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BeckRS 2010, 573 04

OLG Frankfurt, Urteil vom 04.03.2008 - 11 U 45/07

Titel:

Teilerückkauf, Händlervertrag, Original-Ersatzteile, Abnahmeverpflichtung

Normenkette:

BGB §§ 133, 157

Rechtsgebiete:

Sonstiges Bürgerliches Recht, Handelsrecht

Schlagworte:

Teilerückkauf, Händlervertrag, Original-Ersatzteile, Abnahmeverpflichtung

nachfolgend:

BGH, Urteil vom 09.12.2009 - VIII ZR 93/08

ECLI:

ECLI:DE:OLGHE:2008:0304.11U45.07.0A

OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN


11 U 45/07 (Kart)
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Verkündet am 04.03.2008
3/13 O 142/06 Landgericht Frankfurt
In dem Rechtsstreit
hat der 1. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main
durch die Richter am Oberlandesgericht ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12.02.2008 für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main - 13. Kammer für Handelsachen - vom 11.07.2007 in der Fassung des
Berichtigungsbeschlusses vom 12.09.2007 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages
abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:
I.
Die Klägerin macht Ansprüche auf Teilerückkauf aus einem X-Händlervertrag geltend.
Die Klägerin war aufgrund eines zum 01.01.1997 geschlossenen Vertrages als Vertragshändlerin für die Beklagte, die seinerzeit noch als Y AG firmierte, tätig.
In den Zusatzbestimmungen zum Händlervertrag ist unter Art. 2 Nr. 2.4.4.1 bestimmt:
„Der VERTRAGSHÄNDLER wird selbst eine Service- und Ersatzteil-Organisation unterhalten, mit der er den gesamten Servicebedarf des Kunden decken und
KRAFTFAHRZEUG- und X TEILE-Kunden prompten, leistungsfähigen, zuvorkommenden und qualifizierten Service anbieten und KRAFTFAHRZEUGE auf Anhieb instand
setzten kann“.
Ziffer 7.1 der Zusatzbestimmungen zum Hauptvertrag enthält ferner folgende Rücknahmeklausel:
„Bei Beendigung dieses Vertrages ist X auf Verlangen des Vertragshändlers verpflichtet, die rücknahmefähigen Gegenstände zu den in nachstehendem Artikel 7.2
bestimmten Preisen zu kaufen ...“.
Wegen der weitergehenden Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte Kopie des Händlervertrages (Anlage K 1) Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 20.03.2002 kündigte die Beklagte den Händlervertrag im Hinblick auf eine beabsichtigte Restrukturierung des Vertriebsnetzes und das
Inkrafttreten der neuen Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) zum 30.09.2003 (Anlage K 2). Zugleich wies sie in diesem Schreiben darauf hin, dass es ihre Absicht
sei, der Klägerin den noch zu erarbeitenden neuen Händlervertrag, der zum 01. Oktober 2003 Gültigkeit erlangen solle, rechtzeitig zur Annahme durch
Gegenzeichnung vorzulegen.
Die Parteien schlossen in der Folgezeit mit Wirkung zum 01.10.2003 sowohl einen Händler- als auch einen Servicepartnervertrag hinsichtlich des Werkstattgeschäfts.
Unter Geltung des vorangegangenen Vertrages war die Klägerin bis zum 30.09.2003, wie auch einige andere X-Vertragshändler, auf das X-Teilevertriebsgeschäft
spezialisiert. Dabei belieferte die Klägerin auch Wiederverkäufer, insbesondere freie Werkstätten, Tankstellen und zuletzt 12 sog. autorisierte X-Servicebetriebe (...)
mit Ersatzteilen. In den Jahren 1998 bis 2002 erzielte sie etwa 70% ihres Gesamtumsatzes aus dem Umsatz mit X-Teilen (Bl. 12 d. A.). Die Beklagte gewährte
