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Sklaverei und soziale Lage der schwarzen

Bevölkerung

Wirtschafts- und Sozialgeschichte


DDr. Michael Pammer
Sommersemester 2010

Christian Hartl
Matrikelnummer: 0327020
Studienkennzahl: 066 930

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung Seite 1
2. Geschichte der Afroamerikaner Seite 4
2.1. Geschichte der Sklaverei Seite 4
2.2. Wirtschaftlichkeit der Sklaverei Seite 7
2.2. Das Ende der Sklaverei und Emanzipation der schwarzen
Bevölkerung Seite 10
2.2.1 Der gewaltlose Widerstand Seite 11
2.2.2. Die Black-Power-Bewegung Seite 12
3. Politisches System der USA Seite 14
3.1. Integrationspolitik Seite 14
3.2. Affirmative Action Seite 14
3.3. Rassismustendenzen Seite 15
4. Statistik der Bevölkerung in den USA Seite 17
4.1. Die Lage der Schwarzen in den USA Seite 19
4.1.1 Soziografie und gesellschaftlicher Aufstieg Seite 21
5. Lage der Nachfahren ehemaliger Sklaven Seite 23
5.1 Gibt es eine “Altlast” der Nachfahren ehemaliger Sklaven Seite 24
6. Bibliografie Seite 25

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1. Einleitung

Nicht nur die geografische Größe ist bezeichnend für die Vereinigten Staaten
von Amerika. Auch hinsichtlich der kulturellen Vielfalt der Einwohner ist das
Land am gesamten Erdball vielleicht einzigartig. Schwarze und weiße
Einwanderer, südamerikanisch stämmige Migranten, Menschen asiatischer
Herkunft und auch die Ureinwohner Amerikas leben im Land der
“unbegrenzten Möglichkeiten” anscheinend Tür an Tür. Dass 2008 mit Barack
Obama auch der erste schwarze Präsident ins weiße Haus einzog, lässt
vermuten, dass die sogenannte Multikulturalität in den USA funktioniert. Den
Grund dafür sehen viele Beobachter in der Tradition der USA als
Einwanderungsland. Seit seiner Entdeckung zog es immer wieder tollkühne
Abenteurer, Aussteiger oder gar politische Flüchtlinge aus allen Teilen der
Erde an, die das Land besiedelten. Der Mythos des amerikanischen Traums,
im welchen es jedem Individuum - egal welcher Herkunft - möglich ist in den
USA den uneingeschränkten sozialen Aufstieg zu machen, rührt
wahrscheinlich aus dieser Tradition. Auch die Tatsache, dass die USA mit
ihrer Unabhängigkeitserklärung zur ersten funktionierenden Demokratie der
aufgeklärten Welt wurden, soll die angebliche Chancengleichheit in den
Mittelpunkt rücken.

Dennoch gab es viele Menschen, die unfreiwillig in die USA emigrierten. In


der Zeit bis zum Ende des 19. Jahrhunderts waren es die abertausenden
schwarzen Sklaven, die aus Afrika “importiert” worden sind und auf den
Plantagen der weißen Farmer zur Zwangsarbeit gezwungen wurden. Die
Sklaverei wurde mit dem Ende des amerikanischen Bürgerkrieges verboten
und die afrikanisch-stämmige Bevölkerung zu Bürgern der Vereinigten
Staaten erklärt. Dennoch müssen die schwarzen Amerikaner - teilweise heute
noch - mit rassistisch motivierten Diskriminierungen leben. Diese Arbeit
beschäftigt sich mit der Frage, ob die Lebensbedingungen der schwarzen
Bevölkerung in den USA ein unmittelbares Erbe der Sklaverei sind und wie
diese Behauptung empirisch belegt werden kann.

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2. Geschichte der Afroamerikaner

Wer sich mit der Geschichte des schwarzen Amerikas beschäftigt, wird
schnell feststellen, dass die Einwanderung von Menschen afrikanischen
Ursprungs zum größten Teil nicht auf Freiwilligkeit basierte. Die meisten von
ihnen wurden in den europäischen Kolonien gefangen genommen und als
Sklaven in die Vereinigten Staaten importiert, wo sie zum größten Teil in den
Plantagen der Südstaaten als rechtlose Arbeitssklaven im Einsatz waren.
Deshalb beschreiben Brandes und Burke die Geschichte des schwarzen
Amerikas auch als „Geschichte der gewaltsamen Unterwerfung einer farbigen
Minderheit und ihres Widerstandes in einer vom Rassismus gezeichneten
weißen Gesellschaft.“ (Brandes, Burke 1970, S. 13)

2.1 Geschichte der Sklaverei

Quelle: www.flickr.com.
Etwa 3,9 Millionen Sklaven wurden im Jahr 1860 in den USA registriert. Der Großteil
davon arbeitete auf den Baumwollplantagen der agrarisch strukturierten Südstaaten.
Sie galten nicht als Menschen, sondern waren offiziell als Ware deklariert. (vgl.
Brandes, Burke 1970, S. 18f)

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Ungefähr 15 Millionen Schwarze wurden seit dem frühen 16. Jahrhundert
(1501 erlaubte Spanien die Einfuhr von Sklaven in das von Kolumbus
entdeckte Amerika) aus ihrer Heimat deportiert und als gesetz- und rechtlose
Arbeitskräfte eingesetzt. Zu Beginn der Sklaverei waren es vor allem
Südamerika und die Karibik, wo die ihn ihrer Heimat gefangengenommenen
Afrikaner – sie galten offiziell als „Ware“ – im Einsatz waren. Ebenso viele
Schwarze - 15 Millionen - sind im selben Zeitraum durch den „Sklavenhandel“
bereits in Afrika verstorben oder kamen auf dem Handelsweg in die neue Welt
durch menschenunwürdige und grausamste Misshandlungen ums Leben.
(vgl. ebenda, S. 14 - 18)
Die Geschichte der Sklaverei in den USA datieren Burke und Brandes auf das
Jahr 1619. In diesem Jahr legte ein holländisches Segelschiff mit
afrikanischen Arbeitskräften in Jamestown, Virgina an. Obwohl sie noch keine
Sklaven waren, und wie viele europäische Einwanderer zu dieser Zeit auch
durch einen Vertrag für eine bestimmte Zeit in der neuen Heimat
arbeitsverpflichtet waren. Sehr schnell aber erkannten die dortigen
Plantagenbesitzer die Vorteile eines Sklaven gegenüber den
dienstverpflichteten Arbeitern, die nach fünf bis zehn Jahre die Freiheit
gewannen. (ebenda, S. 15) Es waren vor allem ökonomische Faktoren, die
das Halten von Sklaven – vor allem in den landwirtschaftlich dominierten
Südstaaten – rentabel machten. Die Sklaven waren Eigentum ihres Besitzers
und diesem sozusagen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Sie galten – wie
oben erwähnt – als Ware und durften jederzeit verkauft werden. Lediglich
„besondere Gesetze (Slave Codes) und die „Moral“ des Südens legten den
Status der Sklaven fest.“ (Brandes, Burke 1970, S. 19)

