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P.

Biro
D. Vagts
U. Emmig
T. Pasch

Anästhesie bei seltenen Erkrankungen


P. Biro
D. Vagts
U. Emmig
T. Pasch

Anästhesie bei
seltenen Erkrankungen
4., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage

123
PD Dr. med. Peter Biro, DEAA Prof. Dr. med. Thomas Pasch, FRCA
Universitätsspital Zürich Sennhofstr. 92
Institut für Anästhesiologie CH-8125 Zollikerberg
Rämistr. 100 E-Mail: t.pasch@bluewin.ch
CH-8091 Zürich
E-Mail: peter.biro@usz.ch Prof. Dr. med. habil. Dierk A. Vagts, MSc., DEAA, EDIC
Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin
Dr. med. Uta Emmig Notfallmedizin, Schmerztherapie, Palliativmedizin
Ospedale Castelli Krankenhaus Hetzelstift
Via Fiume 18 Stiftstr. 10
I-28922 Verbania 67434 Neustadt/Weinstraße
E-Mail: uta.emmig@yahoo.com E-Mail: d.vagts@new.marienhaus-gmbh.de

ISBN-13 978-3-642-01046-0 Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York

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Planung: Dr. Anna Krätz, Heidelberg


Projektmanagement: Claudia Bauer, Heidelberg
Lektorat: Maria Schreier, Laumersheim
Satz: Fotosatz-Service Köhler GmbH – Reinhold Schöberl, Würzburg
Layout und Umschlaggestaltung: deblik Berlin
Umschlagbild: © Shear / SPL / Agentur Focus
SPIN: 12543618

Gedruckt auf säurefreiem Papier 22/2122/cb – 5 4 3 2 1 0


V

Vorwort zur 4. Auflage


Das diesem Nachschlagewerk zugrunde liegende Prinzip der Sammlung und Aufarbeitung
der neuesten Literatur über seltene Erkrankungen und Syndrome und deren Relevanz für
anästhesiologische Belange macht es erforderlich, den Inhalt in regelmäßigen Zeitabständen
aufzufrischen und zu ergänzen. Es ist daher mehr als verständlich, dass seit der letzten Auf-
lage von 2004 eine solche Revision fällig wurde. Hierfür wurden ca. 1.250 neuere Literatur-
stellen aus den letzten 5 Jahren erfasst, wofür sich in erster Linie Prof. Dierk Vagts und seine
Mitarbeiter hervorgetan haben. Dieses nicht unerhebliche Material wurde von uns gesichtet,
ausgewertet und in das Buch eingearbeitet. Die Auswertung und Verarbeitung der neueren
Publikationen hat rund ein Jahr in Anspruch genommen, so dass die Aktualität der berück-
sichtigten Literatur nur bis etwa ein Jahr vor dem Erscheinungsdatum dieser Auflage zurück-
reicht. Die ausgewerteten Referenzen sind jeweils am Ende der einzelnen Abschnitte auf-
geführt. Wie in den früheren Auflagen haben wir darauf verzichtet, im Text unmittelbar auf
die Referenzen hinzuweisen, da dies den Lesefluss behindert und das direkte Verweisen auf
Literaturstellen von eher nachrangiger Bedeutung ist. Im Rahmen der Bearbeitung der be-
reits vorhandenen Kapitel haben wir ältere Literatur teilweise wieder entfernt, es sei denn, es
handelt sich um grundlegende, sehr ausführliche und explizit anästhesiologisch relevante
Arbeiten, die nach wie vor Gültigkeit haben und nicht durch jüngere Nachfolgepublikationen
überflüssig geworden sind.
In der Überarbeitung der bereits vorhandenen Kapitel wurden neue Details zu den jewei-
ligen Krankheitsbildern, neue Erkenntnisse zum anästhesiologischen Vorgehen und generel-
le Anpassungen an den aktuellen Stand des anästhesiologischen Wissens und der üblichen
Praxis eingefügt. Der Leser sollte sich jedoch bewusst sein, dass medizinische Erkenntnisse zu
seltenen Erkrankungen logischerweise selten und wahrscheinlich unvollständig sind. Ziel
unserer Auswertung war es, die Essenz der einzelnen Kasuistiken, in denen bestimmte – und
keinesfalls alleinig geeignete oder richtige – Vorgehensweisen beschrieben sind, zu vermitteln.
Über die Beschreibung kann auf mögliche oder geeignete Vorgehensweisen geschlossen wer-
den; eine Garantie, dass dies die jeweils einzige oder einzig richtige Methodik ist, kann nicht
gegeben werden. Oftmals beruhen unsere Schlussfolgerungen auf krankheitsspezifischen pa-
thophysiologischen Zusammenhängen, auf Verwandtschaften und Ähnlichkeiten zwischen
Erkrankungen und nicht zuletzt auch auf Plausibilitätsannahmen. Naturgemäß ist auch ein
Gutteil persönlicher Erfahrung und Einschätzung der jeweiligen Autoren in die anästhesiolo-
gischen Schlussfolgerungen miteingeflossen. Dieser Limitation sollte sich jeder Leser und v. a.
jeder praktische Anwender dieses Werks bewusst sein. Bei kritischen Fragestellungen ist auch
zu empfehlen, die zitierten Publikationen selbst zu lesen.
In dieser 4. Auflage sind mehr als ein Dutzend neue Kapitel hinzugekommen, basierend
auf neuer Literatur zu diesen Erkrankungen, die erstmals erschienen ist.
Eine wichtige Ergänzung ist der erweiterte »Index der Syndrome«. In diesem sind sämt-
liche im Text erwähnten Erkrankungen alphabetisch aufgelistet, sowohl solche, die in einem
eigenen Kapitel abgehandelt werden, als auch solche, die nur unter den Begriffen »Synonyme«,
»Differenzialdiagnosen« oder »Verwandte Formen« erwähnt sind. Die Index-Auflistung er-
möglicht einen wesentlich breiteren Zugang zu nützlichen Informationen über seltene Erkran-
kungen als die Auflistung in einem Inhaltsverzeichnis. Im Anschluss an die jeweilige Krank-
heitsbezeichnung wird im Index auf diejenigen Kapitel verwiesen, in denen der gesuchte Be-
griff erwähnt wird. Allerdings gilt die Einschränkung, dass es sich bei ausschließlicher
VI Vorwort zur 4. Auflage

Erwähnung der Erkrankung im Rahmen eines anderen Kapitels überwiegend um »verwandt-


schaftliche« Ähnlichkeiten zum »Heimatkapitel« handelt, und dass Analogien und Parallelen
zum anästhesiologischen Vorgehen nur mit Vorsicht und ggf. nach eigener Quellenrecherche
anzunehmen sind. Aber auch schon die Erwähnung kann einen Hinweis in die richtige Rich-
tung geben und somit die Suche nach verwertbaren Informationen bündeln, denn oft ist bei
sehr seltenen Syndromen nichts anderes als die eine oder andere Analogie vorhanden.
Da der Inhalt dieses Buchs nur jenes Material reflektiert, zu dem überhaupt anästhesiolo-
gisch verwertbare Literatur existiert, ist es nur natürlich, dass viele seltene Erkrankungen mit
Anästhesierelevanz unerwähnt bleiben. Umso mehr möchten wir praktisch tätige Anästhesis-
ten ermutigen, ihre eigenen Erfahrungen mit seltenen Fällen sorgfältig zu dokumentieren und
in der Fachpresse zu veröffentlichen. Nur dann können wir bei künftigen Auflagen die noch
allzu vielen »weißen Flecken« auf dieser gewaltigen Landkarte verkleinern. Ihnen gilt unser
Dank im Voraus, ebenso wie im Nachhinein den freundlichen und fleißigen Helfern bei der
Quellenbeschaffung sowie den Mitarbeiterinnen des Springer Verlags, allen voran Frau
Dr. Anna Krätz und Frau Claudia Bauer für ihre kontinuierliche Ermutigung und verständ-
nisvolle Unterstützung bei der Erstellung dieses Werks.

Zürich, im November 2010 Peter Biro


Dierk Vagts
Uta Emmig
Thomas Pasch
VII

Inhaltsverzeichnis
Index der Syndrome. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI

Aarskog-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
Achondroplasie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
Addison-Krankheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
Adrenogenitales Syndrom (AGS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
Akrofaziale Dysostosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Akute Porphyrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Albers-Schönberg-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Alkaptonurie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
Alpha-1-Antitrypsin-Mangel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
Amyloidpolyneuropathie vom Typ 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
Amyotrophische Lateralsklerose (ALS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Angelman-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Angioödem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Apert-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
Arnold-Chiari-Malinformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
Arthrogrypose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
Aspirinunverträglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
Atypische Cholinesterase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Axenfeld-Rieger-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

Basedow-Krankheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
Bechterew-Krankheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Brugada-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

Charcot-Marie-Tooth-Hoffmann-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
CHARGE-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
Cherubismussyndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
Chromosomale Aberrationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
Chronisches familiäres Granulomatosesyndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
Churg-Strauss-Syndrom (CSS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Cohen-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
Conn-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
Cornelia-de-Lange-Syndrom I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
Crigler-Najjar-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
Crouzon-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
Curschmann-Batten-Steinert-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
Cushing-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

Dermatomyositis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
Dévic-Syndrom (Neuromyelitis optica) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
Down-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
Duchenne-Muskeldystrophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
VIII Inhaltsverzeichnis

Ebstein-Anomalie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
EEC-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
Ehlers-Danlos-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
Eisenmenger-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
Epidermolysis bullosa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
Eulenburg-Krankheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

Familiäre periodische Lähmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76


Freeman-Sheldon-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
Friedreich-Ataxie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
Fruchtwasserembolie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
Fruktoseintoleranz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

Gaucher-Krankheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
Glykogenosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
Goldenhar-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
Gordon-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
Grey-Platelet-Syndrom (GPS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
Guillain-Barré-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

Hallermann-Streiff-François-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
Hämolytisch-urämisches Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
Hecht-Beals-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
HELLP-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
Heparin-induzierte Thrombozytopenie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
H-H-H-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
Hippel-Lindau-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
Holt-Oram-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
Hunter-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
Huntington-Chorea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
Huntington-Krankheit im Kindesalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
Hurler-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
Hypereosinophiliesyndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
Hyperexzitabilitätssyndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
Hyperimmunglobulin-E-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
Hyperparathyreoidismus (HPT) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
Hypoparathyreoidismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
Hypothyreose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

Idiopathisches Hypoventilationssyndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

Jervell-Lange-Nielsen-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

Karnitinmangelsyndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
Kartagener-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
Karzinoidsyndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
Kawasaki-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
IX
Inhaltsverzeichnis

Kieferbogensyndrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
King-Denborough-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
Klippel-Feil-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
Kongenitales adrenogenitales Syndrom (kAGS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
Kongenitale Stäbchenmyopathie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
Kongenitale Trismussyndrome (KTS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
Kugelberg-Welander-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

Lambert-Eaton-Rooke-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
Larsen-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
Leigh-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
Lesh-Nyhan-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148
Leukodystrophien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149
Long-QT-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
Ludwig-Angina . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
Lupus erythematodes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

Maligne Hyperthermie (MH) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155


Malignes neuroleptisches Syndrom (MNS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
Marfan-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
Mastozytose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
McKusick-Kaufman-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
Mediastinale Raumforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164
Melkersson-Rosenthal-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
Menkes-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167
Mitochondriale Myopathie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169
Morquio-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
Moyamoya-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
Multiples Endokrinopathiesyndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
Multiples Pterygium-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
Multiple Sklerose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
Myasthenia gravis pseudoparalytica . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
Myopathiesyndrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
Myositis ossificans progressiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185

Nager-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
Neuronale Ceroidlipofuszinosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188
Noonan-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190

Okulodentale Syndrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192


Omodysplasie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
Osler-Rendu-Weber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194
Osteogenesis imperfecta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196
Ovarienhyperstimulationssyndrom (OHSS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

Pallister-Killian-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
Parkinson-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200
Pätau-Syndrom (Trisomie 13) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202
X Inhaltsverzeichnis

Phäochromozytom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203
Pierre-Robin-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205
Polycythaemia rubra vera . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207
Prader-Willi-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
Präeklampsie/Eklampsie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211
Protein-C-Defizit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212
Proteus-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
Pulmonale Lymphangiomyomatose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215

Recklinghausen-Neurofibromatose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
Rett-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218
Rezidivierende Polychondritis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
Rheumatoide Arthritis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222
Riley-Day-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225

Sichelzellanämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228
Smith-Lemli-Opitz-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231
Sneddon-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232
Soto-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234
Strümpell-Krankheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235
Struma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237
Syringomyelie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238

Takayasu-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
Thalassämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
TRALI-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245
Transurethrales Resektionssyndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247
Treacher-Collins-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

VATER-Assoziation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251

Wiedemann-Beckwith-Combs-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253
Willebrand-Jürgens-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254
Williams-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256
Wilson-Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257
Wolff-Parkinson-White-Syndrom (WPW) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258

Zenker-Divertikel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261
Zentral-anticholinerges Syndrom (ZAS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262
Zystische Fibrose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268
XI A

Index der Syndrome


Aarskog-Scott-Sy → Aarskog-Syndrom Akinetisch-hypokinetisch-rigides Sy → Parkinson-
Aarskog-Sy → Cornelia-de-Lange-Syndrom I; Syndrom
Larsen-Syndrom; Noonan-Syndrom Akrochondrohyperplasie → Marfan-Syndrom
Aase-Sy → Holt-Oram-Syndrom Akrodermatitis enteropathica → Zystische Fibrose
Abderhalden-Kaufmann-Lignac-Sy → Hurler-Syndrom Akromegalie → Cherubismussyndrom; Wiedemann-
Abderhalden-Kaufmann-Sy → Familiäre periodische Beckwith-Combs-Syndrom; Soto-Syndrom
Lähmung Akrosphenosyndaktylie; Akrozephalosyndaktylie →
Abetalipoprotein-Sy → Friedreich-Ataxie Apert-Syndrom
Achard-Thiers-Sy → Adrenogenitales Syndrom (AGS); Aktinomykose → Ludwig-Angina
Kongenitales adrenogenitales Syndrom (kAGS) Akute Appendizitis → Akute Porphyrien;
Achondrodysplasie → Achondroplasie Ovarienhyperstimulationssyndrom (OHS);
Achondrogenesis → Achondroplasie Akute autoimmune Neuropathie; Akute entzündliche
Achondrogenesis, Osteogenesis imperfecta → demyelinisierende Polyradikuloneuropathie →
Achondroplasie Guillain-Barré-Syndrom
Achor-Smith-Sy → Familiäre periodische Lähmung Akute disseminierte Enzephalomyelitis → Dévic-
ACM Typ I–IV → Arnold-Chiari-Malinformation Syndrom (Neuromyelitis optica)
Activated protein C resistance (APCR) → Protein-C- Akute Enzephalomyelitiden → Multiple Sklerose
Defizit Akute febrile Katatonie → King-Denborough-
Acute infantile hemiplegia [engl.] → Strümpell- Syndrom; Maligne Hyperthermie (MH);
Krankheit Malignes neuroleptisches Syndrom (MNS)
Acute inflammatory demyelinating polyradiculo- Akute intermittierende Porphyrie → Akute Porphyrie
neuropathy (AIDP) [engl.] → Guillain-Barré- Akute Nephritis → Angioödem
Syndrom Akute Polyneuropathien → Guillain-Barré-Syndrom
Adamantinome → Cherubismussyndrom Akute Rückenmarkerkrankungen → Guillain-Barré-
Addison-Biermer-Sy → Addison-Krankheit Syndrom
Addison-Sy → Polycythaemia rubra vera Akutes Abdomen → Akute Porphyrien;
Adipositas-Hyperthermie-Oligomenorrhö-Parotis-Sy Ovarienhyperstimulationssyndrom (OHS)
(AHOP) → Prader-Willi-Syndrom Albers-Schönberg-Erkrankung → Achondroplasie
Adiposogynandrismus → Prader-Willi-Syndrom Albright-Hadorn-Sy → Familiäre periodische
Adiposohypogenitales Sy → Prader-Willi-Syndrom Lähmung; Lambert-Eaton-Rooke-Syndrom;
Adrenaler Hirsutismus → Kongenitales adrenogenita- Myasthenia gravis pseudoparalytica
les Syndrom (kAGS) Alexander-Sy → Leukodystrophien; Multiple Sklerose;
Adrenogenitales-Sy → Cushing-Syndrom; Neuronale Ceroidlipofuszinosen; Wilson-Syndrom
Adrenoleukodystrophie → Leukodystrophien Allergische Diathese → Aspirinunverträglichkeit;
Adynamia episodica hereditaria → Eulenburg-Krank- Angioödem; Angioödem; Fruchtwasserembolie;
heit (Paramyotonia congenita) Hypereosinophiliesyndrom
AEC-Sy → EEC-Syndrom Allergische granulomatöse Angiitis → Churg-Strauss-
Afibrinogenämie → Willebrand-Jürgens-Syndrom Syndrom (CSS)
Aglossie-Adaktylie-Sy → Nager-Syndrom; Allergisches Asthma → Aspirinunverträglichkeit
Pierre-Robin-Syndrom Alpers-Sy → Hyperexzitabilitätssyndrom; Neuronale
Ahornsirup-Krankheit → Wilson-Syndrom Ceroidlipofuszinosen; Wilson-Syndrom
Aids → Hyperimmunglobulin-E-Syndrom; Alpha-1-Proteinase-Inhibitor-Mangel; Alpha-1-anti-
Kartagener-Syndrom trypsin deficiency [engl.] → Alpha-1-Antitrypsin-
Akinetisch-abulisches Sy → Parkinson-Syndrom Mangel
XII Index der Syndrome

Alpha-storage pool deficiency [engl.] → Antesystolie → Wolff-Parkinson-White-Syndrom


Grey-Platelet-Syndrom (GPS) (WPW)
Alpha-Thalassämie → Angelmann-Syndrom Anticholinergic syndrome [engl.] → Zentral-anti-
ALS → Amyotrophische Lateralsklerose (ALS) cholinerges Syndrom (ZAS)
Alveolitis → Aspirinunverträglichkeit Antiphospholipidantikörper-Sy → Protein-C-Defizit
Amaurotische Idiotie → Friedreich-Ataxie; Antithrombindefekte → Protein-C-Defizit
Neuronale Ceroidlipofuszinosen Aortenbogen-Sy → Takayasu-Syndrom
δ-Aminolävulinsäureurie → Akute Porphyrien Aortenisthmusstenose → Takayasu-Syndrom
Amniotic fluid embolism [engl.] → Fruchtwasser- Apathie-Sy → Multiple Sklerose
embolie Apert-Cushing-Sy → Cushing-Syndrom
Amphetaminintoxikation → Fruchtwasserembolie; Apert-Sy → Apert-Syndrom; Arthrogrypose;
HELLP-Syndrom; Präeklampsie/Eklampsie Crouzon-Syndrom; Freeman-Sheldon-Syndrom
Amyloidosen und Polyneuropathien → Amyloidpoly- Apoplexie → Atypische Cholinesterase; Moyamoya-
neuropathie vom Typ 1 Syndrom; Takayasu-Syndrom
Amyopathic dermatomyositis [engl.] → Dermato- Apudome → Karzinoidsyndrom; Mastozytose;
myositis Phäochromozytom
Anaphylaktische Transfusionsreaktion → Arachnodaktylie → Marfan-Syndrom
TRALI-Syndrom ARDS → TRALI-Syndrom
Anaphylaxie nach Oxytocin → Fruchtwasserembolie Arginasedefekt → H-H-H-Syndrom
Anästhetikaüberhang → Idiopathisches Hypoventila- Argininbernsteinsäure-Sy → Menkes-Syndrom;
tionssyndrom Rett-Syndrom
ANCA-assoziierte Vaskulitiden → Churg-Strauss- Argininosuccinatsynthetasedefekt →
Syndrom (CSS) H-H-H-Syndrom
Andersen-Trias → Zystische Fibrose Arias-Sy → Crigler-Najjar-Syndrom
Androgenproduzierende Tumoren → Adrenogenita- Arndt-Gottron-Sy → Hypothyreose
les Syndrom (AGS) Arnold-Chiari-Sequenz → Syringomyelie
Angeborene Herzfehler → Ebstein-Anomalie; Arnold-Chiari-Syndrom → Arnold-Chiari-
Eisenmenger-Syndrom; Williams-Syndrom Malinformation
Angeborene Leberzirrhose → Crigler-Najjar-Syndrom Arrhythmie → Brugada-Syndrom
Angeborene Störung des Elektrolytstoffwechsels → Arteriitis syphilitica → Takayasu-Syndrom
Williams-Syndrom Arteriitis temporalis → Takayasu-Syndrom
Angelman-Sy → Prader-Willi-Syndrom Arteriosklerose der Aorta → Takayasu-Syndrom
Angina Ludovici; Angina maligna → Ludwig-Angina Arthroachalasis multiplex congenita → Ehlers-
Angioleiomyomatosis benigna → Pulmonale Lymph- Danlos-Syndrom (EDS); Marfan-Syndrom
angiomyomatose Arthrodigitales Sy → Larsen-Syndrom
Angiomatosis miliaris → Karzinoidsyndrom Arthrogrypose → Kongenitale Trismussyndrome
Angiomatosis retinocerebellosa → Hippel-Lindau- (KTS)
Syndrom Arthrogryposis multiplex congenita (AMC) →
Angiomyomatose → Pulmonale Lymphangiomyo- Arthrogrypose; Multiple-Pterygien-Syndrom;
matose Gordon-Syndrom
Angioneurotisches Ödem → Angioödem Arthroophthalmopathie-Sy → Larsen-Syndrom
Anhidrosis congenitalis; Anhydrosis hypotrichotica Arzneimittelexanthem → Aspirinunverträglichkeit
→ EEC-Syndrom Ascher-Sy → Angioödem
Ankyloblepharon-Ektodermaldysplasie-Clefting-Sy Askanazy-Sy → Rezidivierende Polychondritis
→ EEC-Syndrom Aspirin induced asthma (AIA) [engl.]; Aspirin triad
Ankylosierende Spondylitis → Bechterew-Krankheit [engl.] → Aspirinunverträglichkeit
Ankylostomiasis → Hypereosinophiliesyndrom Asthenic bulbar paralysis [engl.] → Myasthenia gravis
Anstrengungsasthma → Aspirinunverträglichkeit pseudoparalytica
Index der Syndrome
XIII A–B

Asthma bronchiale → Aspirinunverträglichkeit; Bannister-Krankheit → Angioödem


Rezidivierende Polychondritis; Mediastinale Bannayan-Zonana-Sy → Proteus-Syndrom;
Raumforderungen Soto-Syndrom
Ataxia hereditaria → Mitochondriale Myopathie Bardet-Biedl-Sy → McKusick-Kaufmann-Syndrom
Ataxia teleangiectatica → Hyperimmunglobulin-E- Bartenwerfer-Sy → Achondroplasie
Syndrom Bartholin-Pätau-Sy → Pätau-Syndrom (Trisomie 13)
Ataxie-Ss → Friedreich-Ataxie; Mitochondriale Bartsocas-Papas-Sy → Multiple-Pterygien-Syndrom
Myopathie Bart-Sy → Epidermolysis bullosa
Atemwegsobstruktion durch Fremdkörper → Bartter-Sy → Polycythaemia rubra vera
Mediastinale Raumforderungen Basophiler Hyperpituitarismus → Cushing-Syndrom
Atonisch-sklerotisches Muskeldystrophie-Sy → Batten-Steinert-Deleage-Sy → Curschmann-Batten-
Marfan-Syndrom Steinert-Syndrom
Atopie → Aspirinunverträglichkeit; Atopisches Ekzem Bazex-Sy → Mastozytose
Atrophia musculorum progressiva neurotica sive Bean-Sy → Osler-Rendu-Weber-Syndrom
neuralis → Charcot-Marie-Tooth-Hoffmann- Bechterew-Marie-Strümpell-Krankheit → Bechterew-
Syndrom Krankheit
Atrophia musculorum spinalis pseudomyopathica → Becker-Kiener-Sy → Dermatomyositis;
Kugelberg-Welander-Syndrom Duchenne-Muskeldystrophie
Atrophische (dystrophische) Myotonie; kongenitale Beckwith-Wiedemann-Sy → Wiedemann-Beckwith-
myotone Dystrophieonie → Curschmann-Batten- Combs-Syndrom
Steinert-Syndrom Begbie’s disease [engl.] → Basedow-Krankheit
Atypische Cholinesterase → Duchenne-Muskel- Behr-Sy → Friedreich-Ataxie
dystrophie; Lambert-Eaton-Rooke-Syndrom; Benigne Fruktosurie → Fruktoseintoleranz
Wilson-Syndrom Benigne Leiomyomatose → Pulmonale Lymphangio-
Atypische septische Granulomatose → Chronisches myomatose
familiäres Granulomatosesyndrom; Hyperimmun- Beri-Beri → Amyloidpolyneuropathie vom Typ 1
globulin-E-Syndrom Exsudative Enteropathie → Gordon-Syndrom
Atypische septische Granulomatose mit IgA-Mangel Berlin-Sy → Ehlers-Danlos-Syndrom
→ Kartagener-Syndrom Bernard-Sergent-Sy → Addison-Krankheit
Aurikulo-Osteodysplasie-Sy → Arthrogrypose; Bernard-Soulier-Sy → Grey-Platelet-Syndrom (GPS)
Freeman-Sheldon-Syndrom Berndorfer-Sy → EEC-Syndrom; Goldenhar-Syndrom
Autoimmunerkrankung → Churg-Strauss-Syndrom Berry-Sy → Nager-Syndrom; Treacher-Collins-
(CSS); Lupus erythematodes Syndrom
Austin-Sy → Cornelia-de-Lange-Syndrom I Besnier-Boeck-Schaumann-Sy → Kartagener-
AV-Knoten-Reentrytachykardie → Wolff-Parkinson- Syndrom
White-Syndrom (WPW) Best-Sy → Neuronale Ceroidlipofuszinosen
Ayerza-Sy → Dermatomyositis Biemond-Sy → Charcot-Marie-Tooth-Hoffmann-
Babington’s disease [engl.] → Osler-Rendu-Weber- Syndrom
Syndrom Bigler-Hsia-Sy → Glykogenose
Bäfverstedt-Sy → Mastozytose Biglieri-Sy → Kongenitales adrenogenitales
Bakterielle Kontamination der Blutprodukte → Syndrom (kAGS)
TRA-LI-Syndrom Binswanger-Sy → Parkinson-Syndrom
Balo-Krankheit → Leukodystrophien; Multiple Biörk-Thorson-Sy → Karzinoidsyndrom
Sklerose Blegvad-Haxthausen-Sy → Osteogenesis
Balos konzentrische Sklerose → Dévic-Syndrom imperfecta
(Neuromyelitis optica) Blepharophimosis-Sy → Okulodentale Syndrome
Bamatter-Franceschetti-Klein-Sierro-Sy → Hurler- Bloch-Sulzberger-Sy → Mastozytose
Syndrom Bloom-Sy → Hyperimmunglobulin-E-Syndrom
XIV Index der Syndrome

Blue-rubber-bleb-Nävus-Sy → Osler-Rendu-Weber- Central alveolar hypoventilation syndrome (CAHS)


Syndrom [engl.] → Idiopathisches Hypoventilations-
Bobble-head-doll-Sy → Huntington-Chorea; syndrom
Huntington-Krankheit im Kindesalter Central core disease [engl.] → King-Denborough-
Börjeson-Forssmann-Lehmann-Sy → Cohen-Syndrom Syndrom; Kongenitale Stäbchenmyopathie
Bonnevie-Ullrich-Sy → Arthrogrypose; Cervenka-Sy → Cohen-Syndrom
Corneliade-Lange-Syndrom I; Freeman-Sheldon- Chalacoderma → Ehlers-Danlos-Syndrom
Syndrom; Multiple-Pterygien-Syndrom Charcot-Erb-Sy → Strümpell-Krankheit
Borchardt-Sy → Karzinoidsyndrom Charcot-Marie-Amyotrophie → Charcot-Marie-Tooth-
Börjeson-Forssman-Lehmann-Sy → Hypothyreose Hoffmann-Syndrom
Botulismus → Amyotrophische Lateralsklerose (ALS) Charcot-Marie-Tooth-Hoffmann-Sy → Curschmann-
Bouveret-Sy → Mastozytose Batten-Steinert-Syndrom; Friedreich-Ataxie;
Boxer-Sy → Multiple Sklerose; Parkinson-Syndrom Mitochondriale Myopathie
Brachmann-de Lange-Sy → Cornelia-de-Lange- Charcot-Sy → Lambert-Eaton-Rooke-Syndrom;
Syndrom I Myasthenia gravis pseudoparalytica
Brandt-Sy → Zystische Fibrose Charcot-Sy II → Amyotrophische Lateralsklerose
Broadbent-Sy → King-Denborough-Syndrom; (ALS)
Maligne Hyperthermie (MH); Malignes neuro- CHARGE-Assoziation; CHARGE-Komplex →
leptisches Syndrom (MNS) CHARGE-Syndrom
Bronchialkarzinom → Mediastinale Raumforderungen; Chediak-Higashi-Sy → Grey-Platelet-Syndrom (GPS);
Struma Hyperimmunglobulin-E-Syndrom
Bronchospasmus → Mediastinale Raumforderungen; Chen-Sy → Multiple-Pterygien-Syndrom
Rezidivierende Polychondritis Cherubinismus → Cherubismussyndrom
Bronze(haut)krankheit → Addison-Krankheit Chiari-Syndrom → Arnold-Chiari-Malformation
Brossard-Kaeser-Sy → Charcot-Marie-Tooth- Cholesterinlipidose → Gaucher-Krankheit
Hoffmann-Syndrom Cholinerge Krise → Lambert-Eaton-Rooke-Syndrom;
BrS → Brugada-Syndrom Myasthenia gravis pseudoparalytica
Bruns-Sy → Idiopathisches Hypoventilationssyndrom Cholinesterasemangel-Sy → Atypische Cholinesterase
Bruton-Sy → Zystische Fibrose Chondralloplasie; Chondrodystrophie;
Buckley syndrome → Hyperimmunglobulin-E- Chondrogenesis imperfecta → Achondroplasie
Syndrom Chondrodysplasie → Larsen-Syndrom
Bulbärparalyse → Lambert-Eaton-Rooke-Syndrom; Chorea gravidarum → Huntington-Chorea;
Myasthenia gravis pseudoparalytica Huntington-Krankheit im Kindesalter
Bullöses Pemphigoid → Epidermolysis bullosa Chorea Huntington → Huntington-Krankheit
Calcinosis interstitialis universalis et localisata → im Kindesalter
Myositis ossificans progressiva Chorea minor → Huntington-Chorea; Huntington-
Calcinosis-Raynaud-Sklerodaktylie-Teleangiektasie-Sy Krankheit im Kindesalter
→ Osler-Rendu-Weber-Syndrom Choreatische Ss → Hyperexzitabilitätssyndrom
Campomele Dysplasie → Achondroplasie Chotzen-Sy → Apert-Syndrom
Canavan-Sy → Hyperexzitabilitätssyndrom; Christ-Siemens-Sy; Christ-Siemens-Touraine-Sy →
Leukodystrophien; Multiple Sklerose; EEC-Syndrom
Neuronale Ceroidlipofuszinosen Chromosomopathie → Pallister-Killian-Syndrom
Carbamylphosphatsynthetasedefekt → Chronic granulomatous disease [engl.] →
H-H-H-Syndrom Chronisches familiäres Granulomatosesyndrom
Cardiac-limb syndrome [engl.] → Holt-Oram- Chronisch progressive externe Ophthalmoplegie
Syndrom (CPEO) → Mitochondriale Myopathie
Carpenter-Sy → Apert-Syndrom Chronische Blutungen → Osler-Rendu-Weber-
Cassidy-Scholte-Sy → Karzinoidsyndrom Syndrom
Index der Syndrome
XV B–D

Chronische Bronchitis im Kindesalter → Alpha-1- Curschmann-Batten-Steinert-Sy → Lambert-Eaton-


Antitrypsin-Mangel Rooke-Syndrom; Myasthenia gravis pseudo-
Chronische Emphysembronchitis → Aspirinun- paralytica
verträglichkeit Curschmann-Batten-Sy; Curschmann-Steinert-Sy →
Chronische Hepatitis → Wilson-Syndrom Curschmann-Batten-Steinert-Syndrom
Chronische Nasennebenhöhleninfekte → Aspirin- Curschmann-Steinert-Batten-Sy → Charcot-Marie-
unverträglichkeit Tooth-Hoffmann-Syndrom
Chronische Polyarthritis → Rheumatoide Arthritis Cushing-Sy → Familiäre periodische Lähmung;
Chronische Stauungslunge → Pulmonale Lymph- Polycythaemia rubra vera; Prader-Willi-Syndrom
angiomyomatose Cystic fibrosis [engl.] → Zystische Fibrose
Chronisches familiäres Granulomatose-Sy → Cystinose → Hurler-Syndrom
Hyperimmunglobulin-E-Syndrom Dana-Sy → Amyotrophische Lateralsklerose (ALS);
Chronisch-septische frühkindliche Granulomatose → Friedreich-Ataxie; Hinterhorn-Sy
Chronisches familiäres Granulomatosesyndrom Danlos’ disease [engl.] → Ehlers-Danlos-Syndrom
Citrullinämie-Sy → Rett-Syndrom (EDS)
Clarke-Hadfield-Sy → Zystische Fibrose De Barsy-Moens-Dierckx-Sy → Arthrogrypose; Ehlers-
Clefting syndrome [engl.] → EEC-Syndrom Danlos-Syndrom; Freeman-Sheldon-Syndrom
Cochrane-Sy → Glykogenosen Debré-Semelaigne-Sy → Hypothyreose;
Cockayne-Sy → Dermatomyositis; EEC-Syndrom Glykogenosen
Cockayne-Touraine-Sy → Epidermolysis bullosa Déjerine-Sottas-Sy → Charcot-Marie-Tooth-
Combs-Sy → Soto-Syndrom Hoffmann-Syndrom; Friedreich-Ataxie
Congenital long QT syndrome → Jervell-Lange- De-Lange-Sy → Curschmann-Batten-Steinert-
Nielsen-Syndrom Syndrom
Congenital nonhemolytic jaundice [engl.] → Demarquay-Richet-Sy → Arthrogrypose;
Crigler-Najjar-Syndrom Freeman-Sheldon-Syndrom
Congenital rod disease [engl.] → Kongenitale Denny-Brown-Sy → Curschmann-Batten-Steinert-
Stäbchenmyopathie Syndrom; Lambert-Eaton-Rooke-Syndrom;
Conn-Louis-Sy → Conn-Syndrom Myasthenia gravis pseudoparalytica
Conn-Sy → Familiäre periodische Lähmung Dent-Friedman-Sy → Osteogenesis imperfecta
Conradi-Hünermann-Sy → Achondroplasie; Dentofaziales Sy → EEC-Syndrom
Arthrogrypose; Freeman-Sheldon-Syndrom; Dercum-Sy → Dermatomyositis
Axenfeld-Rieger-Syndrom Dermatomyositis → Myositis ossificans progressiva
Cornelia-de-Lange-Sy → Cornelia-de-Lange- Dermatosparaxis → Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS)
Syndrom I; Hurler-Syndrom Dévic-Gault-Sy → Dévic-Syndrom (Neuromyelitis
Cowden-Sy → Marfan-Syndrom optica)
CPS-I-Mangel → H-H-H-Syndrom Dextrokardie-Bronchiektasie-Sinusitis-Sy →
Creutzfeld-Jakob-Sy → Huntington-Chorea; Kartagener-Syndrom
Huntington-Krankheit im Kindesalter Diabetes mellitus → Multiples Endokrinopathie-
Critical illness polyneuropathy → Guillain-Barré- syndrom; Prader-Willi-Syndrom
Syndrom Diabetische Azidose → Familiäre periodische
Crohn-Sy → Karzinoidsyndrom Lähmung
Crooke-Apert-Gallais-Sy → Cushing-Syndrom Dieulafoy-Sy → Osler-Rendu-Weber-Syndrom
Cross-McKusick-Breen-Sy → Neuronale Ceroidlipo- DiGeorge-Sy → Chronisches familiäres Granulomatose-
fuszinosen syndrom; Hyperimmunglobulin-E-Syndrom;
Crouzon-Sy → Apert-Syndrom; Syringomyelie Kartagener-Syndrom
CRST-Sy → Osler-Rendu-Weber-Syndrom Dislozierte Epiphysen → Omodysplasie
Crush-Sy → Hämolytisch-urämisches Syndrom Distale Arthrogrypose Typ 2 → Hecht-Beals-Syndrom
DLS-Sy → EEC-Syndrom
XVI Index der Syndrome

Dolichostenomelie → Marfan-Syndrom Eaton-Lambert-Sy → Lambert-Eaton-Rooke-


Doss-Porphyrie → Akute Porphyrien Syndrom
Down-Sy → Cornelia-de-Lange-Syndrom I; Ectrodactyly-ectodermal-dysplasia-clefting-Sy →
Hallermann-Streiff-François-Syndrom; EEC-Syndrom
Hyperimmunglobulin-E-Syndrom; Hypothyreose; Eddowes-Sy → Osteogenesis imperfecta
Prader-Willi-Syndrom EDMD → Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie
Drepanozytose → Sichelzellanämie Edwards-Sy → Arthrogrypose; Cornelia-de-Lange-
Dubini-Sy → Huntington-Chorea; Huntington- Syndrom I; Freeman-Sheldon-Syndrom
Krankheit im Kindesalter EEC-Sy → EEC-Syndrom
Dubin-Johnson-Sy → Crigler-Najjar-Syndrom Ehlers-Danlos-Sy → Grey-Platelet-Syndrom (GPS);
Dubowitz-Sy → Hypothyreose Larsen-Syndrom; Marfan-Syndrom;
Duchenne-Aran-Sy → Amyotrophische Lateral- Menkes-Syndrom; Hurler-Syndrom
sklerose (ALS); Charcot-Marie-Tooth-Hoffmann- Einschwemm-Sy → Transurethrales Resektions-
Syndrom syndrom
Duchenne-Erb-von-Leyden-Sy → Duchenne-Muskel- Eisenmenger-Komplex → Eisenmenger-Syndrom
dystrophie; Mitochondriale Myopathie Eklampsie → Epilepsie; Fruchtwasserembolie;
Duchenne-Sy → Lambert-Eaton-Rooke-Syndrom; HELLP-Syndrom
Myasthenia gravis pseudoparalytica Ekman-Lobstein-Sy → Osteogenesis imperfecta
Dutch-Kentucky-Sy → Arthrogrypose; Freeman- Elfin face syndrome [engl.] → Williams-Syndrom
Sheldon-Syndrom; Hecht-Beals-Syndrom; Ellis-van-Creveld-Sy → Achondroplasie;
Kongenitale Trismussyndrome (KTS) Hypothyreose; McKusick-Kaufmann-Syndrom
Dutescu-Grivu-Fleischer-Peters-Sy → Apert-Syndrom; Elschnig-Sy → Apert-Syndrom; Goldenhar-
EEC-Syndrom Syndrom
Dysfibrinogenämie → Willebrand-Jürgens-Syndrom Embryopathisches Alkoholismus-Sy →
Dyskaliämische Lähmungen → Guillain-Barré- Cornelia-de-Lange-Syndrom I
Syndrom Embryopathisches Hydantoin-Sy → Aarskog-
Dysmelie-Sy → Wiedemann-Beckwith-Combs- Syndrom; Noonan-Syndrom
Syndrom EMG-Sy → Wiedemann-Beckwith-Combs-Syndrom
Dysmorphie-Fehlbildungssyndrom → McKusick- Encephalomyelitis disseminata → Multiple Sklerose
Kaufmann-Syndrom Endangiitis obliterans → Dermatomyositis;
Dysostosen → Achondroplasie Takayasu-Syndrom
Dysostosis cranio-(orbito-)facialis → Crouzon- Endemischer Kretinismus → Hypothyreose
Syndrom Endokrine Dysfunktion → Gordon-Syndrom
Dysostosis multiplex → Hurler-Syndrom Endokrinopathien → Zentral-anticholinerges
Dysphagie → Lupus erythematodes Syndrom (ZAS)
Dysphagozytose-Sy → Chronisches familiäres Enslin-Sy → Apert-Syndrom; Crouzon-Syndrom
Granulomatosesyndrom Enterodermatokardiopathie → Karzinoidsyndrom
Dysporia entero-broncho-pancreatica congenita Enterokinasemangel-Sy → Zystische Fibrose
familiaris (Glanzmann) → Zystische Fibrose Enteropathische Arthropathien → Bechterew-
Dysraphie-Ss → Marfan-Syndrom Krankheit
Dystone Myopathie → Kongenitale Stäbchen- Enzephalopathien → King-Denborough-Syndrom;
myopathie Leukodystrophien; Maligne Hyperthermie (MH);
Dystrophia adiposogenitalis → Prader-Willi-Syndrom Malignes neuroleptisches Syndrom (MNS)
Dystrophia musculorum progressiva → Eosinophiles Leukämoid; Eosinophiles Sy →
Mitochondriale Myopathie Hypereosinophiliesyndrom
Dystrophia myotonica familiaris → Curschmann- EPH-Gestose → Präeklampsie/Eklampsie
Batten-Steinert-Syndrom Epidermolysis toxica acuta → Epidermolysis
Dzierzynsky-Sy → Apert-Syndrom bullosa
Index der Syndrome
XVII D–F

Epilepsie → Idiopathisches Hypoventilations- Familial ventricular tachycardia → Jervell-Lange-


syndrom; Mitochondriale Myopathie; Nielsen-Syndrom
Neuronale Ceroidlipofuszinosen; Familiäre Amyloidpolyneuropathie → Amyloid-
Präeklampsie/Eklampsie; Transurethrales polyneuropathie vom Typ 1
Resektionssyndrom Familiäre autonome Dysfunktion (Dysautonomie) →
Erb-Achard-Sy → Marfan-Syndrom Riley-Day-Syndrom
Erb-Charcot-Sy → Amyotrophische Lateralsklerose Familiäre Hypertension mit Hyperkaliämie →
(ALS); Strümpell-Krankheit Gordon-Syndrom
Erbchorea → Huntington-Chorea Familiäre periodische hyperkaliämische Paralyse →
Erb-Goldflam-Wilks-Sy → Curschmann-Batten- Gordon-Syndrom
Steinert-Syndrom; Erb-Landouzy-Sy; Familiäre periodische Lähmung → Atypische
Lambert-Eaton-Rooke-Syndrom; Mitochondriale Cholinesterase; Lambert-Eaton-Rooke-Syndrom
Myopathie Familiäres Hypokaliämie-Sy → Familiäre periodische
Erb-Oppenheim-Goldflam-Sy → Myasthenia gravis Lähmung; Lambert-Eaton-Rooke-Syndrom;
pseudoparalytica Myasthenia gravis pseudoparalytica
Ergussbildende Erkrankungen → Ovarienhyper- Familiäres kortikostriatozerebelläres Sy → Friedreich-
stimulationssyndrom (OHS) Ataxie
Ernster-Luft-Sy → Mitochondriale Myopathie Familiäres Narkose-Hyperthermie-Sy → Maligne
Erworbene Flügellfellbildungen → Multiple-Pterygien- Hyperthermie (MH)
Syndrom Fanconi-Schlesinger-Sy → Williams-Syndrom
Erworbene symptomatische Polyglobulien → Farber-Sy → Hurler-Syndrom
Polycythaemia rubra vera Faserdysproportionsmyopathie Brooks →
Erworbenes Faktor-V-Leiden → Protein-C-Defizit Kongenitale Stäbchenmyopathie
Erythrämie → Polycythaemia rubra vera Fatal granulomatuos disease of childhood [engl.] →
ErythropoetinsezernierendeTumoren → Poly- Chronisches familiäres Granulomatosesyndrom
cythaemia rubra vera Faziogenitodigitales Sy → Aarskog-Syndrom
Erythropoetische Protoporphyrie → Akute Fazioskapulohumerale Muskeldystrophie →
Porphyrien Duchenne-Muskeldystrophie
Escamilla-Lisser-Sy → Hypothyreose Feer-Sy → Dermatomyositis; Riley-Day-Syndrom
Escobar-Sy → Multiple-Pterygien-Syndrom Felty-Sy → Rheumatoide Arthritis
C1-Esteraseinhibitormangel → Hyperimmun- Fernand-Widal-Sy = Samter-Sy → Aspirinunverträg-
globulin-E-Syndrom lichkeit; Kartagener-Syndrom
Eulenburg-Sy → Curschmann-Batten-Steinert- Ferraro-Sy → Hyperexzitabilitätssyndrom
Syndrom Fetal face syndrome → Aarskog-Syndrom
Exomphalos-Makroglossie-Gigantismus-Sy → Fetopathia diabetica → Wiedemann-Beckwith-
Wiedemann-Beckwith-Combs-Syndrom Combs-Syndrom
Exophthalmic goiter [engl.] → Basedow-Krankheit Fevre-Languepin-Sy → Arthrogrypose; Freeman-
Exostosis luxurians → Myositis ossificans progressiva Sheldon-Syndrom; Multiple-Pterygien-Syndrom
Extremitätengürtel-Muskeldystrophie → Duchenne- Fibrodysplasia elastica generalisata → Ehlers-Danlos-
Muskeldystrophie Syndrom (EDS)
Fabry-Sy → Osler-Rendu-Weber-Syndrom Fibrodysplasia ossificans multiplex; Fibrositis
Fallsucht → Epilepsie ossificans → Myositis ossificans progressiva
Familial amyloid polyneuropathy [engl.] → Amyloid- Fibröse Dysplasie → Achondroplasie; Cherubismus-
polyneuropathie vom Typ 1 syndrom; Achondroplasie
Familial periodic paralysis [engl.] → Familiäre Flajani-Krankheit → Basedow-Krankheit
periodische Lähmung Flush-Sy → Karzinoidsyndrom
Familial pterygium syndrome [engl.] → Multiple- Flynn-Aird-Sy → Friedreich-Ataxie
Pterygien-Syndrom Fölling-Sy → Rett-Syndrom
XVIII Index der Syndrome

Forney-Robinson-Pascoe-Sy → Jervell-Lange- Gaucher-Sy → Glykogenose; Neuronale Ceroidlipo-


Nielsen-Syndrom; Marfan-Syndrom fuszinosen; Wilson-Syndrom
Forsell-Sy → Polycythaemia rubra vera Gelenkdysplasie-Zylinderfinger-Sy → Larsen-
„Fragile X“-Sy → Soto-Syndrom Syndrom
Fragilitas ossium → Osteogenesis imperfecta Generalisierte Osteoporose → Osteogenesis
Franceschetti-Sy; Franceschetti-Klein-Sy; France- imperfecta
schetti-Zwahlen-Sy → Akrofaziale Dysostosen; Generalized congenital fibromatosis [engl.] →
Apert-Syndrom; Cornelia-de-Lange-Syndrom I; Myositis ossificans progressiva
Crouzon-Syndrom; EEC-Syndrom; Goldenhar- Gerald-Sy → VATER-Assoziation
Syndrom; Pierre-Robin-Syndrom; Treacher- Gerstmann-Sy → Charcot-Marie-Tooth-Hoffmann-
Collins-Syndrom Syndrom; Huntington-Chorea; Huntington-
Franceschetti-Zwahlen-Sy → Nager-Syndrom Krankheit im Kindesalter; Parkinson-Syndrom
François-Dyszephalie → Hallermann-Streiff-François- Gesichts-Hand-Fuß-Spalten-Sy → EEC-Syndrom
Syndrom Gicht → Lesh Nyhan-Syndrom
François-Sy → Apert-Syndrom; Hurler-Syndrom; Gigantismus-Sy → Wiedemann-Beckwith-Combs-
EEC-Syndrom Syndrom; Soto-Syndrom
Fraser-Sy → Okulodentale Syndrome Gilbert-Lereboullet-Sy → Crigler-Najjar-Syndrom
Freeman-Sheldon-Sy → Arthrogrypose; Gilbert’s disease → Crigler-Najjar-Syndrom
Cornelia-de-Lange-Syndrom I; Hecht-Beals- Gillin-Pryse-Davis-Sy → Multiple-Pterygien-
Syndrom; Kongenitale Trismussyndrome (KTS) Syndrom
Friedman-Roy-Sy → Friedreich-Ataxie Gimard-Sy → Protein-C-Defizit
Friedreich-Ataxie → Amyloidpolyneuropathie Glanzmann-Krankheit → Grey-Platelet-Syndrom
vom Typ 1; Charcot-Marie-Tooth-Hoffmann- (GPS)
Syndrom Glasknochenkrankheit → Osteogenesis imperfecta
Friedreich-Sy → Mitochondriale Myopathie Glomustumoren → Karzinoidsyndrom; Mastozytose;
Friedreich-Tabes → Friedreich-Ataxie Multiples Endokrinopathiesyndrom
Fruchtwasserembolie → HELLP-Syndrom; Glotzaugenkrankheit → Basedow-Krankheit
Präeklampsie/Eklampsie Glukozerebrosidose (GCR) → Gaucher-Krankheit
Fruktosämie; Fruktosemalabsorptions-Sy → Glukuronyltransferase-Defizit → Crigler-Najjar-
Fruktoseintoleranz Syndrom
F-Sy → EEC-Syndrom Glykogenosen → Atypische Cholinesterase;
Fryns-Sy → Pallister-Killian-Syndrom Fruktoseintoleranz; Gaucher-Krankheit;
Fukosidose-Ss → Glykogenosen; Zystische Fibrose Hurler-Syndrom
Gaisböck-Sy → Polycythaemia rubra vera Glykogenspeicherkrankheiten → Glykogenosen
Galaktosämie-Sy → Glykogenose Goldenhar-Sy → Akrofaziale Dysostosen;
Galaktoseintoleranz → Fruktoseintoleranz EEC-Syndrom; Goldenhar-Gorlin-Sy
Gallengangatresie → Crigler-Najjar-Syndrom Goldstein’s hematemesis [engl.] → Osler-Rendu-
Gamstorp-Sy → Akute Porphyrien Weber-Syndrom
Gangliosidosen → Glykogenose; Leukodystrophien; Goltz-Gorlin-Sy → Cherubismussyndrom;
Neuronale Ceroidlipofuszinosen EEC-Syndrom; Gorlin-Goltz-Sy
Gargoylismus → Hurler-Syndrom Goodman-Sy → Apert-Syndrom
Garotillo (span. Henkerschlinge) → Ludwig-Angina Goodpasture-Sy → Chronisches familiäres Granulo-
Garré-Sy → Chronisches familiäres Granulomatose- matosesyndrom; Hämolytisch-urämisches
syndrom; Kartagener-Syndrom Syndrom; Kartagener-Syndrom
Gasser-Sy → Hämolytisch-urämisches Syndrom Good-Sy → Lambert-Eaton-Rooke-Syndrom;
Gastroösophageale Refluxkrankheit → Zenker- Myasthenia gravis pseudoparalytica
Divertikel Gordan-Overstreet-Sy → Aarskog-Syndrom;
Gaucher-Schlangenhaufer-Sy → Gaucher-Krankheit Noonan-Syndrom
Index der Syndrome
XIX F–H

Gorlin-Cohen-Sy → Crouzon-Syndrom; Hämophilie A und B → Willebrand-Jürgens-Syndrom


Marfan-Syndrom Hämoptoe → Osler-Rendu-Weber-Syndrom
Gorlin-Sy (Typ 2B) → Multiples Endokrinopathie- Hand-Fuß-Uterus-Sy → Cornelia-de-Lange-Syndrom I
syndrom Hand-Schüller-Christian-Sy → Cherubismussyndrom;
Gottron-Sy → Ehlers-Danlos-Syndrom Gaucher-Krankheit
Granulomatöse „small vessel”-Vaskulitis → Hanhart-Sy → Achondroplasie
Churg-Strauss-Syndrom (CSS) Happy puppet syndrome [engl.] → Angelmann-
Grauhan-Sy → EEC-Syndrom Syndrom
Graves’ disease [engl.] → Basedow-Krankheit Harnstoffzyklusdefekte → H-H-H-Syndrom
Grebe-Sy → Achondroplasie Harris-Osborne-Sy → Holt-Oram-Syndrom;
Greenfield-Sy → Hyperexzitabilitätssyndrom Jervell-Lange-Nielsen-Syndrom;
Greig-Sy → Crouzon-Syndrom VATER-Assoziation
Grönblad-Strandberg-Sy → Marfan-Syndrom Harris-Sy → Glykogenose
Gruber-Sy → Apert-Syndrom; VATER-Assoziation Hartnup-Sy → Rett-Syndrom
Guérin-Stern-Sy → Arthrogrypose; Hecht-Beals- Hashimoto-Thyreoiditis → Hypothyreose
Syndrom; Kongenitale Trismussyndrome (KTS); Hay-Wells-Sy → EEC-Syndrom
Larsen-Syndrom HCG-Stimulations-Sy → Ovarienhyperstimulations-
Guilford-Sy → EEC-Syndrom syndrom (OHS)
Guillain-Barré-Strohl-Sy → Amyloidpolyneuropathie Heart-hand syndrome [engl.] → Holt-Oram-Syndrom
vom Typ 1; Guillain-Barré-Syndrom; Lambert- Hecht-Beals-Sy → Arthrogrypose; Freeman-Sheldon-
Eaton-Rooke-Syndrom; Myasthenia gravis Syndrom; Kongenitale Trismussyndrome (KTS)
pseudoparalytica Hedinger-Sy → Karzinoidsyndrom
Gumma → Ludwig-Angina Heidenhain-Sy → Wilson-Syndrom
Haemolytic uraemic syndrome [engl.] → Heller-Sy → Rett-Syndrom
Hämolytisch-urämisches Syndrom HELLP-Sy → Fruchtwasserembolie; Präeklampsie/
Hajdu-Cheney-Sy → Cornelia-de-Lange-Syndrom I Eklampsie
Halbrecht-Sy → Crigler-Najjar-Syndrom Helweg-Larsen-Sy → EEC-Syndrom
Hallermann-Streiff-François-Sy → Akrofaziale Hench-Rosenberg-Sy → Angioödem
Dysostosen; EEC-Syndrom; Okulodentale Hennebert-Sy → Goldenhar-Syndrom
Syndrome Hepatokardiales Sy → Familiäre periodische
Hallervorden-Spatz-Sy → Huntington-Chorea; Lähmung
Huntington-Krankheit im Kindesalter; Neuronale Hepatolentikuläre Degeneration; Hepatozerebrale
Ceroidlipofuszinosen; Wilson-Syndrom (neurohepatische) Degeneration → Wilson-
Hallopeau-Siemens-Sy → Epidermolysis bullosa Syndrom
Hämangiome → Osler-Rendu-Weber-Syndrom Hepatorenales Sy → HELLP-Syndrom; Präeklampsie/
Hämangioperizytom → Pulmonale Lymphangio- Eklampsie
myomatose Hepatozerebrales Sy → Karnitinmangelsyndrom
Hämatemesis → Osler-Rendu-Weber-Syndrom Hereditäre Fruktoseunverträglichkeit → Fruktose-
Hämatologische Erkrankungen → Sichelzellanämie intoleranz
Hämaturie → Akute Porphyrien Hereditäre Koproporphyrie → Akute Porphyrie
Hammond-Sy → Hyperexzitabilitätssyndrom Hereditäre motorisch-sensible Neuropathie (HMSN)
Hämochromatose → Gaucher-Krankheit; Wilson- → Charcot-Marie-Tooth-Hoffmann-Syndrom
Syndrom Hereditäre Pseudohämophilie → Willebrand-Jürgens-
Hämolytische Anämie → Lupus erythematodes Syndrom
Hämolytisch-urämisches Sy (HUS) → HELLP-Syndrom; Hereditäre sensorische Neuropathie → Syringomyelie
Präeklampsie/Eklampsie Hereditäre spastische Paraplegie (HSP); Hereditary
Hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) → Heparin- familial spastic paraparesis [engl.] → Strümpell-
induzierte Thrombozytopenie Krankheit
XX Index der Syndrome

Hereditary angioneurotic edema (HANE) [engl.] → Hurler-Scheie-Sy → Hunter-Syndrom; Hurler-


Angioödem Syndrom
Hereditary haemorrhagic telanigiectasia (HHT) [engl.] Hurst-Krankheit → Leukodystrophien; Multiple
→ Osler-Rendu-Weber-Syndrom Sklerose
Hereditary sensory and autonomic neuropathy HUS → Hämolytisch-urämisches Syndrom
[engl.] → Riley-Day-Syndrom Hustensynkope-Sy → Polycythaemia rubra vera
Heredodegenerative neurale Muskelatrophie → Hutchinson-Gilford-Sy → Dermatomyositis;
Charcot-Marie-Tooth-Hoffmann-Syndrom Hallermann-Streiff-François-Syndrom
Herlitz-Sy → Epidermolysis bullosa Hydroletalus-Sy → Smith-Lemli-Opitz-Syndrom
Hermanky-Pudlak-Sy → Grey-Platelet-Syndrom (GPS) Hydrometrocolpos-Sy → McKusick-Kaufmann-
Herrick-Syndrom → Sichelzellanämie Syndrom
Herxheimer-Sy → Dermatomyositis 21-Hydroxylase-Defekt → Kongenitales adrenogeni-
HES-Sy → Hypereosinophiliesyndrom tales Syndrom (kAGS)
Heubner-Herter-Sy → Hyperimmunglobulin-E- Hyperchondroplasie → Marfan-Syndrom
Syndrom; Kartagener-Syndrom; Zystische Fibrose Hyperexplexia, startle disease [engl.]; Hyperexzitation
Hexachlorbenzenintoxikation → Akute Porphyrien → Hyperexzitabilitätssyndrom
HGPRT-Defizienz → Lesh Nyhan-Syndrom Hyperexzitabilitätssyndrom → Kugelberg-Welander-
Hiatushernie → Zenker-Divertikel Syndrom
Hinterhorn-Sy → Amyotrophische Lateralsklerose Hyperchlorämische metabolische Azidose →
(ALS) Gordon-Syndrom
Hiob-Sy → Hyperimmunglobulin-E-Syndrom Hyperhormonales Nebennierenmark-Sy →
Histidinämie-Sy → Rett-Syndrom Phäochromozytom
Histiozytosis X → Cherubismussyndrom Hyper-IgE-Sy → Chronisches familiäres Granulo-
HIT → Heparin-induzierte Thrombozytopathie matosesyndrom; Hyperimmunglobulin-E-
HMC-Sy → Crouzon-Syndrom Syndrom
Hodgkin-Lymphome → Hypereosinophiliesyndrom Hyperimmunglobulinämie-E-Sy → Kartagener-
Hodgkin-Sy → Chronisches familiäres Granulomatose- Syndrom
syndrom; Kartagener-Syndrom Hyperinsulinismus → Fruktoseintoleranz
Holtermüller-Wiedemann-Sy → Arthrogrypose; Hyperkaliämie → Gordon-Syndrom
Freeman-Sheldon-Syndrom Hyperkortisolismus → Cushing-Syndrom
Holt-Oram-Sy → Cornelia-de-Lange-Syndrom I; Hyperornithinämie-Hyperammonämie-Homo-
VATER-Assoziation citrullinurie-Sy → H-H-H-Syndrom
Homocystinurie-Sy → Marfan-Syndrom; Hyperparathyreoidismus → Multiples Endokrino-
Soto-Syndrom pathiesyndrom
Homogentisic aciduria [engl.]; Homogentisin- Hyperplasia fascialis → Myositis ossificans progressiva
säureoxidase-Mangel → Alkaptonurie Hyperpyrexie-Sy des Säuglings → Hyperexzitabilitäts-
Hoppe-Goldflam-Sy → Myasthenia gravis pseudo- syndrom; Maligne Hyperthermie (MH)
paralytica Hypersplenismus → Heparin-induzierte Thrombo-
HSAN → Riley-Day-Syndrom zytopenie
Human stress syndrome [engl.] → Maligne Hyper- Hypertelorismus-Hypospadie-Sy → Aarskog-Syn-
thermie (MH) drom
Humeroperoneale Muskeldystrophie mit Hyperthyreoidismus → Basedow-Krankheit
Frühkontrakturen und Kardiomyopathie → Hyperthyreose → King-Denborough-Syndrom;
Emery-Dreifuss-Muskeldystrophie Maligne Hyperthermie (MH); Malignes neuro-
Hunter-Sy → Hurler-Syndrom leptisches Syndrom (MNS); Phäochromozytom
Hunt-Sy → Angioödem; Friedreich-Ataxie; Hyperurikämie-Sy→ Lesh Nyhan-Syndrom
Parkinson-Syndrom; Wilson-Syndrom Hyperurikose → Lesh Nyhan-Syndrom
Hurler-Syndrom → Glykogenosen Hypoaldosteronismus → Gordon-Syndrom
Index der Syndrome
XXI H–K

Hypo- und Agammaglobulinämien → Hyperimmun- Iridocorneale Dysgenesie → Axenfeld-Rieger-


globulin-E-Syndrom Syndrom
Hypohidrotische ektodermale Dysplasie → Iridocorneales-endotheliales Sy (ICE-Sy) → Axenfeld-
EEC-Syndrom Rieger-Syndrom
Hypohydrotisches Onychodentodysplasie-Sy → Iridodentales Sy → EEC-Syndrom
EEC-Syndrom Iridodentales-Sy Weyers → Curschmann-Batten-
Hypophysäre Hypothyreose → Hypothyreose Steinert-Syndrom
Hypophysärer Zwergwuchs → Hypothyreose Irritations-Sy des Mesodienzephalon →
Hypothalamische Fettsucht → Prader-Willi-Syndrom King-Denborough-Syndrom; Maligne Hyper-
Hypothalamische Hypothyreose → Hypothyreose thermie (MH); Malignes neuroleptisches Syndrom
Hypothalamische Störungen mit inadäquater (MNS)
ADH-Sekretion → Transurethrales Resektions- Ito-Sy → EEC-Syndrom
syndrom Ivemark-Sy → Kartagener-Syndrom
Hypothyreose → Crigler-Najjar-Syndrom; Jacquet’sches Sy → EEC-Syndrom
Prader-Willi-Syndrom; Transurethrales Resektions- Jaffe-Lichtenstein-Sy → Cherubismussyndrom
syndrom Jakob-Creutzfeld-Sy → Leukodystrophien;
Hypotone (hypoosmolare) Hyperhydratation → Multiple Sklerose; Wilson-Syndrom
Transurethrales Resektionssyndrom Jervell-Lange-Nielsen-Sy → Long-QT-Syndrom
Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase- Jeunne-Tommasi-Freycon-Nivelon-Sy → Friedreich-
Mangel → Lesh Nyhan-Syndrom Ataxie
ICE-Sy → Axenfeld-Rieger-Syndrom JHD → Huntington-Krankheit im Kindesalter
Idiopathic inflammatory myopathy (IIM) [engl.] → Job’s syndrome [engl.] → Hyperimmunglobulin-E-
Dermatomyositis Syndrom
Idiopathische Hyperbilirubinämie → Crigler-Najjar- Jodmangel → Hypothyreose; Struma
Syndrom Jollofe-Sy → Leukodystrophien; Multiple Sklerose
Idiopathische Hyperkalzämie → Williams-Syndrom Williams-Sy → Axenfeld-Rieger-Syndrom
Idiopathisches Hypoventilations-Sy → Polycythaemia Joubert-Sy → Smith-Lemli-Opitz-Syndrom
rubra vera Juberg-Hayward-Sy → Cornelia-de-Lange-Syndrom I
Idiopathischer Hirsutismus → Adrenogenitales Juhel-Renoy-Sy → Hämolytisch-urämisches
Syndrom (AGS) Syndrom
Idiosynkrasien → Zentral-anticholinerges Syndrom Juvenile Fibromatose-Ss → Myositis ossificans
(ZAS) progressiva
Ileus → Ovarienhyperstimulationssyndrom (OHS) Juvenile Huntington-Krankheit (JHD) → Huntington-
Immotile cilia syndrome [engl.] → Kartagener- Chorea
Syndrom Juvenile rheumatoide Arthritis → Bechterew-Krank-
Immundefekt-Ss → Chronisches familiäres Granulo- heit
matosesyndrom; Kartagener-Syndrom Juveniler Adiposogigantismus → Prader-Willi-
Immundefektsyndrome → Hyperimmunglobulin-E- Syndrom
Syndrom Kaliummangel-Sy → Familiäre periodische Lähmung
Immundefizienz → Hyperimmunglobulin-E- Kardiale Rhythmusstörungen → Ebstein-Anomalie;
Syndrom Long-QT-Syndrom
Incenko-Cushing-Krankheit → Cushing-Syndrom Kardioauditives Sy → Jervell-Lange-Nielsen-Syndrom
Intermittierende Porphyrie → Ovarienhyper- Kardiodigitales Sy → Holt-Oram-Syndrom
stimulationssyndrom (OHS) Karnitin-Palmityl-Transferase-Mangel → Maligne
Intrauterine Thalidomidembryopathie → Hyperthermie (MH)
Wiedemann-Beckwith-Combs-Syndrom Karotisstenose → Takayasu-Syndrom
Intrazerebrale Aneurysmen → Moyamoya-Syndrom Karpaltunnel-Sy → Amyotrophische Lateralsklerose
Ionic chanelopathy [engl.] → Brugada-Syndrom (ALS)
XXII Index der Syndrome

Kartagener-Sy → Chronisches familiäres Granuloma- Kongenitale Mikrogenie und Glossoptose →


tosesyndrom; Hyperimmunglobulin-E-Syndrom; Pierre-Robin-Syndrom
Zystische Fibrose Kongenitale myotone Dystrophie → Curschmann-
Karzinoidose → Karzinoid-Sy; Mastozytose; Multiples Batten-Steinert-Syndrom
Endokrinopathiesyndrom; Osler-Rendu-Weber- Kongenitale Trismus-Ss → Arthrogrypose;
Syndrom; Phäochromozytom Freeman-Sheldon-Syndrom
Kashin-Beck-Sy → Hurler-Syndrom Kongenitaler familiärer nichthämolytischer Ikterus →
Kassabach-Merritt-Sy → Hämolytisch-urämisches Crigler-Najjar-Syndrom
Syndrom Kongenitales AGS → Adrenogenitales Syndrom (AGS)
Kaufmann-McKusick-Sy → McKusick-Kaufmann- Kongenitales Analgie-Sy → Riley-Day-Syndrom
Syndrom Kongenitales Hypothyreose-Sy → Wiedemann-
Kaufmann-Sy → Achondroplasie Beckwith-Combs-Syndrom
Kearns-Sayre-Sy (KSS) → Mitochondriale Myopathie Kongenitales Megakolon → Zystische Fibrose
Kelly-Seegmüller-Sy (partieller HPRT-Mangel) → Kongenitales Myxödem → Hypothyreose
Lesh Nyhan-Sy Kongenitales Porphyrindermatose-Sy →
Kenny-Linarelli-Sy → Achondroplasie Mastozytose
KFS → Klippel-Feil-Syndrom Kongenitales Subklavia-anzapf-Sy → Takayasu-
KGB-Sy → Cohen-Syndrom Syndrom
Kieferbogen-Ss → Crouzon-Syndrom; EEC-Syndrom; Konnatale Hepatitis → Crigler-Najjar-Syndrom
King-Denborough-Syndrom Korsakow-Sy → Multiple Sklerose; Polycythaemia
Kiefergelenkluxation → Hecht-Beals-Syndrom; rubra vera
Kongenitale Trismussyndrome (KTS) Kozlowski-Maroteaux-Spranger-Sy → Achondroplasie
Kiefersperre → Kongenitale Trismussyndrome (KTS) Krabbe-Krankheit → Leukodystrophien;
Killian-/Teschler-Nicola-Sy → Pallister-Killian- Multiple Sklerose
Syndrom Krabbe-Sy → Hyperexzitabilitätssyndrom;
King-Sy → Kongenitale Stäbchenmyopathie; Maligne Marfan-Syndrom
Hyperthermie (MH); Malignes neuroleptisches Kramer-Polinow-Sy → Hyperexzitabilitätssyndrom;
Syndrom (MNS); Noonan-Syndrom Rett-Syndrom
Kinky hair disease [engl.] → Menkes-Syndrom Krampfneigung → Leigh-Syndrom; Lupus erythema-
Kleinhirntumoren → Friedreich-Ataxie todes; Soto-Syndrom
Klein-Waardenburg-Sy → Menkes-Syndrom Kraniokarpotarsaldystrophie → Freeman-Sheldon-
Klinefelter-Reifenstein-Albright-Sy → Aarskog- Syndrom; Hecht-Beals-Syndrom; Kongenitale
Syndrom; Noonan-Syndrom Trismussyndrome (KTS)
Klippel-Feil-Sy → Arthrogrypose; Freeman-Sheldon- Kropf → Struma
Syndrom; Myositis ossificans progressiva; Kryptophthalmus-Sy → Okulodentale Syndrome
VATER-Assoziation Kuru-Sy → Friedreich-Ataxie; Huntington-Chorea;
Klippel-Feldstein-Sy → Apert-Syndrom Huntington-Krankheit im Kindesalter;
Klippel-Trenaunay-Weber-Sy → Proteus-Syndrom Leukodystrophien; Multiple Sklerose;
Kniest-Sy → Achondroplasie; Larsen-Syndrom Parkinson-Syndrom; Wilson-Syndrom
Koarktations-Sy → Takayasu-Syndrom Kuskokwin-Sy → Multiple-Pterygien-Syndrom
Koebner-Sy → Epidermolysis bullosa Kussmaul-Landry-Guillain-Barré-Sy → Guillain-Barré-
Kollagen-Hydroxyprolin-Mangel-Sy → Marfan- Syndrom
Syndrom Kussmaul-Maier-Sy → Rezidivierende Polychondritis
Kongenitale anhydrotische ektodermale Dysplasie → Laktoseintoleranz → Zystische Fibrose
EEC-Syndrom Lambert-Eaton-Rook-Sy → Atypische Cholinesterase;
Kongenitale erythropoetische Porphyrie → Akute Myasthenia gravis pseudoparalytica
Porphyrien Lamy-Maroteaux-Sy → Achondroplasie;
Kongenitale Hypothyreose → Hurler-Syndrom Arthrogrypose; Freeman-Sheldon-Syndrom
Index der Syndrome
XXIII K–M

Landing-Sy → Glykogenose; Hypothyreose; Lher-Mitte-McAlpine-Sy → Amyotrophische Lateral-


Neuronale Ceroidlipofuszinosen sklerose (ALS)
Landry-Sy → Akute Porphyrien Libman-Sacks-Sy → Karzinoidsyndrom; Lupus erythe-
Landsteiner-Fanconi-Andersen-Sy → Zystische matodes
Fibrose Lightwood-Albright-Sy → Familiäre periodische
Lange-Sy → Cornelia-de-Lange-Syndrom I Lähmung
Larsen-Sy → Achondroplasie; Arthrogrypose; Linsenkern-Sy → Wilson-Syndrom
Ehlers-Danlos-Syndrom; Freeman-Sheldon- Lipidhistozytose vom Kerasintyp → Gaucher-Krank-
Syndrom; Omodysplasie heit
Larynxmalformationen → McKusick-Kaufmann- Lipidosen → Gaucher-Krankheit
Syndrom Lipochondrodystrophie → Hurler-Syndrom
Lateralisations-Sy des Neugeborenen → Hyper- Lipogranulomatose → Hurler-Syndrom
exzitabilitätssyndrom Lipoide adrenale Hyperplasie → Kongenitales
Laurell-Eriksson-Sy → Alpha-1-Antitrypsin-Mangel; adrenogenitales Syndrom (kAGS)
Zystische Fibrose Löffler-Sy → Hypereosinophiliesyndrom; Karzinoid-
Laurence-Moon-Biedl-Bardet-Sy → Prader-Willi- syndrom
Syndrom; Cohen-Syndrom Löhr-Kindberg-Sy → Hypereosinophiliesyndrom
Lävulosurie → Fruktoseintoleranz Lokalanästhetikaintoxikation → Fruchtwasser-
Lavy-Palmer-Merritt-Sy → VATER-Assoziation embolie; HELLP-Syndrom; Idiopathisches Hypo-
LE → Lupus erythematodes ventilationssyndrom
Leberzirrhose → Alpha-1-Antitrypsin-Mangel; Long-QT-Sy → Long-QT-Syndrom
Glykogenose; Transurethrales Resektionssyndrom; Long-QT-Syndrom → Jervell-Lange-Nielsen-
Wilson-Syndrom Syndrom
Lederer-Brill-Sy → Hämolytisch-urämisches Syndrom Lorain-Sy → Hypothyreose
Leigh`s syndrome [engl.] → Leigh-Syndrom Louis-Bar-Sy → Friedreich-Ataxie; Hyperimmunglo-
Leigh-Sy → Neuronale Ceroidlipofuszinosen bulin-E-Syndrom; Osler-Rendu-Weber-Syndrom
Lejeune-Sy → Cornelia-de-Lange-Syndrom I; Lowe-Sy → Okulodentale Syndrome
EEC-Syndrom Lown-Ganong-Levine-Sy → Wolff-Parkinson-White-
Lennox-Sy → Hyperexzitabilitätssyndrom Syndrom (WPW)
Lennox-Gastaut-Sy → Angelmann-Syndrom LS → Leigh-Syndrom
Lentikuläres Syphilid → Mastozytose Lubarsch-Pick-Sy → Lambert-Eaton-Rooke-Syndrom;
Lenz-Sy → EEC-Syndrom; Hallermann-Streiff Myasthenia gravis pseudoparalytica
François-Syndrom Lues connata → Albers-Schönberg-Syndrom;
Leopard-Sy → Jervell-Lange-Nielsen-Syndrom Hypothyreose; Rezidivierende Polychondritis
Leprechaunismus-Sy → Cornelia-de-Lange- Lues → Friedreich-Ataxie; Fruktoseintoleranz
Syndrom I; Wiedemann-Beckwith-Combs-Syn- Luft-Sy → Mitochondriale Myopathie
drom Lund-Huntington-Chorea → Huntington-Chorea
Leptospirosen → Hämolytisch-urämisches Syndrom Lungenembolie → Fruchtwasserembolie; Ovarien-
Leri-Sy → Achondroplasie hyperstimulationssyndrom (OHS); Phäochromo-
Lesh-Nyhan-Sy → Lesh Nyhan-Syndrom; Hyper- zytom; TRALI-Syndrom
exzitabilitätssyndrom Lungenemphysem → Alpha-1-Antitrypsin-Mangel
Lethal popliteal pterygium syndrome [engl.] → Lyell-Sy → Epidermolysis bullosa
Multiple-Pterygien-Syndrom Lymphangiosis carcinomatosa → Pulmonale Lymph-
Leukodystrophien → Multiple Sklerose angiomyomatose
Leydig-Hypogonadismus → Aarskog-Syndrom; M. Addison → Alkaptonurie
Noonan-Syndrom M. Alzheimer → Neuronale Ceroidlipofuszinosen;
LGL-Sy → Wolff-Parkinson-White-Syndrom (WPW) Zentral-anticholinerges Syndrom (ZAS)
Lhermite-McAlpine-Sy → Parkinson-Syndrom M. Basedow → Struma
XXIV Index der Syndrome

M. Besnier-Boeck-Schaumann → Mediastinale Raum- Marfan-Sy → Ehlers-Danlos-Syndrom; Kongenitale


forderungen; Pulmonale Lymphangiomyomatose; Stäbchenmyopathie; Hurler-Syndrom;
Zystische Fibrose Soto-Syndrom
M. Bongiovanni-Kellenbenz → Kongenitales adreno- Marie-Strümpell disease [engl.] → Strümpell-Krank-
genitales Syndrom (kAGS) heit
M. Eberlein-Bongiovanni → Kongenitales adreno- Marmorknochenkrankheit → Achondroplasie;
genitales Syndrom (kAGS) Albers-Schönberg-Syndrom
M. haemolyticus neonatorum → Crigler-Najjar- Maroteaux-Lamy-Sy → Hunter-Syndrom; Morquio-
Syndrom Syndrom; Hurler-Syndrom
M. Hirschsprung → Zystische Fibrose; McKusick- Maroteaux-Malamut-Sy → Larsen-Syndrom
Kaufmann-Syndrom Marsh’s disease [engl.] → Basedow-Krankheit
M. Koch → Chronisches familiäres Granulomatose- Marshall-Sy → EEC-Syndrom; Larsen-Syndrom;
syndrom; Kartagener-Syndrom; Mediastinale Soto-SyndromMartorell-Fabre-Sy → Takayasu-
Raumforderungen; Zystische Fibrose Syndrom
M. Nettleship → Karzinoidsyndrom Mastozytose-Sy → Karzinoidsyndrom
M. Oppenheim → Huntington-Chorea; Huntington- Maternal vererbtes Leigh-Sy (MILS) → Mitochondriale
Krankheit im Kindesalter Myopathie
M. Paget → Cherubismussyndrom Mauriac-Sy → Glykogenose; Wilson-Syndrom
M. Prader-Siebenmann → Kongenitales adrenogeni- McArdle-Sy → Lambert-Eaton-Rooke-Syndrom;
tales Syndrom (kAGS) Myasthenia gravis pseudoparalytica
M. Raynaud → Dermatomyositis McBride-Stewart-Sy → Rezidivierende Polychondritis
M. Werlhof → Heparin-induzierte Thrombozyto- McCune-Albright-Sy → Syringomyelie
penie McKusick-Sy → Achondroplasie
Maffucci-Sy → Pulmonale Lymphangiomyomatose McQuarrie-Sy → Glykogenose
Magrassi-Leonardi-Sy → Hypereosinophiliesyndrom Meckel-Sy → Smith-Lemli-Opitz-Syndrom
Makroglossie → Hurler-Syndrom; Wiedemann- Mediastinal mass syndrome [engl.] → Mediastinalem-
Beckwith-Combs-Syndrom physem; Mediastinale Raumforderungen;
Malaria → Gaucher-Krankheit Rezidivierende Polychondritis
Malformations-Ss → Soto-Syndrom Medikamenteninduzierte Thrombozytopenie →
Maligne Hyperpyrexie; Malignant hyperthermia Heparin-induzierte Thrombozytopenie
[engl.] → Maligne Hyperthermie (MH) Meekeren-Ehlers-Danlos-Sy → Ehlers-Danlos-
Maligne Hyperthermie → King-Denborough-Syndrom; Syndrom (EDS)
Malignes neuroleptisches Syndrom (MNS); Meige-Sy → Huntington-Chorea; Huntington-
Myasthenia gravis pseudoparalytica; Krankheit im Kindesalter
Phäochromozytom Meigs-Tumor → Ovarienhyperstimulationssyndrom
Maligne Lungenadenomatose → Pulmonale Lymph- (OHS)
angiomyomatose Melaninurie → Alkaptonurie
Maligne Retikulozytose → Cherubismussyndrom Melasma suprarenale → Addison-Krankheit
Malignes Dopa-Entzugs-Sy → King-Denborough- Melkersson-Rosenthal-Sy → Angioödem
Syndrom; Maligne Hyperthermie (MH); Melliturie-Ss → Fruktoseintoleranz; Huntington-
Malignes neuroleptisches Syndrom (MNS) Chorea; Huntington-Krankheit im Kindesalter
Malignes neuroleptisches Sy → King-Denborough- Melorheostose → Achondroplasie
Syndrom; Maligne Hyperthermie (MH) Mendelson-Sy → Aspirinunverträglichkeit
Marchesani-Sy → Marfan-Syndrom Mendes-da Costa-Sy → Idiopathisches Hypo-
Marchiafava-Bignami-Sy → Leukodystrophien; ventilationssyndrom
Multiple Sklerose Mendes-da-Costa-van-de-Valk-Sy → Epidermolysis
Marchiafava-Micheli-Sy → Hämolytisch-urämisches bullosa
Syndrom Menière-Sy → Phäochromozytom
Index der Syndrome
XXV M

Meningomyelozele → Syringomyelie Morbus Osler → Osler-Rendu-Weber-Syndrom


Menkes-Sy → Hyperimmunglobulin-E-Syndrom Morbus Recklinghausen → Multiples Endokrino-
MEN-Sy (multiple endokrine Neoplasie) → Multiples pathiesyndrom
Endokrinopathiesyndrom Morbus Stern → Arthrogrypose
Metachromatische Leukodystrophie → Leuko- Morbus strangulatoriu → Ludwig-Angina
dystrophien Morbus Vaquez-Osler → Polycythaemia rubra vera
Metagerie-Sy → Marfan-Syndrom Morbus Werthemann → Arthrogrypose
Methämoglobinämie → Polycythaemia rubra vera Morquio-Brailford-Krankheit → Hunter-Syndrom;
Methioninmalabsorptions-Sy → Menkes-Syndrom Morquio-Syndrom; Hurler-Syndrom
Methylalkoholintoxikation → Fruktoseintoleranz Mortensen-Sy → Polycythaemia rubra vera
Meulengracht-Sy → Crigler-Najjar-Syndrom Morvan-Sy → Huntington-Chorea; Huntington-
Meyer-Betz-Sy → Akute Porphyrien; Krankheit im Kindesalter
Hämolytischurämisches Syndrom Moschcowitz-Sy → Heparin-induzierte Thrombozyto-
Mietens-Sy → Multiple-Pterygien-Syndrom; penie; Protein-C-Defizit
Okulodentale Syndrome Mosse-Sy → Polycythaemia rubra vera
Mietens-Weber-Sy → Aarskog-Syndrom; Motorische Neuropathien → Myasthenia gravis
Arthrogrypose; Cornelia-de-Lange-Syndrom I; pseudoparalytica
Freeman-Sheldon-Syndrom; Noonan-Syndrom Mowat-Wilson-Sy → Angelmann-Syndrom
Migräne → Phäochromozytom Moyamoya-Sy → Kawasaki-Syndrom; Menkes-
Mikroskopische Polyangiitis (MPA) → Churg-Strauss- Syndrom
Syndrom (CSS) MPS → Morquio-Syndrom
Miliartuberkulose → Pulmonale Lymphangiomyo- MS → Multiple Sklerose
matose Muckle-Wells-Sy → Mastozytose
Miller-Sy → Akrofaziale Dysostosen Mucopolysaccharidose Typ II (MPS II) → Hunter-
Milton-Riesenurtikaria → Angioödem Syndrom
Minderwuchs-Ss → Omodysplasie; Hurler-Syndrom Mukokutanes Lymphknoten-Sy → Kawasaki-
Minor-Sy → Wilson-Syndrom Syndrom
Mitochondrial encephalopathy with lactic acidosis Mukolipidose → Neuronale Ceroidlipofuszinosen;
and stroke-like episodes (MELAS) [engl.] → Achondroplasie
Mitochondriale Myopathie Mukopolysaccharidose Typ IH → Hurler-Syndrom
Mitochondriale Myopathie-Ss → Kongenitale Mukopolysaccharidose Typ IV → Morquio-Syndrom
Stäbchenmyopathie Mukopolysaccharidosen → Achondroplasie;
Mitochondriopathie → Leigh-Syndrom Morquio-Syndrom
Mittelmeeranämie → Thalassämie Mukoviszidose → Hyperimmunglobulin-E-Syndrom;
Möbius-Sy → Nager-Syndrom; Pierre-Robin-Syndrom Kartagener-Syndrom; Zystische Fibrose
Mohr-Sy → Apert-Syndrom Multicore disease → Kongenitale Stäbchenmyo-
Mongolismus → Down-Syndrom pathie
Mononukleose → Fruktoseintoleranz Multiple arterielle Thromboembolien → Takayasu-
Montandon-Sy → Lambert-Eaton-Rooke-Syndrom; Syndrom
Myasthenia gravis pseudoparalytica Multiple congenital joint contractures [engl.] →
Morbus Bürger → Takayasu-Syndrom Arthrogrypose
Morbus Ebstein → Ebstein-Anomalie Multiple endokrine Neoplasien (MEN) → Hyperpara-
Morbus Gaucher → Gaucher-Krankheit thyreoidismus (HPT); Phäochromozytom;
Morbus Hurler → Hurler-Syndrom Recklinghausen-Neurofibromatose
Morbus Jones → Cherubismussyndrom Multiple-Exostosen-Sy → Marfan-Syndrom
Morbus Langdon-Down → Down-Syndrom Multiple Sklerose → Amyotrophische Lateralsklerose
Morbus Leigh → Leigh-Syndrom (ALS); Dévic-Syndrom (Neuromyelitis optica);
Morbus Nettleship → Mastozytose Friedreich-Ataxie; Leukodystrophien
XXVI Index der Syndrome

Münchmeyer-Sy → Dermatomyositis; Myositis Myxödem → Cherubismussyndrom; Hurler-Syndrom;


ossificans progressiva Prader-Willi-Syndrom; Wiedemann-Beckwith-
Mundbodenabszess; Mundbodenphlegmone → Combs-Syndrom
Hecht-Beals-Syndrom; Kongenitale Trismus- N-Acetylglutamatsynthetase-(NAGS-)Mangel →
syndrome (KTS) H-H-H-Syndrom
Muskelatrophie; Muskeldystrophie-Ss → Naegeli-Sy → EEC-Syndrom
Myopathiesyndrome; Kugelberg-Welander- Naevi aranei → Osler-Rendu-Weber-Syndrom
Syndrom Nager acrodental/acrofacial dysostosis [engl.];
Muskuläre Duchenne-Dystrophie → Emery-Dreifuss- Nager-de-Reynier-Sy → Akrofaziale Dysostosen;
Muskeldystrophie Hallermann-Streiff-François-Syndrom;
Muskuläre Dystrophie Typ Becker → Emery-Dreifuss- Nager-Syndrom
Muskeldystrophie Nävoxanthoendotheliom-Sy → Mastozytose
Myasthenia gravis pseudoparalytica → Guillain-Barré- Nemalin-Myopathie → Kongenitale Stäbchen-
Syndrom; Hyperparathyreoidismus (HPT); myopathie; Mitochondriale Myopathie;
Lambert-Eaton-Rooke-Syndrom; Mitochondriale Multiple-Pterygien-Syndrom
Myopathie Nephrose-Ss → Angioödem
Myasthenische Bulbärparalyse → Myasthenia gravis Nephrotisches-Sy → Angioödem; Transurethrales
pseudoparalytica Resektionssyndrom
Myatrophe Lateralsklerose → Amyotrophische Neurale Muskelatrophie → Mitochondriale
Lateralsklerose (ALS) Myopathie
Myeloproliferative Erkrankungen → Hypereosino- Neurodegenerative Erkrankungen → Leukodystro-
philiesyndrom phien; Leigh-Syndrom
Myodysplasie-Ss; Myodystonie-Ss; Myoglobinurie-Ss Neurofibromatose Typ I → Soto-Syndrom
→ Myopathiesyndrome Neurologische Erkrankungen mit Degeneration des
Myokarditiden → Dermatomyositis peripheren motorischen Neurons → Kugelberg-
Myoklonus epilepsy with ragged red fibres (MERRF) Welander-Syndrom
[engl.] → Mitochondriale Myopathie Neuroektodermalen Neoplasien → Phäochromo-
Myoossificatio progressiva multiplex; zytom
Myopathia osteoplastica → Myositis ossificans Neurofibromatose → Phäochromozytom; Proteus-
progressiva Syndrom; Recklinghausen-Neurofibromatose
Myopathien → Amyotrophische Lateralsklerose Neurofibromatose Typ 1 → Recklinghausen-
(ALS); Atypische Cholinesterase; Neurofibromatose
King-Denborough-Syndrom; Mitochondriale Neurogene Hypoventilation → Idiopathisches Hypo-
Myopathie; Myasthenia gravis pseudoparalytica ventilationssyndrom
Myositis fibrosa generalisata → Curschmann-Batten- Neuroleptic malignant syndrome [engl.] → Malignes
Steinert-Syndrom neuroleptisches Syndrom (MNS)
Myositis → Dermatomyositis Neuromyositis → Dermatomyositis
Myositis ossificans progressiva → Dermatomyositis Neuropathie → Mitochondriale Myopathie
Myotonia congenita → Eulenburg-Krankheit Nevo-Sy → Soto-Syndrom
(Paramyotonia congenita) New-Peterson-Sy → Kongenitales adrenogenitales
Myotonien → Hecht-Beals-Syndrom; Kongenitale Syndrom (kAGS)
Trismussyndrome (KTS) Nezelhof-Sy → Chronisches familiäres Granulomatose-
Myotonische Dystrophie → Curschmann-Batten- syndrom; Kartagener-Syndrom
Steinert-Syndrom Nichamin-Sy → Polycythaemia rubra vera
Myotropic lateral sclerosis [engl.] → Amyotrophische Nicolas-Moutot Charlet-Sy → Epidermolysis bullosa
Lateralsklerose (ALS) Nielsen-Sy → Multiple-Pterygien-Syndrom
myotubuläre zentronukleäre Myopathie → Niemann-Pick-Sy → Gaucher-Krankheit; Neuronale
Kongenitale Stäbchenmyopathie Ceroidlipofuszinosen
Index der Syndrome
XXVII M–P

Noack-Sy → Apert-Syndrom Osteoklastome → Cherubismussyndrom


Non-Hodgkin-Lymphome → Hypereosinophilie- Osteome; Osteoma multiple → Myositis ossificans
syndrom progressiva
Noonan-Sy → King-Denborough-Syndrom; Osteomyelitis der Kiefer → Cherubismussyndrom
Multiple-Pterygien-Syndrom Osteomyelofibrose → Polycythaemia rubra vera
Normokaliämische periodische Lähmung → Osteopetrose Albers-Schönberg → Albers-Schön-
Familiäre periodische Lähmung berg-Syndrom
Obstructive sleep apnea syndrome [engl.]; Osteopetrose; Osteopoikilie → Achondroplasie
Obstruktives Schlafapnoe-Sy (OSAS) → Osteopsathyrose → Osteogenesis imperfecta
Idiopathisches Hypoventilationssyndrom Osteosarkom → Myositis ossificans progressiva;
Ochronose → Alkaptonurie Osteogenesis imperfecta
Oedema cutis circumscriptum → Angioödem Osteosklerose → Albers-Schönberg-Syndrom
Ogna-Sy → Epidermolysis bullosa OTC-Mangel → H-H-H-Syndrom
Okuloaurikuläres (vertebrales) Sy → Goldenhar- Otopalatodigitales Sy → Aarskog-Syndrom;
Syndrom Larsen-Syndrom; Noonan-Syndrom
Okulodentale Dysplasie → Okulodentale Syndrome Page-Sy → Karzinoidsyndrom; Riley-Day-Syndrom
Okulodentale Syndrome → Axenfeld-Rieger-Syndrom Pallidum-Sy → Parkinson-Syndrom
Okulodentodigitales Sy → EEC-Syndrom Panarteriitis nodosa → Moyamoya-Syndrom;
Okulomandibulodyskranie mit Hypotrichosis → Takayasu-Syndrom
Hallermann-Streiff-François-Syndrom Panchondritis → Rezidivierende Polychondritis
Okulomandibulofaziale Dyszephalie → Hallermann- Pancoast-Sy → Amyotrophische Lateralsklerose
Streiff-François-Syndrom (ALS); Pulmonale Lymphangiomyomatose
Okulootovertebrales Sy → EEC-Syndrom; Goldenhar- Paradoxe Medikamentenwirkung → Zentralanticho-
Syndrom linerges Syndrom (ZAS)
Okulozerebrorenales Sy → Okulodentale Syndrome Paralysis agitans → Parkinson-Syndrom
Ollier-Sy → Achondroplasie Paramyotonia congenita (intermittens) Eulenburg →
Ombredanne-Sy → King-Denborough-Syndrom; Eulenburg-Krankheit (Paramyotonia congenita)
Maligne Hyperthermie (MH); Malignes neuro- Paramyotonia congenita → Curschmann-Batten-
leptisches Syndrom (MNS) Steinert-Syndrom
Ondine’s curse [engl.] → Idiopathisches Hypoventila- Parisitäre Erkrankungen → Hypereosinophilie-
tionssyndrom syndrom
Ophthalmoneuromyelitis → Dévic-Syndrom (Neuro- Parkinsonismus → Parkinson-Syndrom
myelitis optica) Parkinson-Sy → Huntington-Chorea; Huntington-
Opiatüberdosierung; Opiatüberhang → Atypische Krankheit im Kindesalter; Polycythaemia rubra
Cholinesterase; Idiopathisches Hypoventilations- vera; Riley-Day-Syndrom; Wilson-Syndrom
syndrom; Lambert-Eaton-Rooke-Syndrom; Paroxysmales Hypothermie-Sy → Idiopathisches
Zentralanticholinerges Syndrom (ZAS) Hypoventilationssyndrom; Karzinoidsyndrom
Opitz-Frias-Sy → Aarskog-Syndrom Parrot-Sy → Achondroplasie; Hypothyreose;
Oppenheim-Urbach-Sy → Dermatomyositis Larsen-Syndrom
Ornithintranscarbamylasedefekt → H-H-H-Syndrom Parry’s disease [engl.] → Basedow-Krankheit
Oroakrales Sy → Nager-Syndrom; Pierre-Robin- Parsonage-Turner-Sy → Amyotrophische Lateral-
Syndrom sklerose (ALS)
Osler-Sy → Karzinoidsyndrom Partieller Gigantismus → Marfan-Syndrom
Ösophagotracheale Fistel; Ösophagusdivertikel; Pasini-Sy → Epidermolysis bullosa
Ösophagusstriktur → Zenker-Divertikel Patau-Sy → Cornelia-de-Lange-Syndrom I
Osteochondrodysplasie → Achondroplasie PCP → Dermatomyositis; Rheumatoide Arthritis
Osteogenesis imperfecta → Achondroplasie; Pelizaeus-Merzbacher-Krankheit → Leukodystro-
Cornelia-de-Lange-Syndrom I phien; Multiple Sklerose
XXVIII Index der Syndrome

