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Ophthalmologe
https://doi.org/10.1007/s00347-018-0784-z
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zwei Videos zur Operationstechnik der
Rücklagerung des M. rectus medialis und
der Faltung des M. rectus lateralis. Beitrag
und Videos stehen Ihnen im elektronischen
Volltextarchiv auf SpringerMedizin.de
unter http://www.springermedizin.de/der-
ophthalmologe zur Verfügung.
Hintergrund
Esotropie zählt zu den häufigsten Schiel-
formen des Kindesalters, wobei die Inzi-
denz in der Literatur mit 1,3 % bis etwa
4 % angegeben wird [3, 4]. Unter dem
Begriff Esotropie werden i. Allg. die früh-
kindliche Esotropie, welche in den ers-
ten 6 Monaten auftritt und sich durch
einen großen Schielwinkel und Nystag-
mus vom Latenstyp auszeichnet, sowie
die akkommodative und teilakkommo-
dative Esotropie und der Mikrostrabis-
mus zusammengefasst. Eine Untergrup-
pe stellen der dekompensierte Mikro-
strabismus sowie das normosensorische
Spätschielen dar, welches pathogenetisch
am ehesten der dekompensierten Eso-
phorie zugeordnet werden kann.
Eine wesentliche Bedeutung bei Vor-
liegen einer manifesten Esotropie kommt
der „Suppression“ zu. Um die Ausprä-
gung permanenter Doppelbilder zu ver-
meiden, welche zu Schielbeginn noch
wahrgenommen werden können, wird
der Seheindruck des schielenden Auges
Y. Wenner · C. Kuhli-Hattenbach · T. Kohnen
Klinik für Augenheilkunde, Goethe-Universität, Universitätsklinikum Frankfurt, Frankfurt am Main,
Deutschland
Einseitige kombinierte
Augenmuskeloperation zur
Korrektur der Esotropie
Videobeitrag zur Rücklagerung des M. rectus
medialis und Faltung des M. rectus lateralis
häufig unterdrückt. Diese Fähigkeit zur
Exklusion korreliert mit dem Alter bei
Schielbeginn und mit der Dauer des Stra-
bismus [6].
Bei Erwachsenen findet man zusätz-
lich zu den genannten Ursachen die Eso-
tropie bei Myopie vom Typ Bielschowsky,
den Strabismus im Senium und die de-
kompensierende Esophorie [9]. Eine Ab-
duzensparese, welche bei Erwachsenen
häufiger als bei Kindern auftritt, führt
ebenfalls zu einer Esotropie.
Bei einem Schielwinkel unter 15 Pris-
mendioptrien ist unter anomaler Kor-
respondenz grobe Stereopsis möglich.
Bei Vorliegen einer normalen Korres-
pondenz wird der Schielwinkel unter
10 Prismendioptrien gewöhnlich mit
einer Prismenbrille ausgeglichen. Ein
höherer Ausgleich durch Prismen ist
aufgrund der Aberrationen durch die
Prismengläser und des Gewichts der
Brille in der Regel nicht sinnvoll. Die
operative Korrektur des Schielwinkels
von über 15 Prismendioptrien hat nicht
nur kosmetische Vorteile mit damit ein-
hergehender Verbesserung des Selbst-
wertgefühls, sondern führt im Fall von
postoperativem Simultansehen zu einer
Vergrößerung des Gesichtsfelds, im Fall
der anomalen Korrespondenz zu einer
groben Binokularität und im Fall einer
normalen Sensorik zu einer Verbesse-
rung des Stereosehens sowie zu einem
Rückgang der Doppelbilder postoperativ.
Eine kombinierte Konvergenzoperation
wird ab etwa 15 Prismendioptrien durch-
geführt, da im Bereich zwischen 10 und
15 Prismendioptrien ein Einmuskelein-
griff ausreichend ist.
Operationsprinzip und -ziel
Der Eingriff besteht aus der Kombination
einer Rücklagerung des M. rectus media-
lis und einer Faltung des M. rectus late-
ralis an einem Auge. Vor der Abtrennung
von der Sklera wird der M. rectus medialis
am Ansatz von jeder Seite aus mit Vicryl-
6-0-Fäden angeschlungen. Primäre Ziele
der Operation sind das Erreichen einer
Orthotropie oder zumindest eines Mi-
krostrabismus convergens unter 8 Pris-
mendioptrien, da damit langfristig bes-
sere Ergebnisse zu erwarten sind [10].
