Tei! der christlichen
Bevolkerung am Anfang cles constantinischen Zeitalters etwa zwischen 5 uncl 10 Prozent
ziihltc (die verschieclenen Schiitzungen vorgestellt in: A.v. HARNACK, Die Mission und
A11sbrcitt111R des Cbristcntums in dc!l crsten drci]ahrhundcrten, Leipzig 1924, 946 ff.). In
cliescm Fall.scicn in dcn Stiicltcn mit cinigcn Tauscnd Einwohnern ein paar hunclert Chris-
len gewesen, in clcn Metropolen mit mehreren zehntausencl Einwohnern (wie z.B. Aquileia
uncl Salona) ahcr cin paar tausend Glaubige. Zur Grose cler Stadtc uncl dercn christlicher
Bevolkerung vgl. F. VITTINGHOFF in: Ha11dbuch der europaischen Wirtschafts- und
Sozialgeschichte 1, Stuttgart 1990, 197 f.; dens., Staat, Kirche uncl Dynastie beim Tode
Konst<tntins, in: L'Eglise et l'Empirc au IV siecle (par A. Dihle), Entretiens sur l'antiquite
classique 34, Gencve 1989, 18; T.D. BAHNES, Christians ancl pagans in the reign of Constantius,
ibid., 306 ff.;
22 R. BRATOŽ, Kr.'ičanstvo v Of!)eju, 137 ff.; 232; 330; clers., Die Geschichte, 520 ff.; M. DULAEY,
\fictori11 de Poetouio, 1, 369 ff.; flir Pannonien vgl. A. M6CSY. Pannonia, 751.
23 Vgl. insbes. M. DULAEY, \fictorin de Poetovio, 1, 225-233.
24 Vgl. R. BHATOŽ, Kr.'iča!lstvo v Ogleju, 142 ff.; 311 ff.; M. DULAEY, Victorin de Poetovio, 1, 222 f.
25 Dic in cler Passio s. Irenaci 5 erwiihnte ccclesia tua (!) catholica konnte das einzige Indiz
flir clic Existenz zweier verschieclener Gemeinden in Sirmium in cliescr Zeit sein, falls clie
Passio schon in der ersten H;ilfte des 4. Jhs. entstancl (wie M. ]ARAK in Od uepobjedovig
sunca, 28 meint); allerclings ist eine spiitere Datierung ebenso moglich (clrittes Viertcl cles
4. Jhs., als in der Staclt neben cler rechtgliiubigen auch eine arianische und cine photinianische
Gemeinde existierten).
26 CT 16,2,1 (313 oder 3157); 16,5,1 (326); vgl. K.L. NOETHLICHS, Dic gcsetzgcberischen
Ma.fs11ahnw11, 8; 11 ff.

306
Christi.anisierung des Nordadria- und Westbalkanraumes im
4. Jahrhundert

Vollig unbekannt flir diese Zeit bleibt jedoch das zahlenmaBige


Verhaltnis zwischen den Christen, die eine Minderheit bildeten, und der Mehrheit
der heidnischen Bevolkerung. Polemische Auseinandersetzungen zwischen Chris-
ten und Heiden sind nicht bekannt, ebenso nicht potentielle Konflikte, die aber
nach Constantins Sieg i_iber Maxentius, nach der Verlautbarung des sogenannten
Mailander Ediktes 313 und nach den Siegen Constantins i_iber Licinius in den
Jahren 316/17 und besonders 324 durchaus moglich waren 2H. AuBer Zweifel steht,
daB bereits die haufige Anwesenheit bzw. der Aufenthalt des Kaisers in diesem
Gebiet (besonders in Aquileia und in Sirmium), dokumentiert durch eine Reihe
von Quellen 29 , einen wichtigen Faktor der Unterstlitzung der christlichen Gemein-
den darstellte. Die Anwesenheit des Kaisers bedeutete zumindest einen mittelbaren
Druck auf die Staatsfunktionare, die noch immer groBtenteils im Heidentum
verhanten, gleichzeitig aber motivierte sie die loyalen und opportunistisch einge-
stellten Personen dazu, dem kaiserlichen Vorbild zu folgen und Christen zu
werden 30 Zahlreiche Ubertritte zum Christentum waren nur forma!, denn innerhalb
christlicher Gemeinden stellte sich schon selu frC1h die Frage des Abfalls bzw.

27 EUSEB!US, Vita Co11stauti11i 3, 64-65 ( GCS Huscb. 1, 1975, 117 ff. ). Der Kaiser na hm spiiter
die Novatianer von dem Verhot aus (CT 16,5,2 (326)). Vgl. K.L. NOETHLICHS, Dic
gesctzgcberischen Majsnahmcu, 12 ff. Von diesen heterodoxen Gruppen ist auf dem
behandelten Gebiet die Existenz der Valentinianer ( Gnostiker), Marcioniten und Montanisten
wahrscheinlich Cvgl.]. ZE!LLER, Le Montanisme a-t-il pcnctrc en Illyricum?, RHH 30, 1934,
847-851 und kurz R. BRATOŽ, Die Geschichte, 521 f.). Die angeflihrten Gruppen sind in
der kaiserlichen Gesetzgebung auch spiiter verbannt worden (vgl. CT 16,5,65 aus dem
Jahre 428).
2s T.D. BARNES, Co11stanti11c and Huscbius, Cambridge (Mass.) - London 1981, 62 ff.; ders.,
Christians and pagans in the reign of Constantius, in: L 'eglisc et l'empire au !Ve siecle, 333
ff.; vgl. auch A. EHRHARDT, Constantin d. Gr. Rcligionspolitik uncl Gesetzgebung, in: H.
Kraft (Hg.), Koustantiu der Grosse ( WdF 131), Darmstadt 1974, 388-456 und]. GAUDEMET,
La lcgislation anti-pa!enne (wie in Anm. 7), 451 ff.
29 Vgl. T.D. BARNES, Thc uew Empire oj Dioclctian and Co11sta1lli11c, Cambridge (Mass.) -
London 1982, 77 ff. Besonclers wichtig war die Reise Constantins in den Westen 326, mit
Aufenthalt in Aquileia und seiner Umgebung im April und Mai, in Mailand, Rom und in
Mittelitalien von Juni bis Sept., in Mailand im Oktober, wieder in Aquileia im November
und auf cler Ri.ickreise in clen Osten in Sirmium gegen Ende Dezember des Jahres. Am 1.
uncl 4. April 326 verfaBte der Kaiser in Aquileia im Geiste der christlichen Moral zwei
auBerst strenge Gesetze (CT 9,24, 1; 9,R, 1; als Ort des Gesetzes CT 9, 7,2 mit dem Datum
25. April wird Nicomedia angefi.ihrt!). Gerade in dieser Zeit erlebte der Kaiser eine
Familienkatastrophe, als nach der Bekanntmachung der vorgehlichen Liebesbeziehung
mit cler Stiefmutter der iilteste Solm Crispus in Mai(?) 326 in Pola hingerichtet wurde,
Fausta aber etwas spiiter, wahrscheinlich in Rom (PLRE !, 233; 325 f.; T.D. BARNES,
Constalllinc and Eusebius, 220 f.; H.A. POHLSANDER, Crispus (wie in Anm. 18); T.
GRUNEWALD, Constantinus Maximus Augustus, Historia Einzclschr. 64, 1990, 144 ff.). Die
heidnische, von anticonstantinischer Propaganda gepriigte Dberlieferung (bzw. die heidn.
Propaganda) stellte in diese Zeit hzw. als Folge dieser Katastrophc die Konversion
Constantins zum Christentum (ZOSIMUS 2,29; vgl. F. PASCHOUD in ZOSIME, Histoire 11ouvclle
!, Paris 1971, 101 f.; 219 ff.; dens., Zosime 2,29 et la version pa·ienne de la convcrsion de
Constantin, Historia 20, 1974, 334-353; zuletzt H.U. W!EMER, Lihanios uncl Zosimos i.iber
den Rom-Besuch Konstantins l. imjahre 326, Historia 43, 1994, 469-494). Es ist anzunehmen,
daB die Katastrophe in der Kaiserfamilie, gerade ein jahr nach dem Konzil von Nicaea,
einen iiu8erst pcinlichen Eindruck auf dic christlichen Gcmeindcn (insbcs. in Aquileia und
in Istrien) machte.

307
Rajko Bratož

der wiederholten Konversion zum Heidentum, die Prage des schwachen Glaubens,
der VerstoSe gegen die christliche Moral und der problematischen Verbindungen
mit clen Heiden51 .
Die kaiserliche Gesetzgebung gegeni.iber den Heiden orientierte sich
zum grofšen Tei! an den politischen Verhaltnissen; wahrend der Steigerung der
Spannungen mit Licinius und der Vorbereitungen fi.ir den Krieg, der in der Propa-
ganda als Glaubenskrieg galt, wurden mehrere scharfe Mafšnahmen gegen clie
Heiden ergriffen; so nahm der Kaiser mit dem Gesetz, das mogliche1weise nicht
ganz zufallig in Sirmium verfafšt worclen ist, die Christen var denjenigen Heiclen
in Schutz, die sie (sowohl Geistliche als auch die Laien) zu clen heiclnischen
Ritualen zwangen. Solche Falle konnten nur clort vorkommen, wo die Heiclen in
cler Mehrheit waren oder aber i.iber das politische Ubergewicht verfi.igten 52 . Nach
Encle cles Krieges verfafšte der Kaiser ein "Toleranzedikt" fi.ir das Heiclentum,
doch clefinierte er sich selbst clabei als christlicher Herr, cler fi.ir die religiose
Einheit des Staates eintritt35 Schon in clen nachstenJahren trat er aber in mehreren
Fallen im Osten mit Gewalt gegen das Heidentum auf; es handelte sich clabei um
Verbote cles heidnischen Kultes und vor allem um eine systematische Zerstorung
cler Tempe! in bekannten sakralen Zentren - ein Treiben, das fi.ir das behanclelte
Gebiet von keiner der damaligen Quellen e1wahnt wircl31 uncl claher auch nicht
wahrscheinlich ist. Sicher kam es zu einer Stagnation beim Tempelbau oder bei
Tempelrenovierungen 55 , aber clie Tempe! als solche existierten, schlieSt man

3° Zum (relativ kleinen) Teil der christlichen Amtstriiger zur Zeit Constantins vgl. R. v. HAEHLING,
Dic RcligionszuJ!.chorigkcit, 284 ff. (von clen 3 flir das behandelte Gebiet zustandigen Pracf
pract. war einer fast sicher Heide, wiihrend bei 2 die Religion unbekannt ist); 507-521.
Zum Ubertritt ins Christentum aus materiellen Motiven und Karrierismus vgl. R. MacMULLEN,
ChristianiziliJ!., 52 ff.; 114 ff.
31 Vgl. insbes. dic Bcschli.issc dcs Konzils von Elvira (ca. 306-312; can. 1-4, 8-10, 12-18, 20, 30-
31, 46-47, 55, 59, 62-64, 68-71, 78-79; Ch.J. HEFELE, Histoirc dcs Concilcs 1, Paris 1907, 221
ff.), die Bcschli.issc dcs Konzils von Arlcs 314 (can. 4,5,11,12,13,22; Concilcs Gaulois du
lVcsieclc, SC241, 1977, 46 ff.) und can. 9,10,11und12 dcs Konzils von Nicaea 325 (Ch.].
HEFELE, Histoirc 1, 528 ff.; ncue Literaturangaben fi.ir allc drci Konzilc bci R. Herzog (Hg.),
Rcsta11ratio11 u11d ErncucnmJ!., 436 ff.). Dic Fragc dcr Apostasic bchandeltc (vollig allgcmein,
ohne konkrctc Beispielc zu nennen) noch in dcr Zcit um 400 Chromatius von Aquileia
( vgl. unten S. 347 Anm. 194 ). Dic Ehcvcrbindungen zwischen Heiden und Christen waren
offensichtlich relativ selten, deswegen hat sich. die Staatsgesctzgebung mit ilmen nicht
hefaJSt; nach den kirchlichen Gesetzen waren diese Vcrbindungen nicht illegal und damit
ungi.iltig, sondern nur unerwi.inscht (vgl. M.R. SALZMANN, The Evidence (wie in Amn. 7),
369 ff.). Erst die Kirchcnv;iter hahcn spiitcr solche Verbindungen scharf angegriffen. Vgl.
G. DELLING, Ehehindernisse, R/IC4, 1959, 689 f.
32 CT 16,2,5 (25. 5(?). 323 in Sirmium); vgl. K.L. NOETHLICHS, Dic gcsctzgcbcrischc11
Maj~mabmcn, 25 f.; clcns„ Hcidcnvcrfolgung, 1153.
33 EUSEBIUS, Vita Constantini 2,48-60 (GCS Euseb. 1, 68-72); vgl. K.L. NOETHLICHS, Dic
J!.Csctz!!,cbcrischcn Ma/s11ahmc11, 28 ff.; 42 f.
34 EUSEBius, Vita Co11sta11ti11i 3,26; 48; 53-58( GCSEuscb. 1, 1975, 95 f.; 104; 106 f.). Vgl. K.L.
NOETHLICHS, Heidcnverfolgung, 1153 ff. umi P. THRAMS, ChristianisicnmJ!. (wie in Anm.
6), 50 f. Die Gewalt an dcn heiclnischcn Tcmpeln wird im Westcn clas erste Mal auf cler
Synode von Elvira erwiilmt (can. 60; Ch.J. HEFELE, Histoirc !, 255; der BeschluJS bedeutet
eine Distanz solchcn Taten gegeni.iber, denn wer dabei das Leben verloren hat, konnte

308
Christianisierung des Nordadria- und Westbalkanraumes im
4. Jahrhundert

nach den letzten Weihinschriften und Mi.inzfunden, bis in das letzte Viertel des 4.
Jahrhunderts hinein 56 .
Das alteste Dokument, das fi.ir die christlichen Gemeinden in einem
Teil dieses Gebiets (wenigstens normativ) gi.iltig war, sind die Bestimmungen
der Synode von Arles vom l. August 314, an dem auch Theodorus, Bischof von
Aquileia, teilnahm, hochstwahrscheinlich auch als Stellvertreter der christlichen
Gemeinden Dalmatiens (damals im Reichsgebiet des LiciniusV 7 . Eine die Mischehen
betreffende Bestimmung des Konzils geht alls der Beziehung Zli den Heiden
hervor (can. 12), die sich im Licht dieses Kanons (ahnlich wie vorher der can. 15
llnd 17 der Synode von Elvira) als kalt llnd abstoSend zeigten, aber noch nicht
als feindlich 58 . Die Beziehung Zli den Abtri.innigen war ziemlich zuri.ickhaltend
(nach can. 22 wiederholte Allfnahme in die Kirche nach einer langen BufSe) 39 .
Die Beziehung ZLI den ]llden, die in Elvira ziemlich oft behandelt Wllrde
(can. 49, 50, 78), war ZLI dieser Zeit fi.ir die in Arles versammelten Bischofe
offensichtlich kein aklltes Problem, jedoch fi.ir Constantin schon ein Jahr spater10 .

nicht als marfJW gelten). Die Berichte i.iber die Ternpelzerstbrungen im Westen beziehen
sich erst auf die Zeit Gratians (fi.ir Gallien SULPICIUS SEVERUS, Vita s. Martini 13-15; SC
133, 1967, 280 ff.; 134, 740 ff.; der Autor befi.irwortet solches Trcihcn als eincn Bestandteil
der christlichen Mission; fi.ir Rom HIERONYMUS, Epi.,·t. 107,2; ed.]. Labourt 5, 1955, 146,
i.iber die Zerstbrung clcs Mithraeums in Rom 376/7). Vgl. !<.L. NOETHLICHS,
Heidenverfolgung, 1179; T.D. BARNES, Christians and Pagans, 325.
35 Vgl. fi.ir Pannonien A. MOCSY, Paimonia and Uppcr Mocsia, London and Boston 1974, 323
ff. Bei der Restaurierung der verbrannten Stadt Aquae Iasae (vi ignis consumptas) hat
Constantin (der sich auch provisio11c ctiam pictatis suc ri.ihrnt) sicher die heidnischen Tem pel
nicht wiederaufgebaut, obwohl die lnschrift liber die vollsUindige Renovierung der Stadt
beri eh tet ( cum porticib(tts) ct omnibus omamen tis ad pristi1wn1 facicm rcstituit; CIL III
4121; Od ncpobjcdivog sw1ca, 110).
36 Fi.ir Pannonien vgl. A. M6CSY, l.c. und Pannonia, RE Suppl. 9, 749 f.; fi."tr Noricum G.
ALFOLDY, Noricum, London and Boston 1974, 210 ff.; fi.ir Dalnrnticn kurz].]. WILKES,
Dalmatia, London 1969, 428 und E. MARIN, Salona Christiana, 32 f.; fi.ir die Entwicklung
irn gcsamten Reich vgl. P. THRAMS, Christia11isicru11g, 44 ff.
37 Concilcs Gaulois du IV sieclc, SC 241, 1977, 35-67; zur Teilnahme des Bischofs von Aqui-
leia und zum historischen umi theologischcn Hintergrund dcr Konziliarbeschli.isse vgl.
G.C. MENIS, La cultura teologica, 463 ff., insbes. 468-477; zu Theodors hochwahrschcinlicher
Vertretung der dalmatinischen Kirchc vgl. Ch. PIETRI, Rome et Aquilce: deux cglises du
!Ve au Vle siecle, AAAd30, 1987, 226-229; R. BRATOŽ, Die Geschichtc, 517 ff.
38 In allen Eillen geht es um Eheverbindungen zwischen christlichen Frauen (can. 15 von
Elvira spricht von virgi11cs Christianac, can. 12 von Arles von pucllacj1dcles) und Heiden
(in den beiden can. als geutilcs bezcichnet). Keinc Quclle spricht vem umgekehrtcr
Ehcverbindung (!). Der Cln. 15 von Elvira e1w~ihnt keine Sanktion (bezeichnet aber die
Verbindung als adulterium a11imac), nach can. 12 von Arles waren solche christliche
Frauen aliqua11to tcmporc von der Komrnunion ausgcschlossen. Nach den Vorstellungen
dcr damaligen westlichen Bischofc geht es offensichtlich um eine lcichtere Form dcr
Apostasie. Nur im Fali von Verbinclungen mit heidnischen Priestern (e<tn. 17 von Elvira, als
saccrdotcs idolorum bezeichnet) , die offcnsichtlich sehr selten warcn (si quifortc ... ), wurde
eine lebenslangc Exkommunikation angedroht. Vgl. G. DELLING, Ehehindernissc, RAC 4,
1959, 690.
39 Die am En de crw~ihnten dignosfructus pac11itc11tiae wcisen auf cine lange BuSe, die nach
dem can. 46 von Elvira 10 Jahre dauertc (vgl. auch can. 22 umi 59); in schwcrcn Eillen
wurdc den Apostaten dic lcbenslange Exkommunikation angeclroht (c;m. 1 umi 2 von
Elvira).

309
Rajko Bratož

Die Kanones des Konzils von Nicaea 325, an welchem von den
Bischofen aus dem behandelten Gebiet nur Domnus aus Sirmium teilnahm41 ,
berichten nichts direkt l.iber die Beziehungen zu den Heiden; dennoch erortern
sie einige Beispiele des Karrierismus in der Kirche (can. 2: ZLI schnelle Priester-
und Bischofsweihe in den fiillen der vor kurzem zum Christentum konvertierten
Heiden) und das Problem der unschicklichen Kleriker (zu jung, unwClrdig, unzu-
verlassig bei ~iugerer Gefahr, can. 9, 10, 11, 12). Alle diese Bestimmungen weisen
auf verschiedene Schwierigkeiten uncl Nachteile hin, die sich bei massenhaften
Ubertritten zum Christentum zu Constantins Zeit zeigten. Offensichtlich waren
viele Konversionen nicht clurch clie Uberzeugung motiviert, sondern durch Konfor-
mismus, und man e1wartete materielle Vorteile.
Die Bestimmungen des Konzils von Arles 314 (gi.iltig im Westen) uncl
des 1. okumenischen Konzils von Nicaea 325, die - auch wegen der "Autorisierung"
durch den Kaiser selbst'12 - sofort im ganzen Staat in Kraft traten, haben nicht nur
eine Grunclbedeutung ffir die Entwicklung der kirchlichen Organisation, sondern
sie spiegeln auch die soziale Struktur, Moral uncl das alltagliche Leben der Chris-
ten in clieser Zeit wider. In diesem Sinn sind besonders die Entscheidungen des
Konzils von Arles aufschlufSreich (zur Ganze 22), von denen wohl eine Halfte
inhaltlich mit den Entscheidungen des Konzils von Elvira (mit der Teilnahme nur
der spanischen Bischofe) verwandt war. Die Kirche muBte sich mit dem
"gemischten" Lebenssti.1 mancher Christen auseinandersetzen: sie riet von
Mischeheverbindungen (Christin - Heide) ab, schloB die Angehorigen "umstritte-
ner" Berufe aus (z.B. die Wettkampfer im Zirkus oder Theaterschauspieler, Synode
von Arles, can. 4 und 5) und war bereit, unter schweren Voraussetzungen
Abtri.innige wiederum aufzunehmen (insbes. can. 22). Der lokale Bischof
kontrolliert die Arbeit 0taatlicher Funktionare und Inhaber von politischen
Funktionen, die das Christentum annahmen, und schlieBt sie im Fali ihrer
antikirchlichen Aktivirat aus der Kirche aus (Synode von Arles, can. 7 und 8).
Von wesentlicher Bedeutung sine! die Prinzipien der kirchlichen Organisation,

411 CT 16,8, 1 (315; SchutzmaSnahme ftir die Konvertiten vom Judentum zum Christentum,
Verbot des ji.idischen Pro:~Clytismus). Zu ConstantinsJudengesetzgebung vgl. K.L. NO!o"TLICHS,
Die gesetzgeberische11 Majs11ahmen, 32 ff.; H. LANGENFELD, Christiauisicrung~politik zmd
Sklavc11gesctzgeb1111g der r6mische11 Kaiser von Konstcmtin bis 7hcodosius II, Antiquitas !/
26, 1977, 59 ff.
41 E. HONIGMANN, Unc liste uncditc dcs Peres de Niccc, Byzantion 20, 1950, 63-71, insbes.
67 Nr. 186; kurz auch R. BRATOŽ, Die Entwicklung der Kirchenorganisation in den
Westbalkanprovinzen (4. bis 6. Jahrhundert), in: Das Christentum i11 Bulgaricn und azif
dar iibrigen Balkanbalbilzsel iiz der Sptitantike und imjdiben Mittclalter (Hrsg. V. Gjuzclev
und R. Pillingcr), Miscellanea Bulgarica 5, Wien 1987, 149-196, insbes. 170 Anm. 30. Die
Beschli.isse dcs Konzils folgen nach Ch.J. HEFELE, Histoire 1, 528 ff.
42 Constantin hat dic heiden Konzile einberufen; wiihrend seine Teilnahme in Arles 314
strittig ist, war er in Nicaea 325 der Vorsitzende; vgl. K.M. GIRARDET, Der Vorsitzende des
Konzils von Nicaea (325) - Kaiser Konstantin d. Gr„ in: Klassiscbes Altcrtum, Spatantikc
und frz'ibes Cbristentum. /Idol/ Lippold zum 65. Geburtstag gewidmet (Hg. K. Dietz, D.
Hennig und H. Kalctsch), WClrzhurg 1993, 331-360.

310
Christ.. ianisierung des Nordadria- und Westbalkanraumes im
4. Jahrhundert

die zur Grundlage flir die Entstehung der Weltkirche wurden.


Die Bestimmungen der Konzile bezogen sich vor allem auf die Regelung
der Beziehungen innerhalb der Weltkirche, keine aber ging direkt auf die Frage
der Christianisierung bzw. der Mission unter der mehrheitlich heidnischen
Bevolkerung ein. Wie i.iberall im Staat waren die Religionspolitik Constantins,
seine Gesetzgebung und seine religionspolitische Propaganda wichtige Motiva-
tion fi.ir die Konversion, besonders bei den konformistisch eingestellten Leuten;, 3 .
Flir das behandelte Gebiet verfligen wir Ober keine einzige Quelle, die sich auf
die Form der christlichen Mission jener Zeit bez6ge 11 .
Neben der orthodoxen gab es offensichtlich auch eine Mission der
heterodoxen Gruppen, denn die meisten von ihnen hielten sich das ganze 4.
Jahrhundert hindurch. Von aufSerordentlicher Bedeutung fi.'1r die Entwicklung
des Christentums in Illyricum in der nachsten Periode war die Verbannung des
Arius (und zweier seiner Gesinnungsgenossen) nach Illyricum nach dem Konzil
von Nicaea und seine (bzw. ihre) offenbar erfolgreiche missionarische und
organisatorische Tatigkeit in den Provinzen des mittleren Donauraumes. Mit der
Ankunft des Arius nach Illyricum 325 waren die Kirchengemeinden im behandelten
Raum - auf dem Kirchenversammlungen in Arles 314 und in Nicaea 325 explizit
im Rahmen der Orthodoxie - in ein halbes Jahrhundert andauernde Glaubens-
kampfe eingeschlossen;, 5 . Bei der Synode von Tyros im Jahr 335, die Arius
rehabilitierte und Athanasius verurteilte, traten zum ersten Mal die zwei jungen
arianischen Bischofe - Valens aus Mursa und Ursacius aus Singidunum - auf, die
aller Wahrscheinlichkeit nach Arius' persbnliche Schl'ller waren 16 , in den nachsten
Jahrzehnten allerdings die Hauptpersonlichkeiten der Glaubenskampfe in
Westillyricum. Der Auftritt der beiden illyrischen arianisch gesinnte n Bischofe

43 Vgl. R. MacMULLEN, Christianizing, 43 ff.; zur Mlinzpropaganda vgl. B. OVERBECK, Christ-


lichc Symbolik auf spiitromischcn Mi.inzcn, in: Christcn u11d Hcidcn (wic in Anm. 12), 131 -
149.
•i4 Dic Mosaikcn dcr Thco dorus-Basilika in Aquilcia dicntcn dcr gcistigcn Erzichung dcr
Katechumcncn - also schon i.iberzeugter Christcn - als einc Vorhereitung auf dic Taufe
(vgl. G.C. MENIS, La cultura tcologica , 514 ff.), hclcuchtcn abcr nicht dic "Anfangsphasc"
beim Ubertritt zum Christentum. ·
45 PHILOSTORGIUS, Hist. cccl.1, 9c(edd.]. Bidez- F. Winkelmann, GCS21, 1981, 11,15 f.). Mit
Arius gingen auBerdem noch zwei Bischofc, Theonas aus Mannarike und Sckundos aus
Ptole niais·, und cinigc mit ihm vcrhundene Pricstcr, in di c Yerhannung de, 'IUuptouc, (vgl.
dazu Y.M. DUYAL, Aquilec ct Sirmium durant la crisc aricnnc (325-400), /l/llld 26, 1985,
331-379, insbes. 334; A. MARTIN, Le fil d'Arius: 325-335, RHH84, 1989, 297-333, insbes. 303
Anm. 1; 312 ff.; 319 Anm. 1). Dcr Ort der Vcrhannung wird in den Quellen nicht erwiihnt.
Wahrscheinlich weilten Arius uncl scine Anhiinger i1i1 si.idbstlichcn Tei! Panno nicns, aus
dessen Niihc die beiden hcdeutendstcn illyrischen Arianer stammten (vgl. dic folgendc
Anm.) und wovon dic cinzige bckannte Arius( 7 )-Ahhildung mit dcr Inschrift auf cine r
Scherbe stammt (Fundort Kisdorog im ungarischcn Teil von Baranya; E.B. THOMAS, Das
fri.ihe Christcntum in Pannonien (wie in Anm. 10), 286; ctwas zuri.ickhaltcnd E. TOTH, Das
Christentum in Pannonicn, 244 (lnschr. llrio oder /11:m) uncl. R. SORHIES, Wic weit (s. Amn.
10), 166).

311
Rajko Bratož

auf dem Konzil in Tyros beweiBt schon die religiose Spaltung im Lande und be-
deutet gleichzeitig den Anfang der christologischen Streitigkeiten in Westillyricum.

ID. Die Ausdehnung des Christentums zor Zeit der cbristologischen Kampfe

Der ProzeB der Christianisierung Westillyricums und des nordadri-


atischen Raumes in der Zeitspanne vom Tod Constantins (337) bis zur Dbermacht
des orthodoxen Christentums i.iber den Arianismus als der bedeutendsten
heterodoxen Gruppe am Anfang und i.iber das Heidentum am Ende der Regierung
des Theodosius ist aus verschiedenartigen, stellenweise nur schwer koordi-
nierbaren Quellen bekannt, wie z.B. die kaiserliche Gesetzgebung, Konzilsacta,
christliche Literatur und materielle Funde (vor allem Inschriften und Reste der
christlichen Architektur). Schliegt man nach der Haufigkeit der Etwahnungen in
den Quellen, waren das Grundproblem in dieser Zeit nicht die Beziehungen
zwischen Christen und Heiden (i.iber die in der Zeit vor dem Ende des 4.
Jahrhunderts ~iuBerst wenig bekannt ist), sondern die Beziehungen unter den
Christen selbst: zwischen der mehrheitlich orthodoxen Gruppe und den Arianern
und anderen heterodoxen Gruppen.

A. Der Untergang des Heidentums 17

Zur Zeit der Nachfolger Constantins setzte sich der Untergang des
Heidentums intensiver als zur Zeit Constantins fort, obwohl sich die gesetzlichen
Regelungen noch immer fast ausschlieBlich auf die heidnischen Kulti.ibungen

46 Als einen Schi.iler Arius' bezeiclmet die beiden ATHANASIUS, Epist. ad episcopos Aegypti et
Libyac 7(PG 25, 553 A-B); M. MESLIN, Les Ariens, 72 meinte, dalš Ursacius und Valens mit
der Gruppe der Eusebianer in Kontakt gekommen seien, als 325 Eusebius von Nicomedia,
Theognis von Nicaea und Maris von Chalkedon von Constantin nach Gallien verbannt und
nach drei Jahren zuri.ickberufen wurden (PHILOSTORGIUS 2, 1 b; 2, 7; GCS 21, 12,22 ff.;
18,21 ff.). Die Frage, mit welcher Gruppe arianischer Theologen Valens und Ursacius
Kontakte hatten, bleibt ungclolšt. Bei den arianischen Schriftstellem Illyricums galten sowohl
Arius als auch Theognis und Eusebius als hochste Autoritiiten in dogmatischen Fragen
(vgl. Scholia Arriana in COJlC. Aquil. 40 (22); se 267, 234 oder CCSL 87, 160). Dber die
Verbannungen nach dem Konzil 325 und die Entwicklung bis zum Konzil von Tyros 335
und dem Tod Constantins vgl. M. SIMONETTI, La crisi ariana ne! lVsecolo. Studia Ephemeridis
"Augustinianum" 11, Roma 1975, 86-134; J.R. PALANQUE - G. BARDY - P. de LABRIOLLE,
Storia delta Chiesa 111/1, Torino 1971, 119-142; zur Chronologie A. MARTIN, o.c. (Anm. 45).
47 Allgemeine Ubersichten mit clen weiterfi.ihrenclen Literaturangaben: K. LATTE, R6mische
Rcligionsgeschichte, Mi.inchen 1967, 366 ff.; T. CHRISTENSEN, Christusoderjupiter, Gottingen
1970; 238 ff.;J.R. PALANQUE- G. BARDY- P. de LABRIOLLE, Storia delta Chiesa111/1, Torino
1977, 219-252;]. GEFFCKEN, The last days oj Greco-Roman paganism, Amsterdam-New
York-Oxford 1978, 115 ff.; R. MacMULLEN, Paganism in the Roman Empire, New Haven -
London 1981, 131 ff.; K.L. NOETHLICHS, Heiclenverfolgung, 1155 ff.;J. MARTIN, Spatantike
wzd V6lkcrwandcrung, Mi.inchen 1987, 258 f.; A. DEMANDT, Dic Spatantike, 414-430; P.
THRAMS, Christianisicnmg, 52 ff.

312
ChrisLianisierung cles Norclaclria- uncl Westbalkanraumes im
4. Jahrhunclert

beziehen, ausnahmsweise auf die heidnischen Kultstatten und in keinem Fali auf
Leute wegen ihrer Privati.iberzeugungen18 . Constans, in den Jahren 337-350 der
Herrscher in ltalien und in Illyricum, untersagte als i.iberzeugter Katholik im
Oktober (1) 341 das Heidentum (superstitio) und insbesondere die heidnische
Opfertatigkeit (sacrificiorum insania), doch beschi.itzte er spater die Tempe!
aulSerhalb der (rbmischen?) Mauern vor der Zerstbrung 19 . Dieses Gesetz, die
erste bekannte MalSnahme eines christlichen Kaisers zum Schutz der heidnischen
Tempe!, weist darauf hin, dalS die Tempe! auch im Westen schon damals den
Angriffen der Christen ausgesetzt gewesen sein konnten; das Phanomen, zum
ersten Mal im Westen auf dem Konzil in Elvira (can. 60) behandelt, verlangte
offensichtlich eine allgemeine staatliche Regelung. Das Gesetz zi.igelte - wie der
vorher e1wahnte BeschluB von Elvira - den christlichen Fanatismus, der im Osten,
aller Wahrscheinlichkeit auch im Westen, schon einige Probleme verursacht hatte 50 .
Die Religionspolitik des Gegenkaisers Magnentius, der das behandelte Gebiet
zum Tei! in der Zeit vom Fri.ihling 350 bis zum Spatsommer 352 beherrschte
(nach den Zeugnissen der vo1wiegend christlichen literarischen Quellen ein Heide,
nach den Zeugnissen seiner Mi.inzen mit christlichen Symbolen aber ein Christ) 51 ,
hat im Westillyricum und in Venetia et Histria keine bedeutendere Spuren
hinterlassen 52 . Die antiheidnische Gesetzgebung Constantius' II. bedeutet den

48 ]. GAUDEMET, La lcgislation, 454 ff. Zur fcindlichcn Haltung dcr Sobne Constantins gcgcn-
i.ibcr dem Hcidcntum vgl. SOZOMENOS, Hist. cccl. 3, 17( GCS 50, 131 f.); FIRMI CI US MATERNUS,
De errore profanarum ·reliRionum 20. 7 (cel. R. Turcan, 1982, 125 f.; 305 ff.).
49 CT 16, 10,2 (341); 16, 10,3 (342); im i.ibcrtricbcncn Sinnc, als idololatriae excidium et
profanarum aedium ruina, vcrstand dcn Inhalt dcr Gcsctzgcbung FIRMICIUS MATERNUS,
1.c., dcr dabci clic Hoffnungcn auf clic halcligc Ausrottung clcs Hciclcntmns auBcrtc (Modi-
cum (tantum) superest ut legibus uestris jimditus prostratus diabolus iaceat, ut exstinctae
idololatriae pereat jimesta contagio). Vgl. K.L. NOETHLICHS, Die gesetzgeberischen
Maflnahmen, 53 ff.; dens., Hcidcnvcrfolgung, 1155 f.
50 J.R. PALANQUE - G. HARDY - P. de LABRIOLLE, Storia 111/1, 223 ff. Wiihrcnd sich allc sichcrc
Bclcgc fi.ir dcn Tempclsturm auf dcn Ostcn bczichcn, zcigt FIRMICIUS MATERNUS, De err.
prof relig. c. 28 (Turcan 145 ff.; 342 ff.) auf iilmlichc Gcdankcn umi Absichtcn untcr dcn
christlichcn Zcloten im Wcstcn. Konkrete Beispicle simi nicht bckannt.
51 Vgl. J. ZIEGLER, Zur reliRi6sen HaltllllR dcr GeRellkaiser im 4. Jh. 11. Chr., Frankfurter
Althistorische Studien 4, 1970, 53-74; r-tch. BRENNECKE, Hilarius von Poitiers zmd die
Bischofmpposition Regen Constantius II., Berlin - New York 1984, 65-90; kurz S. ELBERN,
Kirche und Usurp<ttion. Das Verhalten kirchlicher Wi.irdentriiger gcgcni.iber illegitimen
Herrschern in der Spiitantike, RQ81, 1986, 26-38, bes. 30 ff. Zum Krieg zwischem Magnentius
und Constantius II. im Westillyricum]. ŠAŠEL, Opera selecta, Situla 30, Ljubljana 1992, 716-
727; Y.M. DUVAL, Aquilee sur la route des invasions (350-452), Ailild9, 1976, 237-298, bes.
240 ff.
52 Auch die in Magncntius' Mi.inzstiittcn Aquilcia (vom Encle Februar 350 bis Scpt. 352) uncl
Siscia (Sommer 351) emitierten Mi.inzen mit christlichen Symbolen (vgl. A. JELOČNIK,
Emonska najdba Magnencijevih multiplih zlatnikov, II V 19, 1968, 206 ff. bzw. dcns., Les
multiples d'or de Magnence dccouverts a Emona, Revue numismatiqtte 96, 1967, 209 ff.;].
ZIEGLER, o.c., 54 ff.), was jecloch fi.ir clie "lokale" Religionspolitik nichts becleutete. Die
evtl. Kontakte des Magnentius mit clen katholischen Bischofen in Wcstillyricum (gegen
den "Arianer" Constantius II. gerichtet), die mit dcn Kontakten mit den fi.ihrenden
antiarianischen Bischofen im Osten vcrglcichbar wiiren (H.Ch. BRENNECKE, Hilariu.1~ o.c.,
83 ff.; S. ELBERN, Kirche und Usurpation, 30 f.), wurden in dcn Qucllen nicht erwiilmt.