Pelizaeus-Merzbacher-Sy → Parkinson-Syndrom Poliomyelitis → Akute Porphyrien; Myasthenia gravis


Pellagra → Amyloidpolyneuropathie vom Typ 1; pseudoparalytica
Dermatomyositis; Karzinoidsyndrom Polyarteriitis nodosa → Hypereosinophiliesyndrom
Pemphigus vulgaris → Epidermolysis bullosa Polydysplasie ectodermique [frz.] → EEC-Syndrom
Pena-Shokeir-Sy → Multiple-Pterygien-Syndrom Polymyositis-Ss → Duchenne-Muskeldystrophie
Pendred-Sy → Hypothyreose Polymyositis → Dermatomyositis; Lambert-Eaton-
Pepper-Sy → Glykogenose; Cohen-Syndrom Rooke-Syndrom
Perikarderguss; Perikardtamponade → Mediastinale Polyneuritiden → Akute Porphyrien; Lambert-Eaton-
Raumforderungen; Lupus erythematodes Rooke-Syndrom; Myasthenia gravis pseudopara-
Periphere T3/T4-Rezeptorenabnormalität → lytica
Hypothyreose Polyneuropathien → Charcot-Marie-Tooth-
Perlman-Sy → Soto-Syndrom Hoffmann-Syndrom
Peroneale Muskelatrophie; Peroneal muscular Polyossificatio congenita progressiva → Myositis
atrophy [engl.] → Charcot-Marie-Tooth-Hoffmann- ossificans progressiva
Syndrom Polyradikuloneuropathie → Guillain-Barré-Syndrom
Petges-Clejat-Sy → Dermatomyositis Popliteales Pterygium-Sy → Multiple-Pterygien-
Pfannenstiel-Sy → Crigler-Najjar-Syndrom Syndrom
Pfaundler-Hurler-Sy → Hurler-Syndrom; Porak-Durante-Krankheit → Osteogenesis imperfecta
Achondroplasie; Corneliade-Lange-Syndrom I; Porphyria cutanea tarda → Akute Porphyrien
Glykogenose; Hypothyreose; Wiedemann- Porphyria variegata → Akute Porphyrien
Beckwith-Combs-Syndrom Postagressions-Sy → Zentral-anticholinerges
Pfeifer-Weber-Christian-Sy → Dermatomyositis Syndrom (ZAS)
Pfeiffer-Sy → Apert-Syndrom Postenzephalitische Störungen → Riley-Day-
Phakomatosen → Recklinghausen- Syndrom
Neurofibromatose Posteriore polymorphe Dystrophie → Axenfeld-
Phäochromozytom → Karzinoidsyndrom; Maligne Rieger-Syndrom
Hyperthermie (MH); Mastozytose; Multiples Potassium losing nephritis [engl.] → Conn-Syndrom
Endokrinopathiesyndrom Potter-Sy → Apert-Syndrom; VATER-Assoziation
Phase-II-Block → Atypische Cholinesterase Prader-Labhardt-Willi-Sy → Prader-Willi-Syndrom
Physiologischer Neugeborenenikterus → Crigler- Prader-Willy-Sy → Cohen-Syndrom
Najjar-Syndrom Präeklampsie → HELLP-Syndrom
Pickwick-Sy → Idiopathisches Hypoventilations- Prechtl-Sy → Hyperexzitabilitätssyndrom
syndrom; Prader-Willi-Syndrom Primär chronische (progressive) Polyarthritis →
Pierre-Marie-Sy → Friedreich-Ataxie; Marfan- Rheumatoide Arthritis
Syndrom Primäre Nebennierenrindeninsuffizienz (NNI) →
Pierre-Robin-Sy → Hallermann-Streiff-François- Addison-Krankheit
Syndrom; Nager-Syndrom; Smith-Lemli-Opitz- Primärer Hyperaldosteronismus → Conn-Syndrom
Syndrom Primary ciliary dyskinesia (PCD) [engl.] → Kartagener-
Pigmentierte Pityriasis lichenoides chronica → Syndrom
Mastozytose Profichet-Sy → Dermatomyositis
Pillay-Orth-Sy → Akrofaziale Dysostosen; Progerie-Ss → Dermatomyositis
Arthrogrypose; Freeman-Sheldon-Syndrom Progrediente (progressive) pseudohypertrophische
PKS → Pallister-Killian-Syndrom Muskeldystrophie → Duchenne-Muskel-
Plumboporphyrie → Akute Porphyrien dystrophie
PMC → Eulenburg-Krankheit (Paramyotonia Progredientes Lungendystrophie-Sy → Pulmonale
congenita) Lymphangiomyomatose
Pneumonie → Zystische Fibrose Progressive Bulbärparalyse → Amyotrophische
Poland-Sy → Apert-Syndrom Lateralsklerose (ALS)
Index der Syndrome
XXIX P–R

Progressive septic granulomatosis [engl.] → Pyrroloporphyria → Akute Porphyrien


Chronisches familiäres Granulomatosesyndrom Quincke-Sy → Angioödem
Protein-S-Defekte → Protein-C-Defizit Rachitis → Albers-Schönberg-Syndrom
Protocoproporphyria hereditaria → Akute Porphyrien Rapp-Hodgkin-Sy → EEC-Syndrom
Pseudobulbärparalyse → Amyotrophische Lateral- Rapunzel-Sy → Karzinoidsyndrom
sklerose (ALS); Wilson-Syndrom Raynaud-Sy → Takayasu-Syndrom
Pseudocholinesterasemangel → Atypische Red cell fragmentation syndrome [engl.] → Hämo-
Cholinesterase lytisch-urämisches Syndrom
Pseudo-Conn-Sy → Familiäre periodische Lähmung Reducing body myopathy → Kongenitale Stäbchen-
Pseudogicht → Alkaptonurie myopathie
Pseudo-Grey-Platelet-Sy → Grey-Platelet-Syndrom Refetoff-Wind-Groot-Sy → Hypothyreose
(GPS) Refsum-Sy → Charcot-Marie-Tooth-Hoffmann-
Pseudohermaphroditismus → Kongenitales adreno- Syndrom; Friedreich-Ataxie
genitales Syndrom (kAGS) Reitersyndrom → Bechterew-Krankheit
Pseudohyperglobulie → Polycythaemia rubra vera Relapsing polychondritis [engl.] → Rezidivierende
Pseudohypoaldosteronismus Typ II → Gordon- Polychondritis
Syndrom Relaxansüberhang → Atypische Cholinesterase;
Pseudohypoparathyreoidismus → Hypopara- Lambert-Eaton-Rooke-Syndrom; Zentral-anti-
thyreoidismus cholinerges Syndrom (ZAS)
Pseudokrämpfe → Epilepsie Retinitis pigmentosa (NARP) → Mitochondriale
Pseudo-Lupus-erythematodes-Sy → Dermatomyositis Myopathie
Pseudomyasthenie → Lambert-Eaton-Rooke- Retrosternale Struma → Mediastinale Raum-
Syndrom forderungen
Pseudo-Pseudohypoparathyreoidismus → Hypopara- Rett-Syndrom → Angelmann-Syndrom
thyreoidismus Reye-Johnson-Sy; Reye-Morgan-Baral-Sy → Karnitin-
Pseudosklerose → Wilson-Syndrom mangelsyndrom
Pseudothrombozytopenie → Heparin-induzierte Rezidivierende Fazialislähmung → Melkersson-
Thrombozytopenie Rosenthal-Syndrom
Pseudo-Turner-Sy → Noonan-Syndrom Rezidivierende Polychondritis → Larsen-Syndrom;
Psoriasis → Dermatomyositis Mediastinale Raumforderungen; Rheumatoide
psychogener funktioneller Stridor → Mediastinale Arthritis
Raumforderungen Rheumatoide Arthritis → Dermatomyositis;
Psychoneurosen → Phäochromozytom Rezidivierende Polychondritis
Psychoorganisches Sy → Multiple Sklerose Rheuma → Rheumatoide Arthritis
Psychosen → Zentral-anticholinerges Syndrom (ZAS) Rhinitis vasomotorica → Aspirinunverträglichkeit
Psychosen (manisch-depressive Form) → Multiple Rhizomelic bone dysplasia with club-like femora,
Sklerose familial generalized micromelia with dislocated
Pterygium colli syndrome [engl.]; Pterygium univer- radius and congenital micromelic dysplasia
sale → Multiple-Pterygien-Syndrom (Borochowitz) [engl.] → Omodysplasie
Pulmonalarterielle Hypertonie → Eisenmenger- RHS-Sy → Smith-Lemli-Opitz-Syndrom
Syndrom; Lupus erythematodes Ribbing-Sy → Achondroplasie
Pulsloskrankheit; Pulseless disease [engl.] → Takayasu- Richard-Rundle-Sy → Friedreich-Ataxie
Syndrom Rieger-Sy → Curschmann-Batten-Steinert-Syndrom;
Purpura fulminans; Purpura gangraenosa haemor- Marfan-Syndrom
rhagica; Purpura necroticans → Protein-C-Defizit Riesenzellarteriitis → Moyamoya-Syndrom
Purpura Schoenlein-Henoch → Protein-C-Defizit Rigid spine syndrome → Emery-Dreifuss-Muskel-
Pylorusstenose des Säuglings → Kongenitales dystrophie
adrenogenitales Syndrom (kAGS) Riley-Day-Sy → Parkinson-Syndrom
XXX Index der Syndrome

Roberts-Sy → Multiple-Pterygien-Syndrom Scheuthauer-Marie-Sainton-Sy → Achondroplasie


Robinow-Silverman-Smith-Sy → Achondroplasie; Schilddrüsenautonomie → Struma
Larsen-Syndrom Schilder-Krankheit → Leukodystrophien;
Robinow-Sy → Aarskog-Syndrom; Omodysplasie Multiple Sklerose
Rocher-Sheldon-Sy → Arthrogrypose Schilder-Sy, Pelizaeus-Merzbacher-Sy →
Rod body myopathy [engl.] → Kongenitale Stäbchen- Hyperexzitabilitätssyndrom; Neuronale
myopathie Ceroidlipofuszinosen
Romano-Ward-Sy → Jervell-Lange-Nielsen-Syndrom; Schimmelpenning-Feuerstein-Mims-Sy → Proteus-
Long-QT-Syndrom Syndrom
Rosenberg-Chutorian-Sy → Charcot-Marie-Tooth- Schlafapnoe-Sy → Idiopathisches Hypoventilations-
Hoffmann-Syndrom; Friedreich-Ataxie syndrom; Prader-Willi-Syndrom
Rossolimo-Curschmann-Batten-Steinert-Sy → Schmid-Sy → Achondroplasie
Curschmann-Batten-Steinert-Syndrom Scholz-Sy → Friedreich-Ataxie; Hyperexzitabilitäts-
Rothmann-Makai-Sy → Dermatomyositis syndrom
Rothmund-Sy → Dermatomyositis Schulter-Arm-Ss → Syringomyelie
Rotor-Sy → Crigler-Najjar-Syndrom Schüttellähmung → Parkinson-Syndrom
Rotter-Erb-Sy → Achondroplasie; Arthrogrypose; Schwachmann-Diamond-Sy → Zystische Fibrose
Ehlers-Danlos-Syndrom; Freeman-Sheldon- Schwachmann-Sy → Hyperimmunglobulin-E-
Syndrom; Larsen-Syndrom; Marfan-Syndrom Syndrom
Roussy-Lévy-Sy → Charcot-Marie-Tooth-Hoffmann- Schwangerschaftstoxämie/-toxikose →
Syndrom; Friedreich-Ataxie HELLP-Syndrom; Präeklampsie/Eklampsie
Rubinstein-Sy → Cornelia-de-Lange-Syndrom I; Schwartz-Bartter-Sy → Familiäre periodische
EEC-Syndrom; Hallermann-Streiff-François- Lähmung
Syndrom Schwartz-Jampel-Sy → Arthrogrypose; Freeman-
Rubinstein-Taybi-Sy → Hurler-Syndrom Sheldon-Syndrom
Russel-Sy → Cornelia-de-Lange-Syndrom I; Schwerhörigkeit → Klippel-Feil-Syndrom
EEC-Syndrom Schwermetallintoxikationen → Akute Porphyrien;
Rutherford-Sy → EEC-Syndrom Albers-Schönberg-Syndrom
Säbelscheidentrachea → Rezidivierende Poly- Seip-Lawrence-Sy → Wiedemann-Beckwith-
chondritis; Struma Combs-Syndrom
Sabouraud-Sy → Menkes-Syndrom Seitelberger-Sy → Neuronale Ceroidlipofuszinosen
Sack-Barabas-Sy → Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS); Sekundäre pulmonale Hypertonie → Eisenmenger-
Marfan-Syndrom Syndrom
Saethre-Chotzen-Sy → Apert-Syndrom Sepsis, pharmakainduziertes Fieber → Crigler-Najjar-
Sakati-Nyhan-Sy → Apert-Syndrom Syndrom; Fruktoseintoleranz; Heparininduzierte
Salzverlust-Sy → Transurethrales Resektionssyndrom Thrombozytopenie; Malignes neuroleptisches
Samter-Sy = Fernand-Widal-Sy → Aspirinunverträg- Syndrom (MNS)
lichkeit Septischer Schock → Fruchtwasserembolie
Sanarelli-Shwartzmann-Sy → Protein-C-Defizit Serotonin-Sy → Malignes neuroleptisches Syndrom
Sanfilippo-Sy → Hunter-Syndrom; Hurler-Syndrom (MNS)
Sarkoidose → Chronisches familiäres Granulomatose- Sforzini-Sy → Crouzon-Syndrom
syndrom; Kartagener-Syndrom; Mediastinale Shy-Drager-Sy → Parkinson-Syndrom; Riley-Day-
Raumforderungen; Zystische Fibrose Syndrom
Sarkotubuläre Myopathie → Kongenitale Stäbchen- Shy-Magee-Sy → Kongenitale Stäbchenmyopathie
myopathie Sichelzellanämie → Thalassämie
Say-Gerald-Sy → Apert-Syndrom Silfverskjöld-Sy → Achondroplasie
Schamberg-Sy → Mastozytose Silver-Sy → Cornelia-de-Lange-Syndrom I
Scheie-Sy → Hunter-Syndrom; Hurler-Syndrom Simpson-Golabi-Behmel-Sy → Soto-Syndrom
Index der Syndrome
XXXI R–T

Sipple-Sy → Phäochromozytom; Multiples Endo- Strachen-Scott-Sy → Amyotrophische Lateralsklerose


krinopathiesyndrom (ALS)
Sjögren-Sy → Rheumatoide Arthritis; Riley-Day- Striäres extrapyramidales Sy → Parkinson-Syndrom
Syndrom; Lupus erythematodes Strümpell-Leichsenstern disease [engl.] → Strümpell-
Skelettdeformitäten → Klippel-Feil-Syndrom Krankheit
Sklerödem; Sklerodermie → Dermatomyositis Sturge-Weber-Sy → Phäochromozytom
Skoliose → Klippel-Feil-Syndrom Subacute myelo-optic neuropathy → Amyotrophische
SLO-Sy → Smith-Lemli-Opitz-Syndrom Lateralsklerose (ALS)
Sly-Sy → Hunter-Syndrom; Morquio-Syndrom; Hurler- Subakute nekrotisierende Enzephalomyelopathie →
Syndrom Leigh-Syndrom
Smith-Lemli-Opitz-Sy → Aarskog-Syndrom Submandibulare/sublinguale Abszesse → Ludwig-
Smith-Theiler-Schachenmann-Sy → Akrofaziale Angina; Hecht-Beals-Syndrom; Kongenitale
Dysostosen; Hallermann-Streiff-François-Syndrom; Trismussyndrome (KTS)
Nager-Syndrom; Pierre-Robin-Syndrom Succinylcholininduzierter Trismus → Hecht-Beals-
SMON: »subacute myelo-optic neuropathy« → Syndrom; Kongenitale Trismussyndrome (KTS)
Amyotrophische Lateralsklerose (ALS) Sulfhämoglobinämie → Polycythaemia rubra vera
Sohar-Sy → Marfan-Syndrom Surdokardiales Sy → Jervell-Lange-Nielsen-Syndrom
Spinale Heredoataxie; Spinozerebellare Ataxie → Sy der minimalen Hirndysfunktion → Hyperexzitabili-
Friedreich-Ataxie tätssyndrom
Spinale Muskelatrophie → Duchenne-Muskel- Sy des pfeifenden Gesichts → Hecht-Beals-Syndrom
dystrophie; Kugelberg-Welander-Syndrom Sy mit kraniofazialer Deformierung → Hurler-Syndrom
Spinalkanalstenose → Klippel-Feil-Syndrom Sydenham-Sy → Huntington-Chorea; Huntington-
Spiro-Shy-Gonatas-Sy → Kongenitale Stäbchen- Krankheit im Kindesalter; Hyperexzitabilitäts-
myopathie syndrom
Spitzer-Weinstein-Sy → Gordon-Syndrom Sylvest-Sy → Dermatomyositis
Spondylarthritis ankylopoetica; Spondylitis Symptomatischer Cholinesterasemangel →
ankylosans → Bechterew-Krankheit Atypische Cholinesterase
Sporadischer Kretinismus → Hypothyreose Syndrom der primären alveolären Hypoventilation →
Sprengels Anomalie → Klippel-Feil-Syndrom Idiopathisches Hypoventilationssyndrom
Sprue-Ss → Karzinoidsyndrom Syndrome carpotarsien [frz.] → Freeman-Sheldon-
Status asthmaticus → Mediastinale Raum- Syndrom
forderungen Synostosen → Klippel-Feil-Syndrom
Steinert’s disease [engl.] → Curschmann-Batten- Syringomyelie → Amyloidpolyneuropathie vom
Steinert-Syndrom Typ 1; Amyotrophische Lateralsklerose (ALS);
Steiner-Voerner-Sy; Steiner-Lusbaugh-Sy → Charcot-Marie-Tooth-Hoffmann-Syndrom
Karzinoidsyndrom Systematisierte Chondromalazie → Rezidivierende
Stein-Leventhal-Sy → Adrenogenitales Syndrom Polychondritis
(AGS) Systemischer Lupus erythematodes (SLE) → Lupus
Stickler-Sy → Nager-Syndrom; Pierre-Robin-Syndrom erythematodes
Stiff-baby syndrome [engl.] → Hyperexzitabilitäts- Tabes dorsalis → Amyloidpolyneuropathie vom
syndrom Typ 1; Friedreich-Ataxie
Stiff-man-Sy → Dermatomyositis Takayasu-Arteriitis; Takayasu-Onishi-Sy → Takayasu-
Stiling-Türk-Duane-Sy → Goldenhar-Syndrom Syndrom
Stiller-Sy → Marfan-Syndrom TAR-Sy → Holt-Oram-Syndrom
Still-Sy → Dermatomyositis; Rheumatoide Arthritis Tay-Sachs-Sy → Gaucher-Krankheit; Neuronale
Stoffwechselerkrankung → Lesh Nyhan-Syndrom Ceroidlipofuszinosen
Stone man [engl.] → Myositis ossificans progressiva Teleangiectasia hereditaria haemorrhagica →
Storage-Pool-Sy → Grey-Platelet-Syndrom (GPS) Osler-Rendu-Weber-Syndrom
XXXII Index der Syndrome

Teleangiectasia macularis eruptiva persistens → Toxoplasmose → Crigler-Najjar-Syndrom


Mastozytose Trachealstenose → Rezidivierende Polychondritis
Tel-Hashomer-Kamptodaktylie-Sy → Hecht-Beals- Transfusion-related acute lung injury [engl.] →
Syndrom TRALI-Syndrom
Tertiäre Hypothyreose → Hypothyreose Transfusionszwischenfall → Fruchtwasserembolie
Tetanie → King-Denborough-Syndrom; Maligne Transitorischer Diabetes mellitus des Neugeborenen
Hyperthermie (MH); Malignes neuroleptisches → Wiedemann-Beckwith-Combs-Syndrom
Syndrom (MNS) Traumatische Verknöcherungen → Myositis ossificans
Tetrasomie 12p [engl.] → Pallister-Killian-Syndrom progressiva
Teutschländer-Sy → Myositis ossificans progressiva Treacher-Collins-Sy → Akrofaziale Dysostosen;
Thalassämie → Sichelzellanämie Nager-Syndrom; Pierre-Robin-Syndrom
Thalidomid-Embryopathie → Holt-Oram-Syndrom Trichinose → Dermatomyositis; Hypereosinophilie-
Thanatophore Dysplasie → Achondroplasie syndrom
Thévenard-Sy → Friedreich-Ataxie Tricho-rhino-phalangeales Sy → Cornelia-de-Lange-
Thibierge-Weissenbach-Sy → Myositis ossificans Syndrom I; Hypothyreose
progressiva Trimethylbetainmangel → Karnitinmangelsyndrom
Thomas-Sy → Friedreich-Ataxie Trismus-Pseudokamptodaktylie-Sy → Arthrogrypose;
Thomson-Komplex → Nager-Syndrom; Treacher- Freeman-Sheldon-Syndrom; Hecht-Beals-
Collins-Syndrom Syndrom; Kongenitale Trismussyndrome (KTS)
Thorn-Sy → Transurethrales Resektionssyndrom Trisomie-9-Mosaik → Pallister-Killian-Syndrom
Thrombasthenie → Grey-Platelet-Syndrom (GPS) Trisomie 13 → Pätau-Syndrom; Smith-Lemli-Opitz-
Thrombopenie-Radiusaplasie → Holt-Oram- Syndrom
Syndrom Trisomie 15q26-qter → Soto-Syndrom
Thrombotische Mikroangiopathie → Heparin-indu- Trisomie 18 → Nager-Syndrom; Pierre-Robin-
zierte Thrombozytopenie Syndrom; Pallister-Killian-Syndrom
Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura Trisomie 21 → Down-Syndrom
Moschcowitz → Hämolytisch-urämisches Troisier-Hanot-Chauffard-Sy → Wilson-Syndrom
Syndrom Tuberkulose → Chronisches familiäres Granulomatose-
Thrombozytisch-thrombopenische Purpura → syndrom; Kartagener-Syndrom; Mediastinale
Protein-C-Defizit Raumforderungen; Zystische Fibrose
Thrombozytopenie → Lupus erythematodes Tuberöse Sklerose → Phäochromozytom
Thymom → Struma Tubuskomplikationen → Mediastinale Raum-
Thyreotoxikose → Basedow-Krankheit; Lambert- forderungen; Rezidivierende Polychondritis
Eaton-Rooke-Syndrom; Myasthenia gravis Turner-Kieser-Sy → Arthrogrypose; Freeman-Sheldon-
pseudoparalytica; Phäochromozytom Syndrom; Larsen-Syndrom; Multiple-Pterygien-
Thyroxinresistenz → Hypothyreose Syndrom
Toni-Debré-Fanconi-Sy → Familiäre periodische Turner-like syndrome without X chromosome
Lähmung abnormality [engl.] → Noonan-Syndrom
Tonsillarabszess → Hecht-Beals-Syndrom; Turner-Sy → Aarskog-Syndrom; Ehlers-Danlos-
Kongenitale Trismussyndrome (KTS) Syndrom; Noonan-Syndrom
Torsionsdystonie-Ss → Huntington-Chorea; Turpin-Sy → VATER-Assoziation
Huntington-Krankheit im Kindesalter; Hyper- TUR-Sy; TURP syndrome [engl.] → Transurethrales
exzitabilitätssyndrom; Parkinson-Syndrom Resektionssyndrom
Torticollis → Klippel-Feil-Syndrom Tyrosinose-Sy → Wilson-Syndrom
Totale Spinalanästhesie → Fruchtwasserembolie Überdosierung von Anti-Parkinson-Mitteln →
Tourette-Sy → Huntington-Chorea; Huntington- Zentral-anticholinerges Syndrom (ZAS)
Krankheit im Kindesalter Übererregbarkeits-Sy des Neugeborenen →
Toxämie → Präeklampsie/Eklampsie Hyperexzitabilitätssyndrom
Index der Syndrome
XXXIII T–W

Ullrich-Feichtiger-Sy → Cornelia-de-Lange-Syndrom Von-Hippel-Lindau-Sy → Phäochromozytom;


I; EEC-Syndrom; Pätau-Syndrom (Trisomie 13) Syringomyelie
Ullrich-Fremerey-Dohna-Sy → Crouzon-Syndrom; Von-Hippel-Lindau-Krankheit → Hippel-Lindau-
EEC-Syndrom; Hallermann-Streiff-François- Syndrom
Syndrom Von-Jaksch-Wartenhorst-Sy; Von-Meyenburg-Altherr-
Ullrich-Noonan-Sy → Noonan-Syndrom Uehlinger-Sy → Rezidivierende Polychondritis
Ullrich-Sy → Arthrogrypose; Freeman-Sheldon- Von-Leyden-Moebius-Sy → Duchenne-Muskel-
Syndrom dystrophie
Ullrich-Turner-Sy → Multiple-Pterygien-Syndrom Von-Recklinghausen-Sy → Recklinghausen-
Umgekehrtes Isthmusstenose-Sy → Takayasu- Neurofibromatose
Syndrom Von-Willebrand-Sy → Willebrand-Jürgens-Syndrom
Undine-Sy (Undine’s curse [engl.]) → Idiopathisches Vrolik-Krankheit → Osteogenesis imperfecta
Hypoventilationssyndrom; Prader-Willi-Syndrom Vrolik-Sy → Achondroplasie
Urticaria chronicum cum pigmentatione → V.-Willebrand-Sy → Osler-Rendu-Weber-Syndrom
Mastozytose Wagner-Unverricht-Günther-Sy → Dermatomyositis
Urticaria factitia → Aspirinunverträglichkeit Wagner-Unverricht-Sy → Duchenne-Muskel-
Urticariapigmentosa/xanthelasmoidea → Karzinoid- dystrophie; Myositis ossificans progressiva
syndrom; Mastozytose Wasserintoxikation; Wasserüberschuss →
Uterusruptur → Fruchtwasserembolie Transurethrales Resektionssyndrom
Uveoarthrochondrales Sy → Ehlers-Danlos-Syndrom; Waterhouse-Friderichsen-Sy → Protein-C-Defizit;
Larsen-Syndrom; Rezidivierende Polychondritis Transurethrales Resektionssyndrom
Vaandrager-Pena-Sy → Achondroplasie Weaver-Sy → Soto-Syndrom
VACTERL-Assoziation → VATER-Assoziation Weber-Christian-Krankheit → Myositis ossificans
Van-Bogaert-Bertrand-Sy → Leukodystrophien; progressiva
Multiple Sklerose Weber-Cockayne-Sy → Epidermolysis bullosa
Van-Bogaert-Enzephalitis → Hyperexzitabilitäts- Wegener-Granulomatose (WG) → Chronisches
syndrom; Neuronale Ceroidlipofuszinosen familiäres Granulomatosesyndrom; Kartagener-
Van-Bogaert-Scherer-Epstein-Sy → Amyotrophische Syndrom; Churg-Strauss-Syndrom (CSS)
Lateralsklerose (ALS); Friedreich-Ataxie Wegener-Sy → Rezidivierende Polychondritis
Van-der-Hoeve-de-Kleyn-Sy → Osteogenesis imper- Weil-Krankheit → Hämolytisch-urämisches Syndrom
fecta Weingarten-Sy → Hypereosinophiliesyndrom
Van-der-Hoeve-Sy → Apert-Syndrom Weißfleckige Lilakrankheit → Dermatomyositis
Van-Regenmorter-Sy → Multiple-Pterygien-Syndrom Welander-Sy → Charcot-Marie-Tooth-Hoffmann-
Vaskulitiden → Kawasaki-Syndrom; Moyamoya- Syndrom
Syndrom Werdnig-Hoffmann-Sy → Duchenne-Muskel-
Vaskulopathien → Osler-Rendu-Weber-Syndrom dystrophie; Kongenitale Stäbchenmyopathie;
Vater-Assoziation → Klippel-Feil-Syndrom Kugelberg-Welander-Syndrom
Veitstanz → Huntington-Chorea Werner-Sy → Curschmann-Batten-Steinert-Syndrom;
Ventrales Defekt-Sy → Wiedemann-Beckwith-Combs- Dermatomyositis
Syndrom Werner-Sy (Typ 1) → Multiples Endokrinopathie-
Verdünnungshyponatriämie → Transurethrales syndrom
Resektionssyndrom Wernicke-Sy → Leukodystrophien; Multiple Sklerose
V.-Gierke-Sy → Gaucher-Krankheit Wernicke-Enzephalopathie → Leigh-Syndrom
Viscerocystic retinoangiomatosis [engl.] → Hippel- Westphal-Sy → Familiäre periodische Lähmung
Lindau-Syndrom Westphal-von Leyden-Sy → Friedreich-Ataxie
Vitamin-A-Intoxikation → Albers-Schönberg- Westphal-von-Strümpell-Sy → Wilson-Syndrom
Syndrom Weyers-Sy → Multiple-Pterygien-Syndrom;
Vitamin-BT-Mangel → Karnitinmangelsyndrom VATER-Assoziation
XXXIV Index der Syndrome

Whistling face; windmill vane-hand syndrome [engl.] X-chromosomal-rezessive Agammaglobulinämie →


→ Freeman-Sheldon-Syndrom; Hecht-Beals- Zystische Fibrose
Syndrom; Kongenitale Trismussyndrome (KTS) Xeroderma pigmentosum → Hyperimmunglobulin-
Widal-Abrami-Lermoyez-Sy → Aspirinunverträglich- E-Syndrom
keit XTE-Sy → EEC-Syndrom
Wiedemann-Beckwith-Combs-Sy; Wiedemann- Young-Sy → Amyotrophische Lateralsklerose (ALS)
Lenz-Sy → Hyperimmunglobulin-E-Syndrom Zahnzysten → Cherubismussyndrom
Wiedemann-Beckwith-Sy → Hurler-Syndrom; Zellweger-Sy → Arthrogrypose; Freeman-Sheldon-
Soto-Syndrom Syndrom
Wiedemann-Sy → Hypothyreose Zentral-anticholinerges Sy (ZAS) →
Wildervanck-Sy → EEC-Syndrom; Goldenhar- King-Denborough-Syndrom; Maligne Hyper-
Syndrom thermie (MH); Malignes neuroleptisches
William-Beuren-Sy (WBS) → Cornelia-de-Lange- Syndrom (MNS); Transurethrales Resektions-
Syndrom I; Williams-Syndrom syndrom
Williams-Sy → Aarskog-Syndrom Zentralfibrillenmyopathie → King-Denborough-
Wilson-Sy → Atypische Cholinesterase; Gaucher- Syndrom; Kongenitale Stäbchenmyopathie
Krankheit; Huntington-Chorea; Huntington- Zerebralsklerose → Multiple Sklerose
Krankheit im Kindesalter; Menkes-Syndrom; Zerebrovaskuläre Insulte → Moyamoya-Syndrom
Parkinson-Syndrom Zervikalkanaleinengung → Syringomyelie
Windmill vane-hand syndrome [engl.] → Hecht- Zervikolinguomastikatorisches Sy → Parkinson-
Beals-Syndrom Syndrom
Wiskott-Aldrich-Sy → Grey-Platelet-Syndrom (GPS); Ziliendyskinesie-Sy → Kartagener-Syndrom
Hyperimmunglobulin-E-Syndrom; Willebrand- Zinsser-Engman-Cole-Sy → Hyperimmunglobulin-E-
Jürgens-Syndrom Syndrom; Kartagener-Syndrom
Wohlfahrt-Kugelberg-Welander-Sy → Duchenne- Zöliakie → Zystische Fibrose
Muskeldystrophie; Kugelberg-Welander-Syndrom Zollinger-Ellison-Sy → Karzinoidsyndrom; Multiples
Wohlwill-Andrade-Sy → Amyloidpolyneuropathie Endokrinopathiesyndrom
vom Typ 1; Friedreich-Ataxie Zwergwuchs-Ss → Achondroplasie; Larsen-Syndrom
Wolf-Hirschborn-Sy → Pallister-Killian-Syndrom Zystische Fibrose; Zystische Pankreasfibrose →
Wolf-Sy → Cornelia-de-Lange-Syndrom I Aspirinunverträglichkeit
WPW-Syndrom → Wolff-Parkinson-White-Syndrom Zystische Veränderungen des Rückenmarks →
(WPW); Ebstein-Anomalie Syringomyelie
Xanthome → Mastozytose Zytomegalie → Fruktoseintoleranz
Aarskog-Syndrom
1 A

Aarskog-Syndrom Anästhesierelevanz

Bei Patienten mit diesem Sy und mit verwandten


z Synonyme Formen sind häufig wiederholte Anästhesien für
Aarskog-Scott-Sy, faziogenitodigitales Sy. urologische Behandlungsmaßnahmen notwendig.

z Oberbegriffe z Spezielle präoperative Abklärung


Dysmorphien, Kieferbogen-Ss, Minderwuchs, Elektrolytstatus, Plasmaproteine, Gerinnungspara-
Missbildungen, Dystrophie. meter.

z Organe/Organsysteme z Wichtiges Monitoring


Gesichtsschädel, Herz-Kreislauf-System, ZNS, Ma- Hydratation, Elektrolyte, Blutzucker, Temperatur,
gen-Darm-Trakt, Urogenitalsystem, Atmungssys- Pulsoxymetrie, Kapnographie.
tem, Abdominalorgane.
z Vorgehen
z Ätiologie Patienten mit Kieferbogen-Ss müssen wegen
Hereditär und kongenital. Der Vererbungsmodus schwerer Ernährungsprobleme nicht selten bereits
ist X-chromosomal (Genlokus Xq13) oder autoso- in der Neugeborenen- oder Säuglingsperiode mit
mal-dominant mit Vater-auf-Sohn-Übertragung. einem zentralvenösen Katheter oder einer Entero-
Eine pränatale Diagnostik ist nicht möglich. stomie versorgt werden. Bei fazialen Spaltbildungen
kann es zu einer behinderten Atmung, gehäuften
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen bronchopulmonalen Infekten, zur Dysphagie mit
Turner-Sy, Gordan-Overstreet-Sy, Klinefelter-Rei- Aspirationsgefahr und Dystrophie kommen. Etwa
fenstein-Albright-Sy, Leydig-Hypogonadismus, 20% dieser Patienten sterben infolge dieser Pro-
Mietens-Weber-Sy, otopalatodigitales Sy, Robinow- bleme noch während der Säuglingszeit. Häufig fin-
Sy (»fetal face syndrome«), Smith-Lemli-Opitz-Sy, det sich dann eine hämorrhagisch-nekrotisierende
Opitz-Sy, Opitz-Frias-Sy, Hypertelorismus-Hypos- Aspirationspneumonie als Hinweis auf eine Im-
padie-Sy, Williams-Sy, embryopathisches Hydan- mundefizienz.
toin-Sy. Mentale Entwicklungsdefizite sind häufig. Sie
sind sowohl bei diagnostischen Maßnahmen als
Symptome auch bei der Auswahl einer Prämedikation zu be-
rücksichtigen. Berichte über anästhesiespezifische
Turner-Sy-ähnliches Missbildungsmuster mit den Komplikationen liegen nicht vor. Die postoperative
Leitsymptomen Minder- bzw. Kleinwuchs, kranio- Betreuung wird häufig durch dysphagische und
faziale Dysmorphien, fehlgebildetes Genitale. respiratorische Probleme kompliziert.

z Vergesellschaftet mit ! Cave


Hypovolämie, Hypoglykämie.
Hydramnion während der Schwangerschaft. Beim
Opitz-Frias-Sy wurden neben den oben genannten
Fehlbildungen noch folgende bedeutsame Defekte Literatur
beschrieben: Kiefer-Gaumen-Spalten, Larynxano- Adler G, Burg G, Kunzel J, Pongratz D, Schinzel A, Spranger J
malien, Ösophagusatresien, Herzfehler, Lungen- (Hrsg) (1996) Leiber – Die klinischen Syndrome, Bd 1,
und Lungengefäßanomalien sowie Fehlentwicklun- 8. Aufl. Urban & Schwarzenberg, München
gen von Abdominalorganen. Die Intelligenz ist Baum VC, O’Flaherty JE (2007) Anesthesia for genetic, meta-
bolic, and dysmorphic syndromes of childhood, 2nd edn.
leicht vermindert bis normal.
Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia, p 8
Bolsin SN, Gillbe C (1985) Opitz-Frias syndrome. A case with
z Therapie potentially hazardous anaesthetic implications. Anaes-
Kortikoide. thesia 40: 1189–1193
2 Achondroplasie

Cordero JF, Holmes LB (1978) Phenotypic overlap of the BBB Creveld-Sy, Leri-Sy, Vrolik-Sy, Scheuthauer-Marie-
A and G syndromes. Am J Med Genet 2: 145–152 Sainton-Sy, Hanhart-Sy, Lamy-Maroteaux-Sy, Rot-
Furukawa CT, Hall BD, Smith DW (1972) The Aarskog syn-
ter-Erb-Sy, McKusick-Sy, Bartenwerfer-Sy, Kenny-
drome. J Pediatr 81: 1117–1122
Jones KL, Smith DW (1975) The Williams elfin facies syndrome.
Linarelli-Sy, Robinow-Silverman-Smith-Sy, Gre-
A new perspective. J Pediatr 86: 718–723 be-Sy, Kniest-Sy, Schmid-Sy, Kozlowski-Maroteaux-
Jones KL (1988) Smith’s recognizable patterns of human mal- Spranger-Sy, Larsen-Sy, Vaandrager-Pena-Sy,
formation, 4th edn. Saunders, Philadelphia, pp 112–113 thanatophore Dysplasie, Achondrogenesis, Osteo-
Vögtel D, Däumling S, Wintergerst U, Belohradsky BH, Stengel-
genesis imperfecta, campomele Dysplasie, fibröse
Rutkowski S (1987) Das Hypertelorismus-Hypospadie-
Syndrom (Greig-Syndrom). Pädiatr Prax 35: 319–322
Dysplasie, Osteopetrose (Albers-Schönberg-Er-
krankung, Marmorknochenkrankheit), Osteopoi-
kilie, Melorheostose, Dysostosen, Mukopolysaccha-
ridosen, Mukolipidosen.

Achondroplasie Symptome
z Synonyme Unproportionierter Minderwuchs mit zu kurzen
Achondrodysplasie, Chondrodystrophie, Chond- Extremitäten (Sitzriese) und normaler Rumpflänge,
ralloplasie, Osteochondrodysplasie, Chondrogene- Zwergwuchs, Makrozephalie, Mikromelie, Verän-
sis imperfecta, Parrot-Sy, Kaufmann-Sy, Zwerg- derungen der Schädelbasis, Sattelnase.
wuchs. Die geistige Entwicklung ist normal.

z Oberbegriffe z Vergesellschaftet mit


Missbildungen, Chondropathie, Osteochondrodys- Hydrozephalus bei zu engem Foramen magnum,
plasie, Zwergwuchs (definitionsgemäß bei Körper- Kyphoskoliose, Spinalkanalverengung, Spina bi-
größe <148 cm im Erwachsenenalter). fida.

z Organe/Organsysteme Anästhesierelevanz
Knorpel, Skelett (Bewegungsapparat).
Verengte Nasenpassage und gelegentlich anato-
z Inzidenz misch veränderte Verhältnisse im Mundbereich.
1:10.000 bis 1:40.000, Gynäkotropie. Häufigste Wegen möglicher Einschränkung in der Beweglich-
nicht-letale angeborene Skelettdysplasie. keit der Atlantookzipitalgelenke muss mit Intubati-
onsschwierigkeiten gerechnet werden. Oft liegen
z Ätiologie eine höhere Infektanfälligkeit und eine Glukosever-
Kongenital und hereditär mit autosomal-dominan- wertungsstörung vor. Aufgrund der Malformati-
tem Erbgang. Bei 80–90% werden Neumutationen onen besteht eine größere Gefahr für Lagerungs-
vermutet, bei welchen das »fibroblast growth fac- schäden. Bei Schwangeren ist eine Kaiserschnittent-
tor«-Rezeptor-3-Gen (FGFR 3) auf dem Chromo- bindung obligat. Wirbelsäulenanomalien können
som 5q verändert ist. Der Pathomechanismus be- eine rückenmarknahe Anästhesie erschweren oder
ruht auf einer vorzeitigen Verknöcherung des unmöglich machen; das Vorliegen einer Spinalka-
metaphysären Knorpels. Andere Formen der Osteo- nalstenose ist eine Kontraindikation für Spinalanäs-
chondrodysplasie treten auch autosomal-rezessiv, thesie.
X-chromosomal-dominant oder X-chromosomal-
rezessiv auf. z Wichtiges Monitoring
Pulsoxymetrie, Kapnographie, Blutzuckerkontrol-
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen len, ggf. invasive arterielle Blutdruckmessung, Pu-
Ollier-Sy, Silfverskjöld-Sy, Ribbing-Sy, Conradi- pillengröße und -reaktivität.
Hünermann-Sy, Pfaundler-Hurler-Sy, Ellis-van-
Achondroplasie
3 A
z Vorgehen ! Cave
Eine vagolytische Prämedikation erscheint sinnvoll, Intubationsschwierigkeiten, atlantookzipi-
ebenso die prophylaktische Gabe von Natrium citri- tale Subluxation.
cum oder H2-Rezeptorenblockern. Für die Intuba-
tion selbst sind alle Vorkehrungen zu treffen, damit
Literatur
bei Beatmungsproblemen eine genügende Oxyge-
nation gewährleistet werden kann (verschiedene Burgoyne LL, Laningham F, Zero JT et al. (2007) Unsuccessful
Spatel, Guedel-und Wendl-Tuben, Larynxmaske, lumbar puncture in a paediatric patient with achondro-
alternative Intubationsverfahren). Gute Indikation plasia. Anaesth Intensive Care 35: 780–783
für fiberoptische Technik, da bei dieser Erkrankung DeRenzo JS, Vallejo MC, Ramanathan S (2005) Failed regional
anesthesia with reduced spinal bupivacaine dosage in a
keine Einschränkung der Kooperationsfähigkeit
parturient with achondroplasia presenting for urgent ce-
vorliegt. Vor der Einleitung unbedingt ausreichend sarean section. Int J Obstet Anesth 14: 175–178
präoxygenieren (Pulsoxymetrie!). Nasotracheale Dworak DM, Rusnak RA, Morcos JJ (1993) Multiple trauma in
Intubationen sollten entweder vermieden oder mit the achondroplasic dwarf: an emergency medicine phy-
dünneren Tuben als üblich durchgeführt werden. sician perspective case report and literature review. Am J
Emerg Med 11: 390–395
Bei oraler Intubation von Kindern war in 53% der
Krishnan BS, Eipe N, Korula G (2003) Anaesthetic manage-
Fälle ein dünnerer Tubus erforderlich als altersge- ment of a patient with achondroplasia. Pediatr Anesth 13:
mäß zu erwarten war. 547–549
Aufgrund der Proportionen der Gliedmaßen Kuczkowski KM (2003) Labor analgesia for the parturient with
können nichtinvasive Blutdruckmessungen mit an uncommon disorder: a common dilemma in the deliv-
ery suite. Obstet Gynecol Surv 58: 800–803
Manschetten schwierig sein oder zu falschen Mess-
Monedero P, Garcia-Pedrajas F, Coca I et al. (1997) Is manage-
werten führen. Bei Hydrozephalus sollte die Gefahr ment of anesthesia in achondroplastic dwarfs really a
einer Hirndrucksteigerung beachtet werden. challenge? J Clin Anesth 9: 208–212
Schlafapnoe ist bei 38% der Betroffenen beobachtet Palomero MA, Vargas MC, Peláez EM et al. (2007) Spinal anaes-
worden, was häufiger vorkommt als zentral bedingte thesia for emergency Caesarean section in an achondro-
plastic patient. Eur J Anaesthesiol 24: 978–986
Atmungsschwäche aufgrund einer Kompression im
Porter M, Mendonca C (2007) Anaesthesia for caesarean sec-
Bereich des Rückenmarks. Letztere ist bei Kypho- tion in a patient with diastrophic dwarfism. Int J Obstet
skoliose möglich, ebenso restriktive Pneumopathie Anesth 16: 145–148
und chronische obere Atemwegsverengung. Sisk EA, Heatley DG, Borowski BJ et al. (1999) Obstructive sleep
Bei rückenmarknahen Regionalanästhesien apnea in children with achondroplasia: surgical and an-
esthetic consideration. Otolaryngol Head Neck Surg 120:
muss bedacht werden, dass die Wirbelkörper und
248–254
Bandscheiben pathologisch verändert sein können.
Bei geplanter rückenmarknaher Anästhesie sollte
eine MR-Untersuchung der Wirbelsäule erfolgen,
um eine Spinalkanalstenose auszuschließen, die
eine Kontraindikation für diese Technik darstellt.
Form- und Lageveränderunegn der Wirbelkörper
können die Punktion erheblich erschweren oder
unmöglich machen. Außerdem ist die Ausbreitung
von spinal applizierten Medikamenten nicht gut
vorhersehbar. Aus diesem Grunde sollte der Epidu-
ralanästhesie gegenüber der Spinalanästhesie der
Vorzug gegeben werden, weil damit eine Titrierung
der Ausbreitung möglich ist. Bei eiliger Sectio ist
vereinzelt über erfolgreiche Spinalanästhesie mit
einer um 45% verminderten Dosis eines hyperbaren
Lokalanästhetikums berichtet worden.
4 Addison-Krankheit

Addison-Krankheit Symptome
A
Zu unterscheiden ist zwischen den Folgen einer
z Synonyme chronischen Nebenniereninsuffizienz und der aku-
Morbus Addison. Primäre Nebennierenrindenin- ten Addison-Krise.
suffizienz (NNI), Bronze(haut)krankheit, Melasma Die klinischen Symptome sind durch einen
suprarenale, Hypokortisolismus. Bernard-Sergent- Mangel von Aldosteron, Kortisol sowie der Andro-
Sy bei vorwiegender gastroenteraler und/oder hä- gene Androstenedion und Dehydroepiandrosteron
modynamischer Manifestation. verursacht: Adynamie, Muskelhypotonie, Erbre-
chen, Diarrhö, Gewichtsabnahme, orthostatische
z Oberbegriffe Kreislaufstörungen, Hypothermie.
Endokrine Dysfunktion. Labor: komplexe Störungen des Wasser- und
Mineralhaushaltes durch Aldosteronmangel. Natri-
z Organe/Organsysteme umverlust und verminderte Kaliumausscheidung
Nebennierenrinde, Endokrinium. mit Hyperkaliämie, Hypotension, Hypovolämie.
Der Kortisolmangel führt zu Störungen des Kohlen-
z Inzidenz hydrat-, Fett- und Proteinmetabolismus.
Keine Angaben verfügbar. In der akuten Addison-Krise: Kraftlosigkeit, pro-
funde Asthenie, generalisierte Schmerzen, Hypo-
z Ätiologie glykämie, Hypotonie, ggf. Nierenversagen mit
Heterogen. Unterschieden wird die erworbene Azotämie. Die Addison-Krise wird meist durch eine
Form (Z.n. Adrenalektomie beidseits, NNR-Gewe- akute Infektion, Sepsis, Trauma, operative Eingriffe
beverlust durch Tumormetastasierung, septische oder durch Natriumverlust bei verstärktem Schwit-
Herde, medikamentös durch z. B. Etomidat oder zen ausgelöst.
Ketoconazol) von der erblichen Form (X-chromo- Im EKG kann ein verlängertes PR- und QT-In-
somal rezessiv). tervall vorliegen.
Pathomechanismus der primären NNI: Idiopa-
thische Atrophie der Nebennierenrinde. Die Stö- z Vergesellschaftet mit
rung ist in der Nebenniere lokalisiert. Ursache: Au- Typische klinische Zeichen: Bräunliche Hautpig-
toimmunerkrankungen oder Destruktion durch mentierung (typischerweise an Druckstellen und
Tuberkulose, Einblutungen im Rahmen einer Sepsis Handlinien), Bronzehaut. Apathie oder verstärkte
(Verbrennungen), Durchblutungsstörungen durch Reizbarkeit.
Mikroembolien (HIT), selten Karzinome oder In Kombination mit Hypoparathyreoidismus
Amyloidose. liegt ein H-A-M-Sy vor, in Kombination mit
Pathomechanismus der sekundären NNI: Exogen Hirnsklerose im Kindesalter ein Fanconi-Prader-Sy.
zugeführte Kortikoide mit nachfolgender Suppres- Beschrieben sind weitere mögliche Assoziationen
sion der hypothalamisch-hypophysären Nebennie- mit Leukodystrophie (sog. Adrenoleukodystro-
renregulation führen zu nachfolgender Nebennie- phie), autoimmuner Hashimoto-Thyreose oder Le-
renhypoplasie. berzirrhose.
Eine lebensbedrohliche Addison-Krise kann bei
kurzfristigem Wegfall einer chronischen Kortikoid- z Therapie
zufuhr entstehen. Die Therapie der chronischen Nebenniereninsuffizi-
enz besteht in der täglichen Gabe von Hydrokortison,
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen 40 mg p.o. Bei gleichzeitiger Einnahme von Medika-
Nicht zu verwechseln mit Addison-Biermer-Sy (his- menten, die den hepatischen Metabolismus beschleu-
torische Bezeichnung der Vit.-B12-Mangelanämie, nigen, ist ggf. eine Dosiserhöhung erforderlich.
perniziöse Anämie). In der akuten Addison-Krise: Gabe von Hydro-
kortison 100 mg i.v., dann alle 6 h 50–100 mg i.v.
Adrenogenitales Syndrom (AGS)
5 A
Nach Stabilisierung der klinischen Symptomatik ! Cave
langsame Dosisreduktion über mehrere Tage bis Succinylcholin führt zu zusätzlicher Kalium-
zum Erreichen der Erhaltungsdosis von 30 mg/Tag. freisetzung.
Bei Vorliegen von Dehydratation und Hyponatriä-
mie Gabe von NaCl 0,9% sowie Glukose 5%. Bei
Literatur
akuter Hyperkaliämie Kalzium i.v. und ggf. Gluko-
se-Insulin-Dauerinfusion bis zur langsamen Elek- Arlt W, Allolio B (2003) Adrenal insufficiency. Lancet 361:
trolytstabilisierung. Im Falle von Fieber antipyre- 1881–1893
tische Therapie, um eine weitere Dehydratation zu De Herder WW, van der Lely AJ (2003) Addisonian crisis and rela-
vermeiden. tive adrenal failure. Rev Endocr Metab Disord 4: 143–147
Knüttgen D, Wappler F (2007) Anästhesie bei Erkrankungen
der Nebennierenrinde. Anästhesiol Intensivmed
Anästhesierelevanz Notfallmed Schmerzther 42: 170–178
Lelubre C, Lheureux PE (2008) Epigastric pain as presentation
Gestörten Volumenhaushalt beachten! Vorsicht bei of an addisonian crisis in a patient with Schmidt syn-
bestehender Dehydratation und plötzlicher Sympa- drome. Am J Emerg Med 26: 251.e3–4
Malerba G, Romano-Girard F, Cravoisy A et al. (2005) Risk fac-
thikolyse durch Spinalanästhesie!
tors of relative adrenocortical deficiency in intensive care
Herzmuskelschwäche und Dehydratation kön- patients needing mechanical ventilation. Intensive Care
nen eine Verminderung des Herzminutenvolumens Med 31: 388–392
bewirken. Nicholson G, Burrin JM, Hall GM (1998) Peri-operative steroid
Durch Katecholamin- und Volumengabe ist application. Anaesthesia 53: 1091–1104
Pappert D, Sprenger M (1999) Anästhesie bei endokriner
kaum ein positiver Effekt zu erzielen. Bei Stress ist
Dysfunktion. Anaesthesist 48: 485–503
keine zusätzliche Bereitstellung von Katecholami-
nen möglich.

z Spezielle präoperative Abklärung Adrenogenitales


Elektrolyte, Hormonspiegelbestimmung, Glukose-
tagesprofil.
Syndrom (AGS)
z Wichtiges Monitoring z Synonyme
Invasives Monitoring, EKG, Relaxometrie, Tempe- Kongenitales AGS, engl. »congenital adrenal hyper-
ratur, engmaschige Elektrolyt- und Blutzuckerkon- plasia«.
trollen. Perioperative Intensivüberwachung.
z Oberbegriffe
z Vorgehen Endokrinopathie, hormonelle Geschlechtsdifferen-
Der perioperative Ersatz von Hydrokortison ist zierung.
zwingend erforderlich. Behandlung einer bestehen-
den Hypovolämie, Hyperkaliämie und Hyponatriä- z Organe/Organsysteme
mie. Es gibt keine speziellen Einschränkungen für Endokrines System, Gonaden, Urogenitalsystem.
bestimmte Anästhesieverfahren. Bei ungenügender
Substitution mit Kortikoiden ist das Ansprechen z Inzidenz
des Herz-Kreislauf-Systems auf vasoaktive Medi- Erstbeschreibung 1802. 1:5000 bis 1:12.000 Gebur-
kation (insbesondere auf Katecholamine) einge- ten weltweit, jedoch regionale Häufungen bekannt.
schränkt. Wichtig ist eine engmaschige Über-
wachung des Volumen- und Elektrolytstatus mit z Ätiologie
rechtzeitiger und Korrektur. Bei bestehender Mus- Autosomal-rezessiv vererbte Defekte der Nebennie-
kelschwäche muss eine Restrelaxierung unbedingt ren-Enzymsynthese. Betroffen sind 21-Hydroxylase
vermieden werden. (95%) (Chromosom 6p21.3), 11β-Hydroxylase
(Chromosom 8q24.3), 3β-Hydroxysteroiddehydro-
6 Adrenogenitales Syndrom (AGS)

genase (Chromosom 1p13.1) und 17β-Hydroxyla- z Wichtiges Monitoring


A se. Betroffen ist die Kortisolproduktion (unkompli- Kreislaufparameter, ZVD, Elektrolytstatus, Blutzu-
ziertes AGS) und teilweise auch die Mineralokorti- cker, Relaxometrie.
koidsynthese (AGS mit Salzverlust). Je nach
zugrunde liegender Enzymopathie Zuordnung zu z Vorgehen
einem der Subtypen 1–5. Die Folge ist eine reaktiv Essenziell ist die perioperative Sicherstellung einer
gesteigerte ACTH-Sekretion der Hypophyse, eine ausreichenden Flüssigkeits-, Elektrolyt-, Kalorien-
Nebennierenhyperplasie und eine Überproduktion und Kortikoidzufuhr. Es gibt unterschiedlichste
von adrenalem Androgen. Sonder- und Kombina- Empfehlungen zur Applikationsart, Dosierung und
tionsformen dieser Krankheitsbilder sind bekannt. Dauer der perioperativen Kortikoidmedikation.
Aus eigener Erfahrungen wird ein Vorgehen emp-
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen fohlen, welches von der physiologischen Kortisol-
Androgenproduzierende Tumoren (der Hoden, basalsekretion ausgeht. Diese beträgt 12±3 mg/m2
Ovarien, Nebennieren), Stein-Leventhal-Sy, idiopa- Körperoberfläche/24 h. Das erfordert eine Substitu-
thischer Hirsutismus, Achard-Thiers-Sy. tion mit Hydrokortison von parenteral 12 mg/m2
KOF/24 h oder oral 20–25 mg/m2 KOF/24 h.
Symptome Unter sog. »Stressbedingungen« kann eine 5- bis
10fache Dosis der Basalsekretion erforderlich sein,
Bei Mädchen: Pseudohermaphroditismus femini- was bei größeren Eingriffen durchaus der Fall ist.
nus; bei Jungen: Makrogenitosomie. Bei nachgewiesener NNR-Insuffizienz muss der pe-
Leitsymptome des Hypokortisolismus und des rioperativ erhöhte Kortikoidbedarf während der je
Salzverlustes: Schwere Brechattacken mit ausge- nach Eingriffsgröße 1–5 Tage dauernden postope-
prägten Störungen des Wasser-, Elektrolyt-, Blut- rativen Phase gesichert werden. Gegen Ende der
zucker- und Säure-Basen-Haushalts, Abnahme des Substitutionsbehandlung sollte das Kortikoid aus-
Körpergewichts, Herzrhythmusstörungen, Be- schleichend dosiert werden.
wusstseinsstörungen, Krampfanfälle, Koma. Bei allen AGS-Patienten muss mit einer ver-
stärkten Wirkung von Muskelrelaxanzien gerechnet
z Therapien werden.
Hormonelle Therapie: Lebenslange Substitution
von Gluko- und Mineralokortikoiden, Therapie der Literatur
akuten NNR-Krise (Addison-Krise) mittels hoch-
dosierter Glukokortikoide. Knape P, Reisch N, Dörr HG, Reincke M, Quinkler M (2008)
Behandlung des klassischen adrenogenitalen Syndroms
Chirurgische Therapie bei Mädchen mit AGS.
mit 21-Hydroxylase-Defekt bei erwachsenen Männern.
Dtsch Med Wochenschr 133: 1025–1029
Anästhesierelevanz Knorr D, Schwarz HP, Müller OA (1994) Das kongenitale adre-
nogenitale Syndrom. Internist 35: 219–225
In Abhängigkeit vom primären Geschlecht und Knüttgen D, Wappler F (2007) Anästhesie bei Erkrankungen
der Nebennierenrinde. Anästhesiol Intensivmed
vom Beginn der pathologischen Androgeneinwir-
Notfallmed Schmerzther 42: 170–178
kung kommt es bei den Patienten zu einer unter- Merke DP, Bornstein SR (2005) Congenital adrenal hyperpla-
schiedlich stark ausgeprägten intersexuellen Geni- sia. Lancet 365: 2125–2136
talentwicklung. Bei Infekten und in Stresssituati- Schnitzer JJ, Donahoe PK (2001) Surgical treatment of conge-
onen droht besonders jungen Patienten mit nital adrenal hyperplasia. Endocrinol Metab Clin North
Am 30: 137–154
Salzverlust-Sy ein deletärer Hypokortisolismus.

z Spezielle präoperative Abklärung


Blutbild, Elektrolyte, Blutzucker, Hydratationszu-
stand, Kreislaufparameter, Lageabhängigkeit des
Blutdrucks, Orthostase.
Akrofaziale Dysostosen
7 A
und Ventrikelseptumdefekte, persisitierender Duc-
Akrofaziale Dysostosen tus arteriosus), Kryptorchismus, Pylorusstenose.

z Synonyme z Therapie
Miller-Sy. Von früher Kindheit bis zur Adoleszenz sind häu-
fige Korrekturoperationen erforderlich.
z Oberbegriffe
Genée-Wiedemann-Sy (beinhaltet u. a. Miller-Sy), Anästhesierelevanz
Dysmorphie-Ss, kraniofaziale Missbildungen, Dys-
melie-Ss, Akrodysplasie-Ss, Kieferbogen-Ss. Bereits bei Neugeborenen bestehen häufig At-
mungsschwierigkeiten, bedingt durch die Anoma-
z Organe/Organsysteme lien des oberen Respirationstraktes; ferner Pylorus-
Mandibula, Maxilla, Sinnesorgane (Augen, Ohren), stenose und Refluxproblematik, die eine frühzeitige
Gesichtsschädel, Extremitäten, Gastrointestinal- chirurgische Intervention erforderlich machen.
trakt, Nieren.
z Spezielle präoperative Abklärung
z Inzidenz Röntgen von Gesicht und Halsorganen (v. a. seit-
Erstbeschreibung 1979, sehr selten, bisher ca. 20 lich), Echokardiographie zum Ausschluss von Herz-
Fälle beschrieben. vitien, Elektrolytstatus, Blutzucker und Hydrata-
tionszustand bei Pylorusstenose.
z Ätiologie
Kongenital, mit autosomal-rezessivem Erbgang. z Wichtiges Monitoring
Sehr variable phänotypische Ausprägung. Pulsoxymetrie, Kapnographie.

z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen z Vorgehen


Ein Teil der Kieferbogensyndrome sind ähnlich, al- Die aufgrund der Gesichtsdysmorphien zu erwar-
len voran: Treacher-Collins-Sy, Nager-de-Reynier- tenden Intubationsschwierigkeiten lassen sich auf die
Sy, Pillay-Orth-Sy, Franceschetti-Sy, Goldenhar-Sy, Dauer umgehen, wenn für Perioden häufiger Opera-
Hallermann-Sy, Smith-Theiler-Schachenmann-Sy. tionen eine temporäre Tracheotomie angelegt wird.
Da für den ersten Eingriff diese noch nicht zur Ver-
Symptome fügung steht, ist ein spezielles Vorgehen bei der In-
tubation (in Koniotomie- bzw. Tracheotomiebereit-
Mandibulahypoplasie (Mikrogenie), Maxillahypo- schaft) angezeigt. Wichtige Voraussetzungen hierbei
plasie (Mikrognathie), Unterlidkolobome, Ohren- sind: vorhandener intravenöser Zugang (obwohl
missbildungen (Ohrmuscheldysplasie, Mikrotie), meist schwierige Venenverhältnisse), Präoxygenie-
Pseudohypertelorismus mit auffälligen supralateral rung, ausreichende instrumentelle Ausstattung und
verlaufenden Augenbrauen. Erfahrung im Umgang mit diffizilen Atemwegen. Als
Extremitätenmissbildungen (Dysmelie), v. a. eine mögliche Vorgehensweise ist die Verwendung
Ulnahypoplasie, Aplasie des 4. und 5. Strahls an den eines geraden Spatels mit gleichzeitiger O2-Insuffla-
Händen, insgesamt verkürzte Gliedmaßen, Missbil- tion (Oxyscope) und betont retroflektierter HWS
dungen des Harntraktes, Volvulus des Magens, Mal- beschrieben (Cave: Gefahr einer atlantookzipitalen
rotation des Darmes. Subluxation!). Bei älteren, kooperativen Patienten ist
In der Regel normale geistige Entwicklung und die wache fiberbronchoskopische Intubation eine
Intelligenz. sinnvolle Alternative. Eine weitere Alternative ist die
Beatmung über eine Larynxmaske oder die endotra-
z Vergesellschaftet mit cheale Intubation über die Larynxmaske.
Spaltbildungen (Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte), Begleitsymptome wie Elektrolyt- und Hydrata-
Hörschwäche, Herzvitien (bei 30%, meist Vorhof- tionsstörungen machen eine differenzierte präope-
8 Akute Porphyrien

rative Infusions- und Substitutionstherapie nötig. z Inzidenz


A Ebenfalls erforderlich ist ein besonderes Vorgehen Akute intermittierende Porphyrie: Europa 1:20.000,
bei kardiovaskulären Problemen (Endokarditispro- Lappland 1:1000, Porphyria variegata bei weißen
phylaxe). Südafrikanern 1:300; sonst insgesamt ca. 1:80.000
Postoperativ ist (v. a. im Säuglings- und Klein- bis 1:100.000. Gynäkotropie 1:4. Letalität der Anfäl-
kindesalter) bei nicht-tracheotomierten Patienten le 9–30%.
mit mechanischen Atmungsproblemen zu rechnen,
die eine adäquate Überwachung erfordern. Darüber z Ätiologie
hinaus gibt es keine Einschränkungen oder Beson- Hereditär; autosomal-dominanter Erbgang. Es liegt
derheiten im anästhesiologischen Vorgehen. eine erniedrigte Aktivität verschiedener Enzyme
der Hämbiosynthese vor. Dies führt zu Porphyrinä-
Literatur mie, Ablagerung von Porphyrinen in verschiedenen
Organen und Porphyrinurie.
Nath G, Major V (1992) The laryngeal mask in the management
of a paediatric difficult airway. Anaesth Intensive Care 20: z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
518–520
Ogilvy-Stuart AL; Parsons AC (1991) Miller syndrome (post- Alle anderen, überwiegend chronischen Porphy-
axial acrofacial dysostosis): further evidence for autoso- rien: Plumboporphyrie (= Doss-Porphyrie, Amino-
mal reccessive inheritance and expansion of the pheno- lävulinsäure-Dehydratase-Defekt, evtl. auch anäs-
type. J Med Genet 28: 695–700 thesierelevant), kongenitale erythropoetische Por-
Richards M (1987) Miller’s syndrome. Anaesthesia 42: 871–
phyrie (Uroporphyrinogen-Kosynthase-Defekt),
874
Stevenson GW, Hall SC, Bauer BS, Vicari FA, Seleny FL (1991) Porphyria cutanea tarda (Uroporphyrinogen-De-
Anaesthetic management of Miller’s syndrome. Can J carboxylase-Defekt), erythropoetische Protopor-
Anaesth 38: 1046–1049 phyrie (Ferrochelatase), Protocoproporphyria here-
ditaria, »mixed hepatic porphyria«.
Aufgrund der Ähnlichkeit im anästhesiologi-
Akute Porphyrien schen Vorgehen sind v. a. folgende Varianten von
besonderer Bedeutung: Porphyria variegata und he-
reditäre Koproporphyrie.
z Subtypen Ferner: Schwermetallintoxikationen, Hexa-
Akute intermittierende Porphyrie (Porphobilino- chlorbenzenintoxikation, δ-Aminolävulinsäure-
gen-Deasaminase-Defekt). urie, akutes Abdomen, akute Appendizitis, psy-
Hereditäre Koproporphyrie (Koproporphyrino- chiatrische Erkrankungen, Polyneuritis, Hämat-
gen-Oxidase-Defekt). urie, Landry-Sy, Meyer-Betz-Sy, Gamstorp-Sy,
Porphyria variegata (Protoporphyrinogen-Oxi- Poliomyelitis.
dase-Defekt).
Symptome
z Synonyme
Pyrroloporphyria. Im akuten Anfall: abdominale Koliken, Bauch-
schmerzen: »akuter Bauch«, Ileus, Fieber, hepa-
z Oberbegriffe tische Dysfunktionen, Polyneuritis, Paresen, Para-
Stoffwechselstörung, Enzymdefekte der Porphyrin- lysen (bis zur Atemlähmung, ähnlich Guillain-Bar-
synthese (Hämsynthese), Porphyrinopathie, Photo- ré-Sy), Hyporeflexie, Tachykardie, Hypertension,
dermatosen, Idiosynkrasie. psychische Veränderungen (akute toxische Psycho-
se, Depression), Rotfärbung des Urins, Nausea, Vo-
z Organe/Organsysteme mitus, epileptiforme Synkopen.
Blutbildendes Knochenmark, Leber, Stoffwechsel, Labor: erhöhte Transaminasen, Hypokaliämie,
Haut. Hyponatriämie, Kreatinin- und Harnstoffanstieg,
Anämie. Im Urin: δ-Aminolävulinsäure.
Akute Porphyrien
9 A
Wenn kein Anfall vorliegt, ist der Patient sym- 4 Isofluran,
ptomarm. Hinweise kommen allenfalls aus der eige- 4 Ketamin,
nen oder aus der Familienanamnese mit uncharak- 4 Midazolam,
teristischen neurologischen oder psychiatrischen 4 Pethidin,
Episoden. Ein typischer anamnestischer Hinweis 4 Prilocain,
sind vorangegangene ergebnislose Laparoskopien 4 Rocuronium,
oder Laparotomien. 4 Ropivacain (?),
Entsprechend den Empfehlungen zur Durch- 4 Sevofluran,
führung von Anästhesien bei Patienten mit Porphy- 4 Sufentanil,
rie (Koch und Bürkle 2008) werden die folgenden 4 Vecuronium.
Medikamente in die Kategorien »sicher«, »wahr-
scheinlich sicher« und »unsicher« eingeteilt. Die »Unsichere« Medikamente:
Reihenfolge innerhalb der Gruppen ist alphabe- 4 Äthanol,
tisch. 4 Barbiturate,
»Sichere« Medikamente: 4 Clonazepam,
4 Azetylsalicylsäure 4 Danazol,
4 Adrenalin, 4 Diclofenac,
4 Betablocker, 4 Enfluran,
4 Buprenorphin, 4 Erythromycin,
4 Cephalosporine, 4 Etomidat,
4 Dopamin, 4 Flunitrazepam,
4 Fentanyl, 4 Griseofulvin,
4 Glukokortikoide, 4 Lidocain,
4 Halothan, 4 Nifedipin,
4 Heparin, 4 Östrogene,
4 Lachgas, 4 Pancuronium,
4 Morphin, 4 Pentazocin,
4 Naloxon, 4 Phenytoin,
4 Neostigmin, 4 Sulfonamide,
4 Nitroglycerin, 4 Sulfonylharnstoffe,
4 Oxytocin, 4 Theophyllin,
4 Paracetamol, 4 Verapamil.
4 Penizilline,
4 Procain, Psychischer und physischer Stress, Hunger, Infekti-
4 Propofol, onen und Alkohol begünstigen ebenfalls eine An-
4 Promethazin, fallsentstehung.
4 Remifentanil,
4 Succinylcholin, z Vergesellschaftet mit
4 Thyroxin, Epidermolysis bullosa dystrophica, Photodermato-
4 Xenon. sen.

»Wahrscheinlich sichere« Medikamente: z Therapie


4 Alfentanil, Atracurium, Symptomatisch. Unterbrechung des anfallauslösen-
4 Bupivacain, den Mechanismus, Hämin-Arginat, Glukosezufuhr.
4 Cimetidin, Bei Krampfanfällen Magnesiumsulfat oder Gaba-
4 Cisatracurium, pentin.
4 Clonidin,
4 Desfluran,
10 Akute Porphyrien

Anästhesierelevanz wahrscheinlich sicher. Unproblematische nichtste-


A roidale Analgetika sind Paracetamol, Azetylsalicyl-
Bei der Wahl der Medikamente und Methoden ist säure, Indometacin und Ibuprofen. Sichere Antibio-
auf die strikte Vermeidung von Triggersubstanzen tika sind Penizilline und Cephalosporine. Zur Di-
zu achten (s. obige Liste). Symptomfreie latente uresesteigerung kann Etacrynsäure gegeben werden.
Phasen können unvorhergesehen in einen akuten Bei Übelkeit können Droperidol, Chlorpromazin
Schub übergehen. Hohe Letalität eines akuten oder Promazin eingesetzt werden.
Schubes. Auf eine adäquate Flüssigkeits- und Glukosezu-
fuhr (2000 ml Glukose 20% in 24 h) ist zu achten.
z Spezielle präoperative Abklärung Gelegentlich zu beobachtende Elektrolytabwei-
Leberfunktion (Transaminasen, Bilirubin, AP, Cho- chungen wie z. B. Hyponatriämie rechtzeitig korri-
linesterase), Nierenfunktion (Kalium, Harnstoff, gieren.
Kreatinin, ggf. Clearancebestimmungen). Im Falle eines Anfalls kann mit einer Infusion
von Hämin-Arginat (3–4 mg/kg/Tag) die Sympto-
z Wichtiges Monitoring matik günstig beeinflusst werden. Bei abdomineller
Relaxometrie, zentraler Venendruck, Kontrolle von Symptomatik (Koliken, Vomitus) sollte die Technik
Diurese, Serumelektrolyten und Blutzucker. der sog. Ileusintubation (»rapid-sequence induc-
tion«) angewendet werden. Im Falle bestehender
z Vorgehen Paralysen ist die Relaxansdosierung anzupassen
Bereits präoperativ, möglichst ab dem Vorabend der (Relaxometrie) und eine Nachbeatmung anzu-
OP sollte Glukose zugeführt werden, um einen streben. Der Therapierfolg kann durch Kontrolle
akuten Porphyrieschub durch Nüchternheit zu ver- der Metabolitausscheidung im Urin (δ-Amino-
meiden. lävulinsäure) überwacht werden. Für eventuelle
Sofern zur Durchführung der Operation mög- Notfälle und spätere Eingriffe sollte dem Patien-
lich, ist eine Regionalanästhesie empfehlenswert. ten eine entsprechende Bescheinigung ausgestellt
Aus juristischen Gründen empfiehlt sich insbeson- werden.
dere bei bereits bestehenden Paresen oder Paralysen
! Cave
ein präoperatives neurologisches Konsil mit ent-
Alle in Frage kommenden Triggersubstanzen
sprechender Dokumentation. Geeignete Lokalanäs-
(s. oben). Es besteht eine große interindivi-
thetika sind Bupivacain, Tetracain, Prilocain und
duelle Variabilität hinsichtlich der Porphyri-
Procain.
nogenität einzelner Pharmaka.
Bei Allgemeinanästhesien kann zur Einleitung
auf Propofol zurückgegriffen werden (Ketamin ist
fraglich). Volatile Anästhetika (außer Enfluran), z Anmerkung der Autoren
Xenon und N2O gelten als wahrscheinlich sicher. Gerade zur Anästhesie bei akuter Porphyrie finden
Als Opioide können Fentanyl, Remifentanil oder sich in der Literatur je nach Kulturraum graduell
Morphin (wahrscheinlich sicher: Alfentanil, Sufen- unterschiedliche, aber auch widersprüchliche An-
tanil, Pethidin), zur Relaxation Succinylcholin und gaben. Wir haben uns an der Leitlinie der Deut-
als wahrscheinlich sicher Atracurium, Cisatracuri- schen Gesellschaft für Anästhesiologie und Inten-
um, Vecuronium und Rocuronium verwendet wer- sivmedizin (DGAI) orientiert (Koch und Bürkle
den. Cholinesterasehemmer sind ebenfalls erlaubt. 2008).
Propofol zur Einleitung einer Allgemeinanäs-
thesie ist unbedenklich; es herrscht jedoch die An-
sicht vor, es nicht als kontinuierliche Infusion anzu-
wenden.
Zur Behandlung hypertensiver Kreislaufzustän-
de sind Nitroglyzerin, Natriumnitroprussid, Esmo-
lol, Labetalol und Propranolol geeignet. Clonidin ist
Albers-Schönberg-Syndrom
11 A
Literatur z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Lues connata, Rachitis, Vitamin-A-Intoxikation,
Durmus M, Turkoz A, Togal T, Koroglu A, Toprak HI, Ersoy MO Schwermetallintoxikationen (z. B. Blei, Strontium).
(2002) Remifentanil and acute intermittent porphyria. Eur
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153
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969; Erratum (2002) Anaesthesist 51: 141
trophien, kyphoskoliotische Wirbelsäulendeforma-
Messmer M, Gerheuser F, Forst H (2004) Desfluran bei akuter
intermittierender Porphyrie. Anaesthesist 53: 244–248 tionen sowie erhöhte Infektanfälligkeit.
Sheppard L, Dorman T (2005) Anesthesia in a child with ho-
mozygous porphobilinogen deaminase deficiency: a se- z Therapien
vere form of acute intermittent porphyria. Pediatr Anesth Bei der infantilen (autosomal-rezessiv vererbten)
15: 426–428
Form Blutersatz, Splenektomie, systemische Gabe
von Kortikosteroiden, hohe Dosen von Calcitriol,
Knochenmarktransplantation. Keine spezifische
Albers-Schönberg- Therapie der adulten Form.
Syndrom Anästhesierelevanz
z Synonyme Die Patienten fallen frühzeitig durch Trinkschwä-
Osteopetrose Albers-Schönberg, Marmorknochen- che, eine Mangelentwicklung und Zeichen einer
krankheit, Osteosklerose. pathologischen Blutungsneigung auf. Häufig kommt
es zur Ausbildung eines Makro- und/oder Hydro-
z Oberbegriffe zephalus, einer anormalen Kieferentwicklung mit
Dysmorphie, Gerinnungsstörung, Nervenläsionen. Zahnentwicklungsstörungen und dentogenen In-
fektionen. Eine erhöhte Knochenbrüchigkeit führt
z Organe/Organsysteme zu ossären Verdichtungen und deformierten Wir-
Bewegungsapparat, Skelett, Hämatopoese, Nerven- belsäulen-, Stamm- und Extremitätenknochen.
system. Durch die schweren Skelettveränderungen kommt
es zu sekundären peripheren Nervenschädigungen.
z Inzidenz Schwere Infektionen führen nicht selten zu einem
Nach Schätzungen zwischen 1:10.000 und bereits im Kindes- und Jugendalter letalen Erkran-
1:50.000. kungsverlauf.

z Ätiologie z Spezielle präoperative Abklärung


Hereditär, autosomal-rezessiver oder dominanter Bei chirurgischen Maßnahmen sollten vor Anästhe-
Erbgang. Als Ursache der Erkrankung werden Stö- siebeginn hämatologische, klinisch-chemische,
rungen im Thyreokalzitoninstoffwechsel diskutiert. Thoraxröntgen- und EKG-Befunde vorliegen.
Sie sollen zu einem vorzeitigen Abbau noch unreifer
Knochenstrukturen in den verschiedensten Skelett- z Wichtiges Monitoring
bereichen führen. EKG, Pulsoxymetrie, Kapnographie, Relaxometrie.
12 Alkaptonurie

z
A
Vorgehen
Alkaptonurie
Mit Schwierigkeiten bei der Intubation ist zu rech-
nen. Besonders zu achten ist auf die Prophylaxe von
intraoperativen Lagerungsschäden, die einerseits z Synonyme
wegen der pathologischen Knochenbrüchigkeit und Ochronose, Homogentisinsäureoxidase-Mangel,
andererseits aufgrund verheilter früherer Frakturen engl. »homogentisic aciduria«.
möglich sind. Außerdem besteht die Gefahr von hy-
pokalzämischen Herzfunktionsstörungen und z Oberbegriffe
Muskelkrämpfen sowie eine verlängerte Wirkungs- Stoffwechselkrankeiten, Enzymopathie, »inborn er-
dauer von Muskelrelaxanzien bzw. eine verzögerte rors of metabolism«.
Wirkung antagonisierender Substanzen. Postanäs-
thetisch liegt eine Neigung zu sekundärer postope- z Organe/Organsysteme
rativer respiratorischen Insuffizienz vor, begünstigt Bradytrophes Gewebe, Gelenke.
durch Anomalien der Atemwege, Thoraxdystro-
phien oder kyphoskoliotische Wirbelsäulendefor- z Inzidenz
mationen und eine erhöhte Infektanfälligkeit. Häufigkeit 1:250.000, Androtropie. In einzelnen Be-
reichen der Slowakei beträgt die Genfrequenz auf-
! Cave
grund von genetischen Isolierungen der Bevölke-
Lagerungsschäden, Herzrhythmusstörun-
rung bis zu 1:10.000 (Founder-Effekt). Autosomal-
gen.
rezessiver Erbgang, wobei verschiedene voneinander
unabhängige genetische Ursprünge der Krankheit
Literatur vermutet werden.

Adler G, Burg G, Kunzel J, Pongratz D, Schinzel A, Spranger J z Ätiologie


(Hrsg) (1996) Leiber – Die klinischen Syndrome, Bd 1,
Die Alkaptonurie (von griech. haptein, erfassen,
8. Aufl. Urban & Schwarzenberg, München
Burgoyne LL, Kaur A, Billups CA et al. (2010) Complications of und ouron, Harn) ist eine Anomalie des Aminosäu-
anesthesia for children with malignant infantile osteo- restoffwechsels. Die Krankheit ist gengebunden
petrosis before and after hematopoietic stem cell trans- (Chromosom 3q2). In Folge einer verminderten
plantation. Pediatr Anesth 20: 1046–1051 oder fehlenden Aktivität der Vitamin-C-abhän-
Burt N, Haynes GR, Bailey MK (1999) Patients with malignant
gigen Homogenitinsäure-1,2-Dioxigenase (HGD)
osteopetrosis are at high risk of anesthetic morbidity and
mortality. Anest Analg 88: 1292–1297 kann beim Abbau von Phenylalanin und Thyrosin
Katz J, Steward DJ (1993) Anesthesia and uncommon pediat- zu Maleylacetoacetat der Benzolring der Homogeni-
ric diseases, 2nd edn. Saunders, Philadelphia, p 487 tinsäure nicht gesprengt werden. Dadurch unter-
Manusov EG, Douville DR, Page LV, Trivedi DV (1993) bleibt die irreversible oxidative Spaltung. Homoge-
Osteopetrosis (»marble bone« disease). Am Fam Physician
nitinsäure wird im Urin ausgeschieden. Die braune
47: 175–180
Jones KL (1988) Smith’s recognizable patterns of human mal- bis schwarze Verfärbung des Urins durch Autooxi-
formation, 4th edn. Saunders, Philadelphia, pp 353–355 dation bei längerem Stehen (Urina nigra) kann
durch Alkalisierung beschleunigt werden.

z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen


Melaninurie bei metastatischen Melanomen der Le-
ber sowie bei der akuten intermittierenden Porphy-
rie (Ausschluss durch Nachweis von Homogentin-
säure), Morbus Addison, Porphyrie, Pseudogicht.
Alkaptonurie
13 A
Symptome der lumbosakraler Arthritis und Ankylose erschwert
sein.
Dunkelbraunfärbung des Urins an der Luft auf-
grund großer Mengen Homogentisinsäure. Die ver- z Spezielle präoperative Abklärung
mehrte Bildung von Melaninen durch Oxidation Sorgfältige Untersuchung der oberen Atemwege,
aus Homogenitinsäure führt gelegentlich zu Mela- Überprüfung der Mundöffnung, Ausschluss einer
ninablagerungen im bradytrophen Gewebe, beson- Kardiomyopathie oder Vorliegen von Klappenfeh-
ders im Knorpel von Ohr und Nase (Ochronose). lern. Überprüfung der Nierenfunktion.
Am Auge schwärzen sich Lidknorpel, Sklera und
oberflächliche Hornhautrandgebiete. Am Fundus z Vorgehen
findet man pigmentosaähnliche Flecken. Des Wei- Bei Hinweisen auf eine erschwerte Intubation (z. B.
teren treten Schwellungen, Kalkablagerungen und bei eingeschränkter Beweglichkeit der Halswirbel-
Versteifungen der Wirbelsäule und von Sehnen und säule oder des Kiefergelenks) sollte eine elektive fi-
Bändern auf. Dies führt zu Bewegungseinschrän- berbronchoskopische Intubation des prämedizier-
kungen der großen Gelenke. Diese werden meist ten (ggf. analgosedierten) Patienten im Wachzu-
erst ab einem Alter von 30 Jahren symptomatisch, stand durchgeführt werden. Antibiotikaprophylaxe
manchmal jedoch auch erst jenseits des 60. Lebens- bei Vorliegen von Klappenvitien entsprechend den
jahres. Es besteht eine Arthritis mit gichtartigen aktuellen Endokarditisprophylaxe-Regeln durch-
Schmerzanfällen (Pseudogicht), eine Neigung zur führen.
Nierensteinbildung, ein vermehrtes Vorkommen
! Cave
von Herzfunktionsstörungen (Cardiopathia ochro-
Lagerungsschäden.
notica) und eine verstärkte Arteriosklerose. Die
geistige Entwicklung ist nicht beeinträchtigt.
Literatur
z Vergesellschaftet mit
Collins EJ, Hand R (2005) Alkaptonuric ochronosis: a case re-
Myokardinfarkte und Aneurysmabildung durch ar- port. Am Ass Nurse Anesth J 73: 41–46
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und Pigmentablagerungen an den Herzklappen. ochronosis in alkaptonuria patients carrying mutations in
the homogenisate 1,2-dioxygenase gen. Br J Ophthalmol
83: 680–683
z Therapie
Gercek A, Koc D, Erol B et al. (2008) Co-existence of Pott’s dis-
Bisher ist für die Alkaptonurie keine kausale Thera- ease and alkaptonuria in a 21-month-old child. Pediatr
pie bekannt, so dass auftretende Beschwerden rein Anesth 18: 569–571
symptomatisch behandelt werden müssen. Diäteti- Keller JM, Macaulay W, Nercessian OA, Jaffe IA (2005) New de-
velopments in ochronosis: review of the literature.
sche Maßnahmen im Sinne einer proteinarmen Er- Rheumatol Int 25: 81–85
nährung sind nicht immer erfolgreich. Therapiever- Phornphutkul C, Introne WJ, Perry MB et al. (2002) Natural his-
suche mit Nitisinon zielen auf eine Modifizierung tory of alkaptonuria. N Engl J Med 347: 2111–2121
des gestörten Phenylalanin-/Tyrosin-Stoffwechsels, Vagts DA, Becl CE (2004) Perioperatives Management bei
derzeit ist aber noch kein positiver Langzeiterfolg einer Patientin mit Alkaptonurie – Eine Kasuistik.
Anaesthesiol Reanimat 29: 55–58
berichtet, und die Sicherheit dieser Substanz muss
noch untersucht werden.