Zu sekundären Zielen des Eingriffs ge-
hört die Verbesserung der binokularen
Zusammenarbeit, Vergrößerung des Ge-
sichtsfelds im Fall von Simultansehen
und Normalisierung des Aussehens, was
wiederum zum besseren Selbstbewusst-
sein beiträgt [7].
Vorteile
Wesentliche Vorteile einer solchen unila-
teralen Kombinationsoperation im Ver-
gleich zu einer beidseitigen Rücklage-
rung des M. rectus medialis ist die etwas
bessere Vorhersagbarkeit der Ergebnis-
se, eine leichtere Dosierbarkeit eines po-
tenziellen postoperativen Restschielwin-
kels über das andere noch nicht operierte
Auge durch eine erneute Operation und
die Vermeidung der Lidspaltenvergröße-
rung [9]. Darüber hinaus besteht bei einer
Der Ophthalmologe
 Video plus
Faltung im Unterschied zu einer Resek-
tion potenziell die Möglichkeit, in den
ersten Tagen den Eingriff rückgängig zu
machen, da in diesem Zeitraum die Mus-
kelfalte in der Regel noch gelöst werden
kann.
Ein weiterer Vorteil der Faltung kann
eine exaktere Dosierbarkeit sein, da die
Abmessung der geplanten Muskelstre-
cke am liegenden und nicht abgetrennten
Muskel erfolgt. Viele Operateure nehmen
daher auch bei einer Resektion die Ab-
messung der geplanten Resektionsstre-
cke bereits am liegenden und noch nicht
resezierten Muskel vor, um keine Verfäl-
schung der Operationsstrecke zu riskie-
ren. Das Anschlingen des rückzulagern-
den Muskels vor der Abtrennung mi-
nimiert die Gefahr des Muskelverlusts
nach der Abtrennung des Muskels von
der Sklera, was zu einer deutlichen Ri-
sikominimierung des Eingriffs beiträgt.
Beim hier gezeigten Eingriff werden zur
Fixierung des Muskels inferior und su-
perior je zwei Skleranähte gelegt, was die
Veränderung der Wirkung auf den Mus-
kel durch das Abreißen der Sklera über
der Naht minimiert.
Nachteile
Das Anschlingen des Augenmuskels vor
seiner Abtrennung von der Sklera nimmt
etwas mehr Zeit in Anspruch als die al-
leinige Fixierung des Muskels durch eine
Muskelklemme. Die Durchführung der
Muskelfaltung benötigt meist eine größe-
re Lernkurve, als dies bei der Resektion
der Fall ist.
Indikationen
Die Esotropie unterschiedlicher Genese
und eine dekompensierende Esophorie
über15 Prismendioptriengehörenzu den
Indikationen für diese Operation.
Kontraindikationen
Absolute Kontraindikation ist ein un-
zureichender Ausgleich der Hyperopie
durch die bisherige Brillenkorrektur. Vor
der Planung einer Schieloperation soll-
te bei Patienten vor dem 50. Lebensjahr
eine Refraktionsbestimmung in Zyklo-
plegie erfolgen, um die notwendige Voll-
Der Ophthalmologe
korrektur zu ermitteln. Bei einer Brillen-
verordnung sollte eine Vollkorrektur der
Hyperopie angestrebt werden, in der Re-
gel ist es nicht ratsam, mehr als eine halbe
Dioptrie in der Sphäre von den ermit-
telten Werten abzuziehen. Da hierunter
eine wesentliche Verkleinerung des be-
stehenden Schielwinkels oder sogar ein
Verschwinden des Strabismus möglich
ist, sollte die optimale Brillenkorrektur
im Idealfall mindestens 2 Monate vor
dem geplanten Eingriff getragen werden.
Eine weitere absolute Kontraindikati-
on ist eine Abduzensparese, deren Spon-
tanregeneration noch nicht abgeschlos-
sen ist. Im ersten Jahr nach dem Auftritt
der Parese ist eine spontane Verbesserung
der Motilitätseinschränkung, bestenfalls
ein Verschwinden der Parese möglich.
