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Lacan, Kojève und Las meninas von

Velázquez

WOLFRAM BERGANDE

In: RISS. Zeitschrift für Psychoanalyse – Freud – Lacan. 15. Jg.


(2000), Heft 48, S. 53-86
Zusammenfassung:
Hegels Dialektik der »Selbständigkeit und Unselbständigkeit des
Selbstbewusstseins« der Phänomenologie des Geistes ist über Ko-
jève in die Psychoanalyse Lacans eingegangen. Insofern Velázquez’
Las meninas in struktureller Analogie zu Hegels Dialektik interpre-
tierbar ist, ist es dies auch als Illustration von Lacans Konzeptio-
nen des Subjektes und der psychoanalytischen Kur. Seine proto-
aufklärerische Aussage antizipiert das ethische Programm der Psy-
choanalyse.
Schlüsselwörter: Dialektik – Selbstbewusstsein – Las meninas
– Perspektive – Psychoanalyse

Summary:
Hegel’s dialectic of recognition and of lordship and bondage in its
interpretation by Kojève plays a key role in Lacan’s psychoanalysis.
Being interpretable as structurally analogous to Hegel’s dialectic,
»Las meninas« by Velázquez can also be read as an illustration of
Lacan’s conceptions of subjectivity and psychoanalytical cure. Its
proto-enlightened message anticipates the ethical program of psy-
choanalysis.
Keywords: Dialectic – Self-consciousness – Las meninas – Perspec-
tive – Psychoanalysis
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WOLFRAM BERGANDE 55

Das Bewußtsein hat erst in dem Selbstbewußtsein,


als dem Begriffe des Geistes, seinen Wendungs-
punkt, auf dem es aus dem farbigen Scheine des
sinnlichen Diesseits und aus der leeren Nacht des
übersinnlichen Jenseits in den geistigen Tag der Ge-
genwart einschreitet.
1
Hegel, Phänomenologie des Geistes

Ce franchissement du plan de l’identification est


possible.

Lacan, Séminaire-XI2

EINLEITUNG

G.W.F. Hegels Dialektik der »Selbständigkeit und Unselbstän-


digkeit des Selbstbewußtseins; Herrschaft und Knechtschaft«3
ist über ihre Rezeption durch Alexandre Kojève4 in wesentliche
Konzeptionen der psychoanalytischen Theorie von Jacques La-
can eingegangen5. Die folgende Bildinterpretation, die in Las
meninas (1656) von Diego de Velázquez (1599-1660) die künst-
lerische Darstellung des dialektischen Prozesses des »Anerken-
nens«6 aus Hegels Dialektik der Herrschaft und Knechtschaft
aufzeigt, eröffnet einen psychoanalytischen Zugang zu dem
Kunstwerk, indem sie sich auf die strukturelle Analogie zwi-
schen Kojèves Interpretation des Abschnitts A aus Kapitel IV
der Phänomenologie des Geistes und Lacans Konzeptionen des
Subjekts und der psychoanalytischen Kur stützt. Die These ist,
dass »Las meninas« als künstlerische Illustration der Struk-
tur einer psychoanalytischen Kur nach Lacan gedeutet werden
kann. Lacan selbst hat sich zu Las meninas (»Die Hoffräulein«)
in den Sitzungen vom 11., 13. und 25.-Mai 1966 des (unveröf-
fentlichten) Seminars-XIII L’objet de la psychanalyse7 geäußert,
ungefähr zu der Zeit, als Michel Foucault mit dem ersten Kapitel
seines Les mots et les choses8 den Bezug zu einer spezifischen
Wissenskonzeption des Klassischen Denkens9 herstellte und da-
mit einen Standard für die Auslegung10 des Gemäldes setzte. Die
Interpretation des Werkes im dritten Teil dieses Aufsatzes stützt
sich auf Lacans Seminar-XI Les quatre concepts fondamentaux
de la psychanalyse (1964), in welchem allerdings »Las meninas«
nicht erwähnt wird; insbesondere geht sie – mit Lacan – über
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Lacans eigenen Bildkommentar aus dem zwei Jahre späteren


Seminar-XIII hinaus.

1. »LAS MENINAS« VON VELÁZQUEZ

1.1 Die drei Standpunkte des Betrachters


Der Vielzahl unterschiedlicher Interpretationen, die »Las me-
ninas« in seiner jahrhundertelangen Rezeptionsgeschichte 11
erfahren hat, liegt nahezu ausnahmslos die Identifizierung der
dargestellten Personen zu Grunde, die der spanische Historiker
Antonio Acisclo Palomino de Castro y Velasco (1655-1726) in
seiner Biographie von Velázquez: Museo pictórico y escala óp-
tica (1715-1724) – Neuauflage: Vidas (1986) – rund fünfzig Jahre
nach dessen Tod geleistet hatte12: Im zentralen Bildvordergrund
sehen wir die junge Infantin Margarita, links von ihr kniend die
eine der meninas, Doña Maria Agostina Sarmiento, rechts von
ihr stehend die andere, Isabela de Velasco, der sich im rechten
Vordergrund die beiden Hofzwerge Maria Bárbola und Nicola-
sito Pertusato, einem Hund auf den Rücken tretend, anschließen.
Hinter diesen stehen fast unbemerkt im rechten Mittelgrund
Doña Marcela de Ulloa in Nonnentracht und ein unbekannter
Hofbeamter, der als guardadamas im Dienst der jungen Königs-
tochter stand. In der gegenüberliegenden Bildhälfte hat sich,
schräg versetzt zu einer fast den gesamten linken Bildrand ein-
nehmenden Leinwandrückseite, der Künstler selbst dargestellt,
in seinen Händen Pinsel und Palette, das rote Kreuz des San-
tiago-Ordens auf seinem Brustkleid. Im Hintergrund sehen wir
durch eine geöffnete Türe in einen weiteren, hell erleuchteten
Raum, wo ein anderer aposentador, José Nieto Velázquez, auf
der Treppe stehend in den vorderen Bildraum blickt, in dem sich
die genannten Figuren befinden. An der Wand links neben dieser
Tür, umgeben von mehreren Ölgemälden, wirft ein Spiegel den
Reflex des spanischen Königspaares Philipp-IV. und Anna von
Österreich und suggeriert dadurch deren Anwesenheit vor der
Bildebene von »Las meninas«.
Der aus dem Spiegelbild ableitbare virtuelle Standpunkt des
Königspaares fällt jedoch nicht einfach mit der Perspektive des
Betrachters von »Las meninas« zusammen. Denn er ist nicht .at
turia
der einzige, sondern nur einer von drei möglichen © info@
perspektivi-
schen Standpunkten parallel zur Bildebene13, die durch drei je-
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weils korrespondierende Fluchtpunkte, zwei scheinbare und den


echten, dem Auge des Betrachters angeboten werden. Ein erster
Standpunkt korrespondiert mit dem Gesicht der Infantin, das
als geometrisches Zentrum der Gesamtbildfläche schnell den
unbefangenen Blick in Beschlag nimmt.14 Er positioniert den
Betrachter dem Antlitz der Infantin als einem ersten – schein-
baren – Fluchtpunkt frontal gegenüber15, d.h. in einem perspek-
tivischen Punkt lotrecht zur vertikalen Symmetrieachse des
16
Bildes , die die Figur der Infantin in Längsrichtung teilt. Ein
zweiter möglicher Standpunkt korrespondiert mit dem bildli-
chen Reflex des Königspaares im Spiegel, der als Fluchtzentrum
des dargestellten Atelierraumes17 den Betrachter in die Perspek-
tive des Königspaares zu versetzen scheint, um ihn gleichsam in
der Rolle der Könige in die Bildszene18 eintreten zu lassen. Sym-
metrisch zur Bildebene und analog den Positionen der beiden
scheinbaren Fluchtpunkte befände sich das Königspaar in dieser
Lesart auf einem Standpunkt links vom erstgenannten Betrach-
terstandpunkt.
Diese Auslegung des Spiegelbildes als Reflex des an der Schwelle
der Bildszene anwesenden Königspaares eröffnet nun aber zu-
gleich eine zweite Lesart, nach der Velázquez in »Las meninas«
dessen Erschaffung selbst abgebildet habe19, indem er sich ge-
danklich in die Perspektive des Königspaares versetzt hätte20 oder,
was im Ergebnis gleich ist, von der Pupille des Königs (oder der
Königin) den Reflex der in »Las meninas« dargestellten Szene
– wie von einem Miniaturspiegel – abgenommen hätte.21 Beiden
Lesarten steht jedoch das Argument gegenüber, dass das Spiegel-
bild nach den Gesetzen der Perspektive unmöglich der direkte
Reflex eines frontal gegenüber anwesenden Königspaares22 sein
kann. Die Quelle des königlichen Spiegelbildes kann danach nur
auf der Vorderseite der abgewandten Leinwand liegen, weshalb
der Betrachter im Spiegelbild sehen kann, was die Vorderseite
der Leinwand tatsächlich darstellt. Der künstlerische Effekt der
Anwesenheit des Königspaares würde demnach nicht direkt er-
zeugt als unmittelbarer Reflex im Spiegel, sondern indirekt nur
als Reflex eines durch Blick und Hand des dargestellten Künst-
lers vermittelten Königsportraits auf der virtuellen Leinwand-
vorderseite23, weshalb der scheinbare Fluchtpunkt auch nicht im
Spiegelbild sondern links davon in den Augen des dargestellten
Künstlers zu lokalisieren wäre. Nach dieser Gegenthese steht der
Betrachter statt vor nur einem zweiten scheinbaren Fluchtpunkt
vor dem Paradox von nun zwei alternierenden, einander wider-
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sprechenden scheinbaren Fluchtpunkten. Wie dem auch sei,


der echte Fluchtpunkt der »Meninas« liegt in der Figur des José
Nieto24, seinem ausgestreckten rechten Arm oder aber seinem
Kopf, und der eine echte Betrachterstandpunkt demgemäß vom
erstgenannten Betrachterstandpunkt aus rechts vis-à-vis dem
aposentador Nieto.25

1.2 Die Aufhebung der räumlichen Unvereinbarkeit der


Standpunkte in der zeitlichen Abfolge
Diese drei räumlich voneinander verschiedenen Betrachterstand-
punkte26 lassen sich in einem zeitlichen Zusammenhang denken,
der eine Erklärung für die Vervielfachung der Fluchtpunkte lie-
fert. Die drei Perspektiven auf die Bildszene werden dazu in ei-
ner Abfolge geordnet, als Zeitstellen eines Prozesses, in dem ein
idealer Betrachter, zum Beispiel der König Philipp-IV.27, nachein-
ander die drei genannten Betrachterstandpunkte einnimmt, und
zwar gerade insofern er, »Las meninas« betrachtend, gedanklich
die jeweils entsprechenden Fluchtpunkte durchläuft: erst das
Gesicht der Infantin, dann den Reflex im Spiegel respektive die
Augen des Künstlers, schließlich den Kopf José Nietos. ›Durch-
laufen‹ ist hierbei durchaus auch wörtlich zu nehmen, denn ver-
stehen wir mit Justi28 die im Spiegelbild – ob direkt oder indirekt
– indizierte Position des Königspaares an der Schwelle des Bild-
raumes als eine momentane Station auf seinem Weg durch eben
diesen Bildraum hindurch – einem Weg, dessen vorläufige End-
station der dem Paar vorausgeeilte José Nieto markiert –, dann
betonen wir eine Zeitgerade, die den Bildraum vom perspektivi-
schen Standpunkt des Königspaares aus zur (Fluchtpunkt-)Per-
spektive des José Nieto hin durchquert.
Denkbar ist damit folgendes Szenario: Bevor der ideale Betrach-
ter diese Zeitgerade durch die Einnahme der Position des Kö-
nigspaares betreten hätte, hätte er sich noch im ersten schein-
baren Fluchtpunkt in der Infantin getäuscht. Sein Blick würde
schließlich nach links auf den Fluchtpunkt des Atelierraumes
im Spiegel abgezogen, er sähe sich, in der Hingabe an die Täu-
schung dieses weiteren scheinbaren Bildfluchtpunktes im Spie-
gel, nun in die Position des Königspaares versetzt, und zwar so
zunächst, wie es erscheint, als ein im Spiegel direkt reflektiertes.
Weiterhin würde er der Möglichkeit Raum geben, diese seine ia.at
i n f o@tur
Position sei identisch mit derjenigen, an der der© Künstler ge-
standen haben musste, um »Las meninas« als Darstellung seiner
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eigenen Erschaffung zu malen, bevor ihm Zweifel kämen, ob ge-


mäß den Gesetzen der Perspektive das Bild des Königspaares im
Spiegel wirklich ihn selbst in seiner lebendigen Präsenz reflek-
tieren kann, oder ob es nicht bloß indirekt zustande gekommen
ist durch die Vermittlung des alternativen Fluchtpunktes in den
Augen des dargestellten Künstlers, der ein Portrait des Paares
auf der virtuellen Leinwandvorderseite zum Urbild des Reflexes
im Spiegel gemacht hätte. Die Antinomie dieser beiden Interpre-
tationsalternativen, die durch die ungeklärte Perspektivität des
Spiegels entsteht und durch die Beantwortung der Frage ent-
schieden wird, was sich auf der virtuellen Leinwandvorderseite
in »Las meninas« befindet, hat zwei mögliche Antworten, so, wie
es zwei Weisen gibt, das, was die Leinwandvorderseite zeigen
müßte, zu bestimmen.