Anästhesierelevanz
Die im Alter zunehmende Versteifung von Gelen-
ken, die eingeschränkte Halsbeweglichkeit und die
reduzierte Mundöffnung können zu Intubations-
schwierigkeiten führen. Die Durchführung einer
Spinal- oder Epiduralanästhesie kann bei bestehen-
14 Alpha-1-Antitrypsin-Mangel

z
A Alpha-1-Antitrypsin- Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Chronische Bronchitis im Kindesalter, Lungenem-
Mangel physem, Leberzirrhose.

z Synonyme z Beachte
Laurell-Eriksson-Sy, α1-Proteinase-Inhibitor-Man- Bei Beatmung »air trapping« wie bei Tracheomala-
gel, engl. »alpha-1-antitrypsin deficiency«. zie, Fremdkörperaspiration, rezidivierende Poly-
chondritis, mediastinale Raumforderung.
z Oberbegriffe
Enzymopathie. Symptome
z Organe/Organsysteme Cholestatische Hepatopathie im Neugeborenen-
Lunge, Atemwege, Leber, Nieren, Gastrointestinal- bzw. Kindesalter (in 10% der Fälle Leberzirrhose
trakt. und teilweise Leberzellkarzinom), frühzeitig obs-
truktives Bronchialemphysem im Erwachsenenalter
z Inzidenz (durch Nikotinabusus erhebliche Progredienz der
1:2000 bis 1:5000 (homozygote Merkmalsträger, pulmonalen Symptomatik), portale Fibrose.
sog. PiZZ, s. u.), wahrscheinlich unterschätzt, da
die durchschnittliche Zeit bis zur Diagnosestellung z Labor
immer noch viel zu lang ist und über 7 Jahre beträgt. Plasmanormwert des α1-AT wird je nach Bestim-
Es sind vorwiegend Nordeuropäer betroffen. mungsmethode zwischen 0,9–1,8 und 1,9–3,5 g/l
angebeben. Eine pränatale Diagnostik ist möglich.
z Ätiologie Eine Plasmakonzentration von 11 μmol/l (ca. 0,6–
Kongenital und hereditär mit autosomal-dominan- 0,8 g/l) wird als protektive Schwelle gegen die Bil-
tem Erbgang (teils auch als rezessiv angegeben) mit dung eines Lungenemphysems angesehen.
variabler phänotypischer Ausprägung. Es wurden
24 Allele am Chromosom 14 lokalisiert. Das Glyko- z Vergesellschaftet mit
protein α1-Antitrypsin ist ein spezifischer Protea- Glomerulonephritis, rheumatoide Arthritis, Psoria-
seninhibitor der Neutrophilenelastase. Es liegen 4 sis, Spondylitis ankylosans (M. Bechterew), Uveitis,
α1-AT-Proteinvarianten mit unterschiedlicher Aus- Cor pulmonale.
prägung des Mangels vor. M bezeichnet die Nor-
malanlage des Allels für den Proteasen-Inhibitor z Therapie
(Pi) in der väterlichen bzw. mütterlichen Erbanlage, Intravenöse Applikation von α1-AT, wöchentlich
Z steht für eine »Fehlversion«. Personen mit dem 60 mg/kgKG; symptomatisch, Leber-, Lungen- bzw.
Merkmal PiMM sind gesund, mit dem Merkmal kombinierte Herz-Lungen-Transplantation.
PiMZ heterozygot und Personen mit dem Merkmal Die Infusion von gereinigtem α1-AT aus ge-
PiZZ homozygot erkrankt. pooltem Plasma kann einen Plasmagrenzwert von
Weitere Allele werden als V, S und O bezeichnet. 11 μmol/l erzeugen und wird als erfolgreiche und
Fehlen oder Aktivitätsverminderung auf unter 40% sichere, aber sehr teure Therapieoption angesehen.
der Norm bewirkt eine fortschreitende Gewebszer-
störung durch die Elastasenaktivität in Leber und Anästhesierelevanz
Lunge. Eine Heterozygotie ist mit 1:25 sehr häufig,
jedoch klinisch nicht manifest. Es wird angenom- Erwachsene Patienten haben ein ausgeprägtes Lun-
men, dass 1% aller Emphysematiker einen solchen genemphysem mit Ateminsuffizienz unterschied-
Enzymdefekt aufweisen. lichen Ausmaßes. Die Lungen-, Leber- und Nieren-
funktion stellen die limitierenden Faktoren dar. Bei
fortgeschrittener restriktiv-obstruktiver Lungener-
krankung sind die Patienten auf eine aufwendige
Amyloidpolyneuropathie vom Typ 1
15 A
Therapie (Bronchodilatatoren, Expektoranzien, nenfalls ist eine Nachbeatmung mit sorgfältigem
Sauerstoff, Antibiotika) angewiesen, Maßnahmen, Weaning erforderlich.
die perioperativ fortgesetzt werden müssen.
! Cave
Spezielle Bedingungen und Behandlungssche-
Lachgas (N2O), Barotrauma (Spannungs-
mata gelten für große Eingriffe wie Organtransplan-
pneumothorax), »air trapping«.
tationen oder Lungenvolumenresektionen. Für an-
dere Eingriffe müssen Methoden angewendet wer- Literatur
den, die möglichst keine Einschränkung der
kompromittierten Organfunktionen hervorrufen. Abel M (1989) Anästhesiologische Besonderheiten bei
Kindern mit Syndromen und seltenen Erkrankungen.
z Präoperative Abklärung Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio, S 14–15
Baum C, O’Flaherty JE (2007) Anesthesia for genetic, meta-
Thoraxröntgenaufnahme, Lungenfunktion, Blut- bolic, and dysmorphic syndromes of childhood, 2nd edn.
gasanalyse, Blutbild, Leberfunktion, Gerinnungs- Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia, p 23
status, Elektrolytstatus, Säure-Basen-Status, Plas- Burg G, Kunze J, Pongratz D et al. (Hrsg) (1990) Leiber – Die
maproteine. klinischen Syndrome, Bd 1, 7. Aufl. Urban & Schwarzenberg,
München, S 36–37
Fleisher LA (2005) Anesthesia and uncommon diseases, 5th
z Wichtiges Monitoring
edn. Saunders, Philadelphia, pp 165–166
Pulsoxymetrie, Kapnographie, Beatmungsdrücke, Myles PS, Weeks AM (1992) Alpha 1-antitrypsin deficiency:
invasive Kreislaufüberwachung, Temperatur, Elek- circulatory arrest following induction of anaesthesia.
trolyt- und Säure-Basen-Status. Anaesth Intensive Care 20: 358–362
Silverman EK, Sandhaus RA (2009) Alpha 1-antitrypsin defi-
ciency. N Engl J Med 360: 2749-2757
z Vorgehen
Stoller JK, Aboussouan LS (2005) Alpha1-antitrypsin deficien-
Empfehlungen zur Anästhesieführung sind sehr cy: Lancet 365: 2225–2236
spärlich. Über Regionalanästhesien gibt es keine Zollinger A, Pasch T (1998) Anaesthesia for lung volume re-
Fallberichte, aber man kann davon ausgehen, dass duction surgery. Curr Op Anaesthesiol 11: 45–49
die Gerinnungsfunktion ein limitierender Faktor
ist. Ferner kann bereits eine geringfügige Aktivitäts-
minderung der Atemmuskulatur zur Verschlechte- Amyloidpolyneuropathie
rung der Atmung führen.
Über Intubationsnarkosen liegen einige Berich- vom Typ 1
te vor, die das Problem des »air trapping« (und des-
sen Folgen für den Kreislauf) in den Vordergrund z Synonyme
stellen: Es wird empfohlen, dem mit Druckbegren- Wohlwill-Andrade-Sy, familiäre Amyloidpolyneu-
zung, kleinen Atemzugvolumina, niedriger Atem- ropathie (portugiesischer Typ = Biotyp I), engl. »fa-
frequenz und langer Exspirationszeit (I:E = 1:5) milial amyloid polyneuropathy«.
entgegenzuwirken. N2O ist wegen Drucksteigerung
in Hohlräumen und pulmonaler Hypertonie kon- z Oberbegriffe
traindiziert. Zur Einleitung sollte ausreichend prä- Amyloidose, Neuroamyloidose, Polyneuritis.
oxygeniert werden. Intermittierende Apnoephasen
zur Verringerung des »air trapping« sind gelegent- z Organe
lich notwendig. Die Bevorzugung nicht oder wenig ZNS, vegetatives (autonomes) Nervensystem, Be-
leberschädlicher Anästhetika (Benzodiazepine, wegungsapparat, Herz-Kreislauf-System.
Opioide, Isofluran, Sevofluran, Desfluran) versteht
sich von selbst. Bei instabilem Kreislauf helfen der z Inzidenz
selektive Einsatz von vasoaktiven Substanzen und Gehäuft unter Portugiesen, sporadisch in Brasilien,
eine minutiöse Volumenkontrolle. Schweden, Japan, USA, England. Erkrankungsbe-
Postoperativ ist eine adäquate Überwachung ginn im 2.–3. Lebensjahrzehnt.
der respiratorischen Funktion notwendig. Gegebe-
16 Amyloidpolyneuropathie vom Typ 1

z Ätiologie z Spezielle präoperative Abklärung


A Hereditär; autosomal-dominanter Erbgang mit va- Feststellung des neurologischen Ausgangsstatus,
riabler phänotypischer Ausprägung. Amyloideinla- Zustand des Kreislaufs, Nierenfunktion.
gerung im Nervengewebe vorwiegend im Bereich
des Rückenmarks und des Sympathikus sowie in z Wichtiges Monitoring
den erregungsleitenden Fasern des Myokards. Die EKG, Relaxometrie, ggf. invasive Blutdruckmes-
Mutation bewirkt eine Veränderung des Präalbu- sung. Bei großen Eingriffen empfiehlt sich die Ver-
mins Transthyretin (TTR), welches das Amyloid wendung der transösophagealen Echokardiogra-
erzeugt. Im Krankheitsverlauf kommt es zu einer phie (TEE).
symmetrischen, distal beginnenden und zentral-
wärts aufsteigenden Polyneuropathie. z Vorgehen
Bei der Wahl des Anästhesieverfahrens ist zu be-
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen denken, dass rückenmarknahe Regionalanästhesien
Beri-Beri, andere Amyloidosen und Polyneuropa- forensische Probleme verursachen können, obwohl
thien, Syringomyelie, Guillain-Barré-Sy, Friedreich- die Gefahr einer Exazerbation der neurologischen
Ataxie, Tabes dorsalis, Lepra, Pellagra. Störungen noch ungeklärt ist. Darüber hinaus ist
eine anästhesiebedingte Sympathikolyse (z. B. bei
Symptome Spinalanästhesie) bei der ohnehin erhöhten Ten-
denz zu Hypotonie und Rhythmusstörungen eher
Neurologie: distal einsetzende und aufsteigende Par- unerwünscht.
ästhesien, Dysästhesien, Thermanästhesie, Sensibi- Die Wahl einer Allgemeinanästhesie erscheint
litätsausfälle und später motorische Lähmung. Die sinnvoller. Bei Befall der Schlundmuskulatur (Dys-
Sehnenreflexe bleiben relativ lange erhalten. Im phagie) besteht eine erhöhte Aspirationsgefahr
Spätstadium kompletter Verlust der Schmerz-, Tast- während Ein- und Ausleitung. Deshalb sind die Prä-
und Tiefensensibilität. Muskelatrophien, Gangunsi- medikation mit einem H2-Rezeptorenblocker und
cherheit (Ataxie), Zungenatrophie, Dysphagie, die Durchführung einer »rapid-sequence induc-
Sprachstörungen, Verlust der Sphinkterkontrollen. tion« empfehlenswert. Wichtig ist dabei die Vermei-
Trophische Störungen der betroffenen Segmen- dung einer exzessiven Kaliumausschüttung durch
te (Ulzera, Akroosteolyse). depolarisierende Muskelrelaxanzien. Die Anwen-
dung nichtdepolarisierender Muskelrelaxanzien ist
z Labor problemlos, sollte jedoch der vorhandenen Muskel-
Pathologische Plasmaelektrophorese. masse angepasst sein.
Die Kreislaufinstabilität ist mit einer großzügi-
z Vergesellschaftet mit gen Volumensubstitution und mit peripher wirksa-
Vegetative Regulationsstörungen (orthostatische men Vasokonstriktoren behandelbar. Der Einsatz
Hypotonie), Rhythmusstörungen (paroxysmale su- arrhythmogener Pharmaka sollte kritisch erwogen
praventrikuläre Tachykardien, Überleitungsstörun- werden (Katecholamine, Halothan), andererseits
gen, AV-Block, totaler AV-Block mit Herzstillstand), kann u. U. die kontinuierliche Infusion von Dopa-
Niereninsuffizienz, Leberinsuffizienz. min (1,5–3 μg/kg/min) als humoraler Sympathiku-
sersatz erforderlich werden. Es wird berichtet, dass
Anästhesierelevanz Atropin bei Bradyarrhythmien nicht wirksam ist;
evtl. wird ein Schrittmacher erforderlich. Lokalan-
Im Vordergrund stehen die Auswirkungen der Mus- ästhesietechniken, die mit der systemischen Re-
kelatrophie und die kardiovaskulären Funktionsstö- sorption größerer Mengen Lokalanästhetika ein-
rungen. hergehen können, sind bei Verdacht auf Überlei-
tungsstörungen gefährlich.
Amyotrophische Lateralsklerose (ALS)
17 A
! Cave von Motoneuronen im Vorderhorn und von korti-
Succinylcholin, rückenmarknahe Regionalan- kospinalen Bahnen mit nachfolgender Muskelatro-
ästhesien, Lokalanästhetika, Halothan. phie der betroffenen Bezirke.

Literatur z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen


Myopathie-Ss (Duchenne-Aran-Sy, Erb-Charcot-
Castro Tavares J, Maciel L (1989) Anaesthetic management of Sy), multiple Sklerose, Syringomyelie, Botulismus,
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Pseudobulbärparalyse, van-Bogaert-Scherer-Ep-
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plantation. J Clin Anesth 17: 202–204 myelo-optic neuropathy«.

Symptome
Amyotrophische Es ist ausschließlich das motorische Nervensystem
Lateralsklerose (ALS) betroffen. Progrediente Muskelschwäche und Mus-
kelatrophien, meist beginnend an den Händen. Bul-
z Synonyme bärparalyse, Paresen, Hyperreflexie, allgemeine
Myatrophe Lateralsklerose, ALS, Charcot-Sy II, Tonuserhöhung, Faszikulationen bei generalisierter
Young-Sy, engl. »amyotropic lateral sclerosis«, pro- Denervierung, Dysphagie.
gressive Bulbärparalyse (als Unterform der ALS). Besonderheit: Aussparung der Augen- und
Sphinktermuskulatur. Die Empfindungen für Be-
z Oberbegriffe rührung, Schmerz und Temperatur, Sehen, Hören,
Neurologische (neurodegenerative) Erkrankung, Riechen und Schmecken sind normal.
Neuropathie, »motor neuron disease«.
z Therapie
z Organe/Organsysteme Bisher ist keine ursächliche Therapie bekannt. Rilu-
Motoneuronen, Rückenmark, Muskulatur, Bewe- zol bewirkt eine Verlängerung der Lebenserwar-
gungsapparat. tung, indem es die zellschädigende Wirkung des
Glutamats reduziert. Der dadurch verursachte
z Inzidenz Transaminasenanstieg kann bis zum 5fachen des
1–3:100.000 in Deutschland pro Jahr, Alter meistens Normwertes toleriert werden.
50–70 Jahre, Männer : Frauen = 3:2; weltweite Prä-
valenz ca. 150.000. z Vergesellschaftet mit
Respiratorische Insuffizienz, häufig respiratorische
z Ätiologie Infekte (Dysphagie, Aspirationen).
Idiopathisch, sporadisch. Eine seltenere hereditäre
Form (5%) ist als autosomal-dominant oder autoso- Anästhesierelevanz
mal-rezessiv beschrieben worden. Zwei Gene sind
bisher bekannt (Chromosom 21 und ALS-2-Gen). Bei Bulbärparalyse und Schluckstörungen besteht
Beim Ersteren handelt es sich um eine Mutation des ein hohes Aspirationsrisiko.
Gens der Superoxiddismutase 1 (SOD-1), das zu Bei abdominellen Eingriffen ist das perioperati-
einem toxischen Protein umgewandelt wird. Die ve pulmonale Komplikationsrisiko gegenüber Pa-
Hypothese des Funktionsverlustes von SOD-1 hat tienten ohne ALS deutlich erhöht.
sich nicht bestätigt. Das ALS-2-Gen hat derzeit nur
Bedeutung für nordafrikanische Familien. Zugrun-
de liegt immer eine fortschreitende Degeneration
18 Angelman-Syndrom

z Spezielle präoperative Abklärung ! Cave


A Feststellung des neurologischen Ausgangsstatus, Relative Kontraindikation für Succinylcholin,
Thoraxröntgenaufnahme, Lungenfunktion, ggf. Anästhetika- und Relaxansüberhang, Aspira-
Blutgasanalyse. tion.

z Wichtiges Monitoring Literatur

Pulsoxymetrie, Kapnographie, Volumetrie, Relaxo- Baur CP. Schara U, Schlecht R, Georgieff M, Lehmann-Horn F
metrie. (2002) Anästhesie bei neuromuskulären Erkrankungen.
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z Vorgehen Notfallmed Schmerzther 37: 125–137
Hara K, Sakura S, Saito Y et al. (1996) Epidural anesthesia and
Die Prämedikation ist dem neurologischen Status pulmonary function in a patient with amyotrophic lateral
anzupassen, insbesondere sollte eine medikamentös sclerosis. Anesth Analg 83: 8788–8789
bedingte Verschlechterung der respiratorischen In- Johannsen S, Kranke P, Reiners K, Schuster F (2009) Anästhesie
suffizienz vermieden werden. Daher sind Opioide bei neuromuskulären Erkrankungen. Besonderheiten im
und Benzodiazepine mit Vorsicht einzusetzen. prä- und perioperativen Management. Anästhesiol Inten-
sivmed Notfallmed Schmerzther 44: 748–755
Bei einer Allgemeinanästhesie besteht eine er- Kitoh T, Kobayashi K, Ina H et al. (2006) Effects of lumbar sym-
höhte Gefahr einer Regurgitation von Mageninhalt pathetic ganglion block for a patient with amyotrophic
im Sinne einer »stillen« Aspiration. Es empfiehlt lateral sclerosis (ALS). J Anesth 20: 109–112
sich die prophylaktische orale Gabe einer Pufferlö- Kochi T, Oka T, Mizuguchi T (1989) Epidural anesthesia for pa-
sung (20–30 ml Natrium citricum 0,3-molar) oder tients with amyotropic lateral sclerosis. Anesth Analg 68:
410–412
eines H2-Blockers vor der Narkoseeinleitung. Diese Kuisma MJ, Saarinen KV, Teirmaa HT (1993) Undiagnosed
sollte als »rapid-sequence induction« erfolgen. amyotropic lateral sclerosis and respiratory failure. Acta
Hierbei ist auf die Verwendung von Succinylcholin Anaesthesiol Scand 37: 628–630
wegen einer möglichen verstärkten Kaliumfreiset- Moser B, Lirk P, Lechner M, Gottardis M (2004) General anaes-
zung und der Gefahr der Rhabdomyolyse zu ver- thesia in an patient with motor neuron disease. Eur J
Anaesthesiol 21: 921–923
zichten. Nichtdepolarisiernde Relaxanzien sind Rowland L (2001) Amyotrophic lateral sclerosis. N Engl J Med
unbedenklich, neuromuskuläres Monitoring ist er- 344: 1688–1700
forderlich. Stevens RD (2001) Neuromuscular disorders and anesthesia.
Bei der Wahl der Anästhetika ist deren atemde- Curr Op Anaesthesiol 14: 693–698
pressorische Potenz in Rechnung zu stellen. Hoch-
dosierte Monoanästhesien sind weniger gut geeig-
net als die Kombination mehrerer Medikamente Angelman-Syndrom
(»balancierte Anästhesie«). Ebenso sind kurzwirk-
same, gut steuerbare Substanzen zu bevorzugen z Synonyme
(Propofol, Remifentanil). Engl. »happy puppet syndrome«.
Eine postoperative Nachbeatmung bis zur voll-
ständigen Wiedererlangung des präoperativen z Oberbegriffe
Wachheitsgrades und einer suffizienten Spontanat- Neurogenetische Erkrankung.
mung ist angezeigt.
Entgegen vereinzelten Annahmen über eine Ex- z Organe/Organsysteme
azerbation der neurologischen Befunde nach rü- Zentrales Nervensystem.
ckenmarknahen Anästhesien gibt es Berichte über
erfolgreiche Epiduralanästhesien bei dieser Erkran- z Inzidenz
kung, insbesondere weil eine Kompromittierung 1:10.000 bis 1:12.000.
der Atmungsfunktion vermieden werden konnte.
z Ätiologie
Sporadisch auftretender Funktionsverlust von Ge-
nen im langen Arm des Chromosoms 15q11-13.
Angelman-Syndrom
19 A
Beschrieben sind verschiedene genetische Mecha- som 15 ist die Expression eines Gens, das bei der
nismen, die sowohl das mütterliche als auch das genetischen Kodierung der β-Untereinheit des GA-
väterliche Chromosom betreffen. BAA-Rezeptors mitwirkt. In Studien an Mausmo-
dellen wurde eine verminderte Wirkung von intra-
z Differenzialdiagnosen venösen Anästhetika beobachtet. Die α-Unterein-
Rett-Syndrom, α-Thalassämie mit geistiger Behin- heit des GABAA-Rezeptors scheint nicht betroffen
derung, Mowat-Wilson-Sy, Lennox-Gastaut-Sy. zu sein, weswegen eine unveränderte Wirkung in-
halativer Anästhetika vermutet wird. Darüber hin-
Symptome aus muss die Wirkung von Antiepileptika beachtet
werden, die ebenfalls den Bedarf an Anästhetika
Mentale Retardierung, verzögerte motorische Ent- beeinflussen.
wicklung, meist im 1. Lebensjahr auffallende aus- Die Intubation kann durch die bestehende Pro-
bleibende Sprachentwicklung. Auftreten zerebraler gnathie erschwert sein. Ferner ist mit verstärktem
Krampfanfälle meist im 2.–3. Lebensjahr. Zerebel- Speichelfluss zu rechnen. In einigen Fallberichten
läre Ataxie, Dystonie des Skelettsystems, Verhal- wird eine plötzliche Asystolie mit verzögerter Ant-
tensauffälligkeiten, Hyperaktivität, Unruhe, auffäl- wort auf Atropingabe beschrieben, was auf die Do-
lig fröhliches Wesen. minanz des Vagus zurückgeführt wird.

z Therapie z Spezielle präoperative Abklärung


Die Betreuung der Patienten umfasst psychomoto- Erhebung der Medikamentenanamnese sowie Kon-
rische Therapie, Sprachtherapie, psychologische trolle der Serumpiegel der antikonvulsiven Medika-
Unterstützung, Erziehungsberatung der Eltern so- mente. Ein neurologisches Konsilium ist empfeh-
wie medikamentöse Behandlung der Epilepsie (z. B. lenswert.
mit Valproat) sowie der Verhaltens- und Schlafstö-
rungen (z. B. mit Diphenhydramin oder Thiorida- z Wichtiges Monitoring
zin). Je nach Schweregrad der Skoliose ist eine chir- EKG, Kontrolle der Narkosetiefe, Relaxometrie.
urgische Korrektur indiziert.
z Vorgehen
z Vergesellschaftet mit Beibehaltung der antiepileptischen Therapie, ten-
Charakteristische faziale Auffälligkeiten wie weit denziell stärker wirksame Prämedikation. Ungenü-
auseinanderstehende Zähne, flacher Hinterkopf, gende Narkosetiefe durch Monoanästhesie vermei-
hervorstehende Zunge und Prognathie. Schlafstö- den. Zu empfehlen ist der Gebrauch von Anästheti-
rungen. Die Entwicklung einer Skoliose mit kardio- ka, die an verschiedenen Rezeptoren angreifen
respiratorischen Komplikationen wird beschrie- (GABAA-, N-Methyl-D-Aspartat- und Opiat-Re-
ben. zeptoren). Eine Reduktion der Hypersalivation
durch Glykopyrrolat (4 μg/kg) ist angebracht.
Anästhesierelevanz Ketamin kann zur leichten postoperativen Sedie-
rung verwendet werden, insbesondere wenn ag-
Im Rahmen der Diagnosestellung kann eine Sedie- gressives Verhalten vorliegt. Bei zu erwartenden
rung bei MRT-/CT-Untersuchungen zur Abklärung Intubationsschwierigkeiten müssen entsprechende
der Epilepsie erforderlich sein. Darüber hinaus ist logistische Maßnahmen getroffen werden.
für chirurgische Eingriffe wie Skoliose- und Schiel-
! Potenzierung des erhöhten Vagotonus durch
operationen oder Operationen zur Reduktion von
weitere Stimuli wie Zug am Peritoneum,
übermäßigem Speichelfluss eine anästhesiologische
Anlage eines Pneumoperitoneums o. Ä.
Betreuung indiziert.
Bei Patienten mit Angelman-Sy ist die Wirkung
von Anästhetika nur eingeschränkt kalkulierbar.
Folge der genetischen Veränderung am Chromo-
20 Angioödem

Literatur durch inadäquate Komplementaktivierung und


A Ausschüttung vasoaktiver Substanzen). Auslösung
Bujok G, Knapik P (2004) Angelman syndrome as a rare durch geringfügige Traumen (häufiger in Stresssi-
anesthetic problem. Pediatr Anesth 14: 281–283
tuationen wie Menses, Schwangerschaft, Fieber,
Errando CL (2008) Comment on a case report of Angelman
syndrome and anaesthesia. Anaesthesia 63: 1145–1146 Operationen), jedoch auch spontan.
Gardner JC, Turner CS, Ririe DG (2008) Vagal hypertonia and Histaminvermittelte Form geht einher mit Aller-
anesthesia in Angelman syndrome. Pediatr Anesth 18: gien auf Medikamente, Chemikalien, Lebensmittel,
348–349 Parasiten, inhalative Allergene. Als Auslöser kom-
Guerrini R, Carroyyo R, Rinaldi R et al. (2003) Angelman syn-
men in Frage bekannte Histaminliberatoren wie
drome: etiology, clinical features, diagnosis and manage-
ment of symptoms. Pediatr Drugs 5: 647–661 Morphin, Kodein, Kontrastmittel, Thiopental, Atra-
Patil JJ, Sindhakar S (2008) Angelman syndrome and anesthe- curium, Mivacurium. Ferner ist eine Auslösung
sia. Pediatr Anesth 18: 1219–1220 möglich bei verschiedenen Immunkomplexerkran-
Ramanathan KR, Muthuswamy D, Jenkins BJ (2008) Anaesthesia kungen, durch physikalische Stimuli wie Kälte, Hit-
for Angelman syndrome. Anaesthesia 63: 659–661
ze, Sonnenlicht, Druck, Sauerstoff, Wasser, Vibra-
Vanagt WY, Pulles-Heintzberger CF, Vernooy K et al. (2005)
Asystole during outbursts of laughing in a child with tionen, Salicylate, ACE-Hemmertherapie (diese
Angelman syndrome. Pediatr Cardiol 26: 866–868 verursachen 25–39% aller Fälle), Parvoviren,
Schlangenbiss, Hämodialysemembranen. Wenn gar
kein Auslöser gefunden wird: »idiopathische«
Form.
Angioödem
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
z Synonyme Urtikaria (Schwellung in Oberhaut), allergische
Angioneurotisches Ödem, Quincke-Sy, Bannister- Diathese, Nephrose-Ss (nephrotisches Sy), akute
Krankheit, Milton-Riesenurtikaria, Oedema cutis Nephritis, Hunt-Sy Typ I, Melkersson-Rosenthal-
circumscriptum, engl. »hereditary angioneurotic Sy, Ascher-Sy, Hench-Rosenberg-Sy, »autoimmune
edema« (HANE). progesterone dermatitis« während der Schwanger-
schaft.
z Oberbegriffe
Enzymopathie, allergisch-angioneurotische Ödeme. Symptome
z Organe/Organsysteme Akute ödematöse Schwellungen der Haut und der
Kapillaren, Gefäßsystem, vegetatives Nervensystem, Subkutis mit den Prädilektionsstellen Lippen, Au-
Haut (Unterhaut), Atemwege. genlider, Gesicht, Extremitäten und Genitale, die in
der Regel keinen Pruritus zeigen. Enorale Schwel-
z Inzidenz lungen von Zunge, Epiglottis, Glottis (inspirato-
1:50.000 bis 1:500.000. Bei Einnahme von ACE- rischer Stridor).
Hemmern 0,1–0,2%. Bei Asphyxie 15‒30% Mortalität!
Weitere Begleiterscheinungen: Kopfschmerzen
z Ätiologie (Migräne), Kolonspasmen, Abdominalschmerzen,
Unterscheidung in hereditäre und histaminvermit- Diarrhö, Nausea, Vomitus, Lungenödem, Polyurie.
telte Form.
Hereditäre Form mit autosomal-dominantem z Vergesellschaftet mit
Erbgang. Es liegt eine erniedrigte (15% der Fälle) Asthma bronchiale, Menière-Sy.
oder fehlende (85%) Aktivität des Komplement-C1-
Esteraseinhibitors vor. Gelegentlich besteht eben- z Therapie
falls eine abnormale fibrinolytische Funktion. Im Inhibitoren der Plasminogenaktivierung wie α-
akuten Anfall kommt es zu einer umschriebenen Aminocapronsäure, Tranexamsäure. Diese vermin-
Gewebsschwellung mit kapillärem Leck (vermutlich dern die Schwere der Attacken, verhindern sie je-
Angioödem
21 A
doch nicht. Ferner Aprotinin und Androgenderiva- kennarkosen als eine praktikable Vorgehensweise,
te (Danazol, anfangs 600 mg/Tag, Aufrechterhaltung sofern nicht eine Intubation wegen fraglicher Nüch-
mit 250–300 mg/Tag, oder Stanozolol, 2 mg/Tag ternheit indiziert ist. Bei Intubationen reichlich Li-
per os). docain-Gel für Tuben und Katheter verwenden.
Kortikoide und Antihistaminika sind bei den Magensonden, ösophageale Temperatursonden
hereditären Typen unwirksam, beim erworbenen u. Ä. sowie intratracheale Absaugung möglichst
Typ jedoch indiziert. Eine Prophylaxe oder Thera- vermeiden.
pie mit direkter Substitution von C1-Inhibitor ist Perioperativ ist eine adäquate Überwachung in-
durch die Gabe von FFP (2–4 Einheiten) möglich. diziert. Im Falle einer Attacke mit Beteiligung des
Pro Einheit wird der C1-Inhibitorplasmaspiegel um Oropharynx sollten Sauerstoff und FFP bzw. Beri-
1,25 mg/dl angehoben. Falls verfügbar, ist die Ap- nert® appliziert werden. Sofern danach keine Besse-
plikation eines gereinigten C1-Inhibitor-Präparates rung eintritt und Erstickung droht, ist die mechani-
(1–2 Amp. Berinert® entsprechend 1000–2000 Ein- sche Sicherung der Atemwege zwingend (Intubati-
heiten) besser. Wirkungseintritt 20–40 min nach on mit einem dünnen Tubus und Atemhilfe, ggf.
der Infusion mit einer Wirkdauer von 1–4 Tagen. Notkoniotomie).
Die Inhalation von Adrenalin wird gelegentlich Eine verlängerte monitorisierte postoperative
empfohlen, ist allerdings nicht immer wirksam. Überwachung wird dringend empfohlen, nicht zu-
letzt auch unter dem Gesichtspunkt, dass die Extu-
Präoperative Untersuchungen bation ebenfalls ein Ödem auslösen kann!
Nach der Anästhesie sollte dem Patienten ein
Aufgrund der unterschiedlichen Therapien muss schriftlicher Bericht über den Ablauf der Behand-
der Typ des Angioödems unbedingt präoperativ ab- lung mit Vorschlägen für eventuelle künftige Ein-
geklärt werden (Bestimmung der Plasmakonzentra- griffe mitgegeben werden.
tionen von C1–C4).
! Cave
ACE-Hemmer.
Anästhesierelevanz

Im Vordergrund steht die Vermeidung von Öde- Literatur


mattacken. Geeignet ist die Fortführung einer me-
Bhatia A, Smith H, Trivedi M (2004) A response to ‘Angiotensin-
dikamentösen Therapie (Danazol) und die prophy-
converting enzyme inhibitor related angioedema and
laktische Gabe von FFP (s. oben). Darüber hinaus the anaesthetist. Anaesthesia 59: 732–733
sollten alle Maßnahmen möglichst wenig traumati- Eckert S, Eifrig B, Standl T (2000) Die perioperative Behandlung
sierend durchgeführt werden. von Patienten mit hereditärem Angioödem (HAE) am
Beispiel eines Jugendlichen mit Osteosynthese einer
z Vorgehen Oberschenkelfraktur. Anästhesiol Intensivmed
Notfallmed Schmerzther 35: 776–781
Zur Prämedikation sind Benzodiazepine gut geeig- García Collada JC, Pereda Marín RM, Miralles Serrano EM et al.
net. Alle Manipulationen im Gesicht und Nasen- (2005) General and subarachnoid anaesthesia in a patient
Rachen-Raum sollten auf das Notwendigste redu- with acquired C1 esterase inhibitor deficiency. Eur J
ziert und gewebeschonend durchgeführt werden. Anaesthesiol 22: 482–484
Levy JH, Freiberger DJ, Roback J (2010) Hereditary angioede-
Daraus leiten einige Autoren eine Bevorzugung von
ma: current and emerging treatment options. Anest
Regionalanästhesietechniken ab oder sprechen sich Analg 110: 1271–1280
zumindest für die Vermeidung einer Intubation aus. O‘Rourke J, Khawaja N, Loughrey J et al. (2004) Autoimmune
Dennoch sind praktisch alle gängigen Anästhesie- progesterone dermatitis in a parturient for emergency
verfahren erfolgreich angewendet worden; mögli- caesarean section. Int J Obstet Anesth 13: 275–278
Rai MR, Amen F, Idrees F (2004) Angiotensin-converting en-
cherweise ist die Problematik der Gewebereizung
zyme inhibitor related angioedema and the anaesthetist.
durch die Intubation etwas überbewertet worden. Anaesthesia 59: 283–289
Wenn eine Allgemeinanästhesie durchgeführt Roper AJ, Farragher A, Homer JJ et al. (2007) Angioedema of
werden soll, erscheint die Durchführung von Mas- the airway: an unusual case. J Laryngol Otol 121: e11
22 Apert-Syndrom

Steinbach O, Schweder R, Freitag B (2001) C1-Esterase- Symptome


A Inhibitor bei ACE-Hemmer-induziertem schwerem Angio-
ödem der Zunge. Anaesthesiol Reanimat 26: 133–137
Strantopoulos CD, Bratanow NC, Stowe DF, Kampine JP (2000)
Akrozephalie, Skaphozephalie (Kahnschädel), Hy-
Uneventful propofol anesthesia in a patient with coexis- pertelorismus, Exophthalmus, eingesunkene Na-
ting hereditary coproporphyria and hereditary angio- senwurzel, Maxillahypoplasie (Mikrognathie), pro-
neurotic edema. Anesthesiology 92: 607–609 minente Mandibula, hoher (gotischer) Gaumen,
Wong DT, Gadsden JC (2003) Acute upper airway angioedema Gaumenspalte (30%), verschmolzene Halswirbel
secondary to acquired C1 esterase inhibitor deficiency: a
case report. Can J Anesth 50: 900–903
(71%), »Bambus-Trachea« (50%) mit Stenosen,
Syndaktylie (Löffelhand, meist sind Finger 2–4 be-
troffen), Polydaktylie, Minderwuchs, geistige Retar-
dierung, große, spät schließende Fontanellen.
Apert-Syndrom Die Prognose ist abhängig vom Schweregrad der
Fehlbildungen.
z Synonyme
Akrozephalosyndaktylie, Akrosphenosyndaktylie, z Vergesellschaftet mit
Van-der-Hoeve-Sy, Carpenter-Sy. Anomalien der Atemwege, Missbildungen des Uro-
genitaltraktes (Zystennieren), Niereninsuffizienz,
z Oberbegriffe Missbildungen des Gastrointestinaltrakts (Ösopha-
Dysmorphien, Dysostosen, Schädelsynostosen, gusatresie), Herzvitien, erhöhter Hirndruck.
kraniomandibulofaziale Missbildungen, Kieferbo-
gen-Ss. Anästhesierelevanz
z Organe Mit Intubationsschwierigkeiten, möglicher Hirn-
Gesichtsschädel, Skelett, Bewegungsapparat, ZNS. druckproblematik, hoher Rate an perioperativen
respiratorischen Komplikationen (30%) rechnen.
z Inzidenz
1:100.000 bis 1:160.000 Lebendgeburten. z Spezielle präoperative Abklärung
Röntgen oder MRI der Halsorgane (seitlich!), Nie-
z Ätiologie renfunktionsparameter (Kreatinin, Harnstoff, Kali-
Kongenital, hereditär mit autosomal-dominantem um im Serum). Bei Verdacht auf Tracheomalazie
Erbgang. Oft auch als Neumutation des »fibrobla- (anamnestisch wiederholte hypoxämische Episo-
stic growth factor«-2-Gens. Prämature Synostosen den) sollte eine starr-bronchoskopische Evaluation
der Schädelnähte aufgrund iregulärer Brückenbil- vorgenommen werden.
dung zwischen Osteoblasteninseln.
z Wichtiges Monitoring
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen Pulsoxymetrie, Kapnographie, ggf. ZVD, Elektro-
Akrozephalosyndaktylie-Ss: Apert-Sy (Typ I), Crou- lyte.
zon-Sy (oder als Kombination: Apert-Crouzon-Sy)
(Typ II), Chotzen (Saethre-Chotzen-)Sy (Typ III), z Vorgehen
Pfeiffer-Sy (Typ V), Poland-Sy, Klippel-Feldstein- Aufgrund der häufigen postoperativen respirato-
Sy, Potter-Sy, Gruber-Sy, Enslin-Sy, Say-Gerald-Sy, rischen Probleme sollten Elektiveingriffe nach In-
François-Sy, Franceschetti-Sy, Dutescu-Grivu-Flei- fektionen der oberen Atemwege bis zu deren Aus-
scher-Peters-Sy, Mohr-Sy, Dzierzynsky-Sy, Elsch- heilung verschoben werden. Eine vagolytische Prä-
nig-Sy, Noack-Sy, Carpenter-Sy, Sakati-Nyhan- medikation ist sinnvoll, ebenso die prophylaktische
Sy, Goodman-Sy. Gabe von 0,3-molarem Natrium citricum (20–30 ml
peroral) oder H2-Rezeptorenblockern, mindes-
tens 30, besser 60 min vor der Einleitung. Für die
Intubation selbst sind alle Vorkehrungen zu treffen,
Arnold-Chiari-Malinformation
23 A
dass bei Beatmungsproblemen eine ausreichende Elwood T, Sarathy PV, Geiduschek JM et al. (2001) Respiratory
Oxygenation gewährleistet werden kann. Primär complications during anaesthesia in Apert syndrome.
Paediatr Anaesth 11: 701–703
sollte die fiberoptische Intubation in Betracht gezo- Gibson SE (2001) Airway management in children with cranio-
gen werden. Eine Alternative insbesondere in der facial anomalies. Med Health RI 84: 403–405
Notfallsituation stellt die Larynxmaske dar. In je- Hutson LR Jr, Young E, Guarisco L (2007) Tracheal anomalies
dem Fall ausreichend präoxygenieren. Bei der Extu- complicating ventilation of an infant with Apert syn-
bation erneute Gefahr von respiratorischen Proble- drome. J Clin Anesth 19: 551–554
Lo LJ, Chen YR (1999) Airway obstruction in severe syndromic
men, insbesondere wegen des Auftretens einer ma- craniosynostosis. Ann Plast Surg 43: 258–264
nipulationsbedingten Schwellung von Zunge und Roche J, Frawley G, Heggie A (2002) Difficult tracheal intuba-
Larynx. Patienten können Sekret wegen der ver- tion induced by maxillary distraction devices in cranio-
steiften Trachea schlecht abhusten. Deshalb sollte synostosis syndromes. Paediatr Anaesth 12: 227–234
vor der Extubation eine sorgfältige Bronchialtoilette
durchgeführt werden.
Eine verlängerte intensive postoperative Über-
wachung ist notwendig.
Arnold-Chiari-
Bei kranioplastischen Eingriffen mit Hirndruck Malinformation
(Cave: Aspirationsgefahr) und größeren Blutverlus-
ten rechnen (genügend intravenöse Zugänge anle- z Synonyme
gen, Blutkonserven bereithalten). Arnold-Chiari-Syndrom, ACM Typ I–IV, Chiari-
Bei Herzvitien geeignete Antibiotikaprophylaxe Syndrom.
durchführen, bei Zystennieren eingeschränkte Nie-
renfunktion beachten. z Oberbegriffe
Fehlbildungssequenz.
! Cave
Kaliumhaltige Lösungen, Succinylcholin, Se- z Organe/Organsysteme
vofluran und Enfluran bei eingeschränkter ZNS, Mittel- und Hinterhirn.
Nierenfunktion (fortgeschrittene chronische
Niereninsuffizienz). z Inzidenz
Sorgfältige Wahl der geeigneten Tubus- 1:100.000 bis 1:160.000 Lebendgeburten.
größe, da Deformitäten der Atemwege mit
fortschreitendem Alter zunehmen. z Ätiologie
Nach Verschluss einer Gaumenspalte kann Kongenital. Entwicklungsdefekt während der Em-
es zu Atemwegsobstruktionen kommen, die bryogenese, selten familiäre Fälle.
eine Tracheotomie (bis ca. 48%) notwendig
machen! z Formen der ACM
Die heterogene Krankheitsgruppe ist gekennzeich-
Literatur net durch eine Herniation des Kleinhirns durch das
Foramen occipitale magnum mit kaudaler Verlage-
Adler G, Burg G, Kunzel J, Pongratz D, Schinzel A, Spranger J rung der unteren Ponsanteile und der Medulla ob-
(Hrsg) (1996) Leiber – Die klinischen Syndrome, Bd 1,
longata.
8. Aufl. Urban & Schwarzenberg, München
Basar H, Buyukkocak U, Kaymak C et al. (2007) An intraopera- Einteilung in 4 Typen:
tive unexpected respiratory problem in a patient with 4 Typ I: Klinische Präsentation im Erwachsenen-
Apert syndrome. Minerva Anestesiol 73: 603–606 alter, betrifft das Kleinhirn sowie das zervikale
Baum C, O’Flaherty JE (2007) Anesthesia for genetic, mata- Rückenmark und kann mit Syringomyelie
bolic, and dysmorphic syndromes of childhood, 2nd edn.
(Höhlenbildung innerhalb der grauen Substanz)
Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia, pp 31–32
Carenzi B, Corso RM, Stellino V et al. (2002) Airway manage- vergesellschaftet sein.
ment in an infant with congenital centrofacial dysgene- 4 Typ II: Diagnostik im Kindesalter. Häufig kom-
sia. Br J Anaesth 88: 726–728 biniert mit Meningomyelozele. Inspiratorischer
24 Arnold-Chiari-Malinformation

Stridor durch Beeinträchtigung des 10. Hirn- Eingriffe wie subokzipitale Kraniektomie, osteodu-
A nerven, Episoden von Apnoe, verminderter rale Dekompression, z. T. in sitzender Position.
Würgereflex, spastische Schwäche der oberen Besondere Herausforderungen werden im Rah-
Extremitäten. men der Geburtshilfe gestellt.
4 Typ III: Gekennzeichnet durch die Kaudalverla-
gerung von Kleinhirn und Hirnstamm in eine z Spezielle präoperative Abklärung
hohe zervikale Myelomeningozele. Diese Neurologisches Konsilium, insbesondere zur Kon-
schwerste, extrem seltene Form ist meist mit trolle des (erhöhten) intrakraniellen Drucks, Über-
dem Leben nicht vereinbar. prüfung von Schluck- und Würgereflex, Funktions-
4 Typ IV: Besteht in einer Kleinhirnhypoplasie prüfung eines ventrikulo-peritonealen Shunts.
ohne Herniation, kombiniert mit einer Menin- Wenn nicht bereits für den Eingriff erfolgt, Unter-
gomyelozele. suchung der oberen Halswirbelsäule auf knöcherne
Veränderungen, die eine erschwerte Intubation be-
Symptome dingen können. Ausreichende Bereitstellung von
Blutkonserven bzw. Frischplasma. Bei geplanten
Häufiges Symptom der ACM Typ I ist Kopfschmerz. Eingriffen in sitzender Position Ausschluss eines
Weitere neurologische Symptome sind: segmental offenen Foramen ovale.
begrenzte dissoziierte Empfindungsstörung, seg- Interdisziplinäres Vorgehen bei Schwangeren
mentale Schwäche, schlaffe Parese, vegetative Funk- zur geplanten Entbindung erforderlich: Neurologie,
tionsstörungen. Das Foramen-magnum-Kompres- Neurochirurgie, Gynäkologie, Anästhesie.
sions-Syndrom ist durch Ataxie, sensorische Defizi-
te, kaudale Hirnnervenlähmungen und schweren z Wichtiges Monitoring
Kopfschmerz gekennzeichnet. Ataxie, Nystagmus Bei neurochirurgischen Eingriffen in sitzender Po-
und Dysarthrie charakterisieren ein zerebelläres sition zusätzlich zum Standardmonitoring invasive
Syndrom. Blutdruckmessung, präkordialer Doppler oder
Säuglinge und Kleinkinder mit ACM Typ II transösophageale Echokardiographie zur Diagnos-
fallen durch verminderten Schluckreflex, gehäuf- tik von Luftembolien sowie zentraler Venenkatheter
te Aspirationen sowie Stridor infolge Beeinträch- und Blasenkatheter.
tigung des 10. Hirnnerven auf. Fälle von bila-
teraler Stimmbandlähmung mit drohender kom- z Vorgehen
pletter Atemwegsobstruktion sind beschrieben. Prämedikation: Bei nicht korrigiertem Arnold-Chi-
Bei älteren Kindern: Nystagmus, motorische ari-Sy sollte die medikamentöse Prämedikation nur
Schwäche. unter anästhesiologischer Überwachung durchge-
führt werden, um einen eventuell auftretenden
z Vergesellschaftet mit Atemstillstand sofort erkennen und behandeln zu
Gelegentlich liegt zusätzlich eine Skoliose oder Ky- können. Vermeidung von starker Reklination wäh-
phose vor, Spondylolysis. rend der Intubation. Ggf. wache fiberoptische Intu-
bation.
z Therapie Bei korrigierenden neurochirurgischen Eingrif-
Chirurgische Korrektur. fen sind die Grundsätze der Anästhesie zur Neuro-
chirurgie zu beachten: Vermeidung einer Erhöhung
Anästhesierelevanz des intrakraniellen Drucks, ausreichende Narkose-
tiefe, insbesondere zur Intubation; Prävention und
Beeinträchtigung des Atemwegsschutzes, Aspira- Therapie hypertoner Kreislaufreaktionen, Normo-
tionsgefahr. Kardiale oder respiratorische Störungen kapnie, evtl. leichte Hyperventilation (PaCO2 35–
durch autonome Neuropathien. 38 mmHg). In sitzender Position an die Möglichkeit
Neurochirurgische Therapie: Meningomyelozele, einer Luftembolie denken. Erhebliche Blutungen
häufig Anlage eines ventrikuloperitonealen Shunts. möglich. Latexfreies Vorgehen bei Meningomyelo-
Arthrogrypose
25 A
zele. Bei erforderlicher Bauchlagerung Polsterung Landau R, Giraud R, Delrue V et al. (2003) Spinal anesthesia for
potenzieller Druckstellen. Ausreichend lange post- cesarean delivery in a woman with a surgically corrected
type I Arnold Chiari malformation. Anesth Analg. 97:
operative Überwachung. 253–255
Die peripartale Betreuung von Patientinnen mit Mueller DM, Oro’ J (2005) Chiari I malformation with or with-
Arnold-Chiari-Syndrom erfordert ein interdiszip- out syringomyelia and pregnancy: case studies and re-
linäres Vorgehen. Abzuklären ist, ob es sich um ein view of the literature. Am J Perinatol 22: 67–70
korrigiertes oder nicht korrigiertes Arnold-Chiari- Newhouse BJ, Kuczkowski KM (2007) Uneventful epidural la-
bor analgesia and vaginal delivery in a parturient with
Sy handelt: Arnold-Chiari malformation type I and sickle cell disease.
4 Besteht bereits vor der Entbindung ein erhöhter Arch Gynecol Obstet. 275: 311–3
Hirndruck? Parker JD, Broberg JC, Napolitano PG (2002) Maternal Arnold-
4 Liegt zusätzlich eine Syringomyelie vor? Chiari type I malformation and syringomyelia: a labor
management dilemma. Am J Perinatol 19: 445–450
Portier F, Marianowski R, Morisseau-Durand MP et al. (2001)
Häufig wird die Indikation zur Sectio gestellt, um Respiratory obstruction as a sign of brainstem dysfunc-
eine Erhöhung des ICP besonders während der tion in infants with Chiari malformations. Int J Pediatr
Austreibungsphase zu vermeiden. Einzelne Kasuis- Otorhinolaryngol 57: 195–202
tiken beschreiben die operativ assistierte passive Setz ACW, De Boer HD, Driessen JJ, Scheffer GJ (2005)
vaginale Entbindung ohne mütterliche Anstren- Anesthetic management in a child with Arnold-Chiari
malformation and bilateral vocal cord paralysis. Pediatr
gung in Periduralanästhesie. Liquorverlust bei ver- Anesth 15: 1105–1107
sehentlicher Duraperforation im Rahmen einer Williams DL, Umedaly H, Martin IL et al. (2000) Chiari type I
Periduralanästhesie kann selten zu einer Herniation malformation and postoperative respiratory failure. Can
mit Einklemmung führen. Bei erhöhtem ICP ist die J Anesth 47: 1220–1223
Allgemeinanästhesie das Verfahren der Wahl. Ein-
zelne Fallberichte liegen zur Spinalanästhesie zur
Sectio caesarea bei chirurgisch korrigiertem ACM
Typ I vor. Arthrogrypose
Zwingend erforderlich ist die korrekte und aus-
führliche Aufklärung und Dokumentation von z Synonyme
möglichen Komplikationen. Neurologische Unter- Arthrogryposis multiplex congenita (AMC), Gué-
suchungen und Überprüfungen der sensomotori- rin-Stern-Sy, M. Stern, Rocher-Sheldon-Sy, M. Wer-
schen Funktionen müssen wiederholt durchgeführt themann, engl. »multiple congenital joint contrac-
und dokumentiert werden. tures«.
Freeman-Sheldon-Syndrom (FSS), wird auch
! Cave distale Arthrogrypose Typ 2A (DA2A), kraniokar-
Spinalanästhesie bei evtl. gleichzeitig beste- potarsale Dysplasie (oder Dystrophie), kranio-kar-
hender Syringomyelie ohne zuvor erfolgte po-tarsales Syndrom, Windmill-Vane-Hand-Sy
weitere Diagnostik. oder »whistling-face syndrome« genannt. Das FSS
ist eine seltene Form der multiplen kongenitalen
Literatur Kontrakturen (MCC) und ist die schwerste Ver-
Agustí M, Adàlia R, Fernández , Gomar C (2004) Anaesthesia
laufsform der distalen Arthrogrypose.
for caesarean section in a patient with syringomyelia and
Arnold-Chiari type I malformation. Int J Obstet Anesth 13: z Oberbegriffe
114–116 Angeborene multiple Gelenkerkrankung, Gelenk-
Chantigian RC, Koehn MA, Ramin KD et al. (2002) Chiari I mal-
dysplasie, Gelenkaplasie.
formation in parturients. J Clin Anesth 14: 201–205
Groth G, Tüttenberg J, Waschke KF (2001) Anästhesie bei
Patienten mit Arnold-Chiari-Malformation. Anästhesiol
z Organe/Organsysteme
Intensivmed 42: 7–13 Gelenke, Muskulatur, Bewegungsapparat, ZNS.
Kuczkowski KM (2004) Spinal anesthesia for Cesarean delivery
in a parturient with Arnold-Chiari type I malformation.
Can J Anesth 51: 639
26 Arthrogrypose

z Inzidenz z Labor
A Weltweit 0,02–0,03% aller Neugeborenen. Die Le- Erhöhte CK im Serum.
bensspanne kann normal sein, jedoch liegt bei ZNS-
Mitbeteiligung eine 50%ige Mortalität im 1. Lebens- z Vergesellschaftet mit
jahr vor. Maligne Hyperthermie (MH), Spaltbildungen,
Herzvitien (ca. 10%, darunter Pulmonalstenose,
z Ätiologie persistierender Ductus arteriosus, Koarktation der
Die primär normal angelegte embryonale Muskula- Aorta), Urogenitaldysmorphien, Cutis laxa, Telean-
tur degeneriert im Fetalstadium durch fetale Akine- giektasien, Wirbelsäulenanomalien (Skoliose, Spina
sie aufgrund neurogener, muskulärer oder bindege- bifida), Gastroschisis.
webiger Abnormalitäten beim Fetus oder aufgrund
von Infektion, Medikamenten, Trauma oder Krank- Anästhesierelevanz
heit der Mutter.
Einteilung in 3 Typen: Erschwerte Gefäßpunktion wegen der Kontrakturen
4 Typ I: Amyoplasie (nur Extremitäten befallen), und erhöhte Gefahr für Lagerungsschäden. Mit In-
autosomal-dominant; tubationsschwierigkeiten ist wegen ungenügender
4 Typen IIa und b: zusätzlich kraniofaziale und Mundöffnung, Mikrogenie, eingeschränkter Be-
viszerale Missbildungen; weglichkeit der HWS und bei zusätzlichen Spaltbil-
4 Typ III: zusätzlich ZNS betroffen. dungen zu rechnen. Darüber hinaus kann auch die
Beatmung mit der Maske schwierig sein.
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen Nichtdepolarisierende Relaxanzien in üblicher
Ullrich-Sy, Demarquay-Richet-Sy, Fevre-Langue- Dosierung wirken häufig länger. Die Durchführung
pin-Sy, Bonnevie-Ullrich-Sy, Schwartz-Jampel-Sy, rückenmarknaher Regionalanästhesien kann bei
Lamy-Maroteaux-Sy, Aurikuloosteodysplasie-Sy, Wirbelsäulendeformitäten sehr schwierig oder un-
Pillay-Orth-Sy, de Barsy-Moens-Dierckx-Sy, Con- möglich sein. Oft besteht eine Tendenz zur arteriel-
radi-Hünermann-Sy, Mietens-Weber-Sy, Edwards- len Hypotonie.
Sy, Rotter-Erb-Sy, Turner-Kieser-Sy, Zellweger-Sy,
Holtermüller-Wiedemann-Sy, Larsen-Sy, kongeni- z Wichtiges Monitoring
tale Trismus-Ss (Freeman-Sheldon-Sy, Dutch- Relaxometrie, Pulsoxymetrie, Kapnographie.
Kentucky-Sy, Hecht-Beals-Sy, Trismus-Pseudo-
kamptodaktylie-Sy), Klippel-Feil-Sy, Apert-Sy. z Vorgehen
Eine Prämedikation mit Benzodiazepinen und die
Symptome prophylaktische Gabe von 0,3-molarem Natrium
citricum (20–30 ml peroral) oder H2-Rezeptoren-
Multiple, meist symmetrische Kontrakturen und blockern sind sinnvoll. Für die Intubation selbst
Luxationen der Gelenke mit Fehlbildungen der Ex- sind alle Vorkehrungen zu treffen, dass bei Beat-
tremitäten, Muskelatrophien der betroffenen Glied- mungsproblemen eine ausreichende Oxygenation
maßen (Palmarflexion, lat. Pes equinovarus, Pferde- gewährleistet werden kann. Primäre fiberoptische
fuß), fehlende Beugefurchen, jedoch auffällige nasale Intubation erwägen. Immer ausreichend prä-
Grübchen (frz. »fossettes cutanées«) an den betrof- oxygenieren. Eine kardiovaskuläre Depression soll-
fenen Gelenken, generalisierte Bindegewebsverän- te vermieden werden; es empfiehlt sich ein restrik-
derungen. tiver Einsatz negativ-inotroper Medikamente. Oft-
Maxillofaziale Gesichtsdysmorphien (Mikroge- mals ist eine geringere Barbituratdosis für die
nie, Makrotie, tiefliegende Augen). Anästhesieeinleitung nötig. Die Anwendung von
Insgesamt dystrophisches Erscheinungsbild Ketamin wird als vorteilhaft beschrieben.
(engl. »wooden doll«, Marionette). Wegen der überdurchschnittlich häufigen Ver-
gesellschaftung mit einer MH sollte (außer bei zwei-
felsfreiem MH-Ausschluss) auf Triggersubstanzen
Aspirinunverträglichkeit
27 A
verzichtet werden. Dies gilt v. a. für depolarisieren-
de Muskelrelaxanzien und volatile Anästhetika.
Aspirinunverträglichkeit
Ein Propofol-Infusionssyndrom wurde auch bei
einem 18 Monate alten Kind mit AMC beschrieben, z Synonyme
weswegen Propofol in diesem Alter nicht zu emp- Samter-Krankheit, Fernand-Widal-Sy, Widal-Abra-
fehlen ist. mi-Lermoyez-Sy, engl. »aspirin induced asthma«
Bei Bedarf Endokarditisprophylaxe durchführen. (AIA), »aspirin triad«.
Wirbelsäulendeformitäten und ein Befall der
Atemmuskulatur können zu restriktiven Ventilati- z Oberbegriffe
onsstörungen führen, die insbesondere postopera- Medikamentenintoleranz, Allergie, Atopie, chro-
tiv Atmungsprobleme verursachen. nischer Infekt.
Der erfolgreiche Einsatz eines N.-femoralis-
Blocks zur Muskelbiopsie bei einem Neugeborenen z Organe/Organsysteme
wurde beschrieben, ebenso die erfolgreiche Technik Nasenrachenraum, Atemwege, Immunsystem.
eines interskalenären Plexus-brachialis-Blocks bei
einem AMC-Patienten. z Inzidenz
Zwischen 0,6–2,5% in der Gesamtbevölkerung.
! Cave
Hauptmanifestationsalter 20–40 Jahre, Gynäkotro-
Succinylcholin (MH-Triggerung und Kalium-
pie. Rund 20% aller Arzneimittelunverträglich-
freisetzung), volatile Anästhetika, Lagerungs-
keiten gehen zu Lasten der nichtsteroidalen Analge-
schäden.
tika/Antirheumatika (NSAID, NSAR). 4–19% aller
Literatur Asthmatiker haben eine NSAID-Unverträglichkeit.
Bei 21% aller Erwachsenen und 5% aller Kinder mit
Adler G, Burg G, Kunzel J, Pongratz D, Schinzel A, Spranger J Asthma liegt eine Aspirinunverträglichkeit vor. Bei
(Hrsg) (1996) Leiber – Die klinischen Syndrome, Bd 1,
zusätzlichem Vorliegen einer Polyposis nasi liegt die
8. Aufl. Urban & Schwarzenberg, München
Alfonso I, Papazian O, Paez JC, Grossman JAI (2000) Arthro-
Inzidenz bei 14–23%.
gryposis multiplex congenita. Int Pediatr 15: 197–204
Gambling DR, Douglas MJ, MacKay RSF (2008) Obstetric anes- z Ätiologie
thesia and uncommon disorders, 2nd ed. Saunders, Über die unmittelbare Krankheitsursache liegen
Philadelphia London, pp157–159
keine Angaben vor. Der Pathomechanismus ist
Ion T, Cook-Sather SD, Finkel RS, Cucchiaro G (2005) Fascia iliaca
block for an infant with arthrogryposis multiplex congeni-
möglicherweise nicht immunologisch bedingt, son-
tal undergoing muscle biopsy. Anesth Analg 100: 82–84 dern beruht auf einer Hemmung der Zyklooxygena-
Mehta N, DeMunter C, Habibi P, Nadel S, Britto J (1999) Short- seaktivität und damit der Umwandlung von Arachi-
term propofol infusion in children. Lancet 354: 866–867 donsäure in Prostaglandine in der Bronchialmusku-
Nguyen NH, Morvant EM, Mayhew JF (2000) Anesthetic man-
latur.
agement for patients with arthrogryposis multiplex con-
genita and severe micrognathia: case reports. J Clin
Im Vordergrund steht die chronische Sinusitis
Anesth 12: 227–230 (Pansinusitis) mit Polypenwachstum und Obstruk-
Oberoi GS, Kaul HL, Gill IS, Batra RK (1987) Anaesthesia in ar- tion der Sekretabflusswege aus den Nasenneben-
throgryposis multiplex congenita: case report. Can J höhlen. Im späteren Verlauf manifestiert sich die
Anaesth 34: 288–290
asthmatische Komponente. Die Azetylsalicylsäure-
Quance DR (1988) Anaesthetic management of an obstetrical
patient with arthrogryposis multiplex congenita. Can J
unverträglichkeit ist ebenfalls ein Spätsymptom und
Anaesth 35: 612–614 kann nach vorhergehender unproblematischer Ein-
Sreevastava D, Trikhal A, Sehgal L, Arora MK (2002) Interscalene nahme auftreten. Triggersubstanzen sind: Azetylsa-
brachial plexus block for shoulder surgery in an patient licylsäure (ASS), Diclofenac, Ibuprofen, Indometa-
with arthrogryposis multiplex congenita. Anaesth
cin, Ketoprofen, Ketorolac und Piroxicam. Para-
Intensive Care 30: 495–498
Standl T, Wappler F (1996) Arthrogryposis multiplex congeni-
doxerweise werden einige ASS-Derivate wie
ta: Spezielle anästhesiologische Aspekte. Anästhesiol Natriumsalicylat und Salicylamid toleriert, vermut-
Intensivmed Notfallmed Schmerzther 31: 53–57 lich weil sie die Zyklooxygenase nicht inhibieren.
28 Aspirinunverträglichkeit

z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen dings mit hoher Rezidivrate. Die Aspirinunverträg-


A Allergische Diathese, Atopie, Asthma bronchiale, lichkeit kann mittels einer Desensibilierungsthera-
Anstrengungsasthma, allergisches Asthma, chro- pie konservativ behandelt werden.
nische Nasennebenhöhleninfekte anderer Ursache
(z. B. bakteriell), Arzneimittelexanthem, Heu- Anästhesierelevanz
schnupfen (Pollinosen), Rhinitis vasomotorica,
Neurodermitis (atopisches Ekzem), Urticaria facti- Im Vordergrund stehen die Probleme der Atmung/
tia, angioneurotisches Ödem (Quincke-Ödem), Beatmung und die Frage der postoperativen
chronische Emphysembronchitis, zystische Fibrose, Schmerztherapie.
Mendelson-Sy, Alveolitis, mechanische Beatmungs-
komplikationen (Tubusabknickung, Tubusverle- z Spezielle präoperative Abklärung
gung, Cuffhernie). Allergie- bzw. Unverträglichkeitstestung auf NSAID
und ggf. auf relevante Anästhetika (Pricktest, Intra-
Symptome kutantest).
Lungenfunktionsprüfung mit und ohne Bron-
Samter-Trias: Asthma, Azetylsalicylsäureunverträg- chodilatatoren, Thoraxröntgenaufnahme.
lichkeit, Polyposis nasi.
Weitere Symptome: chronische Rhinitis, Rhinitis z Wichtiges Monitoring
vasomotorica, Niesattacken, Rhinorhö, verstopfte Pulsoxymetrie, Atemwegsdrücke, Kapnographie,
Nase, Hyposmie, Anosmie. EKG. Bei kontrollierter Hypotension (s. unten) zu-
Bei Aspirineinnahme: Bronchospasmus, Exan- sätzlich: invasive Blutdruckmessung, Blutgasanaly-
theme, Rhinorhö, Konjunktivitis, Kreislaufkollaps, sen, Säure-Basen-Status, Diurese.
Herz-Kreislauf- und Atemstillstand.
Endoskopischer und radiologischer (CT) Er- z Vorgehen
krankungsnachweis, außerdem Provokationstests Eine vorbestehende antiasthmatische Medikation
(Rhinomanometrie nach lokaler ASS-Instillation). muss perioperativ fortgesetzt werden. Dies gilt ins-
besondere für die Kortikosteroide, die ggf. der
z Labor Stresssituation angepasst werden müssen. Vor der
BSG-Erhöhung, positiver Intrakutantest mit Aze- Anästhesieeinleitung 125–500 mg Prednisonäqui-
tylsalicylsäure (ASS), vermehrt Eosinophile im Na- valent i.v. Eine generelle prophylaktische H1- und
sensekret. Nachweis mittels standardisierten Provo- H2-Rezeptorenblockade wird nicht empfohlen.
kationstests durch orale, nasale, bronchiale oder Es empfiehlt sich eine leicht sedative Prämedi-
intravenöse ASS-Einnahme unter entsprechenden kation mit Benzodiazepinen, die allerdings im Falle
Sicherheitsvorkehrungen möglich. extrem behinderter Nasenatmung unter pulsoxy-
metrischer Überwachung erfolgen sollte.
z Vergesellschaftet mit Bei der Wahl der Anästhesieverfahren sollte den
Chronisch rezidivierende Infekte der oberen Atem- Lokal- bzw. Regionalanästhesieverfahren der Vor-
wege vorwiegend im Nasenrachenraum, Sinusiti- zug gegeben werden. Dies ist jedoch bei der opera-
den (Sinusitis maxillaris, ethmoidalis, frontalis und tiven Behandlung des Leidens selbst (Nasenneben-
sphenoidalis), Schlafstörungen, Pharyngitis sicca. höhlenausräumung) nicht möglich.
Bei Allgemeinanästhesien sind Intubationsnar-
z Therapie kosen üblich. Es sollten möglichst nur Anästhetika
Antibiotika, Kortikosteroide (in 60% der Fälle chro- verwendet werden, die eher nicht mit anaphylakto-
nische Steroidmedikation), Antiasthmatika (β2- iden Risiken behaftet sind (z. B. Etomidat, Propofol,
Sympathikomimetika, Theophyllinderivate), Pansi- Vecuronium, Rocuronium, Fentanyl, volatile Anäs-
nusoperation, Polypektomie, Op. nach Caldwell- thetika), sofern keine expliziten Kontraindikationen
Luc. Die operative Sanierung bringt oft eine bekannt sind. Es gibt keine Hinweise, die für eine
Besserung der asthmatischen Komponente, aller- Bevorzugung einer bestimmten Anästhesiemetho-
Atypische Cholinesterase
29 A
dik sprechen. Bei ausgeprägter asthmatischer Sym- ! Cave
ptomatik hat sich die Einleitung mit Ketamin, er- Nichtsteroidale Analgetika/Antirheumatika
gänzt mit einem Benzodiazepin, bewährt. Ein Beat- (NSAID) wie Azetylsalicylsäure, Diclofenac,
mungsmodus mit verlängerter Exspiration (I:E=1:2) Ibuprofen, Indometacin, Ketoprofen, Ketoro-
und einer etwas höheren Atemfrequenz (18–22/ lac und Piroxicam.
min) bewährt sich im Falle zu hoher Atemwegs-
drücke. Von einer Antagonisierung der Muskelrela- z Beachte
xation mit Cholinesterasehemmern ist abzuraten; Wichtig ist, die Patienten über ihre Unverträglich-
die Verwendung von Sugammadex zur Aufhebung keit aufzuklären und von unkontrollierter Selbst-
einer Rocuronium- oder Vecuroniumblockade gilt medikation abzuhalten.
hingegen als sicher.
Aufgrund der unübersichtlichen Verhältnisse Literatur
im Operationsgebiet und der Blutungsneigung
der ödematösen und extrem vulnerablen Schleim- Castello R (2002) Generelle H1/H2-Blockade vor Narkose-
einleitung. Anaesthesist 51: 420–421
häute wird die Pansinusoperation gelegentlich un- Celiker V, Basgul E (2003) Anaesthesia in aspirin-induced asth-
ter kontrollierter Hypotension durchgeführt. Diese ma. Allergol Immunpathol (Madr.) 31: 338–341
kann mit Natriumnitroprussid, Phentolamin oder Jenkins C, Costello J, Hodge L (2004) Systematic review of
Nitroglyzerin durchgeführt werden. Eine Prämedi- prevalence of aspirin induced asthma and its implica-
kation mit ACE-Hemmern kann sinnvoll sein, um tions for clinical practice. Br Med J 328: 434–441
Mertes PM, Tajima K, Regnier-Kimmoun AM et al. (2010) Peri-
einen anschließenden Reboundeffekt abzuschwä- operative anaphylaxis. Med Clin North Am 94: 761–789
chen. Als Alternative zur kontrollierten Hypoten- Müller-Werdan U, Werdan K (1997) Der anaphylaktische
sion kann eine totale intravenöse Anästhesie Schock. Anaesthesist 46: 549–563
(TIVA) unter Vermeidung volatiler Anästhetika Novak-Jankovic V, Paver-Erzen V, Podboj J, Suskovic S (1995) A
erwogen werden; dabei bleiben die Gefäße im comparison of intravenous and inhalational maintenance
anaesthesia for endoscopic procedures in the aspirin in-
Operationsgebiet trotz Normotension eher kon- tolerance syndrome. Eur J Anaesthesiol 12: 345–349
stringiert, und die Visibilität für den Operateur ist Pfaar O, Klimek L (2006) Aspirin desensitization in aspirin in-
gewährleistet. Bei Anästhesieende ist wegen der tolerance: update on current standards and recent im-
üblichen Nasentamponade nur Mundatmung provements. Curr Opin Allergy Clin Immunol 6:161–166
möglich; die Extubation sollte erst erfolgen, wenn Tasch MD (2002) Corticosteroids and anesthesia. Curr Op
Anaesthesiol 15: 377–381
der Patient der Aufforderung, über den Mund zu Theissen JL, Zahn P, Theissen U, Brehler R (1995) Allergische
atmen, nachkommen kann. und pseudoallergische Reaktionen in der Anästhesie.
Die (postoperative) Schmerztherapie ist grund- Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 30: 3–
sätzlich ohne ASS und sicherheitshalber ohne 12 und 71–76
NSAIDs zu gestalten, da in bis zu 90% der Fälle eine Withington DE (1994) Allergy, anaphylaxis and anaesthesia.
Can J Anaesth 41: 1133–1139
Kreuzunverträglichkeit vorliegt. Die Wahrschein-
lichkeit, dass eine ähnliche Unverträglichkeit für
Paracetamol vorliegt, ist mit 7% erheblich niedriger;
für dieses ist jedoch ebenfalls Vorsicht angebracht.
Bei Bedarf können Opioide eingesetzt werden, wo-
Atypische
bei patientenkontrollierte Applikationsformen be- Cholinesterase
vorzugt werden sollten.
Symptomatik und Vorgehen bei Auslösung ei- z Synonyme
ner anaphylaktoiden Reaktion: s. Allergische Dia- Cholinesterasemangel-Sy, Pseudocholinesterase-
these. mangel.

z Oberbegriffe
Enzymopathie, atypische Medikamentenwirkung,
Eliminationsstörung.
30 Atypische Cholinesterase

z Organe/Organsysteme Acylcholinacylhydrolase oder Butyrylcholinestera-


A Motorische Endplatte, neuromuskuläre Übertra- se genannt. Sie ist ein Enzym, dessen physiologische
gung, Leber, Metabolismus. Funktionen nicht exakt bekannt sind. Plasmacholi-
nesterase findet sich in Plasma, Leber, Darm-
z Inzidenz schleimhaut, Milz und Pankreas sowie der weißen
Heterozygot 1:25, homozygot 1:2500 Patienten, Ge- Substanz des ZNS. Plasmacholinesterase spaltet im
schlechterverteilung 1:1, Dibucainzahl <30 bei Gegensatz zur Azetylcholinacetylhydrolase (sog.
1:1400. spezifische oder wahre Cholinesterase, Cholineste-
rase I) der Synapsen (und Erythrozyten) außer Aze-
z Ätiologie tylcholin auch andere Esterverbindungen, z. B. die
Hereditär und kongenital. Autosomale Vererbung Muskelrelaxanzien Succinylcholin und Mivacurium
über 4 Allele mit hetero- oder homozygoter Kom- und die Lokalanästhetika vom Estertyp (z. B. Pro-
bination. Im Serum ist eine Variante der Acylcho- cain und Kokain).
lin-Acylhydrolase vorhanden, die Succinylcholin Außerhalb der Anästhesie hat die »Erkrankung«
und Mivacurium nur langsam oder praktisch nicht keine praktische Bedeutung und ist symptomlos.
abbauen kann (Anenzymie). Von den 10 bekannten Wer nie Succinylcholin oder Mivacurium injiziert
phänotypischen Varianten haben 6 eine vermin- bekommen hat, bietet infolgedessen keine anam-
derte Aktivität. Eine klinische Relevanz liegt erst nestischen Hinweise. Ein Verdacht kann höchstens
bei einer Verminderung der Enzymaktivität auf aus der Familienanamnese abgeleitet werden. Ty-
unter 30% vor. Die Halbwertszeit der Plasmacholi- pischer Hinweis ist ein längerer postoperativer
nesterase wird mit 45 Stunden bis 16 Tage ange- Wachzustand bei kompletter Muskellähmung (Pa-
geben. ralyse) mit Beatmungspflichtigkeit.
Eine relevante Reduktion der Pseudocholineste- Eine Bestätigung der Erkrankung ist möglich
raseaktivität wird auch beim HELLP-Sy beschrie- durch die Hemmungsbestimmung mit Dibucain
ben! (für den Phänotyp A der Enzymvariante) oder
Natriumfluorid (für den Phänotyp F, die sog.
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen fluoridresistente Variante). Eine Differenzierung
Symptomatischer Cholinesterasemangel nach chro- der Isoenzyme ist gelelektrophoretisch möglich.
nischer Hepatitis, Leberzirrhose, Leberversagen Bei hepatisch bedingtem symptomatischen Cho-
(z. B. nach hepatotoxischen Vergiftungen), Kache- linesterasemangel ist die Serumcholinesterase
xie, Hypoproteinämie, Wilson-Sy, terminale Nie- erniedrigt, ferner sind die meisten Leberfunk-
reninsuffizienz, Tumorerkrankungen, Zytostatika- tionsparameter pathologisch (Syntheseleistungen:
therapie (Chemotherapie), Phase-II-Block (Dual- Hypalbuminämie, Gerinnungsstörungen), außer-
block), überdosierungs- oder antibiotikabedingter dem liegen pathologische Organmanifestatio-
Relaxansüberhang, Opiatüberhang, Hypokapnie, nen vor wie Leberzirrhose, Hyperaldosteronismus,
Myopathien, Glykogenosen, familiäre periodische Aszites, HELLP-Syndrom etc. Neugeborene haben
Lähmung, häufige Dialysen, SHT, Apoplexie, Lam- eine Aktivität von 50%, Säuglinge ab 2 Wochen
bert-Eaton-Rook-Sy. normale Erwachsenenwerte. Im letzten Trimenon
der Gravidität bis 6 Wochen nach Entbindung
Symptome um 20–30% reduzierte Pseudocholinesteraseakti-
vität.
Siehe unten. Bei HELLP-Sy erholt sich die Pseudocholineste-
raseaktivität nach der Rückbildung des Syndroms.
Anästhesierelevanz Eine verminderte Aktivität der Plasmacholine-
sterase wird insgesamt relativ häufig beobachtet.
Die Plasmacholinesterase wird auch Pseudocholi- Neben Schwangerschaft und chronischen Leber-
nesterase, unspezifische Cholinesterase, Serumcho- oder Nierenerkrankungen spielen hier Malignome,
linesterase, S-Typ-Cholinesterase, Cholinesterase II, ausgedehnte Verbrennungen oder schwere Verlet-
Atypische Cholinesterase
31 A
zungen, Herzkrankheiten und Mangelernährung Eine notfall- und intensivmedizinisch relevante
eine Rolle. Plasmapherese oder kardiopulmonaler irreversible Hemmung der Cholinesterasen findet
Bypass können die Konzentration der Plasmacholi- sich bei Intoxikation mit Organophosphaten und
nesterase ebenfalls deutlich reduzieren. Carbamaten, die zum Teil noch als Insektizide bzw.
chemische Waffen Anwendung finden.
z Spezielle präoperative Abklärung Auch eine erhöhte Plasmacholinesteraseaktivi-
Bestimmung der Enzymaktivität bei anamnestisch tät kann auftreten, ist aber selten (z. B. bei Adiposi-
begründetem Verdacht (s. oben), bei hepatischer tas, Down-Sy, Schilddrüsenerkrankungen, nephro-
Genese Bestimmung der Leberfunktionsparameter. tischem Sy).

z Wichtiges Monitoring z Beachte


Relaxometrie, Volumetrie, Pulsoxymetrie, Kapno- Bei grenzwertiger Aktivitätsverminderung der
graphie. Pseudocholinesterase (ca. 30%) ist mit einer Inter-
aktion des Succinylcholins mit Propranolol oder
z Vorgehen Fluoriden (letztere nach längerer Enfluranexposi-
Bei anamnestisch bekanntem Cholinesteraseman- tion) möglich.
gel muss auf die Anwendung von depolarisierenden
Muskelrelaxanzien (Succinylcholin) und Mivacuri- z Hinweis
um verzichtet werden. Hingegen können andere Bei der hereditären Form sollte die Enzymausstat-
nichtdepolarisiernde Muskelrelaxanzien in üblicher tung der Blutsverwandten abgeklärt werden. Für
Dosierung verwendet werden. Diese dürfen mit den Patienten ist eine Bescheinigung auszustellen.
Cholinesterasehemmern (Neostigmin, Pyridostig- ! Cave
min) antagonisiert werden, vorausgesetzt, es ist vor- Succinylcholin, »awareness«. Cholinesterase-
her kein Succinylcholin gegeben worden (Cave: hemmer, wenn vorher Succinylcholin appli-
Wirkungsverstärkung und Dualblock!). ziert wurde. Verlängerte Überwachung nach
Die akzidentelle Feststellung eines Cholineste- Antagonisierung von Mivacurium notwendig.
rasemangels geschieht typischerweise am Ende von
Allgemeinanästhesien nach Anwendung von Succi- Literatur
nylcholin, wenn eine unerwartete und anhaltende
postoperative Apnoe vorliegt. Nach Ausschluss dif- Baraka A (1995) Test dose for prediction of mivacurium sensi-
tivity in the patient with atypical plasma cholinesterase.
ferenzialdiagnostischer Möglichkeiten sollte bis zur Anesthesiology 83: 1371–1372
Erlangung einer ausreichenden Muskelkontrakti- Benzer A, Luz G, Oswald E et al. (1992) Succinylcholine-in-
onsfähigkeit eine geeignete Sedierung (oder Fort- duced prolonged apnea in a 3-week-old newborn: treat-
führung der Narkose) vorgenommen werden, um ment with human plasma cholinesterase. Anesth Analg
dem Patienten die Totalrelaxation bei erhaltenem 74: 137–138
Davis L, Britten JJ, Morgan M (1997) Cholinesterase. Its sig-
Bewusstsein zu ersparen (»locked-in syndrome«). nificance in anaesthetic practice. Anaesthesia 52: 244–
Eine mehrstündige Nachbeatmung (8–10 h) ist oft 260
erforderlich. Eventuell kann die Gabe von Gefrier- Donen N (1987) Use of atracurium in a patient with plasma
frischplasma oder Faktorenkonzentraten erwogen cholinesterase deficiency. Can J Anaesth 34: 64–66
werden. Ein exogenes Präparat zum Ersetzen der Hickey DR, O’Connor JP, Donati F (1987) Comparison of atra-
curium and succinylcholine for electroconvulsive therapy
Plasmacholinesterase steht nicht mehr zur Verfü- in a patient with atypical plasma cholinesterase. Can J
gung. Anaesth 34: 280–283
Die Einnahme folgender Medikamente kann Jensen FS, Viby-Mogensen J (1995) Plasma cholinesterase and
ebenfalls die Plasmacholinesteraseaktivität beein- abnormal reaction to succinylcholine: twenty years’ expe-
trächtigen: Bambuterol, Neostigmin, Pyridostigmin rience with the Danish Cholinesterase Research Unit.
Acta Anaesthesiol Scand 39: 150–156
oder Edrophonium zur Therapie der Myasthenia Lurie S, Sadan O, Glezerman M, Ezri T (2004) Pseudo-
gravis, Echothiophat-Augentropfen, orale Kontra- cholinesterase deficiency associated with HELLP syn-
zeptiva, Metoclopramid. drome. Am J Perinatol 21: 315–317
32 Axenfeld-Rieger-Syndrom

Ostergaard D, Viby-Mogensen J, Rasmussen SN, Gätke MR, z Therapie


A Pedersen NA, Skovgaard LT (2003) Pharmacokinetics and Trabekulektomie, Korrekturoperationen.
pharmacodynamics of mivacurium in patients pheno-
typically heterozygous for the usual and aypical plasma
cholinesterase variants (UA). Acta Anaesthesiol Scand 47: Anästhesierelevanz
1219–1225
Pestel G, Sprenger H, Rothhammer A (2003) Verteilungsmuster Die Anästhesiemethodik sollte wie beim Glaukom
der Dibucainzahl bei 24.830 Patientinnen und Patienten. ausgerichtet sein.
Anaesthesist 52: 495–499
Pilgram B, Krombach J, Ladra A, Kampe S (2004) Relaxiert
z Spezielle präoperative Abklärung
wach und trotzdem “relaxed”. Anaesthesist 53: 629–632
Vorliegen eines kardialen Septumdefekts (Echokar-
diographie), Atemwegsmorphologie.

Axenfeld-Rieger- z Wichtiges Monitoring


Pulsoxymetrie, Kapnographie.
Syndrom
z Vorgehen
z Oberbegriffe Aufgrund der Gesichtsmalformationen mit schwie-
Okulodentale Ss. rigen Atemwegen und Intubationsproblemen rech-
nen. Da ein bislang unerkannter atrialer Septumde-
z Organe/Organsysteme fekt vorliegen könnte, muss auf einen luftblasenfreien
Augen, Zähne, Schädelskelett. Umgang mit den intravenösen Zugängen geachtet
werden, um paradoxe Embolien zu vermeiden.
z Inzidenz
! Cave
1:200.000. Atropin.

z Ätiologie
Kongenital, autosomal-dominanter Erbgang. Neue- Literatur
re molekulargenetische Untersuchungen haben
Mutationen bei den Genloci 4q25, 6p25 und 13q14 Alward WL (2000) Axenfeld-Rieger syndrome in the age of
molecular genetics. Am J Ophthalmol 130: 107–115
ergeben. Es wird eine fehlerhafte Migration von Zel-
Asai T, Matsumoto H, Shingu K (1998) Difficult airway manage-
len aus dem Neuralrohr während der Embryonalpe- ment in a baby with Axenfeld-Rieger syndrome. Pediatr
riode angenommen. Anesth 8: 444
Ayşenur Paç F, Cağdaş DN, Necati Demir M (2008) Axenfeld-
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen Rieger syndrome and pseudotruncus arteriosus. Int J
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Bekir NA, Güngör K (2000) Atrial septal defect with interatrial
liales Sy (ICE-Sy), iridocorneale Dysgenesie, poste- aneurysm and Axenfeld–Rieger syndrome. Acta Oph-
riore polymorphe Dystrophie, Williams-Sy. thalmol Scand 78: 101–103
Yalcin Cok O, Ozkose Z, Atabekoglu S, Yardim S (2005) Intra-
Symptome venous patient-controlled analgesia using remifentanil
in a child with Axenfeld-Rieger syndrome. Pediatr Anesth
15: 162–166
Irismissbildungen, fehlende Zähne (Mikrodontie,
Hypodontie), flaches Gesicht.

z Vergesellschaftet mit
Glaukom, kardiale Missbildungen (atriale Septum-
defekte), Retinoblastom, Pseudotruncus arteriosus,
Sella-turcica-Malformation.
Basedow-Krankheit
33 B

Basedow-Krankheit Vorhofflimmern, Herzversagen, Schock und Koma


gekennzeichnet.

z Synonyme z Vergesellschaftet mit


Hyperthyreoidismus, Autoimmunthyreopathie, Allgemeine muskuläre Schwäche, Hypokaliämie,
Thyreotoxikose, Flajani-Krankheit, Glotzaugen- Hypophosphatämie, gelegentlich Thrombozytope-
krankheit; »Graves’ disease«, »Begbie’s disease«, nie, paroxysmale Tachykardieattacken. Endokrine
»Parry’s disease«, »Marsh’s disease«, »exophthalmic Orbitopathie mit Sehstörung durch kompressive
goiter«. optische Neuropathie oder Auftreten von Doppel-
bildern durch veränderte Augenbeweglichkeit, Ju-
z Oberbegriffe cken, teils persistierender Augenschmerz.
Endokrine Dysfunktion, Autoimmunthyreopathie.
z Therapie
z Organe/Organsysteme Die medikamentöse thyreostatische Therapie er-
Schilddrüse, Endokrinium, Immunsystem. folgt vorwiegend mit Thiouracilderivaten oder Car-
bimazol, jedoch wird die Blockade der Thyroxin-
z Inzidenz synthese erst nach 6–8 Wochen wirksam. Bei dring-
Die Häufigkeit des Krankheitsbildes ist rückläufig. licher OP-Indikation kann die als Kontrastmittel
eingesetzte 2,3-Amino-triiod-phenyl-butansäure
z Ätiologie genutzt werden. Zur Kontrolle der Tachykardie wird
Durch die Bildung von TSH-Rezeptor-Antikörpern meist der nicht-kardioselektive β-Blocker Propano-
(TRAK) mit intrinsischer Aktivität am TSH-Rezep- lol eingesetzt. Darüber hinaus ist die partielle oder
tor erfolgt eine vermehrte Sekretion unphysiolo- totale Strumektomie Therapie der Wahl; alternativ
gisch gesteigerter Mengen von Schilddrüsenhor- besteht die Möglichkeit der Radiojodtherapie.
monen. Möglich ist auch die Produktion von Hor-
monen in einem autonomen Adenom innerhalb Anästhesierelevanz
einer bestehenden Struma. Zunächst Kompensation
durch eine Schilddrüsenunterfunktion, dann je- Patienten, die sich während einer hyperthyreoten
doch periphere Hyperthyreose. Stoffwechsellage oder thyreotoxischen Krise einer
Notfalloperation unterziehen müssen, haben eine
z Differenzialdiagnose deutlich erhöhte perioperative Morbidität und Mor-
Autonomes Schilddrüsenadenom, medikamenten- talität. Daher ist ein adäquates anästhesiologisches
induzierte Thyreotoxikose (z. B. Amiodaron), hy- Management erforderlich. Die anästhesiologische
perthyreote Phase der »Thyreoiditis de Quervain«. Betreuung im Rahmen einer Strumektomie oder
anderer chirurgischer Eingriffe kann durch Intuba-
Symptome tionsschwierigkeiten erheblich beeinflusst werden.
Für korrektive Augenoperationen zur Behebung des
Klassische Symptomtrias (sog. Merseburger-Trias): Exophtalmus können sowohl eine Lokal- als auch
Struma, Hyperthyreose und Exophthalmus. eine Allgemeinanästhesie erforderlich sein. Uni-
Gesteigerte motorische Unruhe, Schwitzen, oder bilaterale Orbitadekompressionschirurgie
Wärmeintoleranz, feinschlägiger Tremor, Gewichts- durch Reduzierung des orbitalen Fettgewebes, Er-
verlust. Kardiovaskuläre Effekte können sich mit weiterung der knöchernen Begrenzungen der Orbi-
Vorhofflimmern, Herzinsuffizienz und koronarer ta oder Eingriffe an den Augenmuskeln können mit
Herzkrankheit manifestieren. Ferner führt die peri- langen Operationszeiten verbunden sein.
phere Vasodilatation zu einer relativen Hypovolä-
mie und Senkung des diastolischen Blutdrucks. Die z Spezielle präoperative Abklärung
thyreotoxische Krise ist die extreme Form der Hy- Erfassung von möglichen Organbeteiligungen
perthyreose und durch Hyperthermie, Exsikkose, (EKG) und zu erwartenden Intubationsschwierig-
34 Basedow-Krankheit

keiten. Thoraxröntgenaufnahme in 2 Ebenen zum Monitoring zur genauen Blutdrucküberwachung,


Ausschluss einer Verlegung der Trachea durch eine zusätzlich die zentralvenöse Druckmessung.
Struma. Bei retrosternal lokalisierter Struma muss Bei der Lagerung zur Strumektomie ist auf den
B nach den Zeichen eine Kompression der V. cava ge- guten Schutz der Augen vor Druckschäden und
sucht werden. Mittels indirekter Laryngoskopie Austrocknen zu achten. In der Regel sind die Arme
kann die Stimmbandbeweglichkeit erfasst und do- nach Abdeckung des Operationsgebietes nur noch
kumentiert werden. Laborparameter: Trijodthyro- eingeschränkt zu erreichen, so dass auf sichere Fi-
nin (T3), Thyroxin (T4), TSH. xierung und ausreichenden gesicherte Venenzu-
gänge geachtet werden muss. Eine postoperative
z Wichtiges Monitoring Gefährdung des Patienten kann durch eine Nach-
EKG, Temperatur, Elektrolyte, Relaxometrie. Bei blutung mit nachfolgender Komprimierung der
Notfalleingriffen und bestehender hyperthyreoter Atemwege auftreten, daher müssen die logistischen
Stoffwechsellage invasives Kreislaufmonitoring. Voraussetzungen für eine zügige Reintubation ge-
schaffen sein. In einigen Fällen kann durch Mitent-
z Vorgehen fernung der Epithelkörperchen eine Hypokalzämie
Im Rahmen der Prämedikation muss die medika- auftreten, die sich klinisch mit Somnolenz und ge-
mentöse Therapie mit Thyreostatika und/oder β- steigerter Krampfneigung manifestiert.
Blockern fortgesetzt werden. Eine präoperative Ist ein operativer Eingriff bei thyreotoxischer
Sedierung mit Benzodiazepinen oder Chlorproma- Krise erforderlich, muss ein erweitertes hämodyna-
zin trägt zur perioperativen Ausgeglichenheit der misches Monitoring eingesetzt und symptomatisch
Patienten bei und reduziert den intraoperativen therapiert werden, bis die kausale Behandlung
Bedarf an Hypnotika, jedoch muss bei bestehender greift. Zur Kontrolle der Tachykardie sind kurz-
Atemwegsobstruktion durch die Struma sowie bei wirksame β-Blocker geeignet. Beschrieben sind
eingeschränkter Zwerchfellfunktion eine mögliche kombinierte Verfahren aus Regional- und Allge-
Atemantriebsminderung und drohende Hypoxie meinanästhesie. Eine eventuell bestehende Hyper-
durch Dosisreduktion und sorgfältige Überwa- thermie muss mit Maßnahmen zur Kühlung thera-
chung des sedierten Patienten ausgeschlossen wer- piert werden. Eine intensivmedizinische Überwa-
den. Das Vorgehen zur Anästhesieeinleitung rich- chung des Patienten ist zwingend erforderlich.
tet sich nach dem Risiko für eine schwierige Intu- ! Cave
bation. Verfahren der Wahl ist die fiberoptisch Zu starke Sedierung mit nachfolgender Hypo-
kontrollierte Intubation des spontan atmenden, xie bei Atemwegsobstruktion. Ketamin,
wachen, leicht sedierten Patienten. Bei der Strum- Halothan, Atropin, Katecholamine. Die Gabe
ektomie sollte ein flexibler, nicht knickender Tubus von Amiodaron und von jodhaltigen Kon-
oder ein vorgekrümmter Endotrachealtubus ver- trastmitteln ist kontraindiziert. Augenverlet-
wendet werden. zungen bei Lagerung für Strumektomie.
Bei der Narkoseeinleitung sollte Ketamin auf-
grund seiner kardiovaskulären Nebenwirkungen Literatur
mit eventueller Verstärkung einer Tachykardie und
Hypertension nicht verwendet werden. Auch Halo- Abraham P, Acharya S (2010) Current and emerging treatment
than sollte aufgrund seiner proarrythmogenen Ei- options for Graves’ hyperthyroidism. Ther Clin Risk Manag
2: 29–40
genschaften nicht verabreicht werden. Bei hyper- Brent GA (2008) Graves’ disease. N Engl J Med 358: 2594–2605
thyreoter Stoffwechsellage sind Clearance und Goswami R, Guleria R, Gupta AK et al. (2002) Prevalence of
Verteilungsvolumen von Propofol erhöht, so dass diaphragmatic muscle weakness and dyspnea in Grave’s
die Dosierung angepasst werden muss. Das Aus- disease and their reversibility with carbimazole therapy.
maß des über den Standard hinausgehenden Moni- Eur J Endocrinol 147: 299–303
Pandey CK, Raza M, Dhiraaj S, Agarwal A, Singh PK (2004)
torings richtet sich nach der Organbeteiligung so- Rapid preparation of severe uncontrolled thyrotoxicosis
wie der Stoffwechsellage. Die nicht therapierte hy- due to Graves’ disease with Iopanoic acid – a case report.
perthyreote Stoffwechsellage erfordert ein invasives Can J Anesth 51: 38–40
Bechterew-Krankheit
35 B
Pearce EN (2006) Diagnosis and management of thyrotoxico- z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
sis. BMJ 332: 1369–1373 Reitersyndrom, juvenile rheumatoide Arthritis, en-
Roper A, Lauven PM, Lehmann L (1999) Über- und Unter-
teropathische Arthropathien.
funktion der Schilddrüse aus Sicht des Anästhesisten.
Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 34:
34–37 Symptome
Stannard L, Slater RM, Leatherbarrow B (2006) Orbital decom-
pression surgery for thyroid eye disease: implications for Schmerzen und Steifheit der Wirbelsäule und des
anaesthesia. Eur J Anaesthesiol 23: 183–189
Thorax (meist nachts und morgens), eingeschränkte
Tsubuokawa T, Yamamoto K, Kobayashi T (1998) Propofol
clearance and distribution volume increase in patients
Beweglichkeit von Hals-, Brust- und Lendenwirbel-
with hyperthyroidism. Anesth Analg 87: 195–199 säule. Bei Mitbeteiligung der großen Gliedmaßen-
Varela A, Yuste A, Villazala R et al. (2005) Spinal anesthesia for gelenke reaktive Muskelspasmen, Verlust der Len-
emergency abdominal surgery in uncontrolled hyperthy- denlordose, Schmerzen im Iliosakralgelenk.
roidism. Acta Anaesthesiol Scand 49: 100–103
z Vergesellschaftet mit
Konjunktivitis und Uveitis (ca. 25%), Lungenfib-
Bechterew-Krankheit rose in den Oberlappen, Kardiomegalie und Reizlei-
tungsstörungen (ca. 10%), Aortenklappeninsuffi-
z Synonyme zienz.
v.-Bechterew-Krankheit, ankylosierende Spondyli-
tis (Spondylarthritis ankylopoetica), Spondylitis Anästhesierelevanz
ankylosans, Bechterew-Marie-Strümpell-Krank-
heit. Bei rückenmarknaher Regionalanästhesie liegen
Nicht zu verwechseln mit »Strümpell’s disease«, sehr schwierige Punktionsverhältnisse vor. Im
»Strümpell-Leichsenstern disease«, »Marie-Strüm- Notfall ist zügiges Atemwegsmanagement erfor-
pell disease«, »Strümpell-Marie disease«. derlich. Therapie mit NSAID kann die Gerinnung
einschränken und auch zu spontanen, von einer
z Oberbegriffe rückenmarknahen Regionalanästhesie unabhän-
Rheumatologische Krankheiten, Spondylarthropa- gigen intraspinalen oder epiduralen Hämatomen
thien, Spondyloarthritiden. führen.

z Organe/Organsysteme z Spezielle präoperative Abklärung


Bewegungsapparat, Wirbelsäule, Hüftgelenke, Ilio- Seitenaufnahme der Halswirbelsäule, eine even-
sakralgelenke, Rippengelenke, Atmungsorgane. tuelle kardiale Beteiligung mit Echokardiographie
untersuchen, Lungenfunktion.
z Inzidenz
Prävalenz 0,1–1,4%, Inzidenz von 0,5–14/100.000 z Wichtiges Monitoring
Einwohner/Jahr, Androtropie von 2–3:1; beginnt Pulsoxymetrie, Volumetrie, Atemwegsdrücke.
meist vor dem 30. Lebensjahr, familiäre Häufung
(90% HLA-B-27-positiv). Man geht heute davon z Vorgehen
aus, dass das Geschlechterverhältnis eher ausgegli- Soweit technisch machbar ist regionalanästhesiolo-
chen ist, da die Erkrankung bei Frauen aufgrund der gischen Verfahren der Vorzug zu geben. Bei Allge-
diagnostischen Möglichkeiten vor 20–30 Jahren meinanästhesien ist an schwierige oder unmögliche
häufiger übersehen worden ist. direkte Laryngoskopie zu denken. Einerseits kom-
men Verfahren ohne die Notwendigkeit einer La-
z Ätiologie ryngoskopie in Frage wie Larynxmaske oder Intu-
Die Ursache ist unbekannt. Fraglich rheumatische, bationslarynxmaske sowie die fiberoptische Intuba-
entzündliche, chronische Erkrankung der Wirbel- tion. Für Letztere sollte aus Sicherheitsgründen das
säule, die in Schüben verläuft. Vorgehen im Wachzustand unter topischer Lokal-
36 Brugada-Syndrom

anästhesie oder unter Analgosedierung bevorzugt Reeker W, Sader R, Hauck R, Kochs E (1999) Translaryngeale
werden. Die fiberoptische Wachintubation sollte Tracheostomie bei Morbus Bechterew und Guillain-Barré-
Syndrom. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerz-
auch bei Regionalanästhesien bereit gehalten wer-
ther 34: 665–667
B den. Insbesondere bei Periduralanästhesien ist im- Popitz MD (1997) Anesthetic implications of chronic disease
mer mit der Möglichkeit einer intrathekalen Appli- of the cervical spine. Anesth Analg 84: 672–683
kation des Lokalanästhetikums zu rechnen, was zur
totalen Spinalanästhesie führen würde. Die darauf-
hin dringend erforderliche Intubation dürfte
schwierig bis unmöglich werden, weswegen beson- Brugada-Syndrom
dere Sorgfalt bei der Gabe der Periduraldosis gebo-
ten ist. z Synonyme
Die erfolgreiche Anwendung des GlideScopes® BrS.
als neuer Technik mit nasaler Intubation wurde be-
schrieben; generell haben visualisierende Techniken z Oberbegriffe
(Fiberoptik, Videostilette, Videolaryngoskope etc.) Arrhythmie, »ionic chanelopathy«.
die besten Erfolgschancen.
Bei Tracheotomien den translaryngealen Zu- z Organe/Organsysteme
gang nach Fantoni erwägen. Erregungsbildungs- und Reizleitungssystem des
Postoperativ ist aufgrund restriktiver Lungen- Herzens.
funktionsstörungen ggf. an eine Intensivüberwa-
chung und prolongierte Nachbeatmung zu denken. z Inzidenz
Perioperativ sollte zur Stressabschirmung eine In Südostasien 1:1000–2000, Androtropie 8:1; Ma-
chronische Kortikosteroidmedikation angemessen nifestationsalter v. a. 30–40 Jahre. Es wird ange-
fortgesetzt werden (7 s. »Rheumatoide Arthritis«). nommen, dass ein BrS bei 20–60% der idiopathi-
schen Kammerflimmer-Fälle ohne sonst manifeste
! Cave
Herzerkrankung vorliegt.
Atemwegsschwierigkeiten, Kreislaufinstabili-
tät bei Aortenklappeninsuffizienz, Lagerungs- z Ätiologie
schäden, postoperative Ateminsuffizienz.
Hereditär mit autosomal-dominantem Erbgang.
Das Syndrom wird durch Mutationen im Gen SC-
Literatur
N5A auf Chromosom 3 verursacht, welches für die
Batra YK, Sharma A, Rajeev S (2006) Total spinal anaesthesia Kodierung des Natriumkanals im Myokard verant-
following epidural test dose in an ankylosing spondylitic wortlich ist. Allerdings ist dieses Gen nur bei 25–
patient with anticipated difficult airway undergoing total 30% der Merkmalsträger nachweisbar.
hip replacement. Eur J Anaesthesiol 23: 897–898
Braun J, Sieper J (2007) Ankylosing spondylitis. Lancet 369:
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Cesur M, Alici HA, Erdem AF (2005) An unusual cause of diffi- Andere Arrhythmien.
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osteophyte: a case report. Acta Anaesthesiol Scand 49: Symptome
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Hyderally HA (2005) Epidural hematoma unrelated to com-
bined spinal-epidural anesthesia in a patient with anky-
Idiopathisch auftretendes Kammerflimmern bei
losing spondylitis receiving aspirin after total hip replace- sonst normaler kardialer Funktion, Synkopen,
ment. Anesth Analg 100: 882–883 Rechtsschenkelblock und ST-Hebung im EKG (v. a.
Lai HY, Chen IH, Chen A, Hwang FY, Lee Y (2006) The use of the in V1–V3).
GlideScope for tracheal intubation in patients with anky-
losing spondylitis. Br J Anaesth 97: 419–422
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Mason R (2001) Anaesthesia databook: a perioperative and
peripartum manual, 3rd edn. Cambridge University Press, Plötzlicher Herztod ohne ersichtliche Ursache.
Cambridge, pp 36–40
Brugada-Syndrom
37 B
z Therapie tive Verhältnisse aufrechtzuerhalten. Plötzliche
Ein implantierbarer Defibrillator (ICD) ist die ein- Änderungen im vegetativen Tonus gelten als Fakto-
zige Therapie, die wirksam ist. Es wird empfohlen, ren, die bei Patienten mit Brugada-Sy Tachyarrhyth-
einen ICD einzusetzen, wenn der Patient eine Vor- mien auslösen können. Dies kann auch in der post-
geschichte mit wiederkehrenden Synkopen oder operativen Phase auftreten, weswegen eine adäquate
Tachyarrhythmien vorzuweisen hat. postoperative Analgesie besonders wichtig ist. Da-
rüber hinaus ist es notwendig, diese Patienten für
Anästhesierelevanz 24 Stunden engmaschig zu überwachen.
In Anbetracht der Tatsache, dass der Wirkme-
Die betroffenen Patienten sind perioperativ gefähr- chanismus der Lokalanästhetika in der Blockierung
det, einen plötzlichen Herztod zu erleiden. Syste- der Natriumkanäle begründet ist, erscheint es sinn-
misch wirkende Substanzen mit Natriumkanal-blo- voll, die Verwendung von großen Mengen von Lo-
ckierenden Eigenschaften wie Lokalanästhetika und kalanästhetika zu vermeiden. Bisher liegt noch kein
Antiarrhythmika ((Ajmalin, Flecainid, Procaina- Bericht über Regionalanästhetika beim Brugada-Sy
mid) können die Symptomatik auslösen und einen vor, allerdings erscheint in diesem Sinne Vorsicht
Herz-Kreislauf-Stillstand herbeiführen. Ebenfalls als sehr angebracht. Tendenziell zeichnet sich eine
können Phenothiazine und Amitryptilin problema- Haltung ab, die die Epiduralanästhesie (und andere
tisch sein. Eine Tachyarrhythmie kann jederzeit ein- Techniken mit höherem Bedarf an Lokalanästhe-
treten, wobei es dafür keine medikamentöse Pro- tika) als kontraindiziert betrachtet, wohingegen die
phylaxe gibt. Spinalanästhesie als unbedenklich angesehen wird.
Analog hierzu vertritt man die Ansicht, dass post-
z Spezielle präoperative Abklärung operative Schmerzen möglichst mit systemischen
EKG, Elektrolytstatus. Techniken (intravenöse Opioide und NSAR) be-
herrscht werden sollten.
z Wichtiges Monitoring
! Cave
EKG, Relaxometrie, Temperatur.
Natriumkanal-blockierende Pharmaka,
z Vorgehen Hypothermie.