313
Rajko Bratož

Gipfel in dem immer starkeren Druck auf die Heiden. Der Kaiser verordnete im
Dezember 354 das SchliefSen aller heidnischen Tempe! omnibus locis adque
urbibus universis und untersagte die Opfer unter Androhung der Todesstrafe 53 .
Obwohl das Gesetz keine Tempelzerstorungen verordnete, ist es <lazu
wahrscheinlich manchmal gekommen; das Heidentum war var allem im Osten,
aber auch im Westen stark getroffen 5". Diese Zustande dauerten nur zweieinhalb
Jahre, bis zum Besuch des Kaisers in Rom im Mai 357, als sein Verhalten gegeni.iber
den Heiden toleranter geworden ist 55 .
Nach dem Tod Constantius' II. folgte mit Julian Apostata (361-363) die
Zeit der ausgesprochenen Favorisierung des Heidentums mit einer Reihe von
(auch blutigen) Auseinandersetzungen im Osten. Im Westillyricum, wo der Kai-
ser auf dem Zug gegen Constantius II. nur eine kurze Zeit (im August? 361 in
Sirmium) weilte 56 , zur Zeit seiner selbstandigen Regierung aber nie gewesen war,
weist nur eine Inschrift aus Mursa auf mogliche religiose Spannungen hin 57 . Die
kurze Regierung des Pannoniers Jovian (364) verlief im Zeichen der allgemeinen
Toleranz bei den offensichtlichen Sympathien des Kaisers der katholischen !Grehe
gegeni.iber58 . Valentinian I. (364-375), wie sein Vorganger Pannonier und Katholik 59 ,
zeigte eine ebenso tolerante Haltung gegeni.'1ber dem Heidentum. Das Heidentum
hat sich vonJulians Zeit in dem MafS verstarkt, dafS es fi.ir das Christentum wieder
eine Gefahr bildete. Der Kaiser, der bes. in Rom mit einer starken heidnischen
Opposition konfrontiert war, beschi.itzte die Christen var den Schikanen von

" 53 CT 16, 10,4; vgl. K.L. NOETHLICHS, Die P,a.1·atzP,abarischa11 Ma(Snahman, 63 ff.; dens„
Heidenverfolgung, 1156/7 (mit der Vorstellung de1: darauffolgenden antiheidnischen Gesetze
Constantius'll. ).
54 Zu den Tempelzerstorungen im Osten vgl. K.L. NOETHLICHS, Heidenverfolgung, 1156 f.;
fi.ir die Verhaltnisse im Westen vgl. die stark i.ibertriebcnen AuBerungen von FIRMICIUS
MATERNUS, De arr. prof reliP,. 28,6(Turcan 148) und H!LARIUS, Tract. in Psalnwm 137, JO
( CSEL 22, 1891, 740): Templa co11.lapsa suni, simulacra mula suni, haruspices interuentu
sanctorum silent, augurium jides fallit: wium dei nomen i11 omnibus gentibus sanctum
est.
55 SYMMACHUS, Relatio 3, 7 (R. KLEIN, Der Streit um den Victoriaaltar, Darmstadt 1972, 102
ff.; 177 Anm. 10); K.L. NOETHLICHS, Die f!,IJSIJIZgab. Majs11ahme11, 65.
56 J. SZIDAT, Zur Ankunft lulians in Sinnium 361 n .' Chr. auf seinem Zug gegen Constantius II.,
Historia 24, 1975, 375 ff.; F. PASCHOUD in ZOSIME, Histoire notwelle 111, 93 ff.
57 Julian wurdc auf eincm Meilenstcin aus Mursa ULCV 11) ob deleta vitia temporum
praeteritorum geri.ihmt (vgl. auch D. PINTEROVIC, Mursa i njeno područje u antičko doba,
Osijek 1978, 95 f.; 210). Aus diesem allgemein intonierten Text kann man nicht auf konkretc
Gcschehnissc (Eingriff des Kaisers gegeni.iber der Kirche) in Mursa oder in Pannonien
schlieBen. Zur Religionspolitik Julians vgl. J.R. PALANQUE - G. BARDY - P. de LABRIOLLE,
Storia 111/1, 227 ff.; R. KLEIN (Hg.), Julian llpostata, Darmstadt 1978, insbes. 130 ff.; 387 ff.;
H.Ch. BRENNECKE, Studie11 zur Gaschichte der Hom6er, Ti.ibingen 1988, 87-157; A. DEMANDT,
Dia Spatantike, 100 ff.; P. BARCEL6 in: Christe11 uud Haiden, 175 ff.
58 K.L. NOETHLICHS, Die RCsetzReb. Majsnahmen, 76-78; ders„ Heidenverfolgung, 1157.
59 In der Passio Pollio11is · 1 als Christianissimus imperator bezeichnet (vgl. M. ]ARAK in Od
napobjedivog sunca, 25; 29 hzw. 163; 168; dies. in diesem Band, S. 277). Zu Valentinians
Religionspolitik A. NAGL, Valentinianus, REVII, A,2 (1948), 2198 ff. und zuletzt P. BARCEL6
in: Christe11 tmd Heide11, 179 ff.

314
C h r i s ·l i a n i s i e r LI n g d e s N o r d a d r i a - LI n d W e s l b a 1k a n r a u m e s i m
4. JahrhL1nderl

seiten der heidnischen Amtstrager und untersagte den Mi.Bbrauch der Haruspizien 60 .
Eine tolerante Haltung gegeni.iber den I-leiden herrschte auch den grofšten Teil
der Regierung Gratians bis um 380.
Versucht man die Religionspolitik und religiose Gesetzgebung der
Kaiser, die im Westillyricum und im angrenzenden Nordostitalien in der Zeit-
spanne von Constantins Tod bis zum Auftritt des Theodosius herrschten,
zusammenzufassen, dann kann man zwei verschiedene Perioden beobachten.
Der rund zwanzigjahrigen Epoche des allmahlich steigenden Drucks auf die
Heiden in der Zeit von 337 bis 357 folgte - nach dem neuen Kurs in den letzten
Jahren Constantius' II. und nach dem Umbruch in der kurzen Regierung Julians
- die weniger als zwanzig Jahre dauernde Epoche der eher ausgeglichenen
Verhaltnisse zwischen Christen und Heiden (ca. 363 - ca. 380). Das Heidentum
wurde in dieser Zeit vom Staat nicht verfolgt und war fast Oberhaupt nicht unter
Druck gesetzt. Am Anfang cler Regierung des Theodosius war das Heidentum
noch immer stark, die Tempe! - zwar in einem etwas recluzierten Umfang -
bestanden weiter, der heidnische Kult war (mit AufSnahme der nachtlichen Opfer,
Tieropfer und Haruspizien) im allgemeinen toleriert, die rechtliche Stellung des
heiclnischen Priestertums war mit der Stel Jung des christlichen Klerus noch immer
vergleichbar61 .
Der regionale Aspekt der Entwicklung cles Heidentums ist fast vollig
unbekannt. Die wenigen heidnischen Autoren, die fast ausschliefšlich die
militarische und politische Geschichte des Gebietes schildern (vor allem Ammianus
Marcellinus und Zosimus), i.'1bennitteln keine brauchbaren Berichte 62 . Das
Inschriftenmaterial ist unergiebig und erlaubt keine sicheren Schlufšfolgerungen;
fi.ir das behandelte Gebiet besteht keine heidnische Weihinschrift aus der Zeit
nach Constantin. Auf Grund der archaologischen Untersuchungen der Mithraen
kann man schliefšen, dafš die heidnischen Kultstatten in stark reduziertem Umfang
bis in clie zweite Halfte cles 4. jahrhunderts weiterexistierten 6J

60 CT 16, 1, 1 (dic Christen cilirfen nicht zur Tcmpclwachc vcrurtcilt wcrdcn); CT 9,40,8 (365;
dic Vcrbrcchcr des christlichcn Glaubcns darf man nicht zum Gladiatorcnkampf vcrurtcilcn);
CT 9, 16,9 (371; dic Haruspizicn sine! crlaubt, nur ihr MiSbrauch ist verbotcn). Vgl. K.L.
NOETHLICHS, Dic gcsctzgcb. Ma.fs11ahmc11, 83-91; dcns., I-Icidcnvcrfolgung, 1158 f.
61 Vgl. K.L. NOETHLICHS, Heidcnvcrfolgung, 1183.
62 AMMIANUS MARCELLINUS 21, 1O,1-2 (Scyfarth 2, 148) bcrichtet i.ibcr dcn Einzugjulians nach
Sirmium im Aug. 361, wobci dcr knappc Bcricht auf cinc hcidnischc /ldvcntus /lugusti -
Szene weist. Etwas spiitcr erfi.illtc Ju lian in Naissus dic Walusagerci-Riten (ZOSIMOS 3, 11, 1,
Paschoud 2/1, 24 uncl 96). ZOSIMOS 2,46,1(Paschoud1, 119 und 255) berichtet i.ibcr dic
Prophczcihung der Muttcr des Magncntius dem Gegenkaiser zur Zcit scincs Vordringcs
gcgen Constantius II. 351, irgcndwo zwischcn Poetovio und Mursa, wobei kcine rcligioscn
Riten der frankischen Frau erwiihnt sind.
63 Vgl. allgcmcin P. THRAMS, Chrislia11isicm11R, 207 ff. (von wenigcn Ausnahmen abgesehen
stanunten dic Dedikantcn dcr heidnischen fnschriften aus der Stadtaristokratic Roms). Die
Fortdaucr dcr Mithras-Tcmpel im 4. Jahrhundert ist nur selten bezeugt; in Dalmatia (von
insgcsamt 33 bekanntcn) nur fi.ir 5 (Arupium, Dardagana, Jajce, Potoci, Konjic) in Noricum
(von insgcsamt 33 bckannten) nur 3 (Lentia , Pons Aeni, SchachadorO, im pannonischcn
Raum (von insgcsamt 42 bekannten) nur 4 (Poetovio 2 und 3, Fertorftkos, Aquincum 2) im

315
Rajko Bratož

B. Der Aufstieg des Christen_tums

Es scheint, dag zumindest in den Stadten das Christentum in dieser


Zeit von einer betriichtlichen Minderheit in der Zeit Constantins allmahlich zur
Mehrheit wurde. Das gilt besonders fl'1r die bedeutendsten Stadte. Einige Quellen,
die sich vor allem auf Aquileia und Sirmium beziehen, weisen auf eine groEe
Zahl von Christen in c!ieser Zeit hin. Bei den Bischofswahlen in Aquileia um 340
gab es eine so groge Zahl von Gbubigen (Rechtglaubigen uncl Arianer), daE es
wegen der religiosen Spannungen zu Tumulten (scditio) mit Todesopfern
gekommen ist61 . Athanasius e1wiilmt die Osterfeiern im April 345 in c!er noch
nicht geweihten Kirche in Aquileia, an c!enen eine groGe Zahl von Glaubigen
teilnahm 65. Bei den religiosen Konflikten in Sirmium wirc! zu verschiedenen
Gelegenheiten ebenso eine groge Menge von Gbubigen (verschiedener
Richtungen) erwiilmt. Als man sich nach der Verurteilung bei verschiedenen
Konzilen (in Rom und Mailand 345, in Sirmium 347) Photins, des Bischofs von
Sirmium, entlecligen wollte, konnte dies wegen der grogen Menge von Anhangern
des Bischofs, die clas Vorhaben verhinderten, nicht gelingen 66 . Von der
Massenbeteiligung (arianischer) GJ;iubiger wird auch anJagJich der
Glaubensdisputation in Sirmium 366, die in der Kirche corain omni populo verlief,
berichtet67 , ebenso bei cler Bischofswahl 378, als es fast zu Gewalttaten in der
Kirche gekommen ware 68 .

Stadtgchict Aquilcias und in Istricn (von insgcsamt 4 hckanntcn) nur 1 (Štivan-Fante Ti-
mavi; vgl. M. CLAUSS, Cultorcs Mitbrac, Stuttgart 1992, 59 ff.; 128 ff.; 259 ff.). Insgesamt ist
im Gcbict Wcstillyrieums und dcs angrcnzcndcn Nordostitalicn das Fortlcbcn der Mithras-
Kultst;iucn in das 4. Jahrhunclcrt bci 13 Tcmpcln bczcugt, was im Vcrglcieh mit cler
Gcsamtzahl (112) auf cinc Rcduzicrung auf 11,6 % zcigt.
64 S. Anm. 95 (S. 323).
65 ATHANASIUS, 11polop,ia ad Co11stantiwn 15(ccl. J.M. Szymusiak, 5C56, 1958, 104). Athanasius
hcriehtct i.'1hcr dcn maggchliehcn Bcsueh clcr noeh nieht gcwcihtcn Kirehc in Alcxanclria
unci crw;ihnt dahci, dag er ctwas Almliehcs aueh in Tricr uncl in Aquileia zur Zeit cles
Ostcrfcstcs (7. April 345) crlcht hat. In dcr !Grehe vcrsammcltc sieh cinc groge Mcngc von
Gbuhigcn, ohwohl dic Bauarhcitcn in dcr !Grehe noeh anclaucrtcn uncl clic Kirehc dcshalb
noeh nieht gcwciht war (Tou1:0„. Kat EV AKUA.fi[q: yEvoµEvov i:ropaKa· KcXKEt yap EV m'ic; i:opm'ic;
rn
01&. 'to nA.f\8oc;, 't&v 'tonwv oiK00oµouµrvwv, auvf\yov EKEt). 'In solehen Bedingungcn bat bei
dcr a{JVa~1c; - neben ihm sclhst - aueh dcr Kaiser Constans tcilgenommcn. Es gcht um clas
Ostcrfcst in dcr gri:ifStcn hckanntcn !Grehe im gcsamtcn bchandcltcn Gcbict, in dcr sog.
Fortunatianus-Basiliea mit schr grofScn Dimcnsioncn (vgl. in Anm. 69 untcn). Zum
historisehcn Kontcxt dcs Ercignisscs Y.M. DUVAL, Aquilcc ct Sinnium, 341.
66 HILARIUS, Collccta11ca 1!1ttiaricma Pa risina B 119, 1 (21) (cel. A.L. Fcdcr, CSEL 65, 146, 7 f.):
... uc tum q11idcn1 pcr factio11cn1 populi potuit ammoucri ... Zum historisehcn Kontcxt vgi.
H.Ch. BRENNECKE, Hilarius, 59-62; Y.M. DUVAL, Aquilcc ct Sinnium, 343.
67 Dic thcologisehc Diskussion zwisehcn dem arianisehcn sirmisehcn Bisehof Gcnninius und
dem rcehtgliiuhigcn Laicn Hcraclianus vcrlicf in Sirmium am 13. Jan. 366 vor cincr Mcngc
von Klcrikcrn und Laicn vcrsehicdcncn Rangcs: coram omni plcbc, cpiscopo scdcntc in
catbcdra cum 01n11i clcro cormn onmi popu/o ct maioribus natu populi ... quicwzquc ... seruus
ucl ancilla dci ... om11cs prcsb)ltcri ct diaconcs ... pm:o; sociorum ipsorum ... jintrcs ... (/Jltcrcatio
Hcmclia11i laici cum Gcrminio cpiscopo Sirmic11si, PL Suppl. 1, 1958, 345; 350; vgl. Y.M.
DUVAL, Aquilcc ct Sirmium, 356 ff.).

316
C h r i s t„i a n i s i e r u n g d e s N o r d a d r i a - u n cl W e s t b a 1k a n r a u m e s i m
4. Jahrhundert

Auf diese Zunahme der Glaubigenzahl ging der Bau neuer grofšer
Kirchen zuri.ick, wie z.B. in Aquileia (das am besten untersuchte Beispiel), in
Salona und auch anderswo 69 , jedoch regelmM~ig nur in den bedeutenden Stadten
oder in ihrer unmittelbaren Nahe 70 . In den ruralen Gegenden war das Christentum
in dieser Zeit offensichtlich wenig verbreitet; in den Schriftquellen finden sich
davon nur spiirliche Notizen, wiihrend materielle fri.ihchristliche Funde aus
landlichen Gegenden kaum bekannt sincl71 .
Verschiedene Autoren erwalrnen flir die Mitte cles 4. Jahrhunderts
massenhafte Konversionen zum Christentum im Osten, in Afrika und in Gallien 72 .
68 Als Ambrosius 378 in Sinnium den rechtgWuhigen Bischof Anemius konsekrieren wollte,
w~ire er von der Menge arianischer Gliiuhiger fast aus der Kirche vertriehcn wordcn
(multitudine coadunata de ecclesia pellere/111;· PAL'LINUS, Vila /lmbrosii 11, 1; Bastiacnscn
66; vgl. Y.M. DUVAL, Aquilcc et Sirmium, 370 f.l.
69 In Aquilcia wurdc clie sog. "Basilica posttcodoriana·' hzw. "Fortunazianea·· mit grogcn
Dimensioncn gebaut (73 x 31 Meter; vgl. L. BEiffACCHI, Architcttura c mosaico, in: Da
Aquileia a Venezia, Milano 1980, 219 ff.). Dic iilterc Phasc dcr Kathcdrale vem Salona ist
schlcchter hekannt; auf sie hczicht sich dic Bczcichnung uetera auf dcr Bauinschrift des
Bischo[~ I-Iesychius vom Anfang dcs 5. Jaluhundcrts (Ilova post uetera ... ; vgl. zulctzt G.
CUSCITO, Vcscovo c cattcdralc nclla documcntazionc cpigrafica in Occidcntc, /lC//IC X!,
773-775 und E. MARIN, Salona Cbrisliana, 37 f.); f(ir die andcren srndtc an dcr ostaclriatischcn
KC1stc vgl. T. MARASOVIČ, Ristrutturazionc dcllc citta sulla costa oricntalc adriatica ncll'cpoca
palcocristiana, /IC//IC XI, 327-344), flir dcn nordadriatischcn Raum G. CANTINO WATAGHIN,
cbcl., 175 ff. Dic imjahrc 1978 cntdccktc basilica urbana in Sinnium mit hcscheiclcnercn
Dimcnsioncn wurdc crst zur Zcit dcs l1ntcrgangs dcr Stadt in dcr Mitre oder im zwciten
Vicrtcl des 5. Jahrhundcrts gehaut (vgl. N. DUVAL, Sirmium "vilic imperiale" ou "capitalc"?,
CC/IRB 26, 1979, 53-90, inshes. 85 ff.; V. POPOVIČ, Dic sliddanuhischcn Provinzcn vom
Enclc clcs 4. his zur Mittc dcs 5. jahrhundcrts, in: Die Vdlker Siidosteuropas im 6. bis 8 .
.fabrbundert(Hg. B. minscl), Siidosteuropa.fabrbucb 17, 1987, 95-139, inshcs. 117 ff.). Dic
iiltcrc Kathcdrale von Sirmium, dic in cincr Rcihc dcr schriftlichcn Qucllcn crwiihnt wird,
blcibt unbckannt (vgl. dazu auch N. DUVAL ct V. POPOVIČ. l.'rhanismc et topographie
chrcticnnc dans les provinces scptcntrionalcs de l'Illyricum, ACJAC X/1, 1984, 543 f.).
70 Dic litcrarischcn Qucllcn und dic archiiologischcn Fundc hcwciscn flir dic Mitre dcs 4.
Jahrhundcrts clic Existcnz von Kirchcnhautcn in den folgcndcn SUdtcn: in NoriCl1111
wahrschcinlich nur in Poetovio Celic Kerzenhalter von Rogoznica hei Ptuj, dic aus cincm
Grahmalgcbiiude stammcn solltcn, wurdcn von E. TOTH, Et lux pcrpctua luccat ci, RO 17/
8, 1989/90, 261-279, in das zwcitc Drittcl dcs 4. Jaluhundcrts daticrt); im Bcrcich dcr
pannonischcn Provinzcn existicrcn mchrcrc matcricllc Bclcgc (vgl. E. TOTH, Et lux pcrpctua,
263 ff. ; dcns., Das Christcntum in Pannonicn, 244 ff.; Ausstcllungskatalog Od nepobjediuog
sunca, 47 ff.) und auch scltcnc litcrarischc Bclcgc (z.B. flir basilica marzwum cxtra oppidum
sita bci Mursa im jahre 351, crwiihnt von SL'LPICll'S SEVEHL'S, Cbro11ica 2,38,5; CSHL 1,
1866, 91). Kcinc sichcren Bclcge flir die Existcnz von Kirchengehiiuden in dicscr Zcit gibt
cs flir das kontincntalc Hintcrland Dalmaticns (vgl. D. BASLEH, Spata11tike wzdji"iibcbristlicbe
/lrcbitektur, 42 ff.).
7l Unscrcr Mcinung nach ist cine Christianisicrung dcr Wndlichcn Bcvolkcrung schon in
dicscr Zcit unbcwicscn, was natlirlich das Bcstchcn cinzclncr Christcn oder Gruppcn von
Christen auf dem Lancic nicht ausschlic!St. Dic in sermo rusticus gcschricbcncn
Evangclicnkommcntarc dcs Bischofs Fortunatianus von Aquilcia (ca. 342-368) hcwciscn
die Christianisicrung dcr hindlichcn Bcvolkcrung nicht (vgl. Arnn. 3; dic Sch~itzung von
G.C. MENIS, La diffusionc, 53, da!S cin groEcr Tei! dcr Landhcvolkcrung schon christlich
war, scheint uns dahcr cin wenig zu optimistisch).
72 SOZOMENUS, Hist. eccl. 2,5,1-3(GCS50, 1960, 56 ff.; spontane Dhcrtrittc zum Christcntum
in Phonizien zur Zcit Constantins); 3, 17,5 (chd., 131 f.; allgcmcinc Entwicklung im Ostcn
zur Zcit dcr Solmc Constantins); HILAHIL'S, Tract. in psalm um 67,20 ( CSHL 22, 1891, 295;
schncllc Aushrcitung dcs Christcntums in Gallicn). Vgl. W.H.C. FREND, Thc Church in thc
rcign of Constantius II ( 33 7-361). Mission-monasticism-worship, in: L 'Egl ise et l 'Hmpire, 86 ff.

317
Rajko Bratož

Ahnliche Entwicklungstendenzen kann man sich auch flir das westliche Illyricum
und das nord6stliche Italien vorstellen, obwohl man i.iber keine unmittelbaren
diesbezi.iglichen Berichte verfi.igt. Auf eine solche Entwicklung lafSt sich aufgrund
cler Berichte cles hi. Hieronymus (geb. nach verschiedenen Angaben in der Zeit
zwischen 331 uncl 347) schlief~en, wo er i_'iber seine Kindheit undjugend schreibt,
clie er in einer christlichen (rechtglaubigen) Familie, unter christlichen Altersge-
nossen und in einer zumindest oberflachlich christlichen Umgebung erlebte 73 .
Diese religiosen Zustancle in einer cler Lage nach nicht mit Sicherheit lokalisierbaren
Kleinstadt (oppido Stridonis) im Hinterlancl cler Kvarnerbucht (?) zeigen auf das
allmahliche Vorclringen cles rechtglaubigen Christentums in die mikroregionalen
Zentren inmitten cler ruralen Umgebung spatestens bis zur Mitte cles Jahrhunclerts.
Offensichtlich war clie katholische (rechtglaubige) Mission zumindest im westlichen
Tei! Illyricums erfolgreicher als clie arianische. Da clie Christianisierung manchmal
oberflachlich war, manchmal clurch Opportunismus motiviert, war das religiose
Leben der Lokalgemeincle(n) flir eine anspruchvollere Minderheit (cler die asketisch
orientierten Leute wie Hieronymus, seine Geschwister und Freunde angehorten)
vollig unattraktiv 71 . Dber clie lokalen Heiden und ihr Verhaltnis zu den Christen
haben wir keinen Bericht, cloch beweisen clie materiellen Quellen aus dieser und
sogar cler spateren Zeit (gemeinsame Frieclhofe75 , in Einzelfallen sogar Mischehen,

73 Hicronymus hcrichtct von sich sclhst: et ah ipsis, ut ita dicam, i11cu11abulis catholico su-
mus lacte 1wtriti. Nemo enim nia!{iS ecclesiasticus est, quam qui nu.mquam hereticusfuit
(Epist. 82, 2, 2;]. Lahourt IV, 114 ); .: . quanto magis ego christia11us, de parentibus christianis
et vexillum crucis ht nicaji·onte portcms.„ (Biblia sacra iuxta vulgatam versionem, Prologus
s. Hier. in libro Job; rcc. R. Weber, Stuttgart 1975, 732,45 ff.). Vgl. allgcmein J.N.D. KELLY,
.feronw. His Lije, Writings, and Controversies, London 1975. 5 ff.; M. SUIC, Hijeronim
Stridonjanin - gradanin Tarsatikc (Hicr. Stricloncr, cin Blirger von Tarsatica), in: Rad
Jugoslavenske akademije znanosti i umjetnosti 426 (Knjiga 24 razreda za društvene znanosti),
Zagreb 1986, 213-278, inshes. 215 f.; 257 ff.; 264 ff. und kurz H. HAGENDAHL -J.H. WASZINK,
Hieronymus, RAC 15, 1989, 117 ff.; zu clen hesondcren Fragen vgl. S. PELLISTRANDI, A
propos d'une rechcrche prosopographiquc: Jer6me, Bonose et la vocation monastique, in:
.fer6me entre l'Occidellt et l'Oricnt(cd. Y.M. Duva]), Paris 1988, 13-25; Y.M. Duv AL, Chromace
et Jer6mc, !1!1!1d 34, 1989, 151-183; R. BHATOŽ, Die Gcschichte, 533-536 Celic Frage der
Lokalisierung Stridons); S. REBENICH, Hieronymus und sein Kreis. Prosopographische und
sozial!{eschichtliche U11ters11chu11!{e!l, Historia Einzclschriften H. 72, Stuttgart 1992, 21 ff.
74 Dic ~iui?.crst seltenen Bcrichtc des Hicronymus liber seinc Heimat ennoglichen keine Schli."1sse
liber dic Bezichungen zwischen den Christen und Heidcn, mit denen er offensichtlich
keinc nenncnswertcn Kontakte hatte. In Epist. 7.5(Labourt !, 24) aus der Zeit 375/6 tadelte
er dic hcimische Christcngcmcindc wegen ihrcr primitiven Lebensweise uncl ihres
Materialismus und wcgcn des vi)ilig unfahigen Pricsters: hz mea enim patria rusticitas
uen1ac11la deus 11e11ter ct de die 11i11it11r: sanctior est illc qu.i ditior est. /lcce.1~1-it huic .
Lupicinus sacerdos„. uidclicet ut pe1foratam nauem debilis gubernator regat, et caecus
caecos ducat in foueam, talisque sit rector quales illi qui reguntur. Dcr Bericht weist auf
die oherftichliche Christianisierung, die den Lchensstil wcnig veriinderte. Herrschtcn aus
dcr Sicht eincs cifrigcn Christen so schlcchte Zust~inde noch um 375, dann sollten diese
cine Gcneration frliher noch schlcchter gcwcsen sein. Offensichtlich haben viele das
Christcntum aus Opportunismus angenommen und dabei den Lebensstil kaum geandert.
75 Flir Salona vgl. E. MAHIN, Salona Christiana, 32 f.; flir Noricum Ripense vgl. H. UBL, Die
Christianisierung von Noricum Ripcnse (wic in Anm. 10), 150 f.

318
Christi'anisierung des Nordadria- und Westbalkanraumes im
4. Jahrhundert

wie der Grabstein der Christin Ursa von Ovilava beweist76 ) auf das tolerante
Zusammenleben der beiden konfessionellen Gruppen.

C. Innerchristliche Auseinandersetzungen

Die Zeit von Constantins Tod bis zum Auftritt Theodosius' verlief in
Westillyricum im Zeichen schwerer Zusammenstb8e innerhalb der Christen-
gemeinden. Diese waren im behandelten Gebiet und im besprochenen Zeitraum
zum ersten (und in der Antike einzigen) Mal intensiv ins zentrale Geschehen der
Weltkirche eingeschlossen. Den Schwerpunkt dieses Kampfes stellte die zentrale
christologische Frage, namlich die Deutung des Wesens Jesu und sein Verhaltnis
zu Gott-Vater77 . Der Konflikt spiegelte sich in der Bemi.ihung wider, ein theologisch
richtiges Glaubensbekenntnis zu formulieren, in seinem Rahmen aber vor allem
die Persbnlichkeit Christi richtig zu definieren. Der Vorgang des Kampfes zwischen
Arianismus und Rechtglaubigkeit, wobei Westillyricum bereits von der Verbannung
Arius' und einiger seiner Gesinnungsgenossen nach Illyricum in den Jahren von
325 weiter eine bedeutende, fi.ir eine kurze Zeit um die Mitte des 4. Jahrhunderts
sogar die entscheidende Rolle spielte, ist nach einer Reihe ausfi.ihrlicher Analysen
bis in Einzelheiten hinein gut bekannt78 . Deshalb werden wir ihn hier nicht konkret
vorstellen, wohl aber seine bedeutendsten Entwicklungsstufen aufzahlen. Die
erste Pluse der Durchsetzung des sog. "Arianismus" 79 in Illyricum war mit der

76 ILCV 1336; E.M. RUPRECHTSBERGER, Dcr Grahstcin CIL III 13529 dcr Christin Ursa aus
Ovila va/W cls, Obcrostcrrcich, .fahrbuch dcs Obcrdstcrrcichischcll Muscalucrcills 122, 1977,
9-23 (mit dcr Daticrung dcr Inschrift in das crstc Vicrtcl dcs 5. Jahrhundcrts); zulctzt H.
UBL, Dic Christianisicrung von Noricum Ripcnsc, 138 f.; 150 f.
77 E.P. MEIJERING, Dic Diskussion liber dcn Willcn und das Wcscn Gottcs, thco-
logicgcschichtlich bclcuchtct, in: L 'Eglisc ct l'Empirc, 35-66 (mit wcitcrcn Litcraturangabcn
und anschlicBcndcr Diskussion auf S. 67-71); G.Ch. STEAD, Homousios, RAC 16, 1994,
364-433., insbcs. 401 ff.;]. HAMMERSTEAD, Hypostasis, cbd., 986-1035 (insbcs. 1012 ff.);
kurze Ubersicht dcs Arianismus: A.M. RITTER, Arianismus, TRE 3, 1978, 692-719.
78 ]. ZEILLER, Les origincs (prav. danub.), 214-343; M. MESLIN, Les Aric11s, 59-99; M. SIMONETTI,
La crisi ariana, 135 ff.; H.Ch. BRENNECKE, Hilarius uon Poiticrs, 17 ff.; dcrs., Studicn zur
Geschichtc dcr Homdcr, Ti.ibingcn 1988; Y.M. DUVAL, Aquilcc ct Sirmium, 333 ff.; kurz
auch R. GRYSON in: Scolics AriCll/lCS, SC267, 101 ff. und R. BRATOŽ, Dic Gcschichtc, 524
ff.
79 Der Ausdruck "Ariancr" ist fiir chronologisch umi auch "gcographisch" vcrschicdcnc
Richtungen im sog. arianischcn Strcit thcologicgcschichtlich prohlcmatisch, wcnn nicht
falsch und damit unbrauchbar (vgl. H. Ch. BRENNECKE, Studicll, 7). Dicsc vcrallgcmcincrtc
Bczcichnung fi.ir dic vcrschicclcncn unorthodoxcn thcologischcn Richtungcn in Illyricum
taucht immer wicdcr in clcn polcmischcn Tcxtcn dcr katholischcn Scitc auf (wic z.B. im
Protokoli dcs Konzils von Aquilcia 381 mit dcn Bcglcitschriftcn). Nur bci MAHI US VICTOHINUS,
Aducrsus Ariwn 1, 43 (SC 68, 1960, 316) bcfindct sich dic "rcgionalc" Bczcichnung
Illyriciani ... hacrctici(clancbcn wurdcn auch Arialli, Luciallistacund Euscbiani angcfiihrt),
die sich auf dic sog. Homocr (nach dcr 3. sinnischcn Formcl von 358) hczicht. Dic iiuBcrst
wichtigc Rollc Illyricums im arianischcn Strcit bctont auch Sulpicius Scvcrus (s. Anm. 97).

319
Rajk o Bratož

Synode vo n Serdika im Ja hr 343 abgeschlossen; do rt trug de n Sieg zwar die


rechtghiubige (w estliche) Pa rtei davo n, doc h der Arianismus (d amals hielten die
Arianer nur die Bischofssitze Mursa und Salona, viell e icht Savaria scho n in diese r
Zeit) war damit nicht besiegt. Darauf folgte eine Pe rio de des "Gle ichgewichts"
d e r beide n Seiten (343-3 51), in der sich als dritter und schwachster "Kompetent"
flir die Ube rmacht im Illyric um der Photinianismus mit dem Mittelpunkt in Sirmium
formte 80 . De r Sieg des "a ri a nisc hen" Ka ise rs Constantius II. gegen d e n westliche n
Gegenkaise r Magnentius in der Schlacht bei Mursa 351 bedeute te den Beginn
e iner fast ze hnj ~ihrigen Pe rio de der aria nischen Dbe rmacht, die ihre n Hohepunkt
mit dem Ko nzil von Rimini 359 erreichte, als theore tis ch das ganze Abendland
als eine Ko mpromiglosung das "arianisc he" Glaubensbe ke nntnis i.'lbe rna hm. Dem
Tod Constantius ' II. im]ahr 361 folgte wiederum eine Pe riode des "Gleichgewichts"
und der e inv e rst~indlichen re ligiosen Fo rme! (bis 366) . Be i zunehmender Aktivitat
der katholischen Seite sc hlug diese Pe rio de in die Untergangszeit des Arianismus
und des e ige ntlichen Sieges der Ortho doxie um (zwisch e n 378 und 381).
Unte r den Fakto re n, die w ese ntlich den Vo rga ng des Kampfes zwische n
d e m Aria nismus und d e r o rthodoxen Kirche beeinfluBte n, gilt es, a ugerordentlich
intensive Eingriffe der w eltlichen Macht ins Geschehe n he rvorzuhe ben, besonde rs
wahrend d e r selbstandige n Herrschaft Constantius' Il 8 1. Nicht nur bat dies er
zu mindest e be nso inte nsiv oder noch intensiver als vorher Constantin in die
Entwicklung de r I<:irche e ingegriffen , a uch die Streitpa rte ien selbst wandten sich
immer Ofte r an den Ka is e r als Arbite r im Konflikt: vo m Kaise r e rwarteten sie
Untersti.itzung. Ein "C is a ropapismus " e ntwicke lte dabei man c h e typische
Erscheinungsformen. De r Kaiser konnte die Bischofe e ntlassen oder verbann e n 82 ,
e r i.ibte i.ibe r sie sogar ve rschiedene Fo rme n korpe rlicher Gew alt a us , die im
volligen Wide rspruch mit ihre r WC1rde .~tanden85 . Er rief die Synoden im kaiserliche n
80 Zu Photinus und seiner Le hre s. M. SIMONETTI, Studi sull'aria ncsimo, Ro ma 1965, 135-1 59;
dens., La crisi arialla, 202-206; H.Ch. BRENNECKE, Hilarius, 91 ff.; Y.M . DUVAL, Aquilč e et
Sirmium , 339 ff.
HI G. GOTTLI EB, Les cvcqu es e t les empe re urs da ns les affaires ecclcsiastiqu es du 4e sic cle,
J'v/usewn Hclucticum 33, 1976, 38-50, inshes. 43 ff. ; R. KLEIN, Co11stantius 11. w1d diecbristlichc
!<irchc, Da rmstadt 1977; Ch. PIETRI , La politique de Consta nce II: un pre mie r " cčsaro pa ­
pisme" o u l'imitatio Consta ntini, in: L 'Ep,lisc ct l'F:mpirc, 11 3-172; W. HAGL, Die Religions-
politik de r Kaiser Constantin umi Constantius II. im Spiegel kirchlicher Auto re n, in: Chris-
tcn 1111d Hcidc11, 103-129. ·
82 In Illyricum traf die Ahse tzung und die Ve rhannung nur e inen Bischof, Photinus vo n
Sirmium 35 1 (Verhannungsort hlieh unhekannt) . Von den sie he n bekannteste n o rthodoxen
Bischofen dcs Westens, dic auf dcn Konzil e n in Arelate 353 (Paulinus vo n K61n), Mailand
355 (Lucife r von Cagliari , Euschius von Ve rcclli und Dio nysius von Mail;1nd , als Folge de r
Konzilsheschli.isse etwas spiiter auch de r Pa pst Liberius und Ossius von Cordo ba) und vo n
Bcziers 356 (Hilarius von Poitiers) abgese tzt wurden, wurcle n fi.inf nach Osten verbannt,
Liberius nach Thrakien umi nur der alte Ossius nach Sinnium (SULPICIUS SEVER US, Cbron.
2,39; CSEL 1, 92 f. ; fi.ir Ossius s . Collcclio Aucllana 2,32ff. ( CSEL 35/ 1, 1895, 14 ff ; vgl. au ch
R. KLEIN, Constantius ll., 116-144). Auf d em Weg in clie Verbannung (oder na ch de r
Befreiung 362 heimrcise n(P) hicltcn sich iiingere Zeit Eusebius uncl wahrscheiniich au ch
Hilarius in Sirmium auf (vgl. Altcrcatio Hcracliani in PL Suppl. I, 345: Gcrminius dixit (se.
ad Hcraclia uwn): Hoc Eusebius illc cxiliaticus te docuit, ct Hilarius, qui nune ipsc de cxilio

320
Christi· anisierung des Nordadria- und Westbalkanraumes im
4 . Jahrhundert

Palast zusammen 84 und verordnete bzw. oktroyierte religiose Formeln 85 . Unter


diesen Umstanden war die Rolle der Kaise rrate in religiosen Angelegenheiten
von au/Serordentlicher Bedeutung, die in bedeutenden Fallen den sonst theologisch
nur wenig ausgebildeten Herrscher entsche idend beeinflusse n konnten 86 .
Der Kampf kam in mehreren Formen zum Vorschein; es begann mit
Streitg esp rachen an verschiedenen Kirchenversammlungen, die damals
verhaltnisma/Sig haufig und unter gro/Ser Teilnahme stattfanden und in einigen
Fallen (wie z.B . in Sinnium 351 und in Mailand 355) auf "irregulare" Weise
abgehalten wurden 87 . Auf der niedrigeren Ebene zeigte sich der Konflikt vor
allem als Kampf um bedeutendere Bischofssitze. Das verlief ohne Dberein-
stimmung mit den Grundsatzen i.iber Bischofswahlen, wie sie am Konzil von
Nicaea und noch mehrmals spater festgelegt wurden>*l. Unter den Bewerbungen

uenit ... (346) ... Germinius dixit: Ep.o ji dem mcam cxpos11i Euschio ct manifcstavi, ct pla-
cuit ei ... Vgl. Y.M. DUVAL, Aquilee et Sinnium, 356 f.). Wie SULPICIUS SEVERUS (l.c.) berichtet,
hatten die verbannten Bischofe durc h Gesandschaften viele Kontakte mit den orthodoxen
Gemeinden in vielen Provinzen (. .. lcp,atiouihusquc cos (se. exules) plehis catholicac cx
omnibus/ere provinciis fi'cqucntatos).
83 D er Kaiser setzte Photinus von Sirmium nac h den Unruhen in der Stadt auf einer von ihm
einberufenen Synode ab (SOCHATES, Hist. cccl. 2,29; PG67, 276 f.; SOZOMENOS, Hist. cccl.
4,6; GCS50, 143 ff.). Das bekannteste Beispicl ist allerdings die n;ichtliche Gefangennahme
des Papstes Liberius Ende 355 oder Anfang 356 (ATHANASIUS, Hist. !lria11. 39-40; PG 25,
740; vgl. J.R. PALANQUE - G. BARDY - P. de LABRIOLLE, Storia lll/1, 180; Ch. PIETRI, Roma
Christiana 1, Roma 1976, 246 f.).
84 Constantius II. berief wegen der Photinus-Frage 351 eine Synode in den kaiserlichen Pa-
last in Sinnium ein (SOCRATES, Hist. cccl. 2,29, 1; PG 67, 276 f.; SOZOMENOS, Hist. cccl.
4,6, 15; GCS50, 145 f.; EPIPHANIUS, Hacrcscs 71, 1,5; GCS Epiph.111, 250; 1-1. Ch. BRENNECKE,
Hilaritts, 93). Aus Angst vor den Unruhen zur Zeit der Synode von Mailand 355 verlegte
der Kaiser die Synode in den Palast (SULPICIUS SEVEHUS, Chron. 2,39; CSEL 1, 92 f.; vgl.J.R.
PALANQUE - G. BARDY - P. de LABIUOLLE, Storia lll/ 1, 178). Die sirmischen Synoden 357,
358 und 359 verlicfen ebenso am Kaiserhof (vgl. 1-1.Ch. BRENNECKE, Hilarius, 312 ff.;
dens ., Studicn, 9; 13).
85 Ein typisches Beispiel der Glaubensfonnel na ch dem Willen des Kaisers ist das sog. "dati-
erte Glaubensbekenntnis", die I<ompromiBformcl, clie vom Kaiser auf der 4. sirmischen
Synode am 22. Mai 359 zur Zeit der Vorbereitungen auf das Konzil von Rimini best;itigt
uncl vorgeschrieben wurcle (SOCHATES, Hist. cccl. 2,37,18-24; PG 67, 305 ff. bzw.
ATHANASIUS, De .1y11odis 8; PG 26, 692 f.; vgl. R. KLEIN, Constantius !!., 89 ff.; Y.M. DUVAL,
Aquilee et Sinnium, 350 f.; 1-1.Ch. BRENNECKE, Studien, 13 ff.).
86 SULPICIUS SEVERUS, Chro11. 2,38,3-4 ( CSEL 1, 91 ); der Autor hezcichnete die Ratgeber
Constantius' II. als principcs mali istius; unter denen wurden 8 Bischofe (2 illyrische umi 6
orientalische) aufgez;ihlt. Hi ita palatium occupaucrant, ut nihil sine corum nutu ap,crct
imperator, ohnoxius quidcm omnibus, scd praccipuc Valenti dcditus. Vgl. M. MESLIN, Les
!lricns, 76 ff.; R. KLEIN, Constantius !!., 86 ff.
87 Zur Teilnahme der westillyrischen Biscl1ofe auf den Kirchenversammlungen irn 4. jahrhundert
kurz R. BRATOŽ, Die Entwicklung, 154 ff. und 189 ff. Besonders groB war die Teilnahme
der Bischofe auf den folgenclen Ifonzilien: in Serdica 343 (insgesamt 187), in Mailand 355
(mehr als 300 Bischofe aus dem Westen nach SOCHATES, Hist. cccl. 2,36; PG67, 300) und
in Rimini 359 (mehr als 400 Bischofe aus dem Westen, davon nur 80 Arianer; SULP!CIUS
SEVERUS, Chro11. 2,41; CSEL 1, 94 f.). Da fi.fr die Konzilien in Mailancl und Rimini keine
Teilne hmerverzeichnisse e rhalten sind, ist die Teilnahme der Bischofe aus dem Westillyricum
nur fi.ir das Konzil von Serdica bekannt: clabei waren insgesamt nur 4 Bischofe (3 Orthodoxe
und der Arianer Valens, w;ihrend der proarianisch gesinnte Maximus von Salona nicht
anwesend war).