Darüber hinaus zählt eine unbehan-
delte Schielamblyopie im Vorschulalter
zu den relativen Kontraindikationen.
Durch einen beidseits guten Visus sind
die besten Voraussetzungen für eine post-
operative beidäugige Zusammenarbeit
gegeben [17]. Im Fall einer unzureichend
behandelten Amblyopie muss postope-
rativ die Okklusion erfolgen, welche
den Erfolg des Eingriffs durch die Un-
terbrechung der Beidäugigkeit negativ
beeinflussen kann. Darüber hinaus gibt
es Befürchtungen, dass die Eltern die
Okklusionstherapie weniger konsequent
durchführen, wenn der Schielwinkel
nicht mehr sichtbar ist.
Anästhesie und Lagerung
Die Augenmuskeloperation wird in der
Regel in Allgemeinanästhesie (Larynx-
maske oder Intubationsnarkose) durch-
geführt. Der Patientenkopf wird in ei-
ner Kopfschale gelagert. Bei Erwachse-
nen ist der Eingriff in Peribulbäranäs-
thesie ebenfalls möglich, jedoch kann ei-
ne großstreckige Rücklagerung oder Fal-
tung schmerzhaft sein. Auf jeden Fall soll-
te ein Anästhesist während der Operation
zugegen sein, da die operative Therapie
der äußeren Augenmuskeln aufgrund ei-
ner vagalen Reaktion nicht selten mit ei-
ner intraoperativen Bradykardie verbun-
den ist.
Patientenaufklärung
Alle Patienten und bei Minderjährigen
sämtliche Erziehungsberechtigten müs-
sen über die Operation aufgeklärt wer-
den. Die Patientenaufklärung besteht aus
einer standardisierten Aufklärung für die
Augenmuskeloperation in der aktuellen
Fassung. Explizit wird hierbei darauf hin-
gewiesen, dass die Dosierung der ope-
rierten Muskelstrecke auf der präopera-
tiven Messung des Schielwinkels mit der
optimalen Brillenkorrektur beruht und
dass das TragenderBrillenkorrekturnach
dem Eingriff unbedingt erforderlich ist.
Es sollte explizit darauf hingewiesen wer-
den, dass ohne das postoperative Tragen
einer Brillenkorrektur insbesondere bei
Vorliegen der teilakkommodativen Eso-
tropie postoperativ ein Strabismus wei-
terhin vorhanden sein kann. Die Ope-
ration kann in etwa 10 % der Fälle ent-
weder in einer Unterkorrektur oder sel-
tener in einer Überkorrektur resultieren.
Auch wird darauf hingewiesen, dass lang-
fristig eine Exotropie und seltener eine
Esotropie möglich ist. Die konsekutive
Exotropie ist dadurch bedingt, dass der
Konvergenztonus mit zunehmendem Al-
ter abnimmt.
Unmittelbar postoperativ sind Dop-
pelbilder bei etwa 10 % der erwachsenen
Patienten möglich, dauerhaft wird dies je-
doch lediglich bei 1 % der Patienten beob-
achtet [11]. Wenn beim vorherigen Pris-
mentrageversuch keine Doppelbilder an-
gegeben werden, ist deren Auftritt post-
operativ extrem unwahrscheinlich.
Eine Perforation der Sklera ist mit ei-
ner Wahrscheinlichkeit von etwa 0,1 %
möglich [16]. Im Fall einer Bulbusper-
foration wird eine vorsichtige Netzhaut-
kryokoagulation und Skleranaht mit re-
sorbierbaren Fäden im Bereich der Perfo-
ration durchgeführt. Eine postoperative
Muskelnahtlockerung ist ebenfalls mög-
lich, wenn auch sehr selten.