Es liegen Berichte von erfolgreichen Allgemeinanäs-


Literatur
thesien mit Propofol vor. Die Verwendung von Re-
gionalanästhesien wurde bislang nicht beschrieben. Baty L, Hollister J, Tobias JD (2008) Perioperative management
Selektive α-Adrenozeptoragonisten können eine of a 7-year-old child with Brugada syndrome. J Intensive
ST-Strecken-Hebung begünstigen. Ähnlich verhält Care Med 23: 210–214
es sich mit intravenösem Neostigmin und Antiar- Dulu A, Pastores SM, McAleer E et al. (2005) Brugada electro-
cardiographic pattern in a postoperative patient. Crit
rhythmika der Klasse IA. Auf eine Antagonisierung
Care Med 33: 1634–1637
der Muskelrelaxation mit Cholinesteasehemmern Hayashida H, Miyauchi Y (2006) Anaesthetic management in
sollte man verzichten und das Abklingen der Rela- patients with high-risk Brugada syndrome. Br J Anaesth
xation abwarten (Relaxometrie). 97: 118–119
Isoionie und Isoosmolarität engmaschig kon- Inamura M, Okamoto H, Kuroiwa M, Hoka S (2005) General
anesthesia for patients with Brugada syndrome. A report
trollieren und aufrechterhalten. Ebenfalls sollten
of six cases. Can J Anesth 52: 409–412
Temperaturschwankungen vermieden werden. We- Kim JS, Park SY, Min SK et al. (2004) Anaesthesia in patients
gen Unterdrückung der Symptomatik wirkt sich with Brugada syndrome. Acta Anaesthesiol Scand 48:
eine beta-adrenerge Stimulation günstig aus. 1058–1061
Es wird berichtet, dass intraoperativ bei einer Santambrogio LG, Mencherini S, Fuardo M et al. (2005) The
surgical patient with Brugada syndrome: a four-case
Neckdissection nach Vagusstimulation Brugada-ty-
clinical experience. Anesth Analg 100: 1263–1266
pische EKG-Veränderungen aufgetreten sind. Dar- Vaccarella A, Vitale P, Presti CA (2008) General anaesthesia in
aus wird die Empfehlung abgeleitet, vagale Stimula- a patient affected by Brugada syndrome. Minerva
tion zu vermeiden bzw. möglichst konstante vegeta- Anestesiol 74: 149–152
38 Charcot-Marie-Tooth-Hoffmann-Syndrom

Charcot-Marie-Tooth- Einteilung der hereditären motorisch-sensiblen


Hoffmann-Syndrom Neuropathien (HMSN) bzw. des Charcot-Marie-Tooth-
Syndroms (CMT) und verwandter Formen. (Nach Ginz
et al. 2001)
z Synonyme
Peroneale Muskelatrophie, Charcot-Marie-Amyo- Neuropathieformen Vererbungsmodus
C trophie (Muskeldystrophie), heredodegenerative
Hereditäre motorisch-
neurale Muskelatrophie, Atrophia musculorum sensible Neuropathie Typ 1
progressiva neurotica sive neuralis, engl. »peroneal
muscular atrophy«, hereditäre motorisch-sensible HMAN IA (CMT 1A) Autosomal-dominant
Neuropathie (HMSN) Typ I und II.
HMAN IB (CMT 1B) Autosomal-dominant

z Oberbegriffe HMAN IC (CMT 1C) Autosomal-dominant


Myopathie, neurale Muskelatrophie-Ss, Polyneuro-
pathie. HMAN X1 (CMT X1) X-chromosomal-domi-
nant
z Organe/Organsysteme
HMAN Typ II A-D Autosomal-dominant
Muskulatur, Bewegungsapparat, ZNS, Atmungs- (CMT 2A-D)
organe.
HMAN Typ III Autosomal-dominant,
z Inzidenz (Déjerine-Sottas, CMT 3) autosomal-rezessiv

Häufigkeit 1:2500 bis 1:10.000; Erstmanifestation HMAN Typ IV A-C Autosomal-rezessiv


vorwiegend vor dem 30. Lebensjahr. (CMT 4A-C)

z Ätiologie HMAN Typ LOM Autosomal-rezessiv


Hereditär mit überwiegend autosomal-dominantem
HMAN Typ V Autosomal-dominant
(gelegentlich autosomal-rezessivem oder X-chro-
mosomalem) Erbgang. Als Pathomechanismus lie- Hereditär neuralgische Autosomal-dominant
gen degenerative Veränderungen an peripheren Amyotrophie (HAN)
Nerven und am Rückenmark mit nachfolgender
Hereditär motorische Autosomal-dominant
Atrophie der betroffenen Muskulatur zugrunde.
Neuropathie (HMN II und V)
Histopathologisch findet sich eine Demyelinisie-
rung sensorischer und motorischer Nerven mit Hereditär sensible Autosomal-dominant
Axondegeneration bis in den Hinter- und Vorder- Neuropathie (HSN I)
hornbereich des Rückenmarks.
Hereditäre Neuropathie mit Autosomal-dominant
Neigung zu Druckläsionen
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen HNPP)
Polyneuropathien verschiedener Genese, Rosen-
berg-Chutorian-Sy, Déjerine-Sottas-Sy (HMSN
Typ III), Duchenne-Aran-Sy, Brossard-Kaeser-Sy, Symptome
Biemond-Sy Typ II, Welander-Sy, Curschmann-
Steinert-Batten-Sy, Roussy-Lévy-Sy, Friedreich- Aufsteigende und symmetrische Lähmungen der
Ataxie, Gerstmann-Sy Typ II, Refsum-Sy, Syringo- Fuß- und Unterschenkelmuskulatur (v. a. im Ver-
myelie. sorgungsgebiet des N. peronaeus), Spitzfuß, Hohl-
fuß (Pes equinovarus), Hammerzehe, »Storchen-
beine«, Gangstörung (»Steppergang«), Hypo- bzw.
Areflexie, fibrilläre Muskelzuckungen, Parästhe-
sien.
Charcot-Marie-Tooth-Hoffmann-Syndrom
39 C
Verlangsamung der Nervenleitgeschwindigkeit gehabt. Sehr wichtig ist in diesem Zusammenhang
(auch im nichtbetroffenen Gebiet). Im späteren eine gründliche Aufklärung des Patienten und die
Verlauf auch Übergreifen auf die obere Extremität Dokumentation des Gesprächs.
(Krallenhand), Intentionstremor. Bei Allgemeinanästhesien sollte (wie bei allen
Myopathien) auf die Verwendung depolarisierender
z Vergesellschaftet mit Muskelrelaxanzien verzichtet werden, um eine
Vasomotorische Labilität, Akrozyanose, Kontrak- übermäßige Kaliumfreisetzung zu vermeiden. Dies
turen, Kälteempfindlichkeit, Kyphoskoliose, Poly- gilt v. a. während Phasen akuter Exazerbation. Laut
zythämie, Exophthalmus, Optikusatrophie, Augen- Literaturangaben ist dennoch Succinylcholin häufig
muskellähmungen, Schwachsinn (selten), Fried- ohne Probleme eingesetzt worden. In einer Fall-
reich-Ataxie. sammlung über die Verwendung von Lachgas in
Uneinheitliche Angaben über Arrhythmienei- 41 Fällen (aus 11 Publikationen) konnten keine
gung (AV-Block) und Kardiomyopathie. Eine auto- nachteiligen Nachwirkungen gefunden werden. Ein
nome Neuropathie (mit Ausnahme von verminder- eindeutiger Zusammenhang mit maligner Hyper-
ter Schweißproduktion im betroffenen Areal) ist thermie (MH) ist nicht herzustellen, es gibt aber
nicht zu erwarten einzelne Berichte von hypermetabolischen Symp-
tomen unter dem Einsatz von volatilen Anästhetika.
Anästhesierelevanz Daher ist die Wahl einer MH-triggerfreien Anäs-
thesie ratsam.
Das anästhesiologische Vorgehen richtet sich nach Vereinzelt sind Allgemeinanästhesien erfolg-
dem Ausmaß der Erkrankung und den Organbetei- reich mit Propofol im Rahmen einer totalen intra-
ligungen. Eine Exazerbation der Erkrankung ist venösen Anästhesie (TIVA) mit und ohne nichtde-
während der Schwangerschaft oder oraler Kontra- polarisierende Muskelrelaxanzien durchgeführt
zeptivamedikation möglich (hormonell bedingte worden. Es sind sowohl eine verminderte Wirkung
neuronale Ödembildung). als auch länger anhaltende Nachwirkung von nicht-
depolarisierenden Muskelrelaxanzien beschrieben
z Spezielle präoperative Abklärung worden. Erstere ist vermutlich auf eine hypothe-
Neurologischer Status, Thoraxröntgenaufnahme, tische »up-regulation« der Azetylcholinrezeptoren
Lungenfunktion, Elektrolyte im Serum, Ausschluss zurückzuführen. Die Aussagekraft der Relaxomet-
einer Kardiomyopathie. rie ist im Fall einer Beteiligung des Messortes (N. ul-
naris) in Frage zu stellen. In jedem Fall erscheint es
z Wichtiges Monitoring ratsam, Allgemeinanästhesieverfahren zu bevorzu-
Relaxometrie, Kapnographie, Volumetrie. gen, die ohne Muskelrelaxation durchgeführt wer-
den können (z. B. Larynxmaske), bzw. diese sorgfäl-
z Vorgehen tig nach Wirkung zu dosieren.
Es gibt relativ wenige Erfahrungen über Regional- Falls eine Kardiomyopathie vorliegt, sollte die
anästhesien bei dieser Erkrankung, so dass diesbe- Gabe tendenziell negativ-inotroper und arrhyth-
züglich keine nachteiligen Berichte vorliegen. Auf- mogener Pharmaka unterbleiben. Die gelegentliche
grund der neurologischen Vorerkrankung ist die Assoziation mit einem AV-Block lässt die Bereitstel-
forensische Problematik bei rückenmarknahen An- lung von Vagolytika und eines externen Schrittma-
ästhesien zu beachten. Trotzdem kann insbesondere chers ratsam erscheinen. Mit respiratorischen Pro-
beim Vorliegen einer respiratorischen Einschrän- blemen ist bei Beteiligung der Atemmuskulatur zu
kung eine rückenmarknahe Technik angewendet rechnen. Deshalb setzen in der Ausleitungsphase
werden, so z. B. eine Epiduralanästhesie oder eine der Übergang zur Spontanatmung und die Extuba-
Spinalanästhesie (eventuell titriert über einen Mi- tion den strengen Nachweis einer ausreichenden
krokatheter). Nach Epiduralanästhesie wurde ver- Atemtätigkeit voraus. Es gibt keine Hinweise, die
einzelt über eine verlängerte Wirkung berichtet, eine Verwendung von Cholinesterasehemmern in
jedoch auch diese habe langfristig keine Residuen Frage stellen. Mit der Notwendigkeit einer prolon-
40 CHARGE-Syndrom

gierten Nachbeatmung rechnen! Bei ausgeprägter z Oberbegriffe


sensorischer Neuropathie kann der postoperative Dysmorphien.
Analgesiebedarf gering sein.
z Organe/Organsysteme
! Cave
Sinnesorgane, Herz, Atemwege, Genitalorgane.
Atemdepressive (Prä-)Medikation bei respi-
C ratorischen Symptomen, Relaxansüberhang, z Inzidenz
Succinylcholin.
Sporadisch auftretend, ca. 200 dokumentierte Fälle
Literatur sind bekannt.

Ginz HF, Ummenhofer WC, Erb T, Urwyler A (2001) Die heredi- z Ätiologie
täre motorisch-sensible Neuropathie: Charcot-Marie- Hereditär und kongenital, autosomal-dominanter
Tooth-Erkrankung. Anästhesiologisches Management –
Erbgang. Es wird eine Störung der embryonalen Or-
ein Fallbericht und eine Literaturübersicht. Anaesthesist
50: 767–771
gandifferenzierung zwischen dem 35. und 38. Tag
Greenwood JJ, Scott WE (2007) Charcot-Marie-Tooth disease: der Schwangerschaft angenommen.
peripartum management of two contrasting clinical
cases. Int J Obstet Anesth 16: 149–154 z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Isbister GK, Burns J, Prior F, Ouvrier RA (2007) Safety of nitrous
Wenn keine Vererbung vorliegt, dann wird von
oxide administration in patients with Charcot-Marie-
Tooth disease. J Neurol Sci 268: 160–162
CHARGE-Assoziation gesprochen, sofern mindes-
Kapur S, Kumar S, Eagland K (2007) Anesthetic management tens 3 der namengebenden Hauptbefunde vorhan-
of a parturient with neurofibromatosis 1 and Charcot- den sind. Die Komponenten können auch einzeln
Marie-Tooth disease. J Clin Anesth 19: 405–406 oder unvollständig auftreten.
Naguib M, Samarkandi AH (1998) Response to atracurium and
mivacurium in a patient with Charcot-Marie-Tooth dis-
ease. Can J Anaesth 45: 56–59
Symptome
Reah G, Lyons GR, Wilson RC (1998) Anaesthesia for Caesarean
section in a patient with Charcot-Marie-Tooth disease. Choanalatresie, ein- oder beidseitig (100%). Augen-
Anaesthesia 53: 586–588 symptome (80%): okuläre Kolobome, Mikrophthal-
Schmitt HJ, Muenster T, Schmidt J (2004) Central neural block-
mie, Anophthalmie. Kardiale Missbildungen (64%):
ade in Charcot-Marie-Tooth disease. Can J Anesth 51:
1049–1050 Fallot-Tetralogie, »double-outlet ventricle«, Trun-
Schmitt HJ, Münster T (2006) Mivacurium-induced neuromus- cus arteriosus, ASD, VSD, AV-Kanal, Aortenbogen-
cular block in adult patients suffering from Charcot- missbildungen. Psychomotorische Retardierung
Marie-Tooth disease. Can J Anesth 53: 984–988 (bis zu 94%).
Schmitt HJ, Wick S, Münster T (2006) Onset and duration of
Genitalhypoplasie (74%), wobei Frauen fer-
mivacurium-induced neuromuscular blockade in chil-
dren with Charcot-Marie-Tooth disease. A case series with til bleiben. Ohrensymptome: Helixmissbildung,
five children. Pediatr Anesth 16: 182–187 Schwerhörigkeit.
Pogson D, Telfer J, Wimbush S (2000) Prolonged vecuronium
neuromuscular blockade associated with Charcot-Marie- z Vergesellschaftet mit
Tooth neuropathy. Br J Anaesth 85: 914–917
Spaltbildungen, hoher sog. gotischer Gaumen, Öso-
phagusatresie, tracheoösophageale Fisteln, renale
Missbildungen, antimongoloide Lidachse, sog.
CHARGE-Syndrom »Steckkontaktnase«, muskuläre Hypotonie.

z Synonyme Anästhesierelevanz
CHARGE-Assoziation, CHARGE-Komplex. Das
Akronym kommt von den Hauptbefunden bzw. be- Beim Neugeborenen kann die Choanalatresie al-
troffenen Organen: »coloboma, heart anomaly, cho- lein schon lebensbedrohlich sein. Solange keine
anal atresia, retardation, genital and ear anoma- ungehinderte Nasenpassage vorliegt, sollte keine
lies«. sedative Prämedikation ohne adäquate Überwa-
Cherubismussyndrom
41 C
chung der Vitalfunktionen angewendet werden. Bei Herzvitien ist eine Endokarditisprophylaxe
Generell impliziert die Choanalatresie v. a. das anzusetzen, das anästhesiologische Vorgehen rich-
Problem der perioperativen Freihaltung der Atem- tet sich nach Art und Schweregrad der kardialen
wege. Andererseits wird gerade diese früh chirur- Malformation und der hämodynamischen Stabili-
gisch beseitigt, was zu einer dramatischen Verbes- tät.
serung der postoperativen Atemwegssituation
! Cave
führt.
Sedative Prämedikation bei Choanalatresie.
z Spezielle präoperative Abklärung
Atemwegs- und kreislaufrelevante Malformationen Literatur
müssen vor einer Anästhesie abgeklärt sein.
Mason R (2001) Anaesthesia databook: a perioperative and
z Wichtiges Monitoring peripartum manual, 3rd edn. Cambridge University Press,
Cambridge, pp 96–98
Pulsoxymetrie, Kapnographie, invasives hämody- Sculerati N, Gottlieb MD, Zimbler MS et al. (1998) Airway man-
namisches Monitoring. agement in children with major craniofacial anomalies.
Laryngoscope 108: 1806–1812
z Vorgehen Stack CG, Wyse RK (1991) Incidence and management of air-
way problems in the CHARGE Association. Anaesthesia.
Die Choanalatresie ist v. a. bei der Anästhesieeinlei-
46: 582–585
tung problematisch, da sie bei der inhalativen Ein- Van den Abbeele T, Francois M, Narcy P (2002) Transnasal en-
leitung mit Maskenbeatmung hinderlich ist. Dem- doscopic treatment of choanal atresia without prolonged
gegenüber wird die Beatmung mit Larynxmasken stenting. Arch Otolaryngol Head Neck Surg 128: 936–
oder Endotrachealtuben von der Choanalatresie 940
Vas L, Naregal P, Karmarkar SM (1997) Maxillary hypoplasia
unbeeinflusst. Allerdings sind gelegentlich andere
with unsuspected choanal atresia. Paediatr Anaesth 7:
die Laryngoskopie und Intubation erschwerende 465–467
Befunde vorhanden, wie Spaltbildungen und ein
anterior gelegener Larynx. In diesen Fällen – die
allerdings bei sorgfältiger präanästhesiologischer
Untersuchung auffallen sollten – ist mit erheblichen Cherubismussyndrom
Intubationsschwierigkeiten zu rechnen. Im Detail
muss sich das anästhesiologische Vorgehen nach z Synonyme
der vorliegenden Dysmorphie richten. In jedem Fall Cherubinismus, M. Jones.
sollte vor Intubationsnarkosen gut präoxygeniert
werden und die Ausrüstung für alternative Intuba- z Oberbegriffe
tions- bzw. Beatmungsmethoden (fiberoptisch, re- Unterkiefer- und/oder Oberkieferdysmorphie,
trograd, blind nasal, Larynxmaske etc.) bereitge- mandibuläre und/oder maxilläre Missbildung.
stellt werden. Darüber hinaus kommen auch video-
optisch erweiterte Techniken in Frage, wie die z Organe/Organsysteme
Intubation mit dem Videolaryngoskop oder dem Mandibula, Gesichtsschädel.
Videostilett.
Andere Anästhesieverfahren wie Ketaminnar- z Inzidenz
kosen mit erhaltener Spontanatmung, Regionalan- Sehr selten, insgesamt nur 331 Literaturangaben in
ästhesien und periphere Nervenblockaden können Medline von 1964 bis 2009.
bei entsprechenden Voraussetzungen (keine respi-
ratorische Probleme, keine Gerinnungsstörungen, z Ätiologie
keine progredienten neurologischen Erkrankungen, Hereditär (nichtkongenital), autosomal-domi-
genügende Kooperationsfähigkeit des Patienten) nanter Erbgang (Chromosom 4p16.3), Penetranz
eine Alternative zur Allgemeinanästhesie bzw. Intu- bei Männern 100%, bei Frauen 50–70%. Vereinzelt
bationsnarkose sein. auch autosomal-rezessiv oder Spontanmutation. Fi-
42 Chromosomale Aberrationen

bröse Dysplasie, Osteoklastome oder Riesenzellge- z Vorgehen


schwülste der betroffenen Kieferanteile. Erkran- Eine deutlich sedierende Prämedikation sollte ver-
kungsbeginn meist im Kleinkindesalter, später Re- mieden werden, stattdessen erscheint eine vagoly-
gression, Verlauf in Schüben, Pathogenese tische Prämedikation sinnvoll, ebenso die prophy-
unvollständig aufgeklärt. laktische Gabe von Natrium citricum oder H2-Re-
zeptorenblockern. Für die Intubation selbst sind alle
C z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen Vorkehrungen zu treffen, damit bei Beatmungs-
Fibröse Dysplasie, Myxödem, Hand-Schüller- problemen eine genügende Oxygenation gewähr-
Christian-Sy, Histiozytosis X, maligne Retikulozy- leistet werden kann (verschiedene Spatel, Guedel-
tose, Osteomyelitis der Kiefer, Zahnzysten, Ada- oder Wendl-Tuben, Larynxmaske, alternative Intu-
mantinome, Akromegalie, Jaffe-Lichtenstein-Sy, bationsverfahren, Führungsstäbe, über die auch
Gorlin-Goltz-Sy, M. Paget, Osteoklastome. beatmet werden kann). Gute Indikation für fiberop-
tische Technik, da bei dieser Erkrankung keine Ein-
Symptome schränkung der Kooperationsfähigkeit vorliegt. Vor
der Einleitung unbedingt ausreichend präoxygenie-
Schmerzlose beidseitige Auftreibung der Mandibu- ren (Pulsoxymetrie!).
la und/oder der Maxilla durch fibröse Gewebemas- Vermehrte Blutungsneigung beachten.
sen mit ausgeprägter Vaskularisierung, Makrogenie,
Progenie, Makrognathie. Gelegentlich wachsen gro- Literatur
teske Pausbacken. Weitere Veränderungen sind:
Battaglia A, Merati A, Magit A (2000) Cherubism and upper
Bulbusverdrängung und Blickrichtung nach oben airway obstruction. Otolaryngol Head Neck Surg 122:
(Engelsgesicht), unregelmäßige Zahnstellung, früh- 573–574
zeitiger Milchzahnverlust. Isolierter Oberkieferbe- Monclus E, Garcés A, Artés D, Mabrock M (2008) Oral to nasal
fall ist bisher nicht beschrieben. tube exchange under fibroscopic view: a new technique
for nasal intubation in a predicted difficult airway. Pediatr
Anesth 18: 663–666
Therapie Yalcin S, Yalcin F, Soydinc M et al. (1999) Gingival fibromatosis
combined with cherubism and psychomotor retardation:
Allgemein akzeptierte Therapiestrategien existieren a rare syndrome. J Periodontol 70: 201–204
nicht.

Anästhesierelevanz Chromosomale
Es sind erhebliche Probleme bei der Maskenbeat- Aberrationen
mung zu erwarten, außerdem ist mit Intubations-
schwierigkeiten zu rechnen. Bei sehr ausgeprägter z Inzidenz
Symptomatik kann auch der spontan atmende Pati- Systematische Untersuchungen an Abortmaterial
ent durch Obstruktion der Atemwege gefährdet bis zur 20. Schwangerschaftswoche zeigten bei etwa
sein. Ein ebenfalls erhöhtes Risiko für Atemwegs- 50–60% der Fälle Chromosomenaberrationen.
probleme besteht nach der Ausleitung von Allgem-
einanästhesien, da komplette Obstruktion der Nase z Ätiologie
möglich ist. Unterbleibt die Trennung der beiden haploiden
Chromosomensätze einer normalen Eizelle (»non-
z Präoperative Abklärung disjunction«), so führt die nachfolgende Verschmel-
Röntgen der Atemwege, Gerinnungsfunktion. zung mit einem normalen haploiden Spermienge-
nom zu einer Trisomie. Diese ist als autosomale
z Wichtiges Monitoring oder gonosomale Trisomie möglich. Die meisten
Pulsoxymetrie, Kapnographie. Trisomien enden mit einem Frühabort vor der 12.
Gestationswoche.
Chromosomale Aberrationen
43 C
Symptome Bei den seltenen chromosomalen Deletionen
(4p, 5p, 18q, 21q, 22q), die beispielsweise in Erkran-
Intrauterin lebens- bzw. entwicklungsfähig und kli- kungen wie Aniridie-Wilms-Tumor-Assoziation,
nisch bedeutsam werden in der Regel die folgenden Cat-eye-Sy, Turner-Sy vorkommen, sind folgende
Trisomien: Anomalien anzutreffen:
4 Deletion 3q: Mikrozephalus, Augen- und Oh- Minderwuchs, mentale Defizienzen, Herzfehler,
renmissbildungen, Wachstums- und Entwick- Krampfleiden, faziale Dysmorphien wie ophthal-
lungsretardierung; mologische Defekte, LKG-Spaltbildungen, Makro-
4 Deletion 4p (Wolf-Hirschhorn-Sy): Inzidenz glossie und HNO-Erkrankungen.
1:50.000, Gynäkotropie, Entwicklungsrück-
stand, Mikrozephalus, Epilepsie, kardiale Miss- Anästhesierelevanz
bildungen, evtl. Neigung zu maligner Hyper-
thermie; Eine stridoröse Atmung kann Hinweis auf eine La-
4 Trisomie 4: prominente Glabella, Sattelnase, Re- ryngomalazie oder auf Intubationshindernisse (z. B.
trognathie, kurzer Hals mit tiefem Haaransatz, eine subglottische Verengung) sein. Die Tubusgröße
schwerer Entwicklungsrückstand, ansonsten sollte dann bewusst klein gewählt werden (u. U. pri-
sehr variabler Phänotyp; mär sehr weiche Silikontuben zur Vermeidung ei-
4 Trisomie 13 (Patau-Sy): Mikrozephalus, LKG- ner weiteren Trachealtraumatisierung verwenden).
Spaltbildungen, Mikrognathie, abnorme Hämo- Bei diesen Patienten führten häufige koronare
globine; Herzanomalien und Aortenisthmusstenosen (mit
4 Trisomie 14: Wachstums- und Entwicklungsre- hypertensiven Kreislaufparametern) zur Ablehnung
tardierung, Mikrognathie, kurzer Hals, kardiale von Ketaminanästhesien. Die Lebenserwartung von
Missbildungen (z. B. Fallot-Tetralogie, Ventri- Patienten mit chromosomalen Deletionen ist meist
kelseptumdefekt und offener Ductus arterio- erheblich verkürzt.
sus);
4 Trisomie 18 (Edwards-Sy): Inzidenz 1:8000, Gy- Literatur
näkotropie 1:4, nahezu jeder Betroffene mit
Herzvitium, Mikrognathie, sehr begrenzter Le- Almenrader N, Passariello M, Coccetti B, Pietropaoli P (2008)
Anesthesia for a child with deletion 3q syndrome. Pediatr
benserwartung (einzelne Fälle bis zum Schul-
Anesth 18: 789–790
alter bekannt); Chevalier D, Mayhew JF (2008) Anesthesia in a child with 4p
4 Trisomie 21 (Down-Sy): betrifft das kleinste trisomy. Pediatr Anesth 18: 1140–1141
menschliche Autosom und hat interessanter- Courrèges P, Nieuviarts R, Lecoutre D (2003) Anaesthetic man-
weise die besten Entwicklungschancen (7 Down- agement for Edward’s syndrome. Paediatr Anaesth 13:
267–269
Sy);
Drum ET, Herlich A, Levine B, Mayhew JF (2005) Anesthesia in
4 Trisomie 22: Mikrozephalus, Kiefer-Gaumen- a patient with chromosome 11;22 translocation: a case
Spaltbildungen, Mikrognathie, Herzvitien. report and literature review. Pediatr Anesth 15: 985–987
Iacobucci T, Nanni L, Picoco F, de Francisci G (2004) Anesthesia
Heterosomale (gonosomale) Trisomien, z. B. das for a child with Wolf-Hirshhorn syndrome. Pediatr Anesth
14: 969
Klinefelter-Sy mit XXY-Zustand, werden nur zu
Kunst G, Gillbe C (2005) General anesthesia for cardiac cathe-
einem sehr geringen Anteil ausgetragen. Die Dia- terization in a child with trisomy 14 mosaicism. Anesth
gnose wird nicht selten erst im Schulkind- oder Analg 100: 1860
Adoleszentenalter gestellt, wenn der entwickelte Mohiuddin S, Mayhew JF (2005) Anesthesia for children with
Phänotypus an eine Chromosomenaberration den- Wolf-Hirshhorn syndrome: a report and literature review.
Pediatr Anesth 15: 254–255
ken lässt.
Auf die große Zahl struktureller Chromoso-
menaberrationen soll hier nur exemplarisch hinge-
wiesen werden.
44 Chronisches familiäres Granulomatosesyndrom

Chronisches familiäres ganen), Fieber, Kieferhöhleninfekte (Sinusitiden),


Hepatosplenomegalie.
Granulomatosesyndrom Labor: mäßige Leukozytose, γ-Globuline nor-
mal, Anämie.
z Synonyme Mikrobiologischer Nachweis: Blutkulturen sind
Chronisch-septische frühkindliche Granulomatose, meist negativ, jedoch fallen Abszesspunktate positiv
C Dysphagozytose-Sy, engl. »chronic granulomatous aus.
disease, progressive septic granulomatosis, fatal gra- Typische Erreger sind Staphylokokken (Staphy-
nulomatuos disease of childhood«. lococcus aureus), Pseudomonas, Aspergillus, No-
cardia.
z Oberbegriffe
Immunschwäche, chronische Infektionskrankheit. z Vergesellschaftet mit
Typisch sind die Sekundärfolgen der häufigen In-
z Organe/Organsysteme fekte: restriktive und obstruktive Lungenerkran-
Lymphatisches System, Lungen, Atemwege, Haut, kung, chronisch-progressive Niereninsuffizienz
Gastrointestinaltrakt. (aufgrund von Strikturen, nephrotoxischen Antibi-
otika), Hepatomegalie (95%).
z Inzidenz
1:1 Mio., Androtropie. z Therapie
Chirurgische Herdsanierung (Exzision, Débride-
z Ätiologie ment, Drainage), langwierige Antibiotikatherapien
Hereditär mit überwiegend X-chromosomalem (Penizillinderivate, Trimethoprim, Aminoglyko-
(65%), teilweise autosomal-rezessivem (34%) Erb- side, Antimykotika), Leukozytentransfusionen und
gang (seltener autosomal-dominant) und mit vari- zzt. noch experimentell: Knochenmarktransplanta-
abler Ausprägung. Bei der gonosomalen Form kön- tion, Gentherapie.
nen Frauen symptomlose Konduktorinnen sein.
Der Pathomechanismus beruht auf einer Vermin- Anästhesierelevanz
derung der NADPH-vermittelten intrazellulären
Bakterienabwehr der Neutrophilen und Monozyten. Von besonderer anästhesiologischer Relevanz sind
Diese verbreiten die phagozytierten (katalaseposi- die aktuelle Lungenfunktion, die Nierenfunktion
tiven) Erreger im Organismus, ohne sie vernichten und ein eventueller Befall des Nervensystems.
zu können.
z Spezielle präoperative Abklärung
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen Thoraxröntgenaufnahme (2 Ebenen), Lungenfunk-
Immundefekt-Ss, Tuberkulose (M. Koch), Garré- tion, Blutgasanalyse, Differenzialblutbild, Nieren-
Sy, atypische septische Granulomatose mit IgA- funktionsparameter (Kreatinin, Harnstoff, Elektro-
Mangel, Sarkoidose, Kartagener-Sy, Hyper-IgE-Sy, lyte im Serum und Harn, Clearencebestimmungen),
DiGeorge-Sy, Nezelhof-Sy, Wegener-Granulomato- neurologischer Ausgangszustand.
se, Goodpasture-Sy, Hodgkin-Sy. Bei Skelettbefall Untersuchung der Wirbelsäule
auf osteomyelitische Herde.
Symptome
z Wichtiges Monitoring
Häufig rezidivierende, langwierige Infektionen, Pulsoxymetrie, Kapnographie, Volumetrie. Bei re-
granulomatöser Befall diverser Organe (Lungen: duzierter Nierenfunktion häufige Kontrollen des
Bronchiektasen, Empyem, Fibrose, Bronchopneu- Elektrolyt- und Säure-Basen-Status.
monie; Skelett: Osteomyelitis; Strikturen im Gastro-
intestinaltrakt und in den Harnwegen; Abszesse in
Lymphknoten und allen parenchymatösen Or-
Churg-Strauss-Syndrom (CSS)
45 C
z Vorgehen
Churg-Strauss-Syndrom
Aufgrund der Kontaminationsgefahr im Rücken-
markbereich sind rückenmarknahe Regionalanäs- (CSS)
thesien in der Regel nicht indiziert. Allgemeinanäs-
thesien erfordern einen hohen Grad an Aufmerk- z Synonyme
samkeit für pulmonale Probleme. Sowohl bei Allergische granulomatöse Angiitis, granulomatöse
thorakalen Eingriffen als auch bei unilateralen Lun- »small vessel«-Vaskulitis.
genabszessen empfiehlt sich die Intubation mit dop-
pellumigen Tuben; sie erlauben eine seitengetrennte z Oberbegriffe
Bronchialtoilette. Voraussetzung hierfür ist aller- Autoimmunerkrankungen.
dings ein Mindestalter, ab welchem solche Tuben
eingesetzt werden können. Ferner sollte die Gele- z Organe/Organsysteme
genheit der Intubationsnarkose für eine fiberbron- Gefäßsystem.
choskopische Exploration und Reinigung der Atem-
wege genutzt werden. z Inzidenz
Spezielle Probleme und besondere technische In Großbritannien 1,9–5 Neuerkrankungen pro
Anforderungen ergeben sich aus den anderen Orga- 1 Mio. Einwohner/Jahr; in Deutschland 1 Neuer-
nerkrankungen: bei Osteomyelitis Lagerungspro- krankung pro 1 Mio. Einwohner/Jahr, unter Asth-
bleme, bei Niereninsuffizienz Eliminationsverzöge- matikern 14–75 pro Mio. Personenjahre.
rung von Anästhetika, Elektrolytentgleisung, Volu-
menüberlastung, Anämie etc. Sie machen eine An- z Ätiologie
passung des anästhesiologisches Vorgehens und des Granulomatöse, nekrotisierende Vaskulitis. Gefäße
Monitorings notwendig. Bei Strikturen im Bereich sind von eosinophilen Granulozyten infiltriert. Be-
des Gastrointestinaltrakts ist mit einer verzögerten troffen sind meist kleinere und mittlere Gefäße,
Magenentleerung zu rechnen (Aspirationsgefahr!). arteriell und venös, z. T. assoziiert mit antineutro-
In diesem Fall empfiehlt sich eine »rapid-sequence philen zytoplasmatischen Antikörpern (ANCA),
induction« unter Anwendung des Krikoiddrucks erhöhtem IgE-Spiegel und einem erhöhten Rheu-
und eine entsprechende Prämedikation. mafaktor. Das CSS tritt fast ausschließlich bei Pa-
Invasive Kathetertechniken (ZVK) sollten auf tienten mit länger bestehendem Asthma bronchiale
das unentbehrliche Mindestmaß begrenzt werden. auf.
Vermutet wird die Induktion einer allergischen
! Cave
Reaktion mit konsekutiver Entwicklung einer Eosi-
Rückenmarknahe Katheteranästhesien,
nophilie und Vaskulitis durch inhalierte Antigene,
bronchogene Kontamination.
Vakzine, Infektionen oder Medikamente.

Literatur z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen


Histologische Befunde legen die Existenz mehrerer
Burg G, Kunze J, Pongratz D et al. (Hrsg) (1990) Leiber – Die Subtypen nahe; gehört mit der Wegener-Granulo-
klinischen Syndrome, Bd 1, 7. Aufl. Urban & Schwarzenberg,
matose (WG) und der mikroskopischen Polyangii-
München, S 293
Jones AEP, Pelton DA (1976) An index of syndromes and their tis (MPA) zu den ANCA-assoziierten Vaskulitiden.
anaesthetic implications. Can Anaesth Soc J 23: 209
Miller FL, Mann DL (1990) Anesthetic management of a preg- Symptome
nant patient with the hyperimmunoglobulin E (Job’s)
syndrome. Anesth Analg 70: 454–456
Asthma, pulmonale Infiltrate, extravaskuläre ne-
Wall RT, Buzzanell CA, Epstein TA, Malech HL, Melnick D, Pass
HI, Gallin JI (1990) Anesthetic considerations in patients krotisierende Granulomatose, Hypereosinophilie,
with chronic granulomatous disease. J Clin Anesth 2: Glomerulonephritis, Sinusitis.
306–311 Die klinische Ausprägung der CSS-Patienten ist
abhängig vom Status ihrer antineutrophilen zyto-
46 Cohen-Syndrom

plasmatischen Autoantikörper: Bei antineutrophil ! Cave


zytoplamatischen Autoantikörper-negativen Patien- Vermeiden von Succinylcholin, Mivacurium
ten steht die Kardiomyopathie im Vordergrund, bei und Atracurium.
positiven Patienten die nekrotisierende Glomerulo-
Literatur
nephritis.
Die weiteren häufigsten klinischen Manifesta- Gurjar M, Bhatnagar S, Mishra S, Jain V, Singhal AK (2006) A
C tionen sind flüchtige pulmonale Infiltrate, Schwer- case of Churg-Strauss syndrome undergoing radical mas-
punktneuropathie, Purpura, gastrointestinale und tectomy under general anaesthesia and thoracic epidural
analgesia. Eur J Anaesthesiol 23: 980–982
kardiale Beteiligung. Gastrointestinaler Befall äu-
Pagnoux C, Guilpain P, Guillevin L (2007) Churg-Strauss syn-
ßert sich typischerweise als eosinophile Gastroente- drome. Curr Op Rheumatol 19: 25–32
ritis und/oder Kolitis mit diffusen abdominellen Taylor BL, Whittaker M, van Heerden V, Britten J (1990) Cholin-
Beschwerden, Diarrhöen und Blutungen aus dem esterase deficiency and the Churg-Strauss syndrome.
Magen-Darm-Trakt. Anaesthesia 45: 649–652

Für CSS gelten fünf Faktoren als prädiktiv für


ein ungünstiges Outcome:
4 Serum-Kreatinin >140 μmol/l, Cohen-Syndrom
4 Proteinurie >1 g/d,
4 Kardiomyopathie, z Synonyme
4 gastrointestinale Beteiligung und Cervenka-Sy, Pepper-Sy.
4 ZNS-Beteiligung.
z Oberbegriffe
z Therapie Stoffwechselstörungen, Missbildungen.
Kortikosteroide; darunter Fünf-Jahres-Überlebens-
rate von >90%. Häufig besteht die Notwendigeit zur z Organe/Organsysteme
kontinuierlichen niedrig dosierten Kortisonthera- Skelettsystem und Bewegungsapparat, ZNS, Stoff-
pie, um das Asthma zu kontrollieren. wechsel, Sinnesorgane, Subkutis.
Bei schwerem und lebensbedrohlichem Verlauf
zusätzliche Gabe von Immunsuppressiva: Cyclo- z Ätiologie
phosphamid (oral 2 mg/kg/d für 3–6 Monate oder Mutationen im COH1-Gen (8q22-23), sehr selten,
als Stoßtherapie 0,6 g/m2/Monat für 6 Monate). autosomal-rezessiv vererbt, ca. 100 beschriebene
Fälle. Das COH1-Gen kodiert für ein Transmemb-
Anästhesierelevanz ranprotein, das vermutlich am intrazellulären, vesi-
kelabhängigen Sortieren und Transport von ande-
Bei CSS-Patienten ist ein Cholinesterasedefizit be- ren Proteinen beteiligt ist.
schrieben, das zu verlängerter Wirkdauer z. B. von Da es verschiedene Ausprägungen gibt, unter-
Succinylcholin oder Mivacurium führen kann. scheidet man derzeit 2 Typen: mit und ohne Neutro-
penie. Nur wenige Patienten erreichen das Erwach-
z Spezielle präoperative Abklärung senenalter..
Kardiale Leistungsfähigkeit, Herzecho, Nierenfunk-
tion. z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Prader-Willi-Sy (möglicherweise häufige Verwech-
z Wichtiges Monitoring selung mit Cohen-Sy), Laurence-Moon-Biedl-Bar-
Relaxometrie. det-Sy, Börjeson-Forssman-Lehmann-Sy, KBG-Sy.

z Vorgehen Symptome
Perioperative Kortisonsubstitution.
Adipositas, Hyperextension der Gelenke (z. B.
durch Fehlbildung im humero-ulnaren Gelenk),
Conn-Syndrom
47 C
muskuläre Hypotonie, kognitive Behinderung, In- Die Wahl des Anästhetikums bzw. der Anästhe-
nenohrschwerhörigkeit, Epilepsie, Fehlbildungen siemethode ist von der Kooperationsfähigkeit des
des Gesichtsschädels: mandibuläre Retro- oder Mi- Patienten abhängig. Es gibt keine Kontraindikatio-
krognathie, Makrodontie, hoher schmaler Gaumen, nen für Ketamin; es sollte jedoch bei bekannter
hypertrophe Zunge, kurzes Philtrum, Mikrozepha- Krampfneigung nicht verwendet werden. Die Ein-
lie, lange Lidspalten, prominente Nasenwurzel, leitung einer Allgemeinanästhesie sollte als sog. »ra-
Minderwuchs. pid sequence induction« erfolgen. Es sollte gut prä-
oxygeniert werden, da die Intubation schwierig
z Vergesellschaftet mit ausfallen kann. Die Wirkung von nichtdepolarisie-
Mitralklappenfehler. renden Relaxanzien ist weniger gut voraussehbar als
Am Skelett: Klinodaktylie des 5. Fingers, Klump- bei Normalpersonen; daher empfiehlt sich die Rela-
und Knickfuß, Hyperlordose, Skoliose, Trichter- xometrie.
brust.
An den Augen: Iriskolobom, Myopie, Hemera- Literatur
lopie, Nystagmus, Optikusatrophie, Retinitis pig-
Meng L, Quinlan JJ, Sullivan E (2004). The anesthetic manage-
mentosa, Retinoschisis, Retinakolobom. ment of a patient with Cohen syndrome. Anesth Analg
99: 697–698
z Therapie Orbach-Zinger S, Kaufman E, Donchin Y, Perouansky M (2003)
Keine ursächliche Therapie bekannt. Augenbehand- Between Scylla and Charybdis: a bleomycin-exposed pa-
tient with Cohen syndrome. Acta Anaesthesiol Scand 47:
lung, um Blindheit zu vermeiden, kieferorthopä-
1047–1049
dische Behandlung, ggf. Hormonbehandlung bei
Wachstumsstörungen.

Anästhesierelevanz Conn-Syndrom
Trotz therapeutischer Bemühungen zunehmende z Synonyme
Adipositas, Aspirationsrisiko. Schwieriger Atemweg Conn-Louis-Sy, primärer Hyperaldosteronismus,
aufgrund der Fehlbildungen des Gesichtsschädels, »potassium losing nephritis«.
aber häufig unkooperativer Patient.
z Oberbegriffe
z Spezielle präoperative Abklärung Endokrine Dysfunktion.
Orientierende Untersuchungen zum Atemwegsma-
nagement, zur kardialen Belastbarkeit und hinsicht- z Organe/Organsysteme
lich von Klappenfehlern. Nebennierenrinde, Niere, endokrines System.

z Wichtiges Monitoring z Inzidenz


Standardmonitoring, Relaxometrie. Postoperativ Bei ca. 5–10% der Hypertoniker liegt ein primärer
verlängerte Überwachungsphase mit Pulsoxymet- Hyperaldosteronismus vor.
rie.
z Ätiologie
z Vorgehen Die vermehrte Produktion von Aldosteron kann
Wenn fiberoptische Intubation beim wachen Pati- durch ein Adenom, eine Hyperplasie oder ein Kar-
enten nicht möglich ist, ggf. Narkoseeinleitung über zinom der Nebenniere verursacht sein. Im Gegen-
Intubationslarynxmaske. Supraglottischen Atem- satz dazu können systemische Erkrankungen wie
weg bereithalten. Herzinsuffizienz, hepatische Zirrhose oder nephro-
Bei der Prämedikation ist ein vorsichtiger Um- tisches Syndrom das Renin-Angiotensin-System
gang mit Benzodiazepinen geboten, da die latente stimulieren und zum sekundäreren Hyperaldoste-
Gefahr einer Atemdepression besteht. ronismus führen.
48 Conn-Syndrom

Bei Herzinsuffizienz führt die intrahepatische aler Zugang). Bei Hinweis auf eine aldosteronindu-
Verlangsamung des Blutflusses zu einem vermin- zierte Kardiomyopathie weitergehende kardiolo-
derten Abbau von Aldosteron und damit zu einem gische Diagnostik durchführen.
prolongierten Effekt. Bei einer genetisch übertrag-
baren Form der Nebennierenhyperplasie kommt es z Wichtiges Monitoring
aufgrund einer Stimulation mittels ACTH zum Hy- Arterielle Kanülierung zur invasiven Blutdruck-
C peraldosteronismus. messung und Kontrolle von Elektrolyt- und Säure-
Basen-Haushalt. EKG, Relaxometrie, Temperatur,
Symptome zentraler Venendruck, Blutzucker.

Aldosteron bewirkt im distalen Tubulus eine er- z Vorgehen


höhte Natriumrückresorption und Kaliumsekre- Das Vollbild des unbehandelten Conn-Sy erfordert
tion. Infolge der Natrium- und Wasserretention die Normalisierung des intravasalen Volumens so-
kommt es zur Hypertonie, begleitet von massiver wie die langsame Kaliumsubstitution über mehrere
Hypokaliämie und Alkalose. Klinische Manifestati- Stunden unter Intensivüberwachung. Bei Vorbe-
onen der Hypokaliämie können Muskelschwäche, handlung mit antihypertensiven Medikamenten
Ileus, Muskelkrämpfe und selten eine Rhabdomyo- muss diese je nach Wirkdauer frühzeitig vor einer
lyse sein. elektiven Adrenalektomie abgesetzt werden. Eine
Absprache mit dem Operateur über die Lagerung
z Vergesellschaftet mit des Patienten und eventuelle intraoperative Umla-
Herzrhythmusstörungen durch vermehrte myo- gerungen ist notwendig.
zytäre Zellautomatismen und verzögerte Repolari- Die Durchführung einer Allgemeinanästhesie
sation unter Hypokaliämie, diffuse Parästhesien, in Kombination mit einer Epiduralanästhesie ist so-
Proteinurie. wohl bei der offenen Laparatomie als auch bei der
Im Kindesalter Wachstumsverzögerung, Ent- laparoskopisch durchgeführten Operation sinn-
wicklungsrückstand. voll.
Bei der Wahl der Anästhetika ist die Interaktion
z Therapie von Inhalationsanästhetika und Muskelrelaxanzien
Primäre operative Beseitigung der Ursache, Volu- zu bedenken, durch die eine mögliche verlängerte
menersatz und Kaliumsubstitution. Spironolakton Wirkdauer der neuromuskulären Blocker aufgrund
als kompetitiver Aldosteronantagonist wirkt erst einer bestehenden Hypokaliämie und metabo-
mit einer Latenz von 2 Wochen. Der idiopathische lischen Alkalose zusätzlich verlängert werden kann.
Hyperaldosteronismus mit bilateraler Nebennie- Die Applikation von Halothan birgt aufgrund der
renhyperplasie ist mittels Gabe von Dexamethason Sensibilisierung des Myokards gegenüber Katecho-
supprimierbar und führt zur Regression der Neben- laminen und Theophyllin ein zusätzliches Risiko
nierenhyperplasie. für Herzrhythmusstörungen.
Darüber hinaus muss der Interaktion von Anäs-
Anästhesierelevanz thetika mit der üblicherweise langwirksamen anti-
hypertensiven Therapie Rechnung getragen wer-
Die anästhesiologische Betreuung des Patienten ist den. Bei der Durchführung einer totalen intrave-
im Rahmen der Adrenalektomie als primäre Thera- nösen Anästhesie unter Verwendung von Propofol
pie des Conn-Sy erforderlich. kann eine erhebliche Hypotension eintreten.
Im Rahmen einer Adrenalektomie besteht intra-
z Spezielle präoperative Abklärung operativ ein erhöhtes Risiko für Herzrhythmusstö-
EKG, Blutgasanalyse, Elektrolytstatus. Abschätzung rungen. Unbedingt muss eine Normokaliämie an-
des intravaskulären Volumens. Abklärung des ge- gestrebt werden. Bei der Manipulation an der Ne-
planten operativen Zugangswegs (Laparotomie benniere kann es zu einer Ausschüttung von
oder Laparoskopie bzw. retro- oder transperitone- Katecholaminen kommen, die die Gabe von kurz-
Cornelia-de-Lange-Syndrom I
49 C
wirksamen Vasodilatatoren erforderlich macht. z Organe/Organsysteme
Auch liegt bei etwa 50% der Patienten infolge der Mandibula, Maxilla, Gesichtsschädel, Schädel, Ske-
chronisch bestehenden Hypokaliämie, die eine ant- lett, ZNS.
agonistische Wirkung auf die Insulinsekretion hat,
eine gestörte Glukosetoleranz vor, die insbesondere z Inzidenz
im Rahmen der perioperativen Stressreaktion ma- Prävalenz 1,6–2,2 pro 100.000 Geburten in Europa,
nifest werden kann. davon 91,5% lebend geborene Kinder, 66% Sterb-
Bei bilateraler Adrenalektomie ist der Ersatz lichkeit im 1.Lebensjahr. Bis zu 70% der Fälle wer-
von Mineralokortikoiden erforderlich, gelegentlich den pränatal nicht durch Ultraschall erkannt.
auch bei unilateraler Adrenalektomie, da es zu ei-
nem temporären Hypoadrenalismus kommen kann. z Ätiologie
Hydrokortison i.v. und später oral oder Fludrokor- Kongenital. Ein autosomal-rezessiver oder -domi-
tison p.o. ist erforderlich. nanter Erbgang ist möglich. Vereinzelt wurden Ver-
änderungen am Chromosom 3 beobachtet (Dupli-
! Cave
kation oder partielle Trisomie). Grundlage der
Iatrogene Hyperkaliämie durch zu rasche
Erkrankung ist eine multiple embryonale Ent-
Substitution, hypertone Hyperhydratation,
wicklungsstörung und Hirnunterentwicklung.
Bradyarrthymien und Hypotonie durch die
gemeinsamen Wirkungen von Anästhetika z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
und Antihypertensiva.
Wolf-Sy, Leprechaunismus, Mietens-Weber-Sy,
Literatur Russel-Sy, Silver-Sy, tricho-rhino-phalangeales Sy,
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Minderwuchs (50%), charakteristische Physiogno-
drome. Clin Endocrinol 66: 607–618
mie (Clownähnlichkeit), Brachymikrozephalie
(93%), Hypertelorismus, Mandibulahypoplasie,
Mikrognathie (97%), hoher Gaumen, Makroglossie
Cornelia-de-Lange- (97%), Synophrys (zusammengewachsene dichte
Syndrom I Augenbrauen), tiefer Nasensattel, tiefer Haaransatz,
Hypertrichose bzw. Hirsutismus (97%), Oligophre-
z Synonyme nie, psychomotorischer Entwicklungsrückstand
Lange-Sy, Brachmann-de Lange-Sy (Amsterdamer (100%), angeborene Fehlbildungen der Extremi-
Degenerationstyp, engl. »dwarfism«). täten (73%): proximal verschobener Daumenansatz,
Syndaktylie, Polyphalangie, Kontraktur des Unter-
z Oberbegriffe armes.
Dysmorphien, kraniomandibulofaziale Missbil- Gelegentlich auftretende Befunde: Zahnanoma-
dung, Retardierungsminderwuchs. lien, mongoloide Lidachse, Dysgenitalismus.
50 Cornelia-de-Lange-Syndrom I

z Vergesellschaftet mit damit bei Beatmungsproblemen eine genügende


Spaltbildungen (21,7%), auch submukös und des- Oxygenation gewährleistet werden kann (verschie-
halb vielfach lange unentdeckt; Wirbeldeformitäten, dene Spatel, Guedel-, Wendl-Tuben, Larynxmaske,
intestinale Fehlbildungen, Hiatushernien, Ileus- alternative Intubationsverfahren: blind nasale, re-
symptomatik (Malrotation, Pylorusstenose); Herz- trograde, fiberoptische Intubation, Larynxtubus,
vitien, vorwiegend Ventrikelseptumdefekt (45,6%); ggf. Koniotomie). Vorsicht bei der Retroflexion der
C endokrine Störungen (Hypopituitarismus, Schild- HWS (atlantookzipitale Subluxationsgefahr).
drüsen- und NNR-Fehlfunktion), psychische Ten- Vor der Einleitung unbedingt ausreichend prä-
denz zur Autoagressivität, erhöhtes Risiko für In- oxygenieren (pulsoxymetrische Kontrolle). Wegen
fekte, ZNS-Defekte (40,2%), niedriges Geburtsge- der Unterarmkontrakturen sollte der Lagerung be-
wicht (<2500 g). sonderes Augenmerk gewidmet werden.
Mit inadäquaten Arzneimittelwirkungen rech-
Anästhesierelevanz nen (z.B. Agitation nach Neuroleptika, Somnolenz
nach Metoclopramid). Es wird auch über einen auf-
Mögliche Defekte der Blutbildung, des Endokrini- fallend geringen Anästhetikumbedarf berichtet.
ums und des Immunsystems. Eine sukzessiv titrierende Dosierung der Anästheti-
Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind Beatmungs- ka ist daher empfehlenswert.
bzw. Intubationsschwierigkeiten zu erwarten. Be- Die postoperative Periode ist ebenfalls durch
dingt durch den geistigen Entwicklungsrückstand, eine erhöhte Aspirationsgefahr gekennzeichnet.
liegt eine reduzierte Kooperationsfähigkeit vor, be- Die Extubation sollte tendenziell spät und nach ge-
sonders erschwert durch agressives und autistisches sicherter Wiedererlangung der Schutzreflexe er-
Verhalten. folgen.
Im Rahmen des Heranwachsens kommt es häu- Bei Herzvitien ist eine Endokarditisprophylaxe
fig zu Adipositas, gastroösophagealem Reflux, Ent- durchzuführen.
wicklung von Barrett-Ösophagus, chronischer Kon-
! Cave
stipation, Skoliose (40%), Aggravierung der psych-
Die klinische Ausprägung der Herzvitien un-
iatrischen Krankheiten, eingeschränkter
terliegt einer hohen Variationsbreite und ist
Nierenfunktion (15%).
manchmal schwer zu erkennen.
Es besteht eine erhöhte Aspirationsneigung,
welche durch anästhesiologische Maßnahmen be- Literatur
günstigt werden kann.
Corsini LM, De Stefano G, Porrasi MC et al. (1998) Anaesthetic
z Spezielle präoperative Abklärung implications of Cornelia de Lange syndrome. Paediatr
Blutbild, Gerinnung, Elektrolyte, Thoraxröntgen, Anaesth 8: 159–161
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z Wichtiges Monitoring Pediatr Anesth 16; 698–700
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C Semin Med Genet 145: 248–260
Papadimos TJ, Marco AP (2003) Cornelia de Lange syndrome,
z Vorgehen
hyperthermia and a difficult airway. Anaesthesia 58: 924–
Eine prononcierte (sedative) Prämedikation er- 925
leichtert das Vorgehen, ferner empfiehlt sich die Sargent WW (1991) Anesthetic management of a patient with
Gabe von Vagolytika und die prophylaktische Gabe Cornelia de Lange syndrome. Anesthesiology 74: 1162–
1163
von Natrium citricum und H2-Rezeptorenblockern.
Tsusaki B, Mayhew JF (1998) Anaesthetic implications of
Wegen der erhöhten Aspirationsgefahr ist eine »ra- Cornelia de Lange syndrome. Paediatr Anaesth 8: 181
pid sequence induction« durchzuführen. Für die Veall GR (1994) An unusual complication of Cornelia de Lange
Intubation selbst sind alle Vorkehrungen zu treffen, syndrome. Anaesthesia 49: 409–410
Crigler-Najjar-Syndrom
51 C
Symptome
Crigler-Najjar-Syndrom
Schwerer Neugeborerenenikterus (v. a. Subtyp 1)
z Synonyme mit Hyperbilirubinämie (Erhöhung des indirekten
Kongenitaler familiärer nichthämolytischer Ikterus, Bilirubins), Bilirubin-Enzephalopathie (Kernikte-
idiopathische Hyperbilirubinämie, Arias-Sy (Sub- rus) mit Degeneration der Ganglienzellen und kon-
typ 2), engl. »congenital nonhemolytic jaundice«, sekutiven neuropsychologischen Veränderungen.
Glukuronyltransferase-Defizit.
z Labor
z Oberbegriffe Indirektes Bilirubin deutlich erhöht (typischerweise
Enzymopathie, Enzephalopathie, enzymopathische bei 250–500 μmol/l = 15–30 mg/dl), das gesamte
Schwachsinn-Ss, Hyperbilirubinämie-Ss, Kernikte- Serum-Albumin liegt bei 550–650 μmol/l (3,6–
rus-Ss. 4,4 g/dl). Die Leberfunktionsparameter sind nor-
mal.
z Organe/Organsysteme
Basalganglien, ZNS, Leber, Haut. z Vergesellschaftet mit
Zahnschmelzhypoplasie, meist mit ausgeprägten
z Inzidenz Zahnschäden (Karies), Gingivitis.
Weniger als 50 Fälle in den USA, weniger als 200
weltweit bekannt. z Therapie
Phototherapie (450 nm, 10–12 h/Tag, mit zuneh-
z Ätiologie mendem Alter abnehmende Effektivität), Plasma-
Subtyp 1 (schwere frühe Form): kongenital, auto- pherese und Eiweißsubstitution, Protoporphyrin,
somal-rezessiver Erbgang. Die Glukuronyltrans- Barbiturate und Rifampicin bei Subtyp 2 zur Enzym-
ferase (Uridindiphosphatglukuronyl-Transferase, induktion. Die einzige kausale und kurative Thera-
UDPGT) fehlt in der Leber völlig (Anenzymie), und pie ist die Lebertransplantation.
das Bilirubin kann nicht konjugiert werden. Die
Lebenserwartung beträgt meist nur 1 Jahr. Anästhesierelevanz
Subtyp 2 = Arias-Sy (leichtere späte Form): kon-
genital, autosomal-dominanter Erbgang mit nur Der häufigere Fall einer anästhesiologischen Be-
partiellem Mangel an Glukuronyltransferase (5– treuung bei dieser Erkrankung ist die Anästhesie für
10% der Normalaktivität). eine Lebertransplantation oder gegebenenfalls die
Ursächlich ist eine Mutation in einem von einer vorangehenden Zahnsanierung (meist im Al-
5 Exons im UDPGT kodierenden Gen. ter bis 5 Jahre). Dabei dürfte meist ein Subtyp 2
(Arias-Sy) vorliegen, da beim Typ 1 die Patienten
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen selten das Erwachsenenalter erreichen. Das anäs-
Physiologischer Neugeborenenikterus, M. haemo- thesiologische Vorgehen ist im Wesentlichen darauf
lyticus neonatorum = Pfannenstiel-Sy, Halbrecht- ausgerichtet, einen Anstieg des Bilirubins oder eine
Sy, Gallengangatresie, Gilbert-Lereboullet-Sy Verminderung des Albumins zu vermeiden.
(»Gilbert’s disease«), Meulengracht-Sy, Rotor-Sy, Bei einer Lebertransplantation gelten spezielle
Dubin-Johnson-Sy, angeborene Leberzirrhose, kon- Anästhesieanforderungen.
natale Hepatitis, Medikamenten- und Mutter-
milchunverträglichkeit, Hypothyreose, Sepsis, To- z Spezielle präoperative Abklärung
xoplasmose. Bilirubinwerte, Serumproteine (Albumin), bei dif-
ferenzialdiagnostischer Unklarheit auch Leberfunk-
tionsparameter (Gerinnungswerte, Fibrinogen,
ALT, AST, γ-GT, AP), Blutbild (inklusive Thrombo-
zyten), neurologischer Status. Infektionen sollten
52 Crouzon-Syndrom

vorher ausgeschlossen oder behandelt werden (In- Unklare, theoretisch nachteilige Wirkung von
fektparameter, Auskultation, Thoraxröntgenauf- Propofol durch Verdrängung von Bilirubin
nahme). aus der Albuminbindung!

z Wichtiges Monitoring Literatur

Häufige Bilirubinkontrollen, Blutgasanalysen, Kon-


C trollen des Elektrolyt- und Säure-Basen-Status. Pul-
Prager MC, Johnson KL, Ascher NL, Roberts JP (1992) Anes-
thetic care of patients with Crigler-Najjar syndrome.
soxymetrie, Kapnographie, evtl. kontinuierliche Anesth Analg 74: 162–164
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Crigler-Najjar Syndrome. Anesth Analg 104:435–436
Strassburg CP (2010) Hyperbilirubinemia syndromes (Gilbert-
z Vorgehen
Meulengracht, Crigler-Najjar, Dubin-Johnson, and Rotor
Eine medikamentöse Behandlung und eine laufen- syndrome). Best Pract Res Clin Gastroenterol 24: 555–571
de Phototherapie ist perioperativ (ggf. sogar intrao-
perativ) fortzusetzen. Stressfaktoren sind auf ein
Mindestmaß zu beschränken, ebenso sollten ein Crouzon-Syndrom
längeres Fasten und Hypovolämie vermieden wer-
den. Fehlt die Zeit, den Patienten optimal für den z Synonyme
Eingriff vorzubereiten (Notfalloperation), können Dysostosis cranio-(orbito-)facialis.
bei bedrohlichen Bilirubinwerten eine Plasma-
pherese und Proteinsubstitution durchgeführt wer- z Oberbegriffe
den. Eine Hämolyse ist unbedingt zu vermeiden. Missbildungen, Dysmorphien, Dysostose, Schädel-
Wichtig ist die Konstanthaltung der Homöosta- synostose, Kieferbogen-Ss.
se; Hyperkapnie, Azidose, Hypertension, Hyperos-
molarität können eine Bilirubineinlagerung in das z Organe/Organsysteme
ZNS fördern. Medikamente mit hoher Proteinbin- Gesichtsschädel, Skelett, Sinnesorgane (Augen, Oh-
dung können Bilirubin verdrängen und zum An- ren), ZNS.
stieg des Serumwertes führen. Vor allem gelten Sul-
fonamide, Cephalosporine und Röntgenkontrast- z Ätiologie
mittel als bedenklich. Kongenital, hereditär, autosomal-dominanter Erb-
Bei Notwendigkeit einer Antibiotikabehand- gang. Auch als Neumutation auftretend (25%). Die
lung kann auf Ampicillin oder Gentamyzin ausge- Gesichtsschädelmissbildungen sind durch präma-
wichen werden. Anästhetika sind dagegen (soweit ture Synostosen der Schädelnähte bedingt.
sie daraufhin untersucht wurden) problemlos. Dies
gilt für Barbiturate, volatile Anästhetika (Desfluran, z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Sevofluran, Isofluran), Opiate und alle gängigen Andere Kieferbogen-Ss, Apert-Sy, Enslin-Sy,
Muskelrelaxanzien. Franceschetti-Sy, Gorlin-Cohen-Sy, Ullrich-Fre-
Für potente Opioide besteht aufgrund der ge- merey-Dohna-Sy, Sforzini-Sy, Greig-Sy, HMC-Sy.
ringeren Anzahl der an Albumin gebundenen Mo- Beachte: Das Crouzon-Sy kann kombiniert mit
leküle ein theoretischer Vorteil. dem Apert-Sy auftreten (Apert-Crouzon-Sy).
Bei Barbituraten ist aufgrund einer Enzymin-
duktion mit einer verminderten Wirkung zu rech- Symptome
nen (7 s. Therapie).
Akrozephalie, Exophthalmus, Strabismus, Innen-
! Relative Kontraindikation für Sulfonamide, ohrschwerhörigkeit, Sehnervenatrophie, Erblindung
Ceftriaxon, Ampicillin, Salicylate, Furosemid, (Amaurose), Papageienschnabelnase, Maxillahypo-
Cephalosporine, Kontrastmittel durch Verdrän- plasie, enger (gotischer) Gaumen, »Kleeblattschä-
gung des Bilirubins aus der Albuminbindung. del«. Häufig werden Kopfschmerzen angegeben.
6 Im Röntgen sog. »Wabenschädel«.
Curschmann-Batten-Steinert-Syndrom
53 C
z Vergesellschaftet mit Aufgrund der erhöhten Gefahr einer Hirn-
Apert-Sy, Herzvitien, geistige Retardierung (ist je- drucksteigerung ist eine fortlaufende neurologische
doch nicht obligat), Schlafapnoe. Kontrolle angebracht.
Bei Eingriffen in Kopfnähe auf guten Lidschluss
Anästhesierelevanz achten (Exophthalmus!).
Bei Herzvitien geeignete Antibiotikaprophylaxe
Mit Beatmungs- und Intubationsschwierigkeiten ist durchführen.
zu rechnen.
Literatur
z Spezielle präoperative Abklärung
Röntgen der Halsorgane (seitlich), Ausschluss einer Mitsukawa N, Satoh K, Hayashi T et al. (2004) A reflectable case
of obstructive sleep apnea in an infant with Crouzon syn-
Hirndrucksteigerung.
drome. J Craniofac Surg 15: 874–878
Roche J, Frawley G, Heggie A (2002) Difficult tracheal intuba-
z Wichtiges Monitoring tion induced by maxillary distraction devices in cranio-
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management of a severely retrognathic child: use of the
laryngeal mask airway. Ear Nose Throat J 81: 223–226
z Vorgehen
Wong GB, Nargozian C, Padwa BL (2004) Anesthetic concerns
Häufig werden kranioplastische Eingriffe im Klein- of external maxillary distraction osteogenesis. J Craniofac
kindesalter durchgeführt. Eine vagolytische Präme- Surg 15: 78–81
dikation erscheint sinnvoll, ebenso die prophylak-
tische Gabe von Natrium citricum oder H2-Rezep-
torenblockern. Für die Intubation selbst sind alle
Vorkehrungen zu treffen, damit bei Beatmungs-
Curschmann-Batten-
problemen die Oxygenation gewährleistet werden Steinert-Syndrom
kann (verschiedene Spatel, Guedel- und Wendl-Tu-
ben, Larynxmaske, fiberoptische Intubation, ggf. z Synonyme
Koniotomie). Insbesondere die Larynxmaske spielt Atrophische (dystrophische) Myotonie, kongenitale
beim Management des schwierigen Atemwegs bei myotone Dystrophie, Dystrophia myotonica famili-
Kindern eine wichtige Rolle. Ausreichend präoxy- aris, Batten-Steinert-Deleage-Sy, de Lange-Sy, Cur-
genieren. Eine Allgemeinanästhesie kann »per in- schmann-Batten-Sy, Curschmann-Steinert-Sy, Ros-
halationem« in halbsitzender Position eingeleitet solimo-Curschmann-Batten-Steinert, myotonische
werden, danach Rückenlage mit prononcierter Re- Dystrophie, Rossolimo-Curschmann-Batten-Stei-
troflexion der HWS (Schulterunterlagerung). Bei nert-Sy, »Steinert’s disease«.
der Extubation erneute Gefahr von respiratorischen
Problemen, insbesondere im Falle einer manipula- z Oberbegriffe
tionsbedingten Schwellung von Zunge und La- Dystone Myopathie, Muskeldystrophie.
rynx.
Eine geeignete postoperative Überwachung und z Organe/Organsysteme
Nachbeatmung ist bis zur völligen Restitution der Muskulatur, Bewegungsapparat, ZNS.
Schutzreflexe angebracht.
Bei kranioplastischen Eingriffen mit größeren z Inzidenz
Blutverlusten rechnen (genügend intravenöse Zu- 1:8000 Neugeborene, Prävalenz 2,1–14,3/100.000
gänge anlegen, Blutkonserven bereithalten). Vor Einwohner/Jahr. Das Curschmann-Batten-Steinert-
Extubation nach kieferchirurgischen Eingriffen Sy ist die häufigste primäre Myopathie und zeigt ein
sollte das Vorgehen bei einer eventuellen notfallmä- wechselndes Manifestationsalter und eine Andro-
ßigen Reintubation festgelegt sein. tropie im Verhältnis von 5:1.
54 Curschmann-Batten-Steinert-Syndrom

z Ätiologie rhö), Nebennierenrindeninsuffizienz, vasomoto-


Hereditär, autosomal-dominanter Erbgang (Chro- rische Störungen (Akrozyanose), herdförmige Kar-
mosom 19, variable Verlängerung des CTG-Nuk- diomyopathie, Arrhythmien (Adams-Stokes-
leotidtripletts) mit vielfältiger phänotypischer Ma- Anfälle, »plötzlicher Herztod«). Eine Neigung zur
nifestation. Der Schweregrad nimmt innerhalb malignen Hyperthermie wird angenommen.
Familien in aufeinander folgenden Generationen Bei Dysphagie häufige respiratorische Infekte
C zu. Der zugrunde liegende Pathomechanismus in wegen »stiller« Aspirationen.
der Muskelzelle ist immer noch weitgehend unge- Schlaf-Apnoe-Sy und endokrinologische Stö-
klärt. rungen (Diabetes mellitus, Hypogonadismus, Hy-
pothyreoidismus) treten gehäuft auf.
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Erb-Goldflam-Sy, Denny-Brown-Sy, Eulenburg-Sy, Anästhesierelevanz
Werner-Sy, Charcot-Marie-Tooth-Hoffmann-Sy,
Myositis fibrosa generalisata, Rieger-Sy, iridoden- Aspirationsrisiko, maligne Hyperthermie, Rela-
tales-Sy Weyers, Paramyotonia congenita. xansüberhang.

z Beachte z Spezielle präoperative Abklärung


Ähnlichkeit der Erkrankung (und des anästhesiolo- Thoraxröntgenaufnahme, Lungenfunktion, Aus-
gischen Vorgehens) mit Thomsen-Sy (Myotonia schluss einer Kardiomyopathie (Echokardiogra-
congenita) und Duchenne-Muskeldystrophie. phie), Langzeit-EKG bei Arrhythmieverdacht, Elek-
trolyte im Serum.
Symptome
z Wichtiges Monitoring
Progrediente Muskelschwäche und Muskelschwund EKG, Elektrolytkontrollen, Pulsoxymetrie, Kapno-
in umschriebenen Bezirken: Augenlidmuskulatur = graphie, Volumetrie, kontinuierliche Temperatur-
Ptose; Gesichtsmuskulatur = Hypomimie; Schlund- kontrolle, ZVD, Relaxometrie, ggf. Pulmonalarteri-
und Kehlkopfmuskeln = Dysphagie, Schluckstö- enkatheter.
rung, Sprachstörung; Nacken- und Halsmuskulatur
= gestörte Kopfhaltung; Schultergürtel, Handmus- z Vorgehen
kulatur, untere Extremität. Facies myotonica, »flop- Die Auslösung einer myotonen Reaktion ist unbe-
py infant«, Entwicklungsverzögerung und mentale dingt zu vermeiden. Die Folge wären Kontrakturen,
Retardierung möglich. Rhabdomyolyse, Kaliumfreisetzung. Daher sollte
Typisch ist die myotone Muskelwulstbildung auf depolarisierende Muskelrelaxanzien (Succinyl-
nach Betätigung eines Muskels (verzögerte Mus- cholin) generell verzichtet werden. Dies gilt auch
kelentspannung). wegen der (fraglichen) Gefährdung einer malignen
Neurologische Zeichen: Parästhesien, Kribbeln, Hyperthermie (MH). Das anästhesiologische Vor-
Reflexminderung (Hyporeflexie bis Areflexie). gehen sollte insgesamt »triggerfrei« erfolgen, also
Erkrankungsnachweis im EMG (CK und Krea- auch ohne volatile Anästhetika.
tinin sind normal oder leicht erhöht), ferner histo- Eine gute Alternative bieten intravenöse Anäs-
logisch und klinisch. thesieformen mit Propofol, Benzodiazepinen,
Herzmuskelbeteiligung: Rhythmusstörungen, Opioiden (kurzwirksam und gut steuerbar: Remi-
selten Kardiomyopathie. fentanil) usw. Thermische und mechanische Reize
sollten möglichst vermieden werden. Die periope-
z Vergesellschaftet mit rative Gabe von Dantrolen ist nicht nur im Hinblick
Psychische Alteration (Apathie, depressive Verstim- auf eine MH-Gefährdung interessant, sondern v. a.
mung, Reizbarkeit, Demenz), reduzierter AZ/EZ zur Prophylaxe myotoner Reaktionen. Die Dosie-
(Fettgewebsschwund), Alopezie (Haarausfall), Ka- rung entspricht derjenigen der MH-Prophylaxe:
tarakt, Retinopathie, Gonadenatrophie (Amenor- 2,5 mg/kg i.v.
Cushing-Syndrom
55 C
Bei Anästhesieende sollte die Muskelkraft weit Morimoto Y, Mii M, Hirata T et al. (2005) Target-controlled infu-
genug wiederhergestellt sein, um postoperative pul- sion of propofol for a patient with myotonic dystrophy. J
Anesth 19: 336–338
monale Komplikationen zu vermeiden. Das erfor-
Nishi M, Itoh H, Tsubokawa T, Taniguchi T, Yamamoto K (2004)
dert eine differenzierte (relaxometrisch kontrollier- Effective doses of vecuronium in a patient with myotonic
te) Dosierung kurzwirksamer nichtdepolarisieren- dystrophy. Anaesthesia 59: 1216–1218
der Relaxanzien (z. B. Mivacurium, Atracurium, Ogawa K, Iranami H, Yoshiyama T et al. (1993) Severe respira-
Vecuronium). Die Gabe von Cholinesterasehem- tory depression after epidural morphine in a patient with
myotonic dystrophy. Can J Anaesth 40: 968–970
mern ist bei myotonen Muskelerkrankungen kon-
Rosenkranz T (2003) Myopathien – Was muss der Anästhesist
traindiziert wegen der Gefahr eines Depolarisati- wissen? Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther
onsblocks (Gefahr der Atemlähmung!). Stattdessen 38: 483–488
ist im Bedarfsfall eine Nachbeatmung anzustreben. Sivathondan D (2006) Myotonic dystrophy and pain manage-
Bei Befall der Larynxmuskulatur ist mit einer er- ment of a patient undergoing total abdominal hysterec-
tomy in a metropolitan general hospital. Anaesth Inten-
höhten Aspirationsgefahr zu rechnen, daher beson-
sive Care 34: 506–509
dere Vorsicht bei Einleitung (Krikoiddruck) und Wappler F (2003) Aktuelle Aspekte der Anästhesie bei neuro-
Extubation. muskulären Erkrankungen. Anästhesiol Intensivmed
Erfahrungen über rückenmarknahe Regional- Notfallmed Schmerzther 38: 495–499
anästhesien sind spärlich, sie erscheinen aber prin-
zipiell möglich. In einer Fallbeschreibung über die
epidurale Applikation von 2 mg Morphin wird über Cushing-Syndrom
eine deutliche postoperative Atemdepression be-
richtet. Diese wird auf eine erhöhte Empfindlichkeit z Synonyme
des Atemzentrums auf rückenmarknah applizierte Hyperkortisolismus, Crooke-Apert-Gallais-Sy,
Opioide zurückgeführt. Das Lokalanästhetikum sei Apert-Cushing-Sy, basophiler Hyperpituitarismus,
gut vertragen worden. Falls die Atemmuskulatur Incenko-Cushing-Krankheit.
betroffen ist, muss eine Ausbreitung der motori-
schen Blockade bis in den Innervationsbereich der z Oberbegriffe
Interkostalmuskulatur (Th10) vermieden werden. Endokrine Dysfunktion.
Über gute Erfahrungen mit Nalbuphin i.v. zur
postoperativen Analgesie wurde berichtet. z Organe/Organsysteme
Nebennierenrinde, Niere, endokrines System.
! Succinylcholin, Cholinesterasehemmer (Pros-
tigmin, Pyridostigmin), negativ inotrope z Ätiologie
Pharmaka, Relaxansüberhang, volatile Anäs-
Der Hyperkortisolismus ist Folge einer endogenen
thetika, »shivering« = Kältezittern, Hypother-
Überproduktion oder resultiert aus einer exogenen
mie.
Zufuhr hoher Dosen von Glukokortikoiden, durch
Literatur welche die endokrine Steuerung der Hormonsyn-
these aus dem Gleichgewicht gerät. Ein ACTH-un-
Catena V, Del Monte DD, Rubini A et al. (2007) Anesthesia and abhängiger primärerer endogener Hyperkortisolis-
myotonic dystrophy (Steinert’s syndrome). The role of mus wird häufig durch kortisolproduzierende
total intravenous anesthesia with propofol, cisatracurium
NNR-Tumoren (bei Erwachsenen Adenome, bei
and remifentanyl. Case report. Minerva Anestesiol 73:
475–479
Kindern überwiegend Karzinome) verursacht, sel-
Gopalakrishnan S, Sidduiqui S, Mayhew JF (2004) Anesthesia in tener durch eine Hyperplasie der Nebennierenrin-
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Jenkins JA, Facer EK (2004) Anesthetic management of a pa- lismus führen die Überproduktion von ACTH in
tient with myotonic dystrophy for a Nissen fundoplica-
einem Mikroadenom des Hypophysenvorderlap-
tion and gastrostomy. Pediatr Anesth 14: 693–696
Klompe L, Lancé M, van der Woerd D et al. (2007) Anaes-
pens (Morbus Cushing) oder die ektope paraneo-
thesiological and ventilatory precautions during cardiac plastische ACTH-Produktion in kleinzelligen Bron-
surgery in Steinert’s disease. J Card Surg 22: 74–75 chialkarzinomen oder Karzinoiden.
56 Cushing-Syndrom

z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen die Lagerung und einen möglicherweise auftre-


Paraneoplastische Ss, adrenogenitales Sy. tenden Diabetes insipidus dar.
Die vergesellschaftet auftretenden Zustände
Symptome Hypertonus und Diabetes erfordern eine besondere
Aufmerksamkeit, da sie die perioperative Mortalität
Stammfettsucht und »Vollmondgesicht« sind ty- des Patienten erhöhen. Perioperativ ist die sorgfäl-
C pische physiognomische Merkmale, die Hypercho- tige Überwachung und Substitution von Kortison
lesterinämie typisches laborchemisches Merkmal in erforderlich, um eine mögliche Addison-Krise dia-
Folge eines aktivierten Fettstoffwechsels. Die Haut gnostizieren und therapieren zu können.
ist pergamentartig verdünnt und sehr leicht verletz- Das Eintreten einer Schwangerschaft bei mani-
bar. Bei 85% der Patienten liegen eine arterielle Hy- festem Cushing-Sy ist selten, jedoch wird nicht sel-
pertonie und erhöhte Wasserretention vor. Bei aus- ten während der Schwangerschaft ein zuvor stum-
geprägtem Hyperkortisolismus kann die Störung mes Adenom des Hypophysenvorderlappens kli-
der Knochenmatrixproduktion und Kalziumab- nisch auffällig und erfordert die chirurgische
sorption zu einer ausgeprägten Osteoporose mit Therapie vor der Entbindung, da die medikamen-
schmerzlosen Spontanfrakturen führen. Darüber töse Therapie nicht erstrebenswert und die Morta-
hinaus besteht meist eine diabetogene Stoffwechsel- lität für Fetus und Mutter deutlich erhöht ist.
lage.
Typischerweise ist die zirkadiane Rhythmik der z Spezielle präoperative Abklärung
Kortisonausschüttung gestört. Die androgenen Ne- Diagnostik und Abschätzung der Schwere beste-
beneffekte des Kortisons führen bei Frauen zu Viri- hender Begleiterkrankungen und deren Organma-
lismus, Hirsutismus sowie Störung des Menstruati- nifestationen. Regulierung eines bestehenden Dia-
onszyklus. Bei Kindern kann es zum Wachstums- betes mellitus, effektive Kontrolle des Blutdrucks,
stillstand kommen. Eine Erniedrigung des Herstellung einer Isovolämie und eines ausgegli-
Serumkaliumspiegels durch die Überproduktion chenen Elektrolytstatus. Kontrolle der Kortisolwerte
von Mineralkortikoiden ist im Rahmen des Cus- im Serum.
hing-Sy selten.
z Wichtiges Monitoring
z Therapie Blutzucker, EKG, Relaxometrie, Temperatur, zen-
Bei Tumoren der NNR ist die Adrenalektomie The- traler Venendruck. Je nach Ausmaß der kardialen
rapie der Wahl, beim hypothalamischen-hypophy- Funktionseinschränkung erweitertes hämodyna-
sären M. Cushing muss die transnasale oder trans- misches Monitoring.
sphenoidale operative Entfernung des Adenoms
erfolgen. Bei inoperablen NNR-Karzinomen und z Vorgehen
paraneoplastischer ektoper ACTH-Sekretion wird Die minutiöse, vorsichtige Lagerung des Patienten
die Kortisolsynthese durch Gabe von adrenosta- ist unabdingbar, um Lagerungsschäden an Haut
tischen Substanzen (Ketoconazol und Octreotid) und Knochen zu verhindern. Entsprechendes Lage-
blockiert. rungsmaterial muss in ausreichender Menge und
Qualität bereitgestellt sein. Die Wahl des Anästheti-
Anästhesierelevanz kums richtet sich nach Art und Schwere der vorlie-
genden Begleiterkrankungen.
Die anästhesiologische Betreuung der Patienten ist Bei der transsphenoidalen Tumorresektion
sowohl im Rahmen der primär chirurgischen The- muss mit starken Schwankungen des Blutdrucks
rapie erforderlich als auch während der Versorgung nach nasaler Injektion von adrenalinhaltigen Lö-
pathologischer Frakturen, die bei ca. 1/3 der Pati- sungen gerechnet werden, so dass eine invasiv-arte-
enten auftreten. Eine besondere Anforderung an rielle Blutdruckmessung sinnvoll ist. Aufgrund der
das anästhesiologische Vorgehen stellt der trans- Nähe des Operationsgebietes zum Sinus cavernosus
sphenoidale Hypophyseneingriff im Hinblick auf und der A. carotis interna ist ein plötzlicher Verlust
Cushing-Syndrom
57 C
von größeren Blutmengen möglich. Die präoperati- nehmen und sich klinisch in Form einer Hyperpig-
ve Anlage großlumiger Venenzugänge ermöglicht mentierung durch Stimulation der Melanozyten
den schnellen Ausgleich eines Volumendefizits. und in massiver ACTH-Produktion (Nelson-Sy)
Selten intraoperativ, jedoch regelmäßig post- manifestieren.
operativ tritt ein temporärer Diabetes insipidus auf, Perioperativ wurde eine erhöhte Pankreatitisin-
so dass die Anlage eines Harnblasenkatheters uner- zidenz festgestellt, wobei eine mögliche Kausalität
lässlich ist. Insbesondere am Ende der Operation ist durch Propofol noch nicht endgültig geklärt ist.
es erforderlich, Pharynx und Magen von Blut- und
! Cave
Gewebeansammlungen zu befreien. Bei erhöhter
Auslösung von Herzrhythmusstörugen durch
Lagerung des Oberkörpers muss an die Gefahr einer
Hypokaliämie, verstärkte Sensibilität für
Luftembolie gedacht werden. Glukokortikoide soll-
Muskelrelaxanzien.
ten in Absprache mit dem Operateur und Endokri-
nologen substituiert werden. In einigen Fällen wird
die erfolgreiche Adenomresektion durch einen ab- Literatur
gesunkenen ACTH-Spiegel am Morgen nach der
Operation nachgewiesen. Eine perioperative Glu- Czirjak S, Bezzegh A, Gal A, Racz K (2002) Intra- and postop-
erative plasma ACTH-concentrations in patients with
kokortikoidgabe zur Prophylaxe einer Addison-
Cushing’s disease cured by transphenoidal pituitary sur-
Krise würde diesen Nachweis unmöglich machen. gery. Acta Neurochir 144: 971–977
Im Falle einer ausgeprägten Hyperkortisolämie Dabbagh A, Sa’adat N, Heidari Z (2009) Etomidate infusion in
und ineffizienter Wirkung oder unmöglicher ente- the critical care setting for suppressing the acute phase
raler Verabreichung von Metyrapon und Ketocon- of Cushing’s Syndrome. Anesth Analg 108: 238–239
Greening JE, Brain CE, Perry LA et al. (2005) Efficient short-
azol kann Etomidat in niedriger Dosierung i.v.
term control of hypercortisolaemia by low-dose etomi-
(0,06 mg/kg/h) eingesetzt werden, um eine klini- date in severe pediatric Cushing’s disease. Horm Res 64:
sche Stabilisierung bis zur Operation zu erreichen. 140–143
Hierbei wird die sonst unerwünschte Hemmung Johnson TN, Canada TW (2007) Etomidate use for Cushing’s
der Gluko- und Mineralkortikoidsynthese durch syndrome caused by an ectopic adrenocorticotropic hor-
mone-producing tumor. Ann Pharmacother 41: 350–353
Etomidat therapeutisch genutzt. Zur Prophylaxe ei-
Knüttgen D, Wappler F (2007) Anästhesie bei Erkrankungen
ner akuten Nebenniereninsuffizienz muss Hydro- der Nebennierenrinde. Anästhesiol Intensivmed Not-
kortison intravenös unter engmaschiger Kontrolle fallmed Schmerzther 42: 170–178
der Blutspiegel substituiert werden. Mason R (2001) Anaesthesia databook: a perioperative and
Bei uni- oder bilateraler Adrenalektomie ist im- peripartum manual, 3rd edn. Cambridge University Press,
Cambridge, pp 112–114
mer eine perioperative Glukokortikoidsubstitution
Priya G, Bhagat H, Pandia MP et al. (2005) Can propofol pre-
erforderlich. Mit Beginn der Resektion werden cipitate pancreatitis in patients with Cushing’s syndrome?
100 mg Hydrokortison i.v. alle 24 h gegeben, diese Acta Anaesthesiol Scand 49: 1381–1383
Dosis wird über 3 oder 6 Tage bis zu einer Erhal-
tungsdosis von 20-30 mg reduziert. Ab dem 3. post-
operativen Tag sollte zusätzlich α-Fludrokortison
gegeben werden in einer Dosierung von 0,05–0,1 mg
am Tag. Die Dosierung muss an die Kortikoidpro-
duktion der Restnebenniere angepasst werden.
Die bilaterale Adrenalektomie ist mit einem er-
höhten Risiko eines Pneumothorax verbunden, so
dass vor Wundverschluss danach gesucht und gege-
benenfalls drainiert werden sollte. Bei 10% der Pa-
tienten besteht neben dem Cushing-Sy ein nicht
diagnostizierter Tumor der Hypophyse. Dieser po-
tenziell invasive Tumor kann unter dem Abfall des
Kortisonspiegels nach der Operation an Größe zu-
58 Dermatomyositis