„Farbige Familien durften auseinandergerissen werden, schwarze


Frauen von ihrem Herrn vergewaltigt, Kinder von ihren Eltern
genommen und Ehen verboten oder aufgelöst werden. Die Sklaven
wurden gezwungen, ihre afrikanische Kultur und Sprache aufzugeben
und daran gehindert die Kultur ihrer Herren zu übernehmen. Lesen
und schreiben war ihnen im allgemeinen streng untersagt.“ (ebenda)

Die „Slave Codes“ legten beispielsweise fest, dass der Tod eines Sklaven als
Resultat körperlicher Züchtigung durch den Herrn oder Aufseher kein
Verbrechen war, da aufsässige Sklaven nur mit Gewalt beherrscht werden

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könnten. (vgl. ebenda) Gerechtfertigt wurde die Praxis der Sklaverei mit
einem ökonomisch und religiös gerechtfertigten Rassismus. (vgl. Kapitel 3.2.)
Im industriell dominierten Norden setzte sich die Sklaverei nicht durch. Das
lag vor allem daran, dass die im Norden ansässigen Industriebetriebe den
Süden als Quelle für Rohstoffe sahen. Das Argument, dass die Abschaffung
der Sklaverei niedrigere Baumwollpreise ermöglichen würde und die Kaufkraft
des Südens erhöhen würde wurde von den Industrien des Nordens immer
wieder in Verbindung gebracht. Die Sklavenfrage führte schlussendlich zum
amerikanischen Bürgerkrieg (1861 – 1865), der mit dem Sieg der Nordstaaten
und der daraus folgenden Abschaffung der Sklaverei endete. (vgl. Brandes,
Burke 1970, S 22)

Quelle: www.flickr.com

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2.2. Die Wirtschaftlichkeit der Sklaverei

Wie schon im Kapitel 2.1 beschrieben wird, war die Frage der
Wirtschaftlichkeit schon im amerikanischen Bürgerkrieg ein triftiges Argument,
die Sklaverei - welche vor allem in den Baumwollplantagen der Südstaaten
ihre Kernzone hatte - abzuschaffen. Doch nicht nur für die Gegner, auch für
die Befürworter der Sklaverei bildete das Argument der Ökonomie eine
tragende Rolle: So schreiben Brandes und Burke, dass die Einführung der
Sklaverei dafür sorgte, dass die Verpflichtung zum Arbeitsdienst für jeden
amerikanischen Staatsbürger, obsolet wurde.

„Die Pflanzer Virginias und anderer Kolonien erkannten, dass es


rentabler war, einen Sklaven auf Lebenszeit zu besitzen, als einen
dienstverpflichteten Amerikaner bzw. Europäer, der nach 5 bis 10
Jahren die Freiheit gewann.“ (Brandes, Burke 1970, S. 15)

In weiterer Folge nennen sie aber die ökonomische Rentabilität als wichtigen
Grund für die Abschaffung der Sklaverei. Insbesondere der industrialisierte
Norden war dafür ausschlaggebend. Dabei berufen sie sich auf Daniel
Guèrin, welcher die Theorie vertrat, dass die Sklaverei die Industrialisierung
der Südstaaten verhinderte. Guèrins Gründe: (nach Brandes, Burke 1970, S.
16 ff)

Ÿ Sklaverei bedinge eine Monokultur, die einerseits den Anbauwechsel


unmöglich macht und den Boden auslauge.

Ÿ Die Sklaven erhalten eine ungenügende Ausbildung. Außerdem bestehe


ein Desinteresse an der Arbeit und eine mitlaufende stillschweigende
Sabotage.

Ÿ Der feudale Lebensstil der Plantagenbesitzer.

Unterstrichen werden Guèrins Thesen durch Argumente von Karl Marx.


Dieser sagt zwar, das sich - in dem für den Weltmarkt produzierenden -
sklavenhaltenden Kolonien zwar eine kapitalistische Produktionsweise findet,

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diese aber nur formell sei. (vgl. ebenda, S. 17) Marx begründet dieses
folgendermaßen: Die Sklaverei werde auf den Kapitalismus gepfropft. Da „die
Negersklaverei die freie Lohnarbeit, also die Grundlage der kapitalistischen
Produktion ausschließt. (Karl Marx zit. Nach Brandes, Burke 1970, S. 17) Im
Gegensatz dazu bedarf der Kapitalismus der Nordstaaten zur notwendigen
Kapitalakkumulation der Arbeitskraft des „frei verkaufenden Arbeiters“, die
nicht zu den Produktionsmitteln gehören wie Sklaverei, Leibeigene etc. (vgl.
ebenda)

Ein weiteres Argument gegen die Wirtschaftlichkeit der Sklaverei sehen


Brandes und Burke in der Erkenntnis der Kolonien selbst, dass der Verkauf
beziehungsweise Export von Sklaven die afrikanischen Staaten praktisch „ihr
eigenes Kapital, ohne dass sie dafür irgendeinen Zinsertrag oder eine
Verbreiterung ihres Wirtschaftssystems hätten erwarten können“
Unbedacht verminderten. (Brandes, Burke 1970, S. 25)

