Wie läuft’s
Lärm – „Müll ab?
für die Ohren“
Für Kids kann der Rap-Song nicht laut genug
sein, Nachbarn stehen kurz vor dem Nervenzusam-
menbruch; Anwohner einer Hauptverkehrsstraße
verdrängen notgedrungen die Belästigung durch
den Schwerverkehr, doch in der Stille eines Ferien-
ortes kann das Surren einer einzigen Mücke schon
den Schlaf rauben:
Lärmwahrnehmung ist subjektiv ...
Objektiv sind allerdings die Folgen: bei starken
und/oder lang anhaltenden Einflüssen treten
bekanntlich bleibende Hörschädigungen auf.
Arbeitsschutzvorschriften berücksichtigen dies
inzwischen, und hier zeigen sich auch deutliche
Erfolge. Vor allem Jugendliche nehmen aber bei
ihrem Hörverhalten von Musik leider keine Rück-
sicht auf ihre Ohren (Walkman, Disco, Rockkon-
zerte). Die Bundesärztekammer geht davon aus,
dass von den heute 15jährigen ein Drittel (!) im
Alter von etwa 50 Jahren ein Hörgerät braucht –
durch zu laute Musik (Frankfurter Rundschau vom
13.5.2000): ein gesellschaftliches, aber vermeidba-
res Problem!
Dietmar Schruck
Schlafstörungen, Konzentrationsschwäche,
Herz-Kreislauf- sowie Magen-Darm-Erkrankungen
müssen darüber hinaus als Folgen von alltäglichen
Lärmbelastungen angesehen werden.
„Lärm-Untersuchung“ als Themenangebot der
Ökomobile
Rund 70% der Bevölkerung in Deutschland
fühlt sich durch Straßenlärm belästigt (UBA).
Doch kaum eine Schule oder Bürgerinitiative ver-
fügt über die notwendigen Schallpegelmessgeräte,
um vor Ort das Ausmaß der Störung zu objektivie-
ren. In diese Lücke können die Umweltmobile mit
ihrer technischen Ausstattung und den entspre-
chenden Kenntnissen der Besatzung stoßen.
Außer einem Kassettenrecorder
ist für den Einsatz neben den Schall-
pegelmessgeräten mehr Material
kaum notwendig oder lässt sich leicht
erstellen und transportieren. Lärm-
Einsätze sind also auch mit kleineren
Mobilen (ohne Großprojektionsmög-
lichkeit) realisierbar. Die Veranschau-
lichung von Schwingungen mit
PC/Notebook und Arbeitsplätze im
Fahrzeug zur Erstellung einer Isopho-
nen-Lärm-Karte erweitern (nicht nur
bei schlechtem Wetter) das Angebot
des variablen Einsatzes vor Ort.
Der „normale“ Lärm-Einsatz
Zentrales Ziel der Bearbeitung
der Lärm-Thematik ist der Versuch,
den Lärmbegriff zu objektivieren, den
Teilnehmern die eigene Rolle als
Täter und Opfer zu verdeutlichen und
Wege zur (politischen) Einflussnah-
me aufzuzeigen.
Um zunächst ein Bewusstsein für die subjekti-
ve Einschätzung von Lärm zu schaffen, bietet es
sich an, von einem Kassettenrecorder verschiedene
Geräusche einzuspielen: Straßenlärm, Rockmusik,
Insektensummen, Bachplätschern, Vogelgezwit-
scher, Presslufthammer, ...
Reizvoll ist aber auch die Stille – was nehmen
wir wahr, wenn wir für kurze Zeit die Augen schlie-
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Lärm – „Müll für die Ohren“
ßen und uns nur darauf konzentrieren, was wir
hören? Rauschen von vorbeifahrenden Autos,
Knacken von Sitzen, ein Flugzeug, Räuspern oder
Atmen, Vogelgezwitscher ... – Die Diskussion über
den Lärmbegriff ist eröffnet!
Naturwissenschaften
Lärm, Geräusch, Krach, Ton, Schall: physika-
lische Einzelheiten (Schwingungseigenschaften,
Aufbau Mikrophon/Lautsprecher, Schalldruck,...)
können je nach Gruppe angesprochen werden.
Oder das Schiffstelefon, aus einem alten Garten-
schlauch und einem Trichter konstruiert, kommt
zum Einsatz.
Neue Möglichkeiten bieten sich durch den Ein-
satz von PC/ Notebook/ Soundkarte – auch in Ver-
bindung mit den in vielen Fahrzeugen vorhandenen
Großmonitoren. So liefert das Internet kostenlos
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zahlreiche Free- und Sharewareprogramme zum
Thema: Tongeneratoren, mit denen sich unter-
schiedliche Schwingungen erzeugen lassen sowie
digitale Oszilloscope, die Amplitude (Lautstärke)
und Frequenz (Tonhöhe) sowie deren Veränderun-
gen veranschaulichen.
Aus der Biologie passt der Ablauf des Hör-
ereignisses mit dem Aufbau des Ohres und die Um-
setzung in Nervenimpulse gut zum Thema.
Bevor es nach draußen geht, werden die Mess-
geräte erklärt: schwierig ist und bleibt hierbei der
Dezibelbegriff: Verhältnisrechnung und Logarith-
men sind nicht jedermanns Sache. Bei den meisten
Gruppen sollte man daher auf eine genaue Darstel-
lung verzichten und bestenfalls zurückgreifen auf
die Faustregel: Erhöhung des Schallpegels um
10 dB wird als Verdoppelung der Lautstärke wahr-
genommen. Physikalisch ist dies übrigens nicht
damit zu verwechseln, dass die Verdoppelung der
Schallquelle (zwei Trompeter statt einem!) zu
einer Erhöhung um 3 dB führt. Eine ausführliche
Darstellung bieten (1), (4) und (6) sowie
www.dasp.uni-wuppertal.de/audite/.
Exakt wissenschaftlich verwertbare Ergebnisse
sind zwar von ungeschulten „Messtechnikern“
nicht zu erwarten. Dafür ist die Materie zu kompli-
ziert. Allein der Emissions- („Lärmquelle“) und
Immissionsbegriff („Lärmeinwirkung“) ist schon
schwierig genug. Dennoch sollte man auf be-
stimmte Bedingungen hinweisen, unter denen gear-
beitet werden sollte: 2m Messhöhe, mindestens
zwei Durchläufe pro Standort (Mittelwert), fest-
Wo und Womit