Dermatomyositis Symptome

Diffuse oder segmentäre Bewegungsschmerzen,


z Synonyme progressive proximale symmetrische Muskelschwä-
Myositis, Polymyositis, Neuromyositis, Wagner- che und -atrophie, Muskelsklerose, Pigmentationen,
Unverricht-Günther-Sy, »weißfleckige Lilakrank- Teleangiektasien, Ödeme und (lilafarbene) Ery-
heit«, »idiopathic inflammatory myopathy« (IIM), theme, periorbitales Ödem, Hypomimie, erhöhte
Dermatomyositis sine Myositis, »amyopathic der- Plasmaspiegel der Muskelenzyme, abnormale Be-
D matomyositis«. funde bei Elektromyographie und -biopsie.
Funktionelle Störungen und Veränderungen
z Oberbegriffe der betroffenen Organe:
Kollagenose, Myopathie, Fibrositis-Ss, Poikiloder- 4 Herz: Myokarditis, Arrhythmien;
mie, rheumatische Erkrankungen. 4 Gastrointestinaltrakt: Dysphagie, Spasmen, He-
patosplenomegalie;
z Organe/Organsysteme 4 Lungen: Pneumonien;
Haut, Muskeln, Muskulatur (Bewegungsapparat), 4 Nieren: Nephrose, (Glomerulo)nephritis;
Bindegewebe; Befall praktisch aller Organe mög- 4 Nervensystem: Neuralgien, psychische Verän-
lich, insbesondere des Ösophagus und der Lunge. derungen;
4 Skelett: Atrophien, Osteoporose, Gelenkdefor-
z Inzidenz mierungen;
In den USA ca. 5,5 Fälle auf 1 Mio. Einwohner, Ten- 4 Augen: Retinitis, Netzhautblutungen;
denz steigend. Gynäkotropie. 4 Knochenmark: Anämie, Infektanfälligkeit.

z Ätiologie z Vergesellschaftet mit


Hereditär; eine familiäre Disposition ohne klar de- Malignome (7%), v. a. Genitaltumoren bei Frauen.
finierten Erbgang liegt vor. Die Erkrankung ist mit Bei Kindern können Kalzifizierungen und Kontrak-
dem HLA-B8-Antigen assoziiert. Sie kann im Rah- turen auftreten, wenn sie keine regelmäßige Physio-
men eines paraneoplastischen Sy auftreten, auch therapie erhalten.
infektiöse oder medikamenteninduzierte Ursachen
werden diskutiert. Frauen sind doppelt so häufig z Therapie
betroffen wie Männer, der Erkrankungsbeginn liegt Hoch dosierte Kortikosteroide.
überwiegend im 4.–5. Lebensjahrzehnt. Die betrof-
fenen Gewebe werden atrophisch und ödematös. Anästhesierelevanz
Die Pathogenese ist bisher insgesamt nur unzurei-
chend verstanden. Das anästhesiologische Vorgehen ist prinzipiell auf
die individuellen Organfunktionen des Patienten
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen abzustimmen.
Muskeldystrophie-Ss, Sklerodermie, Sklerödem,
M. Raynaud, Petges-Clejat-Sy, Münchmeyer-Sy z Spezielle präoperative Abklärung
(Myositis ossificans progressiva), Sylvest-Sy, Trichi- Wichtige Organfunktionen: EKG, Echokardiogra-
nose, Rothmund-Sy, Cockayne-Sy, Dercum-Sy, phie, Lungenfunktion, Leberfunktion, Blutbildung,
Rothmann-Makai-Sy, Oppenheim-Urbach-Sy, Pro- Nierenfunktionsparameter (Seumkreatinin, Harn-
fichet-Sy, »Stiff-man-Sy«, Werner-Sy, Psoriasis, stoff, Elektrolyte).
Pfeifer-Weber-Christian-Sy, Feer-Sy, Herxheimer- Das Monitoring muss die gleichen Organfunk-
Sy, Pellagra, Still-Sy, Pseudo-Lupus-erythematodes- tionen erfassen.
Sy, Ayerza-Sy, Hutchinson-Gilford-Sy, Progerie-Ss,
Becker-Kiener-Sy, rheumatoide Arthritis (PCP),
Myokarditiden, Endangiitis obliterans.
Dévic-Syndrom (Neuromyelitis optica)
59 D
z Vorgehen
Dévic-Syndrom
Alle Maßnahmen sollten mit dem reduzierten All-
gemeinzustand des Patienten im Einklang stehen. (Neuromyelitis optica)
Die meist adynamen Patienten sind oft dehydriert
(Dysphagie). Das erfordert die Herstellung einer z Synonyme
Isovolämie. (Vorsicht: Keine genügende kardiale Neuromyelitis optica (Erb-Dévic), Dévic-Gault-Sy,
Reserve, evtl. eingeschränkte Nierenfunktion). Es Ophthalmoneuromyelitis.
sollten Anästhetika mit geringer negativ-inotroper
Wirkung verwendet werden, ggf. kann eine kardio- z Oberbegriffe
vaskuläre Stimulation (z. B. mit Dopamin, 1,5–3 μg/ Transverse Myelitis, Querschnitts-Sy, Paraplegie,
kg/min) indiziert sein. autonome Hyperreflexie.
Möglicherweise wird die muskuläre Beteiligung
überbewertet, jedenfalls sollte Succinylcholin bei z Organe/Organsysteme
Immobilität, Nierenfunktionsstörungen und Kar- Zentrales Nervensystem.
diomyopathie nicht verwendet werden. Die Dosie-
rung der nichtdepolarisierenden Relaxanzien ist z Inzidenz
dem Zustand der Muskulatur im Sinne einer Re- Seltene Komplikation in der Schwangerschaft mit
duktion anzupassen. Die Anwendung von Azetyl- allgemein schlechter Prognose, niedrige Inzidenz
cholinesterasehemmern ist umstritten. Besser ist im Kindesalter. In Ostasien häufiger als in Europa,
die Verwendung kurzwirksamer Medikamente (Mi- ca. 1% der demyelinisierenden Erkrankungen, 1–
vacurium, Atracurium, Vecuronium) und ein Ver- 2/1.000.000/Jahr.
zicht auf deren Antagonisierung (relaxometrische
Kontrolle). z Ätiologie
Vor allem bei pulmonaler Beteiligung ist mit Inflammatorische Erkrankung des Rückenmarks,
einer Nachbeatmung und Intensivüberwachung zu die eine funktionelle Transsektion des Rückenmarks
rechnen. Bei allen invasiven Maßnahmen ist auf bewirkt. Ursache infektiös (z. B. nach Herpes-zo-
größtmögliche Sterilität zu achten (erhöhte Infekt- ster-Infektion) oder autoimmunologisch. Eine ge-
anfälligkeit). Bei chronischer Kortikoidmedikation netische Disposition wird vermutet, wobei die Me-
ist eine perioperative Substitution erforderlich, die chanismen weitgehend ungeklärt sind.
unter anderem von der Größe des operativen Ein-
griffs abhängt (7 s. Kortikoidsubstitutionsschema bei z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
»Rheumatoide Arthritis«). Multiple Sklerose, Balos konzentrische Sklerose,
akute disseminierte Enzephalomyelitis.
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Symptome
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60 Down-Syndrom

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z Spezielle präoperative Abklärung


Neurostatus, aktueller Zustand des Herz-Kreislauf-
Systems. Down-Syndrom
z Vorgehen z Synonyme
Bei Indikationen zur Sectio caesarea oder anderen Trisomie 21, Mongolismus, M. Langdon-Down.
Eingriffen an der unteren Körperhälfte bieten sich
Spinal- oder Epiduralanästhesie an, da hiermit die z Oberbegriffe
die autonome Hyperreflexie unterstützenden Re- Chromosomenanomalie, Trisomie.
flexbögen unterbrochen werden, wobei die Epidu-
ralanästhesie noch eine bessere Steuerung des Blut- z Organe/Organsysteme
druckverhaltens ermöglicht. Auch nach einer Allge- Skelett, Muskulatur (Bewegungsapparat), ZNS,
meinanästhesie ist die Ausbildung einer transversen Haut.
Myelitis beschrieben worden, so dass die Beteili-
gung des Rückenmarks kein Ausschlusskriterium z Inzidenz
für eine rückenmarknahe Regionalanästhesie ist. 1:660 lebende Neugeborene.
Das neue Auftreten einer Neuromyelitis optica
in Zusammenhang mit einer Spinalanästhesie wur- z Ätiologie
de beschrieben, Kongenital überzähliges Chromosom 21. Im Falle
Bei Allgemeinanästhesie ist Succinylcholin bei einer balancierten Translokation kann eine Verer-
bestehendem Querschnitt kontraindiziert (Hyper- bung vorliegen. Prädisponierender Faktor: Alter der
kaliämie, Herz-Kreislauf-Stillstand). Die Reaktion Mutter bei der Konzeption.
der Muskulatur auf nichtdepolarisierende Muskel-
relaxanzien ist normal. z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
! Cave Myxödem, Klein-Waardenburg-Sy, Smith-Lemli-
Autonome Hyperreflexie, Kreislaufdysregula- Opitz-Sy, Bartenwerfer-Sy, Franceschetti-Sy, Greig-
tion. Sy, Mende-Sy, Kramer-Pollonow-Sy, Zellweger-Sy,
Angelmann-Sy, andere Trisomien (v. a. Triso-
Literatur mie 14).
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Anaesthesiol 27: 578–580 Makroglossie, Dysodontie, tief liegende Nasenwur-
Down-Syndrom
61 D
zel, geistige Retardierung (Schwachsinn in 75%, z Wichtiges Monitoring
Idiotie in 20% der Fälle), muskuläre Hypotonie. Temperatur, Pulsoxymetrie, regelmäßige Blutzu-
ckerkontrollen.
z Vergesellschaftet mit
Atemwegsinfekte, Herzvitien (40–60%; Ostium- z Vorgehen
primum-Defekte, AV-Kanal, Fallot-Tetralogie), Bei Kleinkindern mit reduziertem EZ prä- und
Links-Rechts-Shunt, pulmonale Hypertonie, Miss- perioperativ parenterale oder, besser, enterale
bildungen des Magen-Darm-Trakts (ösophagotra- (Sonden)ernährung. Ein der Kooperationsunwillig-
cheale Fistel, M. Hirschsprung, Reflux), subglot- keit angepasstes Vorgehen wählen, z. B. orale oder
tische Verengung, Spaltbildungen, Instabilität der rektale Benzodiazepinprämedikation. Einleitung
Atlantookzipitalgelenke (20%), Pancreas anulare, per inhalationem oder mit Ketamin i.m. Bei Reflux
Duodenalatresie, Analatresie), Disposition zu Leuk- an »rapid sequence induction« denken! Bei Spaltbil-
ämien, M. Alzheimer, Epilepsie (10–14%), Kryptor- dungen, Makroglossie und/oder Mandibulahypo-
chismus, Schlaf-Apnoe-Syndrom (30–50%), Tonsil- plasie mit Intubationsschwierigkeiten rechnen und
lenhypertrophie, Hypothyreose (bis 40%). entsprechende personelle und instrumentelle Vor-
kehrungen (Fiberoptik, Videolaryngoskop etc.)
z Therapien treffen. Relativ dünnere (!) Tuben auswählen. In der
Physiotherapie, Antibiotika wegen der häufigen Regel kann man einen geringeren Relaxansbedarf
Atemwegsinfekte. einkalkulieren.
Postintubationsstridor kann mit Vernebelung
Anästhesierelevanz von Adrenalin oder mittels Adrenalin und Dexamt-
hason i.v. therapiert werden. Post extubationem
Bei Säuglingen und Kleinkindern häufig Trink- sollte bei Stidor auch an eine nichtinvasive Ventila-
schwäche. Erhöhte Gefahr für Neugeborenen- tion gedacht werden.
krämpfe, Auskühlung (wegen Muskelhypotonie, Bei Herzvitien ggf. Endokarditisprophylaxe
Hypothyreose) und von Hypoglykämien. Habituell nach aktuellen Empfehlungen durchführen.
arterielle Hypotonie. Neigung zu bakteriellen In- Sedierung für MRT-Untersuchungen wurde er-
fekten (IgM-Mangel), v. a. im Respirationstrakt und folgreich in der Kombination Ketamin und Dexme-
Urogenitaltrakt. Wegen der Atemwegsinfekte ist detomidin angewendet.
perioperativ mit respiratorischen Problemen zu Spinalanästhesien wurden inzwischen ebenfalls
rechnen. beschrieben, um Probleme bei der Atemwegssiche-
Erhöhte renale Natriumverluste wegen tubulä- rung zu umgehen, wobei ein sehr einfühlsames Vor-
rer Unreife sind möglich. Die Kooperationsfähig- gehen und eine ausreichende Kooperationsbereit-
keit ist meist reduziert. schaft des Patienten unabdingbar sind.
Bei Patienten mit Down-Sy besteht ein erhöhtes
! Cave
Risiko für eine atlantoaxiale Instabilität, die eine
Atlantookzipitale Subluxation bei der Laryn-
Relevanz bei der Intubation besitzen kann.
goskopie, intraoperative Bradykardien, Stri-
Kinder mit Down-Sy haben eine höhere Morta-
dor!
lität und Morbidität bei kardiochirurgischen Ein-
griffe als normale Kinder.
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62 Duchenne-Muskeldystrophie

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patient with Down syndrome. Acta Anaesthesiol Scand rung der LWS, Pseudohypertrophien (Gnomenwa-
49: 712–714 den), abgehobene Schulterblätter (Scapula alata).
Bei Befall der Gesichtsmuskeln ensteht Hypomimie
Duchenne-Muskel- und »Tapirgesicht«.
Typisch ist das Emporklettern am eigenen Kör-
dystrophie per (Gowers-Manöver).
Im Spätstadium kommen Kontrakturen hinzu.
z Synonyme Die Lebenserwartung liegt bei ungefähr 15–20 Jah-
Duchenne-Erb-von-Leyden-Sy, progrediente (pro- ren.
gressive) pseudohypertrophische Muskeldystro-
phie, fazioskapulohumerale bzw. Extremitätengür- z Labor
tel-Muskeldystrophie. Erhöhte Serumwerte für die Muskelenzyme, v. a. CK,
ALT, AST und LDH. Die CK-MB-Isoenzyme sind für
z Oberbegriffe kardiale Fragestellungen nicht aussagefähig.
Myodystrophie, Myopathie.
z Vergesellschaftet mit
z Organe/Organsysteme Kardiomyopathie (EKG-Veränderungen: hohes R
Muskulatur, Bewegungsapparat. rechts-präkordial, tiefes Q links-präkordial), Ar-
rhythmieneigung (v. a. Tachyarrhythmien), Mitral-
z Inzidenz klappenprolaps, respiratorische Insuffizienz (res-
1:3300 bis 1:18.000 männliche Geburten. Damit ist triktive Ventilationsstörung), Skelettdeformitäten
dies eine der häufigsten Erbkrankheiten. Erkran- (Kyphoskoliose), (fragliche) Neigung zur malignen
kungsbeginn ab dem 2.–6. Lebensjahr. Hyperthermie (MH).
Duchenne-Muskeldystrophie
63 D
z Therapie rungen bei Kindern mit Duchenne-Muskeldystro-
Physiotherapie, Verapamil (umstritten). phie genutzt.
Bei Anästhesieende sollte die Muskelkraft so
Anästhesierelevanz weit wie möglich wiederhergestellt sein, um post-
operative pulmonale Komplikationen zu vermei-
Hyperkaliämiegefährdung, erhöhtes MH-Risiko; den. Das erfordert eine differenzierte (relaxome-
chronische Hypokaliämie ist ebenfalls möglich und trisch kontrollierte) Dosierung kurz wirksamer
erhöht die Gefahr einer Rhabdomyolyse. nichtdepolarisierender Relaxanzien. Bei einer Ant-
Auch klinisch symptomlose Frauen (Trägerin- agonisierung mit Cholinesterasehemmern ist die
nen) können eine Kardiomyopathie aufweisen, die arrhythmogene Wirkung des Atropin in Rechnung
unter Anästhesie manifest wird. Eine sehr sorgfältige zu stellen. Gegebenenfalls ist eine Nachbeatmung
Anamneseerhebung ist diesbezüglich notwendig. anzustreben.
Relaxanzien: Für Rocuronium ist eine verlän-
z Spezielle präoperative Abklärung gerte Anschlagszeit der Wirkung sowie eine verlän-
Pulmonalrespiratorischer Status (Thoraxröntgen- gerte Wirkdauer beschrieben (wichtig für »rapid
aufnahme, Lungenfunktion), kardialer Status (EKG, sequence induction«); für Mivacurium ist eine ver-
Echokardiographie, wobei zu beachten ist, dass die längerte Wirkdauer beschrieben, für Vecuronium
präoperative Echokardiographie in Ruhe über ein- eine erhöhte Empfindlichkeit (d. h., evtl. ist eine Re-
geschränkte Pumpfunktion hinwegtäuschen kann), duktion der Dosis angezeigt).
Muskelenzyme und Myoglobin im Serum, Nieren- Volatile Anästhetika: Herz-Kreislauf-Stillstände
funktionsparameter (Kreatinin, Harnstoff, Elektro- nach Desfluran-, Sevofluran- oder Isoflurananäs-
lyte im Serum, ggf. Clearancebestimmungen). thesien sind beschrieben. Derzeit wird nicht die
vollkommene Vermeidung der volatilen Anästheti-
z Wichtiges Monitoring ka empfohlen, insbesondere nicht bei symptomlo-
EKG, Pulsoxymetrie, Kapnographie, Volumetrie, sen Kindern. Aber man sollte für den Fall eines
kontinuierliche Temperaturkontrolle, Relaxome- Herz-Kreislauf-Stillstandes immer eine Hyperkali-
trie, ZVD, invasive Blutdruck- und HZV-Messung ämie in Betracht ziehen und eine solche auch zügig
(PiCCO®, Vigileo®, Echokardiographie), ggf. Pul- behandeln (Kalzium- und Bikarbonatgabe).
monalarterienkatheter, Blutgasanalysen, Säure-Ba- Propofol (in niedriger Dosierung), Ketamin
sen-Status. und Dexmedetomidin sind Alternativen zu den vo-
latilen Anästhetika. Beim Propofol sind aber der
z Vorgehen negativ inotrope Effekt und die Möglichkeit einer
Bei der Wahl des Anästhesieverfahrens und der Me- Rhabdomyolyseauslösung in Betracht zu ziehen.
dikamente ist darauf zu achten, dass Atmung und Bei Befall der Larynxmuskulatur ist mit einer
Kreislauf nicht beeinträchtigt werden. Dies impliziert erhöhten Aspirationsgefahr zu rechnen, daher be-
Vermeidung oder Reduzierung negativ-inotroper sondere Vorsicht bei der Einleitung (»rapid-se-
Pharmaka, zurückhaltende Dosierung von Barbitura- quence induction«, Krikoiddruck) und Extubation.
ten, Benzodiazepinen und volatilen Anästhetika. Wenn möglich Regionalanästhesien bevorzugen.
Auf die Gabe von Succinylcholin sollte im Zwei-
fel verzichtet werden, einerseits wegen der gestei- ! Cave
gerten Empfindlichkeit der Muskelmembranen Succinylcholin, Atropin, negativ-inotrope
(Hyperkaliämie, Rhabdomyolyse, Myoglobinämie), Pharmaka, Relaxansüberhang, Opiatüber-
andererseits wegen der (fraglichen) MH-Gefähr- hang.
dung. Die Gefährdung ist insbesondere bei jungen Die Veröffentlichungen der letzten Jahre ha-
Kindern größer als bei Heranwachsenden. Jedoch ben Empfehlungen zur Anästhesie bei die-
wurde Succinylcholin über Jahre am Hospital for sem Krankheitsbild eher schwerer gemacht
Sick Children in Toronto, Kanada, für die Einlei- als erleichtert. Daher sind die jeweils aktuel-
tung zu Skoliose-Operationen ohne negative Erfah- len Publikationen zu beachten.
64 Duchenne-Muskeldystrophie

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EEC-Syndrom
65 E
z Vorgehen
Ebstein-Anomalie Für Sectios ist sowohl das erfolgreiche Vorgehen mit
z Synonyme Periduralanästhesie als auch mit TIVA beschrie-
ben.
Morbus Ebstein.

z Oberbegriffe Literatur
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z Inzidenz chycardia. Int J Obstet Anesth 16: 155–159

Sehr seltener kardialer Defekt.

z Ätiologie
Ursache unklar; erhöhtes Risiko bei Lithiumein- EEC-Syndrom
nahme während der Schwangerschaft.
z Synonyme
Symptome Anhydrosis hypotrichotica, hypohidrotische ekto-
dermale Dysplasie, Christ-Siemens-Syndrom, An-
Verlagerung der Trikuspidalklappe in den rechten hidrosis congenitalis, Polydysplasie ectodermique,
Ventrikel bis hin zur Herzspitze, mit Missbildung Guilford-Sy, Jacquetsches Sy, Christ-Siemens-Tou-
und Insuffizienz der Trikuspidalklappe, Zyanose. raine-Sy, Gesichts-Hand-Fuß-Spalten-Sy, kongeni-
tale anhydrotische ektodermale Dysplasie, engl.
z Vergesellschaftet mit »ectrodactyly ectodermal dysplasia« und »clefting
Supraventrikuläre Tachykardien, Vorhofseptumde- syndrome«.
fekt mit intrakardialem Shunt oder offenes Foramen
ovale, dünnwandiger und schlecht kontrahierender z Oberbegriffe
rechter Ventrikel, vergrößerter rechter Vorhof, pul- Ektodermaldysplasie (ED), Dysmorphie, kranio-
monale Hypertonie, Tachyarrhthmie. Herzthyth- mandibulofaziale Missbildung.
musstörungen, WPW-Syndrom.
z Organe/Organsysteme
z Therapie Oberkiefer, Unterkiefer, Gesichtsschädel, Extremi-
Kardiochirurgische Therapie: Korrektur (Raffung täten, Sinnesorgane, Herz, Haut, ZNS, Nieren, Uro-
nach Di Russo), Homograft, künstliche Herzklappe. genitaltrakt, Atemwege, Zähne, Nägel, Schweißdrü-
sen.
Anästhesierelevanz
z Inzidenz
Kinderkardiochirurgische Anästhesie. Endokardi- Bis 1992 wurden ca. 180 Fälle beschrieben. Die hypo-
tisprophylaxe lt. aktuellen Richtlinien. hidrotische ektodermale Dysplasie (Christ-Sie-
mens-Touraine-Sy, HED) ist die häufigste Form mit
z Spezielle präoperative Abklärung einer Inzidenz von 1–7:100.000; Buben sind bei die-
Herzecho. ser Form mehr betroffen als Mädchen. Für das EEC-
Sy sind derzeit in Deutschland weniger als 20 Fälle
z Wichtiges Monitoring bekannt.
EKG, postoperativ IST. Standardmonitoring für kin-
derkardiochirurgische Eingriffe.
66 EEC-Syndrom

z Ätiologie z Vergesellschaftet mit


Kongenital mit autosomal-dominantem und X- Malnutrition, hochgradige Verletzlichkeit der Haut,
chromosomalem Erbgang mit variabler phänoty- häufig respiratorische Infekte durch vermindertes
pischer Ausprägung, selten auch rezessiv. Ein spora- Flimmerepithel in der Schleimhaut der Atemwege,
disches Auftreten ohne familiäre Anamnese wurde Asthma, Fieber durch eingeschränkte Temperatur-
ebenfalls beschrieben. Daraus resultiert eine Grup- regulation.
pe vererbter Störungen ektodermaler Strukturen,
von denen bisher mehr als 150 Formen beschrieben z Therapie
worden sind. Die Abgrenzung der einzelnen Vari- Häufig kommt es zu Operationen, um diverse Miss-
anten geschieht heute durch den Nachweis der be- bildungen zu korrigieren, v. a. frühzeitige Korrektur
E teiligten Gene. der Gesichtsspalten im Säuglingsalter, in erster Li-
nie zur besseren Ernährung und sekundär aus kos-
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen metischer Indikation.
Mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte vergesellschaf-
tete ED: Hay-Wells-Sy (= Ankyloblepharon-Ekto- Anästhesierelevanz
dermaldysplasie-Clefting-Sy = AEC-Sy), Ectrodac-
tyly-ectodermal-dysplasia-clefting- (EEC-)Sy, Die extreme Vielfalt der Missbildungen und Funk-
Rapp-Hodgkin-Sy, Berndorfer-Sy, F-Sy, Grauhan- tionsstörungen erfordert eine individuelle Anpas-
Sy, Goltz-Gorlin-Sy, hypohydrotisches Onychoden- sung der perioperativen Maßnahmen. Typische
todysplasie-Sy, Ito-Sy, DLS-Sy, Cockayne-Sy, Mar- Probleme ergeben sich v. a. aus den Gesichtsdys-
shall-Sy, Naegeli-Sy I, XTE-Sy, Helweg-Larsen-Sy. morphien, die regelmäßig Intubationsschwierig-
Kieferbogen-Ss wie: Franceschetti-Sy I, Golden- keiten verursachen, den respiratorischen Infek-
har-Sy, Hallermann-Sy, Wildervanck-Sy I und II, ten sowie der Anhidrose oder Hypohidrose, die
Ullrich-Feichtiger-Sy, Ullrich-Fremerey-Dohna-Sy, mit einer Temperaturregulationsstörung einher-
okulodentodigitales Sy, okulootovertebrales Sy, iri- gehen.
dodentales Sy, dentofaziales Sy, Rubinstein-Sy, Le-
jeune-Sy, Russel-Sy I, Dutescu-Grivu-Fleischer-Pe- z Spezielle präoperative Abklärung
ters-Sy, François-Sy III, Rutherford-Sy, Lenz-Sy. Erfassung der Missbildungen und ihrer funktio-
nellen Auswirkungen (Echokardiographie, Sono-
Symptome graphie, Nierenfunktionsparameter, Thoraxrönt-
genaufnahme).
Trias: Ektrodaktylie (Spalthand, Syndaktylie, Klin-
odaktylie, Spaltfuß, Klumpfuß), Ektodermaldyspla- z Wichtiges Monitoring
sie (zarte, dünne, atrophische Haut, helle Behaa- Pulsoxymetrie, Kapnographie, Herz-Kreislauf-
rung, spärliche Augenbrauen und Wimpern, Überwachung (je nach kardialer Beteiligung), kon-
Zahnanomalien, Hypohidrose oder Anhidrose, ver- tinuierliche Temperaturmessung.
minderte Speichelproduktion), Spaltbildungen
(ein- oder doppelseitige Lippen-Kiefer-Gaumen- z Vorgehen
Spalte). Zur Prämedikation eignen sich Benzodiazepine
Außerdem: Augensymptome (Blepharitis, Kon- oral. Keine Vagolytika, ferner sollten subkutane In-
junktivitis, Keratitis, Photophobie beim EEC-Sy), jektionen vermieden werden. Die anfangs nicht gut
Tränenganganomalien, Ankyloblepharon beim gedeihenden Patienten sollten adäquat rehydriert
AEC-Sy), Ohrmuscheldysplasie, Taubheit, raue werden, gelegentlich ist auch mit einem Blutzucke-
Stimme, Oligophrenie (nicht obligat), Urogenital- rabfall zu rechnen. Die Haut und v. a. die Augen
dysmorphien (Hypospadie), Nieren- bzw. Harn- sind sehr verletzlich und müssen sorgfältig ge-
wegsanomalien (Nierenaplasie, Doppelnieren, Hy- schützt werden.
dronephrose), Herzvitien. Wegen der zu erwartenden schwierigen Intuba-
tion sollten alle Vorkehrungen getroffen werden,
Ehlers-Danlos-Syndrom
67 E
damit eine adäquate Oxygenierung gewährleistet z Organe/Organsysteme
bleibt (präoxygenieren, geeignetes Instrumentari- Bindegewebe, Muskulatur, Gelenke, Bewegungsap-
um für alternative Techniken bereithalten). Die la- parat, Gefäßsystem, Herz-Kreislauf-System.
ryngoskopische Einstellung der Glottis gelingt bes-
z Inzidenz
ser, wenn man die Spalte in der oberen Zahnreihe
mit einer gefalteten Kompresse überbrückt. 1:150.000.
Bei der Wahl des Anästhesieverfahrens gibt es z Ätiologie
keine speziellen Einschränkungen. Zu bedenken ist,
dass reine Inhalationsnarkosen mit hochdosierten Hereditär, autosomal-dominanter (4 Subtypen), au-
volatilen Anästhetika über eine generalisierte Vaso- tosomal-rezessiver (2 Subtypen) und X-chromoso-
plegie zu gesteigerten Wärmeverlusten führen. maler (1 Subtyp) Erbgang. Häufigkeit ca. 1:500–
5000. Aufgrund der reduzierten Lebenserwartung
! Cave
(Median 48 Jahre) sind es stets jüngere bis mittelalte
Atropin (und andere Vagolytika), Temperatu-
Patienten. Neuerdings sind die bisher bekannten 8
rentgleisung, Hypoglykämie, Lagerungs-
auf 11 Subtypen erweitert worden (7 Tabelle).
schäden. Neugeborene mit ED sollten nicht
Der Erkrankung liegen Enzymdefekte mit Syn-
in den Brutkasten gelegt werden.
these- und/oder Vernetzungsstörungen des Typ-
III-Kollagens zugrunde. Beim Subtyp 4 (ca. 4% der
Literatur
Fälle) liegen autosomal-dominant vererbbare Muta-
Burg G, Kunze J, Pongratz D et al. (Hrsg) (1990) Leiber – Die tionen auf dem Chromosom 2 vor. Die Blutungsnei-
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plasia-clefting syndrome: a case report and review of the ckx-Sy, Berlin-Sy, Rotter-Erb-Sy, uveoarthrochond-
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mal dysplasia-clefting syndrome – plastic surgeon’s con- Dünne und hyperelastische Haut (Atrophodermie,
siderations. J Craniofac Surg 21: 1388–1392 Cutis laxa), Keloidbildung, extrem überstreckbare
Gelenke (Hypermobilität), Teleangiektasien, rezidi-
vierende Blutungen (stärkere Zahnfleischblutungen),
Ehlers-Danlos-Syndrom Hypotonie der Muskulatur, Hernien. Häufig typische
Gesichtsmorphologie mit schmaler, dünner Nase,
z Synonyme und Subtypen schmalen Lippen, prominenten Augen, blauen
Meekeren-Ehlers-Danlos-Sy, Fibrodysplasia elasti- Skleren, fehlenden Ohrläppchen, Haarausfall.
ca generalisata, Arthroachalasis multiplex congeni- Die Diagnose des Subtyps 4 lässt sich durch
ta, Sack-Barabas-Sy, Dermatosparaxis, Danlos’ dis- Hautbiopsien, Fibroblastenkulturen und mit einem
ease. Mittlerweile werden 10 verschiedene Formen erniedrigten Serum-Prokollagen-III-Aminopeptid-
unterschieden (die histologisch ausgeprägteste und spiegel stellen.
daher anästhesiologisch bedeutsamste Form ist der
»arteriell-ekchymotische« Typ 4). z Vergesellschaftet mit
Hernien, Osteoporose, Netzhautablösung (Amotio
z Oberbegriffe retinae), Tinnitus, Spontanpneumothorax, Variko-
Kollagendysplasie, Bindegewebserkrankung, Mes- sis, Zwergwuchs, Kyphoskoliose, kardiovaskuläre
enchymose. Komplikationen (Aorteninsuffizienz, Mitralklap-
68 Ehlers-Danlos-Syndrom

Einteilung der wichtigsten Subtypen des Ehlers-Danlos-Syndroms. (Nach Kuczkowski 2005)

Subtyp Klinisches Erscheinungsbid Vererbungsmodus

1 (gravis) Weiche, dehnbare, leicht verletzbare Haut, Autosomal-dominant


Narben, Krampfadern, überstreckbare
Gelenke, intestinale Wandschwäche,
Aortenaneurysma

2 (mitis) Weiche, dehnbare, leicht verletzbare Haut, Autosomal-dominant


überstreckbare Gelenke
E 3 (familiäre Überstreckbarkeit) Weiche, dehnbare Haut, keine Narbenbildung, Autosomal-dominant
extrem überstreckbare Gelenke, Arthritis,
Muskelschmerzen

4 (ekchymotisch) Weiche, durchsichtige, leicht verletzbare Autosomal-dominant


Haut, überstreckbare Gelenke, intestinale
Wandschwäche, Uterusruptur, Pneumothorax,
Aortenaneurysma

5 (X-chromosomal) Weiche, dehnbare, leicht verletzbare Haut, X-chromosomal-rezessiv


überstreckbare Gelenke

6 (okulo-skoliotisch) Weiche, dehnbare Haut, überstreckbare Autosomal-rezessiv


Gelenke, Osteoporose, Skoliose,
Muskelhypotonie, Keratokonus

7 (Arthrochalasis multiplex Erheblich überstreckbare Gelenke, Autosomal-dominant oder


congenita) angeborene Hüft-Arthritis, leicht verletzbare, autosomal-rezessiv
narbenbildende Haut

8 (periodontal) Periodontitis, weiche, dehnbare, leicht Autosomal-dominant


verletzbare Haut mit Narbenbildung

9 (Cutis laxa und okzipitales Evtl. neu einzuordnen als Kupferstoffwechsel- Unklar
Horn-Syndrom) störung

10 (petechial) Petechien, weiche, dehnbare, leicht verletzbare Autosomal-rezessiv


Haut, überstreckbare Gelenke

11 (familiäre Gelenkinstabilität) Evtl. neu einzuordnen als familiäres Gelenk- Unklar


Hypermobilitäts-Syndrom

penprolaps, Aneurysmaentstehung und -ruptur, höchsten peripartalen Mortalität assoziiert (25%),


extra- und intrakranielle ischämische Komplikatio- die meist auf Uterusruptur und postoperative Mas-
nen, v. a. Dissektion der A. carotis), generelle Nei- senblutung zurückzuführen ist.
gung zur Ruptur von Hohlorganen (Darm, Uterus),
okkulte gastrointestinale Blutungen, gehäuft Lei- Anästhesierelevanz
stenhernien, Keratokonus. Schwangere mit Ehlers-
Danlos-Sy erleiden viel häufiger Spontanaborte z Spezielle präoperative Abklärung
(29%), Frühgeburten (23%) und geburtshilfliche Bestimmung des Subtyps, sofern noch nicht be-
Blutungskomplikationen. Der Subtyp 4 ist mit der kannt: Nachweis eines abnormalen Kollagens in der
Ehlers-Danlos-Syndrom
69 E
Fibroblastenkultur oder Mutationsnachweis beim rative Komplikationen sind Wunddehiszenz, Pleu-
Gen für Prokollagen Typ III (COL3A1). raerguss (8–60%), Gefäßarrosionen und Aneurys-
Blutbild (Hämoglobin, Hämatokrit, Thrombo- men nach zentralvenösen Punktionen.
zyten erniedrigt wegen gastrointestinalen Blutun-
gen), Gerinnungsparameter, Ausschluss von Pneu- z Beachte
mothorax oder Aortenaneurysma (Thoraxröntgen- Invasive Kathetertechniken und Messmethoden ha-
aufnahme, Echokardiographie). ben ein höheres Blutungsrisiko. Hämatome im Be-
reich der Atemwege können zur Obstruktion füh-
z Wichtiges Monitoring ren. Allgemein besteht eine schlechtere und verzö-
Pulsoxymetrie, Atemwegsdrücke. Bei kardiovasku- gerte Wundheilung. Mit postoperativen Blutungs-
lären Begleiterkrankungen ggf. invasives Kreislauf- komplikationen und ggf. der Notwendigkeit von
monitoring einsetzen. Revisionseingriffen muss gerechnet werden.

z Vorgehen ! Cave
Blutdruckanstieg (Rupturgefahr bei Aneurys-
Genügend Blutkonserven und Blutbestandteile be-
men), hohe Beatmungsdrücke (Barotrauma,
reithalten. Rückenmarknahe Regionalanästhesien
Pneumothorax), intramuskuläre Injektionen,
gelten bei Subtypen mit Gerinnungsstörungen oder
Gefäßlazeration und Blutungen bei Einlage
Gefäßfragilität (vaskuläre Typen) als kontraindi-
von invasiven Gefäßkathetern, Blutsperre
ziert. Einzelne Berichte über die erfolgreiche An-
(Tourniquet), Lagerungsschäden.
wendung von rückenmarknahen Anästhesien im
Rahmen von vaginalen oder operativen Entbindun-
gen rechtfertigen deren routinemäßige Anwendung Literatur
nicht. Es ist auch zu überlegen, ob eine Epidural-
anästhesie (eher zurückhaltend bleiben) oder eine Campbell N, Rosaeg OP (2002) Anesthetic management of a
parturient with Ehlers Danlos syndrome type IV. Can J
Single-shot-Spinalanästhesie (eventuell indiziert)
Anesth 49: 493–496
geeignet erscheint. Auf jeden Fall ist eine gründliche Dill-Russell P, Jones LS (2001) Anaesthesia for caesarean sec-
Risiko-Nutzen-Analyse auf individueller Basis vor- tion in a patient with Ehlers-Danlos syndrome and mitral
zunehmen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass valve prolapse. Int J Obstet Anesth 10: 192–197
starkes Pressen unter der Geburt ebenfalls zu ge- Dubois PE,Veyckemans F, Ledent MM et al. (2001) Anaesthetic
managment of a child with type VIIc Ehlers-Danlos syn-
fährlichen Rupturen (Gefäße, Uterus) führen kann.
drome. Acta Anaesthesiol Belg 52: 21–24
Dies gilt insbesondere bei Subtyp 4. Kuczkowski KM (2003) Labor analgesia for the parturient with
Die Intubation sowie das Legen von Magenson- an uncommon disorder: a common dilemma in the deliv-
den und Urinkathetern müssen schonend erfolgen. ery suite. Obstet Gynecol Surv 58: 800–803
Vorsicht beim intratrachealen Absaugen (erhöhte Kuczkowski KM (2005) Ehlers-Danlos syndrome in the parturi-
ent: an uncommon disorder-common dilemma in the
Vulnerabilität und Blutungsgefahr). Antibiotika-
delivery room. Arch Gynecol Obstet 273: 60–62
prophylaxe bei Herzvitien durchführen. Bei kopf- Lane D (2006) Anaesthetic implications of vascular type
nahen Eingriffen Augen niemals zukleben, sondern Ehlers-Danlos syndrome. Anaesth Intensive Care 34:
mit Salbe schützen. Generell sowenig Haut wie 501–505
möglich mit Pflastern bekleben. Bei der Extubation Mason R (2001) Anaesthesia databook: a perioperative and
peripartum manual, 3rd edn. Cambridge University Press,
sollten Husten und Pressen möglichst vermieden
Cambridge, pp 162–166
werden. Bei der vorwiegend kutanen Form (Typ Solan K, Davies P (2004) Anaesthetic and intensive care man-
7c) können selbst Handlungen mit normalem agement of a patient with Ehlers-Danlos type IV syn-
Kraftaufwand wie das Halten einer Gesichtsmaske drome after laparotomy. Anaesthesia 59: 1224–1227
zu Hautläsionen und Hämatombildung führen. Volkov N, Nisenblat V, Ohel G, Gonen R (2007) Ehlers-Danlos
syndrome: insights on obstetric aspects. Obstet Gynecol
Unbedingt ist auf die Vermeidung von Scherkräf-
Surv 62: 51–57
ten zu achten.
Postoperativ eine mindestens 12-stündige in-
tensive Überwachung vorsehen. Typische postope-
70 Eisenmenger-Syndrom

Eisenmenger-Syndrom Anästhesierelevanz

Beeinträchtigung anderer Organe, z. B. Leberfunk-


z Synonyme tion, Leberstauung.
Eisenmenger-Komplex.
z Spezielle präoperative Abklärung
z Oberbegriffe Echokardiographie, Thoraxröntgen, klinische Un-
Angeborene Herzfehler, sekundäre pulmonale Hy- tersuchung: Halsvenenstauung, Leberpuls, Aszites;
pertonie. Spiroergometrie, 6-Minuten-Gehtest für die kör-
perliche Belastbarkeit.
z Organe/Organsysteme Linksherzkatheter sind nur sinnvoll bei V.a. Er-
E krankung des linken Herzens oder als Vorbereitung
Herz, Lunge; sekundär: Leber, Darm, Nieren.
auf spezielle Operationen wie z. B. Lungentrans-
z Inzidenz plantation.
Inzidenz für pulmonale Hypertonie aufgrund eines Klärung, ob pulmonale Hypertonie fixiert oder
angeborenen Links-Rechts-Shunts zwischen 1,6 therapierbar ist. Bestimmung des Shuntvolumens.
und 12,5 Fälle pro 1 Million Erwachsene, davon Pulsoxymetrie: Ausgangs-PO2 unter Raumluft.
25–50% mit Eisenmenger-Sy. z Wichtiges Monitoring
Arterielle Druckmessung, pulmonalarterieller Ka-
z Ätiologie
theter, ggf. TEE, engmaschiges Monitoring des
Bezeichnung für angeborene Herzfehler mit ausge-
PaCO2 zur Vermeidung von Hyper- und Hypo-
prägtem Links-Rechts-Shunt durch Vorhofseptum-
kapnie.
oder Ventrikelseptumdefekt. Durch den Links-
Rechts-Shunt wird der pulmonale Blutfluss erhöht. z Vorgehen
Dies führt zu pulmonalem Hochdruck und bei Per- Ziel ist eine gut steuerbare Narkoseführung mit Re-
sistenz über eine Erhöhung des rechtsseitigen kar- mifentanil, die möglichst keine hämodynamischen
dialen Drucks zu einer Shuntumkehr mit daraus Veränderungen induziert.
resultierender Hypoxämie. Bei nicht-fixiertem pulmonalem Hochdruck
sollten für dessen Senkung spezifische Medikamen-
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen te perioperativ zur Verfügung stehen.
Andere Formen der pulmonalarteriellen Hyperto- Bei Shuntvolumen >30% hat eine Erhöhung der
nie. FIO2 keinen Einfluss auf den arteriellen Sauerstoff-
partialdruck mehr.
Symptome Die erfolgreiche Durchführung von kontrollier-
ten rückenmarknahen Regionalanästhesieverfahren
Zentrale Zyanose, Dyspnoe, Müdigkeit, Hämopty- wurde beschrieben.
se, Synkopen, Rechtsherzinsuffizienz.
Literatur
z Therapien
Beghetti M, Galiè N (2009) Eisenmenger syndrome: a clinical
Therapieformen beruhen mehr auf theoretischen perspective in a new therapeutic era of pulmonary arte-
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71 E
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Clin Res Cardiol 96: 301–330
tionen wie z. B. orthopädische Korrekturen des Be-
Parneix M, Fanou L, Morau E, Colson P (2009) Low-dose com- wegungsapparates eine anästhesiologische Betreu-
bined spinal-epidural anaesthesia for caesarean section ung der Patienten. Die kardiale Beteiligung kann
in a patient with Eisenmenger‘s syndrome. Int J Obstet sich in einer AV-Überleitungsstörung mit Brady-
Anesth 18: 81–84 kardieneigung manifestieren. Bei klinisch symp-
tomfreien Patienten findet sich häufig ein AV-Block
Grad I. Das Auftreten von Vorhofflimmern ist mög-
Emery-Dreifuss- lich. Eine reduzierte oder ausbleibende Antwort auf
elektrische oder mechanische Stimulation ist be-
Muskeldystrophie schrieben worden. Darüber hinaus kann eine Kar-
diomyopathie mit eingeschränkter linksventriku-
z Synonyme lärer Funktion vorliegen.
EDMD, humeroperoneale Muskeldystrophie mit Die Punktion zur Spinal- oder Periduralanäs-
Frühkontrakturen und Kardiomyopathie. thesie kann durch Kontrakturen der lumbalen Para-
vertebralmuskulatur erschwert sein.
z Oberbegriffe In der Regel liegt bei den Patienten mit EDMD
Myopathien, muskuläre Dystrophien. kein intellektuelles Defizit vor, jedoch erfordern
häufig beschriebene mentale Dysbalancen eine ein-
z Organe/Organsysteme fühlsame Patientenführung.
Muskulatur, Bewegungsapparat, Herz.
z Spezielle präoperative Abklärung
z Ätiologie Kardiologische Diagnostik: EKG, Ausschluss einer
Es liegt ein X-chromosomal-rezessiver Erbgang vor. Kardiomyopathie. Bei Patienten mit implantierten
Der Gen-Ort liegt am distalen langen Arm (Xq28). Schrittmachern Überprüfung der Schrittmacher-
funktion. Gerinnungsdiagnostik, ggf. Kontrolle der
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen oralen Antikoagulation bei Herzrhythmusstörun-
»Rigid spine syndrome«, muskuläre Dystrophie Typ gen. Festlegung der perioperativen Antikoagulation
Becker, muskuläre Duchenne-Dystrophie. bei geplanter Regionalanästhesie.

Symptome z Wichtiges Monitoring


EKG; bei Verwendung von Muskelrelaxanzien: Re-
Klinische Manifestation im Vorschulalter. Entwick- laxometrie.
lung von Beugekontrakturen in den Ellenbogenge-
lenken, an der Achillessehne und Nackenmuskula- z Vorgehen
tur. Muskelschwäche zunächst in humeroperonealer Das anästhesiologische Vorgehen muss in Abhän-
Verteilung, spätere Schwäche der Hüft- und Knie- gigkeit von der geplanten Operation und dem men-
extensoren, Spitzfuß. talen Zustand des Patienten festgelegt werden. Eine
sorgfältige Evaluation der oberen Atemwege, insbe-
z Labor sondere der möglichen Nackenflexion ist wesent-
Im Serum leicht erhöhte Kreatinkinase. lich. Die Durchführung von regionalanästhesio-
logischen Verfahren kann durch bestehende Kon-
72 Epidermolysis bullosa

trakturen oder skoliotische Verformungen der


Wirbelsäule erheblich erschwert sein. Hier kann die
Epidermolysis bullosa
Anlage einer Regionalanästhesie nach Einleitung
der Allgemeinanästhesie Lagerungsschwierigkeiten z Synonyme und Subtypen
vermindern. Vor Beginn der Operation ist besonde- Aktuelle Einteilung der Epidermolysis bullosa in 4
re Sorgfalt auf die korrekte Lagerung und Polste- Gruppen (und mehr als 20 Subgruppen):
rung des Patienten zu legen. Epidermolysis bullosa simplex, junktionale Epi-
Es wird empfohlen, keine Substanzen zu ver- dermolysis bullosa, Epidermolysis bullosa dystro-
wenden, die eine maligne Hyperthermie triggern phica und Epidermolysis bullosa acquisita.
können. Insbesondere ist Succinylcholin aufgrund Früher gebräuchliche Synonyme: Koebner-Sy,
E einer möglichen Hyperkaliämie mit nachfolgendem Ogna-Sy, Cockayne-Touraine-Sy, Pasini-Sy, Herlitz-
Herzstillstand kontraindiziert. Externe Schrittma- Sy, Bart-Sy, Hallopeau-Siemens-Sy, Nicolas-Moutot
cher müssen vor Beginn der Anästhesie verfügbar Charlet-Sy, Mendes-da Costa-van der Valk-Sy.
sein.
z Oberbegriffe
! Cave
Dermatosen, Genodermatosen, mukokutane Er-
Lagerungsschäden. Das Ausmaß der kardi-
krankung.
alen Beteiligung korreliert nicht mit dem
Grad der Skelettmuskelerkrankung. Weibli- z Organe/Organsysteme
che Konduktorinnen im höheren Lebensalter
Haut, Schleimhäute, Respirationstrakt, Gastrointes-
haben ein erhöhtes kardiales Risiko, auch
tinaltrakt.
wenn muskuläre Symptome fehlen. Die Ma-
ximaldosen von Lokalanästhetika müssen z Inzidenz
v. a. bei Patienten mit geringem Körperge-
Epidermolysis bullosa simplex: Prävalenz variiert
wicht beachtet werden.
von Land zu Land und abhängig von der Lokalisa-
tion; generell gute Prognose, 1–2:100.000 an Hän-
Literatur den und Füßen betroffen, 2:1 Mio. generalisiert,
5–10:1 Mio. herpetiforme Form (schlechteste Prog-
Aldwinckle RJ, Carr AS (2002) The anesthetic management of nose).
a patient with Emery-Dreifuss muscular dystrophy for
Junktionale Epidermolysis bullosa: ca. 2:100.000,
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Epidermolysis bullosa acquisita: 0,17–0,26:1
971
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an with Emery-Dreifuss muscular dystrophy (2010)
Anaesth Intensive Care 38: 744–747 z Ätiologie
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phy. Anaesthesia 46: 33–35
zierte Blasenbildung innerhalb der Epidermis durch
Shende D, Agarwal R (2002) Anaesthetic management of a
patient with Emery-Dreifuss muscular dystrophy. Anaesth Lyse basaler Keratinozyten, fast immer autosomal-
Intensive Care 30: 372–375 dominant vererbt.
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muscular dystrophy: disease spectrum and differential induzierte Blasenbildung in der Lamina lucida der
diagnosis. Neuropediatrics 19: 62–71
Basalmembran, autosomal-rezessiv, Unterschei-
dung in 3 Gruppen (lethaler Herlitz-Subtyp, beni-
gner non-Herlitz-Subtyp, mit Pylorusatresie [nur
gelegentlich Überlebende]).
Epidermolysis bullosa
73 E
Epidermolysis bullosa dystrophica: Mechanisch z Wichtiges Monitoring
induzierte Blasenbildung direkt unterhalb der La- Invasive Blutdruckmessung (nichtinvasive RR-Mes-
mina densa der Basalmembran, autosomal-domi- sung ist theoretisch möglich, wenn zu hohe Man-
nant (milde Ausprägung) oder autosomal-rezessiv schettendrücke und Scherkräfte vermieden wer-
(schwere Ausprägung) vererbt, Mutation des Gens den), Elektrolytstatus im Serum.
für Typ-VII-Kollagen.
Epidermolysis bullosa acquisita: IgG-Autoanti- z Vorgehen
körper gegen Typ-VII-Kollagen. Grundsätzlich ist ein möglichst gewebeschonendes
atraumatisches Vorgehen anzustreben. Intensive
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen Polsterung des OP-Tisches, Druckstellen vermei-
Lyell-Sy (Epidermolysis toxica acuta), Pemphigus den. Augensalbe verwenden und nicht die Augen
vulgaris, bullöses Pemphigoid, Weber-Cockayne- zukleben. Verzicht auf selbstklebende EKG-Elek-
Sy. troden und solche mit Adhäsionspaste. Lokalisation
des Pulsoxymeters bei längeren Operationen regel-
Symptome mäßig wechseln. Sehr restriktive Anwendung von
Hautpflastern (möglichst Fixation mit Gazebinden).
Pemphigoide Blasenbildung, Entzündung und Ne- Empfohlen wird die Bevorzugung von Methoden,
krosen der Haut und Schleimhäute nach geringfü- die ohne Intubation und Maskenbeatmung aus-
gigen Traumen, teilweise mit Narbenbildung, Kon- kommen. Wenn dennoch intubiert werden muss,
trakturen, Zahndefekte. sollten dünne und flexible (»von Gleitmittel triefen-
de«) Tuben eingelegt werden, evtl. auf Cuff verzich-
z Vergesellschaftet mit ten, kleinere Tubusgröße wählen als »normal«. Für
Reduzierter Allgemeinzustand, Hypovolämie, Elek- die Laryngoskopie den gebogenen Macintosh-Spa-
trolytstörungen, Infektanfälligkeit, Amyloidose, tel ohne Aufladen der Epiglottis benutzen. Gegebe-
Nierenfunktionsstörungen, Anämie, Gerinnungs- nenfalls fiberoptische Intubation durch einen geüb-
störungen. Beziehungen zu Porphyrien sind nicht ten Anwender erwägen.
sicher nachgewiesen. Weitgehende Unterlassung von invasiven Mani-
pulationen wie intratracheales Absaugen, Einbrin-
z Therapien gung von Urinkathetern, Magensonden etc.
Hochdosierte Kortikosteroide, plastisch-chirur- Sehr sinnvoll ist eine perioperative antibiotische
gische Korrekturen, Phenytoin, Azathioprin. Abschirmung.
Kortikosteroide perioperativ mit einer angepas-
Anästhesierelevanz sten Dosis substituieren, z. B. in Anlehnung an das
von Nicholson et al. (1998) beschriebene Vorgehen
Bei Narbenbildungen im Rachenraum und Atem- (7 »Rheumatoide Arthritis«). Danach wird die Dosis
wegen mit Intubationsschwierigkeiten rechnen. über Tage schrittweise bis zum präoperativen Wert
Durch Kontrakturen kann auch die Mundöffnung reduziert.
reduziert sein. Es besteht eine erhöhte Infektionsge- Die erfolgreiche Anwendung von Regionalanäs-
fahr. thesietechniken ist beschrieben, wird aber kontro-
vers diskutiert (Beachte: Möglichkeit der Thrombo-
z Spezielle präoperative Abklärung zytopenie). Epiduralkatheter können für längere
Blutbild (bei Chemotherapie mit Knochenmarkde- Schmerztherapie getunnelt und dann direkt mit
pression rechnen), Elektrolytstatus, Nierenfunkti- Nähten auf der Haut fixiert werden; eine lokale In-
onsparameter, Thoraxröntgen bzw. Röntgen der filtration wird nicht empfohlen.
Atemwege, Infektionsstatus, Ernährungsstatus, öso- Regionalanästhesien mit Kathetern weisen im
phagealer Reflux. Hinblick auf die postoperative Analgesie zahlreiche
Vorteile auf, da zur analgetischen Therapie postope-
rativ häufig nur eingeschränkte Möglichkeiten zur
74 Eulenburg-Krankheit

Verfügung stehen. Für rektale Applikation besteht z Organe/Organsysteme


eine relative Kontraindikation. Orale Gabe ist wegen Bewegungsapparat, Skelettmuskulatur.
postoperativer Schwellungen nicht immer möglich.
Gegebenenfalls Aspirationsprophylaxe durch- z Ätiologie
führen. Autosomal-dominanter Gendefekt (SCN4A) am
Chromosom 17q, welcher die α-Untereinheit des
! Cave
Na-Kanals im Skelettmuskel kodiert. Bei Kälte steigt
Druckstellen, Lagerungsschäden, nicht zwin-
die Natrium-Leitfähigkeit, was zu einer Absenkung
gend indizierte invasive Maßnahmen. Adä-
des Ruhemembranpotentials führt. Unter diesen
quate Schmerztherapie bei Blasenbildung
Bedingungen wird die Auslösung von Aktionspo-
beachten.
E tentialen erheblich erleichtert, was sich klinisch als
Literatur Myotonie (tonische Muskelspannung) manifestiert.
Andererseits kann das Membranpotential auch so-
Baloch MS, Fitzwilliams B, Mellerio J et al. (2008) Anaesthetic
management of two different modes of delivery in pa-
weit abgesenkt werden, dass die Muskelzellmem-
tients with dystrophic epidermolysis bullosa. Int J Obstet bran unerregbar wird und eine Paralyse eintritt.
Anesth 17: 153–158
Hallel-Halevy D, Nadelman C, Chen M, Woodley DT (2001) z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
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Symptome
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J Clin Anesth 18: 268–271 In der Regel durch Kälte auslösbare intermittieren-
Nguyen L, Minville V, Riu B et al. (2005) Anaesthetic manage- de Muskelstarre, besonders an der Gesicht- und
ment of a patient with epidermolysis bullosa undergoing Handmuskulatur mit nachfolgend schlaffer Parese.
percutaneous nephrolithotomy. Eur J Anaesthesiol 22:
558–560
Im Gegensatz zur Myotonia congenita wird die
Ochsenfahrt C, Maier B, Konrad F (2004) Notfalleinsatz auf- Steifheit und Schwäche durch Bewegung verstärkt
grund hämorrhagischer Blasenbildung im oberen (sog. paradoxe Myotonie). Besserung der Sympto-
Respirationstrakt eines Säuglings bei dystrophischer matik bei Wärme.
Epidermolysis bullosa Hallopeau-Siemens. Anästhesiol
Intensivmed Notfallmed Schmerzther 39: 20–23 z Diagnostik
Patch MR; Woodey RD (2000) Spinal anaesthesia in a patient
with epidermolysis bullosa dystrophica. Anaesth Die Elektromyographie zeigt pathologische Spon-
Intensive Care 28: 446–448 tanaktivität in Form niederfrequenter Spontanent-
ladungen für die Dauer von Minuten mit nachfol-
gender Muskelrelaxation.
Eulenburg-Krankheit Labor: Bestimmung der CK und der Transami-
nasen. Die CK ist häufig mehr als um das Zweifache
z Synonyme erhöht.
Paramyotonia congenita Eulenburg (PMC), Para- Ggf. molekulargenetische Diagnostik.
myotonia congenita intermittens.
z Therapie
z Oberbegriffe Eine ursächliche Therapie ist nicht bekannt. Je nach
Neuromuskuläre Erkrankungen, Ionenkanal-Myo- Mutation sind verschiedene Therapieansätze be-
tonien, »muscular chanellopathies«, nicht-dystro- schrieben worden. Eine Verbesserung der Symp-
phe Myotonien. tome kann möglicherweise durch kohlenhydratrei-
Eulenburg-Krankheit
75 E
che Diät, regelmäßige geringe körperliche Aktivität Bei Auftreten von postoprativem Shivering
sowie durch den Karboanhydrasehemmer Azetazol- frühzeitige Therapie mit Clonidin.
amid und das Klasse-IB-Antiarrhythmikum Mexi-
! Cave
letin erreicht werden.
Anamnestische Hinweise bei Patienten ohne
bisherige Anästhesieerfahrung ernst neh-
Anästhesierelevanz men. Erhöhte Aufmerksamkeit bei Erwäh-
nung von Muskelsteifheit der Finger nach
Anlass für die Anästhesie ist häufig die Durchfüh-
Kälteexposition oder Berichte über Schwie-
rung einer Muskelbiopsie.
rigkeiten, den Handgriff zu lösen.
z Spezielle präoperative Abklärung Bei extremer Hypothermie ist auch eine Be-
einträchtigung der Zwerchfellfunktion mög-
Bei Patienten, die mit Antiarrhythmika behandelt
lich. Anticholinergika sind kontraindiziert.
werden: EKG-Kontrolle zum Ausschluss einer QRS-
Bei Schwangeren droht die Gefahr eines kält-
Verbreiterung oder QT-Intervall-Verlängerung. Be-
einduzierten Aborts. Die Kontrolle der Aus-
stimmung der Serumelektrolyte Natrium, Kalium,
breitung einer Regionalanästhesie darf nicht
Kalzium, Magnesium und Phosphat und ggf. deren
mit Kältereizen erfolgen.
Optimierung.

z Wichtiges Monitoring Literatur


Temperatur, Relaxometrie; bei längeren Eingriffen:
regelmäßig Elektrolytstatus. Ay B, Gerçek A, Doğan VI, Kiyan G, Göğüş YF (2004) Pylo-
romyotomy in a patient with paramyotonia congenita
Anesth Analg 98: 68–69
z Vorgehen
Cleland JC, Griggs RC (2008) Treatment of neuromuscular
Das Risiko einer malignen Hyperthermie bei der channelopathies: current concepts and future prospects.
Paramyotonia congenita wird als gering eingestuft, Neurotherapeutics 5: 607–612
jedoch sollte bis zur endgültige Diagnosestellung Farbu E, Softeland E, Bindoff LA (2003) Anaesthetic complica-
tions associated with myotonia congenita: case study
eine triggerfreie Anästhesie durchgeführt werden.
and comparison wuith other myotonic disorders. Acta
Die Verwendung von Propofol wird unter- Anaesthesiol Scand 47: 630-634
schiedlich bewertet: Neben Berichten über dessen Grace RF, Roach VJ (1999) Caesarean section in a patient with
problemlose Verwendung wird eine mögliche Ver- paramyotonia congenita. Anaesth Intensive Care 27:
zögerung des Aufwachens diskutiert, wohl bedingt 534–537
Haeseler G, Störmer M, Mohammadi B et al. (2001) The anes-
durch die Blockierung des Natrium-Einstroms.
thetic propofol modulates gating in paramyotonia con-
Bei Patienten, die an Paramyotonia congenita genital mutant muscle sodium channels. Muscle Nerve
erkrankt sind, ist die Vermeidung einer Hypother- 24: 736–743
mie von größter Wichtigkeit. Dazu ist eine Anhe- Kaneda T, Iwahashi M, Suzuki T (2007). Anesthetic manage-
bung der Temperatur im Operationssaal obligat. ment for subtotal gastrectomy in a patient with paramyo-
tonia congenita. J Anesth 21: 500–503
Insbesondere vor Beginn der Operation muss die
Meißner S, Schmitt HJ, Münster T (2009) Anästhesiologische
Auskühlung des Patienten verhindert werden. Der Aspekte bei Patienten mit Erkrankungen der neuromus-
Einsatz von Heizdecken und Wärmematten wird kulären Einheit – ein problemorientierter Ansatz. Anästh
dringend empfohlen. Chirurgische Desinfektions- Intensivmed 50: 223–241
lösungen sowie Infusionslösungen sollten gewärmt Parness J, Bandschapp O, Girard O (2009) The myotonias and
susceptibility to malignant hyperthermia. Anesth Analg
verwendet werden.
109: 1054–1064
Anticholinergika können die Myotonie verstär- Veyckemans F (2005) Muscular chanellopathies and hyper-
ken. Darüber hinaus ist eine Störung der Kaliumho- metabolic reactions. Acta Anaesthesiol Scand 49: 124–
möostase mit Hyper- und Hypokaliämie möglich. So 125
kann die Gabe von Adrenalin über die Stimulation der Veyckemans F (2010) Can inhalation agents be used in the
presence of a child with myopathy? Curr Opin Anesthesiol
β2-Rezeptoren zu einer Hypokaliämie mit allen Kon-
23: 348–355
sequenzen (kardiale Instabilität, Paralyse) führen.
76 Familiäre periodische Lähmung

Familiäre periodische kaliämischen Lähmung liegt trotz gegenteiligem


Pathomechanismus eine ähnliche Symptomatik
Lähmung vor.

z Synonyme Symptome
Kaliummangel-Sy, familiäres Hypokaliämie-Sy,
engl. »familial periodic paralysis«. Intermittierende Hypokaliämie (Werte unter
3,8 mmol/l) nach Stressituationen (Infekte, Opera-
z Oberbegriffe tionen, Angstzustände, Kälte, Anstrengung, Mens-
Periodische Lähmungs-Ss, Elektrolytentgleisung. truation etc.). Als weitere Auslöser gelten Kohlen-
hydrate, Katecholamine, Natriumglutamat, Natri-
z Organe/Organsysteme umchlorid, Kodein, Schwermetalle. Anfallsweise
Wasser-Elektrolyt-Haushalt, Muskeln, Nervensys- auftretende Muskelschwäche und Paresen, Adyna-
F tem. mie, Reflexminderung, respiratorische Insuffizienz
(in 10% der Fälle mit letalem Ausgang), Arrhyth-
z Inzidenz mie, Blutdruckanstieg, Diureserückgang. Spora-
1:125.000, Androtropie von 3–4:1. dische Hyperkaliämiephasen sind auch beschrieben
worden. Die Muskelschwäche ist am stärksten in
z Ätiologie den Extremitäten ausgeprägt, weniger am Zwerch-
Hereditär mit autosomal-dominantem Erbgang. Es fell und im Versorgungsgebiet der motorischen
kommen Mutation auf Chromosom 1q31-32 und Hirnnerven.
17q23 vor. Davon betroffen sind in variabler Kom- Charakteristisch sind die EKG-Veränderungen:
bination Elektrolytkanäle der Muskelzellmembra- U-Welle in II und V2–V4 , flache T-Wellen und ST-
nen wie der ATP-sensitive Kaliumkanal, der Kal- Senkungen.
ziumkanal (L-Typ der α1-Untereinheit des Di- Die Symptomatik manifestiert sich im Allge-
hydroperidinrezeptors) und der Natriumkanal meinen nach Erreichen des Adoleszenzalters.
(α1-Untereinheit). Der Pathomechanismus beruht
auf einer abnormalen Erleichterung des insulinver- z Vergesellschaftet mit
mittelten Kaliumtransports aus dem Extrazellulär- Dilatative Kardiomyopathie, Arrhythmien, meta-
raum in die Muskelzellen. Dieser Vorgang führt zu bolische (renale) Alkalose, evtl. Myopathie-Ss,
Hypokaliämie und Verminderung der Membranpo- möglicherweise auch maligne Hyperthermie.
larisation.
z Therapie
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen Kohlenhydratarme Diät und orale Kaliumsubstitu-
Andere Kaliummangelzustände verschiedener Ge- tion, insbesondere vor bevorstehenden Anstren-
nese, schlaffe Lähmungen anderer Genese, »thyro- gungen und Stresssituationen. Im Anfallstadium
toxic periodic paralysis« (TPP) bei Asiaten, Schwartz- teils massive Kaliumzufuhr (bis 40 mmol/h). Aldac-
Bartter-Sy, Abderhalden-Kaufmann-Sy, Toni-Deb- tone, Azetazolamid und eine metabolische Azidose
ré-Fanconi-Sy, Lightwood-Albright-Sy, Albright- scheinen protektiv zu sein.
Hadorn-Sy, Cushing-Sy, Conn-Sy, Pseudo-Conn-Sy,
hepatokardiales Sy, diabetische Azidose, West- Anästhesierelevanz
phal-Sy, normokaliämische periodische Lähmung,
Achor-Smith-Sy. z Spezielle präoperative Abklärung
Perioperativ engmaschige Elektrolyt-, besonders
z Beachte Kaliumkontrollen und Überwachung des Säure-Ba-
Bei der familiären hyperkaliämischen Lähmung sen-Status.
(Adynamia episodica Gamstorp, engl. »hyperkalie-
mic periodic paralysis«) und der familiären normo-
Freeman-Sheldon-Syndrom
77 F
z Wichtiges Monitoring ! Cave
Relaxometrie (Relaxansbedarf ist in der Regel er- Stress, metabolische Alkalose, Insulin, Gluko-
niedrigt), Temperatur, ZVD, evtl. Pulmonalarteri- kortikoide, Mineralokortikoide (Ausnahme:
enkatheter. Triamcinolon), schnell zugeführte Kohlen-
hydrate, Katecholamine (insbesondere β-Mi-
z Vorgehen metika), MH-Triggersubstanzen.
Wichtig ist die gezielte Kaliumsubstitution schon
bei geringfügiger Abweichung von der Norm (bis Literatur
40 mmol/h; darüber besteht erhöhte Arrhythmiege-
fahr) unter engmaschigen Serumkaliumkontrollen. Caciotti A, Morrone A, Domenici R, Donati MA, Zammarchi E
(2003) Severe prognosis in a large family with hypokale-
Werte unter 3,0 mmol/l gelten als potenziell anfalls-
mic periodic paralysis. Muscle Nerve 27:165–169
auslösend und müssen unbedingt vermieden wer- Diedrich DA, Wedel DJ (2006) Thyrotoxic periodic paralysis
den. Besonders gut geeignet sind säuernde Kalium- and anesthesia report of a case and literature review. J
präparate (z. B. Kaliumchlorid). Clin Anesth 18: 286–292
Grundsätzlich sollte der Patient gegen Stressfak- Hines RL, Marschall KE (2008) Stoelting’s anesthesia and co-
existing diseases, 5th edn. Churchill Livingstone, Phila-
toren aller Art so weit wie möglich abgeschirmt
delphia, pp 449–450
werden. Zur Prämedikation ist die Anxiolyse und Hofer C, Zalunardo MP, Zollinger A (2001) Total intravenous
Sedierung mit Benzodiazepinen geeignet. Bei der anaesthesia in a patient with familial hypokalaemic peri-
Wahl des Anästhesieverfahrens ist v. a. auf eine ge- odic paralysis. Anaesthesia 56: 1082–1085
nügende Abschirmung gegen die endogenen Ka- Mason R (2001) Anaesthesia databook: a perioperative and
peripartum manual, 3rd edn. Cambridge University Press,
techolamine zu achten. Dies lässt sich im Prinzip
Cambridge, pp 188–193
mit allen gängigen Anästhesieverfahren erreichen. Marchant CL, Ellis FR, Halsall PJ, Hopkins PM, Robinson RL
Weniger geeignet ist die Verwendung von Halothan (2004) Mutation analysis of two patients with hypokale-
und Ketamin. Bei Epiduralanästhesien sollte auf mic periodic paralysis and suspected malignant hyper-
den Zusatz von Adrenalin zum Lokalanästhetikum thermia. Muscle Nerve 30: 114–117
Rajabally YA, El Lahawi M (2002) Hypokalemic periodic paraly-
verzichtet werden. Ebenfalls wichtig ist die Vermei-
sis associated with malignant hyperthermia. Muscle
dung von Hypothermie. Nerve 25: 453–455
Aufgrund der möglichen Muskelschwäche emp- Robinson JE, Morin VI, Douglas MJ, Wilson RD (2000) Familial
fehlen einige Autoren einen generellen Verzicht auf hypokalemic periodic paralysis and Wolff-Parkinson-
Muskelrelaxanzien. Allerdings ist bei erfolgreicher White syndrome in pregnancy. Can J Anesth 47: 160–
164
Kaliumsubstitution gegen die relaxometrisch kon-
trollierte Anwendung von nichtdepolarisierenden
Muskelrelaxanzien nichts einzuwenden. Es ist je-
doch mit einem verminderten Relaxansbedarf zu Freeman-Sheldon-
rechnen. Aus Gründen der Membranstabilität sollte
hingegen auf die Verwendung von Succinylcholin
Syndrom
verzichtet werden. Letzteres ist auch im Hinblick
auf die vereinzelt beschriebene Assoziation mit ma- z Synonyme
ligner Hyperthermie bzw. positivem Halothan-Kof- Kraniokarpotarsale Dystrophie (Dysplasie), engl.
fein-Kontrakturtest sinnvoll. Dies obwohl wieder- »whistling face syndrome«, »whistling face-wind-
holt von problemlosen Inhalationsanästhesien und mill vane hand syndrome«, franz. »syndrome car-
Succinylcholinanwendungen berichtet wurde. potarsien«, Freeman-Sheldon-Spektrum.
Postoperativ kann aufgrund der muskulär be- Nach revidierter Klassifikation (1996): distale
dingten respiratorischen Insuffizienz eine Fortfüh- Arthrogrypose Typ 2A.
rung der maschinellen Beatmung indiziert sein. Auf
jeden Fall sollte die Überwachung auf 24–48 h aus- z Oberbegriffe
gedehnt werden, was eine ambulante Behandlung Arthrogrypose, angeborene multiple Gelenker-
ausschließt. krankung, Gelenkdysplasie, Gelenkaplasie.
78 Freeman-Sheldon-Syndrom

z Organe/Organsysteme wegen ungenügender Mundöffnung, Mikrogenie,


Gelenke, Muskulatur, Bewegungsapparat, ZNS. eingeschränkter Beweglichkeit der HWS und bei
zusätzlichen Spaltbildungen zu rechnen. Darüber
z Inzidenz hinaus kann auch die Beatmung mit der Maske
1:3000, keine geschlechtlich bevorzugte Penetranz. schwierig sein.
Nichtdepolarisierende Relaxanzien in üblicher
z Ätiologie Dosierung wirken tendenziell länger. Die Durch-
Angeboren, z. T. autosomal-dominant oder rezessiv führung rückenmarknaher Regionalanästhesien
vererbt, meist aber sporadisch. kann bei Wirbelsäulendeformitäten sehr schwierig
Neuerdings Beschreibung eines Typ 2B mit Lo- oder unmöglich sein. Oft besteht eine Tendenz zur
kalisierung auf Chromosom 11p15.5-pter. arteriellen Hypotonie.

z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen z Wichtiges Monitoring


F Ullrich-Sy, Demarquay-Richet-Sy, Fevre-Langue- Relaxometrie, Pulsoxymetrie, Kapnographie.
pin-Sy, Bonnevie-Ullrich-Sy, Schwartz-Jampel-Sy,
Lamy-Maroteaux-Sy, Aurikulo-Osteodysplasie-Sy, z Vorgehen
Pillay-Orth-Sy, de Barsy-Moens-Dierckx-Sy, Con- Eine Prämedikation mit Benzodiazepinen und die
radi-Hünermann-Sy, Mietens-Weber-Sy, Edwards- prophylaktische Gabe von 0,3-molarem Natrium
Sy, Rotter-Erb-Sy, Turner-Kieser-Sy, Zellweger- citricum (20–30 ml peroral) oder H2-Rezeptoren-
Sy, Holtermüller-Wiedemann-Sy, Larsen-Sy, kon- blockern sind sinnvoll. Für die Intubation selbst
genitale Trismussyndrome (Dutch-Kentucky-Sy, sind alle Vorkehrungen zu treffen, dass bei Beat-
Hecht-Beals-Sy, Trismus-Pseudokamptodaktylie- mungsproblemen eine ausreichende Oxygenation
Sy), Klippel-Feil-Sy, Apert-Sy. gewährleistet werden kann. Soweit es vom Patienten
toleriert werden kann, sollte man eine primäre fi-
Symptome beroptische nasale Intubation erwägen. Diese ist
aber auch nicht immer erfolgreich! Immer ausrei-
Multiple Kontrakturen und Luxationen der Gelenke chend präoxygenieren. Über die erfolgreiche An-
mit Fehlbildungen der Hände und Füße (Klumpfü- wendung der Larynxmaske ist berichtet worden:
ße), Patienten scheinen zu pfeifen, Mikrostomie, Diese musste wegen der ungenügenden Mundöff-
flaches Gesicht, unterentwickelte Nasenknorpel, nung zusammengefaltet eingeführt werden.
prominente Wangen, dünne Lippen, hoher Gau- Sofern technisch möglich und vom Patienten
men, Mikrognathie, Mikroglossie, narbenähnliche toleriert, können rückenmarknahe Anästhesien an-
Zeichnung über dem Kinn (»H« oder »V«), Strabis- gewendet werden.
mus, Blepharophimose, Sprachstörungen, Schluck- Eine kardiovaskuläre Depression sollte vermie-
störungen, respiratorische Komplikationen, Epi- den werden; es empfiehlt sich ein restriktiver Ein-
kanthus. Insgesamt sehr heterogene Manifestation satz negativ-inotroper Medikamente. Oftmals ist
des Syndroms. eine geringere Barbituratdosis für die Anästhesie-
einleitung nötig. Wegen der überdurchschnittlich
z Vergesellschaftet mit häufigen Vergesellschaftung mit einer MH sollte
Maligne Hyperthermie (MH), evtl. auch mit malig- (außer bei zweifelsfreiem MH-Ausschluss) auf Trig-
nem neuroleptischen Syndrom (MNS). gersubstanzen verzichtet werden. Dies gilt v. a. für
depolarisierende Muskelrelaxanzien und volatile
Anästhesierelevanz Anästhetika. Bei Bedarf Endokarditisprophylaxe
durchführen.
Es werden häufig Korrekturoperationen im Kindes- Wirbelsäulendeformitäten und ein Befall der
alter durchgeführt. Erschwerte Gefäßpunktion we- Atemmuskulatur können zu restriktiven Ventilati-
gen der Kontrakturen und erhöhte Gefahr für Lage- onsstörungen führen, die insbesondere postopera-
rungsschäden. Mit Intubationsschwierigkeiten ist tiv Atmungsprobleme verursachen. Oft handelt es
Friedreich-Ataxie
79 F
sich um Kinder, die in reduziertem Ernährungszu- z Inzidenz
stand sind. Dies kann u. a. zu Lagerungsschäden 1:50.000, Prävalenz 1:25.000 bis 1:50.000, in
prädisponieren, ferner zu Problemen mit Thermo- Deutschland ca. 1600 Fälle.
regulation (Auskühlung) und Homöostase (Hypo-
glykämie) führen. z Organe/Organsysteme
ZNS, Muskulatur (Bewegungsapparat), Sinnesor-
! Succinylcholin (MH-Triggerung und Kalium-
gane (Augen, Ohren).
freisetzung), volatile Anästhetika, Lage-
rungsschäden. z Ätiologie
Hereditär mit autosomal-rezessivem Erbgang
Literatur
(Chromosom 9, Mutation im Sinne einer Trinuk-
Agritmis A, Unlusoy O, Karaca S (2004) Anesthetic manage- leotidexpansion) und variabler phänotypischer
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204
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con-Nivelon-Sy, Wohlwill-Andrade-Sy, Charcot-
Marie-Tooth-Hoffmann-Sy.

Friedreich-Ataxie Symptome
z Synonyme Ataxie = schwere Gangstörung und choreiforme
Spinozerebellare Ataxie, spinale Heredoataxie, Bewegungsstörung, Areflexie (80%), Hyperreflexie
Friedreich-Tabes. (20%), Pyramidenzeichen (positives Babinski-
Phänomen), Sensibilitätsstörung, Nystagmus,
z Oberbegriffe Sprachstörung, Spastik, Wesensänderung, De-
Dysraphie-Ss, Myopathie-Ss, Muskelatrophie-Ss. menz.
80 Friedreich-Ataxie

Muskelatrophien zuerst an den Füßen (Hohl- vaten, vasoaktiven Pharmaka, Atropin (und Analo-
fuß, Krallenzehen), später an den Händen (Über- ga), Cholinesterasehemmern. Negativ inotrop wir-
streckung im Handgelenk). kende Pharmaka bzw. Anästhetika sollten zurück-
haltend eingesetzt werden. Gut geeignet sind
z Vergesellschaftet mit Etomidat, Opioide und Benzodiazepine.
Skelettdeformitäten (Kyphoskoliose, Spina bifida), Bei Monitoring der Anästhesietiefe mittels BIS
psychoorganisches Sy, Demenz, Optikusatrophie müssten sich theoretisch aufgrund des pathophy-
mit Amaurose (Blindheit), Taubheit, hyperthrophe siologischen Geschehens niedrigere Ausgangswerte
Kardiomyopathie (90%!), Herzklappenfehler, Reiz- finden als bei gesunden Patienten.
leitungsstörungen mit Arrhythmien (»plötzlicher Endokarditisprophylaxe bei Klappenvitien ent-
Herztod«), Akrozyanose, Diabetes mellitus, Kata- sprechend der aktuellen Leitlinien durchführen.
rakt, Atembeschwerden aufgrund von Kyphoskoli- Eine adäquate postoperative Überwachung und
ose, Dysphagie. Nachbeatmung ist bei Relaxansüberhang (z. B.
F wenn eine Antagonisierung bedenklich erscheint)
Anästhesierelevanz oder bei nicht ausreichender Ventilation angezeigt.
! Cave
Das anästhesiologische Vorgehen hat die Vulnerabi-
Succinylcholin, Halothan, arrhythmogene
lität der atrophischen und nicht mehr adäquat be-
Faktoren.
lasteten Muskulatur sowie die eingeschränkten kar-
diopulmonalen Organfunktionen zu berücksichti-
gen. Literatur

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reich angewendet und haben den Vorteil, weniger relaxation in two children with Friedreich’s ataxia. Br J
mit der Atmungsfunktion zu interferieren. Gerade Anaesth 92: 592–596
Schulz JB, Dehmer T, Schols L et al. (2000) Oxidative stress in
bei bestehender Dysphagie, Schluckstörungen und
patients with Friedreich ataxia. Neurology 55: 1719–
Ventilationsstörungen erscheint die Allgemeinan- 1721
ästhesie als weniger gut geeignet. Im Falle einer All- Wyatt S, Brighouse D (1998) Anaesthetic management of
gemeinanästhesie sollte zur Vermeidung einer As- vaginal delivery in a woman with Friedreich’s ataxia com-
piration eine »rapid-sequence induction« mit Rocu- plicated by cardiomyopathy and scoliosis. Int J Obstet
Anesth 7: 185–188
ronium angewendet werden. Geeignete Relaxanzien
sind außerdem Vecuronium und Atracurium.
Anästhetika mit arrhythmogener Eigenschaft
wie Halothan sollten nicht angewendet werden.
Ebenfalls Vorsicht ist geboten bei Theophyllinderi-
Fruchtwasserembolie
81 F

Fruchtwasserembolie gische Reaktion, intrakranielle Aneurysmaruptur,


Anaphylaxie (z. B. nach Oxytocin), septischer
Schock, Transfusionszwischenfall. Nachträglich
z Synonyme vorfindbare diagnostische Nachweise einer abge-
Engl. »amniotic fluid embolism«. laufenen Fruchtwasserembolie aus Blutproben sind
SialylTn (STN), Zink-Koproporphyrin und Ver-
z Oberbegriffe brauch von Komplementfaktoren.
Gravidität, Schwangerschaftstoxikose, peripartale
Komplikation. Symptome
z Organe/Organsysteme Prodrome: Angst, Unruhe, Schüttelfrost, Nausea,
Fruchtblase, Plazenta, Uterus, Kreislauf, Lungen- Erbrechen, Husten.
kreislauf, Gerinnung. Hauptsymptome: Die klinische Diagnose wird
grundsätzlich durch Ausschluss gestellt. Typisch ist
z Inzidenz die Trias Hypoxie (Zyanose), Hypotension und Ge-
1:20.000 (USA), 1:80.000 (Großbritannien). Die rinnungsstörung (83%) im Zusammenhang mit ge-
Mortalität für die Mutter liegt bei 86% (50% in der burtshilflichen Maßnahmen. Im weiteren Verlauf
1. Stunde nach Symptombeginn!) und 40% für den Dyspnoe, Tachykardie, Arrhythmie, Einflussstau-
Feten. Ist in 7,6% der Fälle Ursache für die perina- ung, zerebrale Krämpfe, gestaute Halsvenen und
tale mütterliche Mortalität. Lungenödem als Zeichen einer rechts- und/oder
linksventrikulären Dysfunktion. In schweren Fällen
z Ätiologie kann es innerhalb weniger Minuten zu einem Herz-
Die unmittelbare Ursache liegt im Übertritt von Kreislauf-Stillstand kommen.
Fruchtwasser und Mekonium in den mütterlichen Spätfolgen: ARDS, Multiorganversagen.
Kreislauf. Während der Geburt können Eihautrisse Labor: Hypoxie, metabolische Azidose, Hypo-
und die Insertionsfläche der Plazenta eine Frucht- kapnie, Indizes der disseminierten intravasalen Ge-
wassereinschwemmung ermöglichen. Andere Ursa- rinnung (Fibrinogen erniedrigt, Thrombozyto-
chen sind: Wundfläche bei Sectio caesarea, Amnio- penie, Fibrinspaltprodukte, positiver Äthanoltest,
zentese, Abortausräumung, Schwangerschaftsab- AT-III-Mangel, Koagulopathie), Hämolyse, Hämor-
bruch (Interruptio). Die Folgen sind Lungenembolie rhagie.
mit Fruchtwasserbestandteilen (pulmonale mikro- Selbst eine Post-mortem-Diagnosesicherung ist
vaskuläre Obstruktion), pulmonale Hypertension schwierig; beweisend sind der Nachweis von feta-
und Rechtsherzüberlastung (gelegentlich Links- lem Muzin in den mütterlichen Pulmonalgefäßen
herzversagen). Die Einschwemmung von Gewebs- oder von Zink-Koproporphyrin I im mütterlichen
thromboplastin aus fetalen Epithelzellen löst durch Plasma.
Aktivierung der extrinsischen Gerinnungskaskade
eine Verbrauchskoagulopathie (disseminierte intra- Therapie
vasale Gerinnung = DIC) aus.
Als prädisponierende Faktoren gelten höheres Entbindung, bei Uterusatonie: chirurgische Blutstil-
mütterliches Alter, Makrosomie, kurzer Wehenver- lung, Embolisation der Uterinarterien, Hysterekto-
lauf mit starker Wehentätigkeit, Oxytocinstimulati- mie.
on, Multiparität und operative Geburt.
Anästhesierelevanz
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Totale Spinalanästhesie, zu hoher Epiduralblock, Der Anästhesist begegnet der Erkrankung entwe-
Lokalanästhetikaintoxikation, Eklampsie, HELLP- der, wenn er anästhesiologische Maßnahmen an der
Sy, Myokardinfarkt, Lungenembolie, Uterusruptur, Patientin vornimmt (geburtshilfliche Anästhesie
Amphetaminintoxikation, Pneumothorax, aller- bzw. Analgesie für Schnittentbindung oder auch für
82 Fruchtwasserembolie

Spontangeburt), oder, wenn er nach akut eingetre- animationsmaßnahmen haben immer Vorrang.
tener Fruchtwasserembolie an der Reanimation und Eine notwendige Entbindung (Notsectio) hat gleich-
Intensivtherapie beteiligt ist. falls Priorität. Mit erheblichen Blutungskomplika-
Bei der Fruchtwasserembolie handelt es sich in tionen (z. B. auch Leberkapselblutung) ist zu rech-
erster Linie um eine Ausschlussdiagnose. Von emi- nen, daher sind genügend Venenzugänge zu schaf-
nenter Bedeutung ist daher die Differenzialdiagno- fen und Blutkomponenten bereitzustellen. Eine
se einer Lokalanästhetikaüberdosierung bzw. -into- Intensivbehandlung ist in der Folge unerlässlich.
xikation (z. B. durch Intravasalinjektion bei Epidu- Beim Vollbild der Erkrankung droht ein Multior-
ralanästhesie, Pudendusblock) oder gegenüber ganversagen, wobei das ARDS im Vordergrund
einer Anaphylaxie. Oft ist die Fruchtwasserembolie steht.
mit einer Uterusatonie assoziiert.
Literatur
z Vorgehen
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koagulopathie mit geeigneten Faktoren, FFP, Fibri- ondary to amniotic fluid embolus managed with uterine
nogen, ggf. AT-III, Faktor XIII und Aminokapron- artery embolization. Can J Anesth 50: 917–921
säure. Hierbei empfiehlt sich eine engmaschige Gürke B, Bremerich DH, Engels K et al. (2001) Die Frucht-
Kontrolle der Gerinnungsparameter zur Dokumen- wasserembolie als geburtshilflicher Notfall – Darstellung
des Syndroms anhand eines Falles mit fatalem Ausgang.
tation und Therapieführung (ROTEM®). In Ex-
Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 36:
tremfällen und bei Ausschöpfung aller anderen Al- 247–249
ternativen ist auch an die Gabe von rekombinantem Harboe T, Benson MD, Oi H, Softeland E, Bjorge L, Guttormsen
Faktor VII zu denken (NovoSeven®). Blutprodukte AB (2006) Cardiopulmonary distress during obstetrical
werden im Sinne einer Komponententherapie streng anaesthesia: attempts to diagnose amniotic fluid embo-
lism in a case series of suspected allergic anaphylaxis.
nach Bedarf substituiert. Normalisierung des Säure-
Acta Anaesthesiol Scand 50: 324–330
Basen- und Wasser-Elektrolyt-Haushalts und Si- Kretzschmar M, Zahm DM, Remmler K et al. (2003) »Ana-
cherstellung einer ausreichenden Nierenfunktion phylactoid syndrome of pregnancy«. Pathophysiologische
(Dopamin 2–3 μg/kg/min; Schleifendiuretika, z. B. und therapeutische Aspekte der Fruchtwasserembolie
Furosemid). Bei stabilen Kreislaufverhältnissen (»anaphylactoid syndrome of pregnancy«) anhand einer
Kasuistik mit letalem Ausgang. Anaesthesist 52: 419–426
können zur Entlastung des (rechten) Herzens Vaso-
Moore J, Baldisseri MR (2005) Amniotic fluid embolism. Crit
dilatatoren eingesetzt werden. Care Med 33 (Suppl 10): S 279–285
Bei der häufig ebenfalls vorhandenen Uterusa- Nagar MP, Gratrix AP, O’Beirne HA, Enright SM (2005) Survival
tonie ist die Gabe von Uterotonika erforderlich. following amniotic fluid embolism and cardiac arrest
Eine hoch dosierte Glukokortikoidtherapie wird complicated by sub-capsular liver haematoma. Int J
Obstet Anesth 14: 62–65
von einigen Autoren empfohlen. Weder die gele-
Ray BK, Vallejo MC, Creinin MD et al. (2004) Amniotic fluid em-
gentlich vorgeschlagene niedrig dosierte Gabe von bolism with second trimester pregnancy termination:
Heparin noch eine antifibrinolytische Behandlung a case report. Can J Anesth 51: 139–144
haben sich als anerkannte Vorgehensweisen eta- Tramoni G, Valentin S, Robert MO et al. (2004) Amniotic fluid
bliert. embolism during caesarean section. Int J Obstet Anesth
13: 271–274
Ein invasives Kreislaufmonitoring ist wegen der
Schwere der Erkrankung notwendig. Wegen des
plötzlichen Beginns der Symptomatik kann es nur
parallel zur Behandlung installiert werden; die Re-
Fruktoseintoleranz
83 F

Fruktoseintoleranz gen, Nierenversagen, Hypoglykämie, metabolische


Azidose, Bewusstseinsstörung, Koma.
Labor: Hypoglykämie, Laktatanstieg, metaboli-
z Synonyme sche Azidose, Phosphatabfall, pathologische Leber-
Hereditäre Fruktoseunverträglichkeit, Fruktosämie, parameter und Gerinnungswerte (DIC), Fruktosä-
Fruktosemalabsorptions-Sy. mie, Fruktosurie.
Erkrankungsnachweis mittels Fruktosebela-
z Oberbegriffe stungstest.
Enzymopathie (Anenzymie), Hypoglykämie-Ss,
Melliturie-Ss, Stoffwechselkrankheit, Idiosynkrasie, Anästhesierelevanz
Fehlinfusion (iatrogen).
Für den anästhesiologischen Alltag ist die Fruk-
z Organe/Organsysteme toseintoleranz dann von Bedeutung, wenn im Rah-
Leber, Fruktose- bzw. Kohlenhydratstoffwechsel. men der Behandlung Glukoseaustauschstoffe zur
Anwendung kommen. Das können Infusionslösun-
z Inzidenz gen, parenterale oder enterale Ernährung oder auch
1:20.000. Trägerlösungen für Medikamente sein. Die Gefahr
einer (teils letal verlaufenden) Unverträglichkeitse-
z Ätiologie pisode ergibt sich vor allem, wenn im Rahmen einer
Hereditär mit autosomal-rezessivem Erbgang. Bei parenteralen Ernährung Fruktose oder Sorbit zuge-
homozygoten Merkmalsträgern besteht ein Ausfall führt werden. In eingeschränktem Maße gilt dies
der Aldolase B, wodurch der Fruktoseabbau blo- auch für Xylit, das teilweise auch in den Pentose-
ckiert ist. Das führt zur Intoxikation mit Fruktose- phosphatzyklus eingeht. Als Trägerlösungen für
1-phosphat. Medikamente sind diese Substanzen obsolet. Eine
generelle Kontraindikation gegen Glukoseaus-
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen tauschstoffe ist daraus nicht abzuleiten, da sie eine
Andere Melliturie-Ss, benigne Fruktosurie (Lävulo- sinnvolle Ernährungstherapie bei Glukoseverwer-
surie), Galaktoseintoleranz, Glykogenose Typ I, tungsstörungen sowie bei Azidoseneigung und ho-
bakterielle Erkrankungen (Sepsis, Lues), Zytomega- hen Kaliumverlusten (sekundärer Hyperaldostero-
lie, Mononukleose, Hepatitis und andere Virusin- nismus) ermöglichen.
fektionen, Hyperinsulinismus und andere Hypo- Ein anamnestischer Ausschluss einer Fruk-
glykämie-Ss, Methylalkoholintoxikation. toseintoleranz ist generell nicht möglich bei Säug-
lingen, Kleinkindern oder Personen, bei denen eine
Symptome Anamnese nicht erhoben werden kann (z. B. bei Be-
wusstlosigkeit, psychiatrischen Erkrankungen,
Außerhalb der Anästhesie und Intensivtherapie gibt Fremdsprachigkeit, sonstigen Komunikationspro-
es nur sehr diskrete anamnestische Hinweise: Ab- blemen). Der Verdacht auf eine Erkrankung kann
neigung gegen fruktosehaltige Speisen (Obst), auf- bei Erwachsenen mit einem Belastungstest verifi-
fälliges Fehlen von Karies. ziert werden.
Symptome der chronischen Intoxikation: Anore-
xie, Vomitus, Gedeihstörungen (Dystrophie), z Vorgehen
Wachstumsstörungen, psychomotorische Retardie- Im Fall einer akuten Unverträglichkeitsreaktion
rung, Hepatomegalie, Leberfunktionsstörungen (z. B. nach versehentlicher Substratzufuhr) soforti-
(Ödeme, Aszites, Gerinnungsstörungen), Nieren- ges Beenden der Infusion und symptomatische
funktionsstörungen. Therapie: Schockbehandlung, Maßnahmen zur
Symptome der akuten Intoxikation: Übelkeit, Protektion der vitalen Organfunktionen und konti-
Erbrechen, Bauchschmerzen, Schock (Hypotonie, nuierliche Glukosezufuhr unter engmaschiger Kon-
Tachykardie, Kreislaufzentralisation), Leberversa- trolle der Blutzuckerwerte. Eine Koagulopathie
84 Fruktoseintoleranz

(disseminierte intravasale Gerinnung, Thrombozy-


topenie) muss frühzeitig therapiert werden: FFP,
Fibrinogen, ggf. AT-III. Normalisierung des Säure-
Basen- und Wasser-Elektrolyt-Haushalts und Si-
cherstellung einer ausreichenden Nierenfunktion
(Dopamin 2–3 μg/kg/min, Diuretika).
Ein letaler Ausgang ist bei Überschreitung einer
Fruktosedosis von 30 g/h zu erwarten.
Bescheinigung ausstellen und Blutsverwandte
untersuchen bzw. aufklären.
! Cave
Hypoglykämie, Glukoseaustauschstoffe:
F Fruktose, Sorbit, Xylit, Saccharose.