Zu einer anderen Sichtweise lädt Wolfgang Kaese in seinem Aufsatz


„Sklaverei in Afrika - Annäherung an eine Definition“ ein. Er spricht darin
ebenfalls vom Sklaven als „unfreien Menschen und Ware“, erinnert aber
gleichzeitig daran, dass den Sklaven von ihren Besitzern bestimmte Rechte
zugestanden wurden. Den Grund dafür sieht er in der drohenden Rebellion
der Sklaven gegen ihren Besitzer. Er zitiert dabei den britischen
Sozialforscher Anthony Hopkins und erinnert an das Verhältnis von Rebellion
und Widerstand gegen diesen Zustand und einer gewissen Tendenz der
Assimilation von Sklaven. (www.lwg.uni-Hannover.de/w/Images/a/ab/pof-
kaese-Sklaverei.pdf, S.12) Heinzpeter Znoj erinnert in diesem
Zusammenhang an Claude Meillassoux, der in den 1970er und 1980er
Jahren eine sozialanthropologische Theorie der Sklaverei entwickelte. Darin
führten zwei Gründe zum Ende der Sklaverei. (nach
www.anthro.unibe.ch/unibe/philhist/anthro/content/e297/e1386/e3847/e3849/li
nkliste3892/arbeit-6_ger.pdf)

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Ÿ Der transatlantische Sklavenhandel im Dienste der kolonialen
Plantagenwirtschaft führte zu einer Überausbeutung und dem
darauffolgenden demografischen Zusammenbruch der Gesellschaft der
betroffenen Länder. Die Sklavennachfrage konnte schwieriger befriedigt
werden und Sklaven wurden demgemäß teurer.

Ÿ Amerikanische Plantagenbesitzer gingen deswegen zur Leibeigenschaft


über, so dass sich die ausgebeuteten Menschen selbst zu reproduzieren
begann. Die Reproduktion wurde von den Sklavenhaltern gewissermaßen
finanziert. Schlussendlich wurde ein Kapitalisierungsprozess eröffnet.
Gewinne der Plantagenbesitzer wurden in die Mechanisierung der
Agrarwirtschaft gesteckt, saisonale Lohnarbeiter wurden angestellt. Die
Sklaven und nunmehr Leibeigenen wurden aus ökonomischen Gründen
freigelassen.

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2.2. Das Ende der Sklaverei und die Emanzipation der
schwarzen Bevölkerung

Malcolm X (links) und Martin Luther King (rechts) gelten als Ikonen der afroamerikanischen
Emanzipationsbewegung. Während der Prediger Luther King und seine hinter ihm stehende
Bürgerrechtsbewegung die tatsächliche Gleichstellung mit legalen und systemimmanenten
Mitteln versuchten, gilt Malcolm X als eine Ikone der farbigen Seperatisten.

Fotos: www.flickr.com

Schon vor dem Ende des Bürgerkrieges im Jahr 1865 waren erste
Bürgerrechtsbewegungen, welche die Abschaffung der Sklaverei und
Menschenrechte für die schwarze Bevölkerung forderten aktiv. Vor alle in den
industrialisierten Nordstaaten waren diese „Abolitionismus“-Bewegungen, wo
Schwarze und liberale Weiße zusammenarbeiten damit beschäftigt erste
Lobbyarbeit gegen die Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung zu leisten.
Ihren Aufschwung erreichte die erste Bürgerrechtsbewegung etwa um 1830,
wo erste Zeitschriften offen die Abschaffung der Sklaverei einforderten.
Bekanntestes Organ war der „Liberator“ des weißen Abolitionisten William
Lloyd Garrison, der im Jahr 1831 die Abolitionistenorganisation „New England
Anti-Slavery Society“ gründete, aus der neun Jahre später die gemäßigtere
„American and Foreign Anti-Slave-Society“ entstand. (vgl. Brandes, Burke
1970, S. 34). Die frühe Abolitionistenbewegung errichtete auch die

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sogenannte „Underground Railroad“, mit der tausende Sklaven ihre Flucht ins
nördliche Kanada schafften. (vgl. ebenda, S. 34) Zu dieser Zeit, 1909,
entstand auch die NAACP (National Association for the Advancement of
Colored People), die als eine der ältesten Bürgerreichtsbewegungen gilt.

Mit dem offiziellen Ende der Sklaverei nach dem Bürgerkrieg war das
Verhältnis von schwarzer Minderheit und weißer Mehrheit vor allem durch die
sogenannte Segregationspolitik gekennzeichnet. Bis in die Mitte der 1960er
Jahre waren in den Südstaaten öffentliche Infrastruktur und andere Bereiche
des Lebens nach Hautfarbe getrennt. Aus dieser gefühlten Ungleichheit
entwickelten sich Mitte der 1950er Jahre die Bürgerrechtsbewegung, welche
sich um die Gleichheit und Emanzipation des schwarzen Amerikas annahm.
(vgl. Brandes, Burke 1970, S. 70) Um der Rassendiskriminierung zu
entkommen, schwankte diese Bewegung zwischen den Polen „Integration“
und „Seperation“. (vgl. ebenda) Anstoß für die Bürgerrechtsbewegungen war
der Dezember 1955, wo die schwarze Amerikanerin Rosa Parks in
Montgomery, Alabama, einen Sitzplatz in dem – für Weiße reservierte –
vorderen Teil eines Busses für sich beanspruchte. Der nachfolgende Prozess
vor dem Obersten Bundesgericht verbot die Segregation in städtischen
Omnibussen. Dem Urteil vorausgehend waren spontane Protestmärsche des
schwarzen Montgomery, die von Martin Luther King – einem farbigen
Baptistenprediger – angeführt wurden. (vgl. Brandes, Burke 1970, S. 73)

2.3.1. Der gewaltlose Widerstand

Dieser Martin Luther King wurde die Ikone der gewaltlosen schwarzen
Bürgerrechtsbewegung. „Er forderte, unterstützte, erkämpfte und erkämpfte
Veränderungen, etwa das Zivilrechtsgesetz von 1964 und das
Wahlrechtsgesetz aus dem folgenden Jahr, die zusammen genommen die
Afroamerikaner mit den Weißen rechtlich gleichstellten.“ (Dietrich, Tobias
2008, S. 7) King, der mit seinem Marsch auf Washington 1963 und seiner
dabei gehaltenen Rede („I have a Dream“) zur Ikone der
Bürgerrechtsbewegung wurde, rechtfertigte den demokratischen Anspruch
einer Reform des bestehenden Systems im Sinne einer Zusammenarbeit mit

