7.1 Allgemeines
Ziel der Pflegeleistungen ist es, einerseits die Situation der Pflegebedürftigen und
andererseits der pflegenden Angehörigen und sonstigen Pflegepersonen zu verbes-
sern. Die zivilrechtliche Unterhaltspflicht wird von einer gesetzlichen Versicherung
übernommen, um möglichst unabhängig von der Inanspruchnahme der Sozialhilfe-
leistungen zu sein.
Durch seine Beitragszahlung erwirbt der Versicherte einen Rechtsanspruch auf Hil-
fe bei Pflegebedürftigkeit. Der Anspruch ist unabhängig von der wirtschaftlichen
Lage der Versicherten. Eine Bedürftigkeitsprüfung und eine Heranziehung der An-
gehörigen zu den Kosten finden nicht statt. Die Absicherung des Pflegerisikos im
Rahmen der solidarischen Pflegeversicherung ist offen für eine Ergänzung im Rah-
men privater Vorsorge. Die Pflegeversicherung hat nicht das Ziel, die gesamten
Kosten des Pflegefalls sicherzustellen.
Um Pflegebedürftigkeit zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhindern, sind
die Möglichkeiten der medizinischen Rehabilitation, aber auch aktivierende und
rehabilitative Elemente der Pflege gezielt einzusetzen. Als Grundsatz gilt: Vorrang
von Prävention und Teilhabe/Rehabilitation vor der Inanspruchnahme von Pflege-
leistungen. Es besteht in jedem Einzelfall die Verpflichtung zur Prüfung und Durch-
führung der notwendigen und zumutbaren Maßnahmen zur medizinischen Rehabi-
litation.
Ab dem 1. 7. 2008 gilt das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz v. 28. 5. 2008 (BGBl. I
S. 874 – 914), mit dem die Qualität der pflegerischen Versorgung weiter entwickelt
und die Leistungssätze den finanziellen Veränderungen angepasst wurden (www.
mds-ev.de).
7.3 Beiträge
7.4 Leistungsberechtigte
Pflegebedürftig sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seeli-
schen Krankheit oder einer Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig
wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer in er-
heblichem Maße der Hilfe bedürfen. Die pflegebedürftigen Menschen werden je
nach der Häufigkeit des Hilfebedarfs in drei Pflegestufen unterteilt:
Pflegestufe I: erheblich pflegebedürftig =
Hilfebedarf mindestens einmal täglich für wenigstens zwei Verrichtungen mindes-
tens eineinhalb Stunden, davon 45 Minuten für die Grundpflege.
Pflegestufe II: schwer pflegebedürftig =
Hilfebedarf mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten mindestens
drei Stunden, davon zwei Stunden für die Grundpflege.
Pflegestufe III: schwerst pflegebedürftig =
Hilfebedarf rund um die Uhr mindestens fünf Stunden, davon vier Stunden für die
Grundpflege.
Die Feststellung, ob und in welchem Umfang Pflegebedürftigkeit vorliegt, erfolgt
durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen.
7.5 Leistungen
z Zuschüsse zu pflegebedingtem
Umbau der Wohnung bis zu € 2557,– je Maßnahme
z unentgeltliche Pflegekurse für Angehörige und ehrenamtliche Pflegepersonen.
z Für pflegebedürftige mit demenzbedingten Fähigkeitsstörungen sowie für psy-
chisch Kranke und für Menschen mit geistigen Behinderungen, die einen An-
spruch auf Leistungen der Pflegeversicherung haben, wird ein zusätzlicher Be-
treuungsbetrag von bis zu € 100 monatlich (Grundbetrag) oder bis zu € 200
monatlich (erhöhter Betrag) gezahlt. Die Höhe des jeweiligen Anspruchs wird
von der Pflegekasse auf Empfehlung des MDK im Einzelfall festgelegt und dem
Versicherten mitgeteilt.
Die Ziele der sozialen Pflegeversicherung sind auch bei der Begutachtung zu beach-
ten. Danach soll dem Pflegebedürftigen ermöglicht werden, ein selbstbestimmtes
und selbstständiges Leben führen zu können. Im Vordergrund steht die aktivieren-
de Pflege, mit der vorhandene Fähigkeiten erhalten und ggf. verlorene Fähigkeiten
zurückgewonnen werden sollen. Auch die pflegerische Kompetenz und Motivation
der pflegenden Angehörigen soll gestärkt und gefördert werden.
Blindheit oder Taubheit sind z.B. alleine noch nicht ursächlich für Pflegebedürftig-
keit im Sinne des SGB XI. Auch sagt der Grad der Behinderung eines Schwerbehin-
derten nichts über die Voraussetzung der Pflegebedürftigkeit aus. Daraus folgt
auch, dass sich die Begutachtung statt nach diagnostisch-therapeutischen Gesichts-
punkten stärker nach pflegerischen Kriterien orientiert. Kenntnisse über pflegeri-
sche Zielsetzungen und Maßnahmen sind erforderlich, um Interventionsmöglich-
keiten durch pflegerisches Handeln bei der Ermittlung des individuellen Hilfebe-
darfs erkennen und berücksichtigen zu können. Pflegebedürftigkeit ist als ein Pro-
zess zu verstehen, der insbesondere durch präventiv orientierte Maßnahmen und
Hilfebedarf bei Kindern: Pflegebedürftige Kinder sind zur Feststellung des Hilfe-
bedarfs mit einem gesunden Kind gleichen Alters zu vergleichen. Maßgeblich für
die Beurteilung des Hilfebedarfs ist nicht der natürliche, altersbedingte Pflegeauf-
wand, sondern nur der darüberhinausgehende Hilfebedarf, der z. B. als Langzeit-
folge einer angeborenen Krankheit oder Behinderung u.a. in häufigeren Mahlzei-
ten oder zusätzlicher Körperpflege oder Lagerungsmaßnahmen besteht. Im ersten
Lebensjahr liegt Pflegebedürftigkeit nur ausnahmsweise vor, z.B. bei schweren
Zerebralparesen, die mit ausgeprägten Störungen der Mundmotorik einhergehen
und die Nahrungsaufnahme erheblich erschweren.
Tipps
Bundesministerium für Gesundheit, http://www.bmg.bund.de/themen/pflege.
Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend,
http://www.bmfsfj.de/top/sonstige/Politikbereiche/Familie/.
Texte zum Gesundheits- und Sozialrecht, Pflegeweiterentwicklungsgesetz 2008 –
Textausgabe mit systematisch zugeordneten Begründungen und Aussagen aus den
Parlamentsdrucksachen, Remagen, 2008.
Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebe-
dürftigkeit nach dem XI. Buch des Sozialgesetzbuches (Begutachtungs-Richtlinien)
vom 1. 7. 2009 (www.mds-ev.org).