Bei älteren Patienten mit einer Amb-
lyopie wird explizit darauf hingewiesen,
dass sich die Sehschärfe durch die Au-
genmuskeloperation nicht verbessert. Bei
Kindern im Vorschulalter wird die Am-
blyopietherapie bis zum möglichst sei-
tengleichen Visus vor der Schieloperati-
on durchgeführt und bei Notwendigkeit
danach fortgesetzt. Die Aufklärung sollte
 Zusammenfassung · Abstract

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Y. Wenner · C. Kuhli-Hattenbach · T. Kohnen

Einseitige kombinierte Augenmuskeloperation zur Korrektur der Esotropie. Videobeitrag zur
Rücklagerung des M. rectus medialis und Faltung des M. rectus lateralis
Zusammenfassung
Operationsziel. Das Ziel der Augenmuskel-
operation bei Esotropie ist die Orthotropie
oder Mikrostrabismus convergens, um die
binokulare Zusammenarbeit, ein größeres
Gesichtsfeld sowie eine kosmetische Verbes-
serung und die damit häufig verbundene
Verbesserung des Selbstwertgefühls zu
ermöglichen. Die einseitige kombinierte
Augenmuskeloperation mit Rücklagerung des
M. rectus medialis und Faltung des M. rectus
lateralis ist eine weit verbreitete Technik.
Indikationen. Indikationen sind Esotropie
unterschiedlicher Genese und dekompensie-
rende Esophorie über 15 Prismendioptrien.
Kontraindikationen. Absolute Kontraindi-
kationen sind die unzureichende optische
Korrektur einer Hyperopie und Abduzenspa-
rese, deren Spontanregeneration noch nicht
abgeschlossen ist. Relative Kontraindikation
bei Kindern ist die unbehandelte Amblyopie.
Operationstechnik. Die Operationstechnik
beinhaltet die unilaterale Rücklagerung des
M. rectus medialis und Faltung des M. rectus
lateralis. Anhand von zwei Operationsvideos,
welche online zur Verfügung stehen, wird die
Operationstechnik detailliert dargestellt.
Weiterbehandlung. Antibiotikahaltige
Augentropfen und ggf. Tränenersatzmittel
werden für mindestens eine Woche appliziert.
In der frühen postoperativen Phase muss auf
Anzeichen einer Infektion, Bindehautdehis-
zenz und Hornhautdelle geachtet werden.
Vier Monate nach dem Eingriff werden die
Patienten im Hinblick auf den Langzeiteffekt
untersucht.
Evidenz. Laut bereits durchgeführter
kontrollierter randomisierter Studie fand sich
kein Unterschied zwischen einer kombinierten
einseitigen Augenmuskeloperation und
einer beidseitigen Rücklagerung des
M. rectus medialis. Die Effekte der Faltung
sind dieselben wie die einer Resektion bei
Vorteilen einer Reversibilität in den ersten
Tagen und einer geringeren intraoperativen
Blutungsneigung.
Schlüsselwörter
Strabismus convergens · Augenmotilitäts-
störung · Doppelbilder · Schieloperation ·
Augenmuskeln

Unilateral combined strabismus surgery to correct esotropia. Video article on recession of the medial
rectus muscle and plication of the lateral rectus muscle
Abstract
Objective of surgery. The aim of strabismus unfinished spontaneous regeneration. postoperatively for evaluation of the long-
surgery to correct esotropia is orthotropic A relative contraindication in children is term result.
alignment or microstrabismus to achieve untreated amblyopia. Evidence. Recent randomized controlled
best possible binocularity, a larger visual Surgical technique. The technique consists studies have shown that unilateral medial
field, better appearance, and a frequently of unilateral recession of the medial rectus rectus muscle recession and resection surgery
connected improved self-esteem. A widely muscle and tucking of the lateral rectus is comparable to bilateral recession surgery
used technique to correct esotropia is muscle. The surgical technique is demonstra- with regards to postoperative results in
combined unilateral strabismus surgery with ted in detail in two videos of the operation, esotropia. The effect of lateral rectus muscle
recession of the medial rectus muscle and which are available online. tuck is comparable to muscle resection with
plication of the lateral rectus muscle. Follow-up. Antibiotic and lubricating eye less trauma and potential reversibility during
Indications. Indications are esotropia of drops are applied during the first week after the first days after surgery.