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den liberalen Kräften in der Regierung und im öffentlichen Leben. (vgl.
Brandes, Burke 1970, S. 73) Mittel des Widerstandes waren
Demonstrationen, Boykotts und Protestmärsche, die im Zeichen der
Gewaltlosigkeit standen. King dazu:

„Macht mit uns, was ihr wollt, wir werden euch dennoch lieben. Wir
werden eurer physischen Gewalt mit Seelenstärke begegnen. Ihr könnt
unsere Häuser bombadieren und unsere Kinder bespucken, und wir
werden euch dennoch lieben. Aber seid sicher, daß wir euch mit
unserer Fähigkeit, Leiden zu ertragen, zu Boden zwingen werden.“
(Brandes, Burke 1970, S. 74 zit. nach Alfred J. Marrow, Changing
Patterns of Prejudice, Philadelphia 1962, S. 199)

Der liberale Teil der weißen Bevölkerung unterstützte die Forderungen wie
Chancengleichheit, Ende der Diskriminierung auf dem Arbeits- und
Wohnungsmarkt, Gleiche Löhne und Arbeitsbedingungen oder gleiche
politische Rechte rund um King und die Bürgerrechtsbewegung in den
Südstaaten. Als die Bewegung auch für den Norden Forderungen stellte,
entzogen die Liberalen ihre finanzielle und moralische Unterstützung. (vgl.
Brandes, Burke 1970, S. 75) Martin Luther King wurde am 4. April 1968
ermordet. (Dietrich, Tobias 2008, S. 101)

2.3.2 Die „Black Power“-Bewegung

Nach dem Ende der Koalition eines großen Teils der Bürgerrechtsbewegung
mit den liberalen Demokraten beginnt der unabhängige schwarze Widerstand.
Dieser ist bestimmt von Einflüssen der Bewegung, außerhalb von Martin
Luther King. (vgl. Brandes, Burke 1970, S. 75) 1966 lösten sich schließlich
schwarze Aktivisten von der Mithilfe weißer Sympathisanten und gründeten
die „Black-Power“-Bewegung. (vgl. ebenda) Kings Primat der Gewaltlosigkeit
erschien vielen zu passiv, Freiheit soll nicht irgendwann kommen. Ihre
Forderung: „Freedom Now!“ Bewegungen wie das SNCC (Student Nonviolent
Coordinating Committee), die erste von schwarzen gegründete Partei MFDP
(Mississippi Freedom Democratic Party) oder die aus den beiden
herausgewachsene „Black-Panther-Partei“ (Lowndes County Freedom
Organisation) entwickelten sich. Organisationen wie die Nation of Islam unter

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Master Elijah Muhammed – welche einen schwarzen Nationalismus predigten
bekamen Oberwasser. (Brandes, Burke 1970, S. 76 – 115) Symbolfigur dieser
Zeit war Malcolm X. Er brach 1964 zwar mit der Nation of Islam, wandte sich
aber gegen die Integration, wie sie Martin Luther King forderte.

„Das ist so, als wenn du Kaffee hast, der zu schwarz, das heißt zu
stark ist. Was tust du? Du integrierst ihn mit Sahne, du machst ihn
schwach. Wenn du aber zu viel Sahne hineingießt, wirst du nicht
einmal mehr wissen, daß du jemals Kaffee hattest. Er war heiß, jetzt
wird er kalt. Er war stark, jetzt wird er schwach. Er weckte dich auf,
jetzt schläft er dich ein. Das war es, was sie mit dem Marsch auf
Washington taten.“ (Brandes, Burke 1970, S. 120 zit. nach Malcolm X,
Speaks. New York 1965, S. 8)

Malcolm X. erkannte aber bald, dass dieser schwarze Rassismus nicht die
Zukunft der schwarzen Bewegung sein konnte. Trotzdem rechtfertigte er
revolutionäre Gewalt. (vgl. ebenda, S. 121)

Seit dieser Zeit gab es immer wieder spontane Aufstände in schwarzen


Wohngegenden (Gettos), die sich gegen die Ungleichbehandlung und
Diskriminierung wandten. Vor allem in den 1960er bis zu Martin Luther Kings
Tod standen solche Erhebungen auf der Agenda (vgl. Brandes, Burke 1970,
S. 124) Jüngster Aufstand waren die sogenannten „Los Angeles Riots“ im
Jahr 1992. Ausschlaggeber war der Freispruch von vier Polizisten, die
angeblich den Afroamerikaner Rodney King zu Tode misshandelt haben
sollen. (vgl. Kreye 1993, S. 7 - 23)

Die Los Angeles Riots. Quelle: www.flickr.com

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3. Politisches System der USA

Die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika ist die älteste noch in
Kraft stehende geschriebene Verfassung und konnte 1789 in der Zeit seiner
Entstehung behaupten, als erste moderne Verfassung überhaupt zu gelten.
Sie entstand aus der 1776 verfassten Unabhängigkeitserklärung der
damaligen Kolonie an das Mutterland England und besagt „daß alle
Menschen gleich sind, dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen
unveräußerlichen Rechten ausgestattet sind, daß zu diesen das Leben, die
Freiheit und das Streben nach allgemeinem Wohl gehören.“ (Brogan 1956, S.
11) Dass das Streben nach allgemeinem Wohl in Zeiten der Verfassung
dieser Erklärung keineswegs für Sklaven galt, ist bereits in Kapitel 2.1.
behandelt worden.