321
Rajko Bratož

um bedeutencle Bischofssitze seien der Kampf in Aquileia um 34089 , Konflikte in


Sirmium 337, 351 uncl 378 9 n, etwa zur gleichen Zeit in Salona91 und in Poetovio
um 38092 erwalmt. In diese Kampfe war intensiv clie nieclrigere Priesterschaft, im
betrachtlichen Ma8e auch clas glaubige Volk (plcbs, populus) einbezogen93 . Der
religibse Streit hat sich damit immer mehr in einen ausgesprochen politischen
Kampf ve1wanclelt, bei dem der theologische Inhalt wenig bedeutend oder sogar
vbllig im Hintergrund war. Die var allem politische Tbnung der damals
entstandenen polemischen Schriften ist schon aus der propagandistisch gefarbten
Tenninologie ersichtlich, mit der sich die gegnerischen Seiten diskreditieren
wollten. Der Ausdruck blasfcmia war die am meisten gebrauchte Bezeichnung
fl'tr die religibsen Vorstellungen cler Gegenseite 91 .
Der Kampf zwischen Rechtglaubigen uncl Arianern (oder einer ancleren

88 Vgl. can. 15 des Konzils von Nicaea (Ch.J. HEFELE, Histoirel, 597 ff.; li.1a'tovnoA:uv'tapaxov
Kat 'tac; m&aac; 'tac; 'YtvoµE:vac; ist es nicht erlaubt, dafš cler Bischof oder auch cler Presbyter
oder der Diakon die eigene Kirchengemeincle verhifšt, um ein Amt in einer anderen
Kirchengemeinde zu libernehmen). Gerade zur Zeit cler arianischen Kirchenstreitigkeiten
bewarben sich einige Bischofe um Bischofssitze in wichtigen Staclten. Das einzige bekannte
Beispicl in Westillyricum war Valens aus Mursa, der vielleicht sogar zwei (zwar erfolglose)
Versuche gewagt hatte: zuerst 337 in Sinnium ('), einige jahre spiiter aber in Aquileia. Zur
Frage vgl. R. GRYSON, Les elections episcopales en Orient au !Ve siccle, RHE74, 1979, 301-
345 (inshes . .) 10); dens„ Les Clections episcopales en Occident au !Ve siccle, RHE75, 1980,
257-283.
89 Vgl. Anm. 95 (S. 323).
90 Die Geschehnisse in Sirmium 337 sine! schlecht bekannt. Bei cler Absetzung cles Bischof
Domnus ist es wahrscheinlich zu Gewalttitigkeiten gekommen (vgl. ATHANASIUS, Hist.
/lriaJZ. 5; PG' 25, 700 B; Y.M. DUVAL, Aquilee et Sinnium, 335 f. und R. BRATOŽ, Die Ge-
schichte, 524). Ahnlich war clie Situation in der Stadt 351 nach cler Absetzung des Photinus
(vgl. ohen Anm. 83). Zu den Ereignissen in der Stadt bei der Bischofswahl 378 s. Anm. 96.
91 Uher die Absetzung des arianischen Bischofs Leontius von Salona um 380 ist wenig be-
kannt. Scholia Arrialla ilz coJZc. Aquil. R2(bzw. 126) (CCSL87, 188 f. bzw. SC267, 308 ff.;
vgl. R. BRATOŽ, Die Geschichte, 519 Anm. 51 C) berichten ausdri.icklich, clafš dem Bischof
clabei gravissima et indigna„. iniuria gemacht wurcle.
92 Gesta concil. /lquil„ Epi.1~t. 2 (Maur. 10),9-10 ( CSEL 82/3, 322 f.). Der Brief berichtet i.iber
die Spannungen in der Stadt und i.iher das skandalose Verhalten des lokalen arianischen
Bischofs Valens. Zur Deutung des Berichts vgl. R. BRATOŽ, Das Christentum in Slowenien
in der Spiitantike, in: Kulturhistorische 1111d archaologische Probleme des SiidostalpeJZraumes
ill der Spatantike (Hg. H. Grassi), Wien-Graz-Koln 1985, 36 f. und 48 Anm. 44.
93 Vgl. Anin. 95-97 (S. 323).
94 Die Autoren der kirchenpolitischen Streitschriften bedienen sich vor allem der propagan-
distischen Sprache, wiihrend der theologische Inhalt des Streites stark im Hintergrund
steht. Nur ein Beispiel: im Brief an den Kaiser gebrauchten die auf dem Konzil in Aquileia
381 versammelten Bischofe flir die Gegenseite nur vereinzclt die Ausdri.icke Arriana haeresis,
/lrri blasfemia hzw. Foti11ia11i, dagegen i.ihlicherweise die allgemein diskreditierenclen
Ausdriicke: sacrilep,ium (7 Mal), impietas (6 Mal), pe1jldia (3 Mal), je einmal auch error,
uesania, scelus, euersio, proditio, praeuaricatio (CSEL 82/3, 316-325). lm Konzilsprotokoll
befinden sich neben den schon e1wiihnten Ausdri.icken hlasfemia (mindestens 14 Mal),
impietas (minclestens 9 Mal), pe1jidia (mindestens 6 Mal) und sacrilegium (3 Mal) auch
calliditas (2 Mal), iniquitas und ame11tia ( CSEL 82/3, 325 ff.). Auch die arianische Seite
entwickelte in cler Polemik eine iihnliche Terminologie, wobei der Ausclruck blasfemia am
hiiufigsten gehraucht wurde (vgl. Scripta /lrriana Latina 1, CCSL 87, 1982, passim). Bei cler
thcologischen Diskussion clrangen clie Streitparteien scltcn ticf in dogmatischen Fragen ein.
Das Gespriich war, was die Theologie hetrifft, manchmal oberfhichlich und wenig interessant.

322
C h r i s t ·i a n i s i e r u n g d e s N o r d a d r i a - u n d W e s t b a 1k a n r a u m e s i m
4 . Jahrhundert

heterodoxen Gruppe) nahm oft selu grobe und gewalttatige Formen an, die in
einzelnen Zi.igen an Konflikte zwischen Christen und Heiden im Osten oder an
Zu.sammenstofSe zwischen verschiedenen christlichen Gruppen in grofSen ostlichen
Metropolen wie Alexandria erinnern. Die Quellen berichten i.iber Ausschreitungen
mit Toten und Verletzten, wie zum Beispiel anbfSlich der Bischofswahl in Aquileia
um 34095 ; der Vorfall hatte sich bei der Auswahl cles sirmischen Bischofs Anemius
im jahr 378 beinahe wiederhoJt% Es wurde auch von Beispielen korperlicher
Gewalt mit Schhtgereien (Verhannung des hi. Martinus aus Savaria(?) 357 und
ahnliche Falle)97, sogar Beschimpfungen, Bespuckungen und Todesdrohungen
berichtet (wie z.B. heim Verhbr der katholischen Laien in Sirrnium imjahr 366) 98 .

95 HILAH!US, Collccta11ca /mtiaria11a Parisi11a 13 II 2,4 (12) ( CSEL 65, 129): ... quod Ualc11s
reliefa ccclcsia ccclcsiam aliam i1111adcrc uoluissct. Ho tcmporc, quo scditio11cm commouit,
wius cx ji·atribus 11ostris, qui jitJ!.crc 1w11 potu it, Uiator obrutus ct co11c11lcatus in cadcm
Aquilicnsiwn ciuitatc tcrtia dic dcfccit. Causa utiquc 1nortis ji til Ualc11s, qui pcrturbauit,
qui sollicitauit.
96 PAUL!NUS, Vita s. Ambrosii 11, 1 (cd . Bastiacnscn, 66), hcrichtet liber die Intervention des
Bischofs Ambrosills in Sirmillm zugunstcn des rechtgl;illhigen Kandidaten flir den Bischofssitz
Anemius. In der Stadt mit arianischer Mehrheit ereignetc sich ein Zwischenfall, dessen
mogliche Konseqllenzen der Maililnder Bischof mit eigener Entschlossenheit verhinderte.
Die Besclueibllng wcist auf den religioscn Fanatismus, mit dem dic Glallbcnsk;impfc
verliefen. Ambrosius' Bcgcgnung mit · eincr fanatischcn Arianerin: 1111a de virginibus
Arriauorum h1pudc11tior cctcris iribunal couscc11dcns, adprchcilso ucstimc11to sacerdotis
cum il!um (se. Ambrosillm) adtrahcrc ucllct ad partcm mulicrum, ut ab ipsis cacsus de
ccclcsia pcllcrctur.. Der Bischof sagte Zli der Arianerin: te 11ou co11uc11it vel tuam
profcssio11cm in qualcmcumquc saccrdotcm mamts iniccrc ..
97 SULPICIUS SEYERUS, Vita s. Martini 6,4(5Cl33, 264 ff.; 134, 582 ff.) herichtet Liber Martins
Erfahrugen mit dcn Arianern in Savaria(?): Dehinc c11n1 hacrcsis Arriaita pcr totum orbcm
et maxime infra Illyricum pullt1lasset, cwn aducrsus pe1jldiam sacerdotum solus pac11e
acerrime rcpt1J!.1zarct multisqt1e suppliciis essct adfectus - nam et puhlice uirJ!.iS caesus estet
ad extrcmum de ciuitate exire co11.puls11s -, Jtaliani repetens.. Dcr Ort (ciuitas) dcr
Begegnung Martins mit den arianischcn sacerdotes - wahrscheinlich Bischofen (Pl.), wie
den Ausdruck SOZOMENUS, Hist. eccl. 3, 14,39 ( GCS 50, 125) verstandcn hattc - blcibt
unbekannt; vielleicht war sein Geburtsort Savaria (vom Autor sonst als oppidum bezeichnet;
Vita lltlart. 2, 1) , vicllcicht cin wichtigcs Zcntrum dcs Arianismus in Pannonien (Sirmium
oder Mursan. ATHANASIUS, Hist. Arian. 41 ( PG 25, 741 A) herichtct von iilrnlichcr Gcwalt
gegentibcr dem Diakon Hilarius, dcn Ge.~andten des Papstcs Liherius Zli Constantius II. im
jahre 355, dcn die Arianer Ursacius und Valcns zusammen mit Hofeunuchcn gcpeitscht
haben.
98 /lltercatio Hcracliaui laici cwn Germinio episcopo Sirmiensi (PL Suppl. 1, 1958, 345-348;
vgl.]. ZEILLER, Les origiues (prav. da11.ub.J, 293 ff.) giht eine malerische Beschrcibllng der
Gewalt und der Drohungen beim Vcrh()r von Hcraclianus und zwci anderen Katholiken
coram omni plebe, die Genninius de custodia vorflihren lieK Nach clen entschlossenen
Worten Heraclianus' hctzte der Bischof die Anwesenden zur kbrpcrlichen Gewalt gegcnlibcr
den Opponenten auf (Germ. dixit: Nemo illi delltes eruit? Tu11c perc11ssen111t cum (se.
Heracl .) louiuianus diaconus et Mari1111s lectar.). Nach dem Verhor drohte Germinius
( replctus cst ira ct h1dig11atione Germinius ct nociferare coepit et dicere: Haereticus est ...)
und ennunterte das Volk, dic Katholikcn Zli hcschiimcn (HI 1w~abat popu/11111, diceus, ut
quicttnque ob11iaret ei seruus uel aitcilla dei, exsuj}lellt eu m, quia iam mortuus est. Et
ittreiurcmdo iurabat, ut eum exilio deportarel). Als Gcrminius die Vcrhbrtcn cntlieG,
wollte cin Teil der arianischcn Mcngc dic Todesstrafc flir dic Rcchtgliillhigcn crzwingen
( ... pars sociorum ipsorum clamabai.: Consulari ojferantur et occida11t111 ~ quia seditionem
fccerunt, et de u110 popu/o duos fecerimt.' Ht COJ!.eba11t eos, ut subscribcre11t i11 fide
haereticorum. Et congemi11aban.t uocibus, dicentes: Co11s11lari ojferantur et occidauturf).

323
Rajko Bratož

Selbst wahrend einer Synocle kam es zwischen den anwesenclen Bischbfen einmal
zu einer Gewaltanwenclung bzw. ihrem Stand unangemessenen Verhaltens - wie
bei cler Mailancler Synocle im jahr 355 clie Vorgangsweise des Bischofs Valens
aus Mursa 99 .
Neben clen Hauptprotagonisten cler Kampfe - cler katholischen Kirche
uncl cles Arianismus (chronologisch uncl inhaltlich) verschiedener Richtungen -
wurclen noch weitere unorthocloxe christliche Gruppen e1wahnt. Darunter war
clie st~irkste clie Gruppe cler Photinianer, clie sich mit cler Ankunft Photins in
Illyricum und mit seiner Wahl zum sinnischen Bischof (zwischen 343 und 345)
fest in Sirmium verankerte. Imjahre 351 wurcle sie zwar nach einigen erfolglosen
Versuchen besiegt, als der Arianer Constantius II. nach der Schlacht bei Mursa
Photinus abgesetzt hat, aber die Lehre Photins ist clamit nicht verschwunclen.
Diese Bewegung schien eben viele Anhanger zu haben. Eine schwere Niederlage
erlitt der Photinianismus 381 auf dem Konzil von Aquileia, als er zusammen mit
dem Arianismus ge~ichtet geworden ist, war aber trotzclem dort und in Illyricum
nach wie var aktuell, in der Zeit nach 381 mogliche1weise noch aktueller als cler
Arianismus. Auf die Standhaftigkeit dieser Bewegung weist die Tatsache hin, claB
sie sich im nahe liegenden Gebiet von Dakien unter anderem Namen (als Bonosus-
Haresie) bis ins 6. Jahrhunclert hinein gehalten hat, in der Zeit, als cler Arianismus
im illyrischen Raum nur unter den ostgermanischen Gruppen existierte 100 .
AufSer den Photinianern werden in verschiedenen "haresiologischen"
Abschnitten sowohl katholischer als auch arianischer Schriften noch anclere
Haresien erwahnt, wie z.B. Manichaer, Montanisten, Gnostiker, Marcioniter,
Patripassianer sowie von clen Schismatikern Donatisten uncl Novatianer. Fi.ir diese
Gruppen, die die Autoren aus Aquileia, Pannonien uncl Dazien erwahnen, ist
man sich heute nicht sicher, ob sie bzw. inwiefern sie clamals fi.ir clie katholische
Kirche gefahrlich waren wi. Wir neigen zur Meinung, clafS es sich in den angefi.ihrten
Beispielen nicht nur um ein schablonenhaftes Aufzahlen verschiedener Haresien
hanclelt, clie damals allgemein bekannt waren und sporaclisch auch in der

99 HILARIL!S, Liber 1 ad Cousta11ti111n 11. 3 (R) ( CSEL 65, 187); als clcr Maibndcr Biscbof Dio-
nysius als crstcr dic nic~iiscbc Glauhcnsforrncl untcrscbrcibcn wolltc, bat Valens aus Mursa
dic Handlung mit Gcwalt vcrbindcrt ( Ualc11s calamum ct cartam c manibtts citts uiolenter
cxtorsit clama11s„.). Wcgcn dcs Scbrcics (post clamorcm multum) wurde das Gescbebnis
aucb dcr gl~iuhigcn Mcngc hckannt. Wcgcn rnoglicbcr Unruben bat der Kaiser die Synode
ad palatium verlegt, wo clie arianiscbe Seite unbebindert zu den eigenen Zielen gelangte.
100 Y.M. DUVAL, Aquilcc et Sinniurn, 339 ff.; 372 ff.; kurz aucb R. BRATOŽ, Die Gescbicbte, 525
f.; zur Anwesenbeit des Pbotinianisrnus in Aquileia vgl. Y.M. DUVAL, Les relations cloctrinales
entre Milan et Aquilce durant la seconde rnoitic du IVe siC~cle: Cbrornace cl'Aquilee et
Arnbroise de Milan, A1!1!d 4, 1973, 171-234, insbes. 202 ff.
101 Dic ScbluEstellen sind die folgenden: RUFINUS, Expositio symboli 37 (CCSL 20, 172 f.);
CHROMATIUS, Tract. in Mattb. 24,3; 35,4 (CCSL9 A, 309,21 f.; 370,73 f.; vgl. aucb 566 (s.v.
baeresis, baereticus und Suppl„ 652); NICETAS de Rernesiana, De symbolo 10 (ed. Burn,
48); !nstructio ad compctc11tcs 1,3, 10; 3, 1,4-5 (ed. Garnber, 27; 43 f.); Scbolia 1lrriana in
co11cil. 1lqt1il. 29 (49) ( CCSL 87, 162 hzw. SC 267, 240). Vgl. R. BRATOŽ, Die Gescbicbte,
522 Anrn. 64; fi.ir Aquileia bes. Y.M. DUVAL, Les relatins doctrinales, 188 ff.

324
ChrisLianisierung <les Nordadria- und Westbalkanraumes im
4. Jahrhundert

kaiserlichen Gesetzgebung erwahnt wurden. Abgesehen von der potentiellen


oder tats~ichlichen Gefahr dieser Gruppen weisen die Quellen darauf hin, dafS
man diese Haresien in der besprochenen Zeit (die SchlufStexte entstanden im
Zeitraum ca. 380-430) und im besprochenen Raum (Aquileia mit seinem EinflufS-
gebiet, Sinnium mit benachbarten Gebieten im Osten) kannte und mit ihnen
rechnete. Die erwahnten Haresien wurden namlich auch in solchen Texten ange-
fiihrt, namlich in den katechetischen Schriften und Predigten, die an ein breites
Publikum gerichtet waren.
Parallel zur katholischen und arianischen Propaganda gegen die
verschiedenen heterodoxen Gruppen entwickelte sich die kaiserliche antiharetische
Gesetzgebung. Wahrend Constans nie direkt gegen irgendwelche haretische
Gruppen auftrat, war Constantius II. unter dem EinflufS der arianischen Bischofe
als Ratgeber gegen die verschiedenen heterodoxen Gruppen und gegen die
Rechtglaubigen (fiir ihn ebenso Haretiker) aufgetreten. Die i.ibliche Strafe war
die Verbannung, die eine Reihe der bekannten rechtglaubigen Bischofe des
Westens (jedoch keinen aus Westillyricum) getroffen hatte, aber auch Photinus
aus Sirmium. Nur fiir Ossius von Cordoba war Sirmium Verbannungsort, fiir die
anderen aber war Aquileia und Westillyricum "Transitgebiet" auf dem Weg nach
Osten. Alle verbannten Bischofe wurden vorher an verschiedenen Konzilien
verurteilt, aber erst durch kaiserlichen ErlafS verbannt 102 . Im Jahre 358, als der in
theologischen Fragen schwankende Kaiser zeitweise unter den EinflufS von
Homoiusianer (Basilius von Ancyra, ein Gegner der Gruppe um Valens von
Mursa) gekommen ist, verbannte er ungefahr 70 (!) eunomianische Bischofe, von
denen er schon kurze Zeit danach einen Tei! wieder begnadigteto3 . Die Wieder-
aufnahme gelang nach der Bitte zweier angesehener Bischofe der betroffenen
Gruppe, Patrophilos von Skythopolis und Narcissos von Neronias, die sich nach
Sirmium an den Kaiserhof begabento1 . Ob es in der betroffenen Gruppe, die
besonders im Osten verbreitet war, auch einen Bischof aus Westillyricum gab,
bleibt unklar.
Julian Apostata hat die Haretiker sofort nach dem Regierungsantritt
untersti.itzt. Er erklarte die Religionsfreiheit fiir alle haretischen Gruppen und
erlaubte die Ri.ickkehr (nicht aber die Wiedereinsetzung) der verbannten
Wi.irdentragerto 5 . Als erster christlicher Kaiser war erst Valentinian 372 gegen die

102 Auf dem Konzil in Arles 353 wurde ein cdictum ah impcratorc mit der Exildrohung flir die
Anhanger des Athanasius erkliirt, auf dem Konzil von Mailand 355 war eine cpistula suh
imperatoris nominc flir das Schicksal der rechtgliiubigen Bischofe entscheidend (SULPICIUS
SEVERUS, Chron. 2,39; CSEL 1, 92).
103 PHILOSTORGIUS, Hist. cccl. 4,8-9 (GCS 21, 61 f.); vgl. J.R. PALANQUE - G. HARDY - P. de
LABRIOLLE, Storia 111/1, 200; K.L. NOETLICHS, Die J!,C.~CtZJ!,Chcrischen Ma:fsnahmcn, 58 ff.; R.
KLEIN, Consta11tlus 11., 89 f.; H.Ch. BRENNECKE, StudicJ1, 9 ff.
104 PHILOSTORGIOS, Hist. cccl. 4, 10 ( GCS 21, 63); H.Ch. BRENNECKE, StttdiCll, 12.
105 K.L. NOETHLICHS, Die J!,CSC(Zf!,Ch. Ma:fsnahme11, 74 f.; J.R. PALANQUE - G. BARDY - P. de
LABRIOLLE, Storia IJJ/1, 179 f.; R. ANDREOTTI in: .fulian !1postata (Hg. R. Klein), WdF 509,
1978, 157 ff.; P. THRAMS, Christianisicnmg (wie in Anm. 6), 122 ff.

325
Rajko Bratož

haretische Gruppe der Manichaer, die auch im Westillyricum ex1st1erte, aufge-


treten106. Beurteilt man die Entwicklung der kaiserlichen Gesetzgebung, genossen
die verschiedenen unorthodoxen christlichen Gruppen - ahnlich wie die Heiden
- in der Zeit der letzten Jahre Constantius' II. (357-361) bis zu den Anfangsjahren
des Theodosius (379-381) eine fast ungestorte Friedenszeit.
Die archaologischen Quellen ermoglichen keine zuverlassigen Fest-
stellungen im Zusammenhang mit den religiosen Kampfen im 4. Jahrhundert. Da
die arianische uncl die orthodoxe Liturgie selu ve1wandt waren 107 und da wahrend
der religiosen Kampfe die Kirchenbauten aus dem Besitz einer in den Besitz der
anderen christlichen Gemeinde kamen - flir den liturgischen Gebrauch in der
anderen Gemeinde bedurfte es offenbar keiner bemerkenswerter Baueingriffe 108-,
ist es aufgrund v01wiegend bescheidener Kirchenreste aus dieser Zeit (GrundrilS,
bestenfalls noch clas Pflaster uncl einige Architekturelemente) unmoglich, eine
Kirche als arianisch, clie anclere hingegen als katholisch zu bezeichnen. Einige
arch~iologisch untersuchte Kirchenbauten clienten bestimmt dem arianischen
Bischof uncl cler arianischen Priesterschaft, anclere cler zeitgenossischen
katholischen Gemeinde (z.B. in den Stadten Poetovio oder Sirmium, wo gleichzeitig
zwei Gemeinden existierten) 109 . Ohne Zweifel befand sich auch in einigen grolSen

106 K.L. NOETHLICHS, Die P,esetzP,eb. Ma/snahmen, 81 ff. Das Gesetz ( CT 16,5,3 (372)) fi.ihrt die
folgenden Strafen fi.ir CJie M;michiier an: infamia, Verbannung und die Konfiskation der
kultischen Riiume. Das Gesetz di.irfte auch in Illyricum gi.iltig sein, wo clie Manichaer auch
verbreitet waren (auf der salonitanischen Inschrift !!Ju 2245 aus cler Mitte des 4. jahrhunderts
wird eine Bacrcro:no:p8ivoc;Au8io:Mo:v1xfo e1wiihnt; die Hiiresie wird bei fast allen kirchlichen
Autoren aus dem behanclelten Raum e1wiihnt; vgl. Anm. 101); zur Frage allgemein P.
BROWN, The Diffusion of Manichaeism in the Ro1rnin Empire,JRS59, 1969, 92-103, bes. 97.
107 F. CABROL, Ariens, D.!ICL 112, 1924, 2814-2819; C. CECCHELLI, L'arianesimo e le chiese ari-
ane d'Italia, Settimane di studio del Centra Italiano di studi sull'alto medioevo 7, 1960, 743-
774, insbes. 753 ff. (unzugiinglich war uns: L. EIZENHOFER - I. PAHL - ]. PINELL, Textus
liturgiarum occidentalium, in: Prex eucharistica. Textus e varii.1· liturgiis antiquoribus selecti,
1968, bes. S. 422). Der antiarianische Polemiker Gregor von Elvira betonte ausdri.icklich,
daB den Arianern und eten Orthodoxen mit der einzigen, cloch wesentlichen Ausnahme
des Homoousios alles gleich war (Dejlde orthodoxa coutra/Jrianos 1; CCSL 69, 1967, 221:
Eos autem qui dicwzt: 'Erat qua11do uon erat' et 'priusquam nascerctw~ 11011 erat' et muta-
bilem vel co11vertibilem esse Jllium dei, bos anathematizat catholica et apostolic_a ecclesia.).
108 Die schriftlichen Quellen aus dem 4. jahrhundert e1wiihnen mehrere Eille des Ubergehens
einer Kirche aus den Hiinden einer Gruppe in die anderen, in keinem Fali aber werden
dabei die Bauarbeiten bzw. die Adaptierungen eines arianischen Kirchengebiiudes in ein
katholisches oder umgekehrt erwiilmt. Das arianische Kirchenbauwesen im 4. Jh. war
iiuBerst bescheiden (vgl. H. LECLERCQ, Ariens (cglises de), DA.CL 112, 1924, 2819 ff.; erst
bei den ravennatischen Kirchen aus der Ostgotenzeit kann man bei der Innenausstattung
die spezifischen Akzenten beobachten; vgl. dazu R. SORRIES, Die Bilder der Orthodoxen im
Kamp/ gegen den Aria11ism11s, Europiiische Hochschulschriften XXIII/186, Frankfurt am
Main - Bern 1983, 74 ff.). DaB es keine Elemente in der Kirchenarchitektur gab, auf deren
Grundlage es moglich wiire, die rechtgliiubigen Kirchen von den arianischen zu trennen,
betont am Beispiel der Kirchen von Aquileia und Grado L. BERTACCHI, Architettura e
mosaico, 303; vgl. auch C. CECCHELLI, L'arianesimo, 757 ff. uncl M. CECCHELLI - G. BERTELLI,
Edifici di culto ariano in Italia, /JCJ/JC XI, 233-243, insbes. 235 ff.
109 Fi.ir Sirmium beweist solche Zustiinde auch die /Jltercatio Heracliani (PL Suppl. 1, 346; der
arianische Bischof sagte dem rechtgHiuhigen Laien: co11ttertere ad ecclesiam 11ostram). Fi.ir
Poetovio s. Anm. 92 (S. 322).

326
Christianisierung <les Nordadria- und Westbalkanraumes im
4. Jahrhundert

Stadten das zentrale kirchliche Objekt kurze oder langere Zeit in den Handen
der Arianer (in Aquileia, Salona oder Sirmium), was an sich fi."1r die Entwicklung
des Objektes nicht von grofšer Bedeutung gewesen ware. In den religios
gespalteten Stadten versammelten sich die christlichen Gemeinden zweifellos in
zwei verschiedenen Kirchen, da die Verwendung ein- und desselben Objektes
fast mit Sicherheit auszuschliefšen ist 110 • Als solche Gemeinden kann man ali jene
bezeichnen, in denen vorlaufig der Arianismus (in irgendeiner Entwicklungsphase)
vorherrschte (Aquileia, Salona, Poetovio, Savaria, Sirmium und Mursa) 111 . Es ist
nicht bekannt, ob die Ausbreitung der Lehre Photinus' 112 und der anderen als
haretisch gebrandmarkten Anschauungen im westillyrischen Raum mit der spezi-
fischen Liturgie und damit vielleicht auch mit der spezifischen Kirchenarchitektur
verbunden war.
Gabe es angesichts verschiedener Auffassung der Person Christi
irgendwelche Unterschiede bereits im inneren Aussehen der Kircheneinrichtung,
di.irfte man annehmen, dafš diese Unterschiede nur auf symbolischer Ebene zum
Vorschein gekommen waren. Dabei waren beim Dbergang des Objektes aus den
Handen einer Gruppe in den Besitz der anderen nur minimale, kaum nennenswerte
Eingriffe notig gewesen (Beseitigung bzw. AufstellL1ng bestimmter Symbole). Da
heute nur die Grundrisse dieser Kirchen bekannt sind, ist es vollig Llnmoglich,
die Unterschiede (bzw. eventuelle Zugehorigkeit zu einer anderen christlichen
Gruppe) festzL1stellen. Die VerbindL1ng bestimmter christlicher Symbole (z.B. des
Christogramms oder der Buchstaben Alpha Lind Omega) mit der spezifisch
religiosen EinstellL1ng e1wies sich in bisheriger ErbrterL1ng als L1nsicher 113 . Dasselbe
trifft fi.ir die fri.ihchristlichen Grabsteine ZLI, wobei die ZLlgehorigkeit des Ver-
storbenen oder einer Gemeinde ebenfalls nicht im besonderen ZLI erschliefšen

110 Bei dem Obergang dcr Kirchc(n) in dic H~indc dcr Ariancr hahcn dic Rcchtgbuhigcn
i.ibliche1wcisc dic I(irchc(n) vcrlasscn (vgl. ATHANASIUS, Apol. ad Co11sta11ti11m 25; 27; SC
56, 116 ff.). Scltcnc Qucllcn wciscn auf dcn gcmcinsarncn Gchrauch cincr Kirchc hin.
Hilarius meintc, claB es im Ostcn moglich war, zusarnmcn mit clcn Ariancrn in cincr I<irche
zu beten, nicht abcr bci clcr Kommunion tcilzunchrncn (vgl. F. CABROL, D/1CL 1/2, 2814
uncl C. CECCHELLI, L'arianesimo, 753). Can. 2 des Konzils von Antiochia 341 verhot cliese
Praxis (Ch.J. HEFELE, Histoirc !, 715).
111 M. MESLIN, LcsAricns, 59 ff.; die Karte nach der S. 416.
112 Zum Inhalt cles Photinianismus s. M. SIMONETI!, Studi s11ll'aria11csimo, Roma 1965, 135-
159.
113 Die Vorstellung, claB clas Christogramm und die Buchstahen A-Q (in viden Eillen kornhiniert,
Christogramm zwischen zwei Buchstahen) als antiarianische Syrnhole gehraucht wurden
(cliese Auffassung hei: H. LECLERCQ, AQ, DACL 1, 1924, 20; E. LOHMEYER, AQ, RACI, 1950,
2; Y. CHRISTE, A und Q, Lcxiko11 dcs Mittclaltcrs 1, 1980, 455 (mit Vorhehalt); Th.A.
SCHNITKER, A und Q, Euaizgclischcs Kirchclllcxikoll 1, 1986, 1; kritische Beurteilung der
Frage bei A. FERRUA, La polcmica a11tiaria11a 11ci monwncnti palcocristia11i, Studi cli antichita
cristiana 43, 1991, 48-50), hat sich in der Diskussion als unsicher erwiesen. In cler
fri.ihchristlichen Literatur sine! cliese Symbole nirgencls als antiarianische Zeichen ausgelegt,
auBcrclcm war cler theologische Inhalt cles Streites irn Westen nur wenigen Christen bekannt
(HILARIUS, De synod. 91 (PL 10, 545 A) herichtet, daB er erst irn Exil (in Phrygien) das
nicaenische Glaubenshekenntnis kennengelernt hatte!). Zur Diskussion vgl. J. ZIEGLER,
Zur rcligi6scn Halttlllf!., 58-62; H.Ch. BRENNECKE, Hilarius, 78-82.