1.3 Die ›schlechte Unendlichkeit‹: »Las meninas«


als Spiegel der Repräsentation
Entscheiden wir uns für die letztgenannte, dann schließen wir
jedenfalls die Möglichkeit aus, »Las meninas« stelle die Szene
seiner eigenen Erschaffung dar29, denn auf der virtuellen Lein-
wandvorderseite wäre dann nicht wiederum »Las meninas«
selbst zu finden, sondern eben genau das Brustbild des Königs-
paares, das der Betrachter über seinen Reflex im Spiegel einse-
hen kann.30 Ein geschlossene Kreis der Repräsentation31 ließe
danach ausgehend von der Betrachterposition im Zickzack der
Reflexionen – über den Blick des Künstlers, die uneinsehbaren
Leinwandvorderseite und den Reflex im Spiegel zurück zur Be-
trachterposition – ein Brustportrait des Königspaares zirkulie-
ren, und wäre unterbrochen nur noch durch ein Fehlen32, das an
der Stelle des repräsentierten und repräsentierenden Subjektes
entsteht, das selbst als perspektivischer Ursprung seines eigenen
Bildraumes in diesem nur indirekt, als reflektiertes oder darge-
stelltes, sichtbar werden kann. Diese Lücke würde jedoch durch
das Kunstwerk »Las meninas« selbst kompensiert, indem es –
als Spiegel des Bewusstseins33 – die Abwesenheit des Subjekts
der Repräsentation innerhalb seines eigenen Bewusstseinsfeldes
künstlerisch explizit machte: Insofern diese Abwesenheit durch
das Spiegelbild zugleich behoben würde, wäre es eine Lücke, die
keine ist.34
Beschränken wir uns damit darauf, dem historischen Autor des
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Bildes eine Werkintention zu unterstellen, die allein auf die Be-


wusstmachung der Unmöglichkeit einer vollkommenen Reprä-
sentation35 des Subjektes der Repräsentation abstellt, so ver-
nachlässigen wir die Tatsache, dass dafür der echte Fluchtpunkt
des Bildes nicht in die Figur des José Nieto hätte ›verschoben‹
werden müssen. Zu diesem Werkeffekt wäre bereits der Flucht-
punkt im Spiegel hinreichend gewesen, der im übrigen ja nur
einer von zwei alternierenden Fluchtpunkten ist. Der Betrach-
ter nimmt beide im beständigen Oszillieren zwischen den anti-
nomischen Alternativen wahr, den Fluchtpunkt entweder in das
Spiegelbild oder in die Augen des dargestellten Künstlers legend.
Dieses Oszillieren beruht auf der vom Spiegelbild geforderten
paradoxalen Besetzung des Betrachterstandpunktes sowohl
durch das Königspaar als auch durch einen – großen – Spiegel,
mit dessen Hilfe Velázquez »Las meninas« als Darstellung seiner
eigenen Erschaffung hätte malen können. 36 Eine Möglichkeit,
dieses Paradox aufzulösen, war die oben erläuterte These, die
virtuelle Leinwandvorderseite zeige tatsächlich ein Brustportrait
des Königspaares. Die andere ist, anzunehmen, Velázquez habe,
um »Las meninas« als Bild seiner eigenen Erschaffung zu ma-
len, gleichsam eine Pupille des Königs oder der Königin als Mi-
niaturspiegel benutzt, was aufgrund der zu großen Entfernung
vielleicht praktisch kaum realisierbar erscheint, jedoch auch nur
als bildliche Illustration dienen muss für das praktisch durch-
aus mögliche gedankliche Sichhineinversetzen des Malers in die
Perspektive des Königspaares.

1.4 Nach dem Durchgang durch die Antinomie des Spiegels:


die dialektische Unendlichkeit von »Las meninas«
Dass »Las meninas« die Unmöglichkeit einer vollkommenen
Repräsentation weder bloß problematisiert als Paradox zweier
einander im Raume widersprechender, scheinbarer Fluchtpunk-
talternativen37, noch dies Paradox durch das Postulat eines Kö-
nigsportraits auf der virtuellen Leinwandvorderseite gelöst ha-
ben will, wird durch den echten Fluchtpunkt in der Figur des
José Nieto angezeigt, der gleichsam ausdrücklich hinweist auf
die Möglichkeit der zeitlichen Aufhebung ihres Widerspruchs.
Er scheint den Betrachter aufzufordern, es ihm in der Durch-
querung des Bildraumes nachzutun38, und deutet auf die zweite ia.at
i n f o@tur
Art und Weise hin, die Leinwandvorderseite – diesmal
© zweifels-
frei, durch Einsicht nämlich – zu bestimmen. Nieto hat die an-
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tinomische Räumlichkeit des Spiegelbildes wörtlich links liegen


gelassen und ist im Begriff, den Raum der Repräsentation hinter
der offenen Tür endgültig zu verlassen. Analog zu diesem räum-
lichen Passieren des Spiegelparadoxes durch die Tür nebenan
kann und soll dagegen der ideale Betrachter den Raum der Re-
präsentation – in einem bildlichen Sinne – durch den Spiegel
hindurch verlassen, indem er gedanklich durch die antinomische
Logik des Spiegelbildes schreitet und den Spiegel gleichsam zur
Türe macht, beide, bildlich gesehen, zur Deckung bringt. Er hat
weder die Ambivalenz der beiden scheinbaren Fluchtpunkte
noch deren obige Reduktion in einen in sich gebrochenen Kurz-
schluss der passiv-statischen Repräsentation hinzunehmen.
Denn obwohl die perspektivische Antinomie des Spiegelbildes
nicht verschwindet mit der Annahme der Hypothese, Velázquez
habe das Bild gleichsam von der Pupille des Königs abmalen
können, so wird sie durch sie doch überwunden, denn durch
diese Hypothese wird der Fluchtpunkt herausgenommen aus
dem ambivalenten Hin-und Herwechseln zwischen Spiegelbild
und Blick des Malers – ersatzweise aus seiner Fixierung im Spie-
gelbild – und in die Unendlichkeit einer zeitlichen Fluchtgerade
›verschoben‹, auf welcher sich fortzubewegen es der ethische
Appell des Kunstwerkes ist.
Zuletzt hat der Betrachter damit alle Fluchtpunkt-Stationen der
Zeitgerade und alle Stationen der Logik des Bildes durchlaufen
wie José Nieto den Bildraum. Aus der Perspektive des echten
Fluchtpunktes ist er sich schließlich im gedanklichen Zurück-
blicken auf die Leinwandvorderseite dessen gewiss, worüber er
im Verharren auf der Position des Königspaares, angesichts des
Spiegelbildes und des Blickes des Künstlers, im Zweifel bleiben
musste, dessen, was einzusehen er von dort ursprünglich aufge-
brochen war: dass nämlich sich statt des vermuteten Portraits,
als Ursprung des Spiegelreflexes, »Las meninas« selbst auf der
Leinwandvorderseite befindet. 39 Das erwartete Abbild seiner
selbst wird ihm somit als nichts anderes denn seine eigene augen-
blickshafte, historische Perspektive auf den Bildraum offenbart.
Im Fluchtpunkt in der Figur des José Nieto heben sich damit die
im zeitlosen Raum fixierten Widersprüche der Repräsentation
durch einen nur in der Zeit möglichen Perspektivenwechsel des
Betrachters auf. Der ihm korrespondierende dritte Betrachter-
standpunkt ist die einzige, wahre Perspektive auf »Las meninas«,
denn nur von ihm aus erkennt er die Identität dessen, was »Las
meninas« – von seinem (dritten) Betrachterstandpunkt aus – ist,
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mit dem, was »Las meninas« – vom wahren Fluchtpunkt aus –


gewesen sein wird. Fluchtpunkt und Betrachterstandpunkt fallen
im Selbstbewusstsein des Betrachters, der nur scheinbaren Tau-
tologie des ich-=-ich, ineinander. Die Intention der »Meninas«
als Kunstwerk zielt auf den Vollzug dieses logisch-zeitlichen Pro-
zesses im Betrachter ab. Als wahre Auflösung der in der Antino-
mie des Spiegelbildes angelegten scheinbaren Unvereinbarkeit
zweier Betrachtungsweisen40 setzt es gegen die Unauflösbarkeit
des Widerspruchs von Identität, d.h. »Las meninas« interpretiert
als Darstellung seiner eigenen Erschaffung, und Nichtidentität,
d.h. »Las meninas« interpretiert als Darstellung einer Modellsit-
zung41, die »Identität von Identität und Nichtidentität«42.

2 . K O J È V E S I N T E R P R E TAT I O N D E R D I A L E K T I K V O N
HERRSCHAFT UND KNECHTSCHAFT UND
»LAS MENINAS«

2.1 Die Dialektik der Anerkennung zwischen Herr und Knecht


sowie Betrachter und Künstler
Die obige Interpretation stützt sich auf die strukturelle Analogie
zwischen »Las meninas« und der Hegelschen Dialektik des Be-
griffs, wie sie paradigmatisch43 in der sogenannten Herr-Knecht-
Dialektik ausgeführt ist.44 Da Lacans Rezeption der Hegelschen
Dialektik geprägt ist durch Kojèves Interpretation der Phäno-
menologie des Geistes, wird im folgenden Kojèves »anthropolo-
gische«45 Lesart des Kapitels IV Abschnitt A46 der Analogie zu
Grunde liegen.47 Zur Übersicht lassen sich zunächst folgende
Zuordnungen herstellen: Dem Betrachterstandpunkt des Kö-
nigspaares entspricht die dialektische Position des Herrn, dem
in »Las meninas« dargestellten Künstler Velázquez diejenige des
Knechtes, das Kunstwerk »Las meninas« der vom Knecht be-
arbeiteten Natur. Das reflektierte Spiegelbild des Königspaares
korrespondiert mit dem Genuss der bearbeiteten Natur seitens
des Herrn, der in »Las meninas« dargestellte Diener des Königs,
der Künstler Velázquez, dem Knecht, der, wie der Künstler im
Bild, Teil der Natur ist, die er bearbeitet. Der oben ausgeführte
logische Durchgang eines idealen Betrachters durch das Bild
ist analog dem dialektischen Prozess des Geistes als seiner Ent- .at
uria
zweiung in die Gestalten von Herr und Knecht und © nfo@tAuf-
ideren
hebung in einem (zunächst »stoischen«48, d.h.«unglücklichen«49)
WOLFRAM BERGANDE 63