3.1 Integrationspolitik

1961 beschlossen und 1964 umgesetzt wurde das Gesetz zur „Affirmative
Action“, das durch Maßnahmen einer „umgekehrten Diskriminierung“ die
gesellschaftliche Unterrepräsentation von Minderheiten regeln soll. Urheber
ist der damalige Präsident John F. Kennedy. Affirmative Action beinhaltet
Bildungsprogramme gegen Sexismus und Rassismus. Auch die Bevorzugung
von Minderheiten – beispielsweise bei Hochschulauswahlverfahren – ist darin
geregelt. Außerdem ist die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und
Subventionen an diese Maßnahme gekoppelt. (vgl.
http://plato.stanford.edu/entries/affirmative-action, dl. 5.5.2010)

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3.2 Rassismustendenzen

Wenn es nach dem Sozialwissenschaftler Albert Memmi geht, kann


Rassismus folgendermaßen definiert werden:

„Der Rassismus ist die verallgemeinerte und verabsolutierte Wertung


tatsächlicher oder fiktiver Unterschiede zum Nutzen des Anklägers und
zum Schaden seines Opfers, mit der seine Privilegien oder seine
Aggressionen gerechtfertigt werden sollen.“ (http://www.fb4.fh-
frankfurt.de/whoiswho/gaitanides/Memmi_Rassismus.pdf, dl: s
20.5.2010)

Umgelegt auf die Situation in den Vereinigten Staaten definieren Brandes und
Burke das Rassenproblem in seinem Kern als ein soziales ökonomisches.
“Nicht die Tatsache, dass ein Mensch ein “Neger” ist, macht ihn zum Versager
in der Schule, zum Hilfsarbeiter oder zum Verbrecher, sondern dass er in
einem Milieu leben muss, in dem er nur durch schlecht bezahlte Arbeit, oft
sogar nur als Arbeitsloser oder als Verbrecher überleben kann.” (Brandes,
Burke 1970, S. 108) Um dieses Argument zu verstehen, wird im folgenden
Kapitel die Lage der afroamerikanischen Bevölkerung skizziert. Auch der
Publizist Adrian Kreye, der sich im Reportagenband “Aufstand der Gettos” mit
den amerikanischen Rassenkonflikten beschäftigte beschreibt den dortigen
Rassismus aller Bevölkerungsgruppen gegeneinander als Resultat von Armut
und Dummheit, wo durch polemische Verallgemeinerungen Menschen ohne
Perspektive angesprochen werden sollen. (vgl. Kreye 1993, S. 17)

Der Rassismus gegen die schwarze Bevölkerung in den USA basiert im


weitesten Sinne auf einer religiösen und ökonomischen Grundlage, welche
die weiße protestantische Mehrheit in Zeiten der Sklaverei als
Rechtfertigungsstrategie sozusagen konstruierte: Wie Brandes und Burke in
ihrem Buch “USA - vom Rassenkampf zum Klassenkampf” feststellten,
entstand der Rassismus nicht spontan, sondern entwickelte sich als
Rechtfertigung, den Schwarzen ökonomisch auszubeuten. Der Tenor war, den
Sklaven nicht als Menschen, sondern als Sache beziehungsweise als privates
Besitzobjekt zu sehen. Nur so konnte die Sklaverei mit der 1781

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verabschiedeten amerikanischen Verfassung in Einklang gebracht werden.
Somit waren Menschenrechtsverletzungen, Misshandlungen und sogar der
Mord an Sklaven bis zur Befreiung 1863 keine Verbrechen, die vom Gericht
bestraft wurden. Die religiöse Komponente besagte, dass schwarze
Menschen Nachkommen des von Noah verfluchten Sohnes Ham sind und die
Sklaverei demnach eine gottgewollte Auswirkung dieses Fluches ist. (vgl.
Brandes, Burke 1970, S. 19 ff)

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4. Statistik der Bevölkerung in den USA

Weisse
Schw arze
Hispancs
Asiaten
Indigene
Ureinw ohner
Haw aii, Pazifik
Mehrere Rassen

Abb.1: Bevölkerungsgruppen in den USA


Quelle: www.census.gov

Im Gegensatz zu Österreich oder Deutschland ist in den USA das Wort


“Rasse” mit keinerlei negativer Konnotierung behaftet und somit ein
selbstverständlicher Abfragepunkt in der amerikanischen Volkszählung, auch
Census genannt. Aufgrund der aktiv betriebenen Rassenpolitik rund um den
Nationalsozialismus und Adolf Hitler ist eine derartige Bezeichnung in
Österreich oder Deutschland undenkbar. Laut aktueller Statistik leben derzeit
309 Millionen Personen in den USA. Zum Vergleich: Noch im Jahr 2000
lebten rund 281,4 Millionen Einwohner im Staatsgebiet. Auf die verschiedenen
Bevölkerungsgruppen aufgeteilt, leben laut aktueller Census-Zahlen 194,8
Millionen Personen (69 Prozent), die der weißen Bevölkerungsgruppe
zuzuteilen sind. 4,3 Millionen Menschen sind der Ureinwohnerkultur Amerikas
zuzurechnen. 37,4 Millionen Einwohner oder 13,3 Prozent der Amerikaner
haben einen südamerikanischen Hintergrund und 36 Millionen Menschen
gehören der afroamerikanischen Bevölkerung an. Das sind 13 Prozent. Der

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Anteil der Asiaten beträgt 11,3 Millionen, etwa 861.000 Menschen kommen
aus Hawaii oder den Pazifiknationen und 7,3 Millionen Menschen fühlen sich
mehreren „Rassen“ zugehörig. (vgl. www.census.gov/prod/2003pubs/p-20-
541.pdf, 17. 5. 2010)

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4.1 Die Lage der Schwarzen in den USA

Arbeitslosigkeit
Angaben in Prozent
14

12

10
Männlich
8
Weiblich
6

0
Schw arze Weisse

Abb.2: Arbeitslosigkeit nach Bevölkerungsgruppe

Quelle: www.census.gov

Laut Census-Zählungen aus dem Jahr 2002 sind etwa 11,9 Prozent der
männlichen Afroamerikaner von Arbeitslosigkeit betroffen. Dem gegenüber
stehen 5,7 Prozent männlicher Arbeitsloser, die der weißen
Bevölkerungsgruppe zuzurechnen sind. Bei der weiblichen Bevölkerung sind
9,9 Prozent der Afroamerikanerinnen arbeitslos. Zum Vergleich: Innerhalb der
weißen Bevölkerungsgruppe sind 4,4 Prozent Amerikanerinnen vom selben
Schicksal betroffen.