327
Rajko Bratož

ist, verrat dies nicht schon die Grabinschrift selbst. Die ausdri.ickliche Erwahnung
der ccclcsia catholica(auf einigen lnschriften aus Salona) zeigt auf die gleichzeitige
Existenz auch einer anderen (haretischen, im 4. Jahrhundert vor allem arianischen)
Gemeinde, beweiBt an sich selbst aber keine antiarianische Polemik 1H Auch die
seltenen Denkmaler mit spezifisch ikonographischen Akzenten (z.B. zwei
Abbildungen des Kampfes zwischen Hahn und Schildkrote auf den Mosaiken
der Theodorus-Basilika, die Taufszene auf einer Grabinschrift, die Inschrift von
Balerius und Malisa aus Aquileia) kann man nicht als eine gegen die haretische,
insbesondere arianische Doktrin gerichtete Symbolik auffassen 115 .
Die Entwicklung der kirchlichen Organisation verlief im Zeitalter
religioser K;impfe langsam, denn inzwischen werden in den Quellen nur zwei
neue Bischofssitze erw~ihnt. Das waren Mursa im Zweiten Pannonien mit dem
einzig bekannten Bischof Valens (ca. 335-370) und (selu wahrscheinlich) Savaria
mit dem ebenso einzig bekannten Bischof Gaius (um 357). Die beiden Bischofssitze
tauchen nach dem Untergang des Arianismus in den Quellen nicht mehr auf. Mit
Ausnahme dieser Bisti.'1mer bleibt deren Zahl fast die gleiche wie im
constantinischen Zeitalter (damals insgesamt nur sechs: je eines in Dalmatia,
Savia, Pannonia Secunda und Noricum Mediterraneum, zwei im Ostteil von Venetia
et Histria). Die Teilnahme der Bischofe aus dem westillyrischen Raum auf dem
Konzil von Serdica 343 ist auf Grund der verschiedenen Teilnehmerlisten gut
bekannt 116 . Trotzdem ist aus den drei Provinzverzeichnissen (alle bei Athanasius
i.iberliefert) ersichtlich, daf$ dama!.-; neben den bekannten Bischofssitzen sehr
wahrhscheinlich noch ein Bischofssitz in Noricum existierte und neben (dem
proarianischen) Salona sicher noch ein anderer (katholischer) Bischofssitz in
Dalmatien, w;ihrend fi.ir den pannonischen Bereich die Verhaltnisse wenig klar
sind 117 • Es ist anzunehmen, daB sich unter den ca. 300 (in Mailand 355) bzw. 400

114 Dic Inschriftcn mit dcr ausdri.icklichcn E1wiilmung dcr katholischen Kirche - als cin Ausdruck
dcr Orthodoxic im Gcgcnsatz zur hiirctischcn ( vor ali cm arianischcn) Gemeindc - sind fi.ir
das 4. und 5. Jahrhundcrt nur aus Salona hckannt: dic Eiwiihnung der ecclesia catholica
UIJtt 2568 (3539)); Epitaph cincs Pricstcrs Tils tv6&81:: &.yia[s] 81: Kat m6oA.tKilS [fr]KAT]aias
UIJtt 2496, mit der Datierung ins 5. Jahrhundert; A. FERRUA, La polemica, 128 Nr. 113);
JLCV 1579 A ad11.; 383 7; 3870(jedoch aus demjahr 426 oder 430; A. FERRUA, La polemica,
128 f„ Nr. 114-116). Vgl. auch E. MARIN, Salona Christiana, 38.
11 5 A. FERRUA, Lapolemica, 31-34; die Inschriften zuletzt in JA 2989und 3204.
110 A.L. FEDER, Studie11 zu Hilarius uo11 Poitiers II. Bischofi'11amen u11d Bischofi'sitze bei Hilarius.
Kritische U11tersuchu11gen zur kirchlichen Prosopographie u11d Topographie des 4 .
.fahrhtmderts, Sitzungsher. d. Kais. Akad. d. Wiss. in Wien, Phil.-hist. KI. 166 Bd„ Wien
1911.
117 ATHANASIUS, Epistola .l:JJJZodi Sardicae co1zgregatae (PG 25, 312 A) e1wiihnt unter den an
c\er Synode heteiligten Provinzen auch a7to„.navvovimv„.NmpiKou, LtcrKias;„.; spiiter e1wiilmte
Athanasius an zwei Stellen die Zahl und Provenienz der Bischofe, c\ic auf seiner Seite im
Streit standen, wohci nicht alle in Serdica anwesend waren; c\as waren "mehr als 300
Bischbf<:" E~E7tapxt&v„.liaAµmias;, LtcrKias, na~v?vi~v, NmptK~U„. (Af!ologia c!?ntr~Aria?ZOS
1; PG 2), 249 A) hzw. "mehr als 400(!}' „. a7to 1:0lv navvovtmv, Kat NmptKou, Kat Ltcr:cms;,
liaA.µmias;„. (Historia Arianorum ad monachos 28; PG25, 725 A; vgl. A.L. FEDER, Studien,
64 ff.). Aus dieser Etwiihnugen ist anzunehmen, daB in Serdica auch Noricum vertreten
war; weil im Teilnehmerverzeichnis Aprianus von Poetovio als pannonischer Bischof auftrat

328
Christianisierung des Nordadria- und Westbalkanraumes im
4. Jahrhundert

(in Rimini 359) versammelten Bischofen des Westens mehr als nur 8 Bischofe
aus dem behandelten Gebiet befanden, obwohl der bei weitem i.iberwiegende
Tei! sicher aus Italien, Gallien und Afrika gekommen ist. Wahrscheinlich entstanden
in dieser Zeit auch drei Bischofssitze, die das erste Mal in den Akten des Konzils
von Aquileia 381 auftauchen: Emona auf dem aul$ersten nordostitalischen Gebiet,
Iader in Dalmatien und das pannonische Iovia('), dessen Lokalisierung strittig
ist 1rn Bedeutende kirchenorganisatorische Bestimmungen der Konzile (z.B. des
Konzils von Serdica) wurden nicht ganzlich ausgefi.ihrt und die erzbischofliche
Organisation, die theoretisch schon das Konzil von Nicaea vorhersah und das
Konzil von Serdica weiter ausbaute, wurde in Westillyricum zu jener Zeit noch
nicht verwirklicht 119 •

IV. Der Sieg des orthodoxen Christentums iiber heterodoxe christliche Gruppen
und das Heidentum

A. Die Religionspolitik der Kaiser Gratianus und Theodosius und das Konzil
von Aquileia 381

Die rund zwei Dezennien lange Periode der Toleranz gegeni.iber dem
Heidentum und den heterodoxen christlichen Gruppen endete mit dem Auftritt
der katholisch gesinnten und tief glaubigen Kaiser Gratianus (375-383 herrschte
er auch in Illyricum und in Italien, wo bis 392 forma! zwar sein minderjahriger
Bruder Valentinianus II. die Macht innehatte) und Theodosius I. (379-395; in

(Aprianus de Petabione Pan11oniae; Co11cilii Sardicensis ad Mareoticas ecclesias epistola;


PL 56, 852 A), ist es moglich, daS in Serdica noch ein anderer Bischof aus Noricum anwesend
war und daS ein norischer Bischof (oder Bischofe) noch spiitcr Athanasius untersti.itzte(n).
Weil die Tenninologie in den Qucllen teilwcisc falsch und anachronistisch ist (in allen drci
Verzeichnissen steht NoriCl1m im Sing.), kann man dicscn Bischof nicht genauer lokalisieren.
Weil EUGIPPIUS, Vita s. Severi11i (Ph. Rcgerat, SC 374, 1991, 309) die Bezeichnung Norirnm
immer fi.ir Noricum mediterraneum brauchtc, scheint uns dic Lokalisicrung dieses
Bischofssitzes in die si.idliche norischc Provinz sinnvoll. Dic zwci letzten Provinzverzcichnisse
bei Athanasius e1wiihncn auf katholischcr Seite auch einen Bischof (Bischofc?) aus Dalmatien
(in Serdica nicht anwesend; der Bischof Maximus von Salona war Arianer!). Die Eiwiihnungen
der Provinzen Tla:vvovicov (Pl.) uncl I:tcrKim; hei Athanasius simi fast glcich wie im
Originalverzeichnis hei den Bischofen von Sirmium (Ettterius a Pamwniis) und Siscia
(Marrn,1· a Savia de Siscia; vgl. R. BRATOŽ, Dic Entwicklung, 154; 171 f.). Die Existenz von
Bischofssitzen im nordpannonischcn Bcrcich (Savaria und Sopianae) ist nicht gcsichert;
vgl. zuletzt E. TOTH, Das Christentum in Pannonien, 245 Anm. 8.
11s Acta concilii Aquileiensis; Nomina episcoporum; 59; 62; 64 ( CSEL 82/3, 325 f.; 361 ff.); zur
Frage der Lokalisierung clcs Bischofssitzes lovia vgl. R. BRATOŽ, Die Entwicklung, 174 f.
Anm. 53.
119 Vgl. kurz R. BRATOŽ, Die Entwicklung, 154 ff.; 195 (von den 15 nur dem Namen nach
bekannten Bischofen aus dem Balkanraum in der Zeit zwischcn 351 und 366 konntc cin
Teil aus Wcstillyricum stammen); dens., Dic Geschichtc, 536 ff. (mit wciteren Litcratur-
angaben).

329
Rajko Bratož

Westillyricum herrschte er tatsachlich nach dem Tod Gratians 383, forma! allerdings
erst nach dem Tod Valentinianus' II. 392). Die beiden Kaiser gingen einen offenen
Kampf gegen die heterodoxen Gruppen und das Heidentum mit dem Ziel ein,
die religiose Einheit auf der Grundlage der Rechtglaubigkeit flir den ganzen Staat
zu erlangen. Die entscheidende Rolle spielte dabei als Berater (und teilweise
Fbrderer) der kaiserlichen Religionspolitik Ambrosius von Mailand, wahrend die
Rolle anderer Bischofe (z.B. des Papstes Damasus und Valerianus von Aquileia)
geringer und zeitlich nur auf Einzelfalle begrenzt war 120 .
Die Handlungen Gratians gegen die heterodoxen Gruppen bedeuteten
zuerst eine Fortsetzung, dann aber eine Verscharfung der Politik Valentinians I.,
auf die sich der junge Kaiser berief121 . Der Kaiser widmete sich den Verhaltnissen
in Illyricum schon zur Zeit seines Aufenthalts im Lande im Sommer 378; vom
August 378 bis zum Fri.ihsommer 379 residierte er vor allem in Sirmium, von wo
er sich i.iber Aquileia (Anfang Juli 379) nach Mailand (von Ende Juli 379 an)
begab 122 • Bei der in diese Zeit datierbaren Zusammenkunft mit Ambrosius (schon
in Sirmium im Sommer 378 oder erst in Mailand im August 379?)1 23 erlebte der
junge Kaiser eine conversio, d.h. die Vertiefung seiner rechtglaubigen Gesinnung.
Der Mailander Bischof war etwas frliher in die illyrische Metropole gereist, um
die Wahl des Katholiken Anemius zum Bischof der sonst vorwiegend arianischen
Stadt mit dem arianischen Kaiserhof (die Mutter Valentinians II. Justina) zu
untersti.itzen 121 . Kurz danach (oder in Verbindung mit der Neuwahl?) wurde in

120 Umfangreichere Ubersichten i.iber die Epoche (in Auswahl): E. STEIN, Histoirc 1, 183 ff.; A.
PIGANIOL, L'cmpirc, 221-299, insbes. 237 ff.; 246 ff.; J.R. PALANQUE - G. BARDY - P. de
LABRIOLLE, Storia 111/1, 353-378; K. BAUS - E. EWIG, Dic Reichskirche nach Konstantin dem
Grosscn (Handbuch der Kirchengeschichte 2), Freiburg im Breisgau 1971, 61 ff.; G. GOTTLIEB,
Ambrosius von Mailand 1111d Kaiser Gratian, Hypomnemata 40, 1973; ders., Gratianus,
RAC 12, 1983, 718-732; W. ENSSLIN, Valentinianus II., RE VII ,A,2, 1948, 2205-2232; A.
LIPPOLD, Thcodosius I., RE Suppl. 13, 1973, 837-961; ders., Theodosius der Grofle zmd sci11c
Zeit, Mi.inchen 1980 (2. Aufl.);]. MATTHEWS, Wcstcm Aristocracics and lmpcrial Court
11.D. 364-425, Oxford 1975; Ch. PIETRI, Roma Christiana 1, 729 ff.; A. PARED!, Ambrogio,
Graziano, Teodosio, AAAd 22, 1982, 17-49; A. DEMANDT, Die Spatantike, 124 ff.
121 K.L. NOETHLICHS, DicJJ.eSelzJJ.ebcrischcnMa/~llahmcn, 99 ff.; G. GOTTLIEB, Ambrosius, 51-
71; ders., Gratianus, Ti.S. ·
122 Zur Chronologie der Regicrung Gratians in dieser Zeit vgl. O. FALLER, Prolegomena in
CSEL 79, 1964, 8*-14*; zu den politischen und kirchlichcn Verh~iltnissen in Illyricum in
dieser Zeit G. GOTTLIEB, Ambrosius, 12-25.
123 Zur komplizierten Frage der Chronologie der Kontakte des Ambrosius mit dem Kaiser (es
geht um clie Frage cler Datierung cler Traktate De fidc uncl De .'ijJiritu sancto sowie cler
anfanglichcn Korresponclenz zwischen dem Bischof uncl dem Kaiser), auf clie wir nicht
cingchen, vgl. O. FALLER, Prolcgomena, 5*-17*; G. GOTTLIE!3, Ambrosius, 10 ff. (mit cler
Daticrung clcr ersten personlichcn Kontakte in clie Zeit vom Aug. 379 an); dens., Gratianus,
723 f. (mit der kritischen Vorstellung verschieclener Thesen); A. PARED!, Ambrogio, Graziano,
Tcodosio, 17 ff..
124 PAULINUS, \lita Ambrosii 11, 1 (Bastiaensen 66): Sirmium vero cwn ad ordina11dum cpisco-
pum A11cmium pcrrcxisset ibiquc lusti11ae t1111c tcmporis reginac potcntia et multitudine
coadunata de ecclesia pelleretw; ut 11011 ab ipso, sed ah haereticis arrianus episcopus in
cadcm ecclesia ordinarctur... (vgl. Anm. 96, S. 323); zur arianischen Haltung Iustinas vgl.
auch SULPICIUS SEYERUS, Dialogi 1(2), 5,5(CSEL 1, 186) uncl SOCRATES, Hist. cccl. 5,11
(PG 67, 596) .

330
Christianisierung des Nordadria- und Westbalkanraumes im
4. Jahrhundcrt

der Stadt eine Synode einberufen, auf der sechs nur dem Namen nach bekannte
arianische Bischofe abgesetzt und die neue Forme! des Glaubensbekenntnisses
promulgiert wurde. Die Synode, Liber die eine sehr unklare und strittige Uber-
lieferung besteht, brachte einen bedeutenden, jedoch noch nicht entscheidenden
Sieg l.'tber den Arianismus in Illyricum 125 . Ann~ihernd zur gleichen Zeit gelang
Ambrosius auch clie Absetzung des proarianisch gesinnten Bischofs von Salona
Leontius. Obwohl dieser sp~iter vam Papst Damasus rehabilitiert wurde, konnte
er nicllt im Bischofsamt inthronisiert sein; im Gegenteil, auf der Synode von
Aquileia 381 traf ihn die wiederholte Absctzung 126 . Nicht nur auf die Verhiiltnisse
im Osten, sondern selu wahrscheinlich auch in Illyricurn, bezog sich der sag.
Tomus Damasi, der auf cler Synocle von Rom Ende 377 oder Anfang 378 bestMigt
wurde, mit der Verurteilung aller damals aktuellen Hiiresien, auch solchen, die
(vor allem) in Illyricum verbreitet waren. Die scharfe arianische Ablehnung der
im Tomus vorgeschriebenen Glaubensfonnel, die auf der Forme! der sirmischen
Synode 378 basiert, weist darauf, dag das Dokument auf die Regelung der
religibsen Zust~inde in Illyricum zielte 127 •
In die Periode der intensiven antiarianischen Tiitigkeiten in Illyricum
fallt die Katastrophe der rbmischen Armee unter dem Arianer Valens in der Schlacht
bei Adrianopel am 9. Aug. 378, deren Ausgang und deren Folgen Gratian, ebenso
wie viele rechtglaubige Zeitgenossen, als eine Strafe Gottes l.iber den arianischen
Kaiser verstanden hat 128 . Nach der Schlacht erkl~irte Gratian, damals (bis zum

125 T!-!EODORETUS, Hist. ccc!. 4,8-9(PC82, 1137-1141 hzw. CCS19, 220-227, mit den Namen
der abgesetzten Bischofen am Ende). Vgl. M. SIMONETI!, La crisi ariana, 439 ff. (der die
Synode indic Zeit 377/78 datiert); R. GRYSON, Scolics aric1mcs(Jntroduction), SC267, 107-
121 (mit dcr Datierung im]. 378); kurz auch Y.M. DUVAL, Aquilcc ct Sinnium, 369 ff.
126 Vgl. Anm. 91 (S. 322); Ch. PIETill, Roma Christiana !, 783 f.; Y.M. DUVAL, Aquilce et
Sirmium, 376 f.
121 A. HAHN, Bibliotbch dcr Symbolc wid Claubc11srcRcl11 dcr /lftcn Kirc!JC, Brcslau 1897, 271-
275 bzw. H. DENZINGER - A. SCHONMETZER, Eucbiridion svm.boloru 111, Barcelona 1973 25,
68-70. Dar~ die Damasus-Formcl die Grundlage flir die S);nodalhcschltissc von Sinnium
378 war, beweist Palladius mit seiner scharfcn Kritik der blasfcmia (se. lJamasi) aput
Sinniu.m co11ji'rma11da, dic auf einer cxpositio libcllo i11scrta hasierte (Scbolia /lrria11a 83
(128/9j in CCSL 87, 189 f. hzw. SC 267, 310 ff.; vgl. R. GRYSON, Introduction, ibid„ 115-
120). Unter den in 24 Anathemismen verurteilten 1-liiresien hefinden sich auch solchc, c\ie
in lllyricum sicher aktuell waren: Patripassianismus (Sabcllii crror. c. 2), Arianismus (c. 3)
und Photinianismus (c. 5.). Die Meinung, dag dcr TomusDamasisofort im Westcn, insbcs.
in Sirmium, in Kraft trat, iiuBertc Y.M. DUVAL, Aquilce et Sinnium, 369 f.; zum Dokument
vgl. Ch. PIETRI, Roma Cbristia11a /, 873-880 (mit der Datierung in c\as jahr 377).
12s Ambrosius bczcichnete das Ercignis als pc1fldiac alic11ac poc11a (JJc Jldc 2, 139; CSEL 78,
106) und machte dic Hiirctiker schuldig flir dic katastrophale Lage in den Donauprovinzcn
(No1mc de Tbraciac partibus pcr ripc11scm Daciam ct MJisiam. om11cmquc Valcriam
Paimoniorum totum illum Umitem sacrilcgis pariter uocib11s ct barbaricis motibus audiuimus
inborrcutcm?; lJc fidc 2, 140, ibid.), worauf die arianische Scite reagierte ( „. quod ct tu, o
/lmbrosi, fccissc co11probaris, ctiam 11astatio11cm barbarac incursionis 11obis aplica11s„ .;
Scbolia /lrriana 11 (13J in CCSL 87, 152 hzw. SC267, 214); vgl. auch OROSI US, Hist. adv.
pagauos 7,33, 13-19 ( CSEL 5, 519 ff.). Zum Ereignis zulctzt M. SPRINGER, Novi odgovori in
stara vprašanja o bitki pri Adrianoplu (Neue Antworten und alte Fragcn um die Schlacht
von Adrianopcl), ZČ 48, 1994, 433-442.

331
Rajko Bratož

Januar 379) als tatsachlich einziger Henscher des Reiches, die religibse Toleranz
for alle haretischen Gruppen mit Ausnahme der Eunomianer, Photinianer und
Manichaer 129 . Auf den Inhalt des Gesetzes hatten sicher die Verhaltnisse nach der
Niederlage gegen die Goten, aber auch die regionalen Gegebenheiten EinfluK
Der Kaiser verbot namlich neben Eunomianern (fast ausschlie!Slich im Osten)
auch Photinianer (verbreitet vor allem in Illyricum) und die Manichaer, die vor
allem im Osten, aber auch im Illyricum verbreitet waren. Weniger als ein Jahr
spater widerrief er ein in Sirmium erlassenes Reskriptuo und ersetzte es in Mailand
durch ein neues, weit scharferes Gesetz gegen theoretisch alle heterodoxe Gruppen
(die allerdings nicht aufgezahlt sind), ausdri.icklich gegen die Donatisten 131 . Nach
diesem Gesetz ging die Initiative in der Haretiker- und Heidengesetzgebung fast
zur Ganze auf Theodosius i.iber 1j 2 . Die schwerste kirchenpolitische Prage im
Westen - noch immer existierender Arianismus in Illyricum - befa!Ste den Kaiser
in den darauffolgenden Jahren 380/81, als nach der Katastrophe von 378 und
nach den chaotischen Verhaltnissen in den Donauprovinzen 379 das Gotenproblem
durch gemeinsame militarische Aktionen der beiden Kaiser mit Erfolg beherrscht
wurde. Die geistige Grundlage dafi.ir schuf Ambrosius mit den dem Kaiser
gewidmeten Schriften De fide und De spiritu sancto, die die bis damals im Westen
gri.indlichste Auseinandersetzung mit dem Arianismus (verschiedener Richtungen)
brachten ljj.

129 SOCRATES, Hist. eccl. 5,2,1 (PG 67, 568); SOZOMENOS, Hist. eccl. 7,1,3 (GCS 50, 302);
THEODORETOS, Hist. eccl. 5,2 ( GCS 19, 278 f.); vgl. K.L. NOETHLICHS, Die gesetzgeb.
Majs11ahme11, 102 f.; G. GOTTLIEB, /lmbrosius, 71 ff. ·
130 Der Inhalt des Reskriptes von Sirmium (s. n~ichste Anm.) ist nicht bekannt. Sehr wahr-
scheinlich ist das Reskript nicht mit dem ToleranzerlaB vom Herbst 378 identisch, der
wahrscheinlich zur Zeit des Aufenthalts Gratians in Konstantinopel nach der Schlacht von
Adrianopel veroffentlicht wurde. Vgl. K.L. NOETHLICHS, Diegesetzgeb. Majsnahmen, 298 f.
Anm. 618; G. GOTTLIEB, /lmbrosius, 75 ff; dens„ Gratianus, 725 f.
131 CT 16,5,5 (3. 8. 379): Omncs vctitae legibus et divinis ct impcrialibus haerescs pe1petuo
co11quiesca11t ... Denique a11tiq11ato rcscripto, quod apud Sirmium 11uper emersit, ca tantum
super catholica observatione perma11cant, quae percmzis recordationis pater 11oster et nos
ipsi vict11ra in acternttm aeque 11umerosa iussione mandavimus. Vgl. K.L. NOETLICHS, Die
gesetzgeb. Mafs11ahmc11, 104-107; G. GOTTLIEB, /lmbrosius, 52 ff.; dens„ Gratianus, 728 f.
(mit der Meinung, daB clas Gesetz noch keinen ausdri.icklichen EinfluB Ambrosius' beweist).
132 Gratian ist sp~iter (Ende 382) unter dem EinfluB Ambrosius' und Damasus' gegen das
heiclnische Priestertum in Rom vorgegangen CR. KLEIN, Der Streit um de11 Victoriaaltar,
Darmstadt 1972, Quellenausgabe u. Kommentar), 383 scharf gegen diejenigen, die von der
RechtgHiubigkeit in das Heidentum, zu den Juclen oder zu den Manich~lern abgefallen
waren (CT 16, 7,3; vgl. K.L NOETHLICHS, Die f!.esetzP,eb. Majsnahmen, 108 ff.; dens„
Heidenverfolgung, 11 S9; kurz G. GOTTLIEB, Gratianus, 727); zum Phiinomen cler Apostasie
vgl. K. ROSEN, Ein Wanderer zwischen zwei Wcltcn. Carmen ad queitdam se11atorem ex
Christiaua reliP,io11e ad idolorum seivitutem co11versu111, in: Klassisches /lltertum „. (Festschr.
II. Lippold), 393-408, bes. 401 ff.
133 Ausg. v. O. Faller in CSEL 78 Cl 962) und 79 Cl 964). Zur Frage cler Chronologie cler Kon-
takte des Ambrosius mit dem Kaiser und der Abfassungszeit der Schriften (wahrscheinlich
crst 380/81) vgl. G. GOTTLIEB, /lmbrosius, 26-50.

332
Christ1anisierung des Nordadria- und Wcstbalkanraumes im
4. Jahrhundert

Die Religionspolitik des Kaisers Theodosius, beginnend mit dem


beri.ihmten ErlaJ?, gegen Haretiker vom 28. 2. 380 1.1 1 , bedeutet, wenn man nach
der Zahl der MaBnahmen gegen Haretiker und Heiden schlie8t, den eigentlichen
Gipfel in der Bemi.ihung um die religiose Vereinheitlichung des Reiches aufgrund
des Glaubensbekenntnisses von Nicaea. Seine Gesetze gegen die Haretiker aus
der fri.ihen Periode (bis 383) bezogen sich forma! auf den Osten, doch ist eine
gewisse Dbereinstimmung mit der Religionspolitik Gratians im Westen, die
unmittelbar die Entwicklung in Italien und Westillyrirnm beeinflufSte, bemerkbar.
Theodosius' strenges Verbot des Photinianismus, Arianismus und des sog.
Neuarianismus vom Januar 381 - die Tonung des Gesetzes weist auf die
Ve1wendung der in polemischen Schriften i.iblichen scharfen Ausdri.icke 135 - stimmte
so inhaltlich mit der (flir die gesamte Kirche gi.iltigen) Verurteilung der drei
schon erwahnten (und zahlreichen anderen) I-Iaresien auf dem zweiten
okumenischen Konzil von Konstantinopel im Mai 1.l 6 und mit der Verurteilung der
in Illyricum noch immer aktuellen I-I~iresien der Arianer und Photinianer auf dem
Konzil von Aquileia Anfang September des gleichen Jahres i.iberein 137 . Die

134 CT 16, 1,2 bzw. CI 1, 1, 1; dazu P. BARCEL6 - G. GOTTLIEB, Das Glaubensedikt des Kaisers
Theodosius vom 27. Februar 380: Aclressaten uncl Ziclsetzung, in: Klassisches illtertum„.
(Festschr.11. Lippold), 409-423; kurz auch G. EGGER, Das Edikt des Kaisers Theodosius von
380 uncl clas Encle der konstantinischen Religionspolitik, Echo. Beitrage zt1r ilrchaologie
des mediterranen und alpi1wn Rawnes. Festschr . .f.B. Trentini. hmsbrucker Beitrage zur
Kulturwissemchajt 27, 1990, 99-103.
135 CT 16,5, 6 (10. l. 381) bzw. CI 1, 1,2 (jedoch mit Auslassung der clrei unten angeflihrten
H;iresien). W;ihrend im Gesetz von Feb. 380 clie Hiiresien nur allgemein bezeichnet wurden
( „. reliquos vero dementes vesa11osq11e iudicantes haeretici dogmatis infamiam sustinerc
nec conciliabula eorum ecclesiarwn 11omcn accipere„.), ging Theodosius in cliesem Gesetz
mit scharfsten Ausdriicken gegen clrei Hiiresien ( „.Fotinia11ae labis contaminatio, ilrriani
sacrilegii ve1w11wn, Ewzomianae pe1jldiae crimcn et nefa11da monstruosis nominibus
auctorum prodigia sectarum„ .) var; in der Fortsetzung hezeichnete er clie Rechtgliiubigkeit
mit den Ausdriicken Nicaena Jldes, catholica religio, vera rcligio, catholica ecclesia (im
Gesetz vom 28.2.380 Christia11orum catholicorum namen). Vgl. K.L. NOETHLICHS, Dic
gesetzgcb. Ma:fsnahmen, 133 f.; A. LIPPOLD, Theodosius l„ 852 f.; 956; dens„ Theodosi11s d.
Gro.fse, 24 f.
136 Can. 1 (Verurteilung aller Haresien, insbes. der folgenden: Eunomianer oder Anom;ier,
Arianer oder Eudoxianer, Semiarianer oder Pneumatomachen, weiter Sabellianer,
Marcellianer, Photinianer uncl Apollinarier); can. 7 (die Beclingungen fiir die Wiederaufnahme
der H;iretiker in die katholische Kirche; genannt wurden auch Sabbatianer, Novatianer
oder Katharoi, Quartodecimaner, Montanisten). Vgl. Ch.J. HEFELE, Histoirc des Conciles 11,
Paris 1908, 20 f.; 35 ff. Alle genannten Gruppen uncl die Manich;ier bat auch cler Kaiser mit
seiner sp;iteren antih;iretischen Gesetzgebung verfolgt (CT 16,5, 7-24; K.L. NOETHLICHS,
Die RestezRcb. Mafsnahmen, 134-165).
137 Der Protokol! und die hegleitenden Briefc an die Kaiser sind zuletzt veroffentlicht in: Gesta
concilii l1qt1ileiemis. SANCTI AMBROSII Opera X (Epist. et acta T. JI[) rec. M. Zelzer, CSEL
82/3, 1982, 313-368, s. auch Epist. extra col/ectionem 5und 6(ibid„ 182-190). Arianische
kommentierte Fassung der Konzilsakten: Scholia ilrriana in concilium ilquileiense, ed. R.
Gryson, CCSL87, 1982, 147-196 (= SC267, 1980, 203-327). Neuere Lit.: G. GOTTLIEB, Das
Konzil von Aquileia (381), l1111111arium historiae conciliorum 11, 1979, 287-306; iltti del
colloquio intemazionale sul co11cilio di ilquilcia del 381, 111111d 21, 1981; G. CUSCITO, II
concilio di Aquileia (381) e le sue fanti, 111111d 22, 1982, 189-253; ders„ Fede e politica ad
ilquileia, 47-75; Y.M. DUVAL, Aquilec et Sirmium, 372-377.

333
Rajko Bratož

Durchflihrung der Beschli.'tsse beider Kirchenversammlungen garantierten auf


Bitte der Konzilsvater die Kaiser selbst 138 . Das Resultat des Konzils von Aquileia
war damit die staats- und kirchenrechtlich erreichte religiose Einheit auf dem
gesamten Regierungsgebiet Gratians , nach den Worten der in Aquileia
versammelten Bischofe a Tbracorum claustris usque ad Oceanum, die zeitlich
mit den gro/Sen Erfolgen der katholischen Partei im Osten zusammenfallt 139 .
Diese MaBnahmen im Jahr 381 bedeuteten den eigentlichen Beginn
der Verfolgung fi.ihrender Haresien im ganzen Reich. Theodosius verfa/Ste bis
384 eine Reihe von antiharetischen Gesetzen 110 , dann aber folgte wegen veranderter
politischer Verhaltnisse in seiner antiharetischen Bemi.ihung eine langere Pause
(bis 388).

B. Magnus Maximus und dessen Fali

Im Jahre 383 usurpierte in Britannien Magnus Maximus, ein Katholik


spanischer Herkunft, der nach der Ennordung Gratians die gesamte gallische
Prafektur beherrschte. Im Jahre 387 de hnte er seine Herrschaft i.iber ltalien aus -
Valentinian II. floh mit dem Hof i.iber Aquileia nach Thessalonike -, im nachsten
Jahr drang er nach Westillyricum vor. Im kurzen Krieg zwischen Maximus und
Theodosius im Westillyricum wurde Maximus in den Schlachten bei Siscia und
Poetovio hesiegt und - nach begeistertem Empfang Theodosius' im Emona und
seinem unbehinderten Ubergang i.'tber die Alpensperren - vor Aquileia
gefangengenommen und hingerichtet 111 .

t3H Vgl. G. GOTTLIEB, Das Konzil von Aquilcia, 291; R. GRYSON, lntroduction, SC 267, 122 ff.
139 AMBROSIUS, Epist. extra collectio11em 6,3 ( CSEL 82/3, 188): Per omnes atttem tracttts atque
reJJ,iones a Tbracorttm claustris usque ad Oceanum ma11et intemeratajldelittm atque una
comnumio. /11 orientalibus autem partibus cognovimus quidem summo gaudio atque laetitia
eiectis /lrrianis, qui ecclesias violenter invaserant, sacra dei templa per so/os catholicos
ji-equentari.
140 K.L. NOETHLICHS, Di<JJJ,CSCtZJJ,Cb. Mafs11ahme11, 162 ff.; A. LIPPOLD, Thcodosius I„ 957 f.; N.
BROX, H;irc sic, RAC 13 , 1980, 281 f.
141 Zur Usurpation dcs Maximus s. M. SORDI, Magno Massimo c l'Italia scttcntrionalc, /IA/ld
22, 1982, 51-65. Ubcr dcn Kricg 388 mit zwci Schlachtcn im W cstillyricum und dem Dbcrgang
i.ibcr dic Alpc nspcrrcn bis Aquilcia bcrichtc n Pacati panegyricus 34-36 (Myn o rs 109-111);
AMBROSIUS, Epist. 74 (= Extra coli. 1 a) (kfattr. 40), 22-23 ( CSEL 82/3, 67 f. = 172 f.);
ZOS IMUS 4,46(Paschoud 11,2, 3 14 f.; 442 ff.); dic andcrcn Quellen bci]. ŠAŠEL, Clattstra
Alpium Ittliarum 1, Ljubljana 1971, Nr. 12, 14,24,31,41,46 und R. BRATOŽ, Die antike
Gcschichtc dcs Gebietes zwischcn Donau und Adria in den Vorstellungen der mittel-
altcrlichcn Autorcn, in: Ethnogcuese und Oberlicferullg (Hg. K. Brunner u. B. Me tta), Wicn-
Mi.inchen 1994, 285. Lit.: J. KLEMENC, Teodozijev pohod proti Maximusu iz Siscijc do
Pctovija (Thcodosius' Marsch gcgcn Maximus von Siscia bis Poetovio), ZČ6-7, 1952/3, 78-
88; D. HOFFMANN , Das spatr6miscbe Bewegttngshccr ttnd die Notitia dignitatttm 1, Di.isseldorf
1969, 476 ff. ; L. VAnADY, Das letz te]ahrhu11dert Pa1111011ie11s (3 76-476), Buclapest 1969, 58
ff.; Y.M. DUVAL, Aquilcc sur la routc (wic in Amn. 51), 262 ff. Zur Religiosnpolitik Maximus'
]. ZIEGLER, Zur rcligi6sell Haltwtg, 74-85; K.L. NOETHLICHS, Dic f!.CSetzgeb . Maflnahme11,
119-121; S. ELBERN, Kirchc und Usurpation. Das Verhalten (Anm.-51), 27 ff.

334
Christianisierung <les Nordadria- und Westbalkanraumes im
4. Jahrhundert

Auf die religiose Lage im Westillyricum und im nordostlichen Italien in


dieser Zeit beziehen sich drei Berichte. Maximus protestierte im Fri.ihling
(wahrscheinlich im April) 386 in einem Brief an Kaiser Valentinianus II. wegen
seiner proarianischen Politik. Dabei zielte er auf die Gewalt gegen die katholischen
Kirchen sowie auf die Opfer unter den katholischen Klerikern, was alles nicht
nur in Mailand (kurz vorher zur Osterzeit Ende Marz), sondern laut des Briefes
allgemein in seinem Herrschaftsgebiet (in partibus tranquillitatis tuae ... catholicae
legis turbatio atque conuulsio) geschehen sei 112 . Der Tonfall dieses Briefes aus
der Zeit unmittelbar nach den Unruhen in Mailand ist propagandistisch. Der
Kaiser, der sich bei der katholischen Seite um die Gunst vor dem Einmarsch nach
Italien bemi.ihte, versuchte nati.irlich, Valentinianus II. moglichst schlecht zu
machen. Es ist durchaus moglich, daB es tatsachlich auch nach 381 im Westillyricum
(und nicht nur in Mailand, wo der Fali sehr gut bekannt ist) 111 zu vereinzelten
Ubergriffen gegen die katholische Kirche kam, doch der Brief i.ibermittelt keine
konkreten Berichte und auch keine sichtbare Anspielung darauf 111 . Den
Hauptanimator der antikatholischen Bewegung in dieser Zeit muB man nicht nur
in der Kaiserinjustina suchen, sondern vor allem im Kreis der arianischen Kleriker
in Mailand (seminarium ... impietatis atque perfidiae), dessen Anhanger der
arianische Bischof von Mailand Auxentius und die Anhanger des nach 381 in
Mailand lebenden poetovienser Bischofs Julianus Valens waren 115 .

142 Epistola Maximi tyramzi ad Ualenti11iaizum /lug., Collectio /Ive/lana 39 ( CSEL 35/1, 88-90):
... audio enim ... 11ouis clementiae tuae edictis ecclesiis catholicis uim illatamjitisse, obsideri
in basilicis sacerdotes, mu/tam esse propositam, poe11am capitis adiectam et legem
sanctissimam sub nomi11e nescio cuius legis euerti. Vgl.]. ZIEGLER, Zur religi6sen Haltzmg,
81 f.; K.L. NOETHLICHS, Die gesetzgeb. Majsnahmen, 120; zu Zeit und UmsUinden des
Briefes W. ENSSLIN, Valentinia.nus !( REVII A,2, 1948, 2221.
143 Es geht um den sog. Kampf um die Basiliken in Mailand (nach dem ToleranzerlaB fi.ir die
(Semi)arianer; CT 16, 1, 4 am 23. l. 386) von Februar bis April, mit dem Hohepunkt Ende
Marz; vgl. AMBROSIUS, Epist. 75; 75a; 76 (Maur. 21; 20); CSEL 82/3, 74-125; J.R. PALANQUE
- G. BARDY - P. de LABRIOLLE, Storia 111/2, 735 ff.; W. ENSSLIN, Valentinianus II, 2218-2221.
144 Magnus Maximus behauptete, das im gesamten Westen - in seinem Herrschaftsgebiet und
im Bereich des Valentinianus II. - die Rechtgbubigkeit definitiv gesiegt hat, nur in Illyricum
seien noch immer Schwierigkeiten gewesen, wobei er gerade Mursa als Symbol des
illyrischen Arianismus genannt hatte Utalia omnis atque Aji·ica boe sacramento credunt;
hac fide gloria11tur Gallia, Aquita11ia, onmis Hispa11ia, Roma ipsa ue/lerabilis, cuius etiam
in hac parte prillcipatus est ... so/um disse1Ztiebat Illyricum. Uti11am quod errasset non extaret
exemplumi uti11am illud i11colume /lrrianae legis A1ursi11ense oppidum permaneret ... (Epist.
Maximi 4). .. Unde aequum admodum est, ne sa/lcto numini dicata conuellas, Jtaliam
omnem et ue1Zerabilem Romam ceterasque prouillcias suis ecclesiis, suis sacerdotibus reddas
neque te medius interseras, cum Jas sit iustius, qui a catholica ecclesia /lrrianorum
interpretatione discesserint, errorem suum uera religione mutarc quam rccte sentientibus
suam inmittere prauitatem (Epist. Maximi 8; CSEL 35/1, 90).
145 Julianus Valens, i.iber den wir nach 381 keinen Bericht haben, hat damals in Mailand
Gesinnungsgenossen um sich gesammelt ( illicitis ordinationibus consimiles si bi social ... ;
Gesta concil. Aquil. 10,9-10; CSEL 82/3, 322 f.); vgl. R. EGGER, R6mische Antike wzdfriihes
Christentum 1, Klagenfurt 1962, 36-44; M. MESLIN, Les /lriells, 66 f.; J.R. PALANQUE - G.
BARDY - P. de LABRIOLLE, Storia lll/1, 354; 370. Zu seinem Kreis geh0rten vor und im]ahre
381 auch der Presbyter Attalus (lulianus Valens wird als sein magister bezeichnet) und der
Bischof Agrippinus (episcopus suus in bezug auf Attalus!), dessen Provenienz

335
Rajko Bratož

Die zwei weitere n Berichte beziehen sich auf den Krieg im Sommer
388. Nach der Niederlage und dem Ri.ickzug des Heeres von Maximus sollten
den Kaiser Theodosius im Sommer 388 in Emona die lokalen Wi.irdentrager (lihera
nohilitas, compicui veste nivca scnatorcs) und heidnischen Priester (rcvcrendi
municipali purpura Jlamines, insignes apicihus sacerdote::,) empfangen. Der
groSartige Empfang des Kaisers war aber eigentlich eine grofše Feier im
heidnischen Geiste 116 . Die lokale christliche Gemeinde unter der Fi.ihrung des
rechtglaubigen Bischofs Maximus wird i.iberhaupt nicht erwahnt. Es gibt fi.ir
Abwesenheit der Christen beim Empfang des Kaisers verschiedene Gri.inde. Die
"Christianisierung" der Siegesfeier verlief im Westen sehr langsam, und erst die
Feiern nach der Schlacht am Frigidus 394 verliefen vollig im christlichen Sinne,
als Gedenkmesse des Bischofs (bzw. der Bischofe) (oblatio et gratiarum actio
pcr sacerdotes ... sacrificium) in der (den) Kirche(n) 117 . Flir den vollig heidnischen
Charakter di.irfte die Berichterstattung des heidnischen Autors verantwortlich sein
- auch der Triumphzug des Theodosius in Rom 389 hatte durch ihm einen vollig
heidnischen Charakter -, sie konnte allerdings auch auf die Ubermacht der lokalen
heidnischen Aristokratie in der Stadtverwaltung oder auf die absichtliche
"Abstinenz" der Christen bei der heidnisch gepragten Feier zuri.ickgehenM8 .

unhekannt hleiht (/leta co11cil. Aquil. 44-45, CSEL 82/ 3, 322 f.; 353 f.). Das Schicksal dieser
Leute flinf Jahre nach dem Konzil von Aquileia ist nicht bekannt; allerdings ist es moglich,
daS sich diese Leute um den arianischen Hof und um den arianischen Bischof in Mailand
scharten.
146 Pacati pancf!.. 3 7,3-4 (Mynors, 111 f.): ... Fcrcbant se obuiac tripudiantium cateruae, cunc-
ta cantu ct crotalis pc1:rn11abant„. Q11id (se. refcram) portas uirentibus scrtis coronatas?
Quid aulacis undantcs platcas accc11sisqucjimalibus auctum dicm?„. Vgl. F. GRINDA, Der
PancJ!.yrikus dcs Pakatus au/Kaiscr Tbcodosius, StraSlmrg i.E. 1916, 69; zu den zivilen und
sakralen Wtirdentdgern in Emona vgl. J. ŠAŠEL, Opera sclccta, 574, Zlim rechtlichen und
sozialen Status in der Sp;itantike H. HORTSKOTIE, Heidnische Priester;imter und Dekurionat
im vierten Jahrhundert n. Chr., in: Rcligio11 und Gescllschaji in dcr romischen J(aiscrzeit
(Hg. W. Eck), Koln-Wien 1989, 165-183 ..Zu der Adventus-Szene in Emona vgl.J. GAGE, Les
c!a.,:~cs sociales dans !'Em.pire romain, Paris 1971, 347.
147 M. McCOHMICK, Etemal victor)'. Trium.phal rnlership in late autiquity, Byzautium, and the
carly mcdicual West, Cambridge 1990, 100-109; der erste bekannte Fali ciner Priisenz von
Bischofcn bei den Siegesfeiern ist in Antiochia 343 Zli Ehren des Constantius II. belegt, im
Westen aber erst durch Amhrosius fi.ir Herbst 394 (s. Anm. 169, S. 341); wr Frage allgemein
S. MacCORMACK, Change and Continuity in Late Antiquity: The Ceremony of Adventus,
Historia 21, 1972, 721-752, insbes. 742 ff.
148 Dher den ideologischen Ausgangspunkt cler Quclle A. LIPPOLD, Herrscherideal und
Traditionsvcrhundenheit im Panegyricus des Pacatus, Historia 17, 1968, 228-250 und W.
PORTMANN, Geschichtc i11 der .\pata11tikc11 Pa11cgyrik, Frankfurt a.M. 1988, 57 ff. Es geht
um einen heidnischen Autor oder rein formalen Christen (A. LIPPOLD, I-lerrscherideal, 244
ff.), der geistig dcr heidnischen stadtromischcn Aristokratic in dieser Zeit nahestand. Da er
kein Intercssc fi.ir clie kirchlichen Strukturen zeigte, ist cine Eiw;ihnung der Christen in
Emona hei clieser Gclegenheit hei ihm nicht Zli e1warten. Pacatus' Bericht liber die Verfolgung
der Priszillianisten in Gallicn durch den Usurpator Maximus spiegelt seine scharfe Kritik
des zeitgenossischen orthodoxen Klerus wider (vgl. Pacati paneg. 29; Mynors 105). Zur
christlichcn Kritik der heidnischen Feste mit Musik uncl Tanzen vgl. R. MacMULLEN, Chris-
tia11izi11g (wie in Anm. 12), 74 ff.; 150 f.