various origins or decompensating esophoria surgery. In the early postoperative period, pa-
over 15 prism diopters. tients should be monitored for postoperative Keywords
Contraindications. Absolute contraindi- infection, conjunctival dehiscence, or corneal Convergent strabismus · Ocular motility
cations are insufficient optical correction laceration. We review patients 4 months disorders · Double vision · Strabismus surgery ·
of hyperopia and sixth nerve palsy with Extraocular muscles

ebenfalls einen Hinweis auf das allgemei-
ne postoperative Risiko einer postopera-
tiven Blutung und Infektion im Augen-
bereich beinhalten. Extrem selten (etwa
0,01 %) wird in der Literatur eine Endo-
phthalmitis nach einer Schieloperation
beschrieben, die mit einem dauerhaften
Sehverlust einhergehen kann [2, 14].
Operationstechnik
Rücklagerung des M. rectus
medialis
Video 1: Die Bindehaut wird vom Limbus
ausgehend über dem M. rectus medialis
türflügelartig eröffnet. Danach erfolgt die
stumpfe Präparation seitlich des Muskel-
verlaufs in die Tiefe. Anschließend wird
der Muskel auf den Schielhaken aufge-
nommen und freipräpariert. Am Muskel-
ansatz wird jeweils ein Drittel der Mus-
kelbreite mit doppelt armierten Vicryl-
6-0-Fäden von oben und unten ange-
schlungen. Anschließend wird der Mus-
kel unter Hochziehen und Anziehen der
Fäden vom Ansatz abgetrennt. Die ge-
plante Rücklagerungsstrecke wird vom
ursprünglichen Ansatz des Muskels aus
nach hinten mit dem Zirkel abgemessen
und farbig markiert. Der Muskel wird an
dieser farbigen Markierung hinter dem
ursprünglichen Ansatz mit den vorge-

Der Ophthalmologe
 Video plus
legten Fixierungsnähten doppelt intras-
kleral verankert. Im Anschluss erfolgt der
Bindehautverschluss mit Vicryl-8-0-Ein-
zelknüpfnähten.
Faltung des M. rectus lateralis
Video 2: Nach der türflügelartigen Eröff-
nung der Bindehaut, Auffinden und Frei-
päparation des M. rectus lateralis wird
der Muskel auf 2 Schielhaken aufgeladen.
Nun wird die geplante Faltungsstrecke
auf dem M. rectus lateralis mit einem
eingefärbten Zirkel vom Ansatz ausge-
hend markiert. Im Bereich der Markie-
rung wird jeweils ein Drittel der Muskel-
breite von oben und unten mit doppelt
armierten Vicryl-6-0-Fäden angeschlun-
gen. Es werden seitlich am Ansatz jeweils
2 Skleranähte vorgelegt. Der Muskel wird
unter Anziehen der Fäden über einem
Irisspatel gefaltet und die Fäden am Mus-
kelansatz geknüpft. Anschließend wird
die Bindehaut adaptiert.
Postoperative Behandlung
Direkt am Operationsende wird ein
Kombinationspräparat mit Dexametha-
son, Neomycin und Polymyxin B als
Augensalbe verabreicht und das Auge
steril verbunden. Um die postoperati-
ven Schmerzen in der Aufwachphase zu
reduzieren, werden zusätzlich proxyme-
tacainhaltige Augentropfen verabreicht.
Der Verband sollte spätestens am
ersten postoperativen Tag abgenom-
men werden. Kinder wünschen meist
die Abnahme des Verbands unmittelbar
postoperativ, was in der Regel unpro-
blematisch ist, wenn das Reiben am
operierten Auge, z. B. durch das Tra-
gen der Brille, verhindert werden kann.
Nach der Abnahme des postoperativen
Verbands erfolgt die Applikation des
Kombinationspräparats mit Dexame-
thason, Neomycin und Polymyxin B
und Tränenersatzmittel 4-mal täglich.
Die Gabe steroidhaltiger Augentropfen
ist nicht zwingend erforderlich, insbe-
sondere bei Primäreingriffen reicht die
isolierte Applikation antibiotikahaltiger
Augentropfen postoperativ gewöhnlich
aus. Als Bedarfsmedikation bei Schmer-
zen wird in der Regel Ibuprofen 600 mg
bis zu 4-mal täglich bei Erwachsenen, bei
Der Ophthalmologe
Kindern Ibuprofensaft gewichtsadaptiert
empfohlen.