Bewusstsein. Der Durchgangspunkt der Dialektik liegt dabei in


der Vorstellung des Betrachters, der Maler nehme gedanklich die
Perspektive des Königspaares ein und verwirkliche sie künstle-
risch tätig durch das Malen des Bildes, vor dem er, der Betrach-
ter, selbst sich gerade befindet. Denken wir uns den historischen
Philipp-IV. als einen der ersten dieser idealen Betrachter, dann
können wir vorwegnehmen, dass »Las meninas«, das die Aufhe-
bung der Herr-Knecht-Dialektik in seiner und durch seine Dar-
stellung vollzieht, die reale Aufhebung der Herr-Knecht-Dialek-
tik zwischen Philipp IV. und Diego de Velázquez im Medium der
Kunst erreicht hat.
Näherhin können den drei obengenannten Betrachterstandpunk-
ten die entsprechenden Gestalten des Bewusstseins der Hegelin-
terpretation Kojèves zugeordnet werden: Dem ersten Standpunkt
in »Las meninas« gegenüber der Infantin entspricht das wahr-
nehmende Ich (»moi contemplatif«), wie es als bloßes Selbst-
gefühl (»Sentiment de soi«50) in die passive Erfahrung seiner
Außenwelt versenkt bleibt. Dem Standpunkt des Königspaares
gegenüber dem scheinbaren Fluchtpunkt im Spiegel entspricht
die logische Position des Ich, das »Begierde«51 ist und das, um
Selbstbewusstsein (»Conscience de soi«52) zu werden, sich auf
ein Objekt beziehen muss, das – vergleichbar einem Spiegel –
die in der passiven Wahrnehmung gegebene natürliche Realität
transzendiert53. Diese Bedingung erfüllt nach Kojève wahrhaft
nur die Begierde selbst, so dass wahre menschliche Begierde
sich nur auf eine andere Begierde richten kann54, mit der sie da-
mit in einen Kampf um Anerkennung55 tritt, oder auf ein über
(eine) andere Begierde(n) vermitteltes Objekt.56 Wie der ideale
Betrachter durch das Einnehmen der Position des Königspaares
bereits ein Stück auf der Zeitgerade in den Bildraum eingetreten
ist57, so hat auch das Ich der Begierde, als dynamische »action
négatrice du donné«58, seine Fixposition in der Dimension des
Raumes der Wahrnehmung durch den Eintritt in die Zeitlichkeit
der tätigen Handlung verlassen.59
Sobald der Betrachter in die Rolle des Königspaares geschlüpft
war, stand er vor der Möglichkeit, dass der Fluchtpunkt nicht im
Spiegel, sondern in den Augen des dargestellten Künstlers lie-
gen könnte, sein Abbild (im Spiegel) ihn also wiedergibt, nicht
wie er ist, sondern nur, wie ihn der Künstler sieht, als Reflex der
Leinwandvorderseite. Vor der gleichen ambivalenten Situation
steht das Ich, nachdem es im Kampf auf Leben und Tod sein
»reines Fürsichsein«60 als Position des Herrn behauptet hat. Wie
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dem Betrachter sein Abbild als Königspaar im Spiegel ist dem


Herrn die Anerkennung, die er aus dem Genuss der Arbeit des
Knechtes zieht, eine ambivalente, sogar entfremdende Form
des Bewusstseins seiner selbst. Hatte er zwar mittels des Joches
der Arbeit das Bewusstsein des Knechtes mit der »Dingheit« des
»Seins«, der »Natur«61, »synthetisiert«62, so zeitigt der Genuss
der ihrer Widerständigkeit entledigten Natur trotzdem den in der
Arbeit noch nicht vollständig aufgehobenen Gegensatz zwischen
Knecht und Natur: insofern nämlich die Beziehungen des Herrn
einerseits zu der (seiner) Natur und andererseits zum Knecht
nicht ein und dieselbe sind, sondern als je nachdem durch den
Knecht bzw. die Natur vermittelte Beziehungen erscheinen. We-
der der Herr, mag er sich durch die Arbeit des Knechts auf die
Natur oder umgekehrt durch den Genuss der Natur auf die Ar-
beit des Knechtes beziehen; noch der Betrachter in der Position
des Königspaares, ob er sich nun über sein indirektes Spiegel-
bild (qua Reflex der virtuellen Leinwandvorderseite) mit seiner
königlichen Anwesenheit vor dem Bild identifiziert oder ob er
sich durch sein direkt reflektiertes Abbild im Spiegel, das ihn
als einen der beiden Souveräne zeigt, auf den Diener-Künstler
bezieht – keiner von ihnen verwirklicht seine Begierde als Be-
gierde nach Anerkennung, Begierde der Begierde des Anderen,
denn in ihrem herrschaftlichen Genuss beziehen sie sich in bei-
den Fällen auf die Begierde des Knechtes oder Künstlers nur als
einer geknechteten, die vermittelt ist durch die Bearbeitung der
Natur bzw. die künstlerische Transformation der Realität, und
die darum zu einer wahren (und damit gegenseitigen) Anerken-
nung als freies Selbstbewusstsein nicht taugt. Indem der Herr
im Knecht nur den Arbeiter und in der Natur nur das Genieß-
bare aufhebt, verdrängt er den Knecht als freies Selbstbewusst-
sein und den Teil der (d.h. seiner) Natur, der bei der Arbeit des
Knechtes als geformte Selbständigkeit übrigbleibt und nicht in
den Genuss des Herrn eingehen konnte: In ihm, der geformten
Natur, wird als gegenständlichem Fürsichsein beider zuletzt die
gegenseitige Anerkennung von Herr und Knecht als freie Selbst-
bewusstseine erreicht.

2.2 Die Aufhebung der gegenseitigen Entfremdung durch die


Arbeit des Knechtes sowie des Künstlers
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WOLFRAM BERGANDE 65

Diese Anerkennung wird erst realisiert, nachdem der ideale Be-


trachter die »Aporie«63 des Königsstandpunktes verlassen hat, so
wie der hegelianische Geist64 die »existentielle Sackgasse«65 der
Position des Herrn zu überwinden hat. Als reines Fürsichsein
kann er dort ein anderes Fürsichsein nur als Negation seiner
selbst begreifen, weshalb er allein in der absoluten Negation al-
les anderen, d.h. dem Tod, eine ultimative Befriedigung erlangt.66
Die Versöhnung der beiden individuellen Fürsichseine vollzieht
sich nur im Aufweis der idealen Identität der dialektischen Posi-
tionen von Herr und Knecht, der wiederum nur durch die wirk-
liche Versöhnung des Fürsichseins mit dem Sein, d.h. durch die
erarbeitete des Knechtes, erreicht werden kann. Dieser stellt zu-
nächst im Genuss des Herrn sein ihm wesentliches Fürsichsein
als außerhalb seiner selbst vor67, wie auch der Herr das seinige
in der Arbeit des Knechtes, mit dem wesentlichen Unterschied,
dass der Herr sein Fürsichsein im Genuss auch an sich hat, in-
dem er sich mit der Unselbständigkeit des Dinges gleichsam
68
kurzschließt. Dem Knecht aber war auch, da er im Angesicht
des Todes auf ein existentielles, innerliches Fürsichsein zurück-
geführt war, ein »reines Fürsichsein« im Modus des »an«69-ihm
geworden, das er nun durch die Arbeit im Sein realisieren kann.
In der Bearbeitung des Seins, das ja seine Natur und die des
Herrn einschließt, und auf das er sein gesamtes Wesen durch die
Herrschaft reduziert sieht, führt der Knecht die (seine) beiden
auseinanderfallenden Seiten des Fürsichseins nun zusammen
– soweit er nicht durch seinen »Eigensinn«70 davon abgebracht
wird: Einerseits arbeitet er das Fürsichsein des Herrn (in dem
er sein ihm darin äußerliches Fürsichsein vorstellt) auf dessen
Anweisung hin in das Sein herein, gleichzeitig fördert er sein
(ihm innerliches) Fürsichsein, das bisher bloß an ihm war, in das
Sein heraus. Der reine Begriff des Fürsichseins gelangt zur Ob-
jektivität, der Gegensatz von Geist und Natur wird aufgehoben.
Gleichzeitig erweist die erarbeitete Realität des nun gegenständ-
lichen Fürsichseins in ihrer durch Arbeit geschaffenen »Form«71
das reine Fürsichsein des Herrn und sein eigenes innerliches als
identische72.
Diese dialektische Struktur lässt sich komplett auf die Logik der
Perspektive in »Las meninas« übertragen. Solange der Betrach-
ter in der Königsposition darauf beharrt, das Spiegelbild als Ab-
bild seiner selbst sehen zu wollen, kann er im Anderen allenfalls
noch denjenigen sehen, der ihm dies Abbild seiner selbst fertigt,
und nur die Totenstarre73 wird seine Begierde der Herrschaft ein
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für alle Mal sättigen. Es ist die Arbeit des Knechtes, das künstle-
rische Werk des aposentador auf der virtuellen Leinwandvorder-
seite in »Las meninas«, die allein die Ambivalenz der Perspekti-
ven auflöst. Der Diener des Königs hält seinen Eigensinn nieder
und fertigt kein von idiosynkratischer »Geschicklichkeit« 74 ge-
zeichnetes, figürlich-konkretes Abbild der körperlichen Erschei-
nung des Königs an, das sich dann im Spiegel als knechtisches
Symbol einer kümmerlichen künstlerischen Freiheit reflektieren
würde. Vielmehr arbeitet er als »eigener Sinn«75 – wie der Knecht
das reine Fürsichsein des Herrn – die Perspektive des Königs,
dessen ideales und unkörperliches Fürsichsein, in das Sein als
Kunstwerk herein. Nur dann nämlich erweist sich die Perspek-
tive des Betrachters als identisch sowohl mit der des Malers als
auch der des Bildes, das sich auf der virtuellen Leinwandvorder-
seite befindet, als auch der desjenigen, das »Las meninas« selbst
ist.76 Das Bild schließt damit einen anderen, dialektischen Kreis
der Unendlichkeit, der nicht mehr wie der erste von der in ei-
ner statischen Position fixierten Identifizierung des Betrachters
mit einem Bildelement abhängt77, sondern nur noch von der
strukturellen Idealität der Aufhebung einer zuletzt kontingenten
Perspektive. »Las meninas« ist der exemplarische Durchgang
durch die immanenten Widersprüche der (d.h. auch seiner ei-
genen) Repräsentation zu dem perspektivischen Punkt, an dem
es durch seine eigene Negation, repräsentiert in Nietos Verlas-
sen des Bildraumes, erst zu dem wird, was es ist, oder vielmehr,
was es gewesen sein wird: an dem die Differenz von Fluchtpunkt
und (drittem) Betrachterstandpunkt, in der Unendlichkeit des
aufgehobenen Widerspruchs zu sich selbst, ineinanderfallen. Als
im Medium der Kunst objektivierte Aufhebung der Dialektik der
»Selbständigkeit und Unselbständigkeit des Selbstbewußtseins;
Herrschaft und Knechtschaft« ist »Las meninas« ein Spiegel des
Selbstbewusstseins; als »schön[es]«78 Kunstwerk ist es »das sinn-
liche Scheinen der Idee«79.

3. LACAN UND »LAS MENINAS«

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WOLFRAM BERGANDE 67

3.1 »Las meninas« als Illustration des Lacanschen Subjekts


und der psychoanalytischen Kur
Die Analogie, in der die Struktur des Bildes zu Kojèves Interpre-
tation von Hegels Herr-Knecht-Dialektik steht, soll nun auch zur
Struktur des Lacanschen Subjektes80 hergestellt werden. »Las
meninas« wird dadurch unmittelbar lesbar als künstlerische Il-
lustration der Lacanschen Reinterpretation des Freudschen Ödi-
pus-Komplexes in Begriffen der hegelianischen Dialektik81, und
damit auch der intersubjektiven Struktur innerhalb der psycho-
analytischen Kur. Zur Übersicht zunächst eine schematische Zu-
ordnung, in der die Unterscheidung zwischen der Lacanschen
Kategorie des Imaginären und der des Symbolischen beachtet
werden muss. Der virtuelle Standpunkt des Königspaares vor der
Bildebene von »Las meninas« ist analog dem logischen Stand-
punkt des Analysanten an der Schwelle des »Anderen« (»A«)82,
verstanden als »Feld des Anderen«83 (»champ de l’Autre«), dem
symbolischen Feld der Signifikanten des therapeutischen Dia-
logs. Aus ihm bezieht das Subjekt wie vor einem sprechenden
Spiegel das imaginäre und symbolische Material zur Konstitu-
tion seiner Identität. Der Künstler im Bild entspricht dem Analy-
tiker als ›anderem‹ (›autre‹) der imaginären Beziehung zum an-
deren, und der historische Bildautor Velázquez dem Analytiker
als symbolischem Anderen. Spiegel im Bildhintergrund und vir-
tuelle Leinwandvorderseite sind den Signifikanten S1 und S284
– »einzige[r] Signifikant« (»signifiant unaire«) und »binäre[r]
Signifikant« (»signifiant binaire«)85 – der Lacanschen Topologie
des Subjektes zuzuordnen. Das Spiegelbild des Königspaares im
Spiegel entspricht dem »Objekt-a« (»objet-a«86) im trügerischen
Bild »i‹(a)«87: Es scheint dem Betrachter als Resultat des dif-
ferentiellen Wechselspiels der Signifikanten auf, und zwar auf
der Spiegelfläche, die damit zum phantasmatischen »Schirm/
écran«88, »Diaphragma«89 (»diaphragme«), zu einem »Fenster«90
(»fenêtre«) wird. In seinem Reflex kann er sich mit seinem ima-
ginären Selbstbild »i(a)«91 identifizieren, so, wie er sich vor »Las
meninas« in die Rolle der Souveräne geschlüpft sieht.
Vor dem Wechsel zum scheinbaren Fluchtpunkt im Spiegel bzw.
dem Blick des Künstlers ist es jedoch zunächst noch die Figur der
Infantin, die das faszinierende Objekt-a vorstellt92, und noch »Las
meninas« selbst, das als Signifikant-1 und als Fenster (›fenêtre‹)
fungiert. Diesem ersten Betrachterstandpunkt vor »Las meni-
nas« ist die Position des Subjekts des Lacanschen Spiegelstadi-
68 RISS 48 (2000/II)