gemäß einem Schreiben vom 12. 04.2000 ihren Händlern einen Wiederverkaufsnachlass, der gestaffelt nach dem Wiederverkaufsanteil in Prozent zwischen 0,2 und
8,0% lag (Anlage K4). Für den Verkauf an sogenannte freie Werkstätten gewährte die Beklagte laut ihrem Schreiben vom 08.08.2001 einen zusätzlichen Bonus von
5% (Anlage K6). Die Großhandelstätigkeit war der Beklagten bekannt und wurde von ihr durch jährliche Mitteilung von Verkaufs- und Bezugsrichtzahlen oder
Sonderverkaufsaktionen auch unterstützt. Die Klägerin hatte für ihren X-Teile-Vertrieb Lagerkapazitäten aufgebaut, die weit über das hinausgingen, was eine reine X-
Werkstatt (als Teil des Vertragshändler-Unternehmens) im eigenen Betrieb an Endkunden „verbaute“.
Ab dem 30.09.2003 strukturierte die Beklagte den Ersatzteilhandel neu, indem sie insgesamt 15 Handelsunternehmen aus der X-Vertriebsorganisation als
sogenannte Regionale Stützpunktlager (R.) einrichtete und im Übrigen den Teilehandel selbst übernahm. Bei einigen dieser Unternehmen handelt es sich um
ehemalige Vertragshändler, die bereits unter der Geltung der zuvor geschlossenen Händlerverträge eine Großhandelsfunktion für X-Ersatzteile wahrgenommen
hatten. Die Klägerin erhielt kein Vertragsangebot für einen R.-Vertrag.
Die Klägerin hat gemeint, dass die betroffenen Teile-Vertriebshändler und so auch sie selbst zum Zeitpunkt der Kündigung des Händlervertrages zum 30.09.2003 das
Teilegeschäft verloren hätten und entsprechende Lagervolumina an X-Originalersatzteilen, die dort noch vorhanden gewesen seien, zwangsläufig nicht im
(fortgeführten) reinen Werkstattgeschäft (als X-Servicepartner) an Endkunden abgesetzt („verbaut“) werden konnten. Bezüglich dieser Teile, bei denen auch ein
/
anderweitiger Verkauf nicht möglich gewesen sei, hat sie nach Verweigerung des Teilerückkaufs durch die Beklagte die Zahlung des Verkaufspreises zunächst in Höhe
von 853.921,09 EUR zzgl. MWSt. Zug um Zug gegen Übernahme der Teile verlangt. In der Folgezeit hat sie ihren Lagerbestand reduzieren können.
Die Klägerin hat behauptet, die Bezugsrichtzahlen hätten die Abnahmeverpflichtung an X-Ersatzteilen gegenüber der Beklagten festgelegt. Auch für den
Wiederverkauf an ... seien ihr Umsatzziele mit X-Ersatzteilen vorgegeben worden (Anlage K 8), die sie durchzusetzen und entsprechend Teile auf Lager zu halten
hatte. Sie hat mit der Klage Rücknahme von Ersatzteilen verlangt, die gemäß ihrer Behauptung nur ihrer Großhandelstätigkeit zuzuordnen seien. Diese Teile seien
auf dem freien Teilemarkt unverkäuflich und würden allenfalls noch mit „Schrottwert“ bedient werden. Ferner hat die Klägerin Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten
gefordert.
Sie hat beantragt,
(1)
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 508.946,52 EUR nebst 8% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16. April 2004 zu zahlen, Zug um Zug gegen
Herausgabe und Übereignung der Original-Ersatzteile der Marke X, die in der beigefügten Liste mit der Überschrift „Teilerückgabe Z GmbH & Co. KG“ aufgeführt sind;
(2)
festzustellen, dass sich die Klägerin mit der Rücknahme des Teilelagers der Beklagten gemäß der beigefügten Liste mit der Überschrift „Teilerückgabe Z GmbH & Co.
KG“ mit einem Gesamtwert von 508.946,52 EUR in Verzug befindet;
(3)
die Beklagte zu verurteilen, weitere 2.383,68 EUR an die Klägerin zu zahlen nebst 8% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 18.08.2006.