gelegtes Zeitintervall, keine eigenen Geräusche
(Husten, Lachen, Unterhalten, ...) während der
Messung. Der Unterschied von Hold und Peak,
Stunden- bzw. Tages-Mittelwert (wissenschaftspro-
pädeutisches Arbeiten) kann angesprochen wer-
den. Eine Vertiefung von Mittelungs- und Beurtei-
lungspegel (Dauer der Einwirkung, Zuschläge, ...)
wird jedoch wohl in den meisten Fällen zu weit
führen.
Die Teilnehmer erhalten vorbereitete Stadt-
planausschnitte, auf denen die Messwerte eingetra-
gen werden. Bevor die Gruppen ausschwärmen,
macht als mögliches Intermezzo das „Telefonieren“
über die zwischen zwei Joghurtbechern gespannte
Kordel nicht nur den Kleinen Spass!
Daten als Grundlage zur Verhaltensänderung
Während die anderen messen, können ein oder
zwei Teilnehmer für die anschließende gemeinsame
Lärmkartierung einen großen Stadtplanausschnitt
zeichnen. Die ermittelten Daten werden in die
Gesamtkarte eingetragen, woraus eine farbliche
Isophonendarstellung angefertigt wird.
In der abschließenden Diskussion auf Basis der
Daten und der Karte werden Fragen des aktiven
Lärmschutzes (Volumenpegel senken, Verkehrsre-
duzierung) und passiven Lärmschutzes (Ohrstöp-
sel, Doppelfenster, Begrünung), Grenzwerte (etwa
bei Tieffliegern und Krankenhäusern) sowie Mög-
lichkeiten der (politischen) Einflussnahme und der
eigenen Verhaltensmodifikation aufgeworfen.
Das Thema Lärm ist somit auch nach dem
Einsatz des Ökomobils noch lange nicht abge-
schlossen …
Literatur für den Unterricht:
• Bundeszentrale für gesundheitliche
Aufklärung, Köln
(1) Lärm und Gesundheit – Materialien für
5.–10. Klassen (incl. Audio-CD), kostenlos
• Umweltbundesamt:
(2) Gehörgefährdung durch laute Musik und
Freizeitlärm
Reihe: WaBoLu-Hefte Projekt: Nr. 96/05
UBAFBNr: Preis: EUR 10,00
(3) „Laut ist out“
Wie läuft’s ab?
Lärm – „Müll für die Ohren“ …
download unter www.bmu.de/download/
dateien/laut_ist_out.pdf oder kostenlos zu
bestellen
• (4) Unterricht Biologie – Heft 70: „Lärm“
Hrsg.: S. Klautke, H. Werner, Friedrich
Velber Verlag
• 5) Es ist zu laut. Ein Sachbuch über Lärm
und Stille. von Stephan Marks, EUR 9,45,
Taschenbuch – 204 Seiten – Fischer-TB.-Vlg.,
Ffm 1999
• (6) 0 Dezibel + 0 Dezibel = 3 Dezibel. Jürgen
H. Maue, 165 Seiten – Erich Schmidt Verlag
7., völlig neubearb. u. erw. Aufl., EUR 19,95
• Schallpegelmessungen und -berechnungen
Einhaltung der Richt- und Grenzwerte nach
TA Lärm, DIN- und VDI-Richtlinien bei den
Landesumweltämtern erfragen
Internet
• Eine hervorragende Übersicht zum Thema
Akustik und Schall findet sich im Internet
unter:
www.dasp.uni-wuppertal.de/audite
• Übersicht über relevante Arbeitsschutz-
bestimmungen z.B. auf
de.osha.eu.int/faq/laerm.stm#4 und der Seite
der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und
Arbeitsmedizin (BAuA) www.baua.de
• Straßenverkehrslärm an der Straßenrand-
bebauung
www.stadtentwicklung.berlin.de
umwelt/umweltatlas/i702.htm
• Lärmschutz bei Bahnen: Vereinigte Bürger-
initiativen München, Karlsfeld, Dachau ·
Hebertshausen, Petershausen
home.arcor.de/intro/bahnlaerm
Begriffe.htm
• Sondergutachten des Sachverständigenrates
für Umweltfragen 1999 (Kurzfassung)
www.umweltrat.de/son99kf.htm
• Schallpegelkoffer des VCD:
www.verkehrsclub-deutschland.de/kampan/
01b1.html
• Karten zum Geräusch-Screening:
www.lua.nrw.de/geraeusche/second.htm
www.laermkontor.de/deutsch/laermkarte.html
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Lärm – „Müll für die Ohren“