ums zuzuordnen93, denn beiden Positionen ist das Feld ihrer Re-
präsentation, »Las meninas« bzw. das Feld des wahrnehmenden
Bewusstseins, der objektive Spiegel ihrer subjektiven Wirklich-
keit, und sich selbst stellen sie innerhalb dieses Feldes als Objekt
in einer imaginären integralen Einheit vor, ohne noch zu wissen,
dass diese narzisstische Identifikation mit dem anderen (»Ideal-
Ich«, »moi idéal«94) beziehungsweise mit der anderen, dem Ba-
rock-Püppchen95 der Infantin als dem scheinbaren Zentrum der
Fluchtperspektive, durch den Blick des Idealen Anderen (»Ich-
Ideal«, »idéal du moi«96), »I«97, vermittelt ist.98 Nach Lacan ist
es dem Bild als solchem eigen, als ein Blickfang99 seinen struk-
turellen Unterschied zu einem gewöhnlichen Spiegel zunächst
zu bemänteln, als sei weder sein Feld der perspektivischen Re-
präsentation100 noch das eines gewöhnlichen Spiegels durch den
Anderen, das Subjekt der Begierde, begründet101. In »Las meni-
nas« dagegen ist im aposentador der wahre Fluchtpunkt als die
Position des Anderen markiert, was die Differenz zwischen Bild
(›tableau‹) qua Fenster (›fenêtre‹) und Spiegel (›miroir‹) aus-
macht »[...] Das Bild [...] ist das, welches vergegenwärtigt, was
Repräsentation im Spiegel ist.«102 Dieser Andere ist innerhalb
der Repräsentation des Subjekts nun zunächst als Unbewusstes
103
verdrängt. Das Sein des Bewusstseins zeigt nichts desto weni-
ger die Spuren dieser Verdrängung, es bleibt beeinträchtigt, ge-
schmälert – »eklipsiert«104– durch einen Atopos zwischen Wahr-
nehmung und Bewusstsein105, etwas »Nicht-Realisiertes«106 (»du
non-realisé«), das sich nicht in die Logik der kausal geordneten
Raumzeit des Bewusstseins einfügt107, so wie der Bildraum in
»Las meninas« am linken Bildrand durch die Leinwandrückseite
beeinträchtigt, geschmälert erscheint, und wie sich die virtuelle
Vorderseite der Leinwand dem Betrachter der »Las meninas«
nur – wie oben ausgeführt – in der mythischen Zeitlichkeit des
Futur-II zeitigt, der »logischen Zeit«108 (»temps logique«) des Un-
bewussten.
Wenn der Betrachter nun in die Position der beiden Souveräne
und damit in die Bildwelt von »Las meninas« als ein dort darge-
stelltes Figurenpaar eintritt, so wie auch das Subjekt des Spie-
gelstadiums in die Dialektik der Identifizierung mit dem ande-
ren109 – oder der Analysant in den therapeutischen Dialog –, er-
fahren sie beide, was vom ersten Betrachterstandpunkt aus noch
unterdrückt war: die Subversion (»subversion«110) der reflexivenia.at
o@tur
Identifizierung mit dem imaginären, spiegelbildlichen© infanderen
seitens des symbolischen Anderen. Dieser wird in der signifikan-
WOLFRAM BERGANDE 69

ten Struktur des therapeutischen Dialogs zunächst nicht als An-


derer erkannt, wie auch in der Bildstruktur von »Las meninas«
der echte Fluchtpunkt im aposentador zuerst im Spiegel, dann
in den Augen des dargestellten Künstlers verkannt wird. Wenn
sich der Andere auch nicht zu zeigen scheint, so zeitigt er sich
doch, vermittelt durch den Blick des anderen, den »Blick, den
ich auf dem Feld des Anderen imaginiere« 111, im phantasmati-
schen »Objekt-a«112. In »Las meninas« sehen wir die Koinzidenz
dieser drei Identifikationspunkte – Anderer, anderer, Objekt-a
– aufgelöst als räumlich gegeneinander verschobene: Der Be-
trachter in der Position des Königspaares wird durch den Blick
des Künstlers im Bild (des anderen) vermittelt mit dem ihm un-
einsehbaren virtuellen Platzhalter des (seines) Anderen auf der
Vorderseite der Leinwand – der Effekt dieser Vermittlung ist die
Identifizierung des Betrachters mit dem Spiegelbild des Königs-
paares (dem Bild »i(a)« des »objet-a«113).
In diese Identifizierung mit dem Fluchtpunkt im Spiegel ist
der Betrachter zunächst noch gebannt. Der andere im Bild, der
Künstler, beansprucht aber bald, als Vermittler des symboli-
schen Anderen, des Bildautors, den vermeintlichen Fluchtpunkt
im Spiegel für sich, sein Blick bricht damit die reflexive Identi-
tätsbeziehung mit dem spiegelbildlichen Objekt-a auf, untermi-
niert das Feld der bewussten Repräsentation durch den Verweis
auf die »Kehrseite« des Bewusstseins114 des Subjektes, die unbe-
wusste »Vorstellungsrepräsentanz«115 (Leinwandvorderseite), die
hier noch als vermeintliche Quelle des Spiegelbildes nur, nicht
als Indiz des Anderen116, gedacht wird; auch verweist er auf sich
selbst, den vermeintlichen Herrscher über dieses Feld des Unbe-
wussten. Der andere, der Künstler im Bild, wird dem Betrach-
ter somit zum Sitz der Entfremdung (»siège de l’aliénation«117),
wie der hegelianische Knecht dem hegelianischen Herrn, dessen
Genuss schließlich von der Arbeit des Knechtes abhing, und der
sich in solcher durch den Knecht vermittelter Aufhebung des
gegenständlichen Seins seiner wahren Natur entfremdet fühlen
konnte.
Nun ist diese Entfremdung (›aliénation‹) als imaginäre nach La-
can das Resultat der Logik der Signifikanten118: Das Subjekt er-
scheint im Feld der Signifikanten, d.h. dem analytischen Dialog
wie der Sprachäußerungen im allgemeinen, schematisch formu-
liert als Signifikant S1, der es für einen anderen Signifikanten S2
119
repräsentiert. Im metonymischen Verweis der Signifikanten
auf den jeweils folgenden ist die Bedeutung, mit der sich das un-
70 RISS 48 (2000/II)

ter deren Gefüge unterworfene Subjekt120 identifizieren könnte,


eine durch ihr relatives Aufgeschobensein stets unfertige, das
Subjekt der (sprachlichen) Repräsentation gespalten, da die si-
gnifikante Artikulation des Subjekts den stummen Rest an Un-
sagbarem nicht einholen kann.121 Nach Lacan liegt der Struktur
der Sprache damit dieselbe Logik der Entfremdung zugrunde,
die die Dialektik zwischen Herr und Knecht regiert, denn wie
das Fürsichsein des Herrn wird die Bedeutung eines Signifikan-
ten nur durch die möglichst vollständige Negation aller anderen
aufrechterhalten; es kommt zu einer Konfrontation auf Leben
und Tod zwischen S1 und S2122: Erscheint das Subjekt in einem
der (beiden) Signifikanten als Bedeutung (›sens‹), so verschwin-
det sein Sein sogleich in der »Aphanisis« der (des) anderen Si-
gnifikanten.123
Wir können dies an »Las meninas« deutlich machen: Vermittelt
über den Blick des imaginären anderen, des Künstlers im Bild,
identifiziert sich der Betrachter in der Position des Königspaares
zunächst mit dem Effekt des differentiellen Spiels zwischen Spie-
gel (Signifikant-1) und Vorderseite der Leinwand (Signifikant-2),
dem Spiegelbild des Königspaares nämlich, das in der zirkulä-
ren Ambivalenz der unmöglichen Perspektivität als unmögliches
»Objekt-a«124 zirkuliert, und in dem der Betrachter sich als das
Objekt der Begierde des Anderen, Velázquez’, phantasiert.125 D.h.
in einem ersten Moment manifestiert er sich im Signifikanten-1,
dort, wo ihm sein Spiegelbild als die Bedeutung seiner selbst
erscheint, doch führt das zur Verdrängung des zweiten Signifi-
kanten, der Leinwandvorderseite, in deren uneinsehbarer Vir-
tualität er, ausgeliefert dem saugenden Blick desjenigen, der, wie
das »sujet supposé savoir«126, bei der analytischen Kur, wissen
muss, was er dort malt, vor sich selbst verschwindet. Oder der
Betrachter versteht das Spiegelbild als im Signifikanten-1 reflek-
tierte Bedeutung des Signifikanten-2, wodurch er abermals ver-
schwindet, einmal aus dem Spiegel, der ihn nicht mehr direkt
reflektiert, gleichfalls als Objekt vor den Augen des Künstlers,
der nun der souveräne Garant geworden ist für die Identität des
Betrachters mit dem, was nicht länger der authentische Reflex
seiner königlichen Präsenz sein kann.127 Tatsächlich kommt es
also zu einem Kampf auf Leben und Tod zwischen zwei Signifi-
kanten, insofern sie für die Bemühungen der beiden beteiligten
Subjekte stehen, dem jeweils anderen das sprachlich verfasste ia.at
i n f o@tur
Bild aufzuzwingen, das sie sich von sich selbst – der© Betrachter
WOLFRAM BERGANDE 71

und das Spiegelbild der Könige – oder vom anderen – der Künst-
ler und die virtuelle Leinwandvorderseite – gemacht haben.

3.2 Der Ausgang aus der Entfremdung


Tatsächlich ist dieser Konflikt jedoch verursacht durch die Über-
tragung eines intrapsychischen Konfliktes des Analysanten auf
den Analytiker.128 Dass der Kampf zwischen Herr und Knecht,
›entre le signifiant unaire, et le sujet en tant que signifiant bi-
naire‹, stattfindet, heißt ja vor allem, dass der Analysant einen
Kampf seiner selbst als Subjekt der Repräsentation (vorgestellt
im ›signifiant unaire‹) und Subjekt des Unbewussten (verdrängt
im ›signifiant binaire‹) auszutragen hat, wie der in einer jahr-
hundertelangen Interpretationsgeschichte angegangene Grund-
konflikt des Betrachters von »Las meninas« gleichfalls damit
beginnt, dass dieser das Bild, seine eigene Repräsentation, die
seiner selbst, nicht versteht. Und in der Tat – die Signifikanten
S1 und S2, in deren symbolischem Fort-Da-Spiel der Betrachter
recht hilflos sein Spiegelbild als ihre unmögliche, daher phan-
tasmatische Versöhnung beschwört,129 sind seine eigenen, wie
sie ihn als gespalten in das Subjekt der Repräsentation und das
der Begierde konstituieren. Durch die imaginäre Fixierung, in
der er im ersten Signifikanten zur Ikone erstarrt, unterdrückt er
sein Verschwinden im zweiten noch. Aber sobald sein Narziss-
mus vom Blick des anderen hintertrieben wird, kann er nur noch
entweder durch die mutwillige, widerständige 130 Inszenierung
ihrer Unvereinbarkeit vor dem Blick des anderen oder durch
die Entfremdung seines Abbildes im Blick des anderen die Ver-
kennung und Verdrängung seines unbewussten Seins aufrecht-
erhalten – seines Ichs der Begierde, wie es als perspektivischer
Fluchtpunkt, negierendes Nichts der Begierde des Anderen, auf
der Leinwandvorderseite wahrlich dargestellt ist, und wie er es
zuletzt als Betrachter von »Las meninas« wie als therapierter
Analysant gewesen sein soll.
Mit anderen Worten: Betrachter wie Analysant stehen auf dieser
Position (des zweiten Betrachterstandpunktes) in der Ȇbertra-
gung«131-sbeziehung (»transfert«) zum anderen. Bleibt die Ana-
lyse hier stehen, dann schließt sich der »Zirkel der Täu- sch-
132 133
ung« , der Kreis der »entfremdenden Identifizierung« , und,
wie das Aufrechterhalten des Fluchtpunktes im Künstler als
dem anderen, so führt die Identifizierung mit dem Ich (›moi‹)
des Analytikers dazu, dass der Analysant von der Entfremdung
72 RISS 48 (2000/II)