Auch bei den Einkommen hinken die Afroamerikaner der weißen


Bevölkerungsgruppe hinterher. Das beweist der Einkommens-Dollar:
Während, statistisch gesehen, eine Person der weißen Bevölkerungsgruppe
für die Tätigkeit einen Dollar verdient, so bekommt ein Afroamerikaner 57
Cent. Dass sich diese Ungleichheit bei den Gehältern seit 1968 kaum
geändert hat, beweist der Umstand, dass damals auf den Einkommensdollar
des “Weißen” 55 Cent für den Afroamerikaner gekommen sind. Eine ähnliche
Diskrepanz erfährt man, wenn man die Besitzverhältnisse zwischen weißen
und schwarzen Staatsbürgern der USA vergleicht. (vgl.

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www.census.gov/prod/2003pubs/p20-545.pdf, 17.5.2010)
Von den 32,9 Millionen Amerikaner (12 Prozent), die laut Census-Erhebung
von 2002 unter der Armutsgrenze leben, sind 8,1 Millionen schwarz. 15,3
Millionen hingegen sind der weißen Bevölkerungsgruppe zuzurechnen. Erst
bei näheren Betrachten wird klar, dass auch hier die afroamerikanische
Minderheit stärker vertreten ist: Die ausgewiesenen 8,1 Millionen Schwarzen
machen 23 Prozent aus. Bei den Weißen sind es gerade acht Prozent, die mit
einem Einkommen unterhalb der Armutsgrenze leben müssen. (vgl.
www.census.gov/prod/2003pubs/p20-545.pdf, 17.5.2010)

Bei den Wohnverhältnissen sind ebenso bevölkerungsspezifische


Unterschiede festzustellen: Laut Census-Erhebung von 2002 leben 55
Prozent der Afroamerikaner in den sogenannten Südstaaten, zu denen
Georgia, Alabama, Arkansas, Loisiana, Mississipi, Tenessee, Kentucky, West
Virgina, Virgina, North Carolina, South Carolina, Georgia und Florida
dazugehören. (vgl. www.census.gov/prod/2003pubs/p20-545.pdf, 17.5.2010)
Das ist insofern interessant, da sich in dieser Region hauptsächlich die
Plantagen befanden, in denen bis ins späte 19. Jahrhundert ein Großteil der
heutigen Afroamerikaner als Sklaven Zwangsarbeit leisten mussten.
Erwähnenswert ist auch, dass 52 Prozent der Afroamerikaner im urbanen
Gebiet der sogenannten “City” (Innenstadt) leben. Im Vergleich dazu wählten
lediglich 21 Prozent der weißen Bevölkerung diesen Lebensraum aus. Sie
sind mit einem Anteil von 57 Prozent in den sogenannten “Suburbs”
(Vorstädten), die als Wohngebiet für die eher wohlhabende Mittel- und
Oberschicht gelten, überrepräsentiert. Zum Vergleich: Der Anteil der
schwarzen Bevölkerung in den “Suburbs” beträgt 36 Prozent. (vgl.
www.census.gov/prod/2003pubs/p20-545.pdf, 17.5.2010) Lediglich 12
Prozent der Schwarzen leben am Land.

Wenn es nach Brandes und Burke geht, sind besonders die schlechteren
Wohnbedingungen in den Slums oder Gettos, die sich vor allem innerhalb der
sogenannten “City” befinden ausschlaggebend für die soziale Benachteiligung
der (farbigen) Einwohner. Sie erinnern dabei an den Umstand, dass wegen
der schlechten Bezahlung und der größeren Familienstruktur beide Elternteile

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beziehungsweise bei Alleinerziehern die Frau einer geregelten Arbeit
nachgehen muss, um die Familie zu ernähren. (vgl. Brandes, Burke 1970, S.
107) Das Resultat davon: Viele Kinder wachsen auf der Strasse auf und
erlebten schon im frühen Alter, was “Armut und Hoffnungslosigkeit aus den
Menschen machte.” (ebenda) Um dieses Argument zu untermauern führen sie
bereits in den 1970er Jahren die hohe Kriminalitätsrate, Perspektivlosigkeit
sowie die überdurchschnittliche Alkohol- und Drogenabhängigkeit in solchen
Wohngebieten an. (vgl. ebenda, S. 107f)

Auffallend sind auch die Unterschiede im Bildungsbereich: Wenn es nach der


Internetseite www.census.gov geht, waren im Jahr 2007 84 Prozent aller US-
Bürger, die älter als 25 Jahre alt waren im Besitze eines High-School-
Abschlusses. 27 Prozent dieser konnten einen akademischen Bachelor-
Abschluss vorweisen. Wenn man hier die Rassen einzeln betrachtet, ergibt
sich folgendes Bild: Während 85,8 Prozent der Asiaten und 89,4 Prozent der
weißen Amerikaner einen Highschool-Abschluss vorweisen können, sind nur
80,1 Prozent der afroamerikanischen Bevölkerung im Besitze eines solchen.
Gravierender wird der Unterschied, wenn man die akademischen Abschlüsse
„Bachelor“ und „Advanced“ betrachtet: 30 Prozent der weißen und 49,5
Prozent der asiatisch-stämmigen Bevölkerung haben den Bachelor-Abschluss
in der Tasche. Mit diesem Bildungsabschluss sind nur 17,3 Prozent der
Schwarzen ausgestattet. Inhaber eines „Advanced“-Abschlusses sind 11,3
Prozent der Weißen und 19,6 Prozent der Asiaten. Zum Vergleich:
„Advanced“-Absolventen sind lediglich 5,8 Prozent der schwarzen
Bevölkerungsgruppe.

Dieses Phänomen kann auch regionsspezifisch beobachtet werden. Während


nahezu alle nördlichen Staaten beim Highschool-Abschluss über dem Niveau
liegen (außer New York, Kentucky und West Virgina), verzeichnen die
gesamten Südstaaten (außer Florida) einen Bildungswert, der unter dem US-
Durchschnitt liegt. Wie weiter oben schon erwähnt wurde, leben 55 Prozent
der schwarzen Bevölkerung in den Südstaaten.