336
Christianisierung des Nordadria- und Westbalkanraumes im
4. Jahrhundcrt

Nachdem am 28. August Maximus von der Armee Theodosius' vor


Aquileia gefangengenommen und hingerichtet wurde, wurde in der Stadt wahr-
scheinlich die Synagoge verbrannt. Das Ereignis, eine Reaktion der Siegesarmee
(und der Stadtbevolkerung?) auf die judenfreundliche Haltung des gefallenen
Usurpators, ist nur aus einem etwas obskuren Passus im Brief des Ambrosius aus
Aquileia (im Spatherbst 388 befand er sich dort wegen der Wahl des Chromatius
zum neuen Bischof) an den Kaiser (damal.'i in Mailand)11i 9 bekannt. Die damalige
antiji.idische Atmosphare in der Stadt spiegelt sich in den Predigten des neu
gewahlten Bischofs Chromatius wider 150
In der Zeit des Krieges gegen Maximus 388 und des Aufenthaltes im
Westen (bis zum Herbst 391) veroffentlichte Theodosius eine Reihe von Gesetzen
gegen die Haretiker 151 • Die Motivation fi.ir diese Gesetzgebung war politisch,
aber auch religios; der Kaiser konsultierte vor dem Zug gegen Maximus den als
Propheten geltenden Asketen Johannes von Lykopolis und wollte damit dem
Krieg eine religiose Note geben, obwohl der Gegner ein Katholik (wohl
kompromitiert wegen der judenfreundlichen Haltung) war 152 . Nach dem Sieg
verfafSte der Kaiser Anfang Mai 389 in Mailand, damals schon unter starkem
EinflufS d es Bischofs Ambrosius, e in scharfes Gesetz gegen die Eunomiani

149 Theodosius war mindestens bis zum 22. Sept. in Aquileia, von wo e r spiitestens am 10.
Okt. nach Mailand kam; vgl. A. L!PPOLD, Tbeodosius I„ 879 f.
150 AMBROSIUS, Epist. 74 (=Extra coli. 1 a)(Maur. 40), 8(CSEL82/3, 59 f. = 166) schrieb aus
Aquileia dem Kaiser im Zusammenhang mit der Brandschatzung der Synagoge in Kallinikos
(l. 8. 388): Hoc est, imperator, quod poposci et ego ut in me magis vindicares et hoc si
crime11 putares mihi ascriberes. Qttid mandas in absentes iudicium? Habe.1· praesentem,
habes co11fitentem reum. Prodam o quod ego svnagogam incenderim, certe quod ego illis
ma11daverim, ne esset locus in quo Christus 11egaretur. Si obiciatur mibi cur bic non
incenderim, divino iam cremari coepit iudicio, meum cessavit opus. Vgl. PAULINUS, Vita
Ambrosii 22, 1 (Bastiaensen, 80): Exti11cto itaque Maximo, posito Tbeodosio imperatore
Mediolani, Ambrosio vero episcopo comtituto Aquileiae .. „ Der Bischof von Mailand befand
sich damals - fast genau 7 Jahre nach dem Konzil - wieder in Aquileia ( „.me Aquileiae
posito„. ; Epist. extra coli. 1 (Maw·. 4 1), l; CSEL 82/3, 145), hochstwahrscheinlich anHiBlich
des Begriibnisses des Bischofs Valerianus und der Wahl des neuen Bischofs. Die
wahrscheinliche Brandschatzung der Synagoge von Aquileia fiel in die Zeit unmittclbar
nach dem Sieg Theodosius' liber Maximus, der als dem Judentum zugeneigter Herrscher
galt (Epist. 74 = Extra coli. la (Maur. 40), 23; ebd„ 68 f. = 173). Vgl. dazu L. CRACCO
RUGGINI, Ebrei e orientali nell'Italia settentrionalc fra il IV e il VI secolo d. Cr„ Studia et
Documenta Historiae et luris 26, 1959, 192 ff.; dies„ Ambrogio e le opposizioni anticattoliche
fra il 383 e il 390, AUJ!.llStiuianum 14 , 1974, 445 ff.; dies„ II vescov o Cromazio e gli Ebrei
di Aquileia, AAAd 12, 1977, 353-382; G. CUSCITO, Cromazio di Aquileia (388-408) e leta
sua, Aquileia 1980, 40 ff.; dens„ L'ambiente di cultura e di fecle nell'eta di Cromazio alla
lu ce della recente storiografia, AAAd 24, 1989, 9-26; S. TAVANO , Aquileia, 543; zur
Chronologie vgl. A. LIPPOLD, Theodosius I., 879 f. ·
151 K.L. NOETHLICHS, Dic gesetzgcb. Ma/gnabmen, 147-155; zu Aufe nthalt des Theodosius im
Westen vgl. A. LlPPOLD , Theodosius I„ 880-893.
152 AMBROSIUS, Epist. 74 ( = extra coll. 1 a) (Maur. 40), 23 ( CSEL 82/3, 68 f. = 173: "Nihil boni
httic imminet, rex iste ludaeusfacttts cst ... '). Auf cine Vertiefung der katholischen Gesinnung
bei Theodosius vor dem Krieg 388 zielt vor allem AUGUSTINUS, Civ. Dei 5,26 ( CCSL 47,
161: bic (se. Tbeodosius) ill a1tJ!.UStiis cttrarum suarum llOll cst lapsus ad curiositates
sacrilcgas atque inlicitas, sed ad -Iohamzcm in Aegypti beremo constitutum „. misit„.).

337
Rajko Bratož

!)padones (CT16,5,17) und Mitte Juni in Rom - diesmal in Dbereinstimmung mit


dem Papst Syricius - ein Gesetz gegen die Manichaer (CT16,5,18). Nachdem im
Jahr 390 wegen des groBen Konfliktes zwischen dem Kaiser und dem Bischof
Ambrosius die religiose Gesetzgebung zeitweise ruhte, erlieB Theodosius neue
Gesetze gegen die Haretiker auf der Reise nach Osten, als er sich langere Zeit
(im Frlihling und Sommer 391) in Venetien (in Vicetia, Concordia und Aquileia)
aufl1ielt. Die wichtigsten sind die am 11. Mai in Concordia veroffentlichten Gesetze
gegen die Sekten, die die Wiedertaufe ausi.ibten, und gegen die Abtri.innigen im
Heidentum, besonders diejenigen in hohen Staatsamtern (CT 16,7,4-5). Beim
ersten Gesetz ist die Annahme berechtigt, daB der Kaiser die kleinen Gruppen
der Donatisten auf dem italischen Gebiet (sicher in Rom, wahrscheinlich auch
auf dem Gebiet Venetiens) treffen wollte, ebenso die Apostasie, die unter den
hohen Staatsbeamten im Westen noch immer aktuell war 15 ~. Die antiharetische
Gesetzgebung aus der Zeit der Vorbereitungen auf den Krieg gegen Eugenius
war nicht so scharf. Der Kaiser wollte offensichtlich keine religiose Opposition
var dem entscheidenden Kampf gegen den westlichen Gegenkaiser, deswegen
hat er den Druck auf die heterodoxen christlichen Gruppen zeitweilig vermindert151 .

C. Die antiheidnische Politik des Theodosius und der Bi.irgerkrieg 394

Die antiheidnische Gesetzgebung Theodosius', die im ganzen 4.


Jahrhundert - wie auch seine antiharetische Gesetzgebung - am strengsten war,
erreichte ihre Hohe- und Tiefpunkte in anderen Zeitabstandenm. Der Kaiser tritt
bis 383 nur gegen Abtri.innige auf (var allem in den hoheren Schichten) und
gegen bestimmte Arten des heidnischen Kultes (z.B. Wahrsagerei), zwischen
den Jahren 384 und 388 entschiedener gegen den heidnischen Kult (erneute
Verbote der Wahrsagerei, Verbot von Schlacht- und Brandopfern). Ab Anfang
391 begann allerdings die Zeit der scharferen MaBnahmen gegen Heiden, die
wiederum religios und politisch motiviert waren. Der peinlichen Erfahrung der
"Mailander BuBe" an Weihnachten 390 folgten zwei scharfe Verbote des
heidnischen Kultes, veroffentlicht am 24. Feb. 391 in Mailand (CT16,10,10) und
am 16. Juni gleichen jahres in Aquileia (CT 16,10,11) 156. Eine zusatzliche

153 K.L. NOETHLICHS, Dic gcsctzgcb. Ma.fsnahmc11, 154 f. DaB der Donatismus auf dem vene-
tischcn Gcbict (vor allem in Aquileia) bekannt war, beweist dic polemische Note bei
RUFINUS, Expos . .1Jm1b. 37(CCSL 20, 173,50 f.). Zur Apostasie, die in dieser Zeit im Westcn
noch immcr aktucll war (AMBROSIUS, Epist. 72 (!vlaur. 17), 4; CSEL 82/3, 13 aus dem Jahr
384) vgl. K. ROSEN, Ein Wandcrcr (wic in Anm. 132) und M.R. SALZMAN, The Evidence
(wic in Arnn. 7), 373; 376 f.
154 K.L. NOETHLICHS, Dic f!,CSctZP,Cb. j\.'/a.fs11ahmc11, 156 ff.; 164 f.; Zlil' Chronologie der Jahrc
392-394 A. LIPPOLD, Thcodoslus l., 894 ff.
155 K.L. NOETHLICHS, Dic f!,CSctzgcb. Ma/s11ahmc11, 166-182; ders., Heidenvcrfolgung, 1160-1163;
J. GAUDEMET, La lcgislation, ff.; P. THRAMS, Christianisierttng, 185 ff.
156 K.L. NOETHLICHS, Dic f!,CSctzgcb. Ma.fs11ahme11, 173 ff.; ders., -Heidcnvcrfolgung, 1161; A.
LIPPOLD, Thcodosius l., 891 f.

338
C h r i s Li a n i s i e r u n g d e s N o r d a d r i a - u n d W e s t b a 1k a n r a u m e s i m
4. Jahrhundert

Verscharfung brachte im nachsten Jahr jedoch die Usurpation Eugenius' (22.


Aug. 392), der, zwar forma! christlich, schon von seinem Amtsantritt an gegeni.iber
dem Heidentum konziliant, spatestens seit dem Fri.ihjahr 393 zum Heidentum zu
neigen begannt 57 . In dieser Situation verfagte Theodosius am 8. November 392
das strengste Gesetz gegen das Heidentum (CT16,10,12) 158 , das sich theoretisch
auf das ganze Reich, auf alle Bevolkerungsschichten und alle Formen des die.smal
zum ersten Mal als crimen bezeichneten heidnischen Kultes erstreckte. Das Gesetz
drohte mit bisher strengsten Folgen: Todesstrafe bei Opferungen von Tieren und
bei Wahrsagerei, Konfiskation der Gebaude oder des Grundsti.'1cks bzw. eine
augerordentlich hohe Geldstrafe im Fali der Weihrauchentzi.indung. Nicht nur
der offentliche Kult, auch ein intimes heidnisches religioses Leben war streng
verboten. Die Zerstorung der Tempe! war noch nicht vorgesehen, obwohl der
Geist des Gesetzes es empfahl und tatsachlich mehrmals auf Befehl des Kaisers
vollgezogen wurde 159 . Das Gesetz bedeutete den Anfang der Heidenverfolgung
zu einer Zeit, als im Westen (var allem in Rom) das Heidentum noch seine letzte
auch politisch bedeutende Wiedergeburt erlebte 160 •

157 Vgl. J. STRAUB, Eugenius, RAC6, 1966, 860-877; H. BLOCH, Ein neues inschriftliches Zeug-
nis der letzten Erhebung <les Heidentums in Westrom 393/394 n. Chr., in: Das friihe
Christentum im r6mischen Staat (Hg. R. Klein), WdF 267, 1971, 129-186; J. ZIEGLER, Zur
reliRi6se11 Halttmg, 85-104; J. SZIDAT, Die Usurpation <les Eugenius, Historia 28, 1979, 487-
508; A. LIPPOLD, ·Theodosius der Gro/se, 47 f.; S. ELBERN, Usurpationen im spatr6mischen
Reich, Bonn 1984, 29 f.; 68 f.; P. THRAMS, ChristianisiertmR (wie in Anm. 6), 197 ff. Den
eindeutig heidnischen Charakter gah der Usurpation erst · der Auftritt des Nicomachus
Flavianus als Praefectus praetorio Italiae des Eugenius von April 393 an und sein Konsulat
(sine coli ega) fi.ir 394 (vgl. PIRE!, 347 ff.; J. WYTZES, Der letzte Kamp/ des Heidentums in
Rom, Leide.n 1977, 149-116; M. ERRINGTON, The Praetorian Prefectures ofVirius Nicomachus
Flavianus, Historia 41, 1992, 439-461; Th. GRONEWALD, Der letzte Kampf des Heidentums
in Rom? Zur postumen Rehabilitierung des Virius Nicomachus Flavianus, Historia 41, 1992,
462-487), wiihrend die auch religibs (und nicht nur politisch) hedingten Spannungen
zwischen Theodosius und Eugenius wahrscheinlich schon im Herhst 392 existierten. Ungelbst
bleibt die Frage, ob zur Zcit der Promulgierung des sch;lrfsten antiheidnischen Gesctzes
<les Theodosius (8. 11. 392) die religibsc Polarisierung zwischen beiden Herrschern klar
war oder diese Polarisierung crst eine Folge <les Gesetzes war (vgl. dazu H. BLOCH, o.c.,
165 f.; J. SZIDAT, Die Usurpation, 493).
158 W. ENSSLIN, Die Religionspolitik des Kaisers Thedosius d. Gr., Sitzungsber. d. Bayer. Akad.
d. Wiss. Phil.-hist. Kl.' MCtnchcn 1953, 82 ff.; K.L. NOETHLICHS, Die ReSefZRCb. Ma/snahmen,
177-180; ders., Heidenverfolgung, 1161 f. ·
159 Die bekannten Fiille (ausschlicBlich im Osten) sind bei K.L. NOETHLICHS, Heidenverfolgung,
1162 f. angefi.ihrt.
160 H. BLOCH, The Pagan Revival in the West at the Emi of the Fourth Ccntury, in: A. Momi-
gliano (Hg.), The Co11flict between Paganism and Christianity in thc fourth century, Ox-
ford 1970, 193-218; F. HEINZBERGER, Heid11ische und christliche Reaktion auf die Krisen
dcs Westr6mischen Reiche,,· in denJahren 395-41011. Chr., Diss. Bonn 1976 (bes. 25-33); J.
WYTZES, Der letzte Kamp},' 48 ff.; F. THELAMON, Pai'em· et chretiens, 312 ff. Mit Recht
betonen F. HEINZBERGER und Th. GR0NEWALD, Dcr letzte Kampf (wie in Anm. 157), daB
<las Heidentum wegen seiner starken Ve1wurzelung in der Senatsaristokratie politisch noch
bis zur Krisenzeit 408/410 uncl in wesentlich begrenzterem MaBe noch in den DreiBiger-
jahren des 5. Jahrhunderts bedeutsam war. Doch war seine Bedeutung auf politischer
Ebene im crstcn Drittel dcs 5. jahrhunderts fast nur auf Rom und auch hicr auf einc
wesentlich kleinere sozialc Basis begrenzt, deswegen war sic mit der Zeit <les Eugcnius
kaum vergleichbar.

339
Rajko Bratož

Der Jhirgerkrieg 394, der wegen steigender Propaganda beider


Streitparteien rnehr als irgendein anderer Krieg im 4. Jahrhundert nicht nur eine
politische Auseinandersetzung war, sondern gewisse Zi.'1ge des Glaubenskrieges
bekam 161 , en dete mit der Schlacht bei Frigidus mit der Niederlage und Dbergabe
des heidnischen Heeres 162 • Theodosius' hochst schonende Behandlung der Gegner
nach der Schlacht - der Kaiser solite nach einem sicher etwas iibertriebenen
Bericht sogar den Tod der politischen Gegner mit Leid ertragen 16.i - war politisch
uncl religios motiviert. Arnbrosius, clamals schon clas dritte Mal (nach 381 und
388) nach Aquileia reisend, hat clie schonencle Behancllung beim Kaiser sofort
mit Erfolg durchgesetzt 161 . Theodosius war offensichtlich unter starkem Eindruck
cles Schlachtverlaufes mit dem "wundersamen" Sturm, den er als Eingriff Gottes
verstand 16', aufSerdem beurteilte er den Widerstand der heidnischen Gruppe als
endgi.'tltig eingecl~immt 166 . Auf der anderen Seite wollte er moglichst viele Heiden
fi.'1r clen katholischen Glauben gewinnen, was ihm in betrachtlichem MafSe zu
gelingen schien 167 • Der Sieg bei Frigidus becleutete nicht den endgiiltigen Sieg

101 j. SZIDAT, Die Usurpalion (Anm. 157), hes . 504 ff.; hetont vor allem den politischen Cha-
rakter des Kampfes und unterschiilzl dahei seine rcligibse Komponente, die dabei - trotz
clcs rcligibs "gcmischtcn " oder sogar vorwicgcncl hcidnischen Charakters der beiden
Konfliktseitcn (Armcc, Vc1waltungsapparat usw.) - aus dcn I-Iandlungen beidcr Kaiser zur
Zcit der Kriegsvorhcrcitungcn umi aus dcr I-Iancllung cles Theodosius nach dem Krieg
ersichtlich ist. .
102 Vgl. R. BHATOŽ, Bitka pri Frigid11 u izročilu a11tič11ib in srednjeue.~kib auto1jeu (Die Schlacht
am Frigidus in der Uherlieferung der antiken umi mittclalterlichen Autoren), Zbirka
Zgodovinskega časopisa 12, 1994 (mit clen weiteren Literaturangaben); clie Beitriige von
M. SPmNGEH und Y.M. DUYAL in dicscm Band (S. 45-108).
163 AMBHOSIUS, De obitu Tbeodosii 4 ( CSEL 73, 373): „.qui (se. Tbeodosiusj etiam bis, qui in se
peccauerm1t, doluit, quam dederal, perisse indulgentiam et ue11iam de1wgatam.
164 Dic Begegnung des Kaisers mit dem Bischof schilclert PAULINUS, Vita /l1nbrosii 31,4-5
(Bastiaensen, 92 ff.). Im ersten Brief an den Kaiser aus cler Zeit unmittelbar nach der
Schlacht appcllierte Amhrosius mchnnals ausdri.icklich an clic cleme!ltia clcs Kaisers und
dri.ickte clie Hoffnung auf eine allgemeine Amnestie aus (Epist. extra coli. 2 (Maur. 61), 6-
7; CSEL 82/ 3, 180): Onmia babes, ex tuis itaque summam votorum capessam, pius es
impemtor, cleme11tia111 babes maxim.am. Opto„. ut per tuam cleme11tiam ecclesia domini
sicut i1111oce11tiwn pace et tm11q11 illilate gratulelur ila etianz reornm absolutione laetetur.
lgllosce 1naxi111e bis qui etiam ill te peccaverillt. Vgl. dazu auch A. PARED!, Ambrogio,
Graziano, Teoclosio, 45 f.
165 Darnuf weisen zwei Briefe an den Kaiser, die Amhrosius kurz nach cler Schlacht verfaBte.

In Epist. extra coll. 2 (Maur. 6JJ, 1 u. 3 ( CSEL 82/3, 178 f.) alludierte clcr Bischof auf Gottes
I-lilfc: „. caeleste auxili11n1 pietati tuae adfore, quo Romanum imperium a barbari latro11is
imma11itate et ab usurpatoris indiJ!,Hi solio vindicares. uideremus 11ostro temporc, quod in

scripturaru111 lectioiw miranwr, /alltam ill proeliis divini auxiliijitisse praesentiam, ut


nulli uertices nw1t1ium adue1Jt11s tui cursum retardare11t, 11011 bostilia arma impedimentum
aliquod ajferrellt. lm niichstcn Brief (etwas sp;iter) war er noch konkreter: Victoria enim
tua C/llliquo more vetustis miraculis„. 11011 humana aestimatio11e sed caelestis Rratiae
ej)itsiollc ce11set11r. Huic pietatem aequalem poscimus, cuius merilo tailla uictoria ipsa
quaesita est (Episl. exta col!. 3 (Maur. 62), 4; ebd., 181).
166 P. BARCEL6 in: Cbriste11 1111d !-!eide11, 188.
l67 Bei den Berichten i.iher die Flucht der Heiden in die Kirchen nach cler Schlacht (AMBROSJUS,
Epist. extra col!. 3 (lvlaur. 62),3; CSEL 82/3, 181; PAULINUS, Vita Ambr. 31,5 (Bastiaensen
94); AUGUSTINUS, De ciu. Dei 5,26( CCSL 47, 162) stellt sich die Frage cler "Dimension" des
geschilderten Vorkommens. Unserer Meinung nach geht es nicht nur um dumlich (Mailancl,

340
Christianisierung des Nordadria- und Westbalkanraumes im
4. Jahrhundert

i.iber das Heidentum, doch er bedeutete - zweiundachtzig Jahre nach dem Sieg
Constantins bei der Milvischen Bri.icke - den wichtigsten politisch-militarischen
Akt im stufenweisen Prozeg der Ausbildung cles christlichen Imperiums 168 . Das
kam auch auf der symbolischen Ebene zum Ausdruck: w~ihrencl Konstantin der
Siegesfeier 312 als erster romischer Kaiser eine religibs neutrale Note gab, hat
Theoclosius 394 als erster den Sieg vollig im christlichem Geiste gefeiert 169 .
Theoclosius bemi.ihte sich nicht um jeden Preis, auch mit Gewalt die Einhaltung
der Gesetze aus den Jahren 391/2 zu erzwingen, clenn sonst konnten sich im
Rbmischen Reich - cliesmal mit anderen religiosen Vorzeichen - clie Szenen der
Christenverfolgung unter Diocletianus wiederholen. Trotz der Verscharfung des
Druckes gab es wegen der in kritischen Momenten versbhnenclen Politik des
Theodosius keine heidnischen Martyrien. Noch mehr: in den Quellen wird fi.ir
die Zeit unmittelbar nach der Schlacht kein einziger blutiger Zwischenfall mit
religibsem Hintergrund erwahnt, obwohl der Kaiser offensichtlich die anti-
heidnische Gesetzgebung der letztenjahre auch im Westen, zwar in einer milderen

Rom?) und gcscllschaftlich (Scnatorcnstand) hcgrcnztc Ercignissc, sonclcrn um cin zicmlich


wcit vcrbrcitctcs Phiinomcn im Wcstcn (Augustinus hcrichtct von dcr Bcgnadigung dcr
i11imicorum suorumjllios und schlicBt dcn Bcricht mit dcr Bchauptung, daB ill 11cmi11cm
post tlictoriam priuatas inimicitias tlalcrc pcrmisit). Sichcr mit gcwisscr Uhcrtrcihung
berichtcn dic christlichcn Autorcn von masscnhaftcn Konvcrsioncn (bes. PRUDENTIUS,
Colltra orat. Symmachi /, 506-607 (cd. H.J. Thomson, LCL, 388 ff. ), bes. 566 ff. (scscc11tas
lllimcrarc domos de sa11P,ui11c prisco / 1zobi/i11m licct ad Christi siP,11ac11la ucrsas); 574 f.
(uix pauca inucnics gcniilibus obsita 11ugis / i11P,Cllia ... ) chcnso ist dic Bchauptung clcs
ZOSIMOS 4,59,2 (Paschoud 2,2, 329) iihcrtrichcn, daB dcr Fordcrung dcs Kaiscrs zum
Ubertritt ins Christcntums kcin cinzigcr Senator folgtc; vgl. dazu F. HEINZBERGER, Hcid11ischc
wzd christlicbc Rcaktion, 25 ff. Bcdcnkt man dcn viclmals hczcugtcn Konformismus clcs
Scnatorcnstandcs, kann man dic Zahl dcr Konvcrtitcn nach dcr Schlacht nicht nur auf
"wenigc Scnatorcn" (J. SZIDAT, Dic Usurpation, 508) hcschriinkcn, ohwohl dic christlichc
Mchrhcit untcr ilmcn (allcgorischc1wcisc auf mchr als 300 gcsctzt; PRUDENTIUS, Co11tra
Symm. 603 ff.) sichcr zu 110ch gcgriffcn ist.
168 Im Gcgensatz zur Meinung, daB dic Schlacht am Frigidus die Untcrdrlickung clcr lctztcn
Erhcbung clcs Hciclcntums hcdcutct, hctoncn dic Kritikcr dicscr Auffassung clic folgcndcn
Tatsachcn: dcr Biirgerkricg 394 wiirc kcin Glaubenskricg gcwcscn, noch hcdcutct er flir
clic Entwicklung clcs Hciclentums cincn Wcnclcpunkt; cs gingc in crstcr Linic um dic
politische Entscheidung (mit vcrschicclencn Nuanccn]. SZIDAT, Dic Usurpation, 508; F.
HEINZBERGER, Hcidniscbc w1d christlichc Rcaktion, 28 ff.); das Hciclcntum wiirc nfonlich
in clcr Zeitspannc von 395-410 noch immcr stark gcwcscn, trotz dcr wcscntlich cngcren
politischcn Grenzen nach dcr Frigidus-Schlacht und crst clcr Fall Roms 410 briichte cinc
cntschcidcnclc Wcndung (F. HEINZBERGER, 206 ff.). Dic Tatsachc, dafš Valcntinian III. und
Theodosius II. noch 431 dcn fiihrcndcn Idcologcn dcs Eugcnius-Aubtanclcs rchahiliticrtcn
( CIL VI 1783 = JLS 2948), hcwcist dcn hcdcutcndcn EinfluB dcr hcidnischcn Sena toren bis
in clicsc Zcit hinein, was natiirlich clic Bedeutung dcr Frigidus-Schlacht rclativiercn kbnntc
(Th. GRUNEWALD, Dcr lctztc Kampf). Zur Bcurtcilung dcr Schlacht flir dic Entwicklung dcs
Rcichcs vgl. die Bcitriigc von A. LIPPOLD und A. DEMANDT in dicscm Band (S. 18; 40 ff.).
169 AMBROSIUS, Epist. cxtra col!. 2 (Maur. 61) 4-5( CSEL 82/3, 179): Alii impcratorcs in cxordio
uictoriac arcus triumpbalcs parari iubcnt aut alia i11sig11ia triumpborum, clcmc1ztia tua
hostiam domino parat, oblationcm ct gratiarwn actio11cm pcr saccrdotcs cclcbrari domino
dcsidcrat . ... cpistulam. pictatis tuac (Kaiscrhricf mit dem Sicgcshcricht!) n1ccum ad altarc
dctuli, ipsam altari imposui, ipsam f!,CStaui mamt cum ojfcrrcm sacrijiciunz, ut fidcs tua in
mca uocc loqucrctur ct apiccs auP,usti saccrdotalis oblationis n11111crcjit11P,crc11tur. Vgl. M.
McCORMICK, Etcmal uictOl:JI, 107 ff.

341
Rajko Bratož

Form, durchsetzen wollte 1711 . Fi.ir den ruhigen Ausgang der Auseinandersetzung
waren dabei zwei Dinge wichtig. Zuerst war das Heidentum uneinheitlich und
deswegen nur in geringem MaSe widerstandsfahig 171 . Der Kaiser forderte mit
seiner Handlung nach der Schlacht besonders die Dbertritte zum Christentum -
Konformismus hzw. die Konversion wegen materieller und sozialer Vorteile war
dabei ein wichtigeres Moment als unmittelbarer religibser Zwang 172 -, und mit
dieser Politik hatte er vor allem bei den religibs schwankenden oder
uninteressierten Leuten offensichtlich viel Erfolg. Der Bericht C1ber massenhafte
Dbertritte der Heiden ( und sogar H~iretiker) zum rechtglaubigen Christentum im
Osten in der Zeit unmittelbar nach dem Tod des Theodosius 175 ist sicher in
betr~ichtlichem Mase auch fi.'1r die Entwicklung im Westen charakteristisch. Die
in der Praxis gemaSigte und versbhnliche Religionspolitik des Theodosius spiegelt
sich auch in seiner Personalpolitik wider: nach 390 nominierte cler Kaiser fi_'1r die
hochsten Staatsbeamten fast ausschlieSlich rechtglaubige Christen, clie Zahl der
Heiden ist stark gesunken. Alle bekannten Staatsbeamten im illyrischen Raum
waren in dieser Zeit rechtgbubige Christen 171 .
Im Geiste der Gesetze des Theodosius verscharften Arcadius und
Honorius die MafSnahmen gegen die Heiden. Den Hohepunkt im Druck auf das
Heidentum bedeutete die Zerstbrung heidnischer Tempe!. Diese Mafšnahme tritt
aufgrund der staatlichen Gesetzgebung erst nach dem Tod des Theodosius ein -
erstes ausdrCtckliches Gesetz Arcadius' aus dem Jahr 399 galt fl'tr den Osten (CT
16,10,16) -, wobei im Westen die Entwicklung die gleichen Tendenzen hatte,
aber nicht so schnell war (nach dem Gesetz Honorius' vomjahr 399 nur Schliefšung
der Tempe! und Entferming der Gbtterbilder, erst 407 die Zerstbrung der privaten
Tempel und die Vetwendung der offentlichen Tempe! zu einem "nCttzlichen"

110 Der engagierte Heide ZOSIMUS 4,59(Paschoud 2,2, 328 ff.; 471 ff.) berichtet nur Liber das
Ende dcr heidnischen Riten umi MiGachtung cler Kulte, in keinem Fall Libcr clie physische
Gewalt oder sogar Opfcr. unter clen Heiden. Vgl. F. PASCHOUD, L'intolcrance chrctienne,
574. Demgegenliher her·i chten die christlichen Zeitgenossen im Westen Liber allgemeine
Zerstorungcn der heidnischen Kultsrntten. Vgl. AMBROSIUS, De obitu Theod. 4 (CSEL 73,
373): „ . nos celebranws Theodosii q11adraResimam, qui sauctum imitatus Iacob subplantauit
pe1jldiam tvra1111or11111, qui abscondit siinulacra ge11Num - omnes enim cultus idolorum
fides eitts absco1ldit, om1ies eomm caerimoJtias oblitterauit„. (38; ebcl., 391) Qttis splendidius
celebrauit, q11am q11i sacrileROS remouit errores, clusit templa, simulacra destruxit?);
AUG USTINUS , Ciu. Dei 5, 26 ( CCSL 47 , 162: Simulacra Rentiliwn ubiqtte euerte11da
praecepit„ .). Dicse Berichte - ohwohl stark i.ibertriebčn - zeigen jecloch auf clie
Krafteinsetzung der letzten antiheidnischen Gesetze auch im Westen (vgl. W. ENSSLIN, Die
Religio11Spolitik, 87).
171 P. BARCELO in: Christe11 tmd Heiden, 185.
172 Vgl. R. MacMULLEN, ChristianizillR, 52-58.
173 SOZOMENOS, Hist. eccl. 8, 1 ( GCS 50, 347 f. ).
17 4 R. v. HAEHLING, Die ReliRio11.1·z11Reh6riRkeit, 286 ff.; 305 ff.; nach dem Tod des Nicomachus

Flavianus in der Schlacht am Frigidus his zur Mitte des 5. Jahrhunclerts waren clie Praefecti
praetorio Italiae - ahgesehen von 2 oder 3 Ausnahmen in clen Jahren 410 und 428-430 -
nur Christcn. Nach Thcodosius war dcr Antcil der heiclniscl1cn Staatsbcamten durchschnittlich
unter 10% (1-[AEHLING, )09 ff.).

342
C h r i s Li a n i s i e r u 11 g d e s N o r d a d r i a - u 11 d W e s t b a 1k a n r a u m e s i m
4. Jahrhundert

Zweck) . Die rechtglaubigen Kleriker bekamen das Recht, die Heiden und Haretiker
zu i."tberwachen und belehren, neben den staatlichen Behorden ist auch der
Ortsbischof ein Uberwachungs- und Vollzugsorgan geworden 175 .
War auch der Sieg des Theodosius gegen das Heidentum nicht endgi.iltig,
dafi.ir aber von entscheidender Bedeutung, scheint sein Erfolg gegeni.iber den
heterodoxen Gruppen geringer zu sein. Beinahe alle haretischen Gruppen, die
Theodosius mehrmals verbot und nach seinem Tod von seinen Nachfolgern
nochmals streng verboten wurden (CT 16,5,25-65), kamen namlich auch noch
spater zum Vorschein, ja die Zahl der Haresien stieg sogar in den folgenden
Jahrzehnten an 176 . Mit seinem Tod Anfang 395 hinterlieg Theodosius ein Reich,
in welchem das Heidentum entscheidend besiegt und zu allmahlichem Absterben
verurteilt war. Das triumphierende Christentum war mehrheitlich zwar im Rahmen
der orthodoxen Kirche vereinigt, doch zahlreiche heterodoxe Gruppen gab es
nach wie vor.
Eine wichtige Frage bei der Beurteilung der Ereignisse 394 ist ihre
eventuelle Bedeutung fi.ir die Entwicklung im unmittelbaren Gebiet der
Auseinandersetzung, im Ostteil der Provinz Vcnctia ct Histria. Rufins Schlacht-
beschreibung, die in Aquileia im]ahre 402 entstand - die langste und in Einzelheiten
die reichste unter den westlichen Beschreibungen 177 -, gibt keinen Bericht i.iber
die Lokalentwicklung. Der Aufenthalt des Theodosius in Aquileia unmittelbar
nach der Schlacht (im September, vielleicht auch Anfang Oktober) ist nur durch
die Kontakte (zuerst schriftliche, dann personliche) zwischen dem Kaiser und
Ambrosius (dem Brief des Kaisers, der nicht erhalten ist, folgen zwei Briefe des
Mailander Bischofs, dann eine personliche Begegnung) 178 bekannt, hinterlieB
aber keinen Aquileia betreffenden Bericht. Erstaunlicherweise gibt es keinen
gesicherten Widerhall des Ereignisses in den erhaltenen Schriften (bes. Predigten)

175 Die wichtigsten im Westen gi.iltigen Gesetze waren: CT 16, 10, 15-18 (399; Verbot des
heidnischen Kultes, Entfcrnung der Gotterbilder, aber keine Zerslbrung der Gebiiude);
Const. Sirmo11d. 12und CT 16)0,19 (407; die Einki.infte der Tempe! gehoren dem Hecr,
die Bildnisse der Gotter und die kleinen Tempe! auf dem Lande sollen zerstbrt werden, die
Tempelgebaude werden Staatseigentum, alle Formen des heidnischen Kultes sind untersagt.
Der lokale Bischof ist fi.ir die Ausflihrung des Gesctzcs verantwortlich); CT 16, 10,20 ( 415;
die Tempelgebaude, die von der Kirche (ibernommen wurdcn, bleiben Kirchencigentum);
16, 10,25(435; heidnische Opfer sind untersagt, die Tempe! sol!en in Kirchen umgewandelt
worden, den Gegnern des Gesetzes droht die Todcsstrafe) ; CI 1, 11, 7 (451; Todesstrafe fi.ir
den Fali des heidnischen Kultes; gleiche Vcrorclnung noch in CI 1, 11,8- 10). Vgl. P.-P.
JOANNOU, La /egislatio11, 92 ff.; K-L. NOETHLICHS, Heidenverfolgung, 1171 ff.
176 Vgl. CT 16,5,65 (428); K.L. NOETHLICHS, Dic gcsctzgch. Ma/s11abmc11, 165; P.-P. JOANNOU,
La legislation, 107.
177 RUFINUS, Hist. cccl. 11,33 (GCS 9/2, 1037 ff.); vgl. R. BRATOŽ, Bitka pri Frigidu, 10 ff.
178 AMBROSIUS, Epist. cxtra coli. 2; 3 (Maur. 61; 62) (CSEL 82/3, 178-181); PAULINUS, Vita
Ambrosii 31,4-5 (Bastiaensen 92 ff.); R. BRATOŽ, Hitka pri Frigidu, 8 f.