in eine Befremdung wechselt, in der er, von seinem Selbst ein-


genommen, in der Übertragungsbeziehung und der Unkenntnis
134
dessen, woher sein Begehren rührt , gehalten wird. Der Aus-
gang aus diesem falschen Beschluss der Kur 135 vollzieht sich,
analog dem Erreichen des echten Fluchtpunktes durch den Be-
trachter, durch eine zweite »Identifizierung«136 des Analysanten,
dem Prozess seiner Enteignung (»séparation«137) aus dieser Be-
fremdung. Hat er begriffen, dass auch der andere (der Künstler
im Bild) nicht Herrscher über das Feld des Unbewussten – die
Leinwandvorderseite, »Las meninas« – ist, weder über das des
Subjektes noch sein eigenes, da er, entgegen allem Anschein,
als Anderer demselben Gesetz der Perspektive unterworfen,
sich auch in derselben Lage (Position) wie das Subjekt befindet;
dann ist die Einsicht in das »offenbar gewordene [...] Nichts«138
der eigenen Begierde erreicht, die Begierde des Anderen ist, in-
sofern sie damit zugleich Begierde als Anderer ist,139 welcher An-
dere folglich selbst nur in der Fluchtbewegung der aphanisis, als
Subjekt des Unbewussten, d.h. im Falle von »Las Meninas« als
perspektivischer Punkt, denkbar ist.
Die logische Struktur dieser Überwindung der Entfremdung
im anderen, wie sie oben in ihren drei Momenten den drei
Betrachterstandpunkten von »Las meninas« zugeordnet wurde,
entspricht derjenigen, die Lacan die logische Zeit (»temps logi-
que«140) des Unbewussten nennt. Auch dort erreicht das Indivi-
duum seine Freiheit141 durch eine Idealisierung seiner selbst, eine
Enteignung seiner selbst bis auf den Grund (»se désubjectiver au
plus bas«142), deren abstrakte Identität als reines Sein der Per-
spektive allein es ihm gestattet, sich gedanklich in seine beiden
Mitgefangenen zu versetzen und die Scheinaporien der intersub-
jektiven Logik gegeneinander auszuspielen. Dieselbe Ent-indivi-
dualisierung (»dépersonnalisation«143) ist es, die in der Vaterme-
tapher (»métaphore paternelle«144) durch die »Urverdrängung«145
des Signifikanten-1 in das damit konstituierte Unbewusste – d.h.
die Durchquerung des Bildraumes durch das Spiegelbild (eigent-
lich: die Türe) hindurch und sein virtuelles Erscheinen auf der
Leinwandvorderseite – einen subjektiven Bedeutungseffekt pro-
duziert: Indem es die phantasmatische Bedeutung im ersten Si-
gnifikanten als aus der Leinwandvorderseite gespeisten Unsinn
verdrängt, produziert sich in der Substitution des ersten durch
einen zweiten Signifikanten – des (Blicks auf den) Spiegel(s) ia.at
i n f o@tur
durch die (Einsicht in die) Leinwandvorderseite – ©der retrospek-
tive Sinneffekt146: »Las meninas«. Haben Analysant wie Betrach-
WOLFRAM BERGANDE 73

ter diese Einsicht erlangt, dann haben sie sich auf der Zeitgerade
ihres Begehrens147 davon gemacht, dem fortgesetzten Verweis in
der Metonymie der Signifikantenkette unterworfen.148
Die psychoanalytische Kur unterstützt die Lösung der imaginä-
ren Fixierung auf das Objekt-a als vermeintliche Inkarnation des
Begehrens des Anderen149 durch die Einsicht in seine struktu-
relle Konstitution, indem es die beiden Funktionen von symbo-
lischem ›Idéal du moi‹ und imaginärem ›moi idéal‹, des ›I‹ und
des ›a‹, die in der imaginären Identifizierung mit dem ande-
ren übereinanderliegen, trennt: »Das Glücken der analytischen
Operation gründet gerade in der Aufrechterhaltung der Distanz
zwischen I und a. [...] Auf diesem Wege isoliert der Analytiker
das a und bringt es auf größtmögliche Distanz zum I, das er,
der Analytiker, wie es das Subjekt verlangt, verkörpern soll.«150
In »Las meninas« sind die diesen beiden Funktionen analogen
Fluchtpunkte, als wollte Velázquez den Durchgang im Ausgang
andeuten, ebenfalls gegeneinander verschoben: Der Betrachter
kann, wie der Analysant, den ersten scheinbaren Fluchtpunkt
im Spiegel (das Spiegelbild als Bild i(a) des Objektes-a) durch
die Vermittlung über den zweiten scheinbaren Fluchtpunkt im
Blick des Künstlers (des anderen) vom wahren Fluchtpunkt im
Ausgang aus dem Bild (dem aposentador als I, ›idéal du moi‹)
unterscheiden. Das räumliche Nebeneinander von Spiegelbild
und aposentador ermöglicht die Einsicht in ihre heteronomen
Funktionen, die für eine geglückte Dialektik des Subjekts, dem
Durchqueren der Ebene der Identifizierung151, nicht mehr inein-
ander zu fallen haben.
Als die beiden Grenzwerte der Zeitgerade stehen Spiegelbild und
Nieto für den mythischen Ursprung des Subjekts, der nur als
logische Zeit retrospektiv konstruierbar ist, und für die zukünf-
tige Unendlichkeit der subjektiven Existenz, die beide sich durch
Aufhebung der zirkulären Zeitlichkeit des Mythos in die lineare
Zeitlichkeit der Geschichte bewahrheiten – sollen. Der Betrach-
ter ist im Spiegelbild des (Königs-)Paares mit der »Urphanta-
sie[...]«152 seines Geschlechtes, d.h. seiner elterlichen Herkunft153
wie der Bedeutung seiner individuellen Sexualität, konfron-
tiert.154 Das unfassbare Objekt im Spiegel (»objet insaisissable
au miroir«155), das »Phantasma« (»fantasme«156) des Spiegels,
stellt ihn, wie Freuds ›Wolfsmann‹ vor dem Traumfenster der el-
terlichen Urszene157, vor die Frage: Wer bin ich? Was ist mein
Begehren? Dort, im Objekt-a, sieht er sich inkarniert als Objekt
74 RISS 48 (2000/II)

des Begehrens des Anderen, der ihm die zu entscheidende Frage


nach seiner Sexualität – Mann oder Frau – zurückwirft.

4 . D I E E T H I K D E R P S Y C H O A N A LY S E :
AUFHEBUNG DER ILLUSION IN EIN
UNGLÜCKLICHES BEWUSSTSEIN?

Lacan betrachtete die finale Versöhnung zwischen Herr und


Knecht als Protagonisten inter- und intrasubjektiver menschli-
cher Grundkonflikte158 als »Hegelsche Täuschung«159. Und ver-
glichen mit dem ›revolutionären‹ Geist, den Kojève dem Knecht
zusprach160, offenbart »Las meninas« als Kunstwerk deutlich
den stoischen Charakter seines Schöpfers, der sich mit der fast
nur gedanklichen Freiheit der Kunst begnügt, abgesehen da-
von, dass seine Wirkung damit steht und fällt, ob es von seinem
souveränen Adressaten eingesehen wird, und davon, dass die-
ser nicht nur in der Lage, sondern auch willens ist, nach seiner
– besseren – Einsicht zu handeln.161 Doch selbst wenn wir den
Appell des Kunstwerkes, den Raum der Repräsentation zu ver-
lassen, mit Lacan als Verweis in eine möglicherweise unendliche
Zimmerflucht interpretieren162, hat es nichtsdestoweniger Anteil
an dem ethischen Impetus, den Lacan in einem »Was auch im-
mer es sei, ich muss an es heran«163 der Psychoanalyse Freuds
zuerkennt. Die Psychoanalyse reduziert sich damit für Lacan in
keiner Weise auf den epistemischen Idealismus eines La vida es
sueño164, genauso wenig wie sich die Aussage von »Las meninas«
auf den barocken Effekt des desengaño stutzen läßt165. Wenn La-
can im Kommentar zum Traum des brennenden Kindes166 aus
Freuds Traumdeutung aufzeigt, dass es derselbe reale Tod des
Kindes ist, der wie im Traum so auch im Wachzustand verfehlt
wird, so wird die ethische Differenz zwischen diesen beiden
Modi der Repräsentation gerade im Unterschied des zuletzt er-
wachenden Vaters, der das Feuer löscht, und dem weiter schla-
fenden Totenwächter deutlich.167
Diese ethische Differenz ist es auch, durch die sich ein Kunst-
werk vom Traum, der bloßen Hommage an die verfehlte Reali-
tät168, als bewusste Formierung der »Phantasien zu einer neuen
Art von Wirklichkeit«169 abhebt. Wodurch sich das Kunstwerk
»Las meninas« vor anderen überdies auszeichnet, ist sein proto-ia.at
o@tur
© inf das ba-
aufklärerische Appell an die Vernunft des Betrachters,
rocke Verwirrspiel von Realität und Schein nicht nur zu gewah-
WOLFRAM BERGANDE 75

ren, sondern durch das eigene Tun zu entscheiden: das Umset-


zen der Realität des Unbewussten in die Tat170. In der bildlichen
Darstellung der »Meninas« sehen wir diese ethische Differenz
als räumliche »Feldtiefe, mit all dem, was sie an Zweideutigem,
Veränderlichem, in keinster Weise durch mich Beherrschbarem
aufbietet«171, zwischen dem Standpunkt des Königspaares und
dem des aposentador Nieto, als Distanz (»distance«172) zwischen
Künstler im Bild und virtueller Leinwandvorderseite, und nicht
zuletzt als Distanz zwischen dem (dritten) Betrachterstandpunkt
und dem Bild als solchem. Bewältigt das Subjekt diese Differenz,
überwindet es die Entfremdung durch die »Unterdrückung«173
des Signifikanten-2 und findet es zu sich selbst qua Anderem
zurück174, so setzt diese sich doch in anderer Form, im weite-
ren Angewiesensein auf das Begehren des Anderen, fort: »Im
Verhältnis des Begehrens zum Begehren ist also etwas von der
Entfremdung bewahrt [...].«175 Eine letzte Versöhnung, wie sie
im Medium der Kunst erfolgen mag, findet in der Realität nicht
statt.