Die Beklagte hat gemeint, ein Anspruch auf Rücknahme von Ersatzteilen nach Art. 7.1 der Zusatzbestimmungen zum Händlervertrag bestehe nicht. Die Klägerin sei
auch nicht verpflichtet gewesen, für diejenigen X-Ersatzteile, die nicht zum „Verbau“ im Rahmen ihres Werkstattgeschäfts bestimmt waren, einen Ersatzteile-
Lagerbestand zu unterhalten. Der Klägerin sei ferner der Teilehandel nicht durch die Beendigung des Händlervertrages entzogen worden. Sie habe die Teile nach dem
30.09.2003 weiterverkaufen können.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte sei weder aus dem früheren Händlervertrag noch nach allgemeinen
Rechtsgrundsätzen verpflichtet, X-Teile von der Klägerin zurück zunehmen, die diese zum Zwecke des Wiederverkaufs im Großhandel erworben hat. Der Vertrag
enthalte in Art. 7 eine Regelung für den Rückkauf von Teilen durch die Beklagte, wenn der Vertrag auf ihre Veranlassung beendet wird. Eine solche
Vertragsbeendigung liege aber nicht vor. Formal habe der Vertrag zwar geendet, er sei aber einvernehmlich in Form zweier neuer Verträge fortgesetzt worden, die
das Spektrum des früheren Vertrags abgedeckt hätten. Im Übrigen gebe es auch unter den jetzt bestehenden Verträgen kein rechtliches Verbot des
(Großhandels-)Vertriebs von Teilen. Die Klägerin hätte deshalb in der Zeit seit 2003 die bei ihr lagernden Teile vertreiben können, was sie auch getan habe. Ihr sei
auch nicht ein seit langem zugestandener Geschäftszweig genommen worden. Dieser Geschäftszweig sei nicht Inhalt des Händlervertrages gewesen. Der
Händlervertrag sei primär allein auf den Vertrieb von Kraftfahrzeugen und daran anknüpfend (nur) ergänzend und unterstützend auch auf den Vertrieb von Teilen
gerichtet gewesen. Der Händlervertrag mit seinem zugehörigen Regelwerk erfasse den alleinigen und gesonderten Vertrieb von X-Teilen an Werkstätten nicht. Die
Vertragshändlerin habe nur bei Gelegenheit dieses Vertrages einen völlig davon zu unterscheidenden eigenen Betrieb - Vertrieb von Ersatzteilen an Werkstätten etc. -
aufgezogen. Die Beklagte habe den Großhandel auch nicht in einer Form gebilligt und geduldet, dass daraus auf eine konkludente Aufnahme in den Vertriebsvertrag
geschlossen werden könnte. Die Klägerin habe zwar ursprünglich betont, dass die Beklagte Anreize für das Teilegeschäft versprochen und einseitig Zielvorgaben
gesetzt habe. Das könne so verstanden werden, dass die Beklagte konkludent den Teilevertrieb zu einem Teil des vertraglich geregelten Verhältnisses gemacht habe.
Dem stehe jedoch der Vortrag der Beklagten entgegen, dass die Erreichung oder Nichterreichung der Zielvorgaben keine Folgen gehabt hätten. Vielmehr sei das
Rabattsystem schlicht an der Höhe des jeweiligen Umsatzes orientiert gewesen. Der von der Klägerin verfolgte Anspruch könne auch nicht auf den allgemeinen
Grundsatz für die Rücknahmeverpflichtung aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gestützt werden. Zentraler Ausgangspunkt der Rücknahmepflicht des
Unternehmers sei die Depotabrede im Eigenhändlervertrag. Diese erfasse aber nur die für den Werkstattbetrieb erforderlichen Teile, nicht die für einen ausgedehnten
Großhandel. Diesen Großhandel habe die Klägerin „bei Gelegenheit“ des Händlervertrages, nicht aber in seinem Rahmen als Geschäft betrieben. Wegen der
Einzelheiten der Begründung wird auf das angefochtene Urteil verwiesen (Bl. 268 bis 280 d. A.).