Literatur

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Gaucher-Krankheit
85 G
schieden, die in der frühen bis späten Kindheit auf-
Gaucher-Krankheit tritt und die Lebenserwartung verkürzt.
Die neuronopathische Form ist durch progredi-
z Synonyme enten Zerebralabbau mit fortschreitender starrer
Morbus Gaucher, Gaucher-Schlangenhaufer-Sy, Li- Lähmung gekennzeichnet. Bei allen Patienten fin-
pidhistozytose vom Kerasintyp, Glukozerebridose; den sich typische Speicherzellen (»Gaucher-Zel-
Glukozerebrosidase (GCR). len«) in Lunge, Leber, Milz, Skelettsystem und Bin-
degewebe. Gehäufte bronchopulmonale Infekte
z Oberbegriffe können auftreten. Eine biochemische Identifikation
Enzymopathie, Gangliosidose, Zerebrosidose, Lipi- ist durch Bestimmung von Fibroblasten- und Leu-
dosen (Sphingolipidose), Speicherkrankheiten, kozytenenzymmustern möglich. Die histologische
Thesaurismosen. Diagnose kann durch Nachweis von typischen Spei-
cherzellen im Knochenmark erfolgen.
z Organe/Organsysteme Neben einer unspezifischen Hyperpigmenta-
ZNS, Lunge, Leber, Milz, Skelettsystem. tion der Haut und Hepatosplenomegalie kann die
Beteiligung des Skeletts als milde Osteopenie, avas-
z Inzidenz kuläre Nekrose der großen Gelenke, pathologische
Im Mittel 1:40.000, neuronopathische Form (Typ II) Frakturen und Osteolyse klinisch in Erscheinung
1:100.000. Häufiger in der aschkenasisch-jüdischen treten. Darüber hinaus kann ein Hypersplenismus
und türkischen Bevölkerung (1:1000). Die Gaucher- mit Anämie und Thrombozytopenie vorliegen.
Krankheit ist die häufigste Form der Lipidosen.
z Vergesellschaftet mit
z Ätiologie Sekundäre Anämie. Gelegentlich finden sich Hin-
Hereditär mit autosomal-rezessivem Erbgang (prä- weise auf einen Aszites oder eine portale Hyperten-
natale Diagnose möglich). Es liegt eine verminderte sion. Kalzifizierende konstriktive Perikarditiden
Aktivität der Glukosylceramidase und intrazelluläre sowie Kalzifikationen der Aorta ascendens und der
Speicherung von Glukosylceramid (Glukozerebro- Mitralklappe sind beschrieben. Die Entwicklung
sid) vor, insbesondere in Leber, Knochenmark und von sekundären Karzinomen ist beschrieben.
Milz.
z Therapien
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen Adulter Typ (Typ I): Enzymersatztherapie mit Glu-
Andere mit einer Hepatosplenomegalie einherge- kozerebrosidase (Aglucerase, Ceredase). Eine Ver-
hende Speicherkrankheiten: Wilson-Sy, Glykoge- besserung der Symptome nach Knochenmarktrans-
nosen (v.-Gierke-Sy), Lipidosen (z. B. Niemann- plantation wurde beschrieben. Durch die Gabe der
Pick-Sy, Tay-Sachs-Sy), Cholesterinlipidose (Hand- Substanz OGT-918 (N-butyldeoxynojirimycin)
Schüller-Christian-Sy), Hämochromatose, Malaria. scheint eine Verlangsamung der Akkumulationsra-
te der Glykolipide erreichbar zu sein. Die Prognose
Symptome der juvenilen Form ist früh infaust.

Unterschieden wird eine nicht-neuronopathische Anästhesierelevanz


Form (Typ I) von neuronopathischen Formen
(Typ II). Die nicht-neuronopatische Form kann in al- Typische Eingriffe mit erforderlicher anästhesiolo-
len Altersgruppen in variierenden Schweregraden gischer Betreuung sind insbesondere bei Kindern
auftreten. Die neuronopathischen Formen sind die Anlage von Gefäßzugängen, partiale Splenekto-
durch die ZNS-Beteiligung gekennzeichnet. Es wird mie, Knochenmarktransplantation, Versorgung von
eine akute, vorwiegend Kinder betreffende und rasch Frakturen sowie verschiedene nicht primär mit der
tödlich verlaufende Form (Typ II), von der neurono- Erkrankung assoziierte Operationen. Von Bedeu-
pathisch-chronischen Verlaufsform (Typ III) unter- tung ist die primär gestörte oder als Nebenwirkung
86 Gaucher-Krankheit

der Genersatztherapie auftretende Gerinnung und tungen aufgrund einer Thrombozytopenie oder pa-
pathologische Thrombozytenfunktion. thologischen Blutgerinnung ausgeschlossen sein. Die
sorgfältige neurologische Befundung und Dokumen-
z Spezielle präoperative Abklärung
tation des Patienten vor der Anästhesie ist dringend
Ziel der präoperativen Vorbereitung ist es, das Aus- zu empfehlen. Ist eine Allgemeinanästhesie erforder-
maß der Organbeteiligung genau zu erfassen, insbe- lich, muss bei der Narkoseeinleitung aufgrund des
sondere inwieweit das ZNS beteiligt ist. Vor allem erhöhten intraabdominellen Druckes durch Hepa-
stellen sich Fragen nach zentral bedingten Schluck- tosplenomegalie mit einem erhöhten Aspirationsrisi-
störungen und Anhaltspunkten für eine erschwerte ko gerechnet werden. Dementsprechend sollte eine
Intubation durch Glukozerebrosidablagerung in »rapid sequence induction« durchgeführt werden.
den oberen Atemwegen. Eine Splenomegalie kann Die Lagerung der Patienten muss der vermehrten
einen Hypersplenismus zur Folge haben, der in Knochenbrüchigkeit und verminderten Gelenkbe-
Thrombozytopenie, hämolytischer Anämie und weglichkeit gerecht werden. Zentralnervös bedingte
Leukopenie resultiert. Schluckstörungen gehen für die gesamte periopera-
Detaillierte Blutungsanamnese (Nasen- oder tive Phase mit einem erhöhten Aspirationsrisiko ein-
G Schleimhautblutung, auffällige Menstruation). Bei her. Ist mit erhöhtem Blutverlust zu rechnen (z. B. bei
veränderter PT- oder PTT-Bestimmung der Gerin- orthopädischen Operationen) sollte eine Blutauf-
nungsfaktoren ggf. Untersuchung der Thrombozy- bereitung mittels maschineller Auto- bzw. Retrans-
tenfunktion mittels Plättchen-Aggregationstest (Ri- fusion durchgeführt werden. Beim Vorliegen einer
stocestin, ADP, Kollagen oder Epinephrin-Test) Thrombozytopenie und möglicherweise patholo-
oder Thrombelastogramm. Liegt eine Thrombozy- gischer Plättchenfunktion sollte die postoperative
topenie vor, kann durch Gabe von Desmopressin Schmerztherapie unter Verzicht auf nichtsteroidale
ein Anstieg der Thrombozytenzahl erreicht werden. Analgetika durchgeführt werden.
Präoperativ müssen Blut- und Thrombozytenprä-
! Cave
parate bereitgestellt werden.
Lagerungsschäden, Aspiration, Blutungsnei-
Eine retikuläre Zeichnung im Thoraxröntgen-
gung. Selten, aber wenn auftretend schwerer
bild kann ein Hinweis auf eine Lungenspeicherung
pulmonaler Hypertonus.
sein. Zusammen mit einem durch die Hepatome-
galie bedingten Zwerchfellhochstand führen diese
Literatur
Veränderungen meist zu erheblichen Einschrän-
kungen der Lungenfunktion. Darüber hinaus muss Amir G, Ton N (1999) Pulmonary pathology in Gaucher’s dis-
untersucht werden, ob eine pulmonale Hypertonie ease. Hum Pathol 30: 666–670
oder eine Beteiligung der Herzklappen vorliegt. Ehlen C, Heintges T, Niederau C (1995) Diagnose und Therapie
des Morbus Gaucher. Med Klin 90: 284–290
z Wichtiges Monitoring García Collada JC, Pereda Marín RM, Garrote Martínez AI et al.
(2003) Subarachnoid anesthesia in a patient with type I
Pulsoxymetrie, Kapnographie, Atemwegsdruck, er- Gaucher disease. Acta Anaesthesiol Scand 47: 106–109
weitertes hämodynamisches Monitoring beim Vor- Gillis S, Hyam E, Abrahamov A et al. (1999) Platelet function
liegen einer pulmonalen Hypertonie. abnormalities in Gaucher disease patients. Am J Hematol
61: 103-106
z Vorgehen Ioscovich A, Elstein Y, Halpern S et al. (2004) Anesthesia for
Das anästhesiologische Management muss an die obstetric patients with Gaucher disease: survey and re-
view. Int J Obstet Anesth 13: 244–250
Anforderungen der Operation angepasst sein und
Ioscovich A, Briskin A, Abrahamov A et al. (2005) Uncomplicated
die Besonderheiten der Erkrankungen berücksichti- outcome after anesthesia for pediatric patients with
gen. Wenn möglich, sollte der Patient von den Vor- Gaucher disease. Can J Anesth 52: 845–847
teilen einer Regionalanästhesie profitieren, jedoch Tobias JD, Atwood RA, Lowe S, Holcomb GW (1993) Anesthetic
kann die neurologische Beteiligung eine Allge- considerations in the child with Gaucher disease. J Clin
Anesth 5: 150-153
meinanästhesie zwingend erforderlich machen. Vor
Vellodi A, Tylki-Szymanska A, Davies EH et al. (2009) Manage-
Durchführung einer rückenmarknahen Anästhesie ment of neuronopathic Gaucher disease: revised recom-
muss eine Gefährdung des Patienten durch Blu- mendations. J Inherit Metab Dis 32: 660–664
Glykogenosen
87 G

Glykogenosen megalie und Wachstumsretardierung stehen


mehr im Vordergrund als bei Typ VIII.

z Synonyme z Oberbegriffe
Glykogenspeicherkrankheiten. Thesaurismosen, Enzymopathie, im weiteren Sinne
auch Myopathie-Ss.
z Subtypen
I: Hepatorenale Glykogenose van-Creveld-van- z Organe/Organsysteme
Gierke: autosomal-rezessiv, Nüchternhypo- Muskulatur, Bewegungsapparat, Leber, ZNS, Herz,
glykämie infolge Glukose-6-Phosphatase- Stoffwechsel.
Mangel, normales Glykogen, Leberinsuffizi-
enz, hämorrhagische Diathese, Nephromega- z Inzidenz
lie, Infantilismus, Hornhautdystrophie. 1:100.000.
II: Generalisierte Glykogenose Pompe: generali-
siert, maligne, α-1,4-Glukosidase-Mangel, z Ätiologie
normales Glykogen, Anreicherung überall, Pathophysiologisch beruht die Erkrankung auf
Exitus im Säuglingsalter. einem Mangel oder Defekten verschiedener En-
III: Debrancher-Glykogenose Forbes-Cori: auto- zyme, die für Auf- und Abbau von Glykogen benö-
somal-rezessiv, Mangel an Amylo-1,6-Gluko- tigt werden. Das führt zur Speicherung von Glyko-
sidase, abnormales Glykogen, Glykogenabla- gen oder Glykogenvorstufen in den betroffenen
gerung in Leber, Muskel (selten), Herz (sel- Organen.
ten); Forbes-Hers-Glykogenose: nur Ablage-
rung in der Leber, weitere Typen III B–F. z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
IV: Amylopektinose Anderson, leberzirrhotische, Gangliosidosen, Galaktosämie-Sy, Pfaundler-Hur-
retikuloendotheliale Glykogenose: α-1,4-Glu- ler-Sy, Fukosidose-Ss, Leberzirrhose, Mauriac-Sy,
can- und α-1,4-Glucan-6-glykosyl-Transfera- Gaucher-Sy, Debré-Sy, Pepper-Sy, Landing-Sy, Har-
se-Mangel, abnormes Glykogen, Ablagerung in ris-Sy, McQuarrie-Sy, Cochrane-Sy, Bigler-Hsia-Sy.
Leber und RES von Milz und Lymphknoten.
V: muskuläre Glykogenose McArdle-Schmid- Symptome
Pearson: autosomal-rezessiv, α-Glucan-Phos-
phorylase-Mangel, generalisierte Myasthenie, Je nach Subtyp stehen verschiedene Symptome im
Myalgie, Myoglobinurie. Vordergrund:
VI: Leberglykogenose Hers, Typ a: relativ gutar- I massive Hepatomegalie, Xanthome, »Puppen-
tig, Ablagerung in der Leber, leichter Minder- gesicht«, hypoglykämische Attacken (Nausea,
wuchs, Stammfettsucht, adrenalinresistente Vomitus, Schwitzen, Krämpfe, Koma), Hyper-
Hypoglykämie und Hyperlipidämie; Typ b: lipidämie, Laktazidose, Risiko für Pankreatitis
generalisierter Phosphorylasemangel, ähnelt II Makroglossie, Kardiomegalie, progrediente
McArdle. Myokardinsuffizienz, Muskelhypotonie, mä-
VII: Phosphofruktokinasemangel. ßiggradige Hepatomegalie
VIII: X-chromosomale Glykogenose Typ I: Phos- III wie Typ I, jedoch milder und mit Muskelbe-
phorylase-b-Kinase-Mangel, Deregulierung teiligung
des Enzyms, Hepatomegalie, Wachstumsre- IV Leberzirrhose, Aszites, Hepatosplenomegalie,
tardierung, Hyperlipoproteinämie, induzierte Minderwuchs, Osteoporose, Ikterus (Hyper-
Hyperketose, mildeste Verlaufsformen der bilirubinämie), Glykolabilität
Glykogenosen. V Muskelhypotonie, Muskelschmerzen, rasche
IX: X-chromosomale Glykogenose Typ II Ermüdbarkeit, Myoglobinurie
(Xp22.2-p22.1): Phosphorylase-b-Kinase- VI Hepatomegalie, Minderwuchs, Stammfett-
Mangel, defiziente Enzymaktivität, Hepato- sucht, Glykolabilität, Hyperlipidämie
88 Glykogenosen

VII wie Typ V, Glukose- und Fruktoseutilisations- stimmte Anästhetika empfohlen. Die Relaxometrie
störung empfiehlt sich wegen der Muskelschwäche und auf-
VIII (evtl. IX) mäßiggradige Hepatomegalie, Gly- grund der häufig vorliegenden Eliminationsstö-
kolabilität rung. Grundsätzlich ist eine verlängerte bzw. ver-
stärkte Relaxanswirkung einzukalkulieren.
Anästhesierelevanz Kardiozirkulatorisch depressiv wirkende Sub-
stanzen sollten zurückhaltend eingesetzt werden
Das anästhesiologische Vorgehen hat folgenden (z. B. Propofol, hohe Dosierungen von Sevofluran,
Problemen Rechnung zu tragen: v. a. bei Kardiomyopathie bzw. Typ II), ggf. Ketamin
4 Intubationsschwierigkeiten (Makroglossie, Ma- zur Narkoseeinleitung bei Pompe-Krankheit oder
xillahypoplasie, v. a. bei Typ II), Regionalanästhesie.
4 Hypoglykämieneigung, Bei Typ I Vermeidung von Propofol wegen Ge-
4 muskuläre Hypotonie, Muskelkrämpfe, fahr der medikamenteninduzierten Pankreatitis bei
4 gestörte Leber-, Nierenfunktion, schon bestehender Hyperlipidämie.
4 Herzmuskelinsuffizienz, Ein präoperatives Fasten ist unbedingt zu ver-
G 4 Infektanfälligkeit mit Neigung zur Stoffwech- meiden, ggf. sollte kontinuierlich eine niedrigpro-
selentgleisung, zentige Glukoselösung (5%) infundiert werden.
4 Zwerchfellhochstand und restriktive Ventila- Postoperativ sollte ebenfalls eine engmaschige
tionsstörung, Überwachung, vor allem der respiratorischen Para-
4 Koagulopathien (Gerinnungsstörungen, Blu- meter gewährleistet sein.
tungsneigung).
! Cave
z Spezielle präoperative Abklärung Hypoglykämien, Ringer-Laktat (bei Laktata-
zidose bzw. Typ IV), Succinylcholin (v. a. bei
Aufgrund der Verschiedenheit der Subtypen und der
Typ V wegen Hyperkaliämie, Myoglobinurie),
anästhesiologischen Konsequenzen, die sich daraus
Tourniquetanwendung (Blutsperre).
ableiten, ist an erster Stelle die Zuordnung der Symp-
tomatik zu klären. Darüber hinaus sind (teils nach
Subtyp) folgende Untersuchungen sinnvoll: Stoff- Literatur
wechselparameter (v. a. Blutzuckertagesprofil), In-
fektparameter, Leber- und Nierenfunktionsparameter Bollig G, Mohr S, Raeder J (2005) McArdle’s disease and anaes-
thesia: case reports. Review of potential problems and
(Bilirubin, Gerinnungswerte, Transaminasen, Krea- association with malignant hyperthermia. Acta
tinin, Harnstoff, Elektrolyt- und Säure-Basen-Status, Anaesthesiol Scand 49: 1077–1083
Laktat), Harnsäure, Blutbild, Thoraxröntgenaufnah- Bustamante SE, Appachi E (2006) Acute pancreatitis after an-
me, Echokardiographie, Abdomensonographie. esthesia with propofol in a child with glycogen storage
disease type IA. Pediatr Anesth 16: 680–683
z Wichtiges Monitoring Cilliers HJ, Yeo ST, Salmon NP (2008) Anaesthetic manage-
ment of an obstetric patient with Pompe disease. Int J
Relaxometrie, Pulsoxymetrie, Kapnographie, regel- Obstet Anesth 17: 170–173
mäßige Blutzuckerkontrollen, invasive Blutdruck- Ing RJ, Cook DR, Bengur RA et al. (2004) Anesthetic manage-
und HZV-Messung (mit dynamischen Parame- ment of infants with glycogen storage disease type II: a
tern). physiological approach. Pediatr Anesth 14: 514–519
Mohart D, Russo P, Tobias JD (2002) Perioperative manage-
ment of a child with glycogen storage disease type III
z Vorgehen undergoing cardiopulmonary bypass and repair of an
Es variiert nach Subtyp und orientiert sich an der atrial septal defect. Paediatr Anaesth 12: 649–654
jeweiligen Symptomatik. Generell ist ein invasives Walker RW, Briggs G, Bruce J et al. (2007) Regional anesthetic
Monitoring mit engmaschigen Kontrollen der vi- techniques are an alternative to general anesthesia for
infants with Pompe’s disease. Pediatr Anesth 17: 697–702
talen Parameter indiziert. Wang LY, Ross AK, Li JS et al. (2007) Cardiac arrhythmias fol-
Außer einer Kontraindikation für Succinylcho- lowing anesthesia induction in infantile-onset Pompe
lin bei Typ V werden keine Restriktionen für be- disease: a case series. Pediatr Anesth 17: 738–748
Goldenhar-Syndrom
89 G
z Vergesellschaftet mit
Goldenhar-Syndrom Spaltbildungen (quere Gesichtsspalte), Fazialispare-
se, Mikrophthalmie, Anophthalmie, Herzvitien
z Synonyme (20%), Analatresie, einseitige Lungenhypoplasie
Okuloarikuläres (vertebrales) Sy, Goldenhar-Gor- (oder -aplasie), Hydrozephalus, Klippel-Feil-Sy
lin-Sy, engl. »oculo-auriculo-vertebral syndrome«. (33%), Nierendefekte, Allergien.
Die geistige Entwicklung verläuft meist normal.
z Oberbegriffe
Missbildung, kraniomandibulofaziale Dysmorphie, Anästhesierelevanz
Kieferbogen-Ss, okulodentale Ss.
Mit großer Wahrscheinlichkeit ist mit Intubations-
z Organe/Organsysteme schwierigkeiten zu rechnen. Diese sind einerseits
Sinnesorgane (Augen, Ohren), Mandibula, Maxilla, durch Gesichtsmalformationen und andererseits
Gesichtsschädel, Wirbelsäule. durch die eingeschränkte Retroflexion der HWS be-
dingt. Bei hypoplastischer Mandibula rutscht die
z Inzidenz Zunge über den Kehlkopfeingang zurück, so dass
Sehr selten, unsichere Inzidenz (1:3000–5000 Ge- der Kehlkopf nach vorn verlagert erscheint, gleich-
burten), Androtropie 2:1. Seit dem ersten Golfkrieg wohl aber in normaler Position ist.
zeichnet sich in den USA eine fragliche Zunahme
durch Chemikalienexposition von Soldaten ab. z Spezielle präoperative Abklärung
Röntgen von Thorax und Hals (fragliche Lungenhy-
z Ätiologie poplasie, Anatomie der HWS und der Atemwege),
Ätiologie unbekannt, Kongenital mit vermutetem Ausschluss von Herzvitien (Echokardiographie),
autosomal-rezessiven Erbgang. Uni- (70%) oder bi- Hydrozephalus, Evaluierung des schwierigen Atem-
laterale Entwicklungs- bzw. Differenzierungsstö- wegs, evtl. Score nach Janssens und Hartstein be-
rung des 1. und 2. Kiemenbogens und der 1. Kiemen- stimmen.
furche mit entsprechender Malformation der daraus
entstehenden Gesichtsanteile. Entstehung nach z Wichtiges Monitoring
mütterlicher Exposition von Chemikalien oder Vi- Pulsoxymetrie, Kapnographie, Beatmungsdrücke.
rusinfekt ebenfalls möglich.
z Vorgehen
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen Die prophylaktische Gabe von Natrium citricum
Franceschetti-Sy, Wildervanck-Sy I und III, okulo- oder H2-Rezeptorenblockern ist zur Aspirations-
otovertebrales Sy, Stiling-Türk-Duane-Sy, Elschnig- prophylaxe empfehlenswert. Für die Intubation
Sy, Hennebert-Sy I, Berndorfer-Sy. selbst sind alle Vorkehrungen zu treffen, damit bei
Beatmungsproblemen eine ausreichende Oxygena-
Symptome tion gewährleistet werden kann (verschiedene Spa-
tel, Guedel- und Wendl-Tuben, Larynxmaske, alter-
Meist unilaterale Gesichtshypoplasie, epibulbäres native Intubationsverfahren: blind nasale, retro-
(Lipo) dermoid, Aurikularanhänge, Ohrmuschel- grade Intubation, ggf. Koniotomie). Die fiberoptische
dysplasie, Ohrmuscheldystopie, Mikrotie, Gehör- Intubationstechnik ist bei kooperativen Patienten
gangsatresie, hoher (gotischer) Gaumen, Makrosto- eine gute Alternative, insbesondere hilft sie, die mit-
mie, Mikrogenie, Maxillahypoplasie, Zahnanoma- unter gefährliche HWS-Retroflexion zu vermeiden.
lien, Astigmatismus, antimongoloide Lidachse, Die Stützautoskopie (z. B. nach Kleinsasser) ist auch
HWS-Fehlbildungen, z. B. Okzipitalisierung von C1 als hilfreich beschrieben worden. Vor der Einleitung
(Atlas). unbedingt präoxygenieren. Eine weitere Möglich-
keit ist die Einleitung mit Hypnotikum unter Ver-
zicht auf Muskelrelaxation.
90 Gordon-Syndrom

Bei der Extubation erneute Gefahr von respira- z Organe/Organsysteme


torischen Problemen, möglicherweise durch mani- Nebennierenrinde, Niere, endokrines System.
pulationsbedingte Schwellung von Zunge und La-
rynx. z Inzidenz
Bei Herzvitien Endokarditisprophylaxe durch- Seltene, autosomal-dominant vererbte Erkrankung
führen. mit phänotypischer Heterogenität.
Bei Hydrozephalus die Gefahr einer Hirndruck-
steigerung beachten. z Ätiologie
In der Regel kommt es zu einer verringerten renalen
! Cave
Kaliumclearance und erhöhten Chloridreabsorp-
Atlantookzipitale Subluxation bei forcierter
tion mit der Folge von Volumenüberladung und
Retroflexion der HWS.
arterieller Hypertonie. Vermutet wird eine Muta-
tion, die zur Bildung fehlfunktionierender Kinasen
Literatur (WNK4 oder WNK1) führt.

G Altintas F, Cakmakkaya OS (2005) General anesthesia for a z Differenzialdiagnose


child with Goldenhar syndrome. Pediatr Anesth 15: 529–
Familiäre periodische hyperkaliämische Paralyse.
530
Bahk JH, Han SM, Kim SD (1999) Management of difficult air- Beim Spitzer-Weinstein-Sy handelt es sich vermut-
ways with a laryngeal mask airway under propofol anaes- lich um die gleiche Erkrankung im Kindesalter vor
thesia. Paediatr Anaesth 9: 163–166 Manifestation des arteriellen Bluthochdrucks.
Chen PP, Cheng CK, Abdullah V, Chu CP (2001) Tracheal intu-
bation using suspension laryngoscopy in an infant with
Goldenhar’s syndrome. Anaesth Intensive Care 29: 548–
Symptome
551
Janssens M, Hartstein G (2001) Management of the difficult Hyperkaliämie, Symptome eines Hypoaldosteronis-
intubation. Eur J Anaesthesiol 18: 3–12 mus, aber normale bis erhöhte Plasmaaldosteron-
Kaymak C, Gulhan Y, Ozcan AO et al. (2002) Anaesthetic ap- spiegel; erniedrigte Reninaktivität. Zusätzlich Hyper-
proach in a case of Goldenhar’s syndrome. Eur J
tonie, oft sogar bereits in der Kindheit auftretend.
Anasthesiol 19: 836–838
Schwarz U, Weiss M (2001) Endotracheale Intubation bei
Patienten mit Pierre-Robin-Sequenz. Erfolgreicher Einsatz z Vergesellschaftet mit
eines Video-Intubationslaryngoskops. Anaesthesist 50: Hyperchlorämische metabolische Azidose bei nor-
118-121 maler glomerulärer Filtrationsrate. Gelegentlich
Sukhupragarn W, Rosenblatt WH (2008) Airway management
Muskelschwäche oder Paralyse. Wachstumsverzö-
in a patient with Goldenhar syndrome: a case report. J
Clin Anesth 20: 214–217 gerung oder Intelligenzschwäche möglich.

z Therapie
Symptomatische Therapie mit Hydrochlorothia-
Gordon-Syndrom zid.

z Synonyme Anästhesierelevanz
Pseudohypoaldosteronismus Typ II, familiäre Hy-
pertension mit Hyperkaliämie. Nicht zu verwech- Zu beachten sind bei lange bestehender Hypertonie
seln mit der nach dem namensgleichen Erstbe- eine eingeschränkte Herzfunktion und typische Se-
schreiber Harold Gordon benannten exsudativen kundärfolgen.
Enteropathie oder der von Hymie Gordon beschrie-
benen Arthrogryposis Typ II. z Wichtiges Monitoring
Intraoperative Kontrolle der Elektrolyte, insbeson-
z Oberbegriffe dere bei längeren Eingriffen; invasive Blutdruck-
Endokrine Dysfunktion. messung, Kapnometrie, Relaxometrie.
Grey-Platelet-Syndrom (GPS)
91 G
z Vorgehen z Inzidenz
Vermeidung zusätzlicher Kaliumzufuhr, wenn Sehr selten, Frauen und Männer bisher gleich häufig
möglich kaliumfreier Volumenersatz mit reduzier- betroffen, Unklarheit über Vererbungsgang, da so-
tem Natriumgehalt. Die Verwendung von Succinyl- wohl betroffene Kinder von gesunden Eltern als
cholin ist wegen Kaliumfreisetzung nicht indiziert. auch Weitergabe an die nächste Generation bekannt
Ähnlich wie mit Kalium ist auch mit Magnesium sind. Vermutet wird am ehesten ein autosomal-re-
vorsichtig umzugehen. Vor Anästhesieausleitung ist zessiver Erbmodus.
die Funktionsfähigkeit der neuromuskulären Über-
tragung relaxometrisch zu überprüfen. z Ätiologie
Peripherer Blutausstrich zeigt reduzierte Anzahl
! Cave
Granula und vermehrt Vakuolen, wodurch das
Vermeiden einer Restrelaxierung bei beste-
»graue« Erscheinungsbild der Thrombozyten ent-
hender Muskelschwäche. Vermeiden der Ver-
steht. Das Defizit an α-Granula (mit den Inhalts-
stärkung einer Azidose durch Anwendung
stoffen v.-Willebrand-Faktor, Fibrinogen, Throm-
einer Blutsperre.
bospondin) führt zu verminderter Aggregationsfä-
Literatur higkeit der Thrombozyten trotz Vorhandensein von
Kollagen und Thrombin. Die anderen Gerinnungs-
Bruno CM, Sciacca C, Di Prima P, Castelli Z, Neri S (2004) funktionen bleiben normal. Die ebenfalls vorliegen-
Gordon’s Syndrome: a case report. Clin Exp Hypertens 26: de Thrombozytopenie ist meist Folge der verkürz-
461–464
ten Lebensdauer der Thrombozyten.
Gereda JE, Bonilla-Felix M, Kalil B, Dewitt SJ (1996) Neonatal
presentation of Gordon syndrome. J Pediatr 129: 615–617
Gordon RD (1986) Syndrome of hypertension and hyperkale-
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
mia with normal glomerular filtration rate. Hypertension Glanzmann-Krankheit (Thrombasthenie), Bernard-
8: 93–102 Soulier-Sy, Ehlers-Danlos-Sy, Chediak-Higashi-Sy,
Power GE, Hellier C, Gordon RD (2004) Emergency anaesthesia
Wiskott-Aldrich-Sy, Hermanky-Pudlak-Sy, Storage-
in a patient with Gordon’s syndrome. Anaesth Intensive
Care 32: 275–277
Pool-Sy I–III, DD: Pseudo-Grey-Platelet-Sy.
Weng CH, Cheng JW, Hung CC et al. (2007) A young female
with Spitzer-Weinstein syndrome diagnosed by thiazide Symptome
test. Ren Fail 29: 239–241
Xie J, Craig L, Cobb MH, Huang CL (2006) Role of with-no-
Hämorrhagische Diathese, Thrombozytopenie, ab-
lysine [K] kinases in the pathogenesis of Gordon’s syn-
drome. Pediatr Nephrol 21: 1231–1236
normale Thrombozytenmorphologie. Spontane le-
bensbedrohliche Blutungen sind selten. Patienten
haben oft Anamnese mit häufigem Nasenbluten,
leichter Hämatombildung, Ekchymosen und Me-
Grey-Platelet-Syndrom norrhagien.
(GPS)
z Labor
z Synonyme Pathologisches Thrombelastogramm.
»Gray platelet sy«, »Grey platelet sy«, »alpha-storage
pool deficiency«. z Vergesellschaftet mit
In der Regel eigenständig, selten vergesellschaftet
z Oberbegriffe mit Hämophilie A, Marfan- oder Goldenhar-Sy.
Thrombozyten, Funktionsstörung, Blutgerinnung. Häufig assoziiert ist eine Myelofibrose.

z Organe/Organsysteme
Angeborene qualitative Thrombozytenfunktions-
störung, Erstbeschreibung 1971.
92 Guillain-Barré-Syndrom

Anästhesierelevanz Guillain-Barré-Syndrom
Extrem hohe Blutverluste bei operativen Eingrif-
fen mit Bedarf an Blutprodukten (Erythrozyten- z Synonyme
konzentrate, Thrombozytenkonzentrate), einge- Kussmaul-Landry-Guillain-Barré-Sy, Guillain-Bar-
schränkte Anwendbarkeit von Regionalanästhe- ré-Strohl-Sy, akute autoimmune Neuropathie, akute
sien. entzündliche demyelinisierende Polyradikuloneu-
ropathie (»acute inflammatory demyelinating poly-
z Spezielle präoperative Abklärung radiculoneuropathy«: AIDP), akute entzündliche
Thrombelastogramm, Blutungszeit empfohlen. Polyneuropathie (oder Polyradikuloneuropathie).
Variante: Miller-Fisher-Sy (Fisher-Sy, Miller-
z Wichtiges Monitoring Fisher-Variante, Ophthalmoplegie-Ataxie-Areflex-
Blutverlust, Volumenstatus. ie-Sy, Polyradikuloneuritis Typ Fisher).

z Vorgehen z Oberbegriffe
G Transfusion von Thrombozytenkonzentraten präo- Autoimmunkrankheiten, neurologische Erkran-
perativ. Andere Therapien wie Splenektomie, Korti- kungen (Polyneuropathien), Infektionskrank-
koid- oder Gammaglobulingabe haben nicht zu ei- heiten.
ner Funktionssteigerung der Thrombozyten für
chirurgische Eingriffe geführt. Für die Anwendung z Organe/Organsysteme
von Desmopressin liegen bisher widersprüchliche Peripheres Nervensystem, autonomes Nervensys-
Ergebnisse vor. tem, Muskulatur, Bewegungsapparat.
! Cave z Inzidenz
Von rückennahen Anästhesieverfahren ist
1–2:100.000 Einwohner, Erkrankungsgipfel zwi-
auch bei normalen Thrombozytenzahlen ab-
schen 20. und 30. sowie zwischen 50. und 60. Le-
zuraten. Zurückhaltung mit Medikamenten,
bensjahr, Mortalität <5%.
die die Thrombozytenfunktion beeinträchti-
gen können wie Salicylate, NSAIDs. Vorsicht z Ätiologie
mit Phenothiazinen, halbsynthetischen Peni-
Akute inflammatorische Autoimmunneuritis, die
zillinen und Hydroxyäthylstärke.
durch eine über T-Zellen vermittelte Immunant-
wort gegen peripheres Myelin ausgelöst wird. Dies
Literatur führt zu einer Demyelinisierung der peripheren
Nerven und Nervenwurzeln. Oftmals geht dem
Aronson I, Du Toit JMG, Jacobs P (1994) Grey platelet syn- Krankheitsbeginn eine virale oder bakterielle Infek-
drome. Lancet 344: 1233–1234
tion, ein operatives Trauma, eine Immunisierung
Drouin A, Favier R, Masse JM et al. (2001) Newly recognized
cellular abnormalities in the gray platelet syndrome. (Impfung), ein Lymphom oder eine Toxinexposi-
Blood 98: 1382–1391 tion (Vincristin, Carbimazol, Amitriptylin, Alko-
Laskey AL, Tobias JD (2000) Anesthetic implications of the hol, Schwermetalle, Organophosphate) voraus. In
grey platelet syndrome. Can J Anesth 47: 1224–1229 ca. 50% der Fälle grippaler, in ca. 20% enteraler In-
Levy-Toledano S, Caen JP, Breton-Gorius J et al. (1981) Gray
fekt (Campylobacter jejuni), weitere Assoziationen:
platelet syndrome: alpha-granule deficiency. Its influ-
ence on platelet function. J Lab Clin Med 98: 831 Herpes simplex- (HSV), Cytomegalie- (CMV) und
Raccuglia G (1971) Gray platelet syndrome. A variety of quali- Ebstein-Barr-Viren (EBV), Mykoplasmen und
tative platelet disorder. Am J Med 51: 818 Chlamydien, Borrelien. Latenzzeit ca. 1–3 Wochen.
Eine gewisse Prädisposition liegt bei verändertem
Immunstatus vor.
Guillain-Barré-Syndrom
93 G
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen z Spezielle präoperative Abklärung
Myasthenia gravis, dyskaliämische Lähmungen, Diagnosesicherung über Liquordiagnostik: zyto-
akute Polyneuropathien (exotoxisch, porphyrisch, albuminäre Dissoziation (Zellzahl normal, Eiweiß
diphtherisch), akute Rückenmarkerkrankungen im im Liquor erhöht), Blutgasanalyse, neurologischer
Stadium des spinalen Schocks, ventrale Hirnstamm- Status.
prozesse, Poliomyelitis, »critical illness polyneuro-
z Wichtiges Monitoring
pathy«.
Invasive Blutdruckmessung, zentraler Venendruck,
Symptome Relaxometrie (zu beachten ist, dass die Stimulation
der Nerven distal der Schädigungsstelle erfolgt, wo-
Progressive Muskelschwäche der Extremitäten, be- durch die Messung zu einer falschen Sicherheit ver-
ginnend an den Beinen, Verlust der Sensibilität, leiten kann).
Verlust der tiefen Sehnenreflexe, im schwereren z Vorgehen
Verlauf Schwäche der Atemmuskulatur und Dys-
Für die Narkoseeinleitung »rapid-sequence induc-
funktionen des autonomen Nervensystems.
tion« mit Rocuronium in Erwägung ziehen. Succi-
Bei Miller-Fisher-Sy (schwere Verlaufsform)
nylcholin ist kontraindiziert (Kaliumfreisetzung).
akuter Beginn von Okulomotoriusdysfunktionen,
Postoperativ ist eine Nachbeatmungsmöglichkeit
Ataxie (durch periphere sensorische Dysfunktionen
dringend vorzusehen.
hervorgerufen), Verlust der Tiefensensibilität bei
Patienten sind häufig hypovolämisch. Vasokon-
relativ erhaltener Kraft der Extremitäten- und
striktoren vorsichtig dosieren, da ihre Wirkung
Rumpfmuskulatur, Atonie und Sensibilitätsverlust
nicht abschätzbar ist.
der Gesichtsmuskulatur. Kann bis zu totaler Plegie
Nichtsteroidale Analgetika sind oftmals wir-
mit Beatmungspflichtigkeit bei vollständiger Wach-
kungslos. Rückenmarknahe Regionalanästhesien
heit gehen. Plötzliche Todesfälle bei autonomer
werden nicht empfohlen, wenngleich mittlerweile
Dysregulation sind beschrieben.
zahlreiche Fallberichte zu erfolgreichen rückenmark-
nahen Regionalanästhesien zur Geburtshilfe vorlie-
z Vergesellschaftet mit
gen, allerdings auch die Fallbeschreibung einer deut-
Hodgkin-Lymphom, HIV-Infektion (Frühphase),
lichen Verschlechterung der neurologischen Sym-
Nierentransplantation, systemischer Lupus erythe-
ptomatik, wobei das Guillain-Barré-Sy auch kausal
matodes. Selten kommt es zu erhöhtem intrakrani-
unabhängig von der verwendeten Regionalanästhe-
ellem Druck, paralytischem Ileus, Hypo- oder Hy-
sie auftreten kann. Periphere Leitungsanästhesien
perhydrosis (Pandysautonomie).
sind unter Beachtung der Gesamtsituation möglich.
Das Guillain-Barré-Sy gilt nicht als Kontraindi-
z Therapie
kation für große operative Eingriffe.
Hauptsächlich symptomatisch, Immunglobuline,
Plasmapherese. ! Cave
Succinylcholin, Überschätzung der relaxo-
Anästhesierelevanz metrisch festgestellten Muskelkraft; vorwie-
gend forensische Probleme bei Symptomzu-
Große Blutdruckschwankungen, plötzliche peri- nahme nach Regionalanästhesie.
phere Vasokonstriktion, Ruhetachykardie, Reizlei-
Literatur
tungsstörungen, Arrhythmien, Orthostasestörun-
gen, Gefahr respiratorischer Insuffizienz, Schluck- Alici HA, Cesur M, Erdem AF, Gursac M (2005) Repeated use of
störungen, Aspirationsgefahr bei Muskelschwäche epidural anaesthesia for caesarean delivery in a patient
im Pharynxbereich, Atelektasenbildung. with Guillain-Barré syndrome. Int J Obstet Anesth 14:
269–270
Ca. 30 % der Patienten entwickeln respiratori- Bamberger PD, Thys DM (2005) Guillain-Barré syndrome in a
sche Insuffizienz mit Intensivpflichtigkeit. patient with pancreatic cancer after an epidural-general
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94 Guillain-Barré-Syndrom

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Hallermann-Streiff-François-Syndrom
95 H

Hallermann-Streiff- Anästhesierelevanz
François-Syndrom Mit erheblichen Intubationsschwierigkeiten ist zu
rechnen, weil die Gesichtsmalformationen ein kon-
z Synonyme
ventionelles laryngoskopisches Einstellen des La-
Hallermann-Streiff-Syndrom, okulomandibulofa- rynx nahezu unmöglich machen. Bei Wirbelsäu-
ziale Dyszephalie, Okulomandibulodyskranie mit lendeformitäten sind restriktive Ventilationsstörun-
Hypotrichosis, François-Dyszephalie. gen möglich, ferner liegt eine erhöhte Gefahr für
Lagerungsschäden bei Skoliose vor. Bei Säuglingen
z Oberbegriffe
Verlegung der oberen Atemwege wegen Glossopto-
Missbildung, Dysmorphie, okulodentale Ss, Kiefer- se möglich. Bei Erwachsenen kann es durch die
bogen-Ss, ektodermale Dysplasie. chronische Atemwegsobstruktion zur Entwicklung
z Organe/Organsysteme eines Cor pulmonale kommen, das präoperativ bei
entsprechender Anamnese ausgeschlossen werden
Mandibula, Gesichtsschädel, Sinnesorgane (Augen,
sollte.
Ohren), Bewegungsapparat.
Häufig Zahneingriffe oder Augenchirurgie er-
z Inzidenz forderlich.
Sporadisch.
z Wichtiges Monitoring
z Ätiologie Pulsoxymetrie, Kapnographie.
Kongenital mit fraglich hereditärem (evtl. autoso-
mal-rezessivem) Erbgang oder autosomal-domi- z Vorgehen
nanter Neumutation. Entwicklungsstörung im Be- Insbesondere bei kooperativen Patienten kann man
reich der ersten beiden Kiemenfurchen mit Missbil- mit einer rückenmarknahen Regionalanästhesie die
dungen der daraus enstehenden Organe. zu erwartenden Intubationsprobleme umgehen, so-
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
fern nicht Wirbelsäulenanomalien dieser Technik
entgegenstehen. Im Falle einer Allgemeinanästhesie
Andere progeroide Syndrome (z.B. Hutchinson-
bieten sich Verfahren mit erhaltener Spontanat-
Gilford-Sy, Werner Syndrom, akromandibuläre
mung, Maskennarkosen oder die Verwendung einer
Dysplasie), okulo-dento-digitale Dysplasie. Smith-
Larynxmaske an.
Theiler-Schachenmann-Sy, Lenz-Sy, Nager-de Rey-
Ist eine Intubation unumgänglich, sollte primär
nier-Sy, Rubinstein-Sy, Down-Sy, Pierre-Robin-Sy,
eine elektive fiberoptische transnasale Intubation
Ullrich-Fremerey-Dohna-Sy.
bei erhaltener Spontanatmung und unter einer ge-
eigneten Prämedikation versucht werden. Diese
Symptome
kann aber durch Septumdeviation oder kleine Na-
Brachyzephalie, Skaphozephalie, Mikrophthalmie, senöffnungen erschwert sein. In diesem Fall kann
mongoloide Lidachse, Mikrogenie, Zahnanomalien die Verwendung der Intubationslarynxmaske oder
(Dysodontie), hoher enger (gotischer) Gaumen, videoassistierter Intubationssysteme (z. B. Glide-
»Vogelgesicht«, Hypotrichose, Minderwuchs. Scope® und SensaScope®) eine Alternative darstel-
len. Insbesondere bei Kindern ist auf die adäquate
z Vergesellschaftet mit Größe und Kompatibilität des verwendeten Mate-
Katarakt (kongenital), Strabismus, Syndaktylie, Hüft- rials zu achten.
dysplasie, Skoliose, Hypogenitalismus, Kryptorchis- Für die Intubation selbst sind alle Vorkehrungen
mus, Hautatrophie. zu treffen, dass bei Beatmungsproblemen eine aus-
Selten auftretend auch Herzfehler: Septumde- reichende Oxygenation gewährleistet werden kann
fekt, persistierender Ductus arteriosus, aber auch (verschiedene Guedel- und Wendl-Tuben, Bereit-
komplexe Fehlbildung wie Fallot-Tetralogie. stellung eines Koniotomiesets).
Selten intellektuelles Defizit.
96 Hämolytisch-urämisches Syndrom

! Cave z Ätiologie
Relaxation ohne Sicherung der Atemwege, Die Erkrankung ist erworben, jedoch ist eine gene-
Kontrolle passender Größen von Tuben und tische Prädisposition anzunehmen. Im Anschluss
Intubationslarynxmasken und entspre- an bakterielle Infekte (enterohämorrhagische E. co-
chender Konnektoren vor Narkoseeinleitung. li 0157:H7, Staphylococcus aureus, Clostridium dif-
ficile, Shigellen) durch Lebensmittel oder direkte
Literatur Übertragung oder Virusinfekte (v. a. bei Enterovi-
Adler G, Burg G, Kunze J et al. (Hrsg) (1996) Leiber – Die kli-
ren, Coxsackie, aber auch CMV und HIV) kommt
nischen Syndrome, Bd 1, 8. Aufl. Urban & Schwarzenberg, es zur Bildung von Autoantikörpern gegen eigene
München Erythrozyten (Hämolyse), zur Sekretion von Exoto-
Cheong KF, Tham SL (2003) Anaesthetic management of xinen (Verotoxin) und zur Freisetzung thrombo-
a child with Hallermann-Streiff-Francois syndrome.
plastischer Komponenten (Verbrauchskoagulopa-
Paediatr Anaesth 13: 274–75
Cohen MM (1991) Hallermann-Streiff syndrome: a review. Am
thie, disseminierte intravasale Gerinnung). Durch
J Med Genet 41: 488–499 eine thrombotische Mikroangiopathie entstehen
David LR, Finlon M, Genecov D, Argenta LC (1999) Hallermann- bilaterale Nierenrindennekrosen (ggf. mit akuter
Streiff syndrome: experience with 15 patients and review Niereninsuffizienz).
of the literature. J Craniofac Surg 10: 160–168
Das HUS kann auch medikamenteninduziert
Malde AD, Jagtap SR, Pantvaidya SH (1994) Hallermann–Streiff
auftreten (z. B. Clopidogrel, Ticlopidin, Chinin,
H Syndrome: airway problems during anesthesia. J Postgrad
Mitomycin C, Cyclosporin A). Gemeinsame End-
Med 40: 216–218
Wiedermann HR, Dibbern H (1980) Hallermann-Streiff- strecke ist auch hier die thrombotische Mikroangio-
Francois-Syndrome. Med Welt 31: 134–135 pathie. Ebenso sind Krebserkrankungen als Auslö-
Wong DT, Woo JA, Arora G (2009) Lighted stylet-guided intu-
ser möglich.
bation via the intubating laryngeal airway in a patient
with Hallermann-Streiff syndrome. Can J Anesth 56: 147–
Schwere Verläufe bis zum Multiorganversagen
150 sind möglich. Über einen Zusammenhang mit ora-
len Antikonzeptiva und Schwangerschaft wurde
berichtet. Die antibiotische Therapie oder der me-
Hämolytisch-urämisches dikamentöse Versuch, die Darmperistaltik zu redu-
zieren, führen bei Diarrhö zu einem erhöhten Risi-
Syndrom ko für HUS.
Sporadische Fälle waren möglicherweise mit
z Synonyme Faktor-H-Mangel (Leberenzym, das die Komple-
HUS, Gasser-Sy, engl. »haemolytic uraemic syn- mentfreisetzung mitreguliert) und Typ II der mes-
drome«, »red cell fragmentation syndrome«. angiokapillären Glomerulonephritis assoziiert.
Angeborener oder erworbener von-Willebrand-
z Oberbegriffe Faktor-Proteasenmangel kann ebenfalls zum HUS
Autoimmunerkrankung, Nephropathie, Urämie, führen.
Niereninsuffizienz, Hämolyse, Anämie, Ikterus.
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
z Organe/Organsysteme Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura Mo-
Nieren, Erythrozyten, Thrombozyten, Gerinnungs- schcowitz, Kassabach-Merritt-Sy, andere Hämoly-
system, Wasser-Elektrolyt-Haushalt; sekundär wer- se- und Ikterus-Sy, Goodpasture-Sy, Crush-Sy, Lep-
den praktisch alle Organe betroffen. tospirosen, Weil-Krankheit, Lederer-Brill-Sy, Juhel-
Renoy-Sy, Meyer-Betz-Sy, Marchiafava-Micheli-Sy.
z Inzidenz
Häufigste Ursache für Niereninsuffizienz bei Kin- Symptome
dern. In den USA ca. 8 E.-coli-Infekte auf 100.000
Einwohner, ca. 5% dieser Infekte führen zu HUS. In Prodrome: Zeichen einer akuten Virusinfektion
Frankreich 0,7 Fälle auf 100.000 Kinder. (Gastroenteritis, respiratorischer Infekt, »Grippe«).
Hämolytisch-urämisches Syndrom
97 H
Nach kurzem Intervall klassische Trias: Nieren- Hämoglobin, Haptoglobin, LDH), Lokalisierung
versagen, Hämolyse, Thrombozytopenie. und Quantifizierung von Ergüssen.
Je nach Schweregrad zusätzlich: Ikterus (Hyper-
bilirubinämie), Anämie, Oligurie, Anurie, Hy- z Wichtiges Monitoring
posthenurie, Proteinurie, Hämoglobinurie, Hämat- Umfassendes Monitoring der Vitalparameter (EKG,
urie, Urämie, Ödeme, Hypertension, hämorhagi- invasive Blutdruckmessung mit Pulskonturanalyse
sche Diathese (Koagulopathie mit Purpura, [z. B. PiCCO®, Vigileo®, evtl. Pulmonalarterienka-
Petechien), neurologische Störungen (Desorien- theter), häufige Kontrollen des Elektrolyt- und Säu-
tiertheit, Hemiparese, Koma), abdominale Sympto- re-Basen-Status, Blutgase, Pulsoxymetrie, Kapno-
matik (Erbrechen, Diarrhö, Kolitis), Hepatospleno- graphie, Relaxometrie.
megalie, Ergussbildungen (Pleuraerguss, Perikar-
derguss, Aszites), Lungenödem, Entgleisung des z Vorgehen
Wasser-Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts Die Vorgehensweise ist variabel und orientiert sich
(Störung der Homöostase). an der vorherrschenden Befundkonstellation. All-
Verlauf: variabel; von Restitution bis zum Mul- gemeine Vorgaben sind: vorsichtig dosierte Präme-
tiorganversagen (Nieren, Herz-Kreislauf-System, dikation mit kurz wirkenden Sedativa (Midazolam)
ZNS, Lunge, Leber) mit hoher Mortalität. und Aspirationsprophylaxe (20–30 ml 0,3-molares
Natrium citricum peroral oder H2-Rezeptorenblo-
z Therapie cker und Metoclopramid i.v.).
Alle Maßnahmen dienen der Wiederherstellung der Regionalanästhesien sind in der Regel weniger
Homöostase und der kompromittierten Organ- gut geeignet (Gerinnungsstörungen, neurologische
funktionen: Volumen- und Elektrolytbilanzierung, Befunde). Allgemeinanästhesien sind mit Anästhe-
Dialyse, frühzeitiger Plasmaaustausch, Substitution tika durchzuführen, die am wenigsten mit den vor-
(Erythrozyten, Gerinnungsfaktoren, Thrombo- liegenden Organstörungen interferieren. Gut geeig-
zyten), symptomatische Therapie der neurolo- net ist beispielsweise eine balancierte Anästhesie
gischen Störungen (Krampfprophylaxe, Sedierung), mit Etomidat, Desfluran, Isofluran, Midazolam,
Oxygenation (Beatmung); bei angeborenem oder Opioid, Rocuronium, Atracurium, v. a. die Kombi-
erworbenem von-Willebrand-Faktor-Proteasen- nation von Propofol und Remifentanil, da sich spe-
mangel kommt auch die Therapie mit FFP in Be- ziell mit Remifentanil eine gute postoperative Anal-
tracht. gesie erzielen lässt. Generell empfiehlt sich eine
Dosisreduktion entsprechend der Metabolisie-
Anästhesierelevanz rungs- und Eliminationsfähigkeit des Organismus.
Bei der Narkoseeinleitung ausreichend präoxy-
Das anästhesiologische Vorgehen richtet sich nach genieren und »rapid-sequence induction« anwen-
den individuellen Befunden und berücksichtigt den den.
jeweils aktuellen Zustand der Homöostase und Or- Ein differenziertes und bedarfsadaptiertes Infu-
ganfunktionen. Frühzeitige intensivmedizinische sionsregime mit Substitution aller fehlenden Kom-
Behandlung erforderlich. ponenten ist zwingend. Gegebenenfalls periopera-
tive Fortführung eines erforderlichen Dialysever-
z Spezielle präoperative Abklärung fahrens (in der Regel Hämofiltration).
Umfassendes Screening der Vitalparameter und Or-
! Cave
ganfunktionen: EKG, Kreislaufparameter, Thorax-
Regionalanästhesien, Hypervolämie, Enflu-
röntgenaufnahme, Neurologie, Nierenfunktion
ran, Sevofluran wegen der Gefahr zusätz-
(Kreatinin, Harnstoff, Elektrolyt- und Säure-Basen-
licher Nierenschädigung, Hyperkaliämie.
Status, Osmolarität im Serum, bei erhaltener Diure-
se Clearancebestimmungen), Gerinnungssystem
(Quick, PTT, Fibrinspaltprodukte, Äthanoltest),
Blutbild, Leberfunktion, Hämolyseparameter (freies
98 Hecht-Beals-Syndrom

Literatur cholininduzierter Trismus (als eigenständiges Phä-


nomen oder auch im Zusammenhang mit maligner
Johnson GD, Rosales JK (1987) The haemolytic uraemic syn-
drome and anaesthesia. Can J Anaesth 34: 196–199
Hyperthermie), Myotonien, andere Varianten der
Menges M, Bissinger KR, Krieger G, Hack G (1994) Diagnostische Arthrogrypose, Guérin-Stern-Sy, Arthrogrypose.
und intensivmedizinische Probleme beim Hämolytisch-
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med Schmerzther 29: 375–378
Pene F, Vigneau C, Auburtin M et al. (2005) Outcome of severe
adult thrombotic microangiopathies in the intensive care
Eingeschränkte Beweglichkeit der Mandibula bis
unit. Intensive Care Med 31: 71–78 zum Vollbild des sog. Trismus, einem zur Kiefer-
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uraemic syndrome Anaesth Intensive Care 22: 114–115 kulatur. Vergrößerung des Processus coronoideus
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584–587
Beugestellung, sog. Arthrogryposis.
Zeller G, Wandel E, Schwarting A (2003) Mitomycin-indu-
ziertes HUS. Dtsch Med Wochenschr 128: 1398–1402 z Vergesellschaftet mit
Wirbelsäulendeformität (Skoliose), Spina bifida
(occulta), gelegentlich verformte Ohrmuscheln,
H Hecht-Beals-Syndrom mentale Retardierung, Klumpfuß, Herzfehler. Die
klinische Ausprägung des Syndroms kann sehr va-
z Synonyme riabel sein.
Trismus-Pseudokamptodaktylie-Sy (TPS), Dutch-
Kentucky-Sy. z Therapie
Häufige Korrekturoperationen der Extremitäten,
z Oberbegriffe Resektion des Mandibulafortsatzes (Koronoidekto-
Kraniomandibulofaziale Missbildung, Kieferbogen- mie).
Ss, Arthrogryposis-Sy.
Anästhesierelevanz
z Organe/Organsysteme
Gesichtsschädel, Mandibula, M. masseter, Kaumus- Im Vordergrund stehen die zu erwartenden Intuba-
kulatur und Bandapparat. tionsschwierigkeiten. Die meist durch den vergrö-
ßerten Mandibulafortsatz erheblich reduzierte
z Ätiologie Mundöffnung verhindert eine konventionelle La-
Kongenital und hereditär mit autosomal-domi- ryngoskopie. Auch die Gabe eines Relaxans verbes-
nantem Erbgang. Mutation des die schweren Myo- sert die Intubationsbedingungen nur unwesentlich.
sinketten kodierenden Gens (MYH8). Störung des Es scheint keine Kontraindikationen gegen die
kontraktilen Apparates des Muskels vor allem an Anwendung von depolarisierenden Muskelrelaxan-
den Extremitäten und im Gesicht. zien (Succinylcholin) zu geben. Da diese bei den
differenzialdiagnostisch in Frage kommenden Er-
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen krankungen (Myotonien, MH-Prädisposition) kon-
Andere Syndrome, bei denen eine Kiefersperre oder traindiziert sind, sollten sie auch hier nicht verwen-
reduzierte Mundöffnung vorliegt: Freeman-Shel- det werden.
don-Sy (distale Arthrogryposis 2A), Sheldon-Hall-
Sy (distale Arthrogryposis 2B), Crisponi-Sy mit z Spezielle präoperative Abklärung
anfallsartig auftretendem Trismus. Klärung der Ursache für die reduzierte Mundöff-
Verschiedene Prozesse, die zu reduzierter nung (Ausschluss von Abszessen und kieferortho-
Mundöffnung (Kiefersperre) führen: Submandibu- pädischen Befunden), Ausschluss einer Myopathie
larabszess, Mundbodenabszess bzw. -phlegmone, (CK-Bestimmung, EMG), Familienanamnese erhe-
Tonsillarabszess, Kiefergelenkluxation; succinyl- ben (MH?).
HELLP-Syndrom
99 H
z Wichtiges Monitoring
Pulsoxymetrie, Kapnographie, kontinuierliche
HELLP-Syndrom
Temperaturkontrolle.
z Synonyme
z Vorgehen Schwangerschaftstoxämie, Schwangerschaftstoxi-
Wenn möglich sollten periphere oder zentrale Regi- kose.
onalanästhesietechniken bevorzugt werden. Bei HELLP: engl. »hemolysis, elevated liver en-
Kindern ist die Anlage in Sedierung zu überlegen. zymes, low platelets«.
Ist eine Allgemeinanästhesie indiziert, kann
man Verfahren mit erhaltener Spontanatmung oder z Oberbegriffe
manuell asissistierte Maskennarkosen einsetzen. Gravidität, schwangerschaftsinduzierte Hypertonie
Bei Nüchternheit kann die Larynxmaske verwendet (SIH), Eklampsie, Präeklampsie, EPH-Gestose
werden. Bei kooperativen und adäquat prämedi- (engl. »E: edema, P: proteinuria, H: hypertonia«).
zierten Patienten ist die elektive fiberoptische trans-
nasale Intubation Goldstandard. Wenn nicht mög- z Organe/Organsysteme
lich und eine endotracheale Intubation erforderlich, Plazenta, Uterus, Arteriolen (Gefäßsystem), Leber,
kann diese über die in Narkose platzierte Larynx- Nieren, ZNS, Thrombozyten (Gerinnungssystem,
maske erfolgen. Eine Koniotomiebereitschaft sollte Hämostase).
gewährleistet sein. Vor der Einleitung sollte 0,3-mo-
lares Natrium citricum (20–30 ml p.o.) oder ein z Inzidenz
Magensäureblocker gegeben werden. Etwa 1:250 Schwangerschaften und 2 und 7% aller
Gestosen. Die Mortalität beträgt je nach Quelle
! Cave
9,5–60% bei den Neugeborenen und 3,5–5% bei den
Aspiration, depolarisierende Muskelrelaxan-
Müttern. Neuere Zahlen zeigen mit 15% perinataler
zien (Succinylcholin).
und 1% mütterlicher Mortalität eine günstigere Ent-
wicklung. Das HELLP-Syndrom manifestiert sich
Literatur meist um das Gestationsalter von 34 Wochen.

Bamshad M, Jorde LB, Carey JC (1996) A revised and extended z Ätiologie


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100 HELLP-Syndrom

Symptome Die Therapie (z. B. Entbindung) darf nicht


durch zeitraubende Diagnostik verzögert werden.
Kardinalsymptome sind: Hämolyse, Transamina-
senanstieg, Thrombozytopenie. Darüber hinaus z Wichtiges Monitoring
besteht die Symptomatik der EPH-Gestose: Hyper- EKG, invasive Blutdruckmessung, ZVD, Pulsoxy-
tension (arterielle Hypertonie), Ödeme, Proteinu- metrie, Relaxometrie, wiederholte Bestimmung der
rie, Krampfneigung. Gerinnungsparameter, Säure-Basen-Status.
Bei schweren Verlaufsformen kommen hinzu:
epigastrische Schmerzen, Oligurie, Lungenödem, z Vorgehen
Koma, Verbrauchskoagulopathie (disseminierte in- Obwohl rückenmarknahe Regionalanästhesiever-
travasale Gerinnung). fahren die Methode der Wahl bei einer Gestose sind,
Neurologische Komplikationen sind Sinus- sind sie beim manifesten HELLP-Sy wegen der be-
thrombosen, intrazerebrale Blutungen, zerebrale stehenden oder sich abzeichnenden Gerinnungs-
Ödeme und intrakranielle Vasospasmen. problematik kontraindiziert. Stattdessen empfiehlt
sich die Intubationsnarkose. Die Schwangere gilt
z Labor generell als »nicht nüchtern«. Unmittelbar vor Ein-
Hämoglobin, Haptoglobin, Thrombozyten (<100.000/ leitung sollten 20–30 ml 0,3-molares Natrium citri-
μl), Fibrinogen sind erniedrigt. Freies Hämoglobin, cum oral verabfolgt werden. Außerdem ausreichend
H indirektes Bilirubin, ALT, AST und Laktatdehydroge- präoxygenieren und die Methode der sog. Ileusintu-
nase, Harnstoff und Kreatinin sind erhöht. Bei DIC bation (»rapid-sequence induction«) anwenden.
gelingt der Nachweis von Fibrinspaltprodukten (posi- Beachte: Intubationsschwierigkeiten sind bei
tiver Äthanoltest) und eines Antithrombinmangels. Ödemen der Halsweichteile möglich. Keine Präkur-
arisierung bei Magnesiumtherapie wegen vermin-
z Vergesellschaftet mit derter Muskelkontraktilität. Aus dem gleichen
Sekundäres Multiorganversagen. Grund ist mit einer Wirkungsverstärkung und Ver-
längerung nichtdepolarisierender Muskelrelaxanzi-
z Therapie en zu rechnen, Relaxometrie erforderlich.
Unverzügliche Entbindung (in der Regel Sectio cae- Remifentanil wurde in Dosen bis 0,4 mg/kg/
sarea), Einstellung des Blutdrucks (v. a. Dihy- min bis kurz vor der Hysterotomie appliziert. Dies
dralazin, β-Blocker), Unterstützung wichtiger Or- kann zu einer kurzfristigen Beeinflussung des Neu-
ganfunktionen (Atmung, Kreislauf, Diurese, Hämo- geborenen führen, was in diesem Fall als hinnehm-
stase) und der uteroplazentaren Durchblutung. bar gilt.
Medikamentöse Krampfprophylaxe. Infusion von Beachte das Vorliegen einer Anämie, die durch
Magnesiumsulfat. eine Reduktion des Blutvolumens (Hypovolämie)
wegen kapillärer Leckage maskiert sein kann. Kon-
Anästhesierelevanz trolle und Einstellung der Oxygenation, der Kreis-
laufparameter (ggf. Blutdrucksenkung, Rehydrie-
Aufgrund der Kausalität und des Pathomechanis- rung) sowie Optimierung der Nierenfunktion sind
mus der Erkrankung hat die abdominelle Schnitt- wesentlich.
entbindung therapeutischen Charakter und ist so- Bei Koagulopathie ist eine rechtzeitige und adä-
mit der primäre Eingriff. Dies ist der häufigste quate Substitution von Faktoren (FFP, Fibrinogen,
Grund, weswegen der Anästhesist mit diesem Zu- Kalzium) und Thrombozyten angebracht. Insbe-
standsbild konfrontiert wird. sondere bei den Thrombozyten ist weniger die (spo-
radisch bestimmte) absolute Anzahl von Bedeu-
z Spezielle präoperative Abklärung tung, sondern deren Abfall über einen kurzen Zeit-
Blutbild, Gerinnungsparameter, Leber- und Nieren- raum.
funktionsparameter (Kreatinin, Harnstoff, Kalium), In annähernd 60% der Fälle ist die Pseudocho-
Kreislaufparameter, neurologischer Zustand. linesteraseaktivität reduziert, was zur verlängerten
Heparin-induzierte Thrombozytopenie
101 H
Wirkung von Pharmaka führt, die über die Spaltung
einer Esterbindung abgebaut werden.
Heparin-induzierte
Rechtzeitig ist die Stützung kompromittierter Thrombozytopenie
Organfunktionen einzuleiten, allen voran Kreislauf,
Nieren und Atmung. Eine Volumentherapie ist we- z Synonyme
gen bestehender Hypovolämie fast immer not- HIT.
wendig.
Eine besonders schwere Komplikation dieser z Oberbegriffe
Erkrankung stellt die spontane Leberruptur dar Idiosynkrasie, medikamenteninduzierte Thrombo-
(Mortalität 58–70%). Ferner kann es zu Hämatomen zytopenie.
unter der überdehnten Leberkapsel kommen.
Auch nach erfolgter Entbindung ist die Therapie z Organe/Organsysteme
und Überwachung bis zur Stabilisierung aller Or- Thrombozyten, Gerinnungssystem, Immunsys-
ganfunktionen fortzusetzen. tem.
! Cave z Inzidenz
Rückenmarknahe Regionalanästhesien, pro-
HIT I: 10–20%, HIT II: 0,5–3%. Aufgrund der häu-
trahierter Schock, Multiorganversagen.
figen Anwendung von unfraktioniertem Heparin
Literatur relativ häufig, allerdings in seiner schweren Ver-
laufsform selten. Letztere hat eine Mortalität von
Ezri T, Abouleish E, Lee C, Evron S (2002) Intracranial subdural 20–30%, bei weiteren 20–30% kommt es zu einer
hematoma following dural puncture in a parturient with
Defektheilung.
HELLP syndrome. Can J Anesth 49: 820–823
Harscher S, Witte OW, Müller U et al. (2003) Zerebrale Vaso-
spasmen mit hämodynamischen Infarkten als Kompli- z Ätiologie
kation eines HELLP-Syndroms. Nervenarzt 74: 1122–1126 Einteilung nach Schweregrad in 2 Formen:
Hupuczi P, Nagy B, Sziller I et al. (2007) Characteristic labora- HIT I entsteht durch direkte Interaktion von
tory changes in pregnancies complicated by HELLP syn-
drome. Hypertens Pregnancy 26: 389–401
Thrombozyten und Heparin mit (mildem) Abfall
Kam PC, Thompson SA, Liew AC (2004) Thrombocytopenia in der Thrombozytenzahlen unter 100.000 μl–1 (GL–1),
the parturient. Anaesthesia 59: 255–264 meist am 1.–4. Tag nach Beginn der Heparin-The-
Keller C, Brimacombe J, Lirk P, Pühringer F (2004) Failed obste- rapie.
tric tracheal intubation and postoperative respiratory
HIT II ist durch Bildung von Antikörpern gegen
support with the ProSeal laryngeal mask airway. Anesth
Analg 98: 1467–1470
den Komplex aus Plättchenfaktor 4 und Heparin
Lurie S, Sadan O, Oron G et al. (2007) Reduced pseudocholi- immunologisch vermittelt. Die dabei entstehende
nesterase activity in patients with HELLP syndrome. (schwere) Thrombozytopenie ist Folge einer be-
Reprod Sci 14: 192–196 schleunigten Elimination von Thrombozyten im
O’Brien JM, Shumate SA, Satchwell SL et al. (2002) Maternal
retikuloendothelialen System und einer Thrombo-
benefit of corticosteroid therapy in patients with HELLP
(hemolysis, elevated liver enzyme, and low platelet zytenaktivierung mit Aggregation und Thromben-
count) syndrome. Am J Obstet Gynecol 186: 475–479 bildung, meist am 5.‒20. Tag nach Beginn der He-
Okafor UV, Efetie RE (2005) Acute renal failure due to HELLP parin-Therapie.
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Obstet Anesth 14: 265–268 z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Richa F, Yazigi A, Nasser E et al. (2005) General anesthesia with
remifentanil for Cesarean section in a patient with HELLP »Pseudothrombozytopenie«, M. Werlhof, hämoly-
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Stamer UM, Stüber F (2007) Spinal- oder Epiduralanästhesie mus, Moschkowitz-Sy, andere thrombotische Mi-
zur Sectio caesarea bei Präeklampsie. Anästhesiol kroangiopathien, Kollagenosen, Sepsis mit DIC,
Intensivmed Notfallmed Schmerzther 42: 200-207
Vigil DE, Gracia P, Silva S et al. (2001) Anesthetics in pregnant
medikamenteninduzierte Thrombozytopenie (z. B.
women with HELLP syndrome. Int J Gynaecol Obstet 74: Furosemid, Trimethoprim-Sulfamethoxazol, Dihy-
23–27 dralazin, Clonidin, Phenytoin).
102 Heparin-induzierte Thrombozytopenie

Symptome z Vorgehen
Unverzügliches Absetzen des Heparins als Ursache
HIT I beginnt mit Heparinexposition, bleibt jedoch und Umsetzen der Antikoagulation auf Heparinoi-
klinisch relativ wenig relevant, da sich die Throm- de oder Hirudine.
bozytenzahl mit Absetzten des Heparins ohne spe- Heparinoide (Danaparoid) sind sowohl für die
zifische Therapie rasch erholt, z. T. sogar ohne Ab- Prophylaxe bei Verdacht auf HIT als auch bei HIT
setzen des Heparins. II zugelassen, Therapiebeginn trotz potenzieller
Bei HIT II kommt es 5–20 Tage nach Hepari- Kreuzreaktion möglich. r-Hirudin (spezifischer,
nexposition zu einem plötzlichen Abfall der Throm- irreversibler Thrombininhibitor) ist nur für Be-
bozytenzahl, häufig auf Werte unter 20.000–40.000 handlung bei HIT II zugelassen, hat aber geringere
μl–1 (GL–1) oder <50% des Ausgangswertes. Dane- therapeutische Breite. Diese Therapie erfordert eng-
ben treten schwere Thromboembolien trotz schein- maschige Kontrollen von Ecarinzeit und die Durch-
bar ausreichender Antikoagulation auf, bei Reexpo- führung von Thrombinhemmtests.
sition gegenüber Heparin Symptomentwicklung Diese Diagnostik ist aber insgesamt noch unbe-
auch innerhalb von Stunden. friedigend. Empfohlen wird der Einsatz derjenigen
Mögliches Warnzeichen: Heparintoleranz (kei- Medikamente, mit denen im eigenen Umfeld mehr
ne aPTT-Verlängerung trotz steigender Heparindo- Erfahrungen vorliegen. Die Gabe von Thrombozy-
sierung). tenkonzentraten ist trotz Thrombozytopenie nur
H sehr selten indiziert, da sie meist eher das Throm-
z Vergesellschaftet mit boembolierisiko fördern. Der Verlauf kann in Ein-
Venöse Gefäßverschlüsse sind häufiger als arterielle zelfällen dramatisch fortschreiten, schnelles Han-
(»white clot syndrome«), Myokardinfarkt, zere- deln ist angezeigt.
braler Gefäßverschluss, fulminante Lungenembo- Kein Wechsel von unfraktioniertem Heparin
lien, Addison-Krise. auf niedermolekulares Heparin.
Alternative: Argatroban zur Antikoagulation –
Anästhesierelevanz ist sehr gut steuerbar. Die Anwendung von Argatro-
ban führt zu einer Reduktion des Labor-Quick-
Erkennen von HIT bei Intensivpatienten oder Pa- wertes auf ca. 25–40%. Das ist bei Absetzen des
tienten mit Nierenersatzverfahren. Vermeiden der Argatrobans reversibel und für sich alleine kein
Gabe von Heparin in Kardio- und Gefäßchirurgie Grund, die Argatrobaninfusion zu beenden. Bei Pa-
bei bekannten Antikörpern. tienten, die in der Anamnese eine HIT II aufweisen,
kann nach ausreichend langer Karenzzeit eine kar-
z Spezielle präoperative Abklärung diochirurgische OP mit HLM und Heparin durch-
Diagnosestellung schwierig, es bestehen keine ein- geführt werden, wenn sich die Antikörper bis zum
heitlichen Diagnosekriterien. OP-Zeitpunkt zurückgebildet haben. Die Fortfüh-
rung der Antikoagulation muss dann mit Argatro-
z Wichtiges Monitoring ban oder Danaparoid erfolgen.
Regelmäßige Kontrolle der Thrombozytenzahlen Obligate Meldung an die Arzneimittelkomis-
empfohlen, wenngleich die Relevanz bisher nicht sion der Deutschen Ärzteschaft, Dokumentation in
eindeutig belegt ist. Tests: ELISA zur Messung von einem Notfallausweis.
heparinabhängigen, bindungsspezifischen Anti-
körpern, hat höhere Sensitivität als Thrombozyten- ! Cave
aggregationsteste und C14-Serotoninfreisetzungs- Pseudothrombozytopenie: Bei Verwendung
test, liefert jedoch häufiger falsch-positive Ergeb- von EDTA kommt es zur In-vitro-Aggregation
nisse. Heparininduzierter Plättchenaktivationstest von Thrombozyten und infolge dessen zur
(HIPA-Test); welcher jedoch meist nur (verspätete) Bestimmung falsch-niedriger Thrombozyten-
Bestätigung einer klinischen Diagnose liefern zahlen. Bei Unklarheit sollte eine Bestim-
kann. mung aus Zitratblut erfolgen.
H-H-H-Syndrom
103 H
Literatur Mitochondrium, was zur Anreicherung von Meta-
boliten des Eiweißstoffwechsels im Zytoplasma
Alvarez GF, Bihari D, Collins D (2007) Heparin-induced throm- führt. Das behindert die Entgiftung von Ammoniak
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Napolitano LM, Warkentin TE, Almahameed A, Nasraway SA
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care setting: diagnosis and management. Crit Care Med Symptome
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Med 35: 1165–1176
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Warkentin TE (2002) Heparin-induced thrombocytopenia and
the anesthesiologist. Can J Anesth 49 (Suppl): S36–S49 tige Retardierung, spastische Paraparese, Zittern,
Warkentin TE, Cook DJ (2005) Heparin, low molecular weight Ataxie, Erbrechen. Fulminante hepatitisähnliche
heparin, and heparin-induced thrombocytopenia in the Symptomatik mit massiven ASAT- und ALAT-An-
ICU. Crit Care Clin 21: 513–529 stiegen innerhalb weniger Tage, Koagulopathie
möglich.