Meist kann die Entlassung am zweiten
postoperativen Tag erfolgen. Unbedingt
sollte nach dem Eingriff darauf geachtet
werden, dass die Brille konsequent getra-
gen wird, da dies unmittelbar Einfluss auf
die postoperative Augenstellung hat. Bei
Kindern mit seitengleichem Visus wird
mit der Okklusionstherapie nach der Au-
genmuskeloperation meist pausiert. Die
Autoren führen innerhalb einer Woche
eine Befundkontrolle in der Klinik durch,
wobei hierbei insbesondere auf Kompli-
kationen im Wundbereich einschließlich
des Auftretens von Bindehautdehiszenz,
Entzündungszeichen und Hornhautdel-
len durch die postoperative Bindehaut-
chemosis geachtet werden sollte. Eine
Kontrolle des vorderen Augenabschnitts
bei niedergelassenen Kollegen sollte in-
nerhalb von 2 Wochen erfolgen.
Eine Abschlusskontrolle des Schiel-
winkels sollte 4 Monate postoperativ er-
folgen und findet üblicherweise in der
Klinik und nur bei explizitem Wunsch
der Patienten in der Praxis statt. So kann
der Langzeiteffekt des Eingriffs beurteilt
und dokumentiert werden. Bei Kindern
wird zu diesem Zeitpunkt bei jedem Hin-
weis auf eine mögliche Refraktionsän-
derung in Miosis eine erneute Skiasko-
pie in Zykloplegie durchgeführt, ggf. ei-
ne neue Brillenkorrektur verordnet und
über die Notwendigkeit der Okklusions-
therapie entschieden. Bei Erwachsenen
wird bei Bedarf ein subjektiver Abgleich
in Miosis durchgeführt und ggf. die Bril-
lenkorrektur angeglichen.
Innerhalb der ersten 2 Wochen nach
dem Eingriff sollten die Patienten sport-
liche Aktivitäten meiden, ein Schwimm-
verbot wird für 4 Wochen erteilt. Eine
Krankschreibung erfolgt in der Regel für
eine Woche. Der Besuch von Schule und
Kindergarten ist meist nach etwa 4 Tagen
möglich.
Fehler, Gefahren,
Komplikationen
Wiederholte korrekte Messungen des
präoperativen Schielwinkels und eine
gut überlegte Dosierung der Augenmus-
keloperation im Vorfeld sind die größten
Garanten für ein optimales postopera-
tives Ergebnis. Zur Vermeidung von
Dosierungsfehlern und Übertragungs-
fehlern in den OP-Plan erfolgen alle
Eintragungen, die die Dosierung des
Eingriffs betreffen, nach einem 4-Au-
gen-Prinzip.
Auch direkt vor Beginn des Eingriffs
sollte die Dosierung in der Akte und auf
dem OP-Plan durch den Operateur noch
einmal kritisch überprüft werden. Vor
BeginnderOperationsollte maninnehal-
ten und überlegen, welcher Muskel rück-
gelagert und welcher gefaltet werden soll,
um hier Verwechslungen zu vermeiden.
Bei Vermessung der Rücklagerungsstre-
cken sollten die auf dem Zirkel durch
das OP-Personal eingestellten Strecken
durch den Operateur überprüft werden,
da ein nichtbeabsichtigtes Verstellen der
voreingestellten Strecke jederzeit mög-
lich ist. Eine intraoperative Änderung
der Rücklagerungs- oder Faltungsstrecke
bei einem primären Eingriff während der
Operation sollte vermieden werden. Die
Planung der Dosierung sollte im Vorfeld
in ruhiger Atmosphäre außerhalb des OP
und ohne Zeitdruck erfolgen.