ANMERKUNGEN
1
Hegel (1986a), 145.
2
Lacan (1996), 287 (frz. 245): »Ein solches Hinausgehen über die Ebene der
Identifizierung ist möglich.«
3
Hegel (1986a), 145. Vgl. ebd., 137ff.
4
Vgl. Kojève (1968) bzw. (1988).
5
Vgl. Borch-Jacobsen (1995), passim u. (1991), passim; Macherey, Pierre
(1991); Viderman, Serge (1991); Roudinesco (1996), bes. 158ff.
6
Hegel (1986a), 147.
7
Lacan (1966b). Der Stenotypie zufolge war Foucault in der Sitzung vom
13.-Mai anwesend.
8
Foucault (1995), 19ff., 318ff.
9
Ebd., 31: Foucault spricht von »Las meninas« als der »représentation de la
représentation classique«, einer Repräsentation, die das Subjekt ihrer selbst
notwendigerweise aus dem Feld der Repräsentation ausschließt. Vgl. ebd.,
319: »Dans la pensée classique, celui pour qui la représentation existe, et qui
se représente lui-même en elle, s’y reconnaissant pour image ou reflet, celui
qui noue tous les fils entrecroisés de la ›représentation en tableau‹,– celui-là
ne s’y trouve jamais présent lui-même. Avant la fin du XVIIIe siècle, l’homme
n’existait pas.«
10
Autoren, die sich auf Foucault beziehen, sind u. a. Alpers (1985), 100; Neu-
meister (1978), 283f.; Schmeiser (1991), 44ff.; Steinberg (1981), 45; Lacan
(1966b), 550, 574ff.
11
Einen Überblick über die Rezeptionsgeschichte bietet Kesser (1994).
12
Zitiert nach Kesser (1994), die den integralen Text der Bildbeschreibung
Palominos übersetzt wiedergibt (ebd., 19ff.). Vgl. neben anderen Alpatow
(1996), 209f., und Foucault (1996), 25.
13
Vgl. Steinberg (1981), 51: »Just as the Infanta marks the midline of the
76 RISS 48 (2000/II)

canvas; just as the man on the stair looms at the centric point of the per-
spective; even so does the looking glass define the centerline of the room.
[...] Three kinds of center, which in a simpler painting might have remained
coincident to avoid unnecessary confusion, are here deliberately dispersed.«
Soehner (1965), 152 unterscheidet den Standpunkt des Königspaares und
den des Betrachters, die beide »unhaltbar« sind: « [Der Betrachter] muss
sich bewegen, die Bildwelt durchschreiten.« Er wird dazu gebracht, seinen
»objektiven Standpunkt [...] zugunsten des perspektivischen der Bildwelt«
(ebd., 153) aufzugeben. Für Foucault fallen die durch die drei Fluchtpunkte
erzeugten Standpunkte in einem einzigen Punkt vor der Bildebene zusam-
men: Vgl. Foucault (1996), 30: »[...] le véritable centre de la composition [...]
l’est par la triple fonction qu’il occupe par rapport au tableau. En lui viennent
se superposer exactement le regard du modèle au moment où on le peint, ce-
lui du spectateur qui contemple la scène, et celui du peintre au moment où il
compose son tableau [...] Ces trois fonctions »regardantes« se confondent en
un point extérieur au tableau«.
14
Nach Alpatow (1996), 215 ist die Infantin der »kompositionelle Mittel-
punkt des Bildes«.
15
Vgl. Soehner (1965), 152.
16
Vgl. ebd.
17
Vgl. Steinberg (1981), 51.
18
Nach Soehner (1965), 154 stellt das Bild den Moment einer »Atelierpause«
einer »Modellsitzung« (ebd., 158) des Königspaares dar, ebenso für Foucault
(1995), 25. Justi (1983), 382f. rekonstruiert die Entstehung des Bildes als un-
erwartetes Erscheinen des Königspaares beim Modell-Stehen der Infantin.
19
Vgl. Searle (1980), 485.
20
Für Justi (1983), 382ff. ist es denkbar, das Bild sei aus dem Wunsch
Philipps-IV. geboren, seinen Momenteindruck beim Besuch des Ateliers in
einem Bild festgehalten zu sehen.
21
Vgl. Searle (1980), 485, der diese Methode ausschließt: »[...] the artist can’t
occupy the point he has to occupy because the position is already taken. We
can’t think an artist into the position as we can with [...] a standard self-
portrait with a mirror because the position is filled with two people posing
for the picture we are seeing but standing outside it at the point of view
A.« Auch Lacan (1966b), 568, 618, verneint aufgrund desselben Besetzungs-
Konfliktes der Betrachterposition die Möglichkeit, »Las meninas« sei mit
Hilfe eines großen Spiegels in der Betrachterposition erschaffen worden. Er
schließt daraus, dass Velázquez selbst den Betrachterstandpunkt einnimmt
(ebd., 567), und er »Las meninas« wie ein »auto-portrait« (ebd., 564) als Bild
im Bild (vgl. ebd., 557) gemalt habe, das seine eigene Erschaffung darstellt
(ebd., 556, 616f.).
22
Snyder/ Cohen (1980), 444. Vgl. ebenso Steinberg (1981), 52.
23
Vgl. u.a. Steinberg (1981), 52.
24
Vgl. Snyder/ Cohen (1980), 434f.; Steinberg (1981), 52; Schmeiser (1991),
65; Lacan (1966b), 560.
25
Würde von der Gesamtbildfläche der linke Rand, der durch die dargestellte
Leinwandrückseite gleichsam verdeckt erscheint, abgeschnitten, so läge der
echte Fluchtpunkt, nach Alpatow (1996), 214, auch im Zentrum der (dann
reduzierten) Bildfläche, da ebenso die Mittelachse von der Infantin nach
at
rechts zum aposentador auf den Treppenstufen verschoben wäre. Vgl.
f uria.
o@tdazu
Soehner (1965), 150. © i n
26
Für Foucault fallen die drei Betrachterstandpunkte in einem Punkt vor
WOLFRAM BERGANDE 77

der Bildebene zusammen (vgl. Fn.-13); gleichfalls für Lacan (1966b) (vgl.
Fn.-21).
27
Am ausdrücklichsten reduziert Foucault das Königspaar auf sein männ-
liches Element. Der Betrachterstandpunkt ist ihm »La place du roi« (ebd.,
318), was vielleicht nicht unproblematisch, hier für die Logik der Perspek-
tive aber ohne Belang ist; vgl. Lacan (1966b), 654, der die »fonction du roi«
vor der Person hervorhebt. Mit Lacan (1990) läßt sich eine Erklärung für das
Spiegelbild beider, nicht nur der Königin oder ihres Gemahls, geben (s.-u.).
28
Vgl. Justi (1983), 382ff.
29
Wie z.-B. für Alpatow (1996), 221 wäre »Las meninas« lediglich ein »Por-
trät über das Malen eines Porträts [...], ein Bild über das Entstehen eines
Bildes«.
30
Vgl. z.-B. Stoichita (1986), 185: »Das Doppelporträt ist weder ein gemaltes
Bild noch eine Reflektion realer Personen im Spiegel. Vielmehr werden Kö-
nig und Königin in Las meninas als Spiegelung eines Ausschnittes aus dem
Gemälde, das Velázquez gerade malt, eingeführt.« Vgl. Steinberg (1981), 52:
»[...] what the king and queen view from their station and what we see from
ours – the real thing and the painting of it – the mirror reveals as identical«.
31
Vgl. Steinberg (1981), 53: « [...] the magic loop [is] closed. As the royal pre-
sence is seen from within the picture to inspire a painting, so the viewer sees
the averted painting engender its mirror image, which in turn guarantees the
royal pair’s real presence. The painter gives us the real, the reflected, and the
depicted as three interdependent states, three modalities of the visible that
cause and succeed one another in a perpetual round. Reality, illusion, and re-
plication by art conspire in ceaseless recirculation.« Vgl. Alpers (1985), 103:
»Tatsächlich befindet sich die gesehene Welt – und damit schließt sich der
Kreis – vor uns, weil wir es sind, die (zusammen mit dem König und der Kö-
nigin in dem fernen Spiegel) ihr Erscheinen befohlen haben.« Vgl. Stoichita
(1986), 185: »Der Spiegel wird somit zu dem Ort, in dem die königliche Epi-
phanie und die Manifestation von Malerei ›in se‹ einander bestätigen und
steigern.« Vgl. Schmeiser (1991), 44, der von einer »endlose[n] Bewegung«
spricht. All dem entspricht, was Hegel »schlechte Unendlichkeit« nennt (vgl.
Hegel (1996), 153 u. passim).
32
Foucault (1995), 319: »[...] c’est le spectateur dont le regard transforme le
tableau en un objet, pure représentation de ce manque essentiel«.
33
Steinberg (1981), 54: »›Las meninas‹ in its entirety is a metaphor, a mirror
of consciousness«. Vgl. Schmeiser (1991), 63: Das »Gemälde [ist] als solches
seiner Tendenz nach Spiegel«.
34
Foucault (1995), 319: »Encore ce manque n’est-il pas une lacune [...], car il
ne cesse jamais d’être habité [...].«
35
Vgl. Fn.-9 u. Foucault (1995), 20: »Comme si le peintre ne pouvait à la
fois être vu sur le tableau où il est représenté et voir celui où il s’emploie à
representer quelque chose. Il règne au seuil de ces deux visibilités incompa-
tibles.«
36
Vgl. Fn.-21.
37
Alpers (1985), 103, sieht in dieser Unmöglichkeit eine »ungelöste[...] Am-
bivalenz« des Bildes.
38
Alpatow (1996), 220, sieht in der Figur des José Nieto die »Aufforderung,
die dunklen Räume des Palastes zu verlassen«. Vgl. dagegen Schmeiser
(1991), 61f.: »Sie [die Blicke der Bildfiguren] fesseln denjenigen, der sich vor
dem Bild befindet und der in allen seinen Formen Modell steht, gezwungen
zur Unbeweglichkeit, versteinern ihn in einem Blick der Medusa, der ›Herr-
78 RISS 48 (2000/II)