Gegen das am 12.07.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27.07.2007 Berufung eingelegt und diese mit am 12.09.2007 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Die Klägerin meint, sie habe auf der Grundlage des vertraglichen Rückkaufsanspruchs in Artikel 7.1 der Zusatzbestimmungen zum früheren X-Händlervertrag, der
zum 30.09.2003 beendet worden sei, Anspruch auf Rückkauf der auf Lager befindlichen Ersatzteile. Sie bezieht sich dabei auf die Entscheidung des
Bundesgerichtshofes vom 18.07.2007 (NJW-RR 2007, 1697 = WRP 2007, 1210). Hieraus folge, dass sie ohne jede Differenzierung zwischen auf ihre
Vertragshändlertätigkeit und auf die Großhändlertätigkeit entfallenden Teilen einen Rückkaufsanspruch habe. Der Bundesgerichtshof habe klargestellt, dass bei
Fortführung einer Vertragsbeziehung/Geschäftsverbindung der Teile-Rückkaufsanspruch (nur) dann nicht bestehe, wenn ein in Vollzug eines Händlervertrages
angelegtes Ersatzteillager auch weiterhin in vollem Umfang sinnvoll und die Verwertung eines solchen (Ersatzteillagers) ohne Einschränkungen möglich sei. Der
Aufbau ihres (der Klägerin) Lagerbestandes sei in konkreter Anwendung des zum 30.09.2003 gekündigten X-Händlervertrages erfolgt. Die im Teile-
Großhandelsgeschäft praktizierten jährlichen Zielzahlen seien zwischen der Beklagten und ihren Händlern besprochen und ausgehandelt worden. Dabei sei nicht
zwischen Abnahmemengen für das eigene Werkstattgeschäft und das Großhandelsgeschäft unterschieden worden. Es könne dahinstehen, ob sie mit eingelagerten
Teilen noch wettbewerbsfähig gegenüber der Beklagten sei, jedenfalls sei der Umstand des seit dem 01.10.2003 bestehenden Wettbewerbs (Eigenvertrieb der
Beklagten mittels R.) ein Fakt, und die Beklagte wäre sicherlich nicht in den Wettbewerb zu ihren vormalig teilevertriebsorientierten Händlern getreten, wenn sie sich
dazu nicht zumindest ein eigenes lukratives Teilegeschäft versprochen hätte.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei ein Händler bei jeglicher Funktionsänderung in der weiteren Zusammenarbeit einschränkungslos und ohne
Differenzierung berechtigt, Teile zurückzugeben.
Ihre Forderung auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten erweitert die Klägerin in der Berufungsinstanz.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 11.07.2007 - 3/13 O 142/06 -
1.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 508.946,52 EUR nebst 8% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16. April 2004 zu zahlen, Zug um Zug gegen
Herausgabe und Übereignung der Original-Ersatzteile der Marke X, die in der beigefügten Liste mit der Überschrift „Teilerückgabe Z GmbH & Co. KG“ aufgeführt sind;
2.
festzustellen, dass sich die Klägerin mit der Rücknahme des Teilelagers der Beklagten gemäß der beigefügten Liste mit der Überschrift „Teilerückgabe Z GmbH & Co.
KG“ mit einem Gesamtwert von 508.946,52 EUR in Verzug befindet;
3.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 4.109,80 EUR nebst 8% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 18.08.2006 aus 2.383,68 EUR und 5% Zinsen aus
1.726,12 EUR seit 21.09.2007 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts und vertritt darüber hinaus die Auffassung, dass der Klägerin ein Teilerückkaufanspruch schon wegen der Fortsetzung des
Vertragshändlerverhältnisses nicht zustehe. Art. 7 der Zusatzbestimmungen des Händlervertrages komme auf den Ersatzteilgroßhandelsbestand ohnehin nicht zur
Anwendung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatbestandlichen Feststellungen in dem landgerichtlichen Urteil sowie die in der
Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
II.
/
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Das Landgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Teilerückkauf verneint.
1.) Der Klägerin steht ein Anspruch aus Artikel 7.1 der Zusatzbestimmungen zum Händlervertrag ( K 1 ) schon dem Grunde nach nicht zu.
a) Ein Anspruch auf Teilerücknahme aus Art. 7.1 besteht nicht, weil das zwischen den Parteien bestehende Vertragshändlerverhältnis nicht im Sinne dieser Klausel
beendet worden ist. Zwar setzt Artikel 7.1 der Zusatzbestimmungen seinem Wortlaut nach für das Entstehen eines Rückkaufanspruchs lediglich die „Beendigung
dieses Vertrages“ voraus. Setzen die Parteien ihre Geschäftsbeziehung aber - wie hier - im Rahmen eines neuen Vertragshändlervertrages nahtlos fort, so bedarf es
einer den Interessen beider Parteien gerecht werdenden einschränkenden Auslegung der Klausel unter Berücksichtigung von deren Sinn und Zweck. Auch eine vom
Wortlaut her eindeutig erscheinende Vertragsklausel kann nach §§ 133, 157 BGB der (ergänzenden) Auslegung bedürfen, wenn eine Situation auftritt, an die die
Vertragsparteien nicht gedacht haben, die sie aber andernfalls geregelt hätten. Die Auslegung orientiert sich dann an dem wirklichen Willen sowie Treu und Glauben.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind Kfz-Hersteller - gegebenenfalls auch allein infolge nachvertraglicher Treuepflicht - zur Rücknahme eines
Waren- und Ersatzteillagers verpflichtet ist, soweit der Vertragshändler es aufgrund entsprechender Veranlassung durch den Hersteller unterhalten musste und ohne
Beendigung der vertraglichen Beziehungen noch verwenden könnte (BGHZ 54, 338, 343 ff.; BGH NJW 1995, 524, 525).
Schließt sich unmittelbar im Anschluss an einen beendeten Vertragshändlervertrag ein neuer Vertragshändlervertrag an und führen die Parteien das
Vertragsverhältnis damit im Wesentlichen unverändert fort, so fehlt es am Wegfall der weiteren Nutzungs- und Amortisationsmöglichkeiten und besteht kein Anlass
für einen Rückkauf, weil der Händler die Ersatzteile nach wie vor verwenden und verkaufen kann. Zweifellos hätten deshalb verständige Parteien den Fall, dass es aus
Anlass einer Gesetzesänderung (d. h. im Falle der Prozessparteien im Zusammenhang mit dem Erlass einer neuen GVO) zur Beendigung des Vertragsverhältnisses
kommt, sogleich aber ein dem bisherigen Vertragsverhältnis entsprechender Neuvertrag zwischen den selben Vertragsparteien geschlossen wird, von der Ersatzteil-
Rücknahmepflicht ausgenommen (so auch OLG Frankfurt am Main, 21. Zivilsenat, Urteil vom 05.04.2006 - 21 U 10/05).
b) Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Klägerin sich bis zur Beendigung des ersten Vertrages zusätzlich zu ihrer Tätigkeit als Vertragshändler als
Teilegroßhändlerin betätigt hat und der Teilegroßhandel infolge der Umstrukturierung entfallen ist.
aa) Ohne Erfolg bezieht sich die Klägerin zur Rechtfertigung des geltend gemachten Anspruchs auf das Urteil des Bundesgerichtshofs v. 18.07.2007 (NJW -RR, 2007,
1697). Aus dieser Entscheidung - der ein völlig anderer Sachverhalt zugrunde liegt - ergibt sich nicht, dass einem Vertragshändler in jedem Fall eines
„Funktionsverlustes“ ein Anspruch auf Teilerückgabe zusteht. Aus der Entscheidung folgt lediglich, dass ein - nach dem Wortlaut der Vertragsklausel zweifelsfrei