• TA Lärm:
www.ibs-akustik.de/Bucher
TALAERM/talaerm.pdf (pdf-download)
• Deutscher Arbeitsring für Lärmbekämpfung
www.dalaerm.de/home.htm
• Schöner Lärm-Rechner:
www.dalaerm.de/rechner/start.htm

Folgende Ministerien bieten zum Teil umfassende

und gute Informationen:
www.lua.nrw.de
www.brandenburg.de/land/mlur/i/laerm.htm
www.lfu.badenwuerttemberg.de/
lfu/uis/laerm.html
www.mulf.hessen.de/umwelt/
immissionsschutz/_fr_laer.htm
www.bayern.de/lfu/laerm/l-
ausst/index_uebersicht.htm

Freeware/Shareware
www.elektron-bbs.de/files/
home.worldonline.be/~mlaeva/
downloads.htm
www.elektroniktreff.net/Downloads/
SineWave.htm
www.elektroniktreff.net/Downloads/
Scope3.htm
www.hitsquad.com/smm/programs/
Audio_Lab/

Anschrift des Autors:

Dietmar Schruck
Natur- und Umweltschutz-Akademie
des Landes NRW (NUA)
Siemenstr. 5
45659 Recklinghausen,
nua-lumbricus@nua.nrw.de

90 Wo und Womit