schenden‹.« Lacan (1966b), 619, 640, erkennt im Spiegelbild des Königspaa-


res die Aufforderung, in das Bild einzutreten; s. Fn.-151.
39
Diese These vertreten auch Lacan (1966b), 556, 616f., und Searle (1980),
485; vgl. Fn.-21.
40
Alpers (1985), 103: »Das Bild verweigert sich einer festen Deutung – nicht
wegen der Abwesenheit des Betrachter-Subjekts, sondern weil es zwei wi-
dersprüchliche (und aus der Sicht von Velázquez untrennbar miteinander
verbundene) Weisen, das Verhältnis des Betrachters und des Bildes zur Welt
darzustellen, in der Schwebe hält.«
41
Vereinbar mit dieser These ist der Vorschlag Justis (s. Fn.-18), »Las meni-
nas« stelle das Portraitieren der Infantin dar.
42
Hegel (1986b), 74. – Vgl. Schmeiser (1991), dessen Bezug zur christlichen
Theologie eine genaue Untersuchung des Einflusses Augustinus’, insbeson-
dere der Doktrin der Dreieinigkeit (vgl. das Nizänische Glaubensbekennt-
nis), auf Hegels Konzeption der dialektischen Bewegung des Begriffes für
die Interpretation von »Las meninas« lohnenswert erscheinen läßt (vgl.
Flasch (1994), 326ff.). Dort, wo Schmeiser die Repräsentation in der begriff-
lichen Struktur der Trinitätslehre Augustins rekonstruiert, fehlt jedoch jeder
Bezug zu »Las meninas« (Schmeiser (1991), 71ff.). So benennt er den Be-
trachterstandpunkt vor dem Bild zwar als »[...] jenen Ort vor dem Bild, an
dem sich Maler, Betrachter und Modell befinden müssen, jene Instanz, die
die Rede vom Schöpfergott als Einheit behauptet« (ebd., 61). Aber statt ei-
ner hegelianischen Versöhnung von Begriff und Wirklichkeit, Subjektivität
und Objektivität, verkehrt sich die analoge »Menschwerdung Gottes« (vgl.
auch Kojève (1968), 192; ders. (1988), 86) zu einer »Verzweiflungstat«, zum
»Selbstmord«, und der Spiegel in »Las meninas« wird zum »Abbild dieses
Scheiterns«, der nicht die »Identität von Identität und Differenz, Dreieinig-
keit, sondern schlichte Spaltung« zeigt (Schmeiser (1991), 62). Folgerichtig
ist ihm der Fluchtpunkt des Bildes, die Figur José Nietos hinter der geöff-
neten Tür, gerade kein Durchgang durch den Bildraum als »[...] Akt der Er-
lösung, der, was ›Las meninas‹ darstellt, zu dem machte, was auf der Lein-
wand im Bild entsteht [...]« (ebd., 63), sondern die »Erlösung von der Er-
lösung« (ebd., 69, Endnote 48). Der Grund dafür ist darin zu suchen, dass
wie für Searle und Lacan (1966b) für Schmeiser am Betrachterstandpunkt
keinesfalls sowohl ein Spiegel als auch der Maler oder ein Betrachter, z.-B.
das Königspaar, stehen können. Deshalb kann für ihn die Position Nietos
nicht zum Punkt eines höheren Wissens werden, denn für den Betrachter
im Fluchtpunkt fällt damit entweder das Königspaar aus dem Bild, dessen
Platz nun ein Spiegel einnimmt, oder er selbst kann sich nicht sehen, denn
das Königspaar reflektiert sein Bild nicht (vgl. Schmeiser (1991), 64). Die
geistige Spiegelung im Bewusstsein des anderen, wie sie metaphorisch an
dessen Blick festgemacht wird, und wie sie sich konkret als Bildreflex in der
Pupille des anderen anschaulich machen läßt, löst diesen Widerspruch. Fou-
cault (1995) beschreibt eine Zwischenlösung: Da die Standpunkte von Kö-
nigspaar, Betrachter und dem historischen Maler bei der Erschaffung des
Bildes in einen Punkt fallen (ebd., 30; s. Fn.-13), ist »Las meninas« wie ein
Bild gemalt, das seine eigene Erschaffung darstellt, obwohl auf der virtuel-
len Leinwandvorderseite das Königspaar portraitiert wird (ebd., 319). Dem
Fluchtpunkt kommt damit kein vor der Perspektive des Königspaares oder
ia.at
des Malers ausgezeichneter epistemischer Status zu.
43 i n f o@tur
Vgl. Horstmann (1978), 24. ©
44
Steinberg (1981), 47 verweist auf das Gemälde »St. Lukas« (1556) von
WOLFRAM BERGANDE 79
Frans Floris. Auch dieses Bild ist einer Interpretation in der Begrifflichkeit
der Herr-Knecht-Dialektik zugänglich, die hier nicht geleistet werden kann.
45
Vgl. Kojève (1968), 308.
46
Vgl. Fn.-1.
47
Vgl. Kojéve (1968), 11ff, 161ff. Für die Herstellung der Analogie sind Ko-
jèves Abweichungen von Hegels Text nicht relevant. Zur Kritik der Hegelin-
terpretation Kojèves vgl. Kelly (1998), 191, 211 u.a.
48
Hegel (1986a), 155ff.
49
Ebd., 163.
50
Kojève (1968), 12; ders. (1988), 21.
51
Hegel (1986a), 139. Vgl. mit Blick auf Lacan insbesondere Kojèves Unter-
scheidung des Ichs in ein »Moi« der passiven Verstandeswahrnehmung und
ein »Je« der aktiven Begierde. Kojève (1968), 12; ders. (1988), 20: »C’est le
Désir (conscient) d’un être qui constitue cet être en tant que Moi et le révèle
en tant que tel en le poussant à dire: ›Je...‹. [...] Le Moi (humain) est le Moi
d’un – ou du – Désir.«
52
Kojève (1968), 12; ders. (1988), 22.
53
Vgl. ebd.
54
Vgl. ders. (1968), 14; ders. (1988), 24.
55
Ders. (1968), 14: »Parler de l’ »origine« de la Conscience de soi, c’est [...]
parler d’une lutte à mort en vue de la ›reconnaissance‹«; ders. (1988), 24f.
56
Vgl. ders. (1968), 13; ders. (1988), 23.
57
Vgl. Soehner (1965), 153, 156.
58
Kojève (1968), 12.
59
Ebd.: »[...] puisque le Désir se réalise en tant qu’action négatrice du donné,
l’être méme de ce moi sera action [,][...] devenir, et la forme universelle de
cet être sera non pas espace, mais temps.« Vgl. ders. (1988), 22.
60
Hegel (1986a), 149. Kojève (1968), 19; ders. (1988), 30.
61
Kojève interpretiert Hegels »Sein« als »Natur«. Vgl. ders. (1968), 23;
(1988), 35.
62
Hegel (1986a), 150. Vgl. Kojève (1968), 22; ders. (1988), 33.
63
Siep (1998), 114.
64
Vgl. Hegel (1986a), 145.
65
Kojève (1988), 64; ders. (1968), 55.
66
Vgl. ders. (1968), 27.
67
Hegel (1986a), 153.: »Dies Moment des reinen Fürsichseins ist auch für
es, denn im Herrn ist es ihm sein Gegenstand.« Vgl. Kojève (1968), 27, ders.
(1988), 39.
68
Vgl. Hegel (1986a), 151. Kojève (1968), 24, ders. (1988), 37.
69
Hegel (1986a), 153. Kojève (1968), 27, ders. (1988), 39.
70
Hegel (1986a), 154. Kojève (1968), 33; ders. (1988), 45f.
71
Hegel (1986a), 153. Kojève (1968), 31; ders. (1988), 43.
72
Hegel (1986a), 154. Kojève (1968), 31; ders. (1988), 43f.: »Im Herrn ist
ihm [dem ›dienenden Bewusstsein’] das Fürsichsein ein anderes oder nur für
es; in der Furcht ist das Fürsichsein an ihm selbst; in dem Bilden wird das
Fürsichsein als sein eigenes für es, und es kommt zum Bewusstsein, dass es
selbst an und für sich ist. [...] Es wird also durch dies Wiederfinden seiner
durch sich selbst eigener Sinn, gerade in der Arbeit, worin es nur fremder
Sinn zu sein schien.«
73
Kojève (1968), 27: »Le maître est figé dans sa Maîtrise.« Vgl. Lacan (1990),
245: »La révélation de l’essence du maître se manifeste au moment [...] où il
n’a évidemment que la mort à choisir pour avoir la liberté.«
74
Hegel (1986a), 155. Vgl. Kojève (1968), 33; ders. (1988), 45f.
80 RISS 48 (2000/II)

75
Vgl. Gadamer (1992), 237f.: »[...] Arbeit, eigener Sinn: ›Das kann ich‹. – Ge-
wiss ist das noch nicht die volle Selbstbegegnung, wie sie uns etwa das Werk
der Kunst gewährt, das uns das Wiedererkennen: ›das bist du‹ erlaubt.«
76
Vgl. Hegel (1996), 145. »Ich, das Wir, und Wir, das Ich ist.«
77
Vgl. Steinberg (1981), 54: Seine »situation of reciprocal self-recognition«
definiert sich durch die Unendlichkeit des ersten Kreises (vgl. Fn.-31). Vgl.
Alpatow (1996), 223, der von »gemalter Dialektik« spricht und damit die
Selbstbezüglichkeit eines Bildes meint, das seine eigene Entstehung dar-
stellt.
78
Hegel (1997), 151.
79
Ebd.
80
Vgl. das optische Modell der »illusion du bouquet renversé« (Lacan (1966a),
680, Fig.-3), inbesondere in seiner zweiten Variante, ebd., 674, Fig.-2, u. ders.
(1996), 151 (frz. 132), auf das sich die Analogie zu »Las meninas« stützt. Vgl.
ebenfalls Lacans Hinweis auf dieses Schema in (1966b), 645f. u. 648, wo er
»Las meninas« als »image prèsque identique« des Schemas nennt. Zu den
Abweichungen des Lacanschen Bildkommentars von der folgenden Analyse
siehe Fnn. 92, 151.
81
Vgl. Borch-Jakobsen (1995), 95ff.
82
Vgl. Lacan (1966a), 678: »[...] l’Autre [...] c’est ce lieu à quoi répond dans
notre modèle l’espace réel à quoi se superposent les images virtuelles ›derri-
ère le miroir‹ A [...]«.
83
Lacan (1996), 90, 151, 197, u.a.; (frz. 79, 132, 172).
84
Vgl. Fn.-80.
85
Lacan (1996), 229 (frz. 199).
86
Ders. (1996), 71ff. (63ff.) u. 68 (frz. 60).
87
Ders. (1966a), 675f.
88
Ders., (1996) 103 (frz. 89), 115 (frz. 99).
89
Ebd., 52 (frz. 46).
90
Ebd., 137 (frz. 119); ders. (1966b), 549f., 569, 619, 632.
91
Lacan (1966a), 680: Fig.-3. – Vgl. Damisch (1987), 399, der dem Spiegel
eine ›imaginäre‹ (»imaginaire«) Funktion zuerkennt.
92
Lacan (1966b), 571, 648, 653f. Lacans eigener Bildkommentar (1966b) be-
läßt die Funktion des Objektes-a in der Infantin und verschiebt sie nicht, wie
in der folgenden Analyse geschehen, mit dem zweiten Betrachterstandpunkt
in das Spiegelbild des Königspaares. Entsprechend weist er nur »Las meni-
nas« selbst (und der virtuellen Leinwandvorderseite als dessen Verdopplung)
die Funktion des »fenêtre« (ebd., 562f., 630ff.) im Gegensatz zum Spiegel
(»miroir«; ebd.) zu, nicht auch anschließend – analog der weiteren Inter-
pretation auch des Spiegelbildes als Funktion des Objekt-a – dem Spiegel
im Bildhintergrund. Deshalb ergibt sich Lacan nicht die Parallele zwischen
Spiegel und Traumfenster des ›Wolfsmannes‹. Die gedoppelte Bildstruktur
von »Las meninas«, die die Aufhebung der Identifizierung mit dem Objekt a
(des Spiegelbildes) im Bild selbst möglich macht, bleibt seiner Analyse hier-
bei verschlossen, was am Ende zu einer anderen Bewertung der Bildaussage
führt (vgl. Fn.-151).
93
Vgl. ebd., 675.
94
Lacan (1975), 149ff.
95
Vgl. ders. (1984), 60: »poupée baroque«.
96
Ders. (1975), 149ff. Vgl. ders. (1966a), 667ff. ia.at
97
Ders. (1996), 151 (frz. 132); ders. (1966a), 674, Fig.-2, 678ff; i n
680,f o@tur
Fig.-3.
©
98
Vgl. ders. (1996), 150f. (frz. 132); im Original heißt es dort: »Vous aurez à
WOLFRAM BERGANDE 81

y voir que c’est dans l’Autre que le sujet se constitue comme idéal, qu’il a à
régler la mise au point de ce qui vient comme moi, ou moi idéal – qui n’est
pas l’idéal du moi – c’est-à-dire, à se constituer dans sa réalité imaginaire.
Ce schéma rend clair [...] que là où le sujet se voit, à savoir où se forge cette
image réelle et inversée de son propre corps qui est donné dans le schéma du
moi, ce n’est pas là d’où il se regarde. Mais [...] c’est dans l’espace de l’Autre
qu’il se voit, et le point d’où il se regarde est lui aussi dans cet espace.«
99
Vgl. ebd., 95 (frz. 83); im Original: »piège à regard«; ders. (1966b), 619,
637.
100
Vgl. ders. (1996), 86f. (frz. 76f.).
101
Vgl. ebd., 95f. (frz. 83f.); im Original: »Si on ne met pas en valeur la dialec-
tique du désir, on ne comprend pas pourquoi le regard d’autrui désorganis-
erait le champ de perception. C'est que le sujet en cause n’est pas celui de la
conscience réflexive, mais celui du désir.«
102
Lacan (1966b), 631 [Übers. W.B.]: »[...] le tableau [...] est le représentant
de ce qu’est la représentation dans le miroir«
103
Ders. (1990), 247: »[...] il n’y a de surgissement du sujet au niveau du sens
que de son aphanisis en l’Autre lieu, qui est celui de l’inconscient [...]«.
104-
Ebd., 222 (frz. 192); im Original: »écorné«. Vgl. ebd., 253 (218): »Abkan-
tung«.
105
Vgl., ebd., 62 (frz. 55); ders. (1966a), 548.
106
Ders. (1996), 36 (frz. 32).
107
Vgl. ebd., 38 (frz. 33), 62 (frz. 55).
108
Ebd., 38 (frz. 33). Vgl. ders. (1966a), 808.
109
Vgl. ebd., 94: »dialectique de l’identification à l’autre«. Vgl. ders. (1966b),
556.
110
Ders. (1966a), 793ff. u. (1996), 54 (frz. 48). Vgl. ebd. 93 (frz. 81); im Ori-
ginal: »La dimension géométrale de la vision n’épuise donc pas, et loin de là,
ce que le champ de la vision comme tel nous propose comme relation sub-
jectivante originelle. C’est ce qui fait l’importance de rendre raion de l’usage
inversé de la perspective dans la structure de l’anamorphose.« Das Spiegel-
bild in »Las Meninas« ist – wie die von Lacan kommentierte Anamorphose
in Holbeins d.J. »Die französischen Gesandten« – eine Anamorphose, wenn
auch gewissermaßen zweiten Grades: eine herkömmliche Anamorphose de-
finiert sich durch einen Schnittwinkel von Bildstrahlen und Projektionsflä-
che ungleich 90°; sie ist ein Bildelement, das sich als ein verzerrtes nur durch
das Einnehmen einer anderen als der zentralen, durch den Fluchtpunkt
festgelegten Betrachterposition korrekt wahrnehmen lässt. Das Spiegelbild
des Königspaares im Bildhintergrund invertiert diese Technik der Anamor-
phose, indem zwar das Kriterium des nicht lotgerechten Verhältnisses von
Bildstrahlen zu Projektionsfläche erfüllt, es aber gleichsam die Betrachter-
perspektive ist, die anamorphotisch verzerrt (paradoxal) wird, und nicht das
Spiegelbild, dessen paradoxale Perspektivität die korrekte ›Andere‹ Perspek-
tive weist.
111
Ebd., 90 (frz. 79); im Original: »regard par moi imaginé au champ de
l’Autre«.
112
Vgl. ebd., 140, 148 (frz. 122, 130).
113
Lacan (1966a), 680, Fig.-3 u. 681.
114
Ders. (1996), 65 (frz. 58); im Original: »envers de la conscience«.
115
Ebd., 228 (frz. 198). Vgl. ders. (1966b), 558, 631f.
116
Vgl. ders. (1966b), 607: »L’écran n’est pas seulement ce qui cache le réel,
[...] il l’indique.« Vgl. ebd., 644. Vgl. ders. (1996), 66 (frz. 58f.).
82 RISS 48 (2000/II)