343
Rajko Bratož

cles clamaligen Bischofs Chrornatius 179 • In cler spateren Oberlieferung cler !Grehe
von Aquileia spielt die Schlacht am Frigiclus keine Rolle - clie entscheidensten
militarpolitischen Ereignisse in dieser waren clie Zerstorung der Stadt durch die
Hunnen 452 uncl clie langobardische Eroberung cles Landes 568 -, und erst
Dandulus verfa8te in cler Mitte des 14. Jahrhunderts eine Beschreibung der
Schlacht. Seine Darstellung, eine Kompilation aus vier verschieclenen antiken
Beschreibungen (Rufin, Augustin, Orosius und Kassiodor), enthalt keine Zi.ige
der lokalen Uberlieferung. Der Autor verband als erster das Ereignis mit der Zeit
des Bischofs Chromatius 1K11 . Seine Annahme, das Theodosius nach der Schlacht
alle heidnischen Kultst~itten zerstbren lie8, ist hochstwahrscheinlich aus Augustin
entnommen uncl bringt daher keinen brauchbaren Bericht fi.ir die Entwicklung
im Raum um Aquileia 181 • Nur au8erst wenige Berichte beziehen sich auf die
religiosen Verhaltnisse. Als sicher darf man die Existenz der Juppiterstatuen in
Alpihus bzw. deren Zerstorung nach der Schlacht annehmen 182 , wahrend die
Existenz der kleinen Kirche (oiKtCJKOV EUK-r-fipwv) auf dem Berggipfel, in der
Theodosius vor der Schlacht beten solite, unsicher ist 18.i. Die unmittelbaren
Konsequenzen der Schlacht am Frigidus fi.ir die Entwicklung im lokalen oder
regionalen Rahrnen bleiben also unbekannt. Mit Vorbehalt kann man den Verfall
der letzten fi.inf Mithrasheiligti.imer im nordostitalischen und westillyrischen Raum
in diesen Zusammenhang setzen, obwohl sich die Ereignisse nicht mit Sicherheit
so pdzise datieren lassen 181 .

179 Allgcmcin auf dic Gcschichtc - und nicht unmittclbar auf dic Zcit dcs Thcodosius - bcziehen
sich dic Wortc dcs CHHOMATIUS, Sermo 19,6(CCSL 9 A, 93): In uictoria regum illorum
i11teritus ge11ti11m erat, e11e1:,·io urbiwn, depredatio prouinciarum. in hac autem crucis
uictoria redemptio ge11ti111n est, salu.,· urbium, libertasprouinciarum, totius mimdi securitas.
In dcr Fortsc tzung alludicrt Cluomatius vicllcicht (!) - bctrachtet man dic zeitgenossische
Schlachthcschrcihung Rufins als Kricg zwischcn vera religio und daemones - auf die
Ercignisse mit dcn Wortcn: De11ique frittmpho crucis Chri.~ti, spolia daemonum captiua
depc11de11t, c111n sig110 crucis Cbristi hodicque (!) daemones pe11dent, torquentur, unmtur,
quia captiui te11e11turjide crucis et signo passionis. Da dic hcidnischcn Tem pel als Domizile
dcr dae111011es galtcn, hczicht sich dic Chromatius-Stelle vielleicht auch auf die
Tcmpelzersti)rLmgen oder Ycrhrennungen (daemones ... unmtur(!)) in der Zeit nach der
Schlacht.
18o DANDULUS, Chronica a. 394 (E. Pastorello 44); vgl. R. BRATOŽ, Bitka pri Frigidu, 33.
18 1 DANDULUS, Cbro11ica a. 394 (ehd„ 44,20: ... templa Ge11tilium onwino destruxit ... ); vgl.
AUGUST!NUS, Civ. Dci 5.26 (CCSL 47, 162, 48 f.: Simulacra ge11tilium ubique euertenda
praecepit ... ).
182 AUGUSTINUS, Civ. Dei 5,26(CCSL47, 162,33); vgl. clen Beitrag von Y.M. DUVAL in diesem
Band (S. 95-L08).
183 THEODOHETOS, Hist. eccl. 5,24,4 ( GCS 19, 325); nach ihm bei THEODOROS ANAGNOSTES
und KASSIODOH; vgl. R. BHATOŽ, Bitka pri Frigidu, 18 ff.; 24; 38 ud 44.
IH4 Nach M. CLAUSS, Cultores Mithrae, 68; 133; 135; 146; 260, verfallen annahernd in dieser
Zcit dic lctztcn fi.inf Mithrashciligti.imer auf dem behandeltcn Gebiet: in Štivan (Fons Timavi;
Mi.inzfundc bis in dic Zcit dcs Thcodosius), Lentia (Fortdauer sogar bis in die Zeit <les
Honoriw;I), l'ons Acni (his zum Ausgang dcs 4. Jahrhunderts) und Schachadorf (Mi.'inzen
his 3921) in Noricum, Konjic in Dalmatien (his zum Ausgang des 4. Jahrhunderts).

344
Christianisierung <les Nordadria- und W es tbalkanraumes im
4. Jahrhundert

IV. Die religios-politischen Verhiiltnisse am Ubergang aus dem 4. ins 5.


Jahrhundert

A. Christliche Gemeinschafte n

Ve rgle icht man die Lage der christlichen Ge meinclen um 400 mit jener
aus der Zeit Konstantins, bemerkt man e inen grolSen Unterschied. Zuerst hat sich
die Zahl bekannter christlicher Gemeinde n betrachtlich vergrolSert. Die christliche
Kirche auf dem behandelten Gebiet bekam entwicke ltere Organisationsfonnen
und hat sich vollig in die We ltkirche eingegliedert 18 5 . Fi.ir die Zeit um 400 typische
Erscheinungsformen im christlichen Leben wie var allem das Monchstum, die
Reliquienverehrung und das Florieren de r rechtglaubigen christliche n Literatur
(die auch for den breiten Kreis der Leser bzw. Zuhore r bestimmt war) sind die
au!Seren Merkmale einer Vertiefung und Intensivierung im religiosen Leben uncl
Denken dieser Zeit.
a. Aquileia und Nordostitalie n
Am bekannteste n ist die christliche Gemeinde von Aquile ia . Das Leben
und die Entwicklung dieser Gemeinde dokumentieren var allem die Schriften
des Bischofs Chromatius (388-408; etwa 45 Predigten und rund 60 Traktate zu
Matthaus (bis Mt 18), die gegen Ende se ines Lebens geschrieben wurden), Rufins
Kommentar zum Glaubensbekenntnis sowie seine Einfi.ihrung in die Kirchen-
geschichte, e inige fri.ihchristliche Inschriften und die Reste de r Kirchen-
architektur186.
Chromatius' We rk, var allem zur Forclerung de r heimischen Glaubens-
gemeinschaft bestimmt, bringt keine ko nkreteren Re miniszenze n an grolSe
zeitgenossische Ereignisse, die in Aquile ia oder in dessen Nahe geschahen.
Genannt seien die scho n erwahnten Bi.irgerkriege von 388 und 394 mit
wiederholtem Aufenthalt des Kaisers in der Stadt, aus der Zeit nach Theoclosius
der Einmarsch Alarichs Goten nach Italien uncl deren Aufe nthalt im Gebiet von
Aquileia im Spatherbst 401 bis zum Fri.'1hjahr 402, Einfall der Goten und anderer
Gruppen unter Fi.ihrung des Radagaisus aus Pannonien nach Italien Ende 405
und der Zug der Westgoten aus Si.idnoricum nach Italien 408rn7 . Die Not der Zeit

t85 Vgl. kurz R. BRATOŽ, Dic Gcschichtc, 536 ff.


186 Vgl. Anm. 1 und die synthctischc Ubcrsicht bci S. TAVANO, Aquilcia, RA C Suppl. l , 1986,
522-553 ; dic fr(ihchristlichc n Inschriftcn Aquilcias zulctzt hci J.B. BRUSIN , Inscriptiones
Aquileiae. Pars tertia, Udinc 1993.
187 Flir dic Ercignissc 388 und 394 s. Anm. 141 und 162 ohcn; flir dcn crstcn Einfall Alarichs
nach Italic n im Sp;ithcrbst 401 und dic Erohc rung Aquilcias vgl. dic Qucllcna ngabcn bci].
ŠAŠEL, Claustra, Nr. 21 ,28,37; flir eten Einfall dcs Radagaisus gcgcn Endc 405 ] . ŠAŠEL,
Claustra, Nr. 35; Ciber ete n zw c itcn Einfall Alaric hs 408 hcrichlc t ZOSIMOS 5,37, 2(Pascho uet
III,1 , 54 und 250 ff.). Lit.: Y.M. DUVAL, Aquilec sur la ro utc , 275 ff. ; H. WOLFRAM, Die
Goten, Mlinchc n 1990, 158 ff.; 175 f.; dcr Bc itrag von H. GHASSL in dicscm Band (S. 177 ff) .

345
Rajk o Br a tož

e1wahnt er nur ge lege ntlich 188 • Der Be itrag der Schriften liegt in e rster Linie in
den Anwe isunge n und Anregunge n fl'lr e in ve rtieft es christliches Le be n als
Vo rbere itung und Bedingung fl'1r die kl'inftigen bona caelestia . Dabei sind nati.irlich
die Th emen aus der Christo logie, christliche n Mo ral , Liturgie usw . w e it wichtiger
als clie ko nkrete Not cler vita tcrrcna' 89 .
De r Autor dri.i ckte an ve rschiedenen Ste lle n se ine reso lute Ablehnung
gege ni.ibe r clre ie n Gl auhe nsgruppen a us , clie in Aquile ia offenbar prasent uncl
als religii::ise "Oppositio n" aus se iner Sicht gewissermaBe n flir clie Spannung in
cler Stadt ve rantwo rtlich wa ren . Es hancle lte sich um Heiclen, Juden und Haretiker,
wobe i die letzten zw e i Gruppe n gewi::ihnlich mit noch scharferen bzw. abweisen-
cl e re n Attribute n als clie I-l e iclen hezeichn et w urcle n 19 ° Chromatius ' Erwahnungen
cliese r Gruppen enthalten ke ine zuve rlassige Reminiszenz an irge ncle ines der
za hlre iche n Gesetze cles Theodosius o der an irgendeinen Ko nzilsbeschluB gegen

188 Vgl. A. LIPPOLD , Ro manisie run g und Christia nisie run g des Ostalpenraumes um 400 n. Chr „
in : K11lt11rb istoriscbe 1111d arcbiioloR iscbe Probleme des Si.'i dostalpenraumes i11 der Spata11tike
(1-!g. 1-1 . G rassi), 82; se in Be itrag in diese m Ba nd , S. 24 f. lm gesamte n 'Corpus Chro matianum'
hefind e n sic h nur dre i in di ese r 1-!insichl inte ressante Ste lle n , die a be r allge mein gemeint
sind und sic h a n ke in datie rha res Ereig nis a nkni.ipfe n lassen: Scrmo 12,2 ( CCSL 9 A, 53,24
ff. : Unde Romani q11i d e capti11ita/e barbarica, dato pretio, libera ntw~ 11011 cmpti, sed
rede1npti dic1111tur); Scrm o 16,4 (CCSL 9 A, 74,71 ff. : ... oremus Domiuu m toto corde, lota
Jh le, 11t nos de 011111i i11cursion e bosti1.1111, de onwi m etu. in imicorum liberare diR11etur .. .
Tu eatur solita misera tio11e, repe/la t ba rbara.1· nation es ... ) un cl Sermo 37,2 (ibicl„ l ti5,44 ff.:
Qu ap ropter i1111ocenu 1s Do111in 11 m loto corde et tota fide, u.t nos a b onm i pressura liberare
diR 11.et1.1 1; Ja1 11.e, bel/o, m orte, captiuita te, ab omnique pcriculo, u.t n omen ipsius p er omnia
m ag nijlcare p ossim.us, et d iRnis bon om m op eru m ji-u ctibu.s on usti, a d p ortwn p a triae
caclestisperu cnire m ereamur) . Zu de n moglic he n Re minisze nzen an die Schlacht am Frigidus
ode r die Te mpel ze rstorunge n nac h 394 vgl. Anm. 179. Zur s pate re n Ube rliefe rung vgl. R.
BRATOŽ, Di e antik e Gesc hi c hte des Ge bie tes zwisc h e n Don a u un d Ad ri a in d e n
Yo rste llunge n de r mitte lalte rliche n Auto re n , in : Etb110Re1wse im d Uberliej enmg (l-lg. K.
Brunne r - B. Me rta) , Ye ro ffe ntlic hunge n des Inst. f. bste!T. Geschichtsfo rsch . 31, 1994, 264-
292, inshcs . 282 (12); 285.
189 Fi.ir dic slii ndigc An wese nh e it de r Anlino mie caclestis - terre11us in de n Schrifte n d es
Chromati us s. die hc trc ff. Sti chwo n e im Index ( CCSL 9 A, 546 f. un d 598; Spicilegium 648
und 659) . Auswa hl d . Lit. i.ihe r die Sozial- und Re ligio nsgesc hichte Aqu ileias aus de r Sicht
de r Cluo matius-Schrifte n: .J. LEMAHIE, SC 154, 1969, 47 f. ; G. CUSC!TO, Cromazio di / lquileia
088-408) e l etel sua, Aquile ia 1980; de rs„ "Introdu zio ne" in: CROMAZ!O DI AQU !LEIA,
Catecbesi a l pop olo, Ro ma 1979, 16 ff. ; de rs „ La "socie tas Christia na" ad Aquileia nel IV
secolo, /1/l/1d 29, 1987, 183-210 ; dc rs .; L'a mhie nte di cultura e di fedc nell'eta di Croma zio
alla lu ce de lla recente storiografia , / l/ l1ld 34, 1989, 9-26; C. TRUZZI, Zen o, Gaudenzio e
Crom azio. Testi e coutenuti d etla predicazio11.e cristia11a p er le cbiese di Verona, Brescia e
/ lqu ileia (360-410 ca .), Testi e ricerchc di Scie nze religiose 22 , Brescia 1985. Vgl. de n
synthc tischc n Uhe rhlick vo n S. TA V ANO, Aquil c ia , R!IC Suppleme11t-Ba11d 1, 1986, 541 ff. ;
dc ns „ Tensio ni culturali e religiose in Aquilc ia , 1l11/1d29, 1987, 211-245.
19 11 Die pro fili c rl e Ausl egung cle r vie r religibsen Gruppc n in de r Staclt befin de t sich in Sermo
28, 1-2 ( CCSL 9 A, 129, 10 ff. ): ... ita et in stadio u itae praesentis, multi quidem cu rrunt, sed
u 1ws accipit coro11am . Currunt l11daei p er legem, cu.rru11.t pbilosopbi p eri11.a11em. sapientiam,
curnmt et b aeretic i p er Ja lsam a 111111n tia tio1w m., cw-rw1t catb olici p er u era m f idei
praedicatio11em: sed de bis omnibus 11n1.1s coro11am a ccip it, id estpop u lus catbolicus qu i
rccto j!dei cursu , tendit ad Cbristu 1n ... Quicl e11im prodest Ju daeis currere p er obseruationem
leRis, qu i Cbristum do 111in1.1111 leR is ig uora nt? Currunt et pbilosopb'i... qui u era m. Cbristi
sapientia11111esci11111 ... C11rr1111 1et baeretici ... scd 11.011 p erue11iu11t a d coro11a m, quia Cbristo
11.on jideliter credwlt; f a lsa enim. jides eorum u erae ji'dei gra lia m accipere 1w 11 1neretur.

346
Chr is ti a ni s i e run g d es N o rd a dria - und W es tb a lk a nr a um es im
4. Jahrhund e rl

diese Gruppen , passen abe r - was die Argume nte , Art de r Po lemik und den
Schre ibto n betrifft - mit de r i.ibrige n po lemische n Lite ratur cl er Ze it um 400
zusammen 19 1. A.hnliche po lemische Spitzen gegen diese dre i Gruppen sind auch
in den Texten Rufins erhalten, vo n denen der Kommentar zum Glaubensbekenntnis
besondere Au fmerksamke it verdient, da er a n die christliche Geme inde vo n
Aquile ia adress ie rt ist.
Der Auto r diffe re nziert das sta rk heteroge ne He ide ntum nicht we iter
an ve rsc hiede ne n Grup pen . Die I-I e ide n w urden ge ne ris ch a ls genliles o de r
philosophi (be i Rufinus abe r gewo hnlich als p ap,an i, e inma l sogar als p agan i
philosophi) bezeichnet 192 • Die Erwa hnunge n lassen ahn en, dag Chro matius damit
die Angehorigen der traditionellen Re ligio n meinte - In te llektue ll e und Angehbrige
obere r Schichten -, nicht abe r die Anh ~in ge r der o rienta lischen Kulte, die a uf
dem Gebiet Aq uileias in d ieser Zeit noch immer existie rte n 195 Chromatius e1wahnt
e inige neuralgische Punkte in den Bezie hunge n zw ischen den rechtglaubigen
Christe n und Heiden: Apostasie (o hne ko nkre re Be ispie le zu nennen , weil sie
damals offe nsichtlich nicht me hr akut wa r) 191 uncl clie verschieclene Auffassung
cles Jahreszyklus bzw. cles Ka le ncle rs (mit e inern hochst interessanten Be richt
i.i ber die Anpassung cl er He icle n uncl Juclen an clas christliche Pascha) 195 . Wie

19 1 Vgl. allge me in L. CRACCO RUGG INI, Pagan i, e hrei e cristia ni : O di o socio logico c od io
teologico ne l mo ndo an tico, Settima 11e di stu d io del Centra Jtal. di stu di suit a lta medioeuo
26 , 1980, 13-101 (mit re iche n Litera turangabc n); flir d c n nordita lisc he n Raum um 400 C.
TRUZZ!, Zello, Ga udenzio e Cromazio, 149-170, fli r Aquile ia S. TA VANO, Aq uil e ia; Te ns io ni
culturali (Anm. 189).
192 CHROMATI US , Serm.o 1 7,3; 28, 1-2; 4 1,7 ( CCSL 9 A, 77 ; 129; 178) ; RUFI NUS , Praef a tio h t
libro.,· OriRenis Peri a rcbon 111,38( CCSL 20, 248). In cle r a ria nischc n ko mme ntic rte n Fassung
des Konzllsp ro tokolls von Aquile ia 381 we rd e n sic (nac h de n Worte n Pa ll adius ') au ch a ls
ge11tilita tis cu ltores un cl gentiles a n tiquarii (Scbolia A rria u a 139 in SC267, 322 hzw . Scbol.
Arr. 93 in CCSL 87 , 194) hezeiclrne t.
193 Die Heide n we rde n a ls inim ici Dei (Serm.o 4 1, 7; CCSL 9 A, 178 v. 21 ), a ls vacui a Jlde,
inau es a .rva tia (Serm o 19,4; ibid ., 91,83 f.J, a ls lupi ecclesiae pe1 :~ec uto rum. ( Tract. 35,5;
ibid ., 370, 80) un d captiui a d iabolo ( Tract. 43,4; ihid. , 408, 66 f.) hezeichn e t. Von de r
I<irc he werde n sie verac htct ( i11 ecclesia Cb risti ll011 m ere nt111 ~ Sen no 2,5; ihid. , 10,84) , sie
sind von d ~im o nis c h e r W ild he it hesesse n (saeuilia impior11111.a dae111 ouib1.1s i11stiRata; Sen no
37,2, ib id ., 164 , 24) . Dic Heide n he ha u ptc n , dag de r christlich e Glauhe o lrne Logik und
deswegen aberg lau bisch ist (RUFINUS, Ex:positio .\y m boli 3,32 ff.; CCSL 20, 136 O; sie
besc hame n d ie make llose Gebu rt, s ic selhst ahe r glauhe n an die g r6Ste n Sinnlosigke ite n
(Expositio symb. 9,3 ff .; CCSL 20, 146 f.; a ll e a ngefi.ilut e n Be ispicle f)e i Rufinus sind aus de r
tra ditio ne llen he idnische n Re lig io n e ntn o mme n) ; sie mache n die Ve rgehun g d c r Si.inde n
Wc he rlich (Exp ..\ymb. 38, 6 ff .; ih id ., 174). U nte r dc n he idnisc he n lntc lle ktu c llc n , clie sich
beso nde rs mit de r a nt ic hristli che n Pole mik a usc ina nd e rgcse tzt hahe n , fi.ihrt e r Porp hyrius
a n (1lpologia contra Hieronymum. 1,33; 38; 2, 15,36; 2:33,32; CCSL 20, 68 ; 91 ; 95; 108).
Vg l. auch S. TAVANO , Aquile ia, 543 und inshes. C. TR UZZ I, Zena, Gau de11zio e Cromazio,
149-164 . Zur Ex iste nz cles Mithraeums in Fo ntc Timav i his zu m Endc desjahrhunclc rts vg l.
M. CLAUSS , Cultores Mitbrae, 260.
194 Sermo 9, l ; Tract. 18,4, 1; 7i·act. 35,8 ( ... de ecclesia 1l0//. ll llllos ad sacc11li 11 itam tram ire et
afide ad p e1jldiam deuia re ... ;CCSL 9 A, 39,20 ff. ; 282,96 ff. ; 372, 138 ff.) ; vgl. C. TR UZZ I,
O.C., 152.
195 Sermo 16,3( Delliqu e aliquanli RClltiliu m uel Judaeor11m. sollcmnita tern b uius itip,iliae 11.ostrac
tamquan1.propriam. cclebra l/.t 11el laetitia 111e11tis, si 1lO I/. rit1 1 rcliRi011is); 1 7,3 -4 ( CCSL 9 A,
74,63 ff. ; 77-78).

347
Rajko Bratož

i.ibera ll in der c hristlic h e n Welt w urd e n damals auch in Aquileia die folgenden
c hristlic h e n Yorstellun gen clurch clie Heiclen besonclers angefochten : Marias
makellose Beschaffenheit, clie Auferstehung Cluisti uncl clie Yergebung cler
Si."111clen 1% Offensichtlich waren clie Ch riste n damals in cler Staclt sc h o n cler stark
i."1be 1wiegencle Teil cler Bevblke rung , da weder Chromatius noch Rufinus die
Fragen behancleln, die fi.ir ein e "gemischte" Bevblkerung typisch waren , wie z.B.
Mischehen oder die zum Teil he iclnisch e n Sitten der sog. "ha lben Christe n " 197 .
Chro m at ius ' Yorstellung i.iber clen Erfolg cler c hristlic hen Mission in seiner Ze it
war a uSerst optimistisc h 198 , was a uc h ein Ausclruck cler Erfolge in seiner Heimat-
stadt war.
Die ji.idisc h e Gemeinde war im re ligibsen Sinn ein he itlich uncl hielt
offensichtlich mit Erfolg dem wieclerholten Druck der katholischen Mehrheit sowie
der staatliche n Gesetzgebung stand 199 . In cler Beurteilung clieser G ruppe verwen-
clete Chromatius im allgemeinen sc ha rfe re Ausdri.icke a ls bei cler Beurteilung der
Heiclen 2'm. Er tade lt die ji.iclisc h en Sitten und (wie auch Rufin) insbesondere ihre
theologische n Yorstellungen 2'H Obwohl clie Beziehung zwisch en Juden und der
rechtglaubigen Gemeinde nicht gut war - denkt man an die a ntiji.iclisc h en
Ausschreitungen in der Stadt 388202 - , gebraucht Chromatius auch versblmende
Intona tionen, so beim Bericht i.iber die ji.'lclisc he Achtung cles c hristlichen

1% RUFINUS, Exp. symh. 9 (Scd paJJ,alli solc11t ridcrc nos, cwn auditmt pracdicari a nobis
Virginis parfum„ .; CCSL 20 , 146); 17 ( Gcntibus autcm. stu/titia u.idcbatur Deum mortem
susccpissc, quia ig11orabcmt 111ystcri1tm carnis adswnptac„„ ebcl„ 153); 38 (Solent enim
cum irrisionc diccrc aducrsum nos pagani quod ipsi nos dccipiamu.1~ qui putemus crimina
quac opere commissa su11t, ucrbis p ossc purgari; ebcl„ 174).
197 Vgl. C. TRUZZI , o.c„ 152 ff.
198 Scrmo 17,3( CCSL 9 A, 77,59 ff.): lm umwrabilcs dc11:iquc populi suut peruniversum mundum,
qui bodic in nouitatcm uitac pcr aquam baptismi surrcxcnmt, deposita uctustate peccal'i.
199 Vgl. clie Stichwo rte Juda cus, l1tdaicu.1~ populus Judacorum, .1J111agoga in : CCSL 9 / I Onclex
vcrborum, 542 ff.; SpicilcJJ,iuni„ „ 647 ff.). Dic SchluSste llen werclen bei S. TA V ANO, Aquileia ,
543 angcfli hrt. Vgl. auch L. CRACCO RUGGINI , JI vescovo Cromazio e gli Ebrei cli Aquileia ,
111111d12, 1977, 353-382; dies„ Pagani, chrci e cristiani, insbes. 92 ff. ; G. CUSCITO, Cromazio
di 11quilcia, 40 ff; C. TRUZZI, Zena, Gaudcnzio c Cromazio, 164 ff.
2011 Scrmo 19,4,4 ( CCSL 911, 91); dcr Autor vc rg lcicht clie Heiden (popu.lus genNum) mit dem
gutcn Riiubcr zur Rcchtcn Christi , wii hrcnd dic Judcn (popu.lus Ju.daeorum) mit dem bosen
Riiuhcr zur Linkcn Christi glcichgcsctzt worclcn sine!. Vgl. L. CRACCO RUGGINI, Pagani,
cbrci c cristiani , 92 .
20 1 Scrmo 25,3-4; 28, 1-2 ( CCSL 9 A, 114 f.; 129; C. TRUZZI, o.c„ 166; 266 ff.). Von clen religi-
oscn Vorstcllungcn dcr Judcn tadclt RUFINUS, Exp . .1Jmib. 17 ( CCSL 20, 153,10 ff.) ihre
Widcrlcgung der Aufstchung Christi a ls Kern clcs christlichc n Glaubens, weswegen populus
illc q1ti pcrmamit i11crcd11/us, abicctus cst.
202 S. Anm. 150 (S . 337).
203 Zu r ji.idisc hc n Ohscrvanz dcs Paschafcstcs vgl. Anm. 195. Die im Tract. 35,8 (CCSL 9 A,
372) gcii uScrtc Rchauptung Liber Masscnkonvcrsioncn der Juden (Sed qtl'ia et de synagoga
multos co11uc1:ms lcJJ,imus ucl couucrti cotidic ad COJ!,1litio11cm. Cbristi tl'idemus„.) muS man
mit Rescrvc aufnchincn. DaS clic Konvcrsioncn de1: Juden zum Christcntum selten waren,
bcweiSt d ic Grahinschrift clcs Juclcn Pctrus aus Grado aus der ersten H ~ilft e des 5.
Jahrhundcrts {/11 3330) , dcr so/11 s cx gcntc sua z um Christcntum i.ibe rtrat. Vgl. L. CRACCO
RUGGINI , Pictro di G rado : giudaismo c convc rsio ni nel mondo Lardoantico, AAAd 17,
1980, 139-160.

348
Christi..anisieru n g des Nordadria- und Westbalkanraumes im
4. Jahrhundert

Paschafestes und bei der (sicher stark i.ibertriebenen) Behauptung i.'iber zahlreiche
Konversionen der Juden zum Christentum 20 ·5.
Der Bischof von Aquileia liefert ein ziemlich buntes Bild der Haretiker,
unter denen die Arianer und vor allem die Photinianer als hervorragend ersch ienen,
die damals offensichtlich noch immer eine Gefahr for die katholische I<irche
darstellten. Neben diesen zwei Gruppen, gegen welche sich die Gesetzgebung
Theodosius ' i.'1brigens am scharfsten richtete, waren andere Gruppen in der Stadt
von geringerer Bedeutung und kaum noch aktue ll 204 . Rufins Auslegung der
Haresien - schon ausgestorbener und noch immer aktueller - ist noch ausfi.'1hrlicher
als bei Chromatius 205 . Die bei der Erwahnung der H:iresien for beide Autoren
typischen Ausdri.'icke (blasphcmia, dcmcntia, pc1fidia) 206 klangen allerdings
scharfer als der den Heiden vorgeworfene crror und stultitia2117 , aber auch etwas
scharfer als die den Jud en am meisten vorgeworfenen infidclitas ( und Synonyme),
error, iniquitas und stultitia2118 • Die Polemik gegen die I-Iaresien bleibt, was den
204 Schon als Prcsbyter hat Chromatills vici feir clic 0hc1windllng dcs Arianismlls in Aqllilcia
gewirkt (vgl. HIERONYMUS, Epist. 7,6 ; Lahollrt l, 24; alls dcn Jahrcn 375/6), chenso als
(etwas im I-lintergrllncl stchcnclcr) Tcilnchmcr clcs Konzils in Aqllilcia (/leta coucil. Aquil.
45; 51; CSEL 82/ 3, 354 line! 357) gcgen Arianismlls in lllyricllm. In scincn Schriftcn wide rlcgte
er cliese mircsic vor allcm an dcn folgcndcn Stcllen: Scrmo 21,3 (CCSL 9 A, 98,59 f.);
Tractatus 35,3-4 (cbcl„ 369 f„ 51 ff.); Tract. 50,3 (chd„ 448, 118 f.). Dcr AlllOr w iclcrl cgtc
clie Photinlls-Lelue an zwci Stcllcn Zllsammcn mil dem Arianismlls (Scrmo 21,3; Tract.
35,3-4), an cincr Stclle ziclt scinc Kritik nllr allf dcn Photinianismlls ( Tract. 4,3; cbd„
213,93 f.). Von clen anclcrcn 1-Urctikcrn widcrlcgtc Ch romatills dcn Sabcllills (hzw. clcn
Patripassianismlls, Zllsammcn mit Arrills llnd Photinlls; Tract. 35,4; 370,73), Manichiiismlls
(Scrmo 26,4; cbcl„ 121,87; Tract. 24, 1,2; 309,22), dic Lchrc Marcions (Scnno 26,4; 121, 87)
llncl Ebions ( Tract. 50,3; 448, 117). An vcrschicdcncn Stcllcn hckiimpft cler AlltOr die
J-hiresien llncl Schismcn allgcmcin; s. dic Stich wortc bacrcsis, bacrctic-us, blaspbcmia,
disputatio, crro 1 ~ impictas, i11jhlclitas, scbisma(ticus), scissura llsw. in dcr angcfi.ihrtcn
Allsg„ 541 ff.; Spicilcgiwn, 647 ff. Einigc bes. charaktcristischc Stc llcn fi.ihrt S. TAVANO,
Aqllileia, 544, an; crsd16pfcnclc Rchancllllng dcr Fragc hci Y. M. DUVAL, Les rclations
doctrinales (wic in Anm. 100), 171-234, inshcs. 200 llnd C. THUZZI, o.c„ 126 ff.
205 Die I-lallptstcllc ist E-"'lp ..1ymb. 3 7( CCSL 20, 171 ff.) , wo Rllfinlls cinc Rcihc dcr "Hiircsiarhen"
(Marcion, Valcntinlls, Ehion, Manichaclls (!), Pallllls Samosatcnlls, Photinlls, Arrills,
Ellnomills, ohnc abcr Maccclonills Zli ncnncn) llnd clic Schismatikcr (Donatianlls (!), Novatlls)
wiclerlegt. Vgl. allch Exp. S)m1.b. 39 (chcnda, 175) llnd das Stichwort bacrctici (317).
206 Zli blaspbcrn.ia clcr I-liirctikcr vg l. CCSL 9 A, Indcx , s.v.; Zli dc/'l/.c11tia bacrcticorum s. Tract.
43,2 (406,31); Zli pc1jidia (baereticorum) vgl. Ser/'// O 21,3 (98,50 f.); Tract. 31, 1, 4; 31,2,2
(346, Z. 28 ff.; 39 ff.); Tract. 35,2-3 (Arills wird als ·111agisterpe1jldiac hczcichnct); Tract.
35,2,5 (m it dcr Bchallptung: . m.clior est causa Judacorum ucl ge11.tiliu.m quam
baereticorwn); 8 (369 ff„ Z. 37 ff.; 56; 90 ff.; pc1jldus prauusquc doctor hzw. i11.Jidclis ac
pcrfidus sacerdos im Gcgcnsatz Zli catbolicus cpiscopus); pe1jidiae ue11e11um ( Tract. 56, 4;
480 ,83 ff.). AllScrst scharfc AllsdrC!ckc fi.ir 1-farcsicn hrallchtc allch Rllfinlls . Scinc Cibliche
Bezcichnllng fi.ir clen Arianismlls war pc1jidia (vgl. clazll F. THELAMON, Pafrms et cb rčtiem
au /Ve sicclc, Paris 1981, 420 ff.), cinmal hczcichnctc er dicsc 1-Hircsic sogar als coutagio
pest[/crac adscrtionis ( Hist. eccl. 10, 1; GCS IX,2, 960, 14 f.; 990,6) hzw. a ls pesti/era bestia
(!-list. cccl. 10,26,· ebd„ 990,6); Ellnomills war nach ihm sogar uir coipore ct auima leprosus
(Hist. cccl. 10,26; 989,26). Vgl. allch Anm. 209.
201 Zli clen crror gentilium, error idolatriac oder error supcrstitionis s. CCSL 9 A, Inclcx, s. v.; Zli
stultitia ge11tilium s. Tract. 18,4, 1 (282,99); Chromatills gchrallcht hciclc Bczcichnungcn
allch flir -clie jlldcn (Scrmo 9, 1;3 (39,7; 40, 52 ss.); s11pcrstitio idolorum ( Tract. 39,2; 43,5;
383,64; 409,102). Rllfins C1hlichc Bczcichnllngcn dcs I-lcidcntllms warcn chcnso error llncl
supcrstitio (vg l. F. THELAMON, Pai'c11s, 157 ff; 312 ff.).

349
Rajko Bratož

Inhalt und die Argumente betrifft, in den meisten Fallen bei den klischeeartigen
Vorwl.irfen, theologisch vertiefte Dberlegungen zu den Streitfragen sind kaum zu
finden. Wenn in der flir die christliche Gemeinde bestimmten Literatur die
theologische Polemik auf relativ niedriger Ebene geblieben ist, verlief diese Polemik
im Alltagsleben wahrscheinlich in noch einfacheren Denkformen.
In der Kirchengeschichte, die Rufin auf Chromatius' Anregung als ein
Heilmittel uncl eine Trbstung ( medicinae genus .. .feralis exitii aliquod reinedium ...
oblivio quodammodo malorwn) in der flir Aquileia au!Serst schweren Zeit der
gotischen Invasion schrieb, umging der Autor die Erwahnung innerer religioser
Auseinandersetzungen in cler Staclt, gleichzeitig aber hob er in der Einfi.ihrung
inclirekt noch ein weiteres religibs-ethnisches Problem im Gebiet von Aquileia
hervor: namlich die arianischen Goten , die von Ende 401 an weiter diese Region
ve1wC1steten und clie Bevolkerung in Toclesangst und existenzielle Not drangten 209 .
Abgesehen von cliesem letzten Element, clas zeitlich nur vorl'1bergehencl war und
in dieser Zeit im kirchlichen Leben der Gemeinde keine sichere Spur hinterlief5 210 ,
konnen wir aus den Schriften des Chromatius uncl Rufinus entnehmen, da!S die
rechtglaubige Gemeincle im Verhaltnis zu anderen Gruppen (cler Heiden und
Haretiker, von Juden gar nicht zu sprechen) in einer l.iberzeugenden Mehrheit
war. Wegen der Flucht der christlichen Gemeinclen aus Pannonien nach Italien
in der ersten Dekade des 5. Jahrlrnnderts hat sich diese Mehrheit noch verstarkt,
obwohl sich sicher auch einige Haretiker (z.B. Photinianer) in Richtung
Norclostitalien zurl'1ckgezogen haben 211 .
Die christliche Gemeinde von Aquileia konnte in dieser Zeit einen
gro!Sen Fortschritt verzeichnen . Man mufS kurz auf zwei Phanomene eingehen,
die bedeutende Elemente ihrer Starkung waren. Zum ersten ging es um die
Entstehung des Monchtums in der Stadt (ab 370), das ahnlich wie im Osten der
verstarkende und besonders aktive Teil der Orthodoxie war. Sein Kern bildete
eine asketisch orientierte Gruppe, die Hieronymus als chorus beatorum be-

2oH Den juden wurden von Chromatius caecitas, error, impietas, iucredulitas, iiifidelitas, ini-
qttitas uncl stttltitia vorgeworfen (s. CCSL 9 A, Index, s .v.), nach Rufinus sincl sie increduli
et abiecti (Hxp. SJmib. 17; CCSL 20, 154.35).
209 Prologu s Rujini in libros bistoriarum Husebii ( GCS9/2, 951): ... quo diruptis Italiae claustris
11/arico duce Gotborwn se pesti/er ·1norb1.1s injitdit et agros anneuta viros lo11ge lateque
vastavit„. Zur Bestimmtheit der Schrift vgl. F. THELAMON , Une oeuvre clestince a la
communautc chrcticnne d 'Aquilce: l'Histoire Ecclestiastique de Rufin, AAAd 22, 1982, 255-
271; dies „ Rufin historien de son temps, AAAd 31 / 1, 1987, 41-59. Obwohl Rufinus die
Adjektive pesti/er und leprosus in hezug auf den Arianismus ve1wcnclete (s. Anm. 206),
zielte er in dicsem Fall mit pesti/er nwrbus offensichtlich auf clic Barbarei der Goten und
nicht auf ihrcn arianischcn Glauhen .
2 10 Die einzige moglichc Spur sind die gotischcn Namen Atbattlphus uncl Uljius in eter
frlihmittclaltcrlichcn Hcrmagoras-Lcgende (Athaulph, Alarichs Schwager, war sicher mit
Aquilcia verhundcn); vgl. dazu R. BRATOŽ, K1:'ičai1stvo v Ogleju (wie in Anm. 16), 45.
211 Vgl. R. EGGEH, Der beilige Hermagoras, Klagcnfurt 1948, 55 ff.; M. PA VAN , Romanesimo ,
cristianesimo c immigrazioni nci tcrritori pannonici, Roma11obarbarica 9 , 1986/7, 161-227,
bes. 184 ff. (Nachdruck in: dcrs„ Dall'1tdriatico al Da11ubio, Padova 1991, 492 ff.); kurz
auch C. TRUZZI, Zena, Ga1.1de11zio e Cromazio, 134.