Die Skleranähte sollten nicht zu tief in-
traskleral versenkt werden, um eine Bul-
busperforation zu vermeiden. Anderer-
seits kann eine zu oberflächlich ange-
legte Skleranaht intra- oder postoperativ
ausreißen und einen ungenügenden Halt
darstellen. Beim Knoten nach Skleranäh-
ten sollten die Fäden gut, aber nicht zu
fest adaptiert werden. Bei zu lockerer Ad-
aptation im Rahmen der Rücklagerung
vergrößert sich die geplante Rücklage-
rungsstrecke und der Operationseffekt
wird größer als gewünscht. Im Rahmen
der Faltung verringert sich durch die lo-
cker geknüpften Fäden die gefaltete Stre-
cke, was zu einer unbeabsichtigten Unter-
dosierung führen kann. Bei zu fester Ad-
aptation zieht sich die Sklera zusammen,
was einen Einfluss auf den postoperativen
Astigmatismus haben kann. Grundsätz-
lich können die Fäden bei zu fester Ad-
aptation bereits intraoperativ reißen und
somit den Operationsverlauf verlängern
und ungünstig beeinflussen.
Falls im Rahmen der Operation ei-
ne Perforation des Bulbus auftritt, sollte
eine Skleranaht mit einem Vicryl-6-0-Fa-
den und eine vorsichtige Kryokoagulati-
on der Perforationsstelle vorgenommen
werden.
Eine postoperative Dehiszenz der
Bindehautnaht gehört zu den häufigs-
ten postoperativen Komplikationen. Um
diese zu vermeiden, sollten Kinder di-
rekt nach Abnahme des Verbands ihre
Brille tragen. Auch sollten die Eltern
darüber informiert werden, dass das
Reiben am Auge zum Aufgehen der
Bindehautnähte führen kann und somit
unbedingt vermieden werden sollte. Die
Autoren beobachten diese Komplikation
viel seltener seit sie standardisiert für
die Konjunktivanaht Vicryl-8-0- anstatt
Vicryl-9-0-Fäden verwenden.
Der Vorderaugenabschnitt wird vor-
rangig durch die vorderen Ziliararterien
versorgt, welche über den geraden Au-
genmuskelnverlaufen[12]. Extrem selten
kann eine Vorderaugenabschnittsischä-
mie nach kombinierter Konvergenzope-
ration auftreten [8]. Ein dritter gerader
Augenmuskel an demselben Auge soll-
te deshalb frühestens ein Jahr nach der
Operation von zwei geraden Augenmus-
keln operiert werden [9].
Ein Verlust des Augenmuskels ist bei
der beschriebenen Technik extrem un-
wahrscheinlich, da der Muskel bereits vor
der Abtrennung von der Sklera mit den
vorgelegten Skleranähten angeschlungen
wird. Das Risiko des Muskelverlusts bei
der Rücklagerung kann noch weiter re-
duziert werden, wenn die gelegten Fäden
am Ansatz vor dessen Absetzen geknotet
werden, was jedoch in dem hierzugehöri-
gen Video nicht gezeigt wird. Die Faltung
beugt dieser Komplikation ebenfalls vor.
Direkt postoperativ können in den
ersten Wochen nach dem Eingriff Dop-
pelbilder auftreten. Diese Doppelbilder
sind jedoch eher selten und verschwin-
den in der Regel spontan. Lediglich bei
etwa 1 % der Patienten können diese dau-
erhaft persistieren [11]. Darüber hinaus
können postoperativ auch bei Fehlen der
Doppelbilder in Primärposition Doppel-
bilder im Seitblick auftreten. Hierüber
sollte präoperativ gesondert aufgeklärt
werden, insbesondere wenn im Rahmen
der Augenmuskeloperation die empfoh-
lenen Höchststrecken überschritten wer-
den. Ein Überschreiten der empfohlenen
Höchststrecken, die für die Rücklagerung
des M. rectus medialis bei 5–6 mm und
für die Faltung des M. rectus lateralis bei
7–8 mm [9] liegen, ist mit einem erhöh-
ten postoperativen Risiko für Inkomitan-
zen verbunden und sollte deshalb insbe-
sondere bei Augen mit einem guten Vi-
sus nach Möglichkeit vermieden werden.
Bei geringem Visus und fehlendem Bin-
okularsehen kann die Größe des präope-
rativen Schielwinkels dazu führen, dass
man im Einzelfall von diesen empfoh-
lenen Höchststrecken abweichen muss.