117
Lacan (1975), 194; vgl. ders. (1996), 220f. (frz. 191).
118
Vgl. Fn.-80. und ders. (1975), 161: »C’est la relation symbolique qui définit
la position du sujet comme voyant.«
119
Vgl. ders. (1966a), 819.
120
Vgl. ders. (1996), 197 (frz. 172).
121
Ebd., 232 (frz. 201); im Original: »Il n’y a pas de sujet sans, quelque part,
aphanisis du sujet, et c’est dans cette aliénation, dans cette division fonda-
mentale, que s’institue la dialectique du sujet.«
122
Siehe ebd., 229 (frz. 199); im Original: »affaire de vie et de mort entre le
signifiant unaire, et le sujet en tant que signifiant binaire«.
123
Ebd., 221 (frz. 191); im Original: »L’aliénation consiste dans ce vel, qui
[...] condamne le sujet à n’apparaître que dans cette division que je viens [...]
d’articuler [...] en disant que, s’il apparaît d’un côté comme sens, produit par
le signifiant, de l’autre il apparaît comme aphanisis.« Ebd., 222 (frz. 192):
»En d’autres termes, il est de la nature de ce sens tel qu’il vient à émerger au
champ de l’Autre, d’être dans une grande partie de son champ, éclipsé par la
disparition de l’être, induite par la fonction même du signifiant.«
124
Ebd., 251 (frz. 216).
125
Vgl. Lacan (1966a), 824: »[...] le fantasme comme désir de l’Autre«.
126
Vergl. ders. (1996), 242 (frz. 209).
127
Zwangsneurose und Hysterie entsprechen den beiden Aspekten des Aus-
einanderfallens der Dialektik in ihre Extreme. Vgl. ders. (1966a), 824: »On
en trouve alors les deux termes commes éclatés: l’un chez l’obsessionnel
pour autant qu'il nie le désir de l’Autre en formant son fantasme à accentuer
l'impossible de l’évanouissement du sujet, l’autre chez l’hysterique pour au-
tant que le désir ne s’y maintient que de l’insatisfaction qu’on y apporte en s’y
dérobant comme objet.« Vgl. ebd., 303f., 682. Die Positionen von Königspaar
und Künstler im Bild können beide als die des Hysterikers bzw. des Zwangs-
neurotikers gelesen werden, je nachdem, welcher der beiden scheinbaren
Fluchtpunkte gewählt wird. Im Spiegelbild einerseits bzw. einem ›eigensin-
nigen‹ Königsportrait auf der Leinwandvorderseite andererseits besitzen
beide Positionen ihr zwangsneurotisches Phantasma, in Bezug auf das sich
die jeweils andere Position als Objekt der Begierde entzieht: die des Künst-
lers in oder hinter seinem Blick, die des Königspaares vor dessen Blick.
128
Vgl. Fn.-157.
129
Vgl. Lacan (1996), 251 (frz. 216).
130
Vgl. ders. (1966a), 668.
131
Ders. (1996), 152 (frz. 133).
132
Ebd., 140 (frz. 121); im Original: »cercle de la tromperie«.
133
Ebd., 152 (frz. 133); im Original: »identification aliénante«.
134
Lacan (1966a), 814:«nescience d’où il désire«.
135
Vgl. ders. (1996), 152 (frz. 133); im Original: »fausse terminaison de la
cure«.
136
Ebd., 269 (frz. 230f.).
137
Ebd., 224 (frz. 194); im Original: »séparation«; Lacan verweist auf die ety-
mologische Verbindung der Verben »se deféndre«, »se fournir« und schließ-
lich »s’engendrer« über lat. pario und paro. Séparation könnte danach mit
Erzeugung übersetzt werden.
138
Kojève (1988), 22; ders. (1968), 12.
.at
turia
139
Vgl. Lacan (1966a), 814: « [...] le désir de l’homme est le désir de o@l’Autre
© i n f
[...] à savoir que c’est en tant qu’Autre qu’il désire (ce qui donne la véritable
portée de la passion humaine)«.
WOLFRAM BERGANDE 83
140
Vgl. Fn.-108. Den drei Perspektiven auf »Las meninas« korrespondieren
die drei Momente des Sehens, Begreifens und Schließens, in die sich diese
›kollektive Logik‹ (ders. (1966a), 213) der Freiheit entfaltet. Das Subjekt des
Gefangenendilemmas versetzt sich analog dem Betrachter von »Las meni-
nas« in die Position eines Zweiten, um von dort aus gedanklich die des Drit-
ten einzunehmen. Aus dessen Perspektive heraus kann es das Zögern seiner
Mitgefangenen als Indiz dafür werten, dass alle drei in derselben Position
sind, weshalb er, zeitgleich mit seinen Mitgefangenen, die dasselbe Raison-
nement durchgemacht haben, den Raum durch die Tür in die Freiheit ver-
lässt. Entsprechend erschließt auch der Betrachter der »Meninas« die Iden-
tität der drei Betrachterstandpunkte im Fluchtpunkt der Türe, durch die der
aposentador den Bildraum in die Freiheit des Selbstbewusstseins verläßt;
der ›Augenblick‹, den zahlreiche Interpreten in »Las meninas« festgehalten
sehen, ist der Lacansche »instant du regard«, der den »moment de conclure
le temps de comprendre« (ders. (1966a), 212) kondensiert, bevor das Subjekt
seinen Schluss in der Handlung (»acte« (ebd., 208), vgl. ders. (1990), 239
(frz. 206)) verwirklicht.
141
Lacan (1990), 244: »Ce dont le sujet a á se libérer, c’est de l’effet aphanisi-
que du signifiant binaire, et [...] ce n’est pas d’autre chose qu’il s’agit dans la
fonction de la liberté.«
142
Ders. (1966a), 210.
143
Ebd., 680.
144
Ebd., 557. Vgl. den Bezug in ders. (1996), 260ff. (frz. 223ff.).
145
Lacan (1996), 264 (frz. 227).
146
Lacan (1966a), 515: «...la structure métaphorique, indiquant que c’est
dans la substitution du signifiant ou signifiant que se produit un effet de si-
gnification qui est de poésie ou de création, autrement dit d’avènement de la
signification en question.« Ebd., 508: »La métaphore se place au point précis
où le sens se produit dans le non-sens«.
147
Vgl. Lacan (1996), 235 (frz. 203): »Bahn des Begehrens«; im Original: »la
voie du désir«.
148
Vgl. ebd., 197 (frz. 172).
149
Lacan (1966a), 823f.
150
Ebd., 287 (frz. 245) [Übers. modif.; W.B.]; im Original: »[...] le ressort fon-
damental de l’opération analytique, c’est le maintien de la distance entre le I
et le a. [...] Il [l’analyste] isole le a, il le met à la plus grande distance possible
du I que lui, l’analyste, est appelé par le sujet à incarner.«
151
Ebd. [Übers. modif.; W.B.]; im Original: »franchissement du plan de l'
identification«. – Lacans Kommentar der »Las meninas« (1966b) sieht zwar
im Spiegelbild der beiden Könige – in welchem sie, wie »la mouche géologi-
que prise dans l’ambre« (ebd., 640) auf Ewigkeit fixiert die Illusion nähren,
»qu’il suffirait d’être là pour être au nombre des vivants« – die Aufforderung,
den Spiegel wie ›Alice im Wunderland‹ zu durchqueren (»la traversée du mi-
roir«, ebd.). Dennoch verneint er eben diese Möglichkeit (»[...] cette surface
invisible du miroir dont on sait qu’on ne peut pas la franchir«), obwohl er
die Figur Nietos als »personnage qui sort« (ebd., 560) beschreibt, der die
Leinwandvorderseite eingesehen, ja genug gesehen habe und sich davon ma-
che: »[...] dont nous disons ›fais voir‹ [gemeint ist die Leinwandvorderseite],
non seulement, lui, le voit, de là où il est mais [...] il l’a, si je puis dire, trop
vu, il s’en va.« (ebd., 560f.). »Le tableau n’est qu’une leurre« (ebd., 641) und
beschränkt sich hier für Lacan auf die Funktion »[...] de vous rappeler qu’au
regard de la réalité, vous êtes vous-même inclus dans une fonction analogue
84 RISS 48 (2000/II)

à celle que représente le tableau c’est-à-dire pris dans le fantasme.« (ebd.,


642). Ziel der analytischen Kur ist das Sicherkennen des Analysanten in der
Figur der Infantin als dem Objekt-a (ebd., 654), nicht die Durchquerung des
Bildraumes. Vgl. Fn.-92. – Damisch (1987), 399f., hat darauf hingewiesen,
dass im bildlichen Nebeneinander von Spiegel und Tür zwei Motive getrennt
sind, die in Jan van Eycks Hochzeit der Arnolfini ineinanderfallen.
152
Freud (1999), GW-XI, 386.
153
Zur Interpretation des Königspaares im Spiegel als Anspielung auf das
Motiv einer Ahnengalerie vgl. z.-B. Alpers (1985), 103f.
154
Lacan (1990), 286: »Cet objet [a] supporte ce qui, dans la pulsion, est dé-
fini et spécifié de ce que l’entrée en jeu du signifiant dans la vie de l’homme
lui permet de faire surgir le sens du sexe.«
155
Ders. (1966a), 818.
156
Ders. (1996), 66, 264 (frz. 58, 226f.).
157
Ebd., 279f. Vgl. Freud (1999), GW-XII, 27ff.
158
Vgl. dazu Kelly (1992), 191ff., 196f.
159
Lacan (1996), 233 (frz. 201); im Original: »leurre hégélien«. Vgl. ebd., 267
(frz. 229); ders. (1966a), 802, 804.
160
Vgl. Kojève (1968), 33; ders. (1988), 46.
161
Vgl. Lacan (1996), 246 (frz. 212), wo Lacan auf die Problematik der sokra-
tischen Tugendlehre verweist.
162
Vgl. ders. (1966a), 681. Am ›Fluchtpunkt‹ I angekommen tritt das Subjekt
in die nächste Illusion ein: »Jeux de la rive avec l’onde [...] dont s’est en-
chanté [...] le maniérisme pré-classique [...].«
163
Ders. (1996), 39 (frz. 34); im Original: »Quoiqu’il en soit, il faut y aller«.
Vgl. ebd., 40 (frz. 35); im Original: »[...] le statut de l’inconscient est éthique,
non point ontique [...]«. Vgl. ders. (1966a), 804.
164
Vgl. ders. (1996), 59, 62 (frz. 53, 55).
165
Vgl. Snyder (1985), 557: »[...] Baroque illusionism [...]«.
166
Lacan (1996), 63ff.(frz. 56ff.) Vgl. Freud (1999), GW-II/ III, 513ff.
167
Vgl. Schmeiser (1991), 61, der in »Las meninas« eine »Totenwache« er-
kennt.
168
Vgl. Lacan (1996), 64 (frz. 57); im Original: »hommage à la réalité man-
qué«.
169
Freud (1999), GW-VIII, 236f.
170
So lautet Lacans Definition der geglückten Übertragung (›transfert‹); s.
ders. (1996), 153 (frz. 133); im Original: »la mise en acte de la réalité de
l’inconscient.«
171
[Übers. W.B.] Vgl. ebd., 102 (frz. 89); im Original: »la profondeur de
champ avec tout ce qu’elle présente d’ambigu, de variable, de nullement
maîtrisé par moi«.
172
Lacan (1966b), 544, 552, 563.
173
Ders. (1996), 229, 248 (frz. 199, 213).
174
Vgl. ebd., 230 (frz. 199).
175
Ebd., 248 (frz. 231) [Übers. modif.; W.B.]; im Original: »Dans le rapport
du désir au désir, quelque chose est conservé de l’aliénation [...].«

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