bestehender - Rückgabeanspruch nicht deshalb entfällt, weil die Parteien nach Kündigung des Vertragshändlervertrags auf der Basis eines Service -Partner Vertrags
weiter zusammenarbeiten. In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall lagen demnach die vertraglich vorgesehenen Voraussetzungen für einen
Teilerückgabeanspruch vor und ging es allein um die Frage, ob wegen der besonderen Umstände des Sachverhalts eine einschränkende Auslegung der
Vertragsklausel geboten ist. Im vorliegenden Fall liegen die vertraglichen Voraussetzungen - Beendigung des Vertragshändlervertrags - gerade nicht vor, so dass es
um die Frage geht, ob wegen des Wegfalls des Teilegroßhandels eine erweiternde Auslegung der Rückgabeklausel geboten ist.
bb) Diese Frage ist zu verneinen. Es fehlt nicht nur an einer wirklichen Beendigung des Vertragshändlerverhältnisses. Eine entsprechende Anwendung der bei einer
Vertragsbeendigung geltenden Rückgabeklausel kommt vor allem deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin hinsichtlich der für den Großhandel bestimmten
Ersatzteile keine Depotpflicht traf.
Die aus einer vertraglichen Bestimmung oder der allgemeinen nachvertraglichen Treuepflicht erwachsende Pflicht des Herstellers, die Vertragswaren und Ersatzteile
zurückzunehmen, die sich bei Vertragsbeendigung im Lager des Händlers befinden, ist das Korrelat zu der dem Vertragshändler vertraglich in aller Regel auferlegten
Verpflichtung, ein Lager einzurichten und fortlaufend zu unterhalten (Depotpflicht). Deshalb besteht ein Rückkaufanspruch grundsätzlich nur im Umfang der
Depotpflicht. Denn insoweit kann der Vertragshändler nicht nach eigenem Ermessen über sein Lagerrisiko entscheiden (Kleinmann/Siegert, BB 2006, 785, 786). Der
Anspruch auf Rücknahme umfasst deshalb grundsätzlich nur die Ware, die unter die Depotpflicht fällt (OLG Düsseldorf, Urteil v. 28.02.2007, VI U (Kart) 22/06, juris).
c) Dem lässt sich im vorliegenden Fall nicht entgegenhalten, die Klägerin habe ohnedies keine Depotpflicht getroffen, gleichwohl enthalte der Vertrag eine
Rücknahmeklausel. Auch wenn in dem zugrundeliegenden Vertragshändlervertrag kein nach Mengen und Stückzahlen festgelegtes Depot vereinbart war, umfasste
die Verpflichtung der Klägerin diejenigen Ersatzteile, die sie zum Service und zur Instandhaltung der X-Fahrzeuge ihrer Kunden benötigte. Insoweit war die Klägerin
als Vertragshändlerin gemäß Ziffer 2.2 des Händlervertrages verpflichtet, aktiv und wirkungsvoll Kraftfahrzeuge und X-Teile zu vertreiben und eine Service- und
Ersatzteil-Organisation zu unterhalten, mit der sie den gesamten Servicebedarf der Kunden decken, Kunden prompten, leistungsfähigen, zuvorkommenden und
qualifizierten Service anbieten und Kraftfahrzeuge auf Anhieb instand setzen konnte (Ziffer 2.4.4.1). Ausdrücklich heißt es in der Anlage „Servicebestimmungen zum
Händlervertrag für Vertrieb und Service“ Teil 4, Ziffer 7 Absatz 4: „Der Vertragshändler unterhält einen Lagerbestand an X-Teilen, der ausreicht, um den
Kundenerwartungen gerecht zu werden und Service zu Gewährleistungs-, Garantie- und Kulanzmaßnahmen durchführen zu können.“ In diesem Umfang traf die
Klägerin eine Lagerhaltungspflicht, deren Zweck bei einer Beendigung des Vertragshändlervertrages entfallen wäre und einen Teilerückgabeanspruch ausgelöst hätte.
d) Im Bereich Teilegroßhandel fehlt eine vergleichbare Depotpflicht. Die Vorhaltung eines entsprechenden Lagers erfolgte nicht zur Erfüllung einer vertraglichen