350
C h r i s t •i a n i s i er u n g de s N o r d a d r i a - u n d W e s t b a 1 k a n r a u me s i m
4. Jahrhundert

zeichnete 212 . Einen starken Impuls gaben dieser Bewegung die Texte, die entweder
in Aquileia entstanden und fe1r die heimische Kirchengemeinde bestimmt waren
(wie z .B. Rufins Kirchengeschichte und seine um 404 i.ibersetzte Historia
monachorum), oder die Texte, die damals im Westen allgemein bekannt waren
und auch in Aquileia und in Illyricum als Vorbild gedient haben 2u Die zweite
wichtige Erscheinung war die Konsolidierung der Verehrung heimischer Martyrer
sowie die Ubertragung der Apostelreliquien aus dem Osten , was der I<:irche von
Aquileia das Ansehen eines Wallfahrtsortes verlieh und noch zusatzlich die
Frbmmigkeit forderte 211. Die Kirche von Aquileia war, wenigstens nach dem Konzil
von 381, neben Mailand das bedeutendste Kirchenzentrum Norditaliens. Sie wurde
zur Metropole fi.ir Venetien und Istrien mit der Moglichkeit, sich angesichts der
Gefa hrdung der Gemeinden im westillyrischen Raum zur Metropolitankirche fi.ir
den GroBteil Westillyricums zu entwickeln 215 . Einen bemerkenswerten Aufstieg
der Gemeinde dokumentiert nicht zuletzt der intensive Kirchenbau in der Stadt
und in ihrer suburbanen Umgebung: in dem Vorort Aquileias Beligna, in der
befestigten Inselsiedlung (castru.m) Grada, die wahrscheinlich schon zur Zeit
der Gotennot 401/2 und 408 der aquileiensischen Kirchegemeinde als Zufluchtsort
diente, und in San Canzian d'Isonzo in Verbindung mit der dortigen Martyrer-
verehrung216. In die Zeit um 400 fa ll en viele fri.ihchristliche Inschriften und
verschiedene kleinere Funde 21 7.

2 12 HIERONYMUS, Chronica a. 3 74 ( GCS Euscbius7 , 247); G. SPINELLI, Ascetismo, monachesimo


e cenobitismo ad Aquileia nel IV secolo, illllld 22, 1982, 273-300 .
213 Schon in der Hist. cccl. 10,8; JJ, 4und 8(GCS9/ 1, 971; 1004-1008; 1113/ 4) hat Rufinus das
iigyptische M6nchtum der Kirch e ngemeinde von Aquileia vorgestellt, wobei er auf die
allgemeine Zugiinglichkeit der lateinischen Obersetzung der Vita 11'11to11ii alludierte ( 10,8
(97,17 f. ): ... volcntcm me aliqua cxpo11crc (se. de virtutihus Antonii) illc libcllus cxclusit,
qui ah 1ltha11asio scriptus ctiam Latina scrm.011c cditus esl). Einige jahre spiiter ver6ffent lichte
er - a llerdings fi.ir ein brcites Publikum hestimmtc - 1-Jistoria mouachorum sive de vita
sanctorum patrum (PL 21 , 387-462; zuletzt in Patr. Textc w1.d Stud. 34, Hg. E. Schu lz-
Fluegel , Berlin 1990). Vgl. Y.M. OUVAL, Aquilee et la Palestine entrc 370 et 420 , lllllld 12,
1977, 263-322; F. THELAMON , Modcles de monachisme oriental sclon Rufin d 'Aquilee,
M!ld 12, 1977, 323-325. Weit verbreitet waren im italischen Raum die zwei latein ischen
Ubersetzungen der Vita 1lntollii des Athanasius. SULPICIUS SEVERUS, Dial. 3, 17,4 ( CSEL 1,
215) be richtet, daB seine Biographie des hi. Maninus im Westen allgemein verbreitet wurde:
... prim. um illum. nostrwn libcllum 11011 per Jtalia m tantwn, sed per totum etiam dijjitdit
lllyricum .
214 Y.M. OUVAL, Aquilee et la Palestine, 303 ff. ; kurz auch R. BRATOŽ, Kr.~ča 11stuo v Ogleju, 73 f.
21 5 Vgl. kurz R. BRATOŽ, Der EinfluB Aquileias auf den Alpenraum und das Alpenvorland, in:
Das Christcntum im bairische11 Raum. Vo11 den 1liija11R,c11 bis ins 11 . Jahrhuudcrt (Hg. E.
Boshof und H. Wolff), Koln-Wcimar-Wicn 1994 , 29-61 , insbes. 33 ff.
21 6 Kurze synthetische Obersicht hei S. TAVANO, Aquileia, 529 f. (Basilica in Beligna si.idlich
von Aquileia aus dem 4 . Jh., um den dortigen loka len Kult des Bclenus abzu losen); 545 ff. ;
eingehende Analyse anhand de r Mosaiken hei J .P. CA ILLET, L'cucrp,ctisme monumcntal
(wie in Anm. 18), 142-265; fi.ir die frlihesten Kirchenbauten in Grado (Enclc des 4. - Anfang
des 5. Jahrhunderts) s. auch L. BERTACCHI , Architettura c mosaico, 274 f. (crstc Phase cler
spateren Euphemiakirche) ; 291 ff. (erste Phasc dcr Kirchc S. Maria dcllc Grazie); 297 ff.
(P iazza della Corte); 303 ff.; fi.ir S. Canzian d 'Isonzo vgl. M. MIRABELLA ROBERTI, La basilica
pa leocristiana di San Canzian cl'Isonzo, 1IMSI n.s. 27-28, 1979-1980, 313-331.

351
Rajko Bratož

Von den christlichen Gemeinden im EinfluBgebiet Aquileias in Istrien


und gegen Osten sind nur zwei Bischofssitze einigennaBen bekannt - Parentium
und Emona-, wahrend in Tergeste und Pola nur die Kirchenbaureste und einige
Inschriften die wichtige Entwicklungsphase der Kirchengemeinde beweisen 218 .
Die christliche Gemeinde von Parentium bekam mit der Ubertragung
der sterblichen Uberreste des Bischofs und Martyrers Maurus in die Stadt (um
386) ihr erstes grofšes fri.ihchristliches Zentrum 219 . Wer der parentinische Bischof
zu dieser Zeit war, steht nicht mit Gewifšheit fest. Das konnte mogliche1weise
Julianus gewesen sein, den Rufinus fi.ir das Jahr 362 als Diakon (in einer
Monchsgemeinde!) in Paliistina und spateren parentinischen(?) Bischof e1wahnte 220
Sein Pontifikat, das theoretisch in die 40-jahrige Zeit zwischen 362 und 402 (die
Entstehungszeit der Rufinus-Niederschrift) hineinpaBt, konnte man unter Vorbehalt
in die Zeit nach 381 stellen, denn sein Name ist unter den Teilnehmern des
Konzils von Aquileia 381 nicht zu finden 221 .
Die christliche Gemeinde von Emona war spatestens ab etwa 380 als
Bistum organisiert. Der Bischof Maximus wird unter den Teilnehmern der Synode
von Aquileia 381 und wahrscheinlich auch der Mailander Synode 390 (Verurteilung
der Haresie des Jovinianus) erwahnt, in beiden Fallen als Fi.irsprecher der
Orthodoxie und Anh~inger des Ambrosius 222 . Der wichtigste Mitarbeiter des

21 7 L1, Pars tcrtia, Udine 1993; cine Obersicht der Inschriften aus dem 4. unc\ vom Anfang c\es
5. jahrhunderts vermittcln bes. D. MAZZOLENI, L'epigrafia cristiana ad Aquileia nel IV
secolo, /1/1/ld 22, 1982, 301-325 umi G. CUSCITO, Le iscrizioni paleocristiane c\i Aquileia,
/1/1/ld 24, 1984, 257-283; ders., Epigrafi paleocristiane ineclite o poco note c\i Aquileia,
/lquilcia nostra 57, 1986, 865-876 (in vergroBerter Fassung unter dem gleichen Tite! in
Rivista di archcolo,f!,ia cristiana 63, 1987, 167-192).
21 8 Synthetischer Uberblick mit relevanter Literatur bei: P. TESTINI, C. CANTINO WATAGHIN, L.
PANJ ERMINI, La cattedrale in Italia, /IC//ICXI, 178 ff.
219 A. ŠONJE, Predevfrazijevske bazilike u Poreču, Z bo mik Porc.'itinc !, Poreč 1971; G. CUSCITO,
Cristiancsimo antico, 133 ff.; kritische Obersicht der bisheringen Forschung bei G. CANTINO
WATAGHIN, La cattedrale in Italia, /IC//IC XI, 1989, 174 ff. und j.P. CAILLET, L'evergetisme
11Wlll/111C1lta/, 293-306.
220 RUFINUS, Hist. cccl. 2,28 ( GCS 9/2, 1034, 13 f.); F. THELAMON, Pafens ct chretic11s, 292 f.;
G. CUSCITO, Un nuovo nome nella serie dei vescovi di Parenzo, /IMSI n.s. 31, 1983, 119-
127.
221 Vgl. G. CUSCITO, Un nuovo nome, 126.
222 /leta concilii /lq11ilcic11sis 1; 59 (CSEL 82/3, 325 ff.; 361). Da c\ie einzige Aussage des
Bischofs von Emona auf dem Konzil auf deklarativer Ebene geblieben ist - es geht nur um
die Verurteilung des Palladius als Anhiinger der blas.fcmia /lrri, wobei er sich auch auf die
jldclittm co11scic11tia berief - hat der Autor c\es arianischen Kommentars mit c\er Maximus-
Aussage nicht polemisiert. Die Teilnahme des emonensischen Maximus auf c\er Synode in
Mailand 390 ist nicht vollig sicher, da der Bischof (wie alle 9 Teilnehmer) in dem an den
Papst Syricius gerichteten Synodalbricf ohne Ortsangabe e1wiihnt wurde (AMBROSIUS, Epist.
42; PL 16, 1129 A: Maximus cpiscopus; vgl. MANSI, Concil. 111, 664 ff.; Ch. PIETRI, Roma
Christiana 11, 904 Anm. 1). Die Ic\entifizierung mit dem emonensischen Bischof basiert auf
der Tatsache, daB von den bekannten Bischofen im gesamten norditalischen Raum nur
dieser den Namen Maximus trug. Im Fali der Teilnahme an der Synode w:ire der Bischof
von Emona c\er einzige aus der Provinz Vcnctia ct Histria, was uns cin wenig ungewohnlich
erschcint.

352
Christi.. anisierung des Nordadria- und Wcstbalkanraumes im
4. Jahrhundcrt

Bischofs (Maximus oder seines Nachfolgers) war der Archidiakon Antiocus, der
am Beginn des 5. Jahrhunclerts mindestens einen Teil cler Arbeiten beim Bau cles
Kirchenzentrums leitete, wovon eine Bauinschrift zeugt 225 Zwei Briefe des
Hieronymus (ep. 11 und 12l samt Etwahnung der Asketen von Emona (aus dem
Jahr 375/6) 221 und donatorische Mosaikinschriften im Baptisterium und Portikus
des fri.'1hchristlichen Zentrums vom Beginn des 5. Jahrhunderts 225 i.ibermitteln
einen Einblick in die lokale christliche Gesellschaft und sprechen von einem
ziemlich intensiven religiosen Leben in cler Staclt, in cler aber noch 388, beim
Empfang cles Kaisers Theodosius, zuminclest die Oberschicht und der
Ve1waltungsapparat heidnisch waren. Konflikte zwischen Christen und Heiden
sind nicht bekannt. Denkt man an die langsame Entwicklung in den mit Emona
vergleichbaren Stadten Norditaliens (z.B. Verona, Brixia, Tridentum und andere) 226 ,
kann man schlugfolgern, daB erst um 400 oder sogar etwas sp~Her cler mehrheitliche
und einfluBreichste Teil der Stadtbevolkerung christlich war.

b. Noricum

Die cluistliche Gemeinde von Poetovio, die um 380 religios in


Orthodoxe und Arianer gespaltet war, taucht nach der Synocle von Aquileia 381
in den Quellen nicht mehr auf. Nach der Flucht cles arianischen Bischofs Julianus
Valens nach Norditalien uncl nach der Verurteilung des Presbyters Attalus bei der

223 L. PLESNIČAR-GEC, Tbe old Cbristiall Center of Jim.ona, Ljubljana 1983; kurz auch dies.,
Emona nel IV sccolo. Problemi di collegamento con Milano c l'area paclana, in: Felix
tempo ris reparalio. Atti del co1wep,1t0 "Milano capitale dell 'impero Rom etila", Milano 1992,
219-226.
224 Die Bezichungcn Hieronymus' mit clen virgi11es Hacn1onc11scs (ep. 11, cd.]. Labourt !, 29-
31) und mit dem 1l11tollius mo11acb11s Hacmo11ac (ep. 12, ibid., 31-32) waren schlecht.
Offensichtlich habcn die Askcten von Emona wcgcn dcr uns unbckanntcn ;iltercn Konflikte
mit Hicronymus cine Reihc seiner Bricfe ignoriert. Diese Tatsachc hat den Autor ticf beleicligt
(Epist. 11: ... dico enim lacsus, dico lacrimans ct irasccns ... ; Ep. 12: ... credc 1nibi, !lisi stili
vcrecw1dia probibcrct, ta11ta lacsus ingercbam ut incipcrcs mibi rescribcre vel iratus .. .).
Hieronymus, dcr noch Jahrzchnte spilter gutc Bczichungcn mit dcn Askctcn im
nordaclriatischen Raum hatte, untcrhielt nach 375/6 gar keine Beziehungcn mit Emona;
vgl. Y.M. DUVAL, Chromacc ctJcrome, 1IA11d34, 1989, 151-183, bes. 154 f. und clen Beitrag
von M. ŠPELIČ in cliesem Band, S. 291 ff.
2 25 J. ŠAŠEL, Opera sclccta, 783-794; J.-P. CAILLET, L 'cucrJ!.ctismc 11101mmcntal, 370-380; 420;
Bauinschrift auch bei G. CUSCITO, Vescovo e cattedralc nella clocumentazione cpigrafica
in Occidente, ACIACXI, 757 f. Von vcrmutlichen 24 Mosaikinschriftcn sind nur 12 zur
G~lnze oder fragmentarisch erhalten gehlicben. Mit der einzigen Ausnahme der Archidiakon-
Inschrift stamn1en alle von den Laienmitgliedern der ctnonensischen "societas Christiana"
um 400. Ein Dedikant war viclleicht 11egotiat01~ neben dem Archidiakon trug noch 1lrcbclaus
cinen typisch ostlichen Namen. Ldtetc der Archidiakon den Bau dcs Porticus und
Baptisteriums, dann hiltte cler Bischof wahrscheinlich fi.ir dcn Bau des Hauptobjektes (Kirche
oder sogar Doppelkirchc) sorgcn umi cinc entsprechcnde Bauinschrift erstellen lassen
(wie J.P. CA!LLET, o.c., 420, mit Recht meint).
226 Vgl. R. LIZZI, Ambrose's Contemporaries and thc Christianisation of Northern Italy, ]RS 80,
1990, 156-173; L. CRACCO Rl!GGINI, La cristianizzazionc nellc citta dell'ltalia settentrionale
(IV-VI secolo), in: Die Stadt i11 Obcritalie11 (wic in Antn. 3).

353
Rajk o B r a to ž

Synod e von Aquil e ia w urde die Geme inde bestimmt rechtglaubig 227 , spielte aber
gewifS ke in e bede utende Ro lle. Die frl.ih christliche n Funde in der Stadt, die sich
a uf diese Ze it bez ie he n , l.ibe nnitte ln noch ke in klares Bild der Entwicklung und
bedl.irfen cleswegen e ine r ne uen, tiefgehenden Analyse 228 .
Dbe r and e re christliche Geme inclen im damaligen Noricum besteht fl.ir
cl ie Ze it um 400 ke in e inziger Bericht . Da mit Ausnahme Poetovios in Noricum
ke in Bistum bekannt ist - o bwo hl hochstwahrsche inlich schon in der Mitte cles 4.
Jahrhunclerts noch e in no ris ches Bistum existierte 229 - , kann m an all erclings an
e ine langsame Entwicklung cle r Kirche no rganisation im Lande d enken.
Im Lichte de r ne ueren archaologischen Fo rschungen e ntwickelten sich
in d e r Ze it urn o d e r nac h 400 zw e i no rische Kirche ngem e incle n in einem
Bischofszentrum: Cele ia uncl Te urnia. Das in der Zeit um 400 gebaute Baptisterium
vo n Cele ia 2511 mit fast a hnli che n Dimensio nen wie in Emona bildete zusammen
mit e ine r gro f~ e n I<:irche ( in ke ine r direkten Ve rbindung mit dem Baptisterium)
uncl e in e r hyp o th e tis che n (n oc h nicht e ntcl ec kte n uncl zum Ba ptis te rium
ge h6rend en) !Grehe e ine n fri.ih christlichen Bauko mplex , ve rgleichbar mit dem
Bischo fs zentrum von E rno n a 2 -~ 1 . Au ch die zwe i grofSe n Christogramme aus dem
Funclort Vipo ta sl.icllich vo n Cele ia aus cler Zeit um 400 sollten a us der damaligen
Kirche(n) vo n Cele ia starnm en 252 . Etwas jl.inger ist clie erste Ba uperio d e cl er
Bischofskirche von Te urnia, die a nnahernd in d er ersten Halfte des 5. Jahrhunderts
(a ufgrund de r Ke ramik nicht vor 430) anzusetzen ist255 •
Aus d er Ubergangsze it vo m 4. ins 5. Jahrhundert stammt e ine Reihe
vo n Funde n, de ren Charakter sich nicht so eincle utig wie im Fali vo n Celeia und
Te urnia eino rclne n liers 2.i• . Flir die Entw icklung des Christentums ist das Grabmal
Ursas vo n Ovilava beso nd ers aufschlufSreich. Die Inschrift bew e ist for diese Ze it
(e rstes Vie rte l des 5. Jahrhunderts?) die Existenz von Mischehen (wied er als ein

221 R. EGGEH, Die Zersto run g Pettaus durch die Goten, in : Rdmiscb e Antike und jdibes
Cbristentum 1, Klagenfurt 1962 , 36-44; zuletzt Y .M . D UVAL, La presentati on arienne du
co ncile d 'Aquilce de 381, RHE76 , 1981, 317-33 1.
22 8 Neuere Uhersichten (m it den ii lteren Literaturangaben) bei R. BRATOŽ, A CJAC XI, 2348 ff.
und insbes. bei T . K NIFI C in : Pismo brez pisave - ea rla sin e lilleris (Hg . T. Knific - M .
Sagadin ), Ljubljana 199 1, 14 ff. und 101 ff. ; die Beitriige im archiiologischen Teil der
Symposiumsa cta ( /1 \f 47 , 1996, im Druck).
229 Vgl. Anm . 117.
2.io A. VOG mN im Ausstellu ngskatalog: Ccleia a ntiqua, Celje 199 1, 17-20; 24 ; 28 f.
2.l l Zuletzt ausflihrlich beij .P. CA ILLET, L 'čuerR,člismc, 356-370.
2.i2 S. CI G L ENEČl\:l , Zg odnj ek ršča n s k e najdbe z Vipote nad P ečov nik o m (Fri.ihchristliche Funde
vo n der Vipola o berhalb vo n P ečo vnik ) , 11\f 44 , 1993, 213-221.
233 F. GLASEH, D ie Christianisierun g von No ri cum M editerran eum , 198 ff. ; ders ., Archiio logisch-
histo rische Ergebnisse im Li chte der let zten Ausgrabungen in St. Peter in H o lz/Teurnia und
auf d em H emmah erg/ lu c n n a, 11\f 4 5, 1994, 165-17 3 , i nsbes. 170 f . (mit alt er en
Litc raturangaben).
2.l4 D ie neuerc n Ubc rsi chtc n (mit iiltcrc n Literaturangaben) bei R. PILLINGER, A CJAC XI, 2089
ff. ; clics., Frlihcs Christc ntum in O stc rrcich, 5 ff. ; H-_ UBL, Die Christianisierung vo n Noricum
Ripense; F. G LASER , Dic Christianisic rung vo n Noricum Mediterraneum (alle wie in Anm .
10) .

354
C hris ~ian i s ierung d es Nordadria- und W es lbalk a nraume s im
4 . J a hrhund e rl

Bund zwischen e inem Heiden und e iner Christin): es geht um e ine typische
Erscheinung der noch nicht vollig christianisierte n Gesellschaft, die von den
Kirchenvatern dieser Zeit scha rf verurteilt worden sind 2.l 5 .

c. Pannonien

lm panno nis che n Gebie t sind zu jener Ze it nur drei Bischofssitze


dokumentie rt. Anemius , de r Bischof vo n Sinnium , wa r nach de m Konzil von
Aquil eia , wo er ne ben Ambrosius uncl Vale ria nus aus Aquile ia die hochste Wi.irde
des Metropo liten Illyric ums trug, nicht me hr e rw~ihnt 2 .i 6 . Die christliche Gemeinde
von Sirmium , e ine m der Mittelpunkte des Arianismus in Illyricum und dem
Stammort der Photins-Haresie , wurde na ch den Konzilen in Sinnium 378 und
Aquileia 381 o hne Zweifel rechtgla ubig, obwo hl offe nsichtlich e in Te i! der Chris-
ten nach wie vor be i haretischen Bewegungen verharrte . Mit de r I-Iaresie des
Photinus kampfte(n) am Anfang des 5. Jahrhunderts auch de r Bischof Cornelius
und se in Nachfolge r(7) Laure ntius 2·H Sirmium war in der e rsten Halfte des 5.
j ahrhunderts als i.iberregionales Kirchenzentrum de m Untergang nahe, de nn die
papstliche Po litik vervollkommnete ihre Positionen a uf dem Balkan durch die
Erhebung Th essalonikes z um e rzbis cho flich e n Zentru111 2.ix. Die sirmis che
Gemeinschaft in dieser Zeit ist schlecht heka nnt. Neu e Erk enntnisse liefe rn erst
die Res ultate d e r ne ue re n archaologischen Untersuchungen, die noch nicht
systhematisch publiziert wurden 2.i9 _
Die christliche Gemeinde von Siscia ist wenig beka nnt. Nach de r
Teilnahme des Bischofs Constantius auf dem Konzil von Aquileia wurde bis zur
ersten Halfte des 6. j ahrhund erts ke in Kirchenwi.irdentr~iger e rwahnt 21 0 . Im Fa li
der Erwahnung des Bischo fs Amantius aus Iovia bleibt angesichts d er Existenz

235 E.M . RUPRECHTSBERGER, Dcr Grahstc in CIL 111 13529 dc r Christin Ursa aus Ovilava/ W els
(wic in Anm. 76); zulctzt H . UBL, Dic Christianisi crung 138. Dic Ehc zwischcn cincm
heidnischc n Solclaten uncl c inc r christlichcn Frau crinncrl an clic Eltcrn clcs hi. Martinus,
als clcr H ciligc b c im Bcsuch dcr Hcimat 357 clic Muttcr hckc hrtc, hcim Vatcr abcr c rfolglos
blieb (SULPICIUS SEVERUS, Vita s. Marti11i 6,3; SC133 , 264). Zur Bcurtcilung clcr Mischchcn
in clc r Kirchc im 4. Jahrhunclcrt vgl. G. DELLING , Ehchindc rnissc , RAC 4, 1959, 689 f.
236 Gesta co11.cil. Aq1tileie11sis 1; 16; 55 (CSEL 82/3, 325; 327; 335; 359); Scholia Arriana in
cone. 1lquil. 20 (32) (CCSL 87 , 158; SC267, 228). Vgl. R. BRATOŽ, Dic Gcschichtc, 536 ff.
237 I NNOCENTIUS , Epist. 16; 41 (PL 20 , 520; 607); vg l. Y.M. DUVAL, Aquil cc ct Sinnium, 378 f.
238 Zum kirchenpolitischcn Aufsticg Th cssa lo ni kcs (hci glcichzc itigcm Nicdcrga ng Sirmiums
wegen clcr clamals unglinstigcn milit;irischc n Lagc) vgl. kurz R. BRATOŽ, Dic Entwicklung,
157; 177 f. ; cl ens., Dic frlihchristlichc I<irchc in ivlakcdonicn und ihr Vc1foiltnis zu Rom , in :
Klassisches 11/tertum ... (Festsch r. /l. Lippold), 522 ff. und V . POPOVIČ, Dic sLiclclanuhischen
Provinzen in clcr Sp;itantikc vom Endc dcs 4. his zur Mitlc clcs 5. Jahrhunclcrts, Siidosteuropa
.fahrbuch 17, 1987, 95-1 39, inshcs. 121 ff.
239 N . DUVAL, Sirmium "vilic imperialc" o u "capitalc"' (wic in Anm. 19), 82 ff. ; N. DUVAL - V .
POPOVI Č , Urhanismc ct topographic chrc ti c nnc dans les provinccs scptcntrionalcs de
l'Illyricum, AC/1ICX/!, 1984 , 542 ff. ; V. P OPOV I Č , Dic sliddanuhischcn Provin zc n , 117 ff.; A .
NIKOLAJEVI Č , 1IC11IC XI, 2456 f.
240 Gesta co11cil. 1lquil. 1; 6 1 ( CSEL 82/ 3, 325; 327; 362); J. ŠAŠEL, Opera selecta, 604; 618; vgl.
R. BRATOŽ, Dic Enlwicklung, 189.

355
Rajko Bratož

zweier Iovias in Pannonien die Lokalisierung des Bischofssitzes umstritten 21 1.


Der Bischofssitz in Mursa wurde nach dem Tod des Bischofs Valens nicht mehr
e1wahnt - es ist moglich , dag die Stadt um 380 zerstbrt wurde 212 -, wahrend die
Existenz anderer Bischofssitze angesichts unzuverlassiger Dokumentation fraglich
bleibt. Relativ reiche archaologische Funde (Inschriften, Kleinfunde usw.)
veranschau lichen das mate rielle und geistige Leben der christlichen Gemeinden
im pannonischen Raum zu je ner Zeit 215

d. Dalmatien

Von d en dalmatinischen Christengemeinden um das Jahr 400 ist die


salonitanische am b e kanntesten. Unter den salonitanischen Bischofen aus dieser
Zeit, als spatestens ca. 380 in der Stadt die Orthodoxie den Sieg davontrug , tritt
als eine bedeutende Personlichkeit Hesychius (ca. 406 - 426) hervor; dieser Bischof
baute zusammen mit se inem Vorganger Symferius das neue Kirchenzentrum 21 4,
er trat als angesehener Kirchenpolitiker und Theologe in schriftliche Verbindungen
mit]ohannes Chrysostomos, mit dem Papst Zosimus und mit dem hl. Augustinus 215 .
Zu dieser Zeit erhielt Salona den Rang eines Erzbistums fi."ir das gesamte Gebiet

241 Fi.ir die Lokalisierung des Rischofssitzes /ouia vgl. zuletzt E. TOTH , Das Christentum, 251 f.
(Anm. 48), der auf der Karte S. 261 der Stadt i11 Valeria (Als6hetčny) den Vorrang vor der
Stadt in Savia (Ludbreg) gab, ebenso aufgrund der Besiedlungsverh~iltnisse H. CASTRITIUS,
Rarbari - antiqui barbari: k poselitveni zgodovini jugovzhodnega Norika in južne Panonije
v pozni antiki (Barb. - ant. barb.: z~11· Besiedlungsgeschichte Si.idostnoricums und
SOclpannoniens in der Sp;itantike), ZC 48, 1994, 142. Die bisherigen arch~iologischen
Forschungen in beiden SUiclten (E. TOTH , Das Christentum, 250 f. bzw. fi.ir Ludbreg
zusammenfassend B. MIG OTTI, in: Od 11epobjediuog .mnca, 53) erlauben in der Streitfrage
keine sichere Entscheidung .
242 Auf clie Katastrophe der Stadt Mursa (in der Zeit um 380) alludierte Magnus Maximus im
Brief an Valentinianus II. aus dem jahre 386/7: Utiuam quod errasset 11011 extaret
exe111plwn.l uti11am i/l1.1d i11colu111e 1lrria1lae lep,is 1\!/ursi11e11se oppidwn perma11.eret et 11011
ad iudicium quo11dam. erroris m.iseri co11cidisset, ut, quia ipsos erudisset auctores, praecipua
irati ·1wmi11.is ultione procumberet. (Epist. /Vlaximi Tyrmmi ad Valenti11.ianwn Aug.
lu11.iorem; Coli. lwell. 39,4; CSEL 35/ 1, 89,22 ff.). Vgl. auch D. PINTEROYIC, /Vl1t1:1·a i 11je110
područje u antičko doba (Mursa und sein Gebiet in der Zeit der Antike), Osijek 1978, 98
(die Autorin verbindet den Fali Mursas - wie auch L. VARADY , Das letzte.fahrlnmdert, 37 -
mit den Verwi.istungen cler Foderatengruppe unter Alatheus und Saphrac, jedoch olme
arch;iologische Belege fi.ir eine Zerstbrung iri clieser Zeit).
24 3 Neuere i.Jbersichten bei E. TOTH , Das Christentum in Pannonie n; Ausstellungskatalog Od
nepobjediuop, s1.w .ca (wie in Anm. 10).
24 4 G. CUSCITO, AC!ACXJ, 771 ff.; E. MARIN, Salo11a Christia11a, Split 1994, 38; ders. in: Salona
l. Scu lpt11 re a rch"itec/"11 rale. RecJwrcbes a rchcologiq1.1es ji-a11co-croates dirigees par N. Duval-
et E. /Vlari11, Collection de l'Ecole Frans;. de Rome 194, 1994 , XV f. (mit den ~ilteren
Literaturangaben).
24 5 IOHANNES CHRYSOSTOMOS, Epist. 183 (PG 52, 715; aus dem Jahr 406); ZOSIMUS, Epist. et
decr. 9 (PL 56 , 751; aus dem Jahr 418); AUGUSTINUS, Epist. 119; 197(PL 33, 899-901; 904-
925; aus der Zeit 418/ 9); Ciu. Dei 20,5 (CCSL 48, 705; vor 426); clie Quellen zuletzt
veroffentlicht von M. !YANIŠEVIC in: Salo11a Cbristia11a (ed. E. Marin) , 129 ff.

356
Chris~ianisierung des Nordadria- und Westbalkanraumes im
4. Jahrhundert

Dalmatiens , waluend sich ein Vikariat fe1r das gesamte Westillyricum nicht
herausgebildet hat 21 6 . Auf diese Zeit bezieht sich reiches Fundmaterial21+ 7 _
Erst auf dem Konzil in Aquileia 381 taucht in den Quellen als der
zweite dalmatinische Bischofssitz Iader auf, obwohl schon zur Zeit des Konzils
von Serdica neben Salona sicher auch anclere Bisti.imer existierten 218 . Anclere
Bischofssitze werclen nicht erwalrnt; die E1wahnung des Bischofs Laurentius mit
dem Vermerk "Seniensis" aus der Zeit 401-417 bezieht sich namlich fast sicher
nicht auf das antike Senia (Senj) 21+ 9 _ Wesentlich besser als durch seltene schriftliche
Quellen ist die Existenz der Christengemeinschaften in Dalmatien durch reiche
archaologische Dokumentationen bekannt 250

B. Heterodoxe christliche Gruppen. Juden und I-leiclen

Uber die Entwicklung der heterodoxen cluistlichen Gemeinden um


400 ist - mit Ausnahme ihrer Kontliktstellung gegeni.iber cler Rechtglaubigkeit -
beinahe nichts bekannt. Angehorige clieser Gemeinschaften lebten bestimmt in
Aquileia (Photinianer und Arianer), Sirmium (Photinianer) uncl wahrscheinlich
auch in Salona 251 • In cler ersten H~ilfte des 5. jaluhunclerts waren die Kirchenge-
meinden im Gebiet von Aquileia (und teilwe ise clie Gemeinden im westillyrischen

246 Ch. PIETRI , Ronia Cbristia1w 11, 1102-1105; kurz auch R. BRATOŽ, Die Entwicklung, 156
und 175 Anm. 57; ders. , Die Geschichte , 536 ff.
247 Neuere Ubersichten (mit iilterer Literatur) hei E. MARIN, Starokr.!icanska Salo11a, Zagreb
1988; ders. ACJAC XI, 1117-1131; 1227-1239; verschiedene Beitriige im Sammclband Salo11a
Cbristian.a; in Vorbereitung oder im Druck wichtige Beitriige in cler Reihe Salon.a (Recbercbes
arcbčologiquesji·anco - croates) uncl in AC!AC Xfff; vgl. Anm. 10 (am Encle, S. 302).
248 Gesta co11cil. Aquil. 1; 62 ( CSEL 82/ 3, 325; 327; 362: Felix episcopus Diadertiuus). Der
gleichnamige Teilnehmer der Synocle von Mailand 390 (AMHROSIUS , Epist. 42; PL 16, 1129)
war sicher nicht cler Bischof von Jader, sondern vom norditalischen Comum (Ch. PIETHI ,
Roma Cbristian.a JI, 904 Anm. 1; falschlicherweise hahen wir ihn frt\her (Die Entwicklung ,
193) mit dem Bischof von Jader gleichgesetzt). Uber die Existenz mindestens eines
dalmatinischen Bistums neben Salona in der Mitte des 4. Jahrhunderts vgl. Anm. 117.
249 JNNOCENTIUS, Epist. 41(PL20, 607: Laurentio episcopo Se11ie1tsi); zur Frage cler Lokalisierung
des Bischofs Laure ntius (auszuschlieSen sind das dalmatinische Senia und das pannonische
Siscia , mbgliche Lokalisierungen sind Sirmium oder Siena in Etrurien) vgl. Ch. PIETRI ,
Roma Christiana 11, 919 f. (pliidiert flir Siena; die Photinianer aus dem pannonischen Raum
sollten in Jtalien Zuflucht suchen).
250 Umfassendere Ubersichten uncl Synthesen: N. CAMBI , Starokršcanska arhitektura na području
salonitanske metropolije (Frt\hchristliche Architektur auf dem Gehiet der salonitanischen
Metropolie), AV29 , 606-626; ders., / ICJ/ IC XI, 2389-2440; P. CHEYALIER, Les baptistcres
paleochrctiens d e la province romaine de Dalmatie, Diadora 10, 1988, 111-163; D. BASLER,
Spatantike u11dji·iibhyza11ti11.iscbe Arcbitcktur ill llos11ic1t und J-Jerzegowi11.a, Wien 1993 ;
vor der Erscheinung P. CHEVALIER, Les basi/iqucs de Dalm.atic, in: Salona II , Roma 1995.
251 FC1r Aquileia beweisen die Gefahr des Photinianismus und des Arianismus die Berichtc clcs
Chromatius (insbes. Tract . 35,3; CCSL 9 A, 369; vgl. Y.M. DUVAL, Les rclations doctrinalcs
(wie in Anm. 100), 202 ff.; dcrs., Aquilcc ct Sirmium , 333 f. ; 378), flir Sirmium JNNOCENTIUS ,
Epist. 16 (PL 20 , 520 aus dem Jahrc 409). Dic salonitanischen lnschriften aus dem 5.
Jahrhunclert mit de r ausclrlicklichcn Erwiilrnung der eccl. catbolica (E. MAHIN, Salona
Cbristia11a, 38) weise n auf dic wahrschcinliche Existenz unrcchtgl~iuhiger Gruppen in der
Stadt.