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4.1.1 Soziografie und gesellschaftlicher Aufstieg

Natürlich muss man bemerken, dass die formale Gleichstellung aller


amerikanischen Bevölkerungsgruppen mit dem Ende der Rassensegregation
und den Errungenschaften der schwarzen Bürgerrechtsbewegung am Papier
gegeben ist. (vgl. Kapitel 2.2) Ansonsten wäre es für die farbige Bevölkerung
noch immer nicht möglich, eine Elite-Universität zu besuchen. Auch der
Aufstieg von der Unterschicht in die Mittel- und Oberklasse, zu der laut Kapitel
(5.1) auch Teile der afroamerikanischen Bevölkerung zählen, wäre demnach
pure Utopie.

Unterstrichen wird diese Möglichkeit durch die Faszination des


“amerikanischen Traums”, der mit dem Streben nach Glück in der
amerikanischen Unabhängigkeitserklärung vom 4. Juli 1776 verankert ist.
(vgl. Brogan 1954, S. 415) Dieses gottgegebene Menschenrecht soll jeder
Person die Freiheit ermöglichen sein Leben zu gestalten. (ebenda) Trotzdem
muss dazu bemerkt werden, dass in der Erklärung die Gleichheit lediglich in
formaler Form gewährt wird. Soziale Gleichheit, die schichtspezifische
Bildungs- beziehungsweise besitzspezifische Ausgangssituationen
ausgleichen soll, wird in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung nicht
beachtet.

So ist es folgendem ein schwieriges Unterfangen, den sogenannten Sprung


vom (schwarzen) Tellerwäscher zum Millionär zu schaffen, der demgemäß nur
wenigen zu Teil kommt. Um dieses Faktum zu unterstreichen erinnert Adrian
Kreye an das Schicksal von Mark Craig, einen schwarzen Studenten und
Golfkriegs-Veteran aus der sogenannten Mittelschicht, der nicht aus dem
Getto, sondern aus den sogenannten “Suburbs” (Vorstadt) kommt. Er wird
zum Symbolgesicht der sogenannten Los Angeles Riots, einem Aufstand der
schwarzen Bevölkerung, der im Jahre 1992 in den dortigen Gettos South
Central, Comton und Watts ausbrachen. Hintergrund war der Freispruch von
vier Polizisten, die einen Schwarzen tot geprügelt haben sollen. (vgl. Kreye
1993, S. 23ff) Mark beschreibt darin das Alltagsleben, das vom latenten
Rassismus geprägt war:

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“In der High-School war es schon so, wenn ich eine Polizeistreife nach
elf Uhr abends in meinem Auto sah, haben sie mich rausgewinkt. Ich
musste mich mit gespreizten Beinen an den Streifenwagen stellen
oder flach auf den Boden legen. Sie haben mich nach Waffen und
Drogen durchsucht, mich gefragt, wo ich das Geld für meine
Lautsprecher habe (…) Wenn du irgend etwas hast, das Geld kostet,
geben dir die Cops das Gefühl, dass du ein Krimineller bist.” (Kreye
1993, S. 35)

Den Grund für den Ausbruch der Los Angeles Riots sieht Protagonist Marc
Craig vor allem kollektiven Unrechtsgefühl das die schwarze Bevölkerung
nach Verkündigung des Gerichtsurteils (vier mal Freispruch für die
Polizeibeamten) aufkam. “Es kam mir plötzlich so vor, als sei ich hier nichts
wert, als könnte ein Schwarzer in den Vereinigten Staaten nicht zu seinem
recht kommen. Es fühlte sich genauso an wie vor zweihundert Jahren die
Sklaverei (…) Daß du kein vollwertiger Mensch bist.” (Kreye 1993, 33f)

Wie es um die beruflichen Aussichten beziehungsweise um die Kriminalitäts-


karriere junger Schwarzer, die in Gettos wohnen, bestellt ist, kann man am
Beispiel des Protagonisten Roger nachlesen, den Kreye für eine weitere
Reportage begleitet hat. Er verdient sein Geld als Roadie einer Band und
Drogendealer.

“Mann, wenn du in South zentral wohnst, kannst du froh sein, wenn du


einen Job bei McDonalds kriegst. Da überlegst du nicht lange. Rocks
[Drogen, der Verfasser] sind ein sicheres Geschäft. Da machst du
mehr Geld als in der Wall Street.” (Kreye 1993, S. 66)

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5. Lage der Nachfahren ehemaliger Sklaven

Da sich diese Arbeit mit dem Schicksal ehemaliger Sklaven beschäftigt muss
bemerkt werden, dass ein Großteil der schwarzen Bevölkerung in den USA
sich aus dieser Gruppe rekrutiert. Doch es sind nicht nur die ehemaligen
Sklaven, welche die heutige farbige Population der Vereinigten Staaten
verkörpern. Wenn es nach der Internetseite “Public Agenda for Citizens” geht,
kamen beispielsweise im Jahr 1965 1,1 Prozent der Einwanderer aus Afrika.
2008 waren es bereits 9,6 Prozent die aus diesem Kontinent in die USA
emigrierten.

Doch es sind nicht ausschließlich Afrikaner die als “Farbige” nach Amerika
einwandern. Dazu zählen auch Teile der Gruppe der Exilkubaner und
Menschen aus der Karibik, die in die USA emigrierten. (vgl.
http://www.publicagenda.org/citizen/issueguides/immigration/getfacts)
Wenn es nach Brandes und Burke geht, gab es auch schon in der Zeit der
Sklaverei sogenannte “freie Neger”, deren Anzahl sich beispielsweise im Jahr
1850 vor Ausbruch des Bürgerkrieges 434 495 Personen belief. Sie lebten vor
allem im Norden. (vgl. Brandes, Burke, 1970, S. 18)

Politiker, wie der amtierende US-Präsident Barack Obama oder Colin Powell
– der unter George W. Bush junior, das Amt des Außenministers bekleidete,
hatten keine Vorfahren mit „Sklavenvergangenheit“.
Obama, Sohn eines schwarzen Muslim aus Kenia und einer weißen Mutter
aus Kansas, wuchs bei seinen Großeltern auf Hawaii auf. (vgl.
http://www.whoswho.de/templ/te_bio.php?PID=2973&RID=1, dl: 12.6.2010)
Powell ist Sohn eines Immigrantenpaares aus Jamaika. (vgl.
http://www.whoswho.de/templ/te_bio.php?PID=1350&RID=1, dl: 12.6.2010)
Powellls Nachfolgerin, Condoleezza Rice, die ebenfalls afroamerikanischen
Ursprungs ist, kam in Birmingham, Alabama als Tochter eines Schuldekans
zur Welt. (vgl. http://www.whoswho.de/templ/te_bio.php?PID=2108&RID=1,
dl: 12.6.2010) Ob sie Vorfahren hat, die ehemalige Sklaven waren, konnte
trotz intensiver Recherche nicht festgestellt werden.