Verpflichtung, sondern ergab sich aus der Entscheidung der Klägerin, als Großhändler tätig zu werden. Die Klägerin ist insoweit im Rahmen eines vom
Vertragshändlerverhältnis zu unterscheidenden eigenständigen Geschäftszweigs tätig geworden. Wenn die Beklagte diesen Geschäftszweig mit Rabatten, Boni und
Vorzugskonditionen förderte und Jahresziele vorgab, war dies auch für die Klägerin von Vorteil. Die Bemühungen der Beklagten kamen auch ihrer Geschäftstätigkeit
als Großhändler zugute und ermöglichten ihr Umsätze, die sie bei einer Beschränkung auf die reine Vertragshändlertätigkeit nicht hätte erzielen können. Im Umfang
dieser Tätigkeit bestand für die Klägerin aber keine Depot- und - spiegelbildlich - für die Beklagte keine Rücknahmepflicht. Denn die Klägerin konnte frei entscheiden,
ob sie neben ihrer Vertragshändlertätigkeit Großhändlerin sein wollte, und nach eigenem Ermessen das Lagerrisiko abschätzen. Zwar mag sich aus dieser Tätigkeit
ein Zwang zur Lagerhaltung in einem Umfang ergeben haben, der über die Depotpflicht eines Vertragshändlers hinausgeht. Dieses Risiko ist die Klägerin aus freien
Stücken eingegangen, um die geschäftlichen Vorteile einer Großhandelstätigkeit nutzen zu können. Insoweit unterscheidet sich die Klägerin nicht von jedem anderen
Händler, der auf eigenes Risiko angeschaffte Vertragsware nach Beendigung der Geschäftsbeziehung zum Hersteller in der Regel auch nicht an diesen zurückgeben
kann. Die Lagerhaltung zum Zwecke des Teilegroßhandels unterlag nach allem ihrem unternehmerischen Risiko und entsprang keiner vertraglichen Pflicht. Der
Vertragshändler soll aber nur die Folgen seiner vertraglichen Verpflichtung gegenüber dem Hersteller, nicht auch das Risiko darüber hinausgehender eigener
unternehmerischer Entscheidungen auf diesen abwälzen können (BGH ZIP 2005, 1785).
e) Auch eine Interessenabwägung gebietet keine andere Entscheidung. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Chancen für einen Ersatzteilverkauf an
Wiederverkäufer nach Umstellung der Vertriebsstruktur durch die Beklagte nicht voll ständig entfallen sind. Bis zur Einführung der R. waren 12 ... zum Bezug ihrer
Ersatzteile über die Klägerin verpflichtet, während sie im Übrigen beliebige Händler und freie Werkstätten belieferte. Der Teilevertrieb an Vertragshändler und ...
machte bis etwa 2003 rund ein Drittel des gesamten Großhandelsumsatzes aus. Die Belieferung der ... ist nur zum Teil entfallen, da die Klägerin auch nach dem
30.09.2003 ihre Lieferbeziehung zu sechs früheren A. S (seitdem ...-Betriebe) fortgesetzt hat. Auch die sonstigen Abnehmer kann die Klägerin weiterhin beliefern.
Tatsächlich ist es der Klägerin auch gelungen, den Teilebestand nach Vertragsbeendigung erheblich ab zubauen, da sie seit ihrer Aufforderung zur Rücknahme vom
19.03.2004 (Anlage K 12) ihren Lagerbestand (zunächst mit Bestandswert von 853.921,09 EUR) bis zur Klageeinreichung um fast die Hälfte (452.376,00 EUR)
reduziert hat. Zwar mag die Absatzmöglichkeit eingeschränkt sein, weil die Beklagte zur unmittelbaren Belieferung übergegangen ist. Damit realisiert sich aber nur
ein Geschäftsrisiko, das jeden anderen Großhändler bei Beendigung seiner geschäftlichen Beziehungen zu einem Hersteller ebenso treffen würde.
f) Eine andere Auslegung des Händlervertrages ist auch nicht deshalb geboten, weil die Beklagte im Schriftsatz vom 20.04.2007 ausgeführt hat: „Dementsprechend