357
Rajko Bratož

Raum) dem Einflu8 cles Pe lagianism us a usgesetzt, wobei relativ wenige konkrete
Ereignisse bekannt sind 252 . Offensichtlich betraf es auc h das behandelte Gebiet
beim immer komplizierter gewordenen Bild der Heterodoxie in dieser Zeit - ein
von Theoclosius II. und Valentinianus III. im Jahre 428 promulgiertes Gesetz
verbannt sogar 23 clamals noc h aktue ll e Haresien und Schismen 253 -, wobei die
(im Vergleich zum 4. Jahrhundert) wesentlich selteneren Quellen nur vereinzelte
Ereignisse registrieren.
Die jliclischen Gemeinschaften existierten damals in Aquileia, Salona
und vielleicht noch in e inigen pannonischen Staclten 251 . Ihre Zahl war verhalt-
nismagig gering uncl ihre Rolle i.'1bertraf im Vergleich mit anderen konfessionellen
Gruppen clen loka len Rahmen nicht.
Es fallt uns heute ziemlich schwer, clie Lage cles Heiclentums um 400
zu beurteilen. Obwohl cler heiclnische Kult verboten war, clie Tempe! vemachlassigr
oder fi.ir anclere Zwecke umgebaut wu rden, gab es clie Heiden sicherlich noch
weiter, und zwar in allen gesellschaftlichen Schichten. Heidentum als
Religionsi.iberzeugung war noch nicht verbannt , ein Verbot der heiclnischen
Uberzeugung und h e idnische r Br~iuche - auch in das Scheinchristentum verhi.illt
- mit Todesandrohung folgte e rst am Anfang cler Regierungszeit Justinians 255 .
Dank der toleranten Politik des Kaisers Theodosius nach der Schlacht bei Frigidus
und der Ubemahme dieser Politik clurch seine Nachfolge r befanden sich clie
Heiden sogar unter den hohen Staatsbeamten und milit ~irischen Befehlshabem,
obwohl in diesem Bereich auf dem behandelten Gebiet die letzten bekannten
Beispiele nach 430 verschwinclen 256 . Die hoheren Schichten cler Gesellschaft haben
sich offensichtlich bis zur Mitte cles 5. Jahrhunderts an clie neue Situation angepafšt.

252 G. CUSCITO, Crislicmcsiri1 0 c11ztico, 193 ff. ; dcrs. , Fcdc c polilica ad 11qu-ilcia, 90 ff. ; Ch.
PIETRI, Rome er Aquilec: dcux cgliscs du !Ve au Vic sicclc , 1ll1 11d 30, 1987, 243 ff. -
253 CT 16,5,65(428); das Gcsctz vcrhannt a ll c hctcrocloxcn Gruppcn , clic auch im westillyrische n
und norclostitalischcn Raum im 4. jahrhundcrt cxisticrten (vcrsch icclcnc arianischc
Richtungcn, Photinianismus , Manichiiismus usw.). Offcnsichtlich war clic Effcktivitat cler
antihiire.t ischcn Gcsetzgchung im a llgcmcincn hcscheiclen ; vgl. N. BROX, Hiircsic , RAC 13,
1986, 282 f.
25 4 Fi.'ir Aquilcia vgl. Anm. 150 uncl 199; fi.'ir Salona vgl. R. EGGER, Vou R6m.en1, ]ude11., Cb ris-
lcll uud Barbarcll. 6stcrr. Akad. d. Wiss. , Phil.-hist. KI., Sitzungsber. 247/ 3, 1965 (clie
Inschrift mit dcr E1wiihnung dcr 4 Gruppen wi rcl ins 4. Jahrhunclcn claticrt); clie Belege aus
dem pannonischen Raum hezichcn sich auf clas 3. jahrhundert; zusammenfasscncl bei B.
MIGOTTI in: Od 11epobjcdiuop, su11ca, 43 f. und E. THOMAS, in: Seucriu zwiscbcnR6mcrzeit
1.md \16/kcnca11dcru 11p,, 257 ff.; clas Inschriftenmatcrial hci). B. FREI, Co1pus iuscriplionum
.f11daicaru m I, Ciua del Vaticano 1936, Nr. 641-643 ; 675-680; App. 3; 64; 91 ; 97 und (mit cler
neuercn Literatur) hei H. SOLIN , judcn und Syre r im westlich en Tcil cler romischen Wclt,
!lNRWII ,29,2 , 1983, 587-789, inshes. 738 ff. ; 761 ff.
255 Cl 1, 11,9-10, vgl. GAUDEMET, La lcgis lation , 466 f. ; iVI.R. SALZMAN, The Evidence , 364 (mit
der Datierung cler letzten Konstitution in das jahr 529).
256 Die letzten zwci Heiden unter dcn Praef pract. !taliac, J/lyrici ct !lji-icac, Rufius Antonius
Agrypnius Volusianus umi Macrohius Amhrosius Theodosius, waren sukzessiv in c!enjahren
428-430 Mig (R. v. HAEHLING , Dic Rclip,io11szt1J!,Cb6rip,kcit, 287; 319-322); clas bekannteste
Bcispicl unter den Militiirhefchlshahcrn war Gene ri Čius , comes Jtaliae (408) und comes
il(yrici (409) ; ZOSIMUS, 5, 46,2-5 (Paschoud III/1, 68 und 107 ff.; PLRE II , 500 f.).

358
Christ• ianisierung des Nordadria- und Westbalkanraumes im
4 . Jahrhundert

Ein schweres Problem waren die paR,ani, die l~indliche Bevolkerung in


den schwach urbanisierten und isolierten Gegenden . Die Ereignisse in Val di
Non imJahre 397, als die christlichen Missionare von der einheimischen Bevolke-
rung getbtet wurden, zeugen davon, wie mi.ihsam das Christentum in entferntere
Bergtaler, in schwer zugangliche landliche Ortschaften vordrang, wo sich die
Bevolkerung lieber ihren heimischen Gottheiten anvertraute 25 7 . Der blutige
Zwischenfall in den norditalischen Alpen mag nur ein bekanntes Beispiel sein,
der auf eine almliche Entwicklung im landlichen Gehiet Westillyricums hinweisen
konnte . Das Vordringen des Christentums in diese Gegenden war auf elementarer
Ebene sicherlich auch mit argeren Zwischenfallen verbunden , wovon indirekt
zerstbrte heidnische Tempe! zeugen. Es ist aus einer Reihe von Eillen im Osten
bekannt, daS die TempelschlieSungen oder Zerstorungen oftmals mit schweren,
manchmal auch blutigen Konflikten verbunden waren, und e in Gesetz der Kai-
ser Honorius und Theodosius II. war gegen solche Ausschreitungen, die von der
christlichen Seite auch aus materiellen Gri.inden motiviert waren, gerichtet 258 .
Wegen einer unklaren Chronologie und viele n unklaren Umstanden ist aber die
Interpretation dieser Funde in Einzelfallen selu schwierig. Sichere archaologische
Beweise fi."ir die TempelschlieSungen und Zerstbrungen in der Zeit um 400 und
in den ersten Dekaden des 5. Jahrhunderts gibt es nach den bisherigen
Forschungen, die sich vor allem auf den ostalpinen Raum beziehen, kaum 259 .
Allerdings paSte das SchlieSen der heidnischen Tempe! (nach den administrativen
Verordnungen der Lokalbehbrden oder nach Druk von cluistlicher Seite?) mit

257 Der Bischof Vigilius von Tricnt, clcr vom Bischof Valcrianus von Aquilcia gcwciht wurcle
(M 55 Junii VII, 1867 , 145 A) , cloch in cngcrcn Vcrhindungcn mit Mailand stand , sanclte
397 clrei Missionare untcr clic hcidnischc l~cvolkcrung in Val di Non. Allc drci habcn das
Martyrium crlittcn (/LA 55 Mai VII, 1867, 37-49) , chcnso sollcn dic J-lcidcn 405 in Val
Renclena selbst clcn Bischof Vigilius gcstcinigt hahcn (;leta s. Vigilii 7; !11\ 55 jun. VII , 1867,
145 f.); vgl. clen Sammclhand ! 1narliri delta Val di Noll c la rcazio1w jJa{!,a11a allaji11c del
1\lsccolo (cel. A. Quacquarclli - I. Roggcr), Puhhlicazioni dcll 'Istituto di Scicnzc Rcligiosc in
Trento 9, 1985, insbcs. 135-150 (kritischc Vorstcllung clcr Qucllcn von I. ROGGER) uncl
151-170 (textkritischc Ausg. clcr Vigilius-Bricfc von E. MENESTO); wr Bcdcutung clcs
Ereignisscs kurz R. LIZZI , Ambrosc's Contcmporarics ... , .fRS 80, 1990, 169 ff.; R. BRATOŽ,
Der EinflufS Aquilcias , in: Das Chrislclltwn im. hairiscbe!l Raum , 34 Anm. 26.
258 CT 16,10,24 (423); clic Kaiser vcrbatcn dcn Christcn und clcn schcinharcn Christcn (!)
(Ch1~istianis, qui vel vere sunt vel essc dicuntur) , daG sic dcn in Ruhc lchcnclcn loyalcn
Heiden (und Juden) Gewalt antatcn (specialitcr dcma!ldamus, ut !udaeis ac paganis ill
quietc degenlihus uibilque temptantihus t11rhulelll1t1n lc!!,ihusquc CO!llrariwn 11011 au.deant
mauus i11ferre religionis au.ctorilate ahusi).
259 Fi.ir das Gcbict Ostcrrcichs vgl. R. NOLL, Spiitantikc Katastrophcnhcfuncl~ in dcr Austria
Romana. Zur Problematik ihrcr Dcutung und Daticrung, 1\11zciger der Osterr. 1\kad. d .
Wiss. , Pbil.-hist. KI. 113, 1976, 372-388 und R. PILLINGEH , Christcnvcrfolgung und
"Tempelsturm" in cler Austria Romana , Welle11 der \le1fol!!,U.1l!!, i11 der osterrcicbiscben
Geschichte(I-lg. E. Zollncr). Schriftcn dcs Inst. fi."1r Ostcrrcichkunclc 48 , 1986, 5-17, insbcs.
15 ff. (slow . Fassung in ZČ 39, 1985 , 179 ff.) . Dic hciclcn Autorcn warncn vor dcn
simplifizierendcn und klischccartigcn Schli."1sscn. Nach dcr Mcinung von R. PILLINGER,
Tempelsturm, 16, liiBt sich fi.ir das Gchict Ostcrrcich cinc Tcmpclzcrstbrung durch clic
Christcn nicht mit Sichcrhcit hcwciscn . Fi.ir dic andcrcn Gchictc fchlcn dic cnsprcchendcn
Untersuchungen.

359
Rajko Bratož

der Zeit, Absicht und dem Inhalt der antiheidnischen Gesetzgebung des Honorius
zusammen 260 .
Gut ein halbes Jahrhunclert spater waren die heiclnischen Uberreste
auf dem Lande in clen bstlichen Alpen (als Kryptoheidentum, da es keine Tempel
mehr gab) selu selten uncl wirkten als etwas Au1Serordentliches 26 1, was alles auf
die Christianisierung als ein sich in der Schlu!Sphase befincllicher Prozefš hindeutet.
Das palSt mit dem allmahlichen Sinken der Intensivitat der antiheidnischen
Gesetzgebung und mit einem langsamen Ri.ickgang des Interesses fi.ir clas
Heidentum uncl fi.ir den Kampf gegen ihn in der christlichen Literatur zusammen 262 .
Wieviel von clen heidnischen Brauchen die letzten (forma! oder tatsachlich)
bekehrten paJ!.ani bewahrt haben bzw. gab es noch weiter Gebiete, die von den
lokalen Kirchenstrukturen und dem gesetzlichen Druck des Staates unbe ri.ihrt
geblieben sincl, ist eine schwere, kaum lbsbare Frage 26.i . Nur mit einer sorgfaltigen
Analyse cler einzelnen Graberfelder bzw. cler Begrabnissitten kann man eine
annahernde Antwort bekommen 2611. Ein zusatzliches Zeichen des Nieclergangs
des Heidentums ist auch der Umbau der Tempelbezirke uncl auch konkreter

2uo CT 16, 10, 18-25. Der Gesetzgeber hezeichnet noch 423 clie Heiclen als eine ausgesprochene
Minclerheit (in CT 16, 10,22 mit Pagauos qui supersw/.f, qumnquam iam nullos esse
credarn.us, in CT 16, 10,23 clrei Monate spiiter nur mit Paganos qu.i supersu.11t); zu eter clie
Tempe! betreffenclen Gesetzgebung vgl. J. GAUDEMET, La legislation, 460 ff. ; irn Gesetz
aus dem jahre 435 supponierte eter Gesetzgeber schon eine geringe Zahl eter noch
bestehenclen Tempe! ( .. faua templa delubra, si qua etiam. 111111c restant i11tegra, p raecepto
magistratuum destrui conlocatioueque venerandae Christianae religionis signi expiari
praecipimus„.; CT 16, 10,25). Vgl. auch K.L. NOETHLICHS , Heiclenve rfolgung , RAC13, 1986,
1177 ff.
201 EUGIPPIUS, Vita s. Severini 11,2-5 (SC374 , 210; Pars plebis in quodam taco nefaudis sacri-
jiciis inbaerebat). Aus dem knappen Bericht ist der Inhalt cles sacrileR,iwn nicht bekannt.
Die scheinbaren Christen (von Eugippius als ein Teil eter Kirchengemeinete (plebs) bezeiclmet,
etie auch die Kirche besuchte!) , lassen sich sclmell bekehren. Der Autor ve1wendete f(ir sie
die folgenden Bezeichnungen: sacrilegi, praedictis sacrilegiis i11fecli quos sacrilegus
error i11uoluerat.
202 Vgl. P.-P. jOANNOU, La lčgislatio11 hnperiale, 111 ff.; Nach Chromatius, Ambrosius und
anderen norditalischen Schriftstellern aus eter Zeit vor und um 400 war der Bischof Maximus
von Turin (vor 423) der letzte hedeutencle antiheidnische Polemiker; vgl. R. L!ZZI, Ambrose's
contemporaries, 159 ff.; L. CRACCO RUGG!Nl , La cristianizzazione, 241.
263 Das Gesetzjustinians aus demjahre 529 U) (C! 1, 11, 10) spricht von zwei Gruppen eter nur
scheinbaren Christen, clie noch immer bei eten he idnische n Riten verharrten: schon getaufte
Christen (fCir diese ist die Todesstrafe angedroht) und noch nicht getaufte Cluisten, die irn
Fali eter Verweigerung eter Taufe mit Armut, Exil und compete11tibus poe11is bestraft worclen
sin d.
264 Vgl. fCir Ufernoricum M. POLLAK , Die Griiherfclcier von Mautern und das Christentum im
F<tvianis des heiligen Severin, in: Das Christentum hn bairischen Rau.m, 153-169 (uncl
dies „ Spatantike_ Grabjitllde aus Fauianis/Mautern, Mitteilungen der Priihistorischen
Kommission der Osterr. Akad. d. Wiss. 28, Wien 1993); flir Istrie n vgl. B. MARUŠIČ, Krščanstvo
i poganstvo na tlu Istre u IV i V stoljecu (Christentum und Heiclentum auf dem Boden
Istriens im 4. und 5. jh.), /l V29 , 1978, 549-572. Nach beiclen Autoren veranderten sich clie
B_estattungssitten gegen Enete des 4. jhs.; in Istrien ist clie Jl'mgste heiclnische Bestattung
(Skicini bei Voclnjan) in clie Zeit unmittelbar nach 400 datiert (B. MARUŠIČ, a.O„ 549; 568);
flir clas Gebiet Sloweniens siehe verschieclene Beitriige im archiiologischen Teil eter
Symposiumsacta (/l V 47, 1996, im Druck).

360
Christianisierung des Nordadria- und Wcstbalkanraumes im
4. Jahrhunderl

Tempelgebaude zu christlichen Kirchen, was nach der staatlichen Gesetzgebung


moglich war 265 . In einzeln en Fallen wurden die Tempelgeb~iucle in fri.'1hchristliche
Kirchen umgebaut , in anderen entstancl das Kirchenzentrum in cler Nahe cler
verlassenen Tempe1266 .

C. Germanen als neues Element in cler Religionsgeschichte

Neben cliesen konfessionellen Gruppen, die aus dem religiosen Gefi.ige


des romischen Imperiums hervorgingen, muE man all erclings noch ein neues
ethnisches und religioses Element beri.icksichtigen: barbarische Foderaten namlich,
die seit dem letzten Viertel des 4. Jahrhunclerts aufgrund der Foderatenvertrage
begannen , sich im Gebiet Westillyricums (bes. im pannonischen Raum)
niederzulassen 267 . Diese (vorwiegend germanischen) Verbande "verteilten" sich
auf alle clrei grogen konfessionellen Gruppen: die Goten waren (vo1wiegend)
Arier 268 , clie Markomannen nahmen etwas vor 400 das rechtglaubige Christentum
an 269 , die anderen (hunnische und alanische, lange Zeit aber auch einige ostgotische
Verbande) behielten (bei eine r recht schwachen Cluistianisierung) ihre her-
kommliche Religion, die man nach den Vorstellungen der spatantiken christlichen
Welt ins Heidentum einreihte 270 .

265 Vgl.]. GAUDEMET, La lcgislation , 460 ff. ; R. PILLINGER , Cluistcnvcrfolgung, 17.


266 Ei~1igc Beispielc: der Umbau dcs Augustus-Tempcls in Pola in eine c hristli che Kirchc (Š.
MLAKAR, Das a1llikc Pula, Pula 1972. 41; f(ir clie wieteren clrei Beispiele aus Pola vgl. V.
JURKIC , Konrinuitet .~tavanja antičkih kultova u periodu učvršCivanja krščanstva na području
Istre - Dic Kontinuitiit der Verehrung der heidnischen Kulte in der Zcit dcr Konsolidicrung
des Christcntums auf dem Gcbict Istriens , ; I \f 30, 1979, 208-217, insb. 212), cin ~ihn li ches
Beispicl in Parcntium Celic I<irchc St. Peter in Sorna) uml ein gleicliartier Fall in Tricst (der
Tempe! der kapitolinischcn Triade wurcle im 5. Jh. in eine Kathedrale umgebaut; vgl. M.
MmAl3ELLA ROBERTI , Sa11 Giusto, Tricste 1970, 14 f.). Oas einzigc mogliche B~ispicl in
Noricum ist auf dem Rifnik (Tem pel dcr Gottheit 1lq110; L. BOLTA, Ri}itik pri Scntjwju .
Poz11oa11tič11a 11asclbi1_ta i11grobi.~čc (Rijit ik-spiitantikc Sicdlw1g 11.11d Griibc1j'cldJ, Ljubljana
1981 , 17 und 44 ; in Ostcrrcich ist kcin vergleichbares Bcispicl bekannt ; R. PILLINGER,
Christcnvcrfolgung, 17). In mehreren Ei ll en aber entstanden die Kirchcn nicht aus dem
Tcmpelgcbiiuclc , sondern in ihrcr Niihe (z.B. auf dem Hcmmaberg; vgl. F. GLASER ,
Archiiologisch-historischc Ergcbnisse , 11\f 45, 1994, 169 f.). Allgemcin zur Frage vgl. ].
VAES , Christ lichc Wiedcrverwenclung antikcr Bauten: ein Forschungsbcricht, !lucicn.t Soci-
ety 15-17, 1984-1986, 305-443; dcns„ "Nova const ru e re sed amplius vctusta servarc". La
reutilisation chrctiennc cl 'cclifices antiques (en ltalie) , ; ICJ!IC XI, 299-321, insbes. 303 ff.
267 ]. ŠAŠEL, Opera selecta, 746-760; H. CASTRITI US, Barbari - anriqui barbari (wic in Anm. 241 ,
mit ncucsten Litcraturangabcn)); synthctische Uherh licke bci H. WOLFHAM, Die Geburt
J\llitteleuropas, Wien 1987, 27 ff. umi Das Reich u11d die Gerrnanen., Berlin 1990, 144 ff.; vgl.
dcn Beitrag von A. LIPPOLD in diesem Band (S. 21 ff.).
268 K. SCHii.FERDIEK, Gcrmancnmission , R!IC 10, 1978, 492-548, insbes. 504 f.; 511 ff.; ders„
Ze ir und Umstiinde dcs westgotischen Uhergangs zum Christentum , f-fistoria 28 , 1979, 90-
97 ; H. WOLFHAM, Die Golen, Mtinchen 1990, 84 ff.
269 PAULINUS, Vita 1lmhrosii 36 (Bastiaenscn 100); dazu H. CASTRITIUS, Barbari - antiqui bar-
bari , 145 f.

361
Rajko Bratož

D. Zusammenfassung: Perspektiven der Entwickhmg

Die konfessionelle Zusammensetzung der antiken Welt in Westillyricum


und Nordostitalien um das jahr 400 war bunt, doch mit einer Tendenz zur Verein-
fachung. Nur ein jahrhundert spater, als dieses Gebiet zum ostgotischen Staat
gehč:irte, gab es das Heidentum - forma! gesehen - fast nicht mehr. Neben der
Libe1wiegenden katholischen Kirche existierte nur noch das arianische Christentum
bei den Goten , das aber mit dem Untergang des ostgotischen Staates im 6.
jahrhundert auch zugrunde ging. In der letzten Periode der Antike ist das kon-
fessionelle Bild wieder etwas komplizierter geworden: damals verlief eine
Auseinandersetzung des orthodoxen byzantinischen Staates (es gab eine in seinem
Rahmen noch immer starke schismatische Bewegung im nordadriatischen und
dalmatinischen Raum) mit (vorwiegend) arianischen Langobarden 27 1 und mit
heidnischen Ankommlingen aus dem Osten , Slawen und Awaren. Erstaunlich-
e1weise wurden auch diese von den zeitgenossischen Autoren mit den gleichen
das Heidentum betreffenclen klischeeartigen Ausdri.icken bezeichnet wie in der
Ze it um 400 die Anhanger des antiken Heidentums 272 .

210 Dcr arianischc Bischof Julianus Valcns wurdc von dcn in Aquileia 381 vcrsammelten Bi-
schofcn mit dcn folgcndcn Wortcn hczcichnct: impietate Gotbica pmfa11atus more indutus
R,entilium. ... sic sole11t idolatrae sacerdotes prodire Gotborum (Gesta concil. Aquil., Epist .
2,9; CSEL 82/ 3, 322 f.); dcr nach Italicn 405 cinhrcchcnclc vor allcm gotische Vcrbancl unter
Raclagais war chcnso hcidnisch (AUGUSTINUS, Ciu. Dei 5,23; OROSIUS, Hist . 7, 3 7,4-9); zur
Fragc dcs Christcntums hci dcn Hunncn vgl. O.]. MAENCHEN-HELFEN , Die Wclt der Hu1111e11,
Wicn-Koln-Graz 1978, 190 ff.
271 Zur Rcligion dcr Langohardcn um 600 kurz K. SCHAFERDIEK, Gennanenmission, 526; vgl.
clcn Bcitrag von]. JARNUT in clicscm Band , S. 209 ff.
272 Ecce cuncta i11 Europae partiblts barbarorltm iuri sunt tradita ... saeuiunt et dominantur
cotidie in neceJldeliu m. culto res idolorum ( GREGOHIUS l. pa pa , Registrum epist. 5,3 7(595):
CCSL 140, 1982, 309 ,53 ff.): vgl. z.B. dic Hcidcn-Tcrminologic hci Chromatius uncl Rufinus
in Anm. 193; CCSL 9 A, Indcx (541 ff.) , s.v. cu.ltus idolorum, R,entiles, idolum; CCSL 20 , 297
ff„ s.v . R,e11tcs, R,e11tiles, idola, idolatria); dic iihnlichcn Bczcichnungen fl.ir clie ostalpinen
Slawcn in dcn Qucllcn aus dem 7. und 8. Jahrhunclcrt bci R. BRATOŽ, I contatti clella chiesa
aquilcicsc con gli Slavi dcllc Alpi Oricntali ncl VII c VIII sccolo, Studi Goriziani 79, 1994,
7-26, inshcs. 14.

362
C h r i s t• i a 11 i s i e r u 11 g d e s N o r d a d r i a - u 11 d W e s l b a 1 k a 11 r a u 111 e s i 111
4. Jahrhu11dert

Povzetek

Po kristjanj enj e severnojaclranskega in za hodnobalkan .~ k e g a prosto ra v 4. stoletju

Širjenje kr.~ča nstva na severnojadranskem in za hodnoba lkanskem prostoru v


4. sto letju osvetljuje sorazmeroma malo virov , za to je re konstrukcija tega procesa ze lo
težavna in mestoma hipot e ti č n a. Od krš ča nsk e knji ževnosti so se o hrani la de loma ali v
celo ti dela oglejskih piscev iz 4. in z zače tka 5. stol etja , na ta ča s in prostor se nanaša de l
Hieronimove korespondence in ostanki arijanske knji ževnosti za ho dn ega !lirika. Nobeden
ocl deloma ali v celoti o hranje nih spisov ni posv eče n misijonsk emu de lu , čepra v vemo ,
da so tak i teksti obstaja li . V o hranje nih deli h le poredko naletimo na konkretna p oroč il a
o domačih kršča ns kih skupnosti h. Če ko t vir upoštevamo cesarsko zakonodajo , se postavlja
vpraša nje njene vsakokratn e veljav nosti oziroma nj ene u č ink o vit o sti tudi v primeru
nesporne veljav nosti . Isto vprašanje se postav lja pri upo.~te va nju cl o l oč h cerkvenih zborov.
Arheološki viri osvetljujejo predvsem razvoj posameznih skupnosti (zl a.~ti v velikih mestih),
ne pa razvo ja na ce lotnem o bmo čju . Zaradi takega stanja virov je skoraj n e mogoče , da hi
proces pokristjanjenja z oziram na razvojne faze , intenzivnost , poudarke ali posebnosti
mogli v ce lo ti zajeti. Viri slikajo pos a mi č n e utrinke , ki se dajo povezati v le približno
jasno sliko razvoja. Tudi v primeru najbo lj domiselnih kombinacij osta ja ta slika v znatni
meri hip o t et i čna.
Po ko ncu preganjanja kristjanov, ki se n a ozem lju Italij e (ta je sega la proti
vzhodu do Trojan in St i čne l za klju č i z leto m 305, v za hodnem !l iriku mo rda z letom 308,
najkas neje pa 311 , je na ve likem oze mlju za hod,1 ega Balka na , srednjega Podonavja in
severnega Jadrana pozn anih kakih du cat krš ča nskih skupnosti. Te se o menjajo v glavnih
mestih provinc in v nekaterih pomembnejših mestih . Prvi pojavi .~ irj e nj a krš č anstva iz
mest na podeže lje se nanaša jo na sa mo bli žino mest. N a jstarej .~e med tem i skupnostmi so
se izobliko vale v zače tku ali najkas neje sredi 3. stol etja . Te skupnosti so ime le izro č il o o
mu če n c ih iz do be Dioklecijanovega p rega njanja a li iz še starejšega ča sa . Samo Petoviona
(elan . Ptuj) je s .~kofom in mu če n ce m Viktorinom postala tedaj še eno redkih sre diš č
kršča nske knji ževnosti na Za hod u , vendar se je s škofovo smrtjo v te m oziru razvoj
prekinil. Velikost te h skupnosti ni poznana , znaša la pa naj hi domnevno od nekaj sto do
več ti soč pripadnikov v najv ečjih mestih . Redki viri dajejo vpogled v dru žbe no in e tni čn o
zgradbo teh sku pnosti, ki je bila dosti pisana. Duhovna podo ba kr.~čanskih skupnosti je
poznana delo ma le za Ptuj ( na podl agi Viktorinovih spisov) in za Oglej (na podlagi
Rufinovih poročil). Po leg pravove rne skupnosti so obstajale .~e drugoverne (11eterocloksne)
krščanske skupine . Neznano osta ja .~t e vil č n o raz merje med kristjani , k i so bili v manjšini ,
in veliko več in o poganskega pre bivalstva . V dobi cesarja Konstantina so številn i pogani -
mnogi iz oportunizma - prestopa li v krš ča nstvo , zato so bili številni prestopi le fo rmalni .
Na to kažejo pogoste težave v zvezi z odpadništvom , šibko vero a li kr.~enje m kršča nske
morale . Vpra .~anje zase so bile meša ne za konske zveze , v vseh poznani h primerih kot
zveza med poganom in kristjanko. Cesarska zakonodaja, ki je izra zito podpirala kr.~ča nstv o ,
je bila do poganstva v splošne m tolerantna. Ohranilo se ni no beno p o roč ilo o obliki in
vsebini krščanskega misijo na. Po leg pravovernega je poteka l tudi misijo n raz li čn ih
heterocloksnih skupin. Izjemnega pomena za razvoj kr.~ ča nstv a v o brav nava nem prostoru
je bil izgon Arija in dve h njegovih s o mi.~lj e nil ov v !lirik po nicejskem konci lu in njihovo
oč itn o uspešno misijonsko de lo vanje . Arijev prihod v Iliri k 325 in zlasti nastop dve h

363
R a jk o Br a to ž

mlad ih in e n e rg ič nih u če n ce v in so mi .~ lj e nik o v 335 je uvod v p olsto letne ve rske boje , v


kate rih je zaho dni Jlirik ime l zelo po membno, za krajši čas sred i 4. stoletja pa celo o dl oč iln o
vlogo .
Sredi 4. stol. se nadaljuje postopen zaton p oganstva, to kra t z večj o inte nzivnostjo
kot pod Ko ns ta ntin o m . Konstantin ov i sinovi so zače li izrecno o mejevati p oganstvo in
prep ovedo vati nekate re njegove pojavne oblike. Kra jšemu o bdobju pono vnega vzpo na
poga nstva po d Julija no m O dpadniko m <361-363 > je sl edilo četrts to le tno o bdobje bolj
uravno teženih o dnosov med kris tjani in p ogani . Poga nstvo do kon ca sto letja ni bilo
zanemarlji v dejavnik po liti čn e m oč i , clasi je bilo v manjšini. Kršča ns tvo je iz znatne manjšine
v Ko nstantinovi do bi preš lo v več i no, vsaj v najvažnejših mestih . Več virov o menja veliko
šte vil o kristjanov sred i 4. sto l. in pozneje. Na j naved e mo najbo lj znač iln e p rimere:
p ravo ve rna skupnos t v Ogl eju v letu 345 , skupnost Fo tino vih privrže ncev v Sinn iju leta
351 , arijanska skupnost v Sirmiju v letih 366 in 378. Bistveno v ečj e mu številu ve rnikov je
bila name njena gradnj a novih ve likih cerkva (tako v Ogleju , Sa lo ni in dru god), vendar
pravil oma le v mestih , ne pa .~e na po deželju . P o ro ča nj e sv . Hieronima ( r. okrog 340) o
svojem otroštvu, ki ga je prež ive l v povsem p okristjanj eni d ru žini , m ed pokristjanjenimi
vrstniki in v vsaj p ov r.~n o po kristjanj ene m po deželskem oko lju , kaže na sora zmeroma
hitro .~ irj e nj e kr.~ča nstv a in na razmere , ki hi si jih .~ e e no ge neracijo pred tem ne mogli
za mi.~ lj a ti.
O bd o bje od Ko nstantino ve smrti <337 ) d o nas topa Teodozija (379) je v
Za hodnem Iliriku p otekalo v zna menju hudih spop ado v znotraj k r.~ča n s kih skup nosti,
zlasti spop adov med pravo vernostjo in arijanstvo m. Ta spop ad se je kaza l v v eč o blikah:
ko t pole mika na raz li č nih cerkvenih zbo rih , na nižji ravni p a predvsem ko t "volilni boj"
za p o m e mbn ej .~e .~k o fijsk e sedeže , ta ko v Ogle ju 340, v Sirmiju 337, 351 in 378, v Saloni
o krog 378 in v Petovio ni o krog 380. V te sp op ade sta se v k lju če v a l a v znatni me ri nižja
duh o vš č ina in verno ljudstvo . Spopad je mesto ma dobil grobe in nasilne o blike . V izjemnih
primerih se o me njajo celo mrtvi in poško dovani (v O gleju 340), bo lj pogosto p a fi z i čn o
nasilje in grožnje s smrtjo (v Savariji 357 , v Sinniju 366, v Sirmiju 378). Spopad se je k o n ča l
v o bdo bju 378-381 z zmago pravovernega kr.~ ča ns tv a . Dogodki prelomnega po men a so
sinoda v Sinniju 378, drug i ekume nski ko ncil v Konstantinoplu spo mladi 381 in sinod a v
Ogleju se pt. 381. Skle p e cerkve nih zborov, na katerih je zmaga la p ravovernost, je p odprl
cesar z v eč državnimi zako ni p roti poga nom in drugoverskim k ršča n s kim skupinam in z
državnim jamstvo m za izvajanje skle pov cerkvenih zborov.

Vl ad a cesarj a Teod ozij a je o dl oč iln e ga p o men a za pos p e.~it e v procesa


po kristjanjenja na obra vnavanem o bm očju in v celotnem rimskem cesarstvu . Teodozijeva
verska po litika je pomenil a vrh v prizadevanju za versko p oeno tenje države na po dlagi
nicejske veroi zp ovedi. Njego vi zako ni iz začet nih let (zlasti iz l. 381) po menijo zače t e k
preganjanja vodilnih herezij v ce lotni državi, od konca 390 pa je zače l cesar z ostrimi
ukre pi p roti p oganstvu . Ti so dosegli na za ko nodajnem p o dročju svoj vrh v splošni
prepovedi poganstva n ov. 392, na v oj aško-politi čn e m področju pa z zmago v državljanski
vojni p roti zad njemu n a poganske sile Za ho da o prtemu pro ticesarju Evgeniju v b itki pri
Frigidu se pt. 394. Cesarjeva zmaga nad p oganstvom je bila o d loč il nega pomena , saj se
je stara re ligija o bdržala le v ozkih krogih rimske aristokracije in po lit ič n o (z izjemo
mesta Rima l ni bila v eč n e varna , me dte m ko je bila zmaga nad h e r e ti č nimi in
shi z m a ti č nimi skupina mi manj za nesljiva.

364
Christianisierung des Nordadria- uncl Westbalkanraumes im
4. Jahrhundert

Če primerjamo stanje v krščanskih skupnostih okrog leta 400 - pet let po


Teodozijevi smrti - z onim v Konstantinovi dobi tri četrt stoletja pred tem , je opazna
velika razlika. Število poznanih kr.~čanskih skupnosti se je dosti povečalo, za nekatere
med njimi obstajajo izpovedno bogati viri. Daleč najbolje je poznana krščanska skupnost
v Ogleju , saj jo osvetljujejo spisi oglejskih cerkvenih očetov (Kromacija , Rufina) in
pomembne arheološke najdbe. Precej manj je znanega o kr.~čanski skupnosti v Sirmiju, ki
je bila v tem času že v zatonu , prav ta ko o krščanski skupnosti v Saloni. Kratko bomo
predstavili le skupnosti na dan . slovenskem ozemlju .
Krščanska skupnost v Emoni je bila najkasneje od okrog 380 organizirana kot
!ikofija. Emonski .~kof Maksim je tako na oglejski sinodi 381 kot morda na milanski sinodi
390 (njegova udeležba na tej ni zanesljiva) zastopal pravovernost in iz njegove izjave v
Ogleju 381 bi mogli sklepati , da se v mestu arijanizem ni nikdar uveljavil. Glavni sodelavec
škofa Maksima ali (verjetneje) njegovega po imenu neznanega naslednika je bil naddiakon
Antiocus, ki je v začetku 5. stol. vodil vsaj del izgradnje cerkvenega središča, kot ka že
gradbeni mozaični napis. Dve Hieronimovi pismi z omembo emonskih asketov iz
sedemdesetih let 4. stoletja in donatorski mozaični napisi v krstilnici in portiku
zgodnjekrščanskega sredi.~ča z začetka 5. stoletja kažejo na dosti inte nzivno versko življenje
v mestu . Poročilo o poganskem slavju oh sprejemu cesarja Teodozija v Emoni poleti 388
kaže na to, da je bila mestna uprava še vedno v rokah poganov in da se je za staro religijo
še vedno opredeljeval znaten del mestnega prebivalstva.
Kr.~čanska skupnost v Petovioni, ki je bila okrog 380 versko razcepljena na
pravoverne in arijance , se po oglejski sinodi 381 ne omenja več. Z begom arijanskega
škofa Julijana Valensa v Italijo in z obsodbo prezhiterja Atala na oglejski sinodi je
petovionska krščanska skupnost gotovo postala pravoverna . Novih spoznanj si obetamo
od zgodnjekrščanskih arheolo.~kih najdb iz dobe okrog leta 400 .
Nič zanesljivega se ne da reči o ostalih krščanskih skupnostih v tej dobi, od
katerih so poznane za ta čas le posamične najdbe, v nobenem primeru pa ne večji
sakralni objekt. Dva velika kristograma z Vipote v b ližini Celja naj hi izhajala iz celejanske
cerkve iz te dobe , prav tako naj hi le-tej pripadala pred leti odkrita krstilnica. Dosedanje
raziskave , ki nakazujejo lego , obliko in velikost celejanskega krščanskega središča, bodo
dobile celosrno podobo s prihodnjimi arheolo.~kimi raziskavami. Za druge kr.~čanske
skupnostih na dan . slovenskem ozemlju okrog leta 400 ne obstajajo nikakršna poročila iz
antike in nobene pomembnejše arheolo.~ke najdbe.
Verska podoba antičnega sveta v prostoru zahodnega !lirika in severovzhodne
Italije je bila okrog leta 400 dokaj pisana. Ob prevladujočem pravovernem krščanstvu so
obstajali zanesljivo .~e močni elementi poganstva, pa tudi razne nepravoverne skupine,
katerih številčnost in notranja trdnost nista poznani . Kot posebna etnična in verska skupina
se omenjajo Judje , ki pa so bili očitno maloštevilni. Poleg teh skupin med poznoantičnim
romaniziranim prebivalstvom se kot nov pomemben element pojavljajo različne skupine
germanskih federatov, ki so se z ozirom na versko pripadnost razvrstili med arijance
(Goti) , pravoverne kristjane (Markomani) in pogane (Huni). V 5. stoletju se kaže težnja k
poenostavljenju verske podobe zahodnega !lirika. Okrog leta 500 poganstva vsaj med
romanskim prebivalstvom skorajda ni bilo več. Oh večinski katoli.~ki cerkvi , ki je povezovala
vse romansko prebivalstvo , je obstajalo še arijansko kr.~čanstvo pri Gotih in drugih
germanskih skupinah. Okrog leta 600 , ko so oh prihodu Slovanov in Avarov skoraj v
celoti propadle antične strukture na pretežnem delu obravnavanega ozemlja , je na severnem

365
Ra jk o Br at ož

Jad ra nu p o te ka lo p ona va di so vra žn o s ooče nj e pravove rn ega Biza nca (in v o kviru
biza ntinske države de lo ma s hi z m at i č n ega oglejskega p atriarhata) z arijanskimi Langobardi,
na velikem ozemlju od vzhod nih Alp do sred njega Podonavja in Ba lkana pa smrten boj s
p oga nskimi Slo vani in Avari. Slednj e viri s konca 6. in iz 7. sto letja presenetljivo označuj ej o
z enakimi izraz i kot so jih upora b ljali kršča n sk i pisci okrog leta 400 za svoje p oganske
sodržavljane .

366

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