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5.1 Gibt es eine “Altlast” die Nachfahren ehemaliger Sklaven
herumtragen

Wenn man den Statistiken der amerikanischen Volkszählung, Census,


Glauben schenken darf, ist die schwarze Minderheit mehr von
armutsgefährdeten Faktoren wie Arbeitslosigkeit, unterdurchschnittlicher
Bildung, einer schlechteren Wohnsituation gefährdet als die weiße Mehrheit.
Dazu kommen eine gespanntere Einkommenssituation und der
bildungsspezifisch typische eher negativ konnotierte Blick in die Zukunft.
Gepaart mit der Stigmatisierung durch einen - wie in Kapitel 4.2.
beschriebenen latenten Rassismus, der die Gesellschaft der USA
kennzeichnet sind dahingehend keine nennenswerten Fortschritte sichtbar.
Auffallend ist auch, dass die Mobilität der schwarzen Bevölkerungsgruppe
auffallend niedrig ist. Wenn angenommen werden kann, dass es sich dabei
großteils um die Nachfahren ehemaliger Sklaven handelt, wird deutlich dass
55 Prozent der AfroamerikanerInnen in den sogenannten Südstaaten leben.
Dort hatten bis zum Ende des 19. Jahrhunderts schon ihre Vorfahren, die
damals als Sklaven beziehungsweise Leibeigene waren, ihren
Lebensmittelpunkt. Wenn die Statistik dahingehend interpretiert werden darf,
kann lediglich eine Wohnortveränderung vom Land in die Stadt verzeichnet
werden.

Angesichts der Affirmative Action – welche die Unterrepräsentanz von


Minderheiten durch positive Diskriminierung aufheben soll – ist die schwarze
Bevölkerung großteils noch immer nicht dort, wo sie sein soll. Die Zahlen über
das Bildungsniveau, Arbeitslosigkeit und Armutsgefährdung sprechen dafür.
Auffallend ist, dass im Bereich der Bildung die asiatisch-stämmige die weiße
Bevölkerungsgruppe überholt hat. (vgl. Kapitel 4.1) Dass aber Bildung –
gekoppelt mit einer daraus folgenden Erhöhung des Einkommensniveaus -
die Lage der schwarzen Bevölkerung bessern kann, kann ich nach meinen
Recherchen nicht beantworten. Literatur und dementsprechende Studien
dazu fehlen.

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Im Kontext des beschriebenen Problems der afroamerikanischen Bevölkerung
muss erwähnt werden, dass die geschichtliche Aufarbeitung der Sklavenzeit
in den USA und den darauffolgenden Entschädigungszahlen ähnlich der
Vergütung für NS-Opfer, wie sie teilweise in Deutschland und Österreich
vorkommt, völlig fehlt. Dazu schreibt Thomas Bearth in seinem Buch “Afrika
im Wandel”, dass die Thematik der Sklaverei in den USA ein nicht
aufgearbeitetes historisches Unrecht einer Gesellschaft ist, die sich dem
Unrecht stellt. Er verweist dabei auf die bereits erfolgten
Entschädigungszahlungen an die japanischstämmigen Amerikaner, die im
zweiten Weltkrieg interniert worden sind. (vgl. Bearth 2007, S. 43)

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7. Bibliografie

Brandes Volkhard, Burke Joyce (1970): USA – Vom Rassenkampf zum


Klassenkampf. Nördlingen, Deutscher Taschenbuchverlag

Bearth, Thomas (2007): Afrika im Wandel. Zürich, VDF Hochschulverlag

Brogan, D. W. (1956): Die Amerikanische Politik – Verfassung, Staatsleben


und politisches System der Vereinigten Staaten. Stuttgart, A.J. Walter

Kreye, Adrian (1993): Aufstand der Gettos – Die Eskalation der


Rassenkonflikte in Amerika. Köln, Kiepenheuer & Witsch

Dietrich, Tobias (2008): Marin Luther King. Paderborn, W.Fink

Meuschel, Sigrid (1985):Kapitalismus oder Sklaverei – Die langwierige


Durschsetzung der bürgerlichen Gesellschaft in den USA. Frankfurt,
Europäische Verlagsgesellschaft

Claude Meillassoux:
ttp://www.anthro.unibe.ch/unibe/philhist/anthro/content/e297/e1386/e3847/e38
49/linkliste3892/arbeit-6_ger.pdf, dl: 14.6.2010

Kaese, Wolfgang: „Sklaverei in Afrika – Annäherung an eine Definition:


www.lwg.uni-hannover.de/w/images/a/ab/pdt-kaese-sklaverei.pdf,
dl: 18.6.2010

Biografie Barack Obama:


http://www.whoswho.de/templ/te_bio.php?PID=2973&RID=1, dl: 12.6.2010

Biografie Colin Powell:


http://www.whoswho.de/templ/te_bio.php?PID=1350&RID=1, dl: 12.6.2010)

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Biografie Condoleezza Rice:
http://www.whoswho.de/templ/te_bio.php?PID=2108&RID=1, dl: 12.6.2010

Bericht über die Lage der Schwarzen:


http://www.aurora-magazin.at/gesellschaft/baran_usa_frm.htm, dl: 23.5.2010

Statistische Daten über die Bevölkerung der USA:


www.census.gov, dl: 17.5.2010

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