bezieht sich die Rücknahmeverpflichtung des Art. 7 der Zusatzbestimmungen von vorneherein nur auf solche Ersatzteile, die der Händler im Sinne einer
ordnungsgemäßen Vertragserfüllung - d. h. im Rahmen des Werkstattgeschäfts und ggf. für die Belieferung seiner angeschlossenen ...-Betriebe - beschaffte“ (Bl. 144
d. A.). Die Klägerin leitet daraus ein „prozessuales Anerkenntnis“ der Beklagten her, dass die vertragliche Rücknahmepflicht auch die zur Belieferung von ...-Betrieben
vorgehaltenen Lagerbestände umfasse. Ein prozessuales Anerkenntnis im Sinne von § 307 ZPO ist in diesem Vortrag der Beklagten jedoch nicht zu sehen. Auch eine
das Gericht bindende übereinstimmende Auslegung des Händlervertrages durch beide Parteien liegt nicht vor. Die Beklagte hat vielmehr schon durch den Zusatz
„gegebenenfalls“ („ggf.“) offen gelassen, ob Art. 7 der Zusatzbestimmungen in diesem Sinne auszulegen ist, da sie an dieser Stelle ihres Schriftsatzes nicht die
genannte Auslegungsproblematik, sondern die Frage behandelt hat, in welchem Umfang die Klägerin Ersatzteile auf Lager halten musste. Überdies hat die Beklagte in
diesem Schriftsatz an anderer Stelle (etwa auf Seite 2 = Bl. 136 d. A.) die Ansicht vertreten, dass Art. 7 der Zusatzbestimmungen für die Rücknahme von
Ersatzteilen, die nicht für das Werkstattgeschäft bestimmt waren, gerade nicht einschlägig sei.
/
Der Senat braucht nicht zu entscheiden, inwieweit ein Rückkaufanspruch aus Art. 7.1 bei tatsächlicher Vertragsbeendigung auch die Großhandelsteile erfassen würde,
weil die Vertragsklausel für diesen Fall keine Unterscheidung trifft. Jedenfalls ergibt sich der Anspruch nicht aus allgemeiner „nachvertraglicher Treupflicht“ bei
„Funktionswegfall“.
2.) Ebenso wenig steht aber der Klägerin ein Rückkaufanspruch unabhängig von einer ausdrücklichen vertraglichen Abrede aus nachvertraglicher Treuepflicht des
Herstellers (BGH WRP 2007, 1210, 1213 Rz. 26) zu. Ein derartiges Recht des Händlers setzt voraus, dass mit der Beendigung des Händlervertrages Sinn und Zweck
einer dem Händler vom Hersteller auferlegten Lagerhaltung entfallen sind und dem Händler im Allgemeinen eine Veräußerung des Lagerbestandes nicht mehr
zumutbar sein wird, weil sie unter völlig veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen erfolgen müsste und für den Händler entweder nicht mehr möglich oder jedenfalls
mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden ist (BGHZ 54, 338, 342 f.; BGH WRP 2007, 1210, 1213 f. Rz. 27). Wie oben ausgeführt, fehlt es im Streitfall
aber sowohl in Bezug auf den am 30.09.2006 vorhandenen Lagerbestand an einer Beendigung des Großhändlerverhältnisses als auch an einer
Lagerhaltungsverpflichtung.
3.) Aber selbst wenn man entgegen alledem einen Rückkaufanspruch grundsätzlich bejahen wollte, wäre dieser - wegen Fortsetzung des Vertragsverhältnisses im
Übrigen - auf die den Großhandel betreffenden Teile beschränkt. Die Klägerin hat aber auch mit der Berufungsbegründung nicht schlüssig dargelegt, woraus sich
ergibt, dass es sich bei den in der Anlage K18 aufgeführten Ersatzteilen um solche Teile handelt.
4) Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Für gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 ZPO). Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch weicht der
Senat von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs ab. Der Senat hat vielmehr nur anerkannte Rechtsgrundsätze im
Einzelfall angewandt.

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