In diesem Fall sollte das Vorgehen mit
dem Patienten bereits präoperativ abge-
stimmt werden und der Patient explizit
auf das höhere Risiko einer konsekutiven
Exotropie bei Vorliegen einer Amblyopie
hingewiesen werden [5].
Unmittelbar postoperativ ist sowohl
eine Über- als auch Unterkorrektur mög-
lich. Insbesondere bei guter Sensorik ver-
bessert sich jedoch die Augenstellung
häufig mit der Zeit, sodass zunächst der
weitere Verlauf abgewartet werden kann.
In der Regel sollte man mindestens 3 Mo-
nate abwarten, bevor ein Revisionsein-
griff angestrebt wird. Bei der präopera-
tiven Planung der Dosierung sollte be-
achtet werden, dass postoperativ sowohl
ein Mikrostrabismus convergens als auch
eine Orthotropie langfristig eine bessere
Prognose als ein Mikrostrabismus diver-
gens haben [10].
Evidenzlage
Mit der randomisierten Studie von Pol-
ling et al. wurde eindeutig belegt, dass
sich die postoperativen Ergebnisse zur
Korrektur des frühkindlichen Innen-
schielens mit einer einseitigen kombi-
nierten Schieloperation im Vergleich zur
beidseitigen Rücklagerung des M. rectus
medialis nicht signifikant unterscheiden
[13]. Im Durchschnitt verringerte sich
der latente Schielwinkel um 1,4° pro
mm Operationsstrecke. Die Arbeit von
Berger et al. konnte bei einem vergleich-
baren Operationseffekt einer Faltung
mit einer Resektion insgesamt deutlich
weniger Nebenwirkungen nachweisen
[1].
In Deutschland ist es üblich, dass Kin-
der mit Esotropie erst im Vorschulal-
ter operiert werden. Eine Frühoperation
zur Korrektur des Strabismus ist dage-
gen im europäischen Ausland und in den
USA die Regel. In der multizentrischen
ELISSS-Studie („early vs. late infantile
strabismus surgery trial“) wurden 231
Kinder mit Frühoperation mit 301 spä-
ter operierten Kindern verglichen, und
es zeigte sich, dass die Kinder in der
ersten Gruppe postoperativ häufiger ei-
ne grobe Stereopsis entwickelten und die
Titmus-Fliege erkannten (13,5 vs. 3,9 %).
Bei 20 % der Kinder mit einer frühkind-
lichen Esotropie bildete sich jedoch der
Strabismus bis zum 6. Lebensjahr spon-
tan ohne operative Therapie zurück [15].
Die Ergebnisse der Studie deuten darauf
hin, dass sich die Ärzte bei der Indikati-
onsstellung für die Augenmuskelopera-
tion bei Kindern an der in Deutschland
üblichen Praxis orientieren können.
Fazit für die Praxis
4 Die kombinierte Konvergenzoperati-
on, bestehend aus der Rücklagerung
des M. rectus medialis und Faltung
des M. rectus lateralis, ist eine sichere
und gut vorhersagbare Methode, um
latentes und manifestes Innenschie-
len zu korrigieren.
4 Durch das Anschlingen des M. rectus
medialis mit Fäden vor der Skleraab-
trennung minimiert sich das Risiko
für einen Muskelverlust.
4 Ein wesentlicher Vorteil der Faltung
gegenüber einer Muskelresektion
besteht in der Reversibilität des
Eingriffs in den ersten postoperativen
Tagen.
Korrespondenzadresse
Dr. med. Y. Wenner
Klinik für Augenheilkunde, Goethe-Universität,
Universitätsklinikum Frankfurt
Theodor-Stern-Kai 7, 60590 Frankfurt am Main,
Deutschland
Yaroslava.Wenner@kgu.de
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt. Y. Wenner, C. Kuhli-Hattenbach
und T. Kohnen geben an, dass kein Interessenkonflikt
besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren
durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.
Der Ophthalmologe
 Video plus

Literatur
1. Berger RW, Cruz SJ, Renken Y et al (1997) Faltung
versus Resektion gerader Augenmuskeln. Z Prakt
Augenheilkd 18:275–280
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Staphylokokken-Endophthalmitis nach Schiel-
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3. De Decker W, Tessmer J (1973) Zur Schielhäufigkeit
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