H-H-H-Syndrom z Labor
Hyperornithinämie und Hyperammonämie, gele-
z Synonyme gentlich Glutamat erhöht. Homocitrullinurie, Aus-
Hyperornithinämie-Hyperammonämie-Homoci- scheidung von 3-Amino-2-piperidin und Orotat.
trullinurie-Sy.
z Vergesellschaftet mit
z Oberbegriffe Verhaltensstörungen.
Stoffwechselstörungen, Thesaurismosen, Hyperor-
nithinämie, Hyperammonämie, Homocitrullinu- z Therapie
rie. Eiweißarme Diät (<1,2 g Protein/Tag). Gabe von
Ornithin, Arginin und Citrullin.
z Organe/Organsysteme
Leber, Harnstoffzyklus, zentrales Nervensystem. Anästhesierelevanz
z Inzidenz Die endogene Proteinbelastung (Ernährung, Trau-
Sehr selten, nur sehr wenige betroffene Familien ma, Infekt, Immunisierung) kann zur Hyperammo-
bekannt. nämie beitragen.

z Ätiologie z Spezielle präoperative Abklärung


Hereditär mit autosomal-rezessivem Erbmodus. Prä- und postoperativ Ammoniakspiegel bestim-
Die Mutation befindet sich auf Chromosom 13 men.
(q14). Der Gendefekt bewirkt eine Störung des
Transports von Ornithin zwischen Zytoplasma und
104 Hippel-Lindau-Syndrom

z Vorgehen z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen


Perioperativ Eiweißbelastung vermeiden; d. h. un- ZNS-Tumoren anderer Genese, Phäochromozytom
nötige präoperative Nüchternheit vermeiden, um anderer Genese, multiple endokrine Neoplasien.
Hyperkatabolismus zu verhindern. Volumenersatz
soweit wie möglich mit kristalloiden und kolloiden Symptome
Volumenersatzmitteln. Die Leberperfusion und
Oxygenierung muss während der Anästhesie unbe- Manifestation im jungen Erwachsenenalter (15.–
dingt Aufrecht erhalten werden. Theoretisch bieten 30. Lebensjahr). Charakteristische Läsion ist das
sich hier Isofluran und Sevofluran wegen der erhal- kapilläre Hämangioblastom der Retina (25%) mit
tenen »hepatic arterial buffer response« an. der Folge einer Glaukombildung und Erblindung.
Bei Kooperativität des Patienten gibt es keine Hämangioblastom des ZNS (insbesondere im
besonderen Vor- oder Nachteile einer Regional- Kleinhirn). Häufige Initialsymptome sind Kopf-
oder Allgemeinanästhesie. schmerzen, Schwindel, Erbrechen, ataktische Symp-
Die orale Gabe von Citrullin (ca. 3 g/Tag) kann tome (Hirndruckzeichen bei Raumforderungen in
die Einschleusung von Ammoniak in den Harn- der hinteren Schädelgrube).
stoffzyklus erleichtern.
z Vergesellschaftet mit
Literatur
In Pankreas und Niere lokalisierte Zysten oder Tu-
H more, gelegentlich auch in Lungen, Leber, Knochen,
Fecarotta S, Parenti G, Vajro P et al. (2006) HHH syndrome (hy-
perornithinaemia, hyperammonaemia, homocitrullinu- Milz, Omentum, Ovarien. Uni- oder bilaterales
ria), with fulminant hepatitis-like presentation. J Inherit Phäochromozytom bei 15–20% der Patienten. Hohe
Metab Dis 29: 186–189 Inzidenz von Hämangioblastomen des Rücken-
Michaelis G, Biscoping J, Hempelmann G (1986) Das H-H-H-
Syndrom: eine seltene, auch anästhesiologisch relevante
marks. Asymptomatische renale Klarzellkarzinome
Erkrankung. Anästh Intensivther Notfallmed 21: 315–317 sind eine häufige Todesursache, da die Diagnose-
stellung oft in einem fortgeschrittenen Tumorstati-
on erfolgt. Assoziation mit Keimbahntumoren
(Zystadenom der Epididymis). Ein Tumor des In-
Hippel-Lindau-Syndrom nenohrs (Saccus endolymphaticus) kann zu Taub-
heit führen.
z Synonyme
v.-Hippel-Lindau-Krankheit, Angiomatosis retino- Anästhesierelevanz
cerebellosa, »viscerocystic retinoangiomatosis«.
Neurochirurgische Entfernung von Hämangioblas-
z Oberbegriffe tomen, Resektion des Phäochromozytoms, Nieren-
Neuroektodermale Erkrankungen, Phakomatosen. karzinom, häufig urologischer Eingriff eines Zysta-
z Organe/Organsysteme denoms der Epididymis.
Präoperativ undiagnostizierte Phäochromozy-
ZNS, Augen, Niere, Leber, Hämatopoese, Keim-
tome können zu einer extremen Hypertonie und
bahn.
Tachykardie führen und haben eine hohe Morta-
z Inzidenz lität.
Geschätzt 1:35.000 bis 1:40.000. Die Durchführung einer Epiduralanästhesie
bringt eine nicht geringe Gefahr von Blutungen und
z Ätiologie neurologischen Ausfällen mit sich, wenn ein zuvor
Autosomal-dominanter Vererbungsmodus oder symptomloses und daher undiagnostiziertes Häm-
sporadische Neumutation, variable Penetranz. Lo- angioblastom tangiert wird.
kalisation des Defekts an Chromosom 3, v.-Hippel- In der Schwangerschaft können zuvor asympto-
Lindau-Gen mit tumorsuppressiven Eigenschaften matische zerebrale Hämangioblastome rasch an
identifiziert. Größe zunehmen und relevante Symptome bis zur
Holt-Oram-Syndrom
105 H
akuten Einklemmung hervorrufen. Eine Epidural- Kaelin WG (2007) Von Hippel-Lindau disease. Annu Rev Pathol
anästhesie kann zur geplanten, spontanen oder as- Mech Dis 2: 145–173
Mugawar M, Rajender Y, Purohit AK et al. (1998) Anesthetic
sistierten vaginalen Entbindung erforderlich sein.
management of von Hippel-Lindau syndrome for excisi-
on of cerebellar hemangioblastoma and pheochromocy-
z Spezielle präoperative Abklärung toma surgery. Anesth Analg 86: 673–674
Ausschluss eines Phäochromozytoms (bildgebende Neumann HP, Cybulla M, Gläsker S et al. (2007) Von Hippel-
Diagnostik, Vanillinmandelsäure- und Metane- Lindau Erkrankung: Interdisziplinäre Patientenversor-
gung. Ophthalmologe 104: 119–126
phrin-Bestimmung im 24-h-Sammelurin).
Popesco D, Campy H, Beddock R et al. (2001) Anesthésie péri-
durale pour césarienne chez une patiente atteinte du
z Wichtiges Monitoring syndrome de von Hippel-Lindau. Ann Fr Anesth Reanim
Invasive Blutdruckmessung. 20: 44–46

z Vorgehen
Viele der Patienten sind blind und benötigen eine
gute verbale Betreuung, um ein Vertrauensverhält- Holt-Oram-Syndrom
nis herzustellen und Angst abzubauen. Zusätzlich
trägt eine sedierende Prämedikation zum Patien- z Synonyme
tenkomfort bei. Liegt eine intrakranielle Raumfor- Cardiac-limb syndrome, heart-hand syndrome,
derung vor, müssen entsprechende Maßnahmen kardiodigitales Sy, Harris-Osborne-Sy.
zur Beibehaltung eines konstanten Hirndrucks er-
griffen werden. Bei einer »Rapid-sequence«-Einlei- z Oberbegriffe
tung sollte kein Succinylcholin verwendet werden. Dysmorphiesyndrome, Dysmelie.
Die Betreuung von Patientinnen in der Geburts-
hilfe erfordert eine interdisziplinäre Zusammenar- z Organe/Organsysteme
beit mit umfassender Diagnostik und Dokumenta- Extremitäten, Skelettsystem, Herz.
tion. Fallberichte beschreiben die komplikationslose
Durchführung einer Periduralanästhesie nach Aus- z Inzidenz
schluss von Läsionen des Rückenmarks. Sehr selten, Prävalenz 0,95 auf 100.000 Geburten.
! Cave Letalität abhängig von Art und Ausprägung des
Undiagnostiziertes Phäochromozytom, Herzfehlers.
Epiduralanästhesie ohne vorausgehende
z Ätiologie
Diagnostik.
Kongenital mit autosomal-dominantem Erbgang.
Literatur In 30–85% isolierte Fälle, ansonsten familiär be-
dingt. Meist liegen Mutationen am Chromosom12q
Berl M, Dubois L, Belkacem H et al. (2003) Maladie de von
Hippel-Lindau et anesthésie obstétricale: à propos de 3
vor.
cas. Ann Fr Anesth Reanim 22: 359–362
Boker A, Ong BY (2001) Anesthesia for Cesarean section and z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
posterior fossa craniotomy in a patient with von Hippel- Thrombopenie-Radiusaplasie (TAR-Sy), Thalido-
Lindau disease. Can J Anesth 48: 387–390 mid-Embryopathie, Aase-Sy.
Demiraran Y, Ozgön M, Utku T, Bozkurt P (2001) Epidural an-
aesthesia for Caesarean section in a patient with von
Hippel-Lindau disease. Eur J Anaesthesiol 18: 330–332 Symptome
Goel S, Johar N, Abraham M (2005) Anesthesia for emergency
craniotomy in a patient with von Hippel Lindau disease Alle Arten von Herzrhythmusstörungen in Kombi-
with pheochromocytoma. J Neurosurg Anesthesiol 17: nation mit Anomalien der oberen Extremität sind
173–174
Gurunathan U, Korula G (2004) Unsuspected pheochromocy-
möglich. Die Ausprägung der Extremitätenfehlbil-
toma: von Hippel-Lindau disease. J Neurosurg Anesthesiol dungen korreliert meist mit der Schwere der Herz-
16: 26–28 fehler. Bei Vererbung reicht die Deformität der Ex-
106 Hunter-Syndrom

tremitäten zur Diagnosestellung, bei isolierten Fäl- Shono S, Higa K, Kumano K, Dan K (1998) Holt-Oram syn-
len muss beides vorhanden sein. Zur Dysmelie drome. Br J Anaesth 80: 856–857
Smets K, Mortier G, Zecic A (2005) Perinatal/neonatal case
gehören in unterschiedlicher Ausprägung hypo-
presentation: unexpected severe respiratory insufficien-
plastischer Daumen, Klinodaktylie (radiale Schief- cy in a newborn with Holt-Oram Syndrome. J Perinatol 25:
stellung der Finger(glieder)), Brachydaktylie, Syn- 745–746
daktylie, Hypoplasie des Radius, Humerus oder von White S, Parry M, Henderson K (2003) Anaesthesia for total hip
beiden, Hypoplasie der Klavikula oder des M. pec- replacement in a patient with Holt-Oram syndrome. Eur J
Anaesthesiol 20: 336–338
toralis major, hypoplastische Gefäße, fehlende
A. radialis.
Kardiale Manifestationen sind Vorhofseptum-
defekt (41,8%), Ventrikelseptumdefekt (13,8%),
Fallot-Tetralogie, Fehlmündung der Pulmonalve- Hunter-Syndrom
nen, persistierender Ductus arteriosus Botalli.
z Synonyme
z Vergesellschaftet mit Mucopolysaccharidose Typ II (MPS II)
Plötzlicher Herztod.
z Oberbegriffe

H Anästhesierelevanz Speicherkrankheit (Thesaurismose), Mucopolysac-


charidose, Gangliosidose, Enzymopathie, Missbil-
Operation angeborener Herzvitien, Versorgung mit
dungen.
Herzschrittmacher. Bei Neugeborenen an die Mög-
lichkeit einer postpartalen Ateminsuffizienz den- z Organe/Organsysteme
ken!
Haut, Gefäße, Herz, Herzklappen, Lunge, ZNS, Be-
z Präoperative Untersuchungen wegungsapparat.
Echokardiographie, ggf. Holter-EKG z Inzidenz

z Wichtiges Monitoring 1:100.000. Manifestationsbeginn im Alter von 2–4


Jahren (Symptome sind bei Geburt nicht sichtbar).
EKG (Ableitung V5), invasive Blutdruckmessung
Die Lebenserwartung liegt zwischen 15 und 60 Jah-
an der A. femoralis.
ren.
z Vorgehen
z Ätiologie
Sowohl balancierte Anästhesie als auch rücken-
X-chromosomal-rezessiver Erbmodus. Zugrunde
marknahe Regionalanästhesie (z. B. kombinierte
liegt eine alleinige Mutation auf Xq27.3-q28, dem
Spinal-Epidural-Anästhesie bei Sectio caesarea)
Gen für Iduronat-2-sulfatase (IDS). Lysosomale
sind beschrieben. Postoperativ intensive Überwa-
Speicherkrankheit (die reduzierte IDS-Aktivität
chung der kardialen Funktion erforderlich. Endo-
hemmt Abbau von Mukopolysacchariden), die
karditisprophylaxe nach den aktuellen Empfeh-
durch die Akkumulation von sauren Heparansulfat
lungen.
und Dermatansulfate im zentralen Nervensystem
und in peripheren Geweben gekennzeichnet ist. Die
Literatur
Krankheit wird heute als Mukopolysaccharidose
Basson CT, Cowley GS, Solomon SD et al. (1994) The clinical Typ II klassifiziert. Beschrieben sind als Extrem-
and genetic spectrum of the Holt-Oram syndrome (heart- formen eine milde und eine schwere Form als kli-
hand syndrome). N Engl J Med 330: 885–891 nische Varianten.
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formations. Br Heart J 22: 236–242 z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
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Anesthesia for cesarean section in a patient with Holt- Scheie-Sy (MPS I S), Hurler-Scheie-Sy (MPS I H/S),
Oram syndrome. Int J Obstet Anesth 16: 86–88 Sanfilippo-Sy Typen A-D (MPS III A-D), Morquio-
Huntington-Chorea
107 H
Sy Typen A und B (MPS IV A, B), Maroteaux-Lamy- Hunter-Sy häufig vorkommt, ist auch die erfolgrei-
Sy (MPS VI), Sly-Sy (MPS VII). che Verwendung der supraglottischen I-Gel-Maske
mit nachfolgender Intubation durch die Maske be-
Symptome schrieben worden Ein analoges Vorgehen mit ande-
ren supraglottischen Atemwegsinstrumenten wie
Mentale Retardierung, Hyperaktivität, destruktives die Larynxmaske ist ebenfalls möglich.
Verhalten, moderater bis schwerer Hydrozephalus
mit erhöhtem intrakraniellen Druck ab einem Alter Literatur
von 7 Jahren, Krampfanfälle, Kurzhals, Verdickun-
gen der Nasenschleimhaut, Lippen und Zunge, Gaitini L, Fradis M, Vaida S, Collins G (1998) Failure to control
the airway in a patient with Hunter’s syndrome. J Laryngol
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Otol 112: 380–382
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z Vergesellschaftet mit 126–131
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agement of Hunter syndrome. Pediatrics 124: e1228–
sind oft Intubationsschwierigkeiten durch steifen 1239
Nacken, steifes Mandibulargelenk, Makroglossie,
verengte Glottis, verdickte Schleimhaut in den
Atemwegen. Die perioperative Morbidität von 50%
ist meist durch Atemwegsprobleme verursacht. Huntington-Chorea
z Spezielle präoperative Abklärung z Synonyme
Intubierbarkeit, Lungenfunktion. Lund-Huntington-Chorea, Veitstanz, Erbchorea.

z Wichtiges Monitoring z Oberbegriffe


Pulsoxymetrie, Kapnometrie oder -graphie. Neurologische (neurodegenerative) Erkrankung,
choreatische Ss, extrapyramidale Ss.
z Vorgehen
Fiberoptische Intubation oder Hochfrequenz-Jet- z Organe/Organsysteme
ventilation erwägen, inhalative Einleitungen mit ZNS, Bewegungsapparat.
Sevofluran sind beschrieben. Empfohlen wird die
Verwendung kurzwirksamer Hypnotika, da verlän- z Inzidenz
gerte Aufwachzeiten aufgrund von veränderten 1 :12.500–25.000 in Europa; Krankheitsausbruch
pharmakokinetischen und -dynamischen Eigen- meist im 3.–5. Lebensjahrzehnt, keine Geschlechts-
schaften berichtet wurden. unterschiede.
Für die sichere fiberoptische Intubation von
nicht kooperierenden Patienten, wie dies beim
108 Huntington-Chorea

z Ätiologie Anästhesierelevanz
Hereditär, autosomal-dominanter Erbgang. Im
Phänotyp besteht kein Unterschied zwischen hete- Im Vordergrund stehen die Aspirationsgefahr bei
ro- und homozygoten Anlageträgern. CAG-Triplet- Dysphagie und die Gefahr einer Exazerbation der
Expansion auf dem kurzen Arm des Chromosoms 4 extrapyramidalen Symptomatik durch Anästhetika.
führt zu einer Produktion von Huntingtin, einem
Protein, das sich im Zellzytoplama und im Zellkern z Spezielle präoperative Abklärung
anreichert. Thoraxröntgenaufnahme, Hydratationszustand
Progrediente Degeneration (Neuronenverlust (Serumelektrolyte, Serumosmolarität).
und Astrogliose) in Nucleus caudatus, Putamen
und Hirnrinde mit Überwiegen dopaminerger Ak- z Wichtiges Monitoring
tivität. Die durchschnittliche Krankheitsdauer be- Pulsoxymetrie, Kapnographie, ggf. invasive Blut-
trägt 16 Jahre. druckmessung, ZVD, Kontrollen des Elektrolyt-
und Säure-Basen-Status.
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Juvenile Huntington-Krankheit (JHD), Sydenham- z Vorgehen
Sy (Chorea minor), Dubini-Sy, Morvan-Sy, Touret- Bei unkooperativen und motorisch hyperaktiven
te-Sy, Chorea gravidarum, Gerstmann-Sy Typ II, Patienten kann eine sedative Prämedikation mit
H Bobble-head-doll-Sy, Parkinson-Sy, Melliturie-Ss, Benzodiazepinen sinnvoll sein, sie kann aber u. U.
Kuru, Torsionsdystonie (M. Oppenheim), Meige- durch Reflexminderung die Aspirationsgefahr er-
Sy, Hallervorden-Spatz-Sy, Creutzfeld-Jakob-Sy, höhen. Allerdings kann eine erhöhte Sensitivität auf
Wilson-Sy. Midazolam vorliegen. Die Ergänzung der Prämedi-
kation mit H2-Rezeptorenblockern erscheint sinn-
Symptome voll. Die Gabe von Metoclopramid ist kontraindi-
ziert. Bei Allgemeinanästhesien empfiehlt sich eine
Zunehmende extrapyramidale Motorik: chorea- »rapid-sequence induction«.
tische, athetoide Bewegungsstörungen (unkoordi- Einige Autoren berichten über prolongierte Ap-
nierte Massenbewegungen), Hypertonus, starke noephasen nach Thiopental und Succinylcholin bei
Rigidität, Spastizität, parkinsonoide Symptome erhöhten Dosierungen bzw. bestehenden anderen
(Tremor, Hyperreflexie, Myoklonie), Gangstörung Vorerkrankungen. Diese Substanzen sollten zu-
(Ataxie), Sprachstörung (Dysarthrie), Dysphagie, rückhaltend dosiert werden. Alternativen sind vor-
geringe Krampfneigung (2%), Inkontinenz. handen wie z. B. Propofol, Vecuronium, Atracuri-
um, Mivacurium, Rocuronium. Ein unproblemati-
z Vergesellschaftet mit scher Einsatz von Succinylcholin ist in der
Dysphagiefolgen wie Aspirationsneigung mit respi- Zwischenzeit auch beschrieben worden.
ratorischen Infekten, reduzierter Ernährungszu- Als Alternative zur »rapid sequence induction«
stand (Kachexie). bei Aspirationsgefahr bietet sich eine wach-fiberop-
Grand-mal-Epilepsie bei 1–3%, progrediente tische Intubation, z. B. mit einer Analgosedierung
psychische Alteration (Stimmungsschwankungen, mit Remifentanil, an.
Depressionen, Agressivität, Apathie, Desorientiert- Unter den volatilen Anästhetika werden Se-
heit, Demenz). vofluran und Desfluran bevorzugt. Enfluran ist bei
Eine Endokarditis findet sich häufiger bei der Krampfneigung weniger geeignet, Halothan kann
Chorea minor (20%). bei einer Butyrophenonmedikation ungünstige
Kreislaufeffekte auslösen.
z Therapie Bei Antagonisierung der nichtdepolarisieren-
Zentral wirksame Dopaminrezeptorenblocker (Bu- den Relaxanzien sollte die Vagolyse mit dem nicht
tyrophenone, Haloperidol). liquorgängigen Glykopyrrolat durchgeführt wer-
den. Zu beachten ist eine erhöhte Sensitivität auf
Huntington-Krankheit im Kindesalter
109 H
anticholinerge Substanzen. Bei Opioiden scheint es
keine Einschränkungen zu geben. Das Infusionsre-
Huntington-Krankheit
gime sollte die Rehydrierung der zumeist ausge- im Kindesalter
trockneten Patienten berücksichtigen.
Eine Kombination von Propofol mit Remifenta- z Synonyme
nil ist gut steuerbar und ermöglicht eine zügige Er- JHD.
holung der Schutzreflexe der Atemwege, wenngleich
auch für Remifentanil eine leicht verlängerte kon- z Oberbegriffe
textsensitive Halbwertszeit beschrieben worden ist. Neurologische (neurodegenerative) Erkrankung,
Die Extubation darf erst nach sicherem Wieder- choreatische Ss, extrapyramidale Ss.
einsetzen einer genügenden Spontanatmung und
bei vorhandenen Reflexen erfolgen. z Organe/Organsysteme
Rückenmarknahe Regionalanästhesien schei- ZNS, autonomes Nervensystem, Bewegungsappa-
nen im Rahmen üblicher Kontraindikationen mög- rat.
lich, sofern autonome Dysfunktionen beachtet wer-
den. Die erfolgreiche Durchführung einer Spinalan- z Inzidenz
ästhesie ist in der Literatur beschrieben. Krankheitsausbruch im Jugendalter, ca. 6% aller
Chorea-Huntington-Fälle.
! Cave
Metoclopramid, L-Dopa, Ketamin, liquorgän- z Ätiologie
gige Vagolytika (Atropin, Scopolamin).
Möglicherweise eigene Entität gegenüber der Cho-
rea Huntington im Erwachsenenalter aufgrund ver-
Literatur schiedener klinischer Unterschiede. Hereditär, au-
tosomal-dominanter Erbgang, meist Übertragung
Costarino A, Gross J (1985) Patients with Huntington’s chorea vom Vater. Progrediente Degeneration (Neuronen-
may respond normally to succinylcholine. Anesthesiology
verlust und Astrogliose) in Nucleus caudatus, Puta-
63: 570
Esen A, Karaaslan P, Can Akgün R, Arslan G (2006) Successful men und Hirnrinde mit Überwiegen dopaminerger
spinal anesthesia in a patient with Huntington’s chorea. Aktivität. Kürzerer Krankheitsverlauf als im Er-
Anesth Analg 103: 512–513 wachsenenalter (<16 Jahre), häufigeres Überwiegen
Gilli E, Bartoloni A, Fiocca F et al. (2006) Anaesthetic manage- der Rigidität gegenüber der Chorea als führendes
ment in a case of Huntington’s chorea. Minerva Anestesiol
Symptom (Westphal-Variante).
72: 575–762
Kivela JE, Sprung J, Southorn PA et al. (2010) Anesthetic ma-
nagement of patients with Huntington disease. Anesth z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Analg 110: 515–523 Chorea Huntington, Sydenham-Sy (Chorea minor),
Kulemeka G, Mendonca C (2001) Huntington’s chorea: use of Dubini-Sy, Morvan-Sy, Tourette-Sy, Chorea gravi-
rocuronium. Anaesthesia 56: 1019
darum, Gerstmann-Sy Typ II, Bobble-head-doll-Sy,
Leng CP, Gupta K (2001) Huntington’ chorea. Br J Anaesth 86:
154–155 Parkinson-Sy, Melliturie-Ss, Kuru, Torsionsdysto-
MacPherson P, Harper I, MacDonald I (2004) Propofol and re- nie (M. Oppenheim), Meige-Sy, Hallervorden-
mifentanil total intravenous anesthesia for a patient with Spatz-Sy, Creutzfeld-Jakob-Sy, Wilson-Sy.
Huntington disease. J Clin Anesth 16: 637–538
Mitra S, Sharma K, Arora S et al.(2001) Repeat anesthetic ma-
nagement of a patient with Huntington’s chorea. Can J
Symptome
Anesth 48: 933–934
Nagele P, Hammerle AF (2000) Sevoflurane and mivacurium in Beginnt im Kindesalter. Zunehmende extrapyrami-
a patient with Huntington’s chorea. Br J Anaesth 85: 320– dale Motorik: choreatische, athetoide Bewegungs-
321 störungen (unkoordinierte Massenbewegungen),
Hypertonus, nur geringe Rigidität, Spastizität, par-
kinsonoide Symptome (Tremor, Hyperreflexie, My-
oklonie), Gangstörung (Ataxie), Sprachstörung
110 Hurler-Syndrom

(Dysarthrie), Dysphagie, höhere Krampfneigung Bei Antagonisierung der nichtdepolarisierenden


(50%), zerebelläre Ataxie (20%), zerebelläre Gluko- Relaxanzien sollte die Vagolyse mit dem nicht li-
semetabolisierungsstörungen, Inkontinenz, auto- quorgängigen Glykopyrrolat durchgeführt werden.
nome Dysfunktionen. Das Infusionsregime muss insbesondere bei auto-
nomen Dysfunktionen eine Isovolämie zum Ziel
z Vergesellschaftet mit haben.
Dysphagiefolgen wie Aspirationsneigung mit respi- Die Extubation darf erst nach sicherem Wieder-
ratorischen Infekten, reduzierter Ernährungszu- einsetzen einer genügenden Spontanatmung und
stand (Kachexie). bei vorhandenen Reflexen erfolgen.
Grand-mal-Epilepsie bei 1–3%, progrediente Insbesondere postoperatives »shivering« muss
psychische Alteration (Stimmungsschwankungen, zur Vermeidung der Induktion von klonischen
Depressionen, Aggressivität, Apathie, Desorien- Spasmen vermieden werden.
tiertheit, Demenz).
! Cave
Eine Endokarditis findet sich häufiger bei der
Metoclopramid, L-Dopa, Ketamin, liquorgän-
Chorea minor (20%).
gige Vagolytika (Atropin, Scopolamin).
z Therapie
Zentral wirksame Dopaminrezeptorenblocker (Bu- Literatur
H tyrophenone, Haloperidol). Gupta K, Leng CP (2000) Anaesthesia and juvenile Huntington’s
disease. Paediatr Anaesth 10: 107–109
Anästhesierelevanz Hines RL, Marschall KE (2008) Stoelting’s anesthesia and co-
existing diseases, 5th edn. Churchill Livingstone, Phila-
delphia, p 229
Im Vordergrund stehen die Aspirationsgefahr bei
Kaufman MA, Erb T (1990) Propofol for patients with
Dysphagie und die Gefahr einer Exazerbation der Huntington’s chorea. Anaesthesia 45: 889–890
extrapyramidalen Symptomatik durch Anästhetika. Leng CP, Gupta K (2001) Huntington’s chorea. Br J Anaesth 86:
154–155
z Spezielle präoperative Abklärung Mason R (2001) Anaesthesia databook: a perioperative and
peripartum manual, 3rd edn. Cambridge University Press,
Thoraxröntgenaufnahme, Hydratationszustand (Se-
Cambridge, pp 249–250
rumelektrolyte, Serumosmolarität), autonome Dys-
funktionen.

z Wichtiges Monitoring Hurler-Syndrom


Pulsoxymetrie, Kapnographie, ggf. invasive Blut-
druckmessung, zentraler Venendruck, Kontrollen z Synonyme
des Elektrolyt- und Säure-Basen-Status. Pfaundler-Hurler-Sy, Morbus Hurler, Mukopoly-
saccharidose Typ IH, Lipochondrodystrophie, Dys-
z Vorgehen ostosis multiplex, Gargoylismus (frz. »gargouille«,
Sedative Prämedikation mit Benzodiazepinen, sie Wasserspeier).
kann aber u. U. durch Reflexminderung die Aspira-
tionsgefahr erhöhen. Die Durchführung einer »ra- z Oberbegriffe
pid-sequence induction« ist sinnvoll, ebenso die Speicherkrankheit (Thesaurismose), Mukopolysac-
Ergänzung der Prämedikation mit H2-Rezeptoren- charidose, Gangliosidose, Enzymopathie, Missbil-
blockern. Metoclopramid ist jedoch kontraindiziert. dungen.
Nach neueren Arbeiten gibt es keine Einschrän-
kungen bei der Auswahl von Relaxanzien, Hypnoti- z Organe/Organsysteme
ka oder Opioiden. Knochen, Skelett, Hypophyse, Gehirn, ZNS, Leber,
Unter den volatilen Anästhetika werden Se- Milz, Hornhaut, Skleren, Haut, Herz, Lymph-
vofluran und Isofluran bevorzugt. knoten.
Hurler-Syndrom
111 H
z Inzidenz z Labor
1:100.000. Mukopolysaccharidurie (Nachweis von Heparan-
und Dermatansulfat im Urin), Granulationsanoma-
z Ätiologie lie der Leukozyten.
Hereditär mit autosomal-rezessivem Erbgang (Gen-
defekt lokalisiert auf Chromosom 4). Ein angebore- z Therapie
ner Defekt oder kompletter Mangel der α-L-Iduro- Therapieansätze mit Enzymsubstitution, Knochen-
nidase führt zur übermäßigen Anhäufung der nicht marktransplantation
abbaubaren Mukopolysaccharide Dermatan- und
Heparansulfat. Beim milder ausgeprägten Scheie-Sy z Vergesellschaftet mit
(MPS-I-S) liegt eine partiale Enzymfunktion vor, Geistige Retardierung (häufig, jedoch nicht obli-
beim schwereren Hurler-Sy ein kompletter Mangel gat), Hydrozephalus, kardiovaskuläre Verände-
mit folgender früherer Krankheitsmanifestation. rungen: Mukopolysaccharideinlagerungen in der
Intima von Herzkranzgefäßen mit Folge einer koro-
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen naren Herzkrankheit; darüber hinaus führen Einla-
Andere Mukopolysaccharidosen: Scheie-Sy, Hurler- gerungen in den Herzklappen insbesondere an der
Scheie-Sy, Hunter-Sy, Sanfilippo-Sy, Morquio-Sy, Mitralklappe zur Insuffizienz; Entwicklung einer
Maroteaux-Lamy-Sy, Sly-Sy. Andere Speicherkrank- Kardiomyopathie. Pulmonale und systemische Hy-
heiten: Glykogenose Typ II (Pompe), Cystinose pertonie. Restriktive Ventilationsstörungen, Dys-
(Abderhalden-Kaufmann-Lignac-Sy), Lipogranu- krinie und häufige Infekte des Respirationstraktes,
lomatose (Farber-Sy). Andere Sy mit kraniofazialer Hepatosplenomegalie, Schwerhörigkeit, Hornhaut-
Deformierung bzw. Makroglossie: Wiedemann-Be- trübungen, Hernien.
ckwith-Sy, Cornelia-de-Lange-Sy, kongenitale Hy-
pothyreose (Myxödem), François-Sy. Andere Min- Anästhesierelevanz
derwuchs-Ss: Kashin-Beck-Sy, Rubinstein-Taybi-Sy,
Bamatter-Franceschetti-Klein-Sierro-Sy. Unter- Je älter der Patient ist, desto häufiger muss mit er-
scheidung von primären Bindegewebserkran- heblichen Intubationsschwierigkeiten gerechnet
kungen (Ehlers-Danlos-Sy, Marfan-Sy) durch En- werden. Die endotracheale Intubation ist nicht nur
zymdefektnachweis. im oberen Atemweg als Folge der syndromtypischen
Gesichtsmalformationen und der eingeschränkten
Symptome Beweglichkeit der HWS und der Kiefergelenke,
sondern auch im distalen Atemweg durch Verfor-
Meist innerhalb des ersten Lebensjahres auftretende mungen und Stenosen der Trachea behindert. Zu-
typische kraniofaziale Deformität (eingezogene Na- sätzlich ist eine Reklination bei erhöhter Subluxa-
senwurzel, wulstige Lippen, sog. Wasserspeierge- tionsgefahr des Atlantookzipitalgelenks kontraindi-
sicht, Makroglossie, Mikrognathie), kurzer Hals, ziert. Darüber hinaus liegt meist eine schlechte
Gelenk- und Skelett-Deformitäten, disproportio- respiratorische Ausgangssituation vor aufgrund
nierter Minderwuchs, Verformung der Wirbelsäule, ausgeprägter visköser Salivation mit nachfolgenden
Kontrakturen. Häufig Tod duch kardiorespirato- Infekten sowie kombinierten obstruktiven und res-
risches Versagen innerhalb des 2. Lebensjahr- triktiven Ventilationsstörungen.
zehnts. Kardiovaskuläre Risiken liegen in der erhöhten
Inzidenz von Kardiomyopathie, koronarer Herz-
z Diagnostik krankheit und in einer pulmonalarteriellen sowie
Pränatale Diagnostik möglich (Amniozentese: Su- systemischen Hypertension.
che nach übermäßiger Anhäufung der Stoffwech-
selsubstrate oder den fehlenden Enzymen) z Spezielle präoperative Abklärung
Gezielte Suche nach Symptomen einer koronaren
Herzkrankheit, Ausschluss durch kardiologische
112 Hurler-Syndrom

Diagnostik (EKG, Echokardiographie). Frage nach Besonderes Augenmerk ist auf die kardiovasku-
erhöhtem Hirndruck. Sorgfältige Exploration der lären und respiratorischen Implikationen der Er-
oberen Atemwege. Thoraxröntgen, Lungenfunkti- krankung zu richten (negativ-inotrope Anästhetika
onsparameter (sofern durchführbar), ggf. Polysom- zurückhaltend dosieren, Koronarischämie vermei-
nographie, Infektparameter. den). Liegt ein Klappenfehler vor, muss eine Endo-
karditisprophylaxe durchgeführt werden. Aufgrund
z Wichtiges Monitoring der erhöhten Infektanfälligkeit ist v. a. bei Manipu-
Pulsoxymetrie, Kapnographie, Relaxometrie, direkte lationen an den Atemwegen steril vorzugehen. Die
Druckmessung und arterielle Blutgasanalysen. Extubation nach Beendigung der Anästhesie muss
ebenfalls sorgfältig geplant werden und darf erst
z Vorgehen beim zuverlässig wachen Patienten und nach voll-
Eine medikamentöse Prämedikation kann bei ständigem Abklingen der Relaxierung durchgeführt
unkooperativen Patienten hilfreich sein. Kontrain- werden.
diziert ist die Verabreichung von atemdepressiven In der Extubationsphase muss an die Möglich-
Medikamenten ohne Anwesenheit von Personen, keit eines sekundären pulmonalen Ödems nach
die den Atemweg sichern können. Die rektale Ap- Atemwegsobstruktion gedacht werden.
plikation von Diazepam und Ketamin vor Anlage
! Cave
eines venösen Zugangs ist als bewährt beschrieben.
H Eine Prämedikation mit Glykopyrrolat ist wegen
Keine Verabreichung von Prämedikation,
wenn keine Atemwegsbeherrschung unmit-
der ausgeprägten Schleimbildung und Dyskrinie
telbar möglich ist (also nicht im Patienten-
sinnvoll.
zimmer). Koniotomie oft erschwert. Auf-
Eine Regionalanästhesie ist von Vorteil, jedoch
grund der Krankheitsprogredienz bedeutet
muss zu jedem Zeitpunkt die erforderliche Ausrü-
eine komplikationslose vorhergegangene
stung für die Bewältigung eines schwierigen Atem-
Narkose nicht die aktuelle Abwesenheit von
wegs zur Verfügung stehen. Die erfolgreiche Durch-
Atemwegshindernissen!
führung einer Spinalanästhesie ist beschrieben.
Hingegen ist das Versagen einer Epiduralanästhesie Literatur
bei gesicherter Katheterlage beschrieben (als Ursa-
che wird eine Anlagerung von Mukopolysacchari- Ard JL Jr, Bekker A, Frempong-Boadu AK (2005) Anesthesia for
an adult with mucopolysaccharidosis I. J Clin Anesth 17:
den an den Nervenwurzelscheiden angenommen).
624–626
Bei Allgemeinanästhesien muss bis zur Siche- Clear MA, Waith JE (1995) The presenting features of mucopo-
rung des Atemwegs mittels Endotrachealtubus die lysaacharidosis type IH (Hurler syndrome). Acta Paediatr
Spontanatmung erhalten werden. Zur Beherrschung 84: 337–339
von Intubationsproblemen muss geeignetes Instru- Mohan UR, Hay AA, Cleary MA, Wraith JE, Patel RG (2002)
Cardiovascular changes in children with mucopolysac-
mentarium und erfahrenes Personal vorhanden
charide disorders. Acta Paediatr 91: 799–804
sein. Auch eine Notfalltracheotomie sollte erwogen Muenzer J, Wraith JE, Clarke LA and the International
werden, da eine Krikothyreoideotomie (Konioto- Consensus Panel on the Management and Treatment of
mie) wegen einer Verdickung der krikothyreoidalen Mucopolysaccharidosis I (2009) Mucopolysaccharidosis I:
Membran erheblich erschwert, wenn nicht sogar management and treatment guidelines. Pediatrics 123:
19–29
unmöglich sein kann. Wegen erhöhter Vulnerabili-
Vas L, Naregal F (2000) Failed epidural anaesthesia in a patient
tät der Schleimhäute und enger Nasenpassage sollte with Hurler’s disease. Paediatr Anaesth 10: 95–98
möglichst keine nasale Intubation vorgenommen Walker RWM, Allen DL, Rothera MR (1997) A fibreoptic intuba-
werden. Die Reklination zur Intubation ist wegen tion technique for children with mucopolysaccharidoses
der atlantookzipitalen Subluxationsgefahr kontra- using the laryngeal mask airway. Paediatr Anaesth 7:
421–426
indiziert. Goldstandard ist die fiberoptische Intuba-
Walker RW, Colovic V, Robinson DN, Dearlove OR (2003)
tion (ggf. über eine Larynxmaske) unter erhaltener Postobstructive pulmonary oedema during anaesthesia
Spontanatmung und mit einem funktionierenden in children with mucopolysaccharidoses. Paediatr
periphervenösen Zugang. Anaesth 13: 441–447
Hypereosinophiliesyndrom
113 H

Hypereosinophilie- Symptome
syndrom Persistierende Eosinophilie ohne erkennbare Ursa-
che, Husten, Dyspnoe, Diarrhö, Lymphadenitis,
z Synonyme Hautnekrosen, febrile Zustände (Hyperpyrexie).
Eosinophiles Sy, eosinophiles Leukämoid, HES-Sy.
z Labor
z Oberbegriffe Persistierende Eosinophilie mit Werten über
Bluterkrankungen, myeloproliferative Erkran- 2,5×109/l und charakteristische Degranulation der
kungen, Erkrankung des immunologischen Sys- Eosinophilen im Blut.
tems.
z Vergesellschaftet mit
z Organe/Organsysteme Anämie, Thrombozytopenie, Hypoproteinämie,
Zelluläres immunologisches System, Hämatopoese, Lungenemphysem, Hepatosplenomegalie, Ge-
blutbildendes Knochenmark, Lungen, Haut, Gas- wichtsverlust, Kachexie, restriktive und obstruktive
trointestinaltrakt, retikuloendotheliales System. Ventilationsstörungen, Gastrointestinalsymptome
(Nausea, Vomitus, epigastrische Beschwerden). In
z Inzidenz bis zu 60% der Fälle kann eine eosinophile Myokar-
Sehr selten. Androtropie im Verhältnis 9:1. In 10% ditis vorliegen.
der Fälle Zufallsbefund.
z Therapie
z Ätiologie Kortikoide, Chemotherapie (Vincristin). Aussichts-
Vermutet wird ein genetisch bedingt fehlerhaft reiche neue Ansätze werden experimentell mit Ty-
transkribierter thrombozytärer Wachstumsfaktor rosinkinaseinhibitoren (Imatinib, Nilotinib,
(Alphakinase FIP1L1-PDGFRA), welcher zur eosi- PKC412) und monoklonalen Antikörpern (Mepo-
nophilen Myeloproliferation führt. Eine Beteiligung lizumab, Alemtuzumab) erprobt.
des Interleukin-5 wird angenommen. Es kommt zu
einer monatelang persistierenden Eosinophilie mit Anästhesierelevanz
Zellzahlen im Blut von >2,5×109/l. Es wurden auch
Werte um 20–40×109/l beschrieben. Die patholo- Im Vordergrund stehen der reduzierte Allgemein-
gisch vermehrten Eosinophilen bewirken eine fort- zustand, die pathologischen Veränderungen der
schreitende enzymatische Gewebszerstörung durch Lungen, eine eventuelle Myokarditis und die Gefahr
Freisetzung zytotoxischer Mediatoren (»eosinophi- der Hyperpyrexie. Von großer Bedeutung ist die
lic cationic protein«: ECP, »major basic protein«: perioperative Fortführung der Steroidmedikation.
MBP, Leukotrien C1, freie O2-Radikale) in den be-
troffenen Organen, v. a. im Lungenparenchym. z Spezielle präoperative Abklärung
Blutbild, Thrombozyten, Eiweißstatus, Thoraxrönt-
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen genaufnahme, Lungenfunktionsprüfung, Blutgasa-
Myeloproliferative Erkrankungen, parisitäre Er- nalysen, Blutzucker.
krankungen (Trichinosen, Ankylostomiasis u. a.),
allergische Erkrankungen, Polyarteriitis nodosa, z Wichtiges Monitoring
Leukämie, Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lym- Pulsoxymetrie, Kapnographie, kontinuierliche
phome, Löffler-Sy, Löhr-Kindberg-Sy, Weingarten- Temperaturmessung, Atemwegsdrücke, invasive
Sy, Magrassi-Leonardi-Sy. Kreislaufüberwachung und Blutgase.

z Vorgehen
Es gibt keine speziellen Indikationen oder Kontra-
indikationen für einzelne Anästhetika oder Anäs-
114 Hyperexzitabilitätssyndrom

thesiemethoden. Wichtig ist allerdings die Anpas- Literatur


sung des anästhesiologischen Vorgehens an die Be-
Butterfield JH, Sharkey SW (2006) Control of hypereosinophi-
sonderheiten der Erkrankung: aufgrund der lic syndrome-associated recalcitrant coronary artery
Kachexie und der Hautläsionen besteht eine erhöhte spasm by combined treatment with prednisone, imatinib
Gefahr für Lagerungsschäden. mesylate and hydroxyurea. Exp Clin Cardol 11: 25–8
Einschränkungen bei der Beatmung können aus Carnero Alcazar M, Reguillo-Lacruz F, O’Connor F, Rodriguez-
Hernandez E (2008) Hypereosinophilic syndrome and
den pulmonalen Befunden resultieren. Bei fortge-
myocardial fibrosis. Interact Cardiovasc Thorac Surg 7:
schrittenem Lungenbefall kommt es zu restriktiven 928–30
Ventilationsstörungen; in einem Fall ist von mas- Kalac M, Quintás-Cardama A, Vrhovac R et al. (2007) A critical
siver postoperativer Befundverschlechterung bis zu appraisal of conventional and investigational drug thera-
einem ARDS berichtet worden. Bei Emphysembul- py in patients with hypereosinophilic syndrome and clo-
nal eosinophilia. Cancer 110: 955–64
lae sollten hohe Atemwegsdrücke unbedingt ver-
Mizota T, Miyawaki I, Enoki T, Nakao S (2007) Massive prosthe-
mieden (Gefahr des Pneumothorax) oder alternativ tic valve thrombus in a patient with idiopathic hypereo-
auf Regionalanästhesietechniken zurückgegriffen sinophilic syndrome. J Cardiothorac Vasc Anesth 21:
werden. 434–5
Bei kardialer Symptomatik (Myokarditis mit en- Quintás-Cardama A, Cortes J (2008) Therapeutic options for
patients with clonal and idiopathic hypereosinophia.
dokardialer Fibrose, Klappenfunktionsstörungen
Expert Opin Investig Drugs 17: 1039–50
und Thrombenbildung) ist eine eng angepasste in-
H vasive Kreislaufüberwachung erforderlich, evtl.
Samsoon G, Wood ME, Knight-George AB, Britt RP (1992)
General anaesthesia and the hypereosinophilic syn-
auch der Einsatz von vasoaktiven und inotropen drome: severe postoperative complications in two pati-
Medikamenten. Eine erhöhte Thromboseneigung, ents. Br J Anaesth 69: 653–656
Sato Y, Fukunaga T, Hayashi T, Asada Y (2008) Hypereosinophilic
insbesondere mit der Gefahr einer Lungenemboli-
syndrome associated with occlusive coronary thrombo-
sierung, ist beschrieben worden. Deshalb ist in die- sis and right ventricular thrombus. Pathol Int 58: 138–
sen Fällen eine geeignete Thromboseprophylaxe zu 141
erwägen. Vereinzelt wurde auch über eine ausge-
prägte Neigung zu Koronarspasmen berichtet.
Es wird auch über Hyperpyrexien im Zusam-
menhang mit Allgemeinanästhesien berichtet, de-
Hyperexzitabilitäts-
ren Einordnung noch nicht definitiv möglich ist. syndrom
Unbedingt sollte die Körpertemperatur kontinuier-
lich überwacht werden. z Synonyme
Es wurde auch über Gerinnungsstörungen im Hyperexzitation, Übereregbarkeits-Sy des Neuge-
Anschluss an Operation und Anästhesie berichtet, borenen, Prechtl-Sy, engl. »hyperekplexia, startle
die auf eine plötzlich eingetretene Thrombozytope- disease, stiff-baby syndrome«.
nie zurückzuführen waren.
Die Kortikoidmedikation muss fortgesetzt bzw. z Oberbegriffe
der Stresssituation angepasst werden: z. B. Hydro- Hyperkinesie, neurologische Funktionsstörungen.
kortison 200 mg über 8 h, gefolgt von 100 mg über
16 h, danach schrittweise Annäherung an die Basis- z Organe/Organsysteme
therapie. ZNS, Bewegungsapparat, Atmungsorgane.
! Cave z Inzidenz
Lagerungsschäden, Hyperpyrexie, respirato-
Weltweit sind bisher 70 Fälle beschrieben, ist jedoch
rische Dekompensation, Bronchospasmus,
vermutlich wesentlich häufiger.
Barotrauma.
z Ätiologie
Kongenital. Als Ursache werden perinatal erworbe-
ne hypoxische, hypokalzämische und hypoglykämi-
Hyperexzitabilitätssyndrom
115 H
sche Episoden oder Medikamentenentzug disku- lich. Der anästhesiologisch wichtigste Befund ist die
tiert. Es werden »major«- und »minor«-Ausprägun- exzitationsbedingte Muskelrigidität, die im Falle
gen unterschieden; eine genetische Komponente der Atemmuskulatur zu lebensbedrohlichen Apno-
mit autosomal-dominantem Erbgang und variabler eanfällen und zu Aspiration führen kann. Alle äuße-
Penetranz (Mutation auf Chromosom 5, der zu ei- ren Stimuli (Lärm, Schmerzreize durch Punktionen,
nem Defekt in der Alpha-1-Untereinheit des inhibi- Intubation und psychischer Stress) kommen als
torischen Glycinrezeptors in der Formatia reticula- Auslöser in Frage. Generell gilt es, den Patienten
ris führt) wird angenommen. Prinzipiell gute Prog- von Stressfaktoren aller Art (Lärm, abruptem Tem-
nose vorhanden. peraturwechsel, Schmerzreizen) abzuschirmen. Die
Therapie mit Clonazepam kann zu dramatischen
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen Verbesserungen des Krankheitsbildes führen.
Sy der minimalen Hirndysfunktion, Kramer-Poli- Bei akuten Fällen sind präanästhesiologisch
now-Sy, Alpers-Sy, van-Bogaert-Enzephalitis, cho- schwere metabolische Dysbalancen, die aufgrund
reatische Ss, Sydenham-Sy, Canavan-Sy, Lesh-Ny- von Hypovolämie und gestörter Nahrungsaufnah-
han-Sy, Hyperpyrexie-Sy (des Säuglings), Hirnskle- me entstehen können, auszuschließen.
rose-Ss (Schilder-Sy, Pelizaeus-Merzbacher-Sy, Die Wirkung von Relaxanzien ist unvorherseh-
Krabbe-Sy Typ I, Greenfield-Sy, Scholz-Sy, Ferraro- bar und erfordert deshalb engmaschiges Moni-
Sy), Lateralisations-Sy des Neugeborenen, Lennox- toring.
Sy, Torsionsdystonie-Ss, Hammond-Sy, Schwartz-
Jample-Sy. z Wichtiges Monitoring
Pulsoxymetrie, Relaxometrie, Volumetrie, Tempe-
Symptome raturkontrolle.

Auffällig gesteigerte Schreckhaftigkeit (engl. »start- z Vorgehen


le«), erhöhte Reizbarkeit (erniedrigte Reizschwelle, Eine sedierende Prämedikation mit Benzodiazepi-
Irritabilität), Hyperreflexie, Muskelhypertonie nen ist günstig, allerdings scheint dies keinen Ein-
(Steifheit), Bewegungsunruhe (Hyperkinesie), fluss auf den Muskeltonus zu haben.
Schlafstörungen, Apnoeanfälle. Es empfiehlt sich, die Einleitung per inhalatio-
Tremor ist auslösbar durch Stimulation, wäh- nem mit einem der gängigen volatilen Anästhetika
rend ein Nachlassen des Tremors durch passives durchzuführen. Allerdings ist auch ein ausgeprägt
Beugen der Extremität erreichbar ist. Rückgang der relaxierender Effekt von Sevofluran beschrieben.
Symptome mit zunehmendem Lebensalter, aber Obwohl keine Erkenntnisse über einen Zusammen-
eine plötzliche Steifheit kann auch noch im höheren hang mit maligner Hyperthermie vorliegen, sollte
Lebensalter auftreten (Betroffene fallen plötzlich, auf Succinylcholin verzichtet werden. In einem Fall
ohne sich irgendwie abstützen zu können: erhöhte ist von einer verminderten Empfindlichkeit auf Suc-
Verletzungsgefahr). cinylcholin berichtet worden, in einem anderen Fall
Nach der Geburt kann die Fehldiagnose einer ein normales Ansprechen.
Epilepsie oder spastischen Parese gestellt werden. Opiate sollten vorsichtig angewandt werden,
insbesondere sollte die sog. »Thoraxrigidität« durch
z Vergesellschaftet mit sparsame und langsame Applikation vermieden
Diverse Hernien (umbilikal, im Bereich der Leisten, werden.
hiatal, diaphragmal). Postoperativ ist mit Apnoeattacken zu rechnen,
weswegen die Überwachung des Patienten entspre-
Anästhesierelevanz chend ausgedehnt werden sollte. Im Falle eines Ap-
noeanfalls muss kurzfristig eine assistierte
Aufgrund der Neigung dieser Patienten zu Hernien (Masken)beatmung erfolgen. Ein nützlicher Hand-
im Säuglingsalter (häufig erhöhte Muskelspannung) griff soll die passive Beugung des ganzen Körpers in
sind frühe chirurgische Interventionen wahrschein- der Hüfte sein.
116 Hyperimmunglobulin-E-Syndrom

Im Anfall ist an eine »rapid-sequence induc- z Inzidenz


tion« mit Rocuronium zu denken, ebenso bei beste- Selten.
hender Hiatushernie.
z Ätiologie
! Cave
Primärer Immundefekt, der durch klinische Trias
Stress, Succinylcholin, Auskühlung.
aus chronischem Ekzem mit Gesamt-IgE >2000 IU/
ml im Serum, rezidivierende Infekte, Abszesse der
Literatur Haut, der Lunge und der Viszera sowie skelettbezo-
gene Symptome charakterisiert ist. Der Vererbungs-
Bakker MJ, van Dijk G, van den Maagdenberg AMJM, Tijssen modus ist autosomal-dominant mit variabler Penet-
MAJ (2006) Startle syndromes. Lancet Neurol 5: 513–524
ranz oder nach Spontanmutation, Gynäkotropie.
Doolittle GM, Greiner AS (1990) Anesthetic complications in
an infant with hyperexplexia. Anesthesiology 73: 181– Klinisch zu unterscheiden ist die autosomal-rezes-
183 sive Form, die mehr mit rezidivierenden Pilz- und
Eppright B, Mayhew JF (2007) Bilateral inguinal hernia repair Virusinfektionen einhergeht. Die Pathogenese ist
in a child with hyperekplexia. Pediatr Anesth 17: 1099– unbekannt; es wird eine Störung der Interaktion
1101
zwischen T-Suppressorzellen und dem IgE-Effek-
Garg R, Ramachandran R, Sharma P (2008) Anaesthetic impli-
cations of hyperekplexia – startle disease. Anaesth torsystem diskutiert. Wahrscheinlich liegen unter-
schiedliche Gendefekte und Phänotypen vor. Die
H Intensive Care 36: 254–256
Harvey RJ, Topf M, Harvey K, Rees MI (2008) The genetics of Diagnosestellung ist bisher primär klinisch.
hyperekplexia: more than startle! Trends Genet 24: 439–
447 z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Meinck HM (2006) Startle and its disorders. Neurophysiol Clin
36: 357–364 Aids, chronisches familiäres Granulomatose-Sy, an-
Murphy C, Shorten G (2000) Train of four fade in a child with dere Immundefektsyndrome (atypische septische
stiff baby syndrome. Paediatr Anaesth 10: 567–569 Granulomatose mit IgA-Mangel, Hypo- und Agam-
Schlapbach LJ, Sozzo A, Ramelli G, Bianchetti MG (2006) maglobulinämien, C1-Esteraseinhibitormangel),
Severe normotensive metabolic alkalosis in a 2-month-old
Erkrankungen mit Immundefizienz (Ataxia telean-
boy with hyperekplexia. J Inherit Metab Dis 29: 238–239
Weinger MB (1987) »Stiff-baby« syndrome: an expression of giectatica = Louis-Bar-Sy, Bloom-Sy, Chediak-
the same neural circuitry responsible for opiate-induced Higashi-Sy, DiGeorge-Sy, Down-Sy, Menkes-Sy,
muscle rigidity. Anesthesiology 66: 580–581 Schwachmann-Sy, Wiedemann-Beckwith-Combs-
Sy, Wiskott-Aldrich-Sy, Xeroderma pigmentosum),
Mukoviszidose, Kartagener-Sy, Zinsser-Engman-
Hyperimmunglobulin-E- Cole-Sy, Heubner-Herter-Sy, Omenn-Sy.

Syndrom Symptome
z Synonyme Superinfizierte ekzematoide Dermatitis, abszedie-
Hyper-IgE-Sy, Hiob-Sy, engl. »Job’s syndrome, rende Infekte (Abszesse) vorwiegend in den oberen
Buckley syndrome«. Körperregionen (Zahnwurzelabszesse, Sinusitis,
Otitis, Pneumonien, Pneumatozelenentwicklung),
z Oberbegriffe vergröberte Gesichtszüge, Milchzahnpersistenz,
Immundefekt, rezidivierende ekzematoide Hauter- Skoliose, Spontanfrakturen und Überstreckbarkeit
krankung, Multisystemerkrankung. der Gelenke.
Labor: Elektrophorese mit charakteristischer
z Organe/Organsysteme polyklonaler IgE-Vermehrung, Eosinophilie, In-
Haut, Respirationstrakt (Lungen, Atemwege), Gas- fektanämie.
trointestinaltrakt, Harnwege. Häufige Erreger: Staphylococcus aureus, Haemo-
philus influenzae, Pseudomonas, Candida albicans
und Aspergillus; für die autosomal-rezessive Form:
Hyperimmunglobulin-E-Syndrom
117 H
Herpes zoster und Herpes simplex, Mollusca conta- alle invasiven Maßnahmen auf das nötige Minimum
giosa. beschränkt und mit maximal möglicher hygie-
nischer Sorgfalt durchgeführt werden. Vor allem
z Vergesellschaftet mit das längerfristige Belassen von körperfremdem
Kombinierte restriktiv-obstruktive Lungenerkran- Material (Katheter, Sonden etc.) sollte vermieden
kung, maligne Lymphome, Lupus erythematodes, werden.
Osteoporose, Skelettanomalien, Dehydratation, Hy- Bei thorakalen Eingriffen und bei unilateralen
poproteinämie, Elektrolytentgleisung. Lungenabszessen empfiehlt sich die Intubation mit
Gelegentlich assoziierte Merkmale: rötliche doppellumigen Tuben; sie erlauben darüber hinaus
Haarfarbe, Hellhäutigkeit. eine seitengetrennte Bronchialtoilette. Vorausset-
zung dafür ist allerdings ein Mindestalter, ab dem
z Therapie solche Tuben eingesetzt werden können. Ferner
Symptomatisch, Antibiotika, chirurgische Herdsa- sollte die Gelegenheit der Intubationsnarkose für
nierungen (Abszessdrainagen), Substitution von γ- eine fiberbronchoskopische Exploration und Reini-
Globulinen, Plasmapherese, Therapie mit Cimeti- gung der Atemwege genutzt werden.
din in Kombination mit Antibiotika und evtl. Lithi- Eine differenzierte Infusionstherapie ist bei De-
um möglich. hydratation, Eiweißmangel und Elektrolytstörun-
gen angebracht.
Anästhesierelevanz Geeignete Antibiotika sollten zur Prophylaxe
perioperativ parenteral verabreicht werden. Es ist
Die generell erhöhte Infektanfälligkeit und die Ge- dann mit verlängerter Wirkung nichtdepolariesie-
fahr der Verschleppung von infektiösem Material in render Relaxanzien zu rechnen. In einem Fall wurde
gesunde Körperregionen sind das Hauptproblem. über eine außergewöhnlich lange Relaxation nach
Hinzu kommt die mitunter reduzierte pulmonale einer klinisch üblichen Succinylcholindosis – bei
Organfunktion. Oft befinden sich die Patienten in normaler Pseudocholinesterase – berichtet.
einem reduzierten Allgemein- und Ernährungszu-
! Cave
stand.
Invasive Kathetertechniken mit längerer Lie-
z Spezielle präoperative Abklärung gedauer, rückenmarknahe Regionalanästhe-
sien. Interaktionen der Anästhetika mit be-
Erregernachweis mit Bestimmung des Resistenzsta-
stehender Medikation.
tus, Thoraxröntgenaufnahme (intrapulmonale Abs-
zesslokalisation), Lungenfunktionsprüfung, Blut-
gasanalyse, Differenzialblutbild, Thrombozyten, Literatur
Gerinnungsstatus, Plasmaeiweiße (Elektrophorese).
Eine Aortitis mit Ausbildung eines Aneurysmas Buckley RH (2001) The hyper IgE syndrome. Clin Rev Allergy
Immunol 20: 139–154
ist möglich.
Freeman AF, Holland SM (2009) Clinical manifestations, etiol-
ogy, and pathogenesis of the hyper-IgE syndromes.
z Wichtiges Monitoring Pediatr Res 65(5 Pt2): 32R–37R
Pulsoxymetrie, Kapnographie, Volumetrie, Blutgas- Green MS, Horrow JC (2008) Ventilatory management of the
analyse, Relaxometrie. patient with hyperimmunoglobulinemia E (Job) syn-
drome. J Clin Anesth 20: 133–135
Namazi MR, Handjani F (2005) Lithium: a potential treatment
z Vorgehen
for hyper-IgE syndrome. Med Hypotheses 66: 1047
Rückenmarknahe Regionalanästhesien haben den Van der Meer JW, Weemaes CM, van Krieken JH et al. (2006)
Vorteil der erhaltenen Spontanatmung, sind aber Critical aneurysmal dilatation of the thoracic aorta in
infolge der hohen Keimverschleppungsgefahr in young adolescents with variant hyperimmunoglobulin E
syndrome. J Intern Med 259: 615-618
den Epidural- bzw. Subarachnoidalraum kritisch zu
betrachten. Besonders gefährlich sind Katheter-
techniken. Auch bei Allgemeinanästhesien sollten
118 Hyperparathyreoidismus (HPT)

Hyperparathyreoidismus Symptome
(HPT) Hyperkalzämie (>2,25 mmol/l), Nierensteine, Poly-
dipsie, Polyurie, verminderte glomeruläre Filtrati-
z Oberbegriffe onsrate, arterielle Hypertonie, verkürztes QT-Inter-
Endokrinopathie, Nebenschilddrüsen. vall, verlängertes PR-Intervall, unspezifische abdo-
minelle Beschwerden, Erbrechen, Gewichtsverlust,
z Organe/Organsysteme Ulcus ventriculi, Pankreatitis, Knochenschmerzen,
Kalziumstoffwechsel, Herz, Skelett, Nieren, Häma- Demineralisation der Knochen, pathologische
topoese, Gastrointestinaltrakt, Pankreas. Frakturen, Sinterung von Wirbelkörpern, Somno-
lenz, Psychose, Halluzinationen, Merkschwäche,
z Ätiologie Muskelschwäche (vor allem proximale Muskeln der
Erhöhte Parathormonsekretion, die mit erhöhten, unteren Extremitäten), verminderte Schmerzemp-
normalen oder erniedrigten Plasmakalziumkon- findung, periartikuläre Kalzifikationen, Gicht,
zentrationen einhergehen kann. Man unterscheidet Hornhautveränderungen, Konjunktivitis, Anämie,
3 Formen: einen primären und einen sekundären metabolische Azidose.
Hyperparathyreoidismus (HPT) sowie einen sog. Laborbefund: Bikarbonat wird renal eliminiert,
Pseudohyperparathyreoidismus. und die Plasmachloridkonzentration steigt kom-
H 4 Primärer HPT: exzessive Parathormonsekretion pensatorisch.
bei benignem Nebenschilddrüsenadenom (90%),
Hyperplasie der Epithelkörperchen (meist alle z Vergesellschaftet mit
4 Epithelkörperchen betroffen) oder Karzinom Niedriger Plasmaphosphatkonzentration, Nieren-
der Nebenschilddrüsen (5%). insuffizienz im fortgeschrittenen Stadium.
4 Sekundärer HPT: physiologischer Kompensati-
onsmechanismus bei Hypokalzämie, Hyper- Anästhesierelevanz
phosphatämie oder Hypomagnesiämie, häufig
mit renaler Ursache. Kalzium steigert die Magensäureproduktion, Not-
4 Pseudohyperparathyreoidismus: Produktion von falltherapie der Hyperkalzämie bei Kalziumkonzen-
Parathormon oder anderen Stoffen mit ähn- tration >3,75 mmol/l: Volumengabe, Diuresesteige-
lichen endokrinen Eigenschaften im Sinne eines rung mit Furosemid, Ausgleich einer Hypophos-
paraneoplastischen Syndroms (insbesondere phatämie, ggf. Mithramycin (25 μg/kg) i.v., welches
bei Lungen-, Brust-, Pankreas- oder Nierenkar- die Osteoklastenaktivität hemmt und die Kalzium-
zinom). Differenzialdiagnostisch zu unterschei- plasmakonzentration senkt. Die Wirkung tritt in-
den durch häufigere Anämie, Serumchlorid- nerhalb von 12–36 h ein und dauert 3–5 Tage (aller-
konzentration <102 mmol/l, erhöhte Konzen- dings ist mit Nebenwirkungen auf Thrombozyten,
tration der alkalischen Phosphatase im Plasma. Leber, Nieren und Gerinnungsaktivität zu rechnen).
Ungewöhnliche Lokalisationen von parathor- Kalzitonin senkt die Kalziumkonzentration schnell,
monproduzierenden Adenomen sind im Medi- aber nur vorübergehend (Nebeneffekte: Urtikaria,
astinum dorsal des Ösophagus sowie in der Übelkeit).
Schilddrüse. Therapie bei renal bedingter Hyperkalzämie:
Dialyse; definitive Therapie durch Operation; Ma-
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen gnesiumgabe.
Multiple endokrine Neoplasien (MEN), Myasthenia Patienten mit moderater Hyperkalzämie, aber
gravis. normaler kardialer und renaler Funktion stellen
keine besonderen Anästhesieanforderungen.
Hypoparathyreoidismus
119 H
z Spezielle präoperative Abklärung ! Cave
EKG, Kalzium- und Phosphatkonzentrationen im Postoperativ beidseitige Recurrensparese,
Plasma. pathologische Frakturen auch im Sinne von
Lagerungsschäden.
z Wichtiges Monitoring
EKG, Relaxometrie, Kalziumkonzentration im Plas- Literatur
ma, Diurese.
Black MJ, Ruscher AE, Lederman J, Chen H (2007) Local/cer-
z Vorgehen vical block anesthesia versus general anesthesia for mini-
mally invasive parathyroidectomy: what are the advan-
Eine perioperative Therapie mit Antiemetika und tages? Ann Surg Oncol 14: 744–749
H2-Blockern zur Reduktion der vermehrten Säure- Chopra P, Mitra S (2009) Patients with symptomatic primary
produktion des Magens ist angezeigt. Lange Nüch- hyperparathyroidism: an anaesthetic challenge. Indian J
ternzeiten vermeiden, wenn erforderlich, bereits Anaesth 53: 492–495
Guerrero MA, Wray CJ, Kee SS, Frenzel JC, Perrier ND (2007)
präoperative i.v.-Volumengabe vorsehen.
Minimally invasive parathyroidectomy complicated by
Ausreichende Flüssigkeitszufuhr und Diurese, pneumothoraces: a report of 4 cases. J Surg Educ 64:
Normovolämie herstellen. Die Wahl von Anästheti- 101–107
ka oder Anästhesietechniken ist im Prinzip nicht Hines RL, Marschall KE (2008) Stoelting’s anesthesia and co-
eingeschränkt, außer bei bereits bestehenden Ne- existing diseases, 5th edn. Churchill Livingstone, Phila-
delphia, pp 398–401
benerkrankungen (Niereninsuffizienz, Somnolenz,
Inabnet WB (2004) Intraoperative parathyroid hormone moni-
Psychose). Zu beachten ist jedoch, dass die Reaktion toring. World J Surg 28: 1212–1215
auf Muskelrelaxanzien sehr variabel ausfallen kann, Mihai R, Farndon JR (2000) Parathyroid disease and calcium
so dass eine titrierende Dosierung unter relaxome- metabolism. Br J Anaesth 85: 29–43
trischer Kontrolle zu empfehlen ist. Bei länger vor- Palazzo FF, Delbridge LW (2004) Minimal-access/minimally
invasive parathyroidectomy for primary hyperparathyro-
bestehender Erkrankung ist wegen der Knochende-
idism. Surg Clin North Am 84: 717–734
mineralisation eine sorgfältige Lagerung angezeigt. Pappert D, Sprenger M (1999) Anästhesie bei endokriner
Verschiedentlich wurden Verfahren mit Lokal- Dysfunktion. Anaesthesist 48: 485–503
anästhesie oder total intravenöser Anästhesie mit
Larynxmaske und erhaltener Spontanatmung be-
schrieben.
Bei der operativen Therapie des primären Hy- Hypoparathyreoidismus
perparathyreoidismus mittels Entfernung des Ade-
noms kann intraoperativ die Bestimmung von Pa- z Oberbegriffe
rathormon erforderlich sein. Zunehmend kommen Endokrinopathie, Nebenschilddrüsen.
minimalinvasive Techniken (z. B. videoassistiert)
der Parathyroidektomie zum Einsatz. Auch in die- z Organe/Organsysteme
sen Fällen kann es zu einem Pneumothorax kom- Kalziumstoffwechsel, Herz, Skelett, Nieren, Häma-
men. topoese, Gastrointestinaltrakt, Pankreas.
Eine Hypophosphatämie sollte vermieden bzw.
ausgeglichen werden, da sie die Kalziumaufnahme z Ätiologie
in die Knochen reduziert bzw. die Kalziumabgabe Zu geringe Parathormonsekretion oder Resistenz
aus dem Skelett sowie die Kalziumabsorption im des peripheren Gewebes auf Parathormon (Pseudo-
Darm erhöht. hypoparathyreoidismus). Kommt vor bei Hypo-
Eine überschießende Therapie des HPT ist zu magnesiämie, chronischer Niereninsuffizienz, gas-
vermeiden. Postoperativer Hypoparathyreoidismus trointestinaler Malabsorption, Gabe von Antikon-
und postoperative Hypomagnesiämie verschlim- vulsiva (Phenytoin), akuter Pankreatitis. Iatrogen
mern die Symptome einer Hypokalzämie. nach therapeutischer oder akzidenteller Entfernung
der Epithelkörperchen (in der Regel als Komplika-
tion der Strumektomie).
120 Hypoparathyreoidismus

z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen z Wichtiges Monitoring


Pseudohypoparathyreoidismus (erblich), Pseudo- EKG, invasiv-arterielle Blutdrucküberwachung,
Pseudohypoparathyreoidismus (niedrige Hormon- Blutgasanalysen, Kalziumkonzentration im Plasma
spiegel bei normalen Plasmakalziumwerten), San- (ionisierter Anteil), Relaxometrie.
jad-Sakati-Sy (Erstbeschreibung 1988) = Richard-
z Vorgehen
son-Kirk-Sy, Kenny-Caffey-Sy.
Sanjad-Sakati-Sy (SSS): kongenitaler Hypopara- Ausgleich einer Hypokalzämie durch Gabe von ini-
thyroidismus, Wachstumsstörung, geistige Ent- tial 10–20 ml Kalziumglukonat 10% (Effekt ist meist
wicklungsstörung, Krampfanfälle, Mikrozephalie, nur von kurzer Dauer und erfordert evtl. repetitive
Gesichts-, Augen- oder Zahndeformitäten, kurze Dosen). Der Plasmakalziumspiegel darf durch die
Hände, kurze Füße; autosomal-rezessiv, Prävalenz Narkoseführung nicht weiter sinken: Vermeiden
unbekannt. von respiratorischer oder metabolischer Azidose
Kenny-Caffey-Sy: kongenitaler Hypoparathyroi- (Abfall der ionisierten Kalziumkonzentration), bei
dismus, wie SSS, aber keine Osteosklerose, rezidi- Transfusion von Erythrozytenkonzentraten ist dar-
vierende bakterielle Infekte. an zu denken, dass auch dies zu einem Abfall der
Kalziumkonzentration führen kann, insbesondere
Symptome bei Hypothermie, Leberzirrhose oder Niereninsuf-
fizienz (eingeschränkte Zitratverstoffwechselung).
H Die Symptome entstehen durch die Hypokalzämie Hypokalzämie kann die Wirkung nichtdepolarisie-
(Kalzium <2,25 mmol/l). render Muskelrelaxanzien potenzieren.
Akut: periorale Parästhesien, Unruhe, neuro- Für Propofol ist mittlerweile eine Reihe von In-
muskuläre Übererregbarkeit, positives Chvostek- teraktionen mit dem Kalziumstoffwechsel bekannt,
oder Trousseau-Zeichen, inspiratorischer Stridor deren klinische Relevanz aber bisher nicht hinrei-
durch Übererregbarkeit der inneren Kehlkopfmus- chend verstanden wird. Beispielsweise erniedrigt
kulatur. Propofol die Plasmakonzentration des ionisierten
Chronisch: Müdigkeit, Muskelkrämpfe, QT-In- Kalziums, verlängert in vitro die Plättchenaggrega-
tervall im EKG verlängert, QRS- und PR-Intervall tionszeit bei gleichbleibender Blutungszeit und er-
normal, Petit-mal- oder Grand-mal-Anfälle kön- höht bei Applikation von höheren Dosen die Se-
nen verschlimmert werden, Lethargie, Persönlich- rum- Parathormonkonzentrationen um 40%.
keitsveränderungen, Kataraktbildung, Verdickung Zur Anästhesie bei Sanjad-Sakati Sy und Kenny-
der Schädelknochen. Caffey-Sy liegen bisher keine Fallbeschreibungen
Pseudohypoparathyreoidismus: geistige Retar- vor.
dierung, Fettsucht, Kleinwüchsigkeit, kurze Meta- ! Cave
karpal- und Metatarsalknochen, Kalzifizierung der Hyperventilation, Natriumbikarbonat, Wir-
Basalganglien. kungsverlängerung von nichtdepolari-
sierenden Muskelrelaxanzien (Relaxansüber-
Anästhesierelevanz hang, »awareness«).

Inspiratorischer Stridor möglich, insbesondere La- Literatur


ryngospasmus und Spasmen der Skelettmuskulatur,
Ariyan CE, Sosa JA (2004) Assessment and management of
Therapie durch intravenöse Gabe von Kalzium, bei patients with abnormal calcium. Crit Care Med 32: 146–
chronischem Verlauf zusätzlich Vitamin D. 154
Black MJ, Ruscher AE, Lederman J, Chen H (2006) Local/cer-
z Spezielle präoperative Abklärung vical block anesthesia versus general anesthesia for mini-
mally invasive parathyroidectomy: What are the advan-
Kalzium-, Phosphat- und Magnesiumplasmaspie-
tages? Ann Surg Oncol 14: 744–749
gel. Denlinger JK, Nahrwold ML, Gibbs PS, Lecky JP (1976)
Hypocalcaemia during rapid blood transfusion in anaes-
thetized man. Br J Anaesth 48: 995–1000
Hypothyreose
121 H
Nibler R, Weninger E, Illner WD (1998) Prolongierte Aufwach- (hypothalamische) Hypothyreose, periphere T3/
phase bei dialyseinduzierter Hypothyreose. Anästhesiol T4-Rezeptorenabnormalität (Thyroxinresistenz),
Intensivmed Notfallmed Schmerzther 33: 810–812
Debré-Semelaigne-Sy, Escamilla-Lisser-Sy, Pend-
Pappert D, Sprenger M (1999) Anästhesie bei endokriner
Dysfunktion. Anaesthesist 48: 485–503 red-Sy, Börjeson-Forssman-Lehmann-Sy, Down-
Platis CM, Wasersprung D, Kachko L, Tsunzer I, Katz J (2006) Sy, Pfaundler-Hurler-Sy, Parrot-Sy, hypophysärer
Anesthesia management for the child with Sanjad-Sakati Zwergwuchs, tricho-rhino-phalangeales Sy, Ellis-
syndrome. Pediatr Anesth 16: 1189–1192 van Creveld-Sy, Landing-Sy, Lorain-Sy, Refetoff-
Rewari V, Sethi D (2007) Recurrence of focal seizure activity in
Wind-Groot-Sy, Arndt-Gottron-Sy, Dubowitz-Sy,
an infant during induction of anaesthesia with sevoflu-
rane. Anaesth Intensive Care 35: 788–791 Lues connata, Wiedemann-Sy (II).

Symptome

Hypothyreose Bei Geburt: Ikterus neonatorum prolongatus, Trink-


faulheit, Obstipation. Später Wachstumsretardie-
z Synonyme rung, Reifungsrückstand, geistige Retardierung,
Sporadischer bzw. endemischer Kretinismus, kon- niedrige Intelligenz, Schwerhörigkeit, Sprachstö-
genitales Myxödem. rung. Ferner Makroglossie, dysproportionierter
Minderwuchs oder Zwergwuchs, Sattelnase, Bra-
z Oberbegriffe chyzephalie, hypothyreote Stoffwechsellage (wenn
Endokrinopathie. unbehandelt) mit erniedrigtem Grundumsatz, Apa-
thie, muskuläre Hypotonie; Myxödem = charakte-
z Organe/Organsysteme ristische ödematöse Haut, erniedrigte Körpertem-
Schilddrüse, Endokrinium, Stoffwechsel, Skelett, peratur, Bradykardie.
Haut, ZNS, Bewegungsapparat. Symptome der erworbenen Hypothyreose sind
Kälteintoleranz, geistige Verlangsamung, Psychose,
z Inzidenz Apathie, prätibiale oder periorbitale Myxödeme so-
Neonatale Hypothyreose 1:5000 Neugeborene (ge- wie kardiale Manifestation.
setzlich vorgeschriebenes Screening). Erworben: Selten klinische Manifestation als Myxödemko-
5%, v. a. Frauen im mittleren Lebensalter. ma, ausgelöst durch eine akute Infektion (Pneumo-
nie, Urosepsis) oder durch Kälteexposition, z. B.
z Ätiologie während der Wintermonate. Auch pharmakologi-
Kongenitale Form: embryonale Entwicklungsstö- sche Auslösung möglich durch Amiodoran, β-Blok-
rung mit Aplasie der Schilddrüse (Athyreose) und ker, Diuretika, Benzodiazepine oder Lithium.
Jodmangel bzw. Jodverwertungsstörung. Eine ende-
mische Form tritt in Jodmangelgebieten auf. Ursa- z Vergesellschaftet mit
che: mütterliche Hyperthyreose oder Diät. Taubheit oder Schwerhörigkeit, Rektusdiastase mit
Erworbene Form: im Kindesalter durch Radio- Nabelhernien, Infektanfälligkeit, Kardiomegalie
therapie bei Lymphomen, im Erwachsenenalter (Myxödemherz), Perikarderguss, Amyloidose, Nie-
nach Thyreoiditis (Hashimoto) oder iatrogen nach renfunktionsstörungen, Anämie. Ein Auftreten im
radikaler Schilddrüsenresektion oder Radiothera- Rahmen des Costello-Sy ist beschrieben.
pie. Selten sekundär aufgrund einer Hypothalamus-
(TRH-Mangel) oder Hypophysenvorderlappener- z Therapie
krankung (TSH-Mangel). Substitution bei bestehendem neonatalen Hypothy-
reoidismus (Definition: totales T4 unter 7 μg/dl)
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen mit L-Thyroxin 9 μg/kg/24 h erforderlich. Therapie
Hashimoto-Thyreoiditis, Status nach Strumekto- der erworbenen Hypothyreose des Erwachsenen
mie bzw. Radiojodtherapie, Jodmangel, Thyreosta- mit L-Thyroxin einschleichend mit monatlicher
tikatherapie, hypophysäre Hypothyreose, tertiäre Dosiserhöhung bis 1,5–2 μg/kg/24 h.
122 Hypothyreose

Anästhesierelevanz Infektanfälligkeit steriles Vorgehen v. a. bei invasi-


ven Techniken. Bei bestehender Makroglossie und
Aufgrund der Gesichtsmalformationen mit Intuba- Schleimhautödemen geeignete Vorkehrungen tref-
tionsschwierigkeiten rechnen. Die hypothyreote fen, um mögliche Intubationsschwierigkeiten zu
Stoffwechsellage bringt Probleme mit sich durch die beherrschen. Bei fraglicher Nüchternheit (ver-
vorbestehende Bradykardie, arterielle Hypotonie zögerte Magenentleerung) sicherheitshalber sog.
und die verzögerte Magenentleerung. Bei schweren Ileuseinleitung (»rapid sequence induction«) durch-
Fällen besteht zusätzlich die Gefahr kardialer, re- führen.
naler und respiratorischer Komplikationen. Die Bei Kindern wegen der eingeschränkten Koope-
kardiale Manifestation der Hypothyreose (Myxö- rationsfähigkeit geeignete Methoden der Anästhe-
dem) kann zu einer digitalisrefraktären Herzinsuf- sieeinleitung anwenden, sofern keine Kontraindika-
fizienz führen, evtl. ist eine passagere Schrittma- tionen dafür vorliegen: Ketamin i.m., Einleitung per
chertherapie erforderlich. inhalationem etc.
Infolge einer gestörten Lungenperfusion und
! Cave
Herabsetzung des Atemantriebs kann es zu dem
Auskühlung, Überwässerung und Kaliumü-
sog. Myxödemkoma mit CO2-Narkose aufgrund
berlastung bei Niereninsuffizienz, negativ-
einer Hypoventilation kommen. Durch eine Leber-
inotrope Pharmaka bei kardialer Beteiligung
insuffizienz kann der Medikamentenmetabolismus
H verlangsamt sein und nicht selten ein Narkoseüber-
(allerdings besteht auch eine erhöhte Ka-
techolaminempfindlichkeit).
hang auftreten. Darüber hinaus sind die Patienten
Ggf. Erhöhung der L-Thyroxinsubstitution bei
durch Kälteintoleranz und Hypothermie gefährdet.
intensivpflichtigen Patienten mit kritischen
z Spezielle präoperative Abklärung Erkrankungen.

Stoffwechsellage (Grundumsatz), Schilddrüsenpa-


rameter Trijodthyronin (T3), Thyroxin (T4), TSH.
Literatur
Frage nach relevanten Organbeteiligungen (EKG,
Nierenfunktionsparameter, Blutbild). Connery LE, Coursin DB (2004) Assessment and therapy of
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Imberti R, Ferrari M, Albertini R, Rizzo V, Tinelli C (2010)
peraturmessung, Kapnographie, ZVD. Increased levothyroxine requirements in critically ill pati-
ents with hypothyroidism. Minerva Anestesiol 76: 500–
z Vorgehen 503
L-Thyroxinsubstitution fortsetzen oder bei Bedarf Jansen HJ, Doebé SR, Louwerse ES, van der Linden JC, Netten
PM (2006) Status epilepticus caused by a myxoedema
veranlassen. Dabei die unterschiedlichen Halb-
coma. Neth J Med 64: 202–205
wertszeiten (T4: 7 Tage, T3: 1,5 Tage) und das Inter- Kohl BA, Schwartz S (2009) Surgery in the patient with en-
vall von Beginn der Therapie bis zum Effekt auf den docrine dysfunction. Anesthesiol Clin 27: 687–703
Hormonspiegel einkalkulieren. Im Falle eines Myx- Kohl BA, Schwartz S (2010) How to manage perioperative en-
ödemkomas intravenöse Substitution von T4 und docrine insufficiency. Anesthesiol Clin 28: 139–155
Kwaku MP, Burman KD (2007) Myxedema coma. J Intensive
ggf. T3 erwägen. Insbesondere beim älteren Pati-
Care Med 22: 224–231
enten sollte die Substitution jedoch nicht zu schnell Pappert D, Sprenger M (1999) Anästhesie bei endokriner
erfolgen, da Angina-pectoris-ähnliche Beschwer- Dysfunktion. Anaesthesist 48: 485–503
den auftreten könnten. Roper A, Lauven PM, Lehmann L (1999) Über- und Unter-
Es besteht eine erhöhte Inzidenz von adreno- funktion der Schilddrüse aus Sicht des Anästhesisten.
Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 34:
kortikaler Insuffizienz, so dass perioperativ Hydro-
34–37
kortison substituiert werden sollte. Sheu CC, Cheng MH, Tsai JR, Hwang JJ (2007) Myxedema
Aufgrund der verminderten Stoffwechsellage coma: a well-known but unfamiliar medical emergency.
titrierende Dosierung aller Pharmaka. Wegen der Thyroid 17: 371–372
Idiopathisches Hypoventilationssyndrom
123 I

Idiopathisches Labor: Arterielle Hypoxämie, Hyperkapnie, re-


spiratorische Azidose.
Hypoventilations- Thoraxröntgenaufnahme: Zeichen der Rechts-
syndrom herzbelastung und vermehrte pulmonale Gefäß-
zeichnung.

z Synonyme z Vergesellschaftet mit


Neurogene Hypoventilation, Syndrom der primä- Abschwächung des Husten- und Würgereflexes, Di-
ren alveolären Hypoventilation, Undine-Sy, engl. abetes insipidus (ist empfindlich auf Vasopressin =
»Ondine’s curse, central alveolar hypoventilation ADH) mit Polyurie, Hyposthenurie, Polydipsie.
syndrome (CAHS)« oder »congenital central hypo- Wenn zusätzlich eine COPD vorliegt, ist mit
ventilation syndrome (CCHS)«. einer Häufung schwerer apnoischer Episoden zu
rechnen.
z Oberbegriffe Es wird auch über Assoziationen mit Neurobla-
Hypoventilationssyndrome. stomen, M. Hirschsprung, Ganglioneuromen und
Phäochromozytomen diskutiert.
z Organe/Organsysteme
Atemzentrum, ZNS, Atmungsorgane, Herz-Kreis- z Therapie
lauf-System, Blutbildung. Sauerstoff, zentrale Stimulation des Atemzentrums
(Aminophyllin), CPAP-Atmung, Tracheotomie,
z Ätiologie Zwerchfellschrittmacher.
Neuerdings wird eine Mutation unter der Bezeich-
nung PHOX 2B angenommen, die autosomal-domi- Anästhesierelevanz
nant vererbt wird. Außerdem geht man von einer
erworbenen Störung der autonomen Atmungssteue- z Spezielle präoperative Abklärung.
rung aus. Die Erkrankung wurde im Zusammen- Blutgasanalysen, Säure-Basen-Status, Lungenfunk-
hang mit Enzephalitiden oder Tumoren beobachtet. tionsprüfung zum Ausschluss einer Obstruktion,
Es resultiert ein vermindertes Ansprechen des Atem- Thoraxröntgenaufnahme, EKG, bei Verdacht auf
zentrums auf CO2 mit konsekutiver Hyperkapnie. Rechtsherzinsuffizienz: Echokardiographie, Blut-
bild.
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Schlafapnoe-Sy (»obstructive sleep apnea«, OSA), z Zusätzliches Monitoring
Pickwick-Sy, Mendes-da Costa-Sy I, Bruns-Sy, par- Pulsoxymetrie, ZVD, Blutgasanalysen und Säure-
oxysmales Hypothermie-Sy, Epilepsie (Petit mal), Basen-Status. Bei Allgemeinanästhesien außerdem
Opiatüberdosierung, Opiatüberhang, Drogeninto- Kapnographie, Volumetrie.
xikation, Anästhetikaüberhang bzw. Reboundphä-
nomene, Lokalanästhetikaintoxikation. z Vorgehen
Eine medikamentöse Prämedikation kann Apnoe-
Symptome anfälle auslösen, sie sollte deshalb unterlassen wer-
den. Eine Fortsetzung der präoperativen Therapie ist
Tendenz zu paroxysmaler Hypoventilation oder indiziert. Die anästhesiologischen Maßnahmen soll-
Apnoe (auch Cheyne-Stokes-Atmung), plötzlich ten den Atemantrieb des Patienten so wenig wie
einsetzende Somnolenz ohne Obstruktion der möglich reduzieren. Bei der Wahl des Anästhesiever-
Atemwege. fahrens hat dieser Gesichtspunkt höchste Priorität.
Im Anfall: Hypoxie, Zyanose, Hyperkapnie, Ar- Daraus lässt sich eine Bevorzugung regionalanästhe-
rhythmien. tischer Verfahren mit alleiniger Anwendung von Lo-
Chronisch: Polyglobulie, Rechtsherzbelastung kalanästhetika ableiten. Epidurale oder gar intrathe-
und Hypertrophie, pulmonale Hypertension. kale Opioidapplikationen sind kontraindiziert.
124 Idiopathisches Hypoventilationssyndrom

Ist eine Allgemeinanästhesie vorgesehen, müs- Burg G, Kunze J, Pongratz D et al. (Hrsg) (1990) Leiber – Die
sen in der postoperativen Phase nachwirkende klinischen Syndrome, Bd 1, 7. Aufl. Urban & Schwarzenberg,
München, S 760–761
atemdepressorische Pharmaka (v. a. Opioide) mit
Connolly LA (1991) Anesthetic management of obstructive
großer Zurückhaltung eingesetzt werden. Keine sleep apnea patients. J Clin Anesth 3: 461–469
Narkose mit unkontrollierter Spontanatmung Fletcher EC, Shah A, Qian W, Miller CC (1991) »Near miss«
durchführen. Günstig sind gut steuerbare Inhala- death in obstructive sleep apnea: a critical syndrome. Crit
tionsanästhetika (N2O, Isofluran, Desfluran) oder Care Med 19: 1158–1164
Ishibashi H, Umezawa K, Hayashi S, Shibutani K (2004)
schnell abbaubare intravenöse Anästhetika (Eto-
Anesthetic management of a child with congenital cen-
midat, Propofol zur Boluseinleitung; kontinuier- tral hypoventilation syndrome (CCHS, Ondine’s curse) for
liche Propofolinfusion zur Aufrechterhaltung, Re- dental treatment. Anesth Prog 51: 102–104
mifentanil). Die mechanische Ventilation ist posto- Lundberg D (1991) Control of breathing and sleep apnoea.
perativ bis zur Wiederkehr des Bewusstseins und Curr Opin Anaesthesiol 4: 868–871
Mahmoud M, Bryan Y, Gunter J et al. (2007) Anesthetic impli-
dem Einsetzen einer ausreichenden Spontanatmung
cations of undiagnosed late onset central hypoventilati-
beizubehalten. Die Indikation zur Nachbeatmung on syndrome in a child: from elective tonsillectomy to
und ggf. zur Reintubation ist demzufolge großzügig tracheostomy. Pediatr Anesth 17: 1001–1005
zu stellen. Ward DS (1992) Control of breathing, ventilatory failure and
Beachte, dass selbst wache Patienten nach Weg- sleep apnea syndromes. Curr Op Anaesthesiol 5: 843–
847
fall des Trachealreizes (nach der Extubation)
Wiesel S, Fox GS (1990) Anaesthesia for a patient with central
atemdepressiv werden können. Eine in Dauer und alveolar hypoventilation syndrome (Ondine’s Curse). Can
Intensität angepasste postoperative Überwachung J Anaesth 37: 122–126
I ist dementsprechend essenziell.
Die Applikation von Sauerstoff beim spontan
atmenden, schlafenden Patienten verbietet sich bei
vermuteter Steuerung des Atemantriebs durch
Hypoxie (»hypoxic drive«), es sei denn, die At-
mungsfunktion kann lückenlos überwacht werden
(Intensivstation).
Zur Analgesie sind Lokalanästhetika und nicht-
steroidale Analgetika anzuwenden.
Zu vermeiden ist eine Verschlechterung der
Rechtsherzfunktion durch Volumenüberlastung.
Bei Bedarf muss eine differenzierte Infusionsthera-
pie (Stimulierung der Diurese, Bilanzierung, ZVD-
Kontrollen) durchgeführt werden, und Vasodilata-
tatoren sollten zum Einsatz kommen.
! Cave
Opioide (ggf. mit Ausnahme von Remifenta-
nil), Benzodiazepine, Anästhetikaüberhang,
Hyperoxie, Hypervolämie, Rechtsherzüber-
lastung.

Literatur

Bayley PL, Pace NL, Ashburn MA et al. (1990) Frequent hypoxe-


mia and apnea after sedation with midazolam and fenta-
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Jervell-Lange-Nielsen-Syndrom
125 J
z Labor
Jervell-Lange-Nielsen- Serumelektrolyte sind in der Regel im Normbe-
Syndrom reich.

z Synonyme z Therapie
Kardioauditives Sy, surdokardiales Sy. β1-Rezeptorenblocker, Kalziumantagonisten, Phe-
nytoin, Stellatumblockade. Bei Arhythmien: Lido-
z Oberbegriffe cain, Bretyliumtosylat, Procainamid, Defibrillation
Erbliche Taubheitssyndrome, synkopale Herzer- (kardiopulmonale Reanimation).
krankung.
Anästhesierelevanz
z Organe/Organsysteme
Innenohr, Herz-Kreislauf-System. Das anästhesiologische Vorgehen berücksichtigt die
psychische Problematik und Komunikationsschwie-
z Inzidenz rigkeit des Patienten sowie das erhöhte kardiale Ri-
1:300.000. Das Syndrom ist die Ursache von 1% aller siko. Insbesondere muss der Patient perioperativ
angeborenen Taubheitsfälle. von arrhythmogenen Faktoren abgeschirmt wer-
den. Die chronische Medikation ist unbedingt fort-
z Ätiologie zusetzen und gegebenfalls auf parenterale Form
Kongenital und hereditär mit autosomal-rezessivem umzustellen.
Erbgang. Es besteht eine Innenohrtaubheit in Kom-
bination mit einer Repolarisationsstörung des Myo- z Spezielle präoperative Abklärung
kards aufgrund einer vermuteten unausgeglichenen EKG, Langzeit-EKG, Elektrolyte im Serum.
vegetativ-sympathischen Innervation beider Herz-
hälften. z Zusätzliches Monitoring
EKG (Ableitung II und V5), Pulsoxymetrie, Kapno-
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen graphie, invasive Blutdruckmessung, ZVD.
Adams-Stokes-Anfälle, Harris-Osborne-Sy, Roma-
no-Ward-Sy, Leopard-Sy, Forney-Robinson-Pas- z Hinweis
coe-Sy, »congenital long QT syndrome«, »familial Notfallmedikamente, Defibrilliator und (externen)
ventricular tachycardia«. Herzschrittmacher in Bereitschaft halten.

Symptome z Vorgehen
Eine stressarmes perioperatives Umfeld ist anzu-
Ohren: Innenohrschwerhörigkeit, Taubheit (gele- streben. Eine anxiolytische und sedative Prämedi-
gentlich auch Taubstummheit). kation mit Benzodiazepinen ist gut geeignet.
Herz: im EKG deutlich verlängertes QT-Interval Bei der Wahl des Anästhesieverfahrens ist v. a.
(400 ms) als Ausdruck einer verzögerten ventriku- auf eine genügende Abschirmung gegen die endo-
lären Repolarisation. genen Katecholamine zu achten. Die meisten gängi-
Bei Belastungssituationen (Stress) oder phar- gen Anästhesieverfahren sind geeignet. Dies gilt
makologischer Induktion teils lebensbedrohliche weniger für Halothan und Ketamin.
Arrhythmieattacken mit ventrikulärer Tachykardie, Bei Epiduralanästhesien sollte auf den Zusatz
Neigung zu Kammerflimmern und Herz-Kreislauf- von Adrenalin zum Lokalanästhetikum verzichtet
Stillstand. Anamnestisch wiederholt auftretende werden. Eine genügende vorbereitende Hydratation
Synkopen. ist empfehlenswert. Blutdruckabfälle, die mit einer
forcierten Volumenzufuhr nicht schnell genug be-
hoben werden können, sollten ausschließlich mit
α-Rezeptorenstimulation (z. B. Methoxamin) und
126 Jervell-Lange-Nielsen-Syndrom

nicht mit β-adrenergen Agonisten (Katecholamine


und Derivate) behandelt werden. Dennoch auftre-
tende Arrhythmien sollten je nach Art und Schwe-
regrad differenziert behandelt werden (β-Rezepto-
renblocker, Lidocain, Bretyliumtosylat, Pro-
cainamid, Defibrillation, Schrittmachertherapie).
Eine postoperative Beobachtung mit Reanimations-
bereitschaft ist anzustreben.
! Cave
Stress, Katecholamine, Elektrolytstörungen
(v. a. K+, Mg2+, Ca2+, Na+ im Serum), Volumen-
mangel, Vagolytika, Halothan, Cyclopropan,
Ketamin.

Literatur

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Karnitinmangelsyndrom
127 K

Karnitinmangelsyndrom Erhöhung und bei der systemischen Variante ein


erniedrigter Karnitinplasmaspiegel.
Normbereich für Plasmakarnitin: 27–70 nmol/
z Synonyme ml.
Trimethylbetainmangel.
z Vergesellschaftet mit
z Oberbegriffe Kardiomyopathie, Leberversagen.
Vitaminmangel, Fettsäurestoffwechselstörung, Hy-
poglykämie-Ss. z Therapie
Häufige kohlenhydratreiche Mahlzeiten, chronische
z Organe/Organsysteme orale Karnitinsubstitution (100 mg/kg/Tag).
Quergestreifte Muskulatur, Leber, Lipidstoffwech-
sel, ZNS. Anästhesierelevanz
z Inzidenz Längeres perioperatives Fasten ist unbedingt zu ver-
1:40.000. meiden. Wenn längerfristige Nüchternheit notwen-
dig ist, sollte parenteral Glukose unter häufigen
z Ätiologie Blutzuckerkontrollen gegeben werden.
Es werden eine systemische und eine myopathische
Form unterschieden, ferner kann das Syndrom an- z Spezielle präoperative Abklärung
geboren (kongenital) oder erst später (erworben) Blutzuckerverlauf, Gerinnungsstatus, Elektrolyt-
auftreten. Karnitin erleichtert den Transport lang- und Säure-Basen-Status, Blutgasanalyse, Transami-
kettiger Fettsäuren in die Mitochondrien. Als Ursa- nasen, Serumammoniak, Serumlaktat, neurolo-
che für dessen Mangel werden entweder eine hepa- gischer Ausgangsstatus, kardiale Funktion (Echo-
tische Synthesestörung oder eine verstärkte renale kardiographie).
Elimination diskutiert. Der Synthesestörung liegt
ein 3-Methylcrotonyl-CoA-Karboxylase-Defizit (3- z Wichtiges Monitoring
MCCD) zugrunde, welches autosomal-rezessiv ver- Engmaschige Überwachung der Vitalparameter, re-
erbt wird. gelmäßige Blutzucker-, Blutgas- und Elektrolyt-
kontrollen, invasive Blutdruckmessung, ZVD, Vo-
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen lumetrie, Relaxometrie.
Reye-Morgan-Baral-Sy, Reye-Johnson-Sy, hepato-
zerebrales Sy, Karnitinmangel bei dialysepflichtiger z Vorgehen
chronischer Niereninsuffizienz, Propofol-Infusi- Perioperativ engmaschige Blutzuckerkontrollen un-
onssyndrom. ter kontinuierlicher Glukosezufuhr. Bedenke, dass
Beachte: nicht verwechseln mit Karnitin-Pal- in Allgemeinanästhesie keine neurologischen Warn-
mityl-Transferase-Mangel (mit Myoglobinurie und hinweise für Hypoglykämien erkennbar sind.
Rhabdomyolyse nach Allgemeinanästhesien). Bei Vorliegen einer Muskelschwäche nichtdepo-
larisierende Relaxanzien entsprechend reduzieren.
Symptome Die Anwendung von Succinylcholin sollte v. a. bei
der myopathischen Form besser unterbleiben
Allgemein: Muskelschwäche, Enzephalopathie. (Sachlage ist derzeit noch ungeklärt).
Im akuten Anfall: Erbrechen, Diarrhö, respirato- Bei Vorliegen einer Koagulopathie ist eine recht-
rische Insuffizienz, Hypoglykämie, Laktatazidose, zeitige und ausreichende Substitution mit FFP
Myoglobinurie, Koagulopathie. (»fresh frozen plasma«) angebracht.
Laborparameter: Hypoglykämie, Laktatazidose, Bei Vorliegen einer Kardiomyopathie empfiehlt
Ammoniak im Serum erhöht, Leberenzyme (AST, sich die zurückhaltende Anwendung negativ-ino-
ALT) erhöht, Hypoprothrombinämie, mäßige CK- troper Substanzen; Regionalanästhesien und i.v.-
128 Kartagener-Syndrom

Anästhesien sind gute Alternativen. Bei Bedarf po- z Organe/Organsysteme


sitiv-inotrope Pharmaka einsetzen. Atemwege, Lungen, Herz-Kreislauf-System, Thora-
Ein adäquates Monitoring der Vitalfunktionen xorgane, Nasennebenhöhlen.
ist in jedem Fall angezeigt. Bei Nachweis eines er-
niedrigten Serumkarnitinspiegels (unter 25 nmol/ z Inzidenz
ml) sollte die Substitutionstherapie fortgesetzt bzw. 1:30.000 bis 1:60.000, 15–20% aller Personen mit
aufgenommen werden (100 mg/kg/Tag). Situs inversus; 1,4% aller Personen mit Bronchiek-
Zur Wahl der geeigneten Anästhesie sind bisher tasen, ca. 50% aller Patienten mit PCD haben einen
nur wenige Erfahrungen vorhanden. Es wird aber Situs inversus.
generell von Anästhetika abgeraten, deren Metabo-
lisierung mit einer erhöhten β-Oxidation einher- z Ätiologie
geht, wie z. B. Propofol. Möglicherweise ist die Kar- Hereditär mit autosomal-rezessivem Erbgang (Chro-
diotoxizität von Bupivacain erhöht. mosom 5p15-p14) und variabler phänotypischer
Ausprägung. Sporadisch auch dominante Vererbung
! Cave
bei Neumutation möglich. Möglicherweise bestehen
Hypoglykämie, rückenmarknahe Regional-
7 verschiedene Subtypen. Aufgrund von Struktura-
anästhesien bei Koagulopathie.
nomalien und Fehlfunktion der Zilien (fehlende
Dyneinarme) kommt es zu einer Störung des muko-
Literatur
ziliären Transports. Zusätzlich besteht eine Störung
Böhles H, Michalk D, von Wendt-Göknur E (1991) Der Einfluss der leukozytären Chemotaxis. Infolge häufiger re-
einer L-Carnitin-Supplementierung auf den Lipidstoff- spiratorischer Infekte entwickelt sich eine chronisch-
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Symptome

Trias: Bronchiektasen, Sinusitis und partieller oder


totaler Situs inversus.
Kartagener-Syndrom Zusatzbefunde: Bronchitis, Pneumonie (häufige
Erreger: Hämophilus, Pneumokokken), Bronchor-
z Synonyme rhö, Polyposis nasi, Rhinorrhö, Hypakusis (Schwer-
Dextrokardie-Bronchiektasie-Sinusitis-Sy, Zilien- hörigkeit), pulmonale Hypertension, Cor pulmo-
dyskinesie-Sy, engl. »immotile cilia syndrome«, nale.
»primary ciliary dyskinesia (PCD)«.
z Labor
z Oberbegriffe Pathologische Infektparameter (Anämie, Leukozy-
Dysmorphie, Missbildung, Fehlbildung, Fehlfunk- tose, CRP- und BSG-Erhöhung).
tion. Erkrankungsnachweis durch elektronenmikro-
skopische Untersuchung der Zilien und phasenkon-
Kartagener-Syndrom
129 K
trastmikroskopische Messung der Zilienschlagfre- Lungenabszessen sollte mit einem Doppellumentu-
quenz. bus seitengetrennt intubiert werden (Vorsicht bei
Situs inversus!).
z Vergesellschaftet mit Das Beatmungsmuster ist an die erhöhte Gefahr
Kombinierte restriktive und obstruktive Pneumo- von Barotraumen anzupassen (z. B. Druckbegren-
pathie, Skelettanomalien (Halsrippe, Spina bifida zung). Techniken mit leistungsfähiger Atemgasbe-
occulta), Infertilität bei Männern, Oligophrenie, feuchtung und Anwärmung (»Low-flow-Anästhe-
Herzvitien (»single ventricle«, Pulmonalstenose) sie« mit Rückatmung, Befeuchter) sollten bevorzugt
möglich, aber nicht gehäuft, Trommelschlegelfin- werden.
ger, pluriglanduläre Insuffizienz, Hyp- oder Anos- Auf N2O sollte verzichtet werden, da es in abge-
mie. schlossenen Hohlräumen (Mittelohr, Nasenneben-
höhlen) zu exzessivem Druckanstieg kommen kann,
Anästhesierelevanz der massive postoperative Schmerzen verursacht.
Pharmaka mit antitussiver Wirkung, wie Opio-
Im Vordergrund stehen Probleme im Zusammen- ide oder Cholinesterasehemmer, sollten zurückhal-
hang mit der erhöhten Infektanfälligkeit und deren tend eingesetzt werden. Hier empfiehlt sich auf-
Langzeitfolgen. grund der kurzen Halbwertszeit der perioperative
Einsatz von Remifentanil.
z Präoperative Abklärung An den Situs inversus ist bei der EKG-Interpre-
Thoraxröntgenaufnahme in 2 Ebenen, Lungen- tation (Elektroden »seitenverkehrt« kleben), bei
funktionsprüfung, Röntgen der Kieferhöhlen (ggf. Bronchoskopien und beim Legen von Doppellu-
CT), Blutbild, Resistenzbestimmung bei aktuellen mentuben, zentralen Venenkathetern (bevorzugt
Infekten. über rechte V. jugularis interna), Pulmonalarterien-
kathetern und Thoraxdrainagen zu denken. Defib-
z Wichtiges Monitoring rillator-Paddles bei Situs inversus spiegelbildlich
Pulsoxymetrie, Kapnographie, ggf. Blutgasanalysen, aufsetzen, Rechtsseitenlage von Schwangeren mit
Beatmungsdrücke. Situs inversus zur Vermeidung des Kavakompres-
sionssyndroms.
z Vorgehen
! Cave
Vor Anästhesien sollte eine Sanierung der Atemwe-
Nasotracheale Intubation, N2O (relative
ge angestrebt werden, beispielsweise mit Atemgym-
Kontraindikation), Cholinesterasehemmer,
nastik, Sekretmobilisation, Abhusten. Eine periope-
rückenmarknahe Katheteranästhesien bei
rative antibiotische Abschirmung ist notwendig,
Septikämie und Spina bifida.
insbesondere bei Vorliegen von Herz- oder Gefäß-
anomalien.
Literatur
Die erfolgreiche Verwendung von rückenmark-
nahen Regionalanästhesien wurde mitlerweile Dylan Bould M, Gothard JW (2006) Sudden hypoxia during
mehrfach beschrieben. Zwei Aspekte sind jedoch anesthesia in a patient with Kartagener’s syndrome.
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Bei peripheren operativen Eingriffen sollten for cesarean section in a woman with Kartagener’s syn-
periphere Regionalanästhesieverfahren bevorzugt drome and a twin pregnancy. Int J Obstet Anesth 16:
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Bei Allgemeinanästhesien sollte die Gelegenheit
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Bei Belastungssituationen anfallsweise auftretende


Hautrötung (Flush) mit Ausbreitung vom Gesicht
Karzinoidsyndrom nach kaudal, verbunden mit subjektivem Hitzege-
fühl (94%), Teleangiektasien am Oberkörper, an-
z Synonyme fallsartige wässrige Diarrhö, gastrointestinale Hy-
Biörk-Thorson-Sy, Cassidy-Scholte-Sy, Hedinger- permotilität, kolikartige Bauchschmerzen, Blut-
Sy, Steiner-Voerner-Sy, Steiner-Lusbaugh-Sy, Ente- druckschwankungen (v. a. Hypotonie), asthmoide
rodermatokardiopathie, Flush-Sy, Angiomatosis Anfälle, Endokardfibrose, evtl. mit Klappenbeteili-
miliaris, Karzinoidose. gung (Pulmonalstenose, Mitral-, Aortenklappen-
und Trikuspidalinsuffizienz), Arrhythmie, Hepato-
z Oberbegriffe megalie, Lebermetastasen.
(Entero)chromaffine Tumoren, paraneoplastische Pellagraähnliche Symptome enstehen v. a. bei
Ss, Inselzellhyperplasie-Ss, Hypoglykämie-Ss. serotoninproduzierendem Karzinoid, da bis zu 60%
der verfügbaren Aminosäure Tryptophan dafür ab-
K z Organe/Organsysteme gezweigt werden (anstatt normal 1%).
Dünndarm, Leber, Herz-Kreislauf-System, Haut,
Lungen (10–22%), Atemwege, Gastrointestinaltrakt
(75%, allein im Appendix 43%, im distalen Ileum Zusammenfassung der wichtigsten Symptome des
Karzinoid-Sy nach ihrer Häufigkeit
15%), APUD-System (»amine precursor uptake and
decarboxylation«). Symptom Häufigkeit (%)

z Inzidenz Anfallsweise Hautrötung 90


(Flush)
1:14.000, geringfügige Gynäkotropie. Zweigipfliges
Manifestationsalter zwischen 25–45 sowie über Diarrhö 70
60 Jahren. Katecholamin sezernierende Tumore
sind mit einer Inzidenz von 1:4.000.000 sehr sel- Kolikartige Bauchschmerzen 40
ten.
Rechtsherzbefunde 30
z Ätiologie
Bronchospastik 15
Vorwiegend vom Dünndarm (Ileum, auch Appen-
dix) ausgehende enterochromaffine Tumoren, die Linksherzbefunde 10
vorwiegend in die Leber metastasieren und häufig
Pellagra 5
kreislaufwirksame Gewebshormone (Amine und/
oder Peptide) sezernieren. Die häufgste unter den
mehr als 20 nachgewiesenen Substanzen ist Sero-
tonin = 5-Hydroxytryptamin (5-HT).
Karzinoidsyndrom
131 K
z Labor können Gewebshormone zumindest teilweise auch
5-Hydroxyindolessigsäure (5-HIAA) im Harn (er- in der Lunge inaktiviert werden, was daran ersicht-
höhte Werte sind oft mit kardialer Beteiligung asso- lich ist, dass das rechte Herz weit häufiger betroffen
ziiert), rezidivierende Hypo- und Hyperglykämien ist als das linke.
(Glykolabilität). Insbesondere bei Darmsymptoma- Bei Serotonin sezernierendem Karzinoid kann
tik treten Dehydratation, Hyponatriämie, Hypoka- es unter Umständen zu verzögertem Aufwachen
liämie und Hypochlorämie auf. nach einer Narkose kommen. Bei Histamin sezer-
nierendem Karzinoid ist der Flush im Vordergrund,
z Vergesellschaftet mit hinzukommen Kreislaufinstabilität und Arrhyth-
Mechanischer Ileus (häufige Operationsursache), mieneigung. Kallikrein bzw. Bradykinine verursa-
Dermatosen, allergische Diathese, Atopie, Teleangi- chen vorwiegend hypotensive Kreislaufzustände.
ektasien. Leberfunktionsstörungen (Hypoproteinä- Tachykinine verursachen ebenfals Flush und kardi-
mie, Hyperaldosteronismus) treten erst bei sehr ale Effekte.
fortgeschrittener Metastasierung auf. Ungefähr die In einem späteren Stadium und bei erheblichem
Hälfte der Karzinoidpatienten entwickelt eine kar- Größenwachstum können Karzinoidtumoren auch
diale Beteiligung, die i.d.R. eine schlechte Langzeit- mechanische Befunde wie Ileus oder Blutungen ver-
prognose hat. ursachen.
Es ist sinnvoll, Rezeptorenblocker therapeutisch
z Therapie bzw. prophylaktisch einzusetzen. Eine gezielte Blok-
Operativ: Chirurgische Tumorreduktion, Chemo- kade ist möglich, wenn das sezernierte Gewebshor-
embolisation von Lebermetastasen, Embolisation mon bekannt ist. Es kommen in Frage: Diphenhy-
der A. hepatica, Lebertransplantation. dramin (25–50 mg i.v.) zur H1-Rezeptorenblockade;
Medikamentös: Symptomatische Behandlung Ranitidin (150 mg p.o. oder i.v.) zur H2-Rezepto-
mit Kortikoiden, Phenothiazinen, Zytostatika, Oc- renblockade; Ondansetron (8 mg i.v.) oder Octreo-
treotid, Lanreotid, Somatostatin. tid (50–500 mg s.c. 8-stündlich nach Wirkung)
zur 5-HT3-Rezeptorenblockade; ferner Aprotinin
Anästhesierelevanz (200.000 Einheiten i.v.) und Somatostatin (0,1 μg/
kg/min) als kontinuierliche Infusion.
Unter den nachgewiesenen Gewebshormonen fin- Weitere, vereinzelt erwähnte Medikamente sind
den sich außer Serotonin noch Histamin, Gastrin, Kortikosteroide, Methysergid und Ketanserin.
Sekretin, Prostaglandine, Glukagon, Insulin, Para-
thormon, Kalzitonin, Vasopressin, Motilin, β-En- z Spezielle präoperative Abklärung
dorphin, Substanz P, Kallikrein, Bradykinine, Ta- Darmmotilität, Thoraxröntgenaufnahme, Abdo-
chykinine (Neuropeptid K, Neurotensin, Neuro- mensonographie, Echokardiographie, Elektrolyte
kinin A, Substanz P und das vasoaktive intestinale und Osmolarität im Serum, Blutbild, Hormonscree-
Peptid = VIP), antidiuretisches Hormon = ADH, ning. Wichtig ist die Unterscheidung von Tumoren
Kortikotropin u. a. m. im portalvenösen Abstromgebiet (geringeres Risiko
Die Vielfalt der möglichen sezernierten Sub- einer »Karzinoid-Krise«) gegenüber einer extrapor-
stanzen erklärt die Verschiedenheit (und die Ge- talen Lokalisation (hohes Risiko).
gensätzlichkeit) der auftretenden Befunde. Aller-
dings kommt es zu systemisch wirksamen Effekten z Wichtiges Monitoring
erst bei fortgeschrittener Metastasierung des Karzi- In der präoperativen Abklärungsphase Echokardio-
noids, da kleinere Gewebshormonmengen aus dem graphie (bis zu 50% kardiale Beteiligung). Häufige
Gastrointestinalbereich durch die vorgeschaltete Blutzucker- und Elektrolytkontrollen (v. a. Kalium,
Leberpassage einer wirksamen Clearance unter- Natrium und Kalzium), Pulsoxymetrie, Beatmungs-
worfen werden (außer bei bestehender Leberinsuf- drücke, invasive arterielle Blutdruckmessung, zen-
fizienz). Daher sind bei lediglich 5–7% der Fälle tralvenöser Druck (ist hoch bei Trikuspidalinsuffi-
systemische Symptome zu beobachten. Vermutlich zienz!), Relaxometrie (bei Leberinsuffizienz Choli-
132 Karzinoidsyndrom

nesterasemangel). Bei kardialer Beteiligung und zu von Gewebshormonen durch die chirurgischen Ma-
erwartenden großen Volumenverschiebungen in- nipulationen freigesetzt werden.
traoperative transösophageale Echokardiographie Bei Ileussymptomatik Gabe von 0,3-molarem
oder Pulmonalarterienkatheter einsetzen. Natrium citricum zur Magensaftpufferung (20–
30 ml p.o. vor Anästhesieeinleitung), präoxygenie-
z Vorgehen ren, »rapid-sequence induction«, Krikoiddruck
Um eine katecholamin- bzw. stressbedingte Freiset- anwenden.
zung von Mediatoren und eine daraus resultierende Die Infusiontherapie richtet sich nach dem ak-
»Karzinoid-Krise« zu vermeiden, sollte möglichst tuellen Hydratationszustand (zentralvenöser
schonend verfahren werden. Eine anxiolytische Prä- Druck), Osmolarität, Elektrolyt- und Eiweißstatus.
medikation erscheint sinnvoll. Eine bereits laufende Meist liegt eine Dehydratation vor. Histaminfreiset-
Octreotid- und/oder Somatostatintherapie ist unbe- zende Medikamente sollten generell gemieden wer-
dingt perioperativ fortzusetzen bzw. – wenn indiziert den (7 s. »Mastozytose«).
– bis spätestens 24 h vor Operationsbeginn einzulei-
! Cave
ten. Beachte: Octreotid kann nach Bolusinjektionen
Histaminliberatoren (Thiopental, Succinyl-
zu Bradyarrhythmien und Blockbildern führen.
cholin, Atracurium, Mivacurium, Morphin,
Es wurden nahezu alle üblichen Anästhesiever-
Pethidin), Hyperkapnie, Hypothermie, Ka-
fahren erfolgreich angewendet. Die Wahl sollte die
techolamine.
vorherrschenden Befunde und anamnestisch be-
kannte Unverträglichkeiten berücksichtigen. Bei
vorwiegend obstruktiver Symptomatik der Atem- Literatur
wege erscheint eine Regionalanästhesie sinnvoll, Botero M, Fuchs R, Paulus DA (2002) Carcinoid heart disease: a
aber auch eine Allgemeinanästhesie mit volatilen case report and literature review. J Clin Anesth 14: 57–63
Anästhetika, Etomidat, Propofol, Opioiden (außer Claure RE, Drover DD, Haddow GR et al. (2000) Orthotopic liver
Morphin und Pethidin) und Benzodiazepinen transplantation for carcinoid tumour metastatic to the
K kommt in Frage. Kombinationen von Regionalanäs-
liver: anesthetic management. Can J Anesth 47: 334–337
Dilger JA, Rho EH, Que FG, Sprung J (2004) Octreotide-indu-
thesien mit Allgemeinanästhesie bzw. die Verwen- ced bradycardia and heart block during surgical resec-
dung von Remifentanil bei Allgemeinanästhesien tion of a carcinoid tumor. Anesth Analg 98: 318–320
wurden öfter als vorteilhaft angegeben. Bei Ka- Farling PA, Durairaju AK (2004) Remifentanil and anaesthesia
techolamin sezernierenden Tumoren kann eine for carcinoid syndrome. Br J Anaesth 92: 893–895
Hudcova J, Schumann R (2007) Undiagnosed catecholamine-
prolongierte Propofolmedikation zu einem Propo- secreting paraganglioma and coexisting carcinoid in a
fol-Infusionssyndrom führen, da Myozyten unter patient with MH susceptibility: an unusual anesthetic
Dauerexposition zu Katecholaminen empfindlicher challenge. J Anesth 21: 80–82
zu sein scheinen. In diesem Fall sollte eher auf ein Orbach-Zinger S, Lombroso R, Eidelman LA (2002) Uneventful
volatiles Anästhetikum ausgewichen werden (z. B. spinal anesthesia for a patient with carcinoid syndrome
managed with long-acting octreotide. Can J Anesth 49:
Desfluran). Geeignete Muskelrelaxanzien sind Ve- 678–681
curonium (eher nicht bei Lebereingriffen wegen Pandharipande PP, Reichard PS, Vallee MF (2002) High gastric
hepatischer Metabolisierung), Rocuronium, Pancu- output as a perioperative sign of carcinoid syndrome.
ronium und Cisatracurium. Blutdrucksteigerungen Anesthesiology 96: 755–756
können mit Esmolol oder Phentolamin behandelt Regner KR, Connolly HM, Schaff HV, Albright RC (2005) Acute
renal failure after cardiac surgery for carcinoid heart di-
werden. Blutdruckabfälle reagieren gut auf α-adren- sease: incidence, risk factors, and prognosis. Am J Kidney
erge Stimulation z. B. mit Methoxamin in kleinen Dis 45: 826–32
i.v.-Bolusdosen, wobei eine adäquates Flüssigkeits- Veall GR, Peacock JE, Bax ND, Reilly CS (1994) Review of the
und Volumenmanagement essenzielle Vorausset- anaesthetic management of 21 patients undergoing lapa-
zungen darstellen. Katecholamine können Kalli- rotomy for carcinoid syndrome. Br J Anaesth 72: 335–341
Zimmer C, Günnicker M, Peters J (2001) Anästhesiologisches
krein aktivieren und sind daher weniger geeignet. Vorgehen bei Hemihepatektomie bei einem Patienten
Man vermeide Hyperkapnie, Hypothermie und Hy- mit Karzinoid-Syndrom. Anasthesiol Intensivmed
potension. Intraoperativ können größere Mengen Notfallmed Schmerzther 36: 763–767
Kawasaki-Syndrom
133 K
z Labor
Kawasaki-Syndrom Anämie, Leukozytose mit Linksverschiebung,
Thrombozytose (>500.000/μl) ab der 2. Woche und
z Synonyme Transaminasenanstieg.
Kawasaki-Fieber, mukokutanes Lymphknoten-Sy.
z Vergesellschaftet mit
z Oberbegriffe Gelegentlich begleitet von Meningismus, Arthral-
Autoimmunerkrankungen, Vaskulitiden. gien, Enteritis, Hepatitis (mit und ohne Ikterus).
Das Kawasaki-Syndrom wurde mehrfach bei an
z Organe/Organsysteme Aids erkrankten Patienten beschrieben.
Herz, Gefäßsystem.
z Therapie
z Inzidenz Gammaglobulin intravenös, Azetylsalicylsäure,
3,5 (England), 40–195 (Japan)/100.000 Kinder. Häu- Therapieversuche mit Infliximab (monoklonale
figste Ursache für erworbene Herzerkrankungen in Antikörper, die gegen TNFα gerichtet sind), wenn
der Kindheit. kein Erfolg mit Gammaglobulin.

z Ätiologie Anästhesierelevanz
Bisher nicht umfassend bekannte Pathogenese. Mo-
lekularbiologische Befunde sprechen für eine nicht- Eine anästhesiologische Betreuung im Rahmen der
infektiöse Inflammation. Eine Vaskulitis der koro- akuten Erkrankung kann für eine Herzkatheterun-
naren Vasa vasorum kann zur fortschreitenden tersuchung erforderlich sein. Die veränderte Gefäß-
Bildung von Aneurysmen führen. struktur kann zu einem Myokardinfarkt durch
Thrombose oder Embolie führen. Es besteht die Ge-
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen fahr des plötzlichen Herztodes durch ventrikuläre
Vaskulitiden anderer Genese, Moyamoya-Sy. Arrhythmien.
Nach der durchgemachten Erkrankung kann
Symptome die mögliche Schädigung der Koronargefäße das
anästhesiologische Vorgehen relevant beeinflussen.
Manifestation der Erkrankung mit mehrere Tage
bestehendem Fieber, Konjunktivalinjektion, Exan- z Spezielle präoperative Abklärung
them, Erythem und Schwellung von Händen und Genaue Anamneseerhebung mit Fokussierung auf
Füßen, zervikaler Lymphadenopathie. Weitere un- den Herz-/Gefäßstatus. Eventuell ausgedehnte kar-
spezifische Entzündungszeichen sind Rhinitis, diologische Diagnostik mit der Frage nach Aneu-
Konjunktivitis, Gingivitis. Ferner »Lacklippen«, rysmen oder Thrombosen der Koronararterien.
Palmar- oder Plantarerythem. Gerinnungsstatus und Abklärung einer eventuell
Die Erkrankung verursacht regelhaft eine Myo- erforderlichen Antikoagulation, evtl. Umstellung
karditis, gelegentlich mit Perikarderguss. Eine Be- einer Antikoagulation mit Kumarinderivaten auf
handlung mit Gammaglobulin i.v. und Aspirin Heparin.
während der ersten 10 Tage der Erkrankung redu-
ziert deutlich das Risiko für die Bildung von Koro- z Wichtiges Monitoring
naraneurysmen, die bei 20% der nicht behandelten EKG mit ST-Segmentanalyse, invasive Blutdruck-
Patienten auftreten. messung, Elektrolytstatus. In Abhängigkeit vom
Spätkomplikationen im Erwachsenenalter: Er- Ausmaß der kardialen Dysfunktion und der Größe
weiterung der Aortenwurzel, diastolische Dysfunk- des Eingriffs erweitertes hämodynamisches Moni-
tion, Ausbildung einer Myokardfibrose, die mit toring (Pulmonalarterienkatheter oder PiCCO®-
ventrikulären Arrrhythmien einhergehen kann. Monitor).
134 Kieferbogensyndrome

z Vorgehen
Für die anästhesiologische Betreuung der meist
Kieferbogensyndrome
pädiatrischen Patienten gelten die gleichen Grund- z Synonyme
sätze wie für die Betreuung von an koronarer Herz-
Syndrome des 1. und 2. Kiemenbogens (Viszeral-
krankheit erkrankten Patienten. Eine plötzliche
bzw. Kieferbogens).
Störung der peripheren Sauerstoffversorgung ist
unbedingt zu vermeiden. Bei Durchführung einer z Oberbegriffe
Allgemeinanästhesie ist die negativ-inotrope Wir- Dysmorphie-Ss, kraniofaziale Missbildungs-Ss,
kung von Hypnotika und Inhalationsanästhetika zu Aniridie-Ss.
beachten. Eine sedierende Prämedikation bietet
eine gute Stressabschirmung und führt zu einer Re- z Organe
duktion des Anästhetikumbedarfs. Wichtigstes Ziel Mandibula, Maxilla, Ohren, Augen, Gesichtsschä-
muss die Optimierung des myokardialen Sauer- del, Hals.
stoffangebots sein. z Ätiologie
! Cave Kongenitale embryonale Entwicklungsstörungen
Hohes Risiko für plötzlich auftretende Tachy- im Bereich der ersten beiden Kiemenbögen, teilwei-
arrhythmien. Plötzlicher Anstieg des myokar- se auch hereditäre Erkrankungen mit verschiedenen
dialen Sauerstoffverbrauchs durch uterus- Erbgangsformen.
kontrahierende Pharmaka (Oxytocin, Prosta-
glandine oder Ergotamine). z Subtypen
Franceschetti-Sy, Pierre-Robin-Sy, Nager-Reynier-
Literatur Sy, C-Sy, Freeman-Sheldon-Sy, Apert-Sy, Crouzon-
Alam S, Sakura S, Kosaka Y (1995) Anaesthetic management Sy, Chotzen-Sy, Mohr-Sy, Pfeiffer-Sy, Noack-Sy,
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the Young, American Heart Association. Circulation 110:
2747–2771
(Mikrogenie) und/oder Oberkieferhypoplasie (Mi-
Thomas ML, McEwan A (1998) The anaesthetic management krognathie).
of a case with Kawasaki’s disease (mucocutaneous lymph- Einzelne oder mehrere der folgenden Befunde
node syndrome) and Beckwith-Wiedemann syndrome können zusätzlich vorliegen: Minderwuchs, Dysze-
presenting with a bleeding tongue. Paediatr Anaesth 8:
phalie, Synostosen, antimongoloide Lidachse, Oh-
500–502
Waldron RJ (1993) Kawasaki disease and anaesthesia. Anaesth renmissbildungen (Mikrotie, Dystopie, Atresie,
Intensive Care 21: 213–217 Taubheit), Augenanomalien (Dakryostenose, Kor-
Kieferbogensyndrome
135 K
neaanästhesie), Nasendysplasien, Spaltbildungen, ästhesien und periphere Nervenblockaden können
Kiefergelenkaplasie, Mikrostomie, Zungenanomali- bei entsprechenden Voraussetzungen (keine respi-
en (Aglossie, Glossoptose), Zahnanomalien, Wir- ratorische Probleme, keine Gerinnungsstörungen,
bel- und Rippendysplasien, Extremitätenmissbil- keine progredienten neurologischen Erkrankungen,
dungen, geistige Entwicklungsstörung. genügende Kooperationsfähigkeit des Patienten)
eine Alternative zur Allgemeinanästhesie bzw. Intu-
z Vergesellschaftet mit bationsnarkose sein.
Anomalien und Funktionsstörungen anderer Or- Bei Synostosen der Schädelnähte kann ein er-
gane (z. B. Herzvitien, Genitalanomalien, Nieren- höhter Hirndruck vorliegen.
missbildungen), obstruktive Schlafapnoe. Bei Unempfindlichkeit der Hornhaut am Auge
(kongenitale Korneaanästhesie)ist daran zu denken,
Anästhesierelevanz dass kein Abwehrreflex bei Berührung vorliegt und
auch vorbestehende Hornhautschäden vorliegen
Die große Zahl der einzelnen Subtypen und die können. Gerade deswegen ist sorgfältig auf einen
Vielfalt in der Ausprägung der jeweiligen Dysmor- guten Augenverschluss bzw. den Schutz der Augen
phien und Funktionsstörungen erschweren die Be- während der Anästhesie zu achten.
urteilung der anästhesierelevanten Befunde. Wich- Bei Herzvitien sollte eine antibiotische Endo-
tig sind v. a. anatomische und pathophysiologische karditisprophylaxe durchgeführt werden.
Befunde, die zu Intubationsschwierigkeiten bzw. zu Bei Einschränkung der Nierenfunktion (Zy-
Problemen bei der Maskenbeatmung führen kön- stennieren) sollte kein Enfluran oder Serofluran
nen wie: Mikrogenie, Spaltbildungen, Zungenano- verwendet werden.
malien, Kiefergelenkanomalien und Mikrostomie.
Literatur
z Spezielle präoperative Abklärung
Thoraxröntgenaufnahme und Hals-Gesichts-Rönt- Altintas F, Cakmakkaya S (2004) Anesthetic management of a
gen in 2 Ebenen zur Beurteilung der Atemwegsana- child with Rubinstein-Taybi syndrome. Pediatr Anesth 14:
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Mazzoli RA, Raymond WR, Ainbinder DJ et al. (2000)
schaft ist eine betont sedative Prämedikation (z. B. Monocanalicular intubation for dacryostenosis in oculo-
Flunitrazepam 0,05 mg/kg p.o., 1 h vor Anästhesie- auriculo-vertebral dysplasia with congenital corneal
beginn) vorteilhaft. anesthesia. Ophthal Plast Reconstr Surg 16: 55–57
Im Detail muss sich das anästhesiologische Vor- Nargozian C (2004) The airway in patients with craniofacial
abnormalities. Paediatr Anaesth 14: 53–59
gehen nach der vorliegenden Dysmorphie richten. Sculerati N, Gottlieb MD, Zimbler MS et al. (1998) Airway ma-
In jedem Fall sollte vor Intubationsnarkosen gut nagment in children with major craniofacial anomalies.
präoxygeniert werden und die Ausrüstung für alter- Laryngoscope 108: 1806–1812
native Intubations- bzw. Beatmungsmethoden (fi- Upmeyer S, Bothwell M, Tobias JD (2005) Perioperative care of
a patient with Beare-Stevenson syndrome. Pediatr Anesth
beroptisch, retrograd, blind nasal, Larynxmaske
15: 1131–1136
etc.) bereitgestellt werden. Darüber hinaus kommen Yao FSF, Fontes ML, Malhotra V (eds) (2008) Yao & Artusio’s
auch videooptisch erweiterte Techniken in Frage, anesthesiology. Problem-oriented patient management,
wie die Intubation mit dem Videolaryngoskop oder 6th edn. Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia,
pp 1049–1060
dem Videostilett.
Xue FS, Yang QY, Liao X et al. (2008) Lightwand guided intuba-
Andere Anästhesieverfahren wie Ketaminnar- tion in paediatric patients with a known difficult airway:
kosen mit erhaltener Spontanatmung, Regionalan- a report of four cases. Anaesthesia 63: 520–525
136 King-Denborough-Syndrom

z Vergesellschaftet mit
King-Denborough- Muskelhypertonie, Hyperreflexie, Kryptorchismus,
Syndrom Trichterbrust.

z Oberbegriffe Anästhesierelevanz
Maligne-Hyperthermie-assoziierte Myopathie,
Dysmorphie. Die Problemstellung entspricht weitgehend derjeni-
gen bei MH und bei Myopathien. Darüber hinaus
z Organe/Organsysteme ist bei Gesichtsdysmorphien mit Intubationsschwie-
Muskelzellmembran, Muskulatur, Bewegungsappa- rigkeiten zu rechnen.
rat, Skelettsystem. Die Symptomatik des MH-Anfalls: Hyperkapnie,
Hyperthermie (>1°C/h; Hyperpyrexie), Tachykar-
z Inzidenz die, Arrhythmien, Tachypnoe, Zyanose, Schwitzen,
Sehr selten, bisher wurden nur wenige Einzelfälle respiratorische und metabolische Azidose, Muskel-
beschrieben. rigor (v. a. der Kaumuskulatur, Masseterspasmus,
Trismus), starke Fibrillation nach Succinylcholin,
z Ätiologie Myoglobinämie, Rhabdomyolyse, Myoglobinurie,
Kongenital und – analog zur malignen Hyperther- CK-Erhöhung, Verbrauchskoagulopathie, Gerin-
mie (MH) – hereditär mit vermutlich autosomal- nungsstörung, akutes Nierenversagen.
dominantem Erbgang. Die Erkrankung scheint eine
komplexe Sonderform der MH zu sein. In einigen z Wichtiges Monitoring
Fällen wurden Karyotypanomalien beobachtet. Kontinuierliche Temperaturmessung, Kapnogra-
phie, Pulsoxymetrie, Blutgasanalysen, Säure-Basen-
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen Status.
Maligne Hyperthermie, malignes neuroleptisches
K Sy, Zentralfibrillenmyopathie (»central core di- z Vorgehen
sease«), akute febrile Katatonie, zentral-anticholi- Eine stressmindernde anxiolytisch-sedative Präme-
nerges Sy, Hyperthyreose, Tetanie, Enzephalopa- dikation mit Benzodiazepinen (z. B. Midazolam p.
thien, Broadbent-Sy, Ombredanne-Sy, Irritations-Sy o.) ist vorteilhaft. Sofern keine Kontraindikationen
des Mesodienzephalons, malignes Dopa-Entzugs- für Regionalanästhesien vorliegen, sollten diese be-
Sy (bei Sistieren der medikamentösen Parkinson- vorzugt werden. Bei Allgemeinanästhesien ist mit
Therapie), verschiedene Dysmorphie-Ss, v. a. Kie- Intubationsschwierigkeiten zu rechnen. Aus diesem
ferbogen-Ss, Myopathie-Ss (vorwiegend Myoto- Grunde sollte geeignetes Material für die Sicherung
nien), Noonan-Sy. erschwert zugänglicher Atemwege verfügbar sein.
Volatile Anästhetika und Succinylcholin sind abso-
Symptome lut kontraindiziert. Bei erhöhtem Muskeltonus bzw.
Vorliegen einer Myotonie sollten keine Cholineste-
Trias: maligne Hyperthermie, Skelettdeformitäten, rasehemmer zur Antagonisierung nichtdepolarisie-
Myopathie. render Relaxanzien gegeben werden.
Fakultative Symptome: Minderwuchs, Wirbel- Der Nutzen einer MH-Prophylaxe ist umstrit-
säulenanomalien (v. a. Skoliose), Blepharoptose, ten. Zur intravenösen Prophylaxe mit Dantrolen
Mikrognathie, antimongoloide Lidfalte, Ohrmu- wird eine Dosierung von 2,5 mg/kg empfohlen.
scheldysplasie. Über die erfolgreiche geburtshilfliche Epidural-
anästhesie einer Patientin wurde berichtet. Dabei
z Labor war zeitweilig eine beatmungspflichtige Ateminsuf-
Wie bei MH ist die CK sporadisch erhöht, Koffein- fizienz aufgetreten.
Halothan-Test positiv. Vorgehen beim MH-Anfall: Triggersubstanzen
stoppen, FIO2 = 1,0, Ventilation steigern, bis Nor-
Klippel-Feil-Syndrom
137 K
mokapnie erreicht ist, Anästhesieschläuche wech-
seln und Verdampfer entfernen. Den Patienten un-
Klippel-Feil-Syndrom
ter kontinuierlicher Temperaturkontrolle mit allen
z Synonyme
verfügbaren Mitteln kühlen (Oberflächenkühlung,
kalte Infusionslösungen, Magen-, Blasen- und Peri- KFS.
tonealspülung, Hämofiltration, medikamentöse Va- z Oberbegriffe
sodilatation. Synostosen, Skelettdeformitäten.
Dantrolengabe i.v.: 1,0 mg/kg über 5 min, da-
nach Dantroleninfusion bis zu einer Gesamtdosis z Organe/Organsysteme
von 2,5 mg/kg. Nötigenfalls muss die Dantrolenga- Bewegungsapparat, Skelettsystem, Wirbelsäule, At-
be wiederholt werden, bis die Symptomatik abge- mungsorgane.
klungen ist. Weitere Maßnahmen sind: Korrektur
des Säure-Basen-Haushalts und forcierte Diurese, z Inzidenz
Behandlung der Verbrauchskoagulopathie. 1:42.000, Gynäkotropie von 65%.
Adäquate Überwachung und Behandlung auch
auf postoperative Phase ausdehnen. z Ätiologie
Kongenital. Es werden sowohl dominante als auch
z Hinweis rezessive Vererbungsmodi angenommen.
Patienten aufklären und Blutsverwandte informie-
ren (ggf. Koffein-Halothan-Kontrakturtest veran- z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
lassen) und Bescheinigung über MH-Prävalenz Je nach Anzahl und Lokalisation der Synostosen
ausstellen. unterscheidet man 3 Typen:
4 Typ I: zervikal und thorakal;
! Cave
4 Typ II: nur zervikal;
Cholinesterasehemmer und alle MH-Trigger-
4 Typ III: thorakal und lumbal.
substanzen: Succinylcholin, volatile Anästhe-
tika.
Symptome
Literatur Fusion von 2 oder mehreren Halswirbeln, kurzer
Hals, tiefer posteriorer Haaransatz und Bewegungs-
Graham GE, Silver K, Arlet V, Der Kaloustian VM (1998) King einschränkung der HWS.
syndrome: further clinical variability and review of the
literature. Am J Med Genet 78: 254–259 z Vergesellschaftet mit
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lien (v. a. Spina bifida, Sprengels Anomalie = kleines,
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Heytens L, Martin JJ, Van De Kleft E, Bossaert LL (1992) In vitro
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of a male and female with malignant hyperthermia asso-
kommt vor, ist aber in den meisten Fällen normal.
ciated with King syndrome. Anesth Analg 70 (Suppl):
162 z Therapie
Steinfath M, Wappler F (2000) Maligne Hyperthermie. Anäs-
thesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 35: 147– Operative Korrekturen der Skelettanomalien.
172
Wappler F (2010) Anesthesia for patients with a history of ma- Anästhesierelevanz
lignant hyperthermia. Curr Opin Anesthesiol 23: 17–22
Einerseits bedeutet die Bewegungseinschränkung
der Halswirbelsäule ein höheres Risiko für Schwie-
rigkeiten beim Sichern der Atemwege, andererseits
138 Kongenitales adrenogenitales Syndrom (kAGS)

liegt auch eine atlantookzipitale Instabilität vor, die


zu neurologischen Schäden bei Belastung der HWS
Kongenitales
(z. B. bei der Laryngoskopie) führen kann. adrenogenitales
z Spezielle präoperative Abklärung
Syndrom (kAGS)
Bildgebung der HWS.
z Synonyme
z Wichtiges Monitoring Pseudohermaphroditismus, 21-Hydroxylase-De-
Atmungsüberwachung (Pulsoxymetrie, Kapno- fekt.
metrie).
z Oberbegriffe
z Vorgehen Hereditäre Endokrinopathie.
Das Management der Atemwege ist je nach Befund
unterschiedlich. Die Häufigkeit schwieriger Intuba- z Organe/Organsysteme
tionen ist niedriger als erwartet, allerdings dennoch Hormone, Endokrinium, Nebennierenrinde (NNR),
höher als in der Normalpopulation (ca. 10%). Das Gonaden, Genitale.
heisst, dass viele KFS-Patienten normal intubiert
werden können. Wenn eine HWS-Instabilität ange- z Inzidenz
nommen wird, sollte man auf Atemwegstechniken 1:5000–12.000.
zurückgreifen, die ohne Retroflexion der HWS aus-
kommen, v. a. die wache oder analgosedierte bzw. z Ätiologie
anästhesierte fiberoptische Intubation. Häufig wur- Kongenital und hereditär mit autosomal-rezessivem
den auch Larynxmasken erfolgreich eingesetzt. Erbgang. Dabei liegen Defekte des Nebennierenrin-
Vorsichtig agierende Kollegen empfehlen die wach- denenzyms 21-Hydroxylase mit erhöhter ACTH-
fiberoptische Vorgehensweise, andere halten dies und Androgensekretion vor. Darüber hinaus be-
K für übertrieben. steht eine Nebennierenrindenhyperplasie.
Je nach Ausprägung der Skelettdeformitäten ist
mit einer restriktiven Ventilationsstörung zu rech- z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
nen, die ihrerseits vor allem für den unmittelbar Lipoide adrenale Hyperplasie, M. Prader-Sieben-
postoperativen Verlauf relevant ist. mann, Biglieri-Sy, M. Eberlein-Bongiovanni, M.
Rückenmarknahe Regionalanästhesien sind Bongiovanni-Kellenbenz, New-Peterson-Sy, adre-
kontraindiziert. naler Hirsutismus, Achard-Thiers-Sy, Pylorusste-
nose des Säuglings.
! Cave
Lagerungsschäden, paradoxe Embolien bei
Septumdefekt.
Symptome

Literatur Intersexuelle Genitalentwicklung, Überproduktion


androgener Steroide, Hypokortisolismus bei In-
Farid IS, Omar OA, Insler SR (2003) Multiple anesthetic challen- fekten und Stresssituationen, primäre Amenorrhö,
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Kongenitale Stäbchenmyopathie
139 K
z Therapie Literatur
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Knape P, Reisch N, Dörr HG, Reincke M, Quinkler M (2008)
Es besteht eine erhöhte Gefahr für einen Hypokor-
Behandlung des klassischen adrenogenitalen Syndroms
tisolismus bei Infekten und Stresssituationen; sie mit 21-Hydroxylase-Defekt bei erwachsenen Männern.
manifestiert sich durch Kreislaufdepression (arteri- Dtsch Med Wochenschr 133: 1025–1029
elle Hypotension), Brechattacken, Blutzuckerent- Ruppen W, Hagenbuch N, Jöhr M, Christen P (2003) Cardiac
gleisung, Störungen des Wasser-Elektrolyt- und arrest in an infant with congenital adrenal hyperplasia.
Acta Anaesthesiol Scand 47: 104–105
Säure-Basen-Haushalts, Gewichtsverlust, Herz-
rhythmusstörungen, Krämpfe, Bewusstseinsstörun-
gen. Ein mit AGS einhergehendes Salzverlustsyn-
drom kann lebensbedrohlich sein! Kongenitale
z Spezielle präoperative Abklärung Stäbchenmyopathie
EKG, Kontrollen von Blutbild, Blutzucker, Elektro-
lyt- und Säure-Basen-Status, Serum- und Urinos- z Synonyme
molarität. Nemalinmyopathie, engl. »congenital rod disease«,
»rod body myopathy«, »nemaline myopathy«.
z Wichtiges Monitoring
Kardiovaskuläre Funktion (EKG, ZVD, ggf. invasive z Oberbegriffe
Blutdruckmessung), Relaxometrie, regelmäßige Dystone Myopathie, Strukturmyopathie.
Überprüfung von Blutzucker, Elektrolyt- und Säu-
re-Basen-Status. z Organe/Organsysteme
Muskulatur, Bewegungsapparat, Atmungsorgane.
z Vorgehen
Prä- und perioperativ ausreichende Elektrolyt- und z Inzidenz
Kalorienzufuhr sicherstellen. Wegen des periopera- Sehr selten, meist sporadisch, Inzidenz von Neumu-
tiv erhöhten Kortikoidbedarfs (insbesondere bei tationen nicht bekannt.
chronischer Kortikoidmedikation) entsprechend
substituieren: z. B. 200 mg Hydrokortison über 8 h, z Ätiologie
anschließend 100 mg Hydrokortison über 16 h i.v. Kongenital und hereditär mit meist autosomal-re-
am Op.-Tag, danach Dosis über Tage ausschlei- zessiver Form (Chromosom 2q), jedoch auch auto-
chen. somal-dominanter Erbgang möglich (Verantwort-
Unter Kortikoidmedikation besteht eine erhöh- lich für die Expression des α-Tropomyosins). Es
te Gefahr für gastrointestinale Ulzera und Blutun- liegt eine Gynäkotropie vor. Möglicherweise han-
gen. Daher ist eine Prämedikation bzw. perioperati- delt es sich um mehr als 2 verschiedene Erkrankun-
ve Abdeckung mit einem H2-Rezeptorenblocker zu gen unterschiedlicher Progredienz mit sehr ähnli-
empfehlen. cher Histopathologie. Dabei kommt es zur Ablage-
Bezüglich Anästhetika oder Anästhesietechni- rung eigentümlicher stäbchenförmiger Strukturen
ken sind keine Beschränkungen bekannt. Bei Ar- in den betroffenen Muskelzellen, die mit der Mus-
rhythmieneigung sollten Elektrolytdefizite korri- kelfunktion interferieren.
giert werden und Arrhythmien begünstigende An-
ästhetika (Halothan) zurückhaltend eingesetzt z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
werden. Mit einer stärkeren oder verlängerten Wir- Alle anderen dystonen Myopathien (mindestens 17
kung von Muskelrelaxanzien rechnen. Formen bekannt), Shy-Magee-Sy, Spiro-Shy-Gona-
140 Kongenitale Stäbchenmyopathie

tas-Sy (myotubuläre zentronukleäre Myopathie), bei den meisten Myopathien sind MH-Triggersubs-
mitochondriale Myopathie-Ss, Faserdysproporti- tanzen zu meiden, obwohl eine Prädisposition noch
onsmyopathie Brooks, »reducing body myopathy«, nicht bewiesen wurde.
sarkotubuläre Myopathie, »multicore disease«, Zen-
tralfibrillenmyopathie (»central core disease«), z Spezielle präoperative Abklärung
King-Sy, Werdnig-Hoffmann-Sy, Marfan-Sy. Thoraxröntgenaufnahme, Lungenfunktionsprü-
fung, Infektparameter, CK, Ausschluss einer kardi-
Symptome alen Beteiligung (Echokardiographie).

Meist relativ wenig progrediente symmetrische z Wichtiges Monitoring


Muskelhypotonie (Muskelschwäche) und Adyna- Pulsoxymetrie, Kapnographie, Relaxometrie, Volu-
mie vorwiegend im Bereich von Schultergürtel, metrie.
Oberarmen, Gesichtsmuskulatur (Hypomimie),
Nacken, Thorax, Schlundmuskulatur, Zwerchfell; z Vorgehen
seltener am Beckengürtel. Aufgrund der Refluxneigung ist im Sinne einer As-
Sekundär kommt es zu einer Thoraxdysplasie pirationsprophylaxe eine Prämedikation mit H 2-
(schmaler, enger Thorax) mit restriktiven Ventilati- Rezeptorenblockern (z. B. Ranitidin) empfehlens-
onsstörungen, Kyphoskoliose, Hyporeflexie. wert.
Erfahrungen über Regionalanästhesien liegen
z Labor nicht vor. Hingegen sind Allgemeinanästhesien mit
Die Muskelenzyme (CK) sind leicht erhöht oder im verschiedenen Anästhetika und Relaxanzien erfolg-
Normbereich. Der Erkrankungsnachweis erfolgt reich durchgeführt worden; die Fallzahlen sind al-
durch das EMG und histologisch. lerdings klein.
Vor der Einleitung sollten zur pH-Erhöhung des
z Vergesellschaftet mit Magensaftes 20–30 ml Natrium citricum (0,3-mo-
K Arachnodaktylie, Pectus excavatus, Kieferanoma- lar) oral appliziert werden. Weitere Maßnahmen
lien, hoher (gotischer) Gaumen, Wirbelsäulende- sind: leichte Oberkörperhochlagerung, Präoxyge-
formitäten, Kardiomyopathie, Herzvitien (VSD, nierung, Krikoiddruck und »rapid-sequence induc-
Ductus arteriosus persistens). Eine Disposition zur tion«. Von der Anwendung depolarisierender Mus-
malignen Hyperthermie (MH) wird diskutiert, ist kelrelaxanzien (Succinylcholin) ist im Sinne einer
jedoch nicht bewiesen. Schluckstörungen (Dyspha- MH-Vermeidung abzuraten. Die Anwendung kurz-
gie), häufig respiratorische Infekte, verzögerte Zah- wirksamer nichtdepolarisierender Relaxanzien
nung oder Adontie, Innenohrschwerhörigkeit, feh- scheint hingegen unproblematisch zu sein, mögli-
lende oder dysplastische Zehen- und Fingernägel, cherweise können sie – unter relaxometrischer
Syndaktylie, Teleangiektasien der Haut, ventral ver- Kontrolle – proportional zur reduzierten Muskel-
lagerter Anus, fehlende Bauchwandmuskulatur, masse bzw. Muskelkraft zurückhaltender dosiert
überelastische Haut. werden. Eine verlängerte Wirkdauer ist nicht per se
gegeben.
Anästhesierelevanz Auf volatile Anästhetika sollte verzichtet wer-
den. Stattdessen kann eine TIVA (totale intrave-
Die reduzierte Muskelmenge und die Funktionsstö- nöse Anästhesie), beispielsweise mit Propofol, Opi-
rungen der Muskulatur sind wichtige anästhesiolo- oiden oder Ketamin, durchgeführt werden. Bei
gische Gesichtspunkte. Die restriktive Ventilations- Kieferanomalien und hohem sowie engem Gaumen
störung erfordert die besondere Beachtung der At- ist mit Intubationsschwierigkeiten zu rechnen.
mungsfunktion. Dies gilt für die gesamte periperative Vor allem bei vorbestehender Kardiomyopathie
Phase. Die Schluckstörungen und eine mögliche sollte auf negativ inotrope Anästhetika verzichtet
gastroösophageale Refluxneigung bedeuten eine werden. Die Extubation darf erst nach sicherer Wie-
zusätzliche Gefährdung der Atmungsfunktion. Wie dererlangung der Schutzreflexe und dem Nachweis
Kongenitale Trismussyndrome (KTS)
141 K
einer ausreichenden neuromuskulären Übertra- z Organe/Organsysteme
gung erfolgen. Gesichtsschädel, Mandibula, M. masseter, Kaumus-
kulatur und Bandapparat.
! Cave
Succinylcholin, volatile Anästhetika, Opioid- z Ätiologie
und Relaxansüberhang.
Kongenital und hereditär mit autosomal-domi-
nantem Erbgang. In einem Fall von Trismus-Pseu-
Literatur dokamptodaktylie-Sy (TPS) konnte eine Fibrosie-
rung des Bandapparates bzw. des M. masseter nach-
Asai T, Fujise K, Uchida M (1992) Anaesthesia for cardiac sur- gewiesen werden.
gery in children with nemaline myopathy. Anaesthesia
47: 405–408
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Baum VC, O’Flaherty JE (2007) Anesthesia for genetic, meta-
bolic, and dysmorphic syndromes of childhood, 2nd edn. Verschiedene Prozesse, die zu reduzierter Mundöff-
Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia nung (Kiefersperre) führen: Submandibularabszess,
Felber AR, Jelen-Esselborn S (1990) Narkoseführung bei einer Mundbodenabszess bzw. -phlegmone, Tonsillarabs-
Patientin mit kongenitaler Myopathie Typ Nemaline.
zess, Kiefergelenkluxation; succinylcholinindu-
Anaesthesist 39: 371–381
Klingler W, Rueffert H, Lehmann-Horn F, Girard T, Hopkins PM zierter Trismus (als eigenständiges Phänomen oder
(2009) Core myopathies and risk of malignant hyperther- auch im Zusammenhang mit maligner Hyperther-
mia. Anesth Analg 109: 1167–1173 mie), Myotonien, Varianten des Guérin-Stern-Sy
Shenkman Z, Sheffer O, Erez I et al. (2000) Spinal anesthesia for (Arthrogrypose).
gastrostomy in an infant with nemaline myopathy.
Anesth Analg 91: 858–859
Stackhouse R, Chelmow D, Dattel BJ (1994) Anesthetic com- Symptome
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Anesth Analg 79: 1195–1197 Gemeinsames Leitsymptom aller Subtypen ist die
Veyckemans F (2010) Can inhalation agents be used in the schmerzlose reduzierte Mundöffnung (Kiefer-
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sperre).
23: 348–355
Wallgren-Pettersson C, Hiilesmaa VK, Paatero H (1995) Zusatzbefunde sind:
Pregnancy and delivery in congenital nemaline myopa- 4 beim Freeman-Sheldon-Sy: auffallend kleiner
thy. Acta Obstet Gynecol Scand 74: 659–661 gespitzter (pfeifender) Mund, Mikrostomie, Hy-
pertelorismus, Epikanthus, Ptose, Jochbeinhy-
poplasie, Mikroglossie, Mikrognathie, Mandi-
Kongenitale bulahypolasie, Dysmorphien und Kontrakturen
an den Extremitäten (Klumpfuß, Spitzfuß),
Trismussyndrome (KTS) Minderwuchs;
4 beim Trismus-Pseudokamptodaktylie-Sy (TPS):
z Subtypen und Synonyme Fingerdeformitäten (Pseudokamptodaktylie),
Freeman-Sheldon-Sy (Syndrom des pfeifenden Ge- Minderwuchs;
sichts, Kraniokarpotarsaldystrophie, engl. »whist- 4 Guérin-Stern-Sy, Arthrogrypose (s. dort).
ling face«), Guérin-Stern-Sy Typ II E, Trismus-
Pseudokamptodaktylie-Sy (Dutch-Kentucky-Sy, z Vergesellschaftet mit
Hecht-Beals-Sy). Wirbelsäulendeformität (Skoliose), Spina bifida
(occulta), normale oder wenig reduzierte Intelli-
z Oberbegriffe genz, Myopathien, maligne Hyperthermie.
Kraniomandibulofaziale Missbildung, Kieferbogen-
Ss. z Therapie
Häufige Korrekturoperationen der Extremitäten,
insbesondere der Mandibula.
142 Kugelberg-Welander-Syndrom

Anästhesierelevanz Literatur

Adler G, Burg G, Kunzel J, Pongratz D, Schinzel A, Spranger J


Im Vordergrund stehen die zu erwartenden Intuba- (Hrsg) (1996) Leiber – Die klinischen Syndrome, Bd 1,
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zierte Mundöffnung verhindert eine konventionelle Baum VC, O’Flaherty JE (2007) Anesthesia for genetic, meta-
Laryngoskopie. Auch die Gabe eines Relaxans ver- bolic, and dysmorphic syndromes of childhood, 2nd edn.
Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia
bessert die Intubationsbedingungen nur unwesent-
Jones R, Dolcourt JL (1992) Muscle rigidity following halotha-
lich. Die Anwendbarkeit von depolarisierenden ne anesthesia in two patients with Freeman-Sheldon
Muskelrelaxanzien (Succinylcholin) ist nicht end- syndrome. Anesthesiology 77: 599–600
gültig abgeklärt. Da diese bei den differenzial- Meakin G (1992) Masseter spasm after suxamethonium. Br J
diagnostisch in Frage kommenden Alternativen Anaesth 68: 451
Smith CE, Donati F, Bevan DR (1989) Effects of succinylcholine
(Guérin-Stern-Sy, Myotonien, MH-Prädisposition) at the masseter and adductor pollicis muscles in adults.
kontraindiziert sind, sollten sie auch hier nicht ver- Anaesth Analg 69: 158–162
wendet werden. Vaghadia H, Blackstock D (1988) Anaesthetic implication of
the trismus pseudocamptodactyly (Dutch-Kentucky or
z Spezielle präoperative Abklärung Hecht-Beals) syndrome. Can J Anaesth 35: 80–85

Klärung der Ursache für die reduzierte Mundöff-


nung (Ausschluss von Abszessen und kieferortho-
pädischen Befunden), Ausschluss einer Myopathie
(CK-Bestimmung, EMG), Familienanamnese erhe-
Kugelberg-Welander-
ben (MH?). Syndrom
z Synonyme
z Wichtiges Monitoring
(Juvenile) spinale Muskelatrophie (SMA), spinale
Pulsoxymetrie, Kapnographie, kontinuierliche
Muskelatrophie Typ III, Atrophia musculorum spi-
Temperaturkontrolle.
K nalis pseudomyopathica Typ Kugelberg-Welander,
z Vorgehen Muskelatrophie vom Beckengürteltyp, Wohlfahrt-
Kugelberg-Welander-Sy.
Rückenmarknahe Regionalanästhesietechniken
sollten soweit wie möglich bevorzugt werden. Ist z Oberbegriffe
eine Allgemeinanästhesie indiziert, kann man Ver- Neurologische Erkrankung mit Degeneration des
fahren mit erhaltener Spontanatmung oder manuell peripheren motorischen Neurons.
asissistierte Maskennarkosen einsetzen. Bei Nüch-
ternheit kann die Larynxmaske verwendet werden. z Organe/Organsysteme
Bei kooperativen und adäquat prämedizierten Pati- Bewegungsapparat, Nervensystem, motorische
enten ist eine Wachintubation möglich (elektive fi- Vorderhornzellen.
beroptische transnasale Intubation, nötigenfalls
z Inzidenz
auch blind nasale Intubation etc.). Hierbei soll Ko-
niotomiebereitschaft bestehen. Zur Aspirationspro- Ca. 1:15.000.
phylaxe sollte vor der Einleitung 0,3-molares Natri- z Ätiologie
um citricum (20–30 ml p.o.) oder ein H2-Rezepto- Meist autosomal-rezessiver Erbgang. Genlokus an
renblocker gegeben werden. Cromosom 5 gebunden, Mutation des SMN1-Gens;
! Cave pränatale Diagnostik möglich. Degeneration der
Aspiration, depolarisierende Muskelrelaxan- motorischen Vorderhornzellen.
zien (Succinylcholin).
z Differenzialdiagnose
Andere spinale Muskelatrophien (Werdnig-Hoff-
man, chronische spinale muskuläre Atrophie und
adulte spinale Muskelatrophie).
Kugelberg-Welander-Syndrom
143 K
Symptome Muskelrelaxanzien sorgfältig dosiert und insbeson-
dere antagonisiert werden.
Erkrankungsbeginn im Kindes- bis Jugendalter. Ggf. erschwertes Atemwegsmanagement auf-
Leichte Verzögerung der motorischen Entwicklung. grund eingeschränkter Beweglichkeit der Wirbel-
Schwäche der proximalen Beinmuskulatur, häu- säule.
figes Stolpern, erschwertes Aufrichten aus der Hok- Bei Beeinträchtigung der Hirnnerven (bulbäre
ke, rasche Ermüdbarkeit, insbesondere beim Trep- Beteiligung) besteht ein erhöhtes Aspirations-
pensteigen. Muskelhypotonie, abgeschwächte Mus- risiko.
keleigenreflexe. Häufig Einschränkung der Mobilität
und Immobilisation im Rollstuhl. In der Regel nor- z Spezielle präoperative Abklärung
male Intelligenz. Untersuchung der Lungenfunktion, Ausschluss ei-
ner Rechtsherzbelastung, Thoraxröntgen, EKG.
z Vergesellschaftet mit
In einem Teil der Fälle Hypertrophie der Waden- z Wichtiges Monitoring
muskulatur, Hyperlordose mit vorgewölbtem Ab- Relaxometrie.
domen.
z Vorgehen
Später Paresen und Atrophien auch der Schul-
Bei ausgeprägter Verzögerung der AV-Überleitung
tergürtel- und Oberarmmuskulatur, Erhöhung der
sollte ein temporäres Schrittmachersystem inner-
Kreatininkinase bis auf das 5–10fache der Norm,
halb des OP-Bereiches schnell verfügbar sein.
Zungenfibrillation, feinschlägiger Fingertremor,
Bei Durchführung rückenmarknaher Regional-
Skoliose oder Kyphoskoliose, Sehnenkontraktion
anästhesie Vermeidung der Schwächung der Atem-
mit Spitz- oder Hohlfuß. Progressive Einschrän-
muskulatur durch zu hohe zentrale Nervenblo-
kung der pulmonalen Funktion durch die Wirbel-
ckade.
säulenverkrümmung und Schwäche der Atemmus-
Bereitstellung von Intensivkapazitäten.
kulatur möglich.
Ein Fallbericht über die Verwendung von Dex-
Hyperexzitabilitätssyndrom des Herzens, AV-
medetomidine zur Sedierung im Rahmen der fiber-
Block, Rechtsherzversagen als Folge einer pulmona-
optischen Intubation liegt vor.
len Hypertonie.
Zur Reduktion des perioperativen Opiatbedarfs
z Diagnose ist die Wundinfiltration mit Lokalanästhetika eine
Elektromyographie, Muskelbiopsie, DNA-Analyse. gute Maßnahme.

z Therapie ! Cave
Eine kausale oder symptomatische Therapie gibt es Succinylcholin.
nicht.
Literatur
Anästhesierelevanz Graham RJ, Athiraman U, Laubach AE, Sethna NF (2009)
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Zwar liegt kein erhöhtes Risiko für die Entwick- Anesth 13: 192–195
lung einer malignen Hypertonie vor, dennoch sollte Neumann MM, Davio MB, Macknet MR, Applegate RL II (2009)
Dexmedetomidine for awake fiberoptic intubation in a
Succinylcholin aufgrund der erhöhten Kaliumfrei-
parturient with spinal muscular atrophy type III for ces-
setzung und myotonieähnlichen Kontraktionen arean delivery. Int J Obstet Anesth 18: 403–407
nicht verwendet werden. Wegen der erhöhten Ge- Wilton NC (2009) Spinal muscular atrophy: the challenges of
fahr für Aspiration und Atemschwäche müssen ‘doing the right thing’. Pediatr Anesth 19: 1041–1047
144 Lambert-Eaton-Rooke-Syndrom

Lambert-Eaton-Rooke- myositis, familiäres Hypokaliämie-Sy (familiäre pe-


riodische Lähmung), cholinerge Krise, Thyreotoxi-
Syndrom kose, Relaxans- und Opiatüberhang.

z Synonyme Symptome
Eaton-Lambert-Sy, Pseudomyasthenie, engl. »Lam-
bert-Eaton syndrome, Eaton-Lambert myasthenic Muskelschwäche (Myasthenie) mit vorwiegendem
syndrome, Lambert-Eaton myasthenic syndrome, Befall des Schultergürtels und der oberen Extremi-
Myasthenic myopathic syndrome of Lambert- tät, Reflexminderung, posttetanische Faszikulati-
Eaton«. onen. Ein typisches Phänomen ist, dass sich bei
willkürlichen Bewegungen die vollständige Kraft
z Oberbegriffe erst nach einigen Sekunden ausbildet (zunächst
Dystone Myasthenie-Ss, Erkrankung der neuro- langsame Azetylcholinansammlung im synap-
muskulären Übertragung, paraneoplastisches Sy, tischen Spalt = Lambert-Zeichen), bei andauernder
Autoimmunerkrankung. Belastung dann jedoch kontinuierlich nachlässt. Im
EMG liegt eine verminderte Kontraktionsamplitu-
z Organe/Organsysteme de vor.
Neuromuskuläre Endplatte, Muskulatur, Mediasti- Symptome des vegetativen Nervensystems:
num, Thoraxorgane, vegetatives (autonomes) Ner- Konstipation, Harnverhaltung, Mundtrockenheit,
vensystem. Hypohydrosis, orthostatische Blutdruckschwan-
kungen, Hyporeflexie, Gewichtsabnahme, Schluck-
z Inzidenz und Sprechstörungen, Störungen der Pupillenmo-
1:100.000, 2- bis 5-mal häufiger Männer als Frauen; torik, Ptosis, Impotenz.
Relation ändert sich im Verhältnis mit zunehmender
Inzidenz von kleinzelligem Lungenkrebs bei Frauen. z Vergesellschaftet mit
Kleinzellige Bronchialkarzinome, Adenokarzinome
z Ätiologie der Lungen und der Mamma, Prostata-, Magen-
L Die Erkrankung tritt als paraneoplastisches Syn- und Rektumtumoren und weitere tumorbedingte
drom im Zusammenhang mit mediastinalen Tumo- Veränderungen (Raumforderungen, Abmagerung,
ren (z. B. Lymphosarkom) oder kleinzelligen Bron- Hypoproteinämie, Anämie).
chialkarzinomen auf. Damit kann es auch ein erster
Hinweis auf das Vorliegen eines Tumors sein. IgG- z Therapie
Autoantikörper werden in 50–90% der Fälle nach- Primär Therapie des auslösenden Tumors, damit
gewiesen. Ein Autoimmunmechanismus ist ebenso häufig Besserung, ggf. 3,4-Diaminopyridin, Pyri-
möglich beim Vorliegen eines Sjögren-Sy, Autoim- dostigmin, Immunglobuline, Immunsuppression
munthyreoiditis, rheumatoider Arthritis. Der De- durch Azathioprin, Kortikoide, Plasmapherese.
fekt ist präsynaptisch (Antikörper gegen präsynap-
tische Kalziumkanäle (VGCC = »voltage gated cal- Anästhesierelevanz
cium channels«) und beruht auf einer verminderten
Freisetzung von Azetylcholin. Aufgrund einer »Up-Regulation« der Azetylcholin-
rezeptoren an der neuromuskulären Endplatte liegt
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen eine Überempfindlichkeit auf alle Arten von Mus-
Erb-Goldflam-Sy, Denny-Brown-Sy, atypische Cho- kelrelaxanzien vor. Es kann zu einer (bis zu Tagen!)
linesterase, Myasthenia gravis pseudoparalytica, anhaltenden Nachwirkung kommen. Die vegeta-
McArdle-Sy, Polyneuritiden, Bulbärparalysen, Du- tiven Symptome sollten beachtet werden und nicht
chenne-Sy II, Lubarsch-Pick-Sy, Albright-Hadorn- durch Medikamente wie Atropin, Cholinesterase-
Sy, Charcot-Sy II, Curschmann-Batten-Steinert-Sy, hemmer etc. verstärkt werden.
Montandon-Sy, Good-Sy, Guillain-Barré-Sy, Poly-
Larsen-Syndrom
145 L
z Wichtiges Monitoring Leonovicz BM, Gordon EA, Wass CT (2001) Paraneoplastic syn-
Pulsoxymetrie, Kapnographie, Volumetrie, Relaxo- dromes associated with lung cancer: a unique case of
concomitant subacute cerebellar degeneration and
metrie, Temperatur.
Lambert-Eaton myasthetic syndrome. Anasth Analg 93:
1557–1559
z Vorgehen Mason R (2001) Anaesthesia databook: a perioperative and
Um Probleme mit der Muskelrelaxation zu vermei- peripartum manual, 3rd edn. Cambridge University Press,
den, sollten Regional- oder Lokalanästhesietech- Cambridge, pp 153–154
O’Neill GN (2006) Acquired disorders of the neuromuscular
niken bevorzugt werden. Ist eine Allgemeinanäs-
junction. Int Anesthesiol Clin 44: 107–121
thesie unvermeidlich, sollte die Dosierung der Rela- Rosenkranz T (2003) Myopathien – Was muss der Anästhesist
xanzien dem Bedarf individuell angepasst werden. wissen? Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther
Das erfordert eine »titrierende« Vorgehensweise 38: 483–488
unter ständiger Wirkungskontrolle (Relaxometrie). Small S, Ali HH, Lennon VA et al. (1992) Anesthesia for an un-
suspected Lambert-Eaton myasthenic syndrome with
Nur kurzwirksame Relaxanzien verwenden (Succi-
autoantibodies and occult smell cell lung carcinoma.
nylcholin, Atracurium, Vecuronium, Mivacurium). Anesthesiology 76: 142–145
Gegebenenfalls muss eine längere Nachbeatmung
durchgeführt werden.

z Beachte Larsen-Syndrom
Antagonisierungs- oder Therapieversuche mit Cho-
linesterasehemmern bleiben relativ wirkungslos z Synonyme
(postsynaptischer Wirkort) und haben nur para- Arthrodigitales Sy, Gelenkdysplasie-Zylinderfin-
sympathikomimetische Nebenwirkungen, die mit ger-Sy.
vorbestehenden Störungen des autonomen Nerven-
systems interferieren können. Darüber hinaus be- z Oberbegriffe
steht die Gefahr einer cholinergen Krise. Zunahme Osteochondrodysplasien, kongenitale Gelenkluxa-
der Muskelschwäche durch Antibiotika, Magnesi- tionen.
um, Kalziumantagonisten, Jodkontrastmittel, Ku-
marinderivate, erhöhte Körpertemperatur. z Organe/Organsysteme
Gelenke, Gesichtsschädel, Skelett, Bindegewebe,
! Cave
Bewegungsapparat.
Relaxansüberhang, postoperative »aware-
ness« bei fortbestehender Relaxation, arteri- z Inzidenz
elle Hypotonie, Atropin, Scopolamin, Choli-
Wird bei ca. 1:100.000 vermutet. Gleichmäßige Ge-
nesterasehemmer, Temperaturanstieg.
schlechtsverteilung.
Literatur
z Ätiologie
Adams DC, Heyer EJ (1997) Problems of anesthesia in patients Kongenital. Eine Verebung wird angenommen, ver-
with neuromuscular disease. Anesthesiol Clin North Am mutlich mit autosomal-rezessivem Erbmodus oder
15: 673–689 möglicherweise als autosomal-dominante Neumu-
Bui PK, Kuczkowski KM, Moeller-Bertram T, Sanchez RA (2004)
tation. Es wird eine Fehlentwicklung und Unreife
New onset Lambert-Eaton myasthenic syndrome as an
unexpected cause of delayed recovery from general
von Kollagenfasern im gesamten Bewegungsapparat
anesthesia after thyroidectomy. Ann Fr Anesth Reanim als gewebespezifische Ursache vermutet. Feststellbar
23: 926– 927 sind Ossifikationsstörungen im Bereich der Epiphy-
Johannsen S, Kranke P, Reiners K, Schuster F (2009) Anästhesie senkerne und atypische Ossifikationszentren.
bei muskulären Erkrankungen. Besonderheiten im prä-
und perioperativen Management. Anästhesiol Intensiv-
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
med Notfallmed Schmerzther 44: 748-755
Le Corre F, Plaud B (1998) Neuromuscular disorders. Curr Opin Verschiedene Zwergwuchs-Ss, Rotter-Erb-Sy, Gué-
Anaesthesiol 11: 333–337 rin-Stern-Sy, otopalatodigitales Sy, Parrot-Sy, Mar-
146 Larsen-Syndrom

fan-Sy, Maroteaux-Malamut-Sy, Marshall-Sy, ne Probleme. Generell sollten Vorkehrungen für


Kniest-Sy, Ehlers-Danlos-Sy, Aarskog-Sy, Robinow- Atemwegsprobleme getroffen werden. Alternative
Silverman-Smith-Sy, Turner-Kieser-Sy, uveoarthro- Intubations- und Beatmungstechniken sollten ohne
chondrales Sy, Arthroophthalmopathie-Sy, rezidi- ausgeprägte oder forcierte Reklination der HWS
vierende Polychondritis, Chondrodysplasie. durchgeführt werden. Bei HWS-bedingten Bewe-
gungseinschränkungen empfiehlt sich die Verwen-
Symptome dung von Larynxmasken oder die elektive fiberop-
tische Intubation des wachen bzw. analgosedierten
Hypertelorismus, eingesunkene Nasenwurzel, vor- Patienten. Bei guter HWS-Beweglichkeit wird die
stehende Stirn, quadratische Gesichtsform, Spalt- Anwendung einer sog. Inline-Stabilisierung emp-
bildungen (LKG-Spalte), Dysplasien der großen fohlen, um eine atlantookzipitale Subluxation zu
Gelenke, Pes equinovarus, Wirbelsäulenanomalien vermeiden.
(v. a. missgebildete Wirbelkörper im HWS-Be- In einem Fall wurde über eine subglottische
reich), zylinderförmige Finger. In der Regel liegt Verengung berichtet, die post extubationem zu At-
keine Beeinträchtigunmg der Intelligenz vor. mungsschwierigkeiten führte und sich erst nach
systemischer Kortikosteroidmedikation besserte. Es
z Vergesellschaftet mit ist auch ein plötzlicher und irreversibler Herzstill-
Tracheomalazie, subglottische Stenosierung, stand bei einem Kind während einer Wirbelsäulen-
Schwerhörigkeit, Spina bifida cervicalis, Wirbelsäu- operation in Sevoflurananästhesie beschrieben
lendeformitäten (zervikale Kyphose), disproportio- worden. Es wird vermutet, dass es sich um eine syn-
nierter Minderwuchs, Atemstörungen im Säug- dromassoziierte kardiale Problematik gehandelt
lingsalter, Wundheilungsstörungen, hohe atlanto- hat. Die Autoren empfehlen, große Eingriffe dieser
okzipitale Subluxations- und Tetraplegiegefahr. Art bei Larsen-Sy nicht durchzuführen.
Gelegentlich wurden Herzvitien, Erweiterung der Bei einer kleinwüchsigen Erwachsenen (36 kg,
Aorta und mentale Retardierung beobachtet. 130 cm) wurde erfolgreich eine Epiduralanästhesie
für eine Kaiserschnittentbindung angewendet.
z Therapie Bei der Wahl der Anästhetika wird über keine
L Orthopädische Korrekturoperationen. Einschränkungen bzw. Kontraindikationen berich-
tet. Generell empfiehlt man Sevofluran als das ver-
Anästhesierelevanz mutlich am besten tolerierte Anästhetikum bei die-
ser Erkrankung. Insbesondere im Säuglings- und
z Spezielle präoperative Abklärung Kleinkindesalter wird von einer gewissen Neigung
Röntgenuntersuchung der Halswirbelsäule zur Be- zu spontanen Atemstörungen berichtet, die eine
urteilung der Beweglichkeit und Stabilität, zum längere postoperative Überwachung der Atmungs-
Ausschluss einer Verengung des Spinalkanals und funktion erfordern.
der Atemwege.
! Cave
z Wichtiges Monitoring Atlantookzipitale Subluxation, Halsmarkein-
klemmung, Anästhetikaüberhang.
Pulsoxymetrie, Kapnographie.
Literatur
z Vorgehen
Anästhesieerfahrungen beim Larsen-Sy sind spär- Chritchley, LAH, Chan L (2003) General anaesthesia in a child
lich. Meist handelt es sich um pädiatrische Fälle, with Larsen syndrome. Anaesth Intensive Care 31: 217–
selten jedoch können auch Erwachsene betroffen 220
Malik P, Choudhry DK (2002) Larsen syndrome and its anaes-
sein (bisher 4 Fälle weltweit).
thetic considerations. Paediatr Anaesth 12: 632–636
In einem Fall wird über erhebliche Intubations- Michel TC, Rosenberg AL, Polley LS (2001) Obstetric anesthetic
schwierigkeiten berichtet (kurzer Hals und ante- management of a parturient with Larsen syndrome and
riorer Larynx), bei anderen Fällen gab es damit kei- short stature. Anesth Analg 92: 1266–1267
Leigh-Syndrom
147 L
Morishima T, Sobue K, Tanaka S, So M, Arima H, Ando H, Schon im 1. Lebensjahr können viele der folgenden
Katsuya H (2004) Sevoflurane for general anaesthetic ma- Symptome vorkommen: epileptische Anfälle, Mus-
nagement in a patient with Larsen syndrome. Paediatr
kelschwäche, Paresen, Hypotonie (in einigen Fällen
Anaesth 14: 194–195
Saricaoğlu F, Dal D (2004) Cardiac arrest in a patient with
auch Hypertonie im Sinne eines entkoppelten vege-
Larsen syndrome under sevoflurane anesthesia.Pediatr tativen Nervensystems), Dysphagie, Nystagmus,
Anesth 14: 889 Augenmuskellähmung, Atemstörungen, Entwick-
lungsverzögerung, Lethargie.
Diagnose neurologisch und mittels Nachweis
von erhöhten Laktat- und Pyruvatkonzentrationen
Leigh-Syndrom im Blut. Bildgebende Verfahren des Gehirns zeigen
fokale nekrotisierende Läsionen in den Basalgangli-
z Synonyme en, im Dienzephalon, Kleinhirn und Hirnstamm.
Engl. »Leigh’s syndrome«, LS, Morbus Leigh, suba- Nicht-neurologische Symptome sind Dysmor-
kute nekrotisierende Enzephalomyelopathie. phien, Hypertrichosis, Minderwuchs, Kardiomyo-
pathie.
z Oberbegriffe
Neurodegenerative Erkrankungen, Mitochondrio- z Vergesellschaftet mit
pathie. Krampfneigung, Affektlabilität, verminderte Im-
pulskontrolle, progredienter Verlust von bereits er-
z Organe/Organsysteme reichter Entwicklungsstufe im Kindesalter.
Nervensystem, Bewegungsapparat, Muskulatur.
z Therapie
z Inzidenz Sondenernährung, orale Supplementation mit As-
1:40.000 mit Androtropie der X-chromosomalen corbinsäure und Phylloquinon, Vitamin B1 (Thia-
Variante. Auf den Faröer-Inseln tritt eine Variante min).
mit einer Inzidenz von 1:1700 bei einer Trägerfre-
quenz von 1:33 auf. Die Zahl der betroffenen Er- Anästhesierelevanz
wachsenen ist sehr klein, da die Lebenserwartung
mit ca. 5 Jahren sehr kurz ist. Die Erkrankung hat eine sehr ungünstige Prognose,
so dass die Betroffenen das Adoleszenzalter meist
z Ätiologie nicht erreichen. Limitierend sind insbesondere die
Kongenital mit mitochondrial- (maternell), autoso- Muskellähmung und die damit verbundene Ate-
mal- oder X-chromosomal-rezessivem Erbgang. Es minsuffizienz.
liegt eine Störung der mitochondrialen Atmungs-
kettenenzyme mit Beeinträchtigung des Energie- z Spezielle präoperative Abklärung
stoffwechsels vor, bei welchem die Komplexe I, II, Respiratorischer und metabolischer Status, Röntgen
IV, oder V des Koenzyms Q oder der Pyruvatdehy- des Thorax.
drogenase betroffen sind, insbesondere auch die
Cytochrom-C-Oxidase. z Wichtiges Monitoring
Relaxometrie, Pulsoxymetrie, Blutgase.
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Wernicke-Enzephalopathie. z Vorgehen
Die wichtigste anästhesiologische Herausforderung
Symptome liegt in der Vermeidung perioperativer respiratori-
scher Probleme. Bei Vorliegen einer Dysphagie ist
Die Symptomatik bei der subakut nekrotisierenden bei Verlust der Schutzreflexe mit einer erhöhten
Enzephalomyelopathie ist sehr variabel und unter Aspirationsgefahr zu rechnen. Daher sorgfältig auf
anderem von der betroffenen Hirnregion abhängig. Nüchternheit achten, und wenn indiziert eine »ra-
148 Lesh Nyhan-Syndrom

pid sequence induction« vornehmen. Die Indikati- gleichzeitig Überträgerin ist. Prävalenz 1:50.000 bis
on zur Nachbeatmung ist großzügig zu stellen, und 1:100.000.
es ist davon auszugehen, dass die Entwöhnung vom Die Mutation des HPRT1-Gens auf dem X-
Respirator bzw. Atmungshilfen längere Zeit bean- Chromosom (Xq26-q27.2) vermindert die Aktivität
spruchen wird. Die Verabreichung von Anästhetika, der Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltrans-
insbesondere solcher mit atemdepressiver Wirkung ferase (HGPRT oder HRPT).
sollte vorsichtig und mit bedarfsorientierter Titrie-
rung erfolgen. z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Regionale Anästhesieverfahren sind zwar nicht Kelly-Seegmiller-Sy (partieller HPRT-Mangel).
a priori kontraindiziert, allerdings sind der An-
wendbarkeit Grenzen gesetzt. Symptome
! Cave
Da HGPRT am Purinstoffwechsel von Adenin und
Aspiration, respiratorische Dekompensation.
Guanin (Bausteine von DNA und RNA) beteiligt ist,
kommt es beim Lesh-Nyhan-Sy zu einem starken
Literatur Anstieg von Harnsäure als Abbauprodukt der Pu-
rine.
Cooper MA, Fox R (2003) Anesthesia for corrective spinal sur-
gery in a patient with Leigh’s disease. Anesth Analg 97: Vermehrtes Erbrechen mit ca. 2–3 Monaten,
1539–1541 auffällige Beinstellung bei Säuglingen, Bewegungs-
Finsterer J (2008) Leigh and Leigh-like syndrome in children armut, Säuglinge lernen nicht zu laufen, Entwick-
and adults. Pediatr Neurol 39: 223–235 lungsrückstände, erhöhter Harnsäurerückstand in
Grattan-Smith PJ, Shield LK, Hopkins IJ, Collins KJ (1990) Acute
der Windel, autoagressive Handlungen bei stärkerer
respiratory failure precipitated by general anesthesia in
Leigh’s syndrome. J Child Neurol 5: 137–141 Ausprägung (Finger-, Lippenbisse), kognitive Be-
Shear T, Tobias JD (2004) Anesthetic implications of Leigh’s einträchtigung, Aggression gegen nahe stehende
syndrome. Pediatr Anesth 14: 792–797 Personen (Eltern, Geschwister).
Shenkman Z, Krichevski I, Elpeleg ON, Joseph A, Kadari A Im Verlauf: Harnsäuresteine, Harnwegsinfekte,
(1997) Anaesthetic management of a patient with Leigh’s
Hämaturie, Nierenversagen.
L syndrome. Can J Anaesth 10:1091–1095
Diagnosestellung: erhöhte Harnsäurespiegel in
Blut und Urin, klinisches Bild, Messung der HGPRT-
Aktivität in Blut und Gewebe, Sicherung durch ge-
Lesh-Nyhan-Syndrom netischen Nachweis (schon pränatal möglich).

z Synonyme z Vergesellschaftet mit


Hyperurikämie-Sy, Hyperurikose, Hypoxanthin- Gicht.
Guanin-Phosphoribosyltransferase-Mangel, HGPRT-
Defizienz. z Therapie
Keine ursächliche Therapie möglich. Allopurinol
z Oberbegriffe hemmt Purinabbau, spezielle Diät reduziert Symp-
Stoffwechselerkrankung. tome, 5-Hydroxytryptophan reduziert Athetose
(extrapyramidale Hyperkinesie), erhöhte Flüssig-
z Organe/Organsysteme keitszufuhr.
ZNS, Nieren. Entfernung der Milchzähne kann Auswirkun-
gen der Autoaggression reduzieren. Unbehandelt
z Ätiologie beträgt die Lebenserwartung nur wenige Jahre. Tie-
X-chromosomaler Gendefekt, seit 1964 ca. 200 Fäl- fenhirnstimulation kann Symptome bis zum Ein-
le beschrieben; betrifft fast ausschließlich Jungen stellen der Autoaggression reduzieren.
und Männer. Frauen sind nur betroffen, wenn der
Vater am Lesh-Nyhan-Sy erkrankt und die Mutter
Leukodystrophien
149 L
Anästhesierelevanz z Oberbegriffe
Leukoenzephalopathie, Enzymopathie, Speicher-
Als Fallbericht ist das Auftreten einer Spastik nach krankheiten = Thesaurismosen, Demyelinisierung,
Allgemeinanästhesie im Alter von 5½ Jahren be- Demenz, Panneuropathie.
schrieben, das ursächlich verkannt wurde. Dies
kann dafür sprechen, dass Allgemeinanästhesien im z Organe/Organsysteme
Fall von stark verminderter HGPRT-Aktivität eine Myelin = weiße Hirnsubstanz, ZNS, peripheres
bisher nicht aufgetretene Symptomatik aufdecken Nervensystem, Sinnesorgane (Augen).
könnten. Die erwähnte Allgemeinanästhesie wurde
allerdings um 1990 durchgeführt, und die Bedeu- z Ätiologie
tung der damals verwendeten Medikamente ist Hereditär, jedoch uneinheitlich mit verschiedenen
nicht klar. Vererbungsmodalitäten, in der Regel rezessiv. Allen
gemeinsam ist die progrediente Degeneration der
z Spezielle präoperative Abklärung weißen Hirnsubstanz mit generalisiertem Abbau
Harnsäure im Plasma. von zentralnervösen Funktionen.

z Wichtiges Monitoring z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen


Standardmonitoring, ggf. ZVD. Andere Enzephalopathien bzw. neurodegenerative
Erkrankungen (Multiple Sklerose, Jakob-Creutz-
z Vorgehen feld-Sy, Wernicke-Sy I, Marchiafava-Bignami-Sy,
Auf eine Normovolämie und gewichtsentspre- Jollofe-Sy, Kuru, Schilder-Krankheit, Balo-Krank-
chende Diurese sollte geachtet werden. heit, Hurst-Krankheit, Gangliosidosen).

Literatur Symptome
Chiong MA, Marinaki A, Duley J et al. (2006) Lesch-Nyhan dis- Die in der Kindheit klinisch auffällig werdenden
ease in a 20-year- old man incorrectly described as devel-
Leukodystrophien sind durch Einsetzen neurolo-
oping ‘cerebral palsy’ after general anaesthesia in infancy.
J Inherit Metab Dis 29: 594 gischer Symptomatik nach zunächst unauffälliger
Torres RJ, Puig JG (2007) Hypoxanthine-guanine phosophori- Entwicklung gekennzeichnet: Verlust von zuvor er-
bosyltransferase (HPRT) deficiency: Lesch-Nyhan syn- worbenen motorischen Kompetenzen, in der Regel
drome. Orphanet J Rare Dis 2: 48 keine begleitenden Dysmorphien.
Torres RJ, Puig JG (2008) The diagnosis of HPRT deficiency in
Die Manifestation der Erkrankung im Erwach-
the 21st century. Nucleosides Nucleotides Nucleic Acids
27: 564–569 senenalter geht in der Regel mit neuropsychiatri-
schen Veränderungen einher und wird häufig fehl-
diagnostiziert.
Die Symptomatik ist stets progredient mit psy-
Leukodystrophien chomotorischer Regression, Wesensveränderung
von Affektlabilität bis zur völligen Apathie.
z Subtypen und Synonyme Die neurologischen Symptome können als Ata-
Metachromatische Leukodystrophie (Typ Austin = xie, Apraxie, Aphasie, Athetose, Spastik, Optiku-
adulter Arylsulfatase-A-Mangel, Typ Greenfield = satrophie (Erblindung = Amaurose), Opisthotonus,
Sulfatlipidose, Typ Scholz-Bielschowsky-Hen- Myoklonien, Krampfneigung oder Blasendysfunk-
neberg = juvenile Zerebrosidsulfatidose), Adreno- tion auftreten.
leukodystrophie, Pelizaeus-Merzbacher-Krankheit,
Krabbe-Krankheit, Canavan-Sy = van-Bogaert- z Vergesellschaftet mit
Bertrand-Sy, Alexander-Sy. Derzeit werden mehr Respiratorische Infekte infolge von häufigen Aspi-
als 10 verschiedene Erkrankungen in die Gruppe rationen bei Dysphagie (Schluckstörungen).
der Leukodystrophien eingeordnet.
150 Leukodystrophien

z Therapie Barbiturate, Propofol, Etomidat, Halothan, Isoflu-


Antikonvulsiva, orthopädische Eingriffe zur Kor- ran.
rektur von spastischen Haltungsstörungen. Zentral antidopaminerge Pharmaka (z. B. Halo-
peridol, Dehydrobenzperidol, Metoclopramid) sind
Anästhesierelevanz kontraindiziert.
Nichtdepolarisierende Relaxanzien können bei
Wesentliche Aspekte sind die reduzierte Kooperati- angemessener Dosisanpassung verwendet werden,
onsfähigkeit, respiratorische Vorerkrankungen, La- die Verwendung von Succinylcholin wird kontro-
gerungsprobleme, Aspirationsgefahr und der inad- vers diskutiert.
äquate Muskeltonus der Patienten. Ggf. besteht eine Bei der Narkoseausleitung bzw. Extubation ist
Dauermedikation mit Dantrolen oder Baclofen zur eine erhöhte Aspirationsgefahr vorhanden.
Verminderung des Muskeltonus. Häufig wird eine Bei gesteigertem Muskeltonus ist mit Ventila-
anästhesiologische Betreuung zur Sedierung im tionsproblemen zu rechnen, eine verlängerte posto-
Rahmen einer MR-Untersuchung oder zur PEG- perative O2-Zufuhr und Überwachung ist häufig
Anlage erfordertlich. notwendig.

z Spezielle präoperative Abklärung z Spezialfälle


Thoraxröntgenaufnahme mit der Fragestellung Bei der Adrenoleukodystrophie kann eine Kortiko-
nach bronchopulmonalen Infekten. Je nach ge- idsubstitution notwendig sein (ACTH-Test); beim
plantem Eingriff und Durchführbarkeit Lungen- Canavan-Sy liegt oft eine Makrozephalie vor, die
funktionsprüfung zur Einschätzung der pulmona- eine sorgfältige Lagerung und einfühlsames Vorge-
len Situation. hen bei Intubation und Beatmung erfordert.

z Wichtiges Monitoring ! Cave


Enfluran, Ketamin, Phenothiazine, Butyro-
Pulsoxymetrie, Kapnographie, kontinuierliche
phenone, Metoclopramid (Succinylcholin ist
Temperaturkontrolle (aufgrund einer möglicher-
fraglich).
weise gestörten Autoregulation), Relaxometrie.
L
z Vorgehen Literatur
Die Prämedikation ist dem neuropsychologischen
Zustand anzupassen. Agitierte Patienten können Birkholz T, Irouschek A, Knorr C, Schmidt J (2009) Alternative
anesthetic management of a child with spastic quadri-
mit einem Sedativum (Benzodiazepine) vorbehan-
plegia due to metachromatic leukodystrophy using total
delt werden, ein vorzeitiger Bewusstseinsverlust intravenous anesthesia. Pediatr Anesth 19: 551–552
ohne Kontrolle der Atemwege kann allerdings eine Costello DJ, Eichler AF, Eichler FS (2009) Leukodystrophies:
Aspiration begünstigen. H2-Rezeptorenblocker sind classification, diagnosis, and treatment. Neurologist 15:
geeignet, die Magensäurebildung zu unterdrücken. 319–328
Dobson G, Lyons J (2004) Anaesthesia for a life-limited child
Bei chronischer antikonvulsiver Medikation ist
with adrenoleucodystrophy. Eur J Anaesthesiol 21: 78–
mit einer Enzyminduktion zu rechnen, was einen 79
erhöhten Bedarf an Anästhetika (insbesondere Bar- Mattioli C, Gemma M, Baldoli C et al. (2007) Sedation for chil-
bituraten) erwarten lässt. Die Krampfprophylaxe dren with metachromatic leukodystrophy undergoing
muss fortgeführt werden. MRI. Pediatr Anesth 17: 64–69
Hamdiye CT, Yavuz G, Kamil T, Mine S (2006) Anesthesia man-
Zur Narkoseeinleitung sollte zunächst ein i.v.-
agement of a child with adrenoleukodystrophy. Pediatr
Zugang hergestellt werden, damit eine »rapid-se- Anesth 16: 221–222
quence induction« durchgeführt werden kann. Tobias JD (1992) Anaesthetic considerations for the child with
Pharmaka mit fraglicher konvulsiver oder feh- leukodystrophy. Can J Anaesth 39: 394–397
lender antikonvulsiver Wirkung wie Enfluran und
Ketamin sind nicht zu empfehlen. Es stehen genü-
gend unbedenkliche Alternativen zur Verfügung:
Long-QT-Syndrom
151 L

Long-QT-Syndrom mern oder »torsade de pointes«. Hohe Mortalität


beim unbehandelten symptomatischen LQTS: 20%
im 1. Jahr, 50% innerhalb von 10 Jahren.
z Oberbegriffe EKG: Normale QTc-Zeit (frequenzkorrigierte
Kardiale Rhythmusstörungen. QT-Zeit): ≤460 ms, bei Long-QT-Sy verlängert.
Die Berechnung erfolgt nach der empirisch er-
z Organe/Organsysteme mittelten Bazett-Formel:
Herz, Erregungsleitungssystem. QT – Zeit
QTc =
z Inzidenz qRR – Abstand
Häufigkeit von 1:5000 bis 1:15.000 aller Lebendge- Der QTc-Wert zeigt, welchen Wert die gemessene
burten. Unbehandelt versterben etwa 20% der Pati- QT-Zeit hätte, wenn sie bei einer Herzfrequenz von
enten im 1. Jahr und 50% in den ersten 5 Jahren 60/min, d. h. bei einem RR-Abstand von 1 s be-
nach dem Auftreten von Symptomen; Prävalenz bis stimmt worden wäre.
zu 1:1100 bis 1:3000.
z Therapie
z Ätiologie Bei »torsade de pointes«: Magnesium, Amiodarone,
30-50% der Patienten erleiden vor dem 40. Lebens- Verapamil, β-Blocker, Digitoxin, ACE-Hemmer,
jahr eine Synkope, die häufig als Krampfanfall fehl- Kalium.
gedeutut wird. Unterscheidung von ererbter und β-Blockade reduziert die 10-Jahres-Mortalität
erworbener Form. Genetisch bedingte Veränderung auf 3–4%. Propanolol ist Mittel der Wahl, antibra-
kardialer Ionenkanäle, große genetische Heteroge- dykardes Pacing (häufig Ereignisse bei bradykarden
nität bekannt (5 betroffene Gene), unterschiedli- Phasen), ICD, linke zervikothorakale Sympathekto-
cher Phänotyp bei gleichem Genotyp; häufig positi- mie.
ve Familienanamnese, asymptomatische, hetero-
zygote Genträger mit reduzierter Repolarisations- Anästhesierelevanz
reserve.
Erworbene Form: medikamenteninduziert Genetische Disposition.
(z. B. durch Antibiotika, s. u.), Intoxikationen (z. B. Auslösende Medikamente: Antiarrhythmika
Kokain). Bei Bradykardie, neurologischen Erkran- Klassen Ia, Ic und III, klassische und atypische Neu-
kungen, Elektrolytstörungen, Kaliumkanalblockie- roleptika, Makrolidantibiotika, Moxifloxacin, SSRI
rungen ist die Repolarisationsreserve vermindert. und Serotoninagonisten, Antihistaminika, Prokine-
tika.
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen Beachte: Infos unter www.qtdrugs.org.
Romano-Ward-Sy (autosomal-dominant), Jervell- Unbehandeltes LQTS: hohes Risiko für Kam-
Lange-Nielsen-Sy (autosomal-rezessiv): mit senso- mertachyarrhythmien, konsequente perioperative
motorischer Taubheit/Innenohrschwerhörigkeit. β-Blockade notwendig, ausgeglichener Elektrolyt-
und Säure-Basen-Haushalt notwendig, Meiden QT-
Symptome verlängernder Medikamente, Minimieren jeglicher
sympathomimetischer Stimulation, Kardioversi-
Maligne ventrikuläre Arrhythmien (»torsade de ons-Defibrillationsbereitschaft, kontinuierliche
pointes«), Kammerflimmern ohne strukturelle postoperative Überwachung auf Intensiv- oder In-
Herzerkrankung, Synkopen, anfallsartige kardiale termediate Care-Station.
Ereignisse, plötzlicher Herztod, Ereignisse in Ver- Behandlung der »torsade de pointes« durch
bindung mit erhöhter Sympathikusaktivierung, Kardioversion/Defibrillation, Magnesium bei kur-
physischer Aktivität und emotionalem Stress. zen Attacken 30 mg/kg über 2–3 min, dann 2–4 mg/
Häufig asymptomatisch bei Diagnosestellung min; transvenöses Pacing 90–110/min.
(40%), häufig Erstmanifestation als Kammerflim-
152 Ludwig-Angina

z Spezielle präoperative Abklärung Tran SM, Nobrega RQ, Kammerer WA, Quezado Z (2009)
Diagnostik: Verlängerte QTc-Zeit im EKG, Alterati- Familial long QT syndrome presented as ventricular ta-
chycardia during anesthesia. Pediatr Anesth. 19: 66–68
onen der T-Welle, Bradykardie (relativ im Vergleich
zum Alter).
Kardiale Eigenanamnese: Synkopen, Familien-
anamnese mit Long-QT-Sy oder plötzlichem Herz-
tod unter 30 Jahren; Gentestung empfohlen (nur Ludwig-Angina
60% mit bekannter Genmutation).
z Synonyme
z Wichtiges Monitoring Angina Ludovici, submandibulare oder sublinguale
EKG, postoperativ Intensivüberwachung. Abszesse, Angina maligna, Morbus strangulatorius,
Garotillo (span. für Henkerschlinge).
z Vorgehen
Gute perioperative Stressabschirmung (Remifenta- z Oberbegriffe
nil, ausreichende Prämedikation), möglichst keine Mundbodenphlegmone, schwierige Intubation,
proarrhythmogenen Medikamente (z. B. keine In- Kieferklemme, Atemwegsverlegung.
filtration mit adrenalinhaltigen Lokalanästhetika
etc.). z Organe/Organsysteme
Propofol verlängert, insbesondere während der Mundboden, obere Luftwege, Atemwege.
Intubation, die QT-Zeit und muss bei TIVA mit
Vorsicht benutzt werden. Der QT-verlängernde Ef- z Inzidenz
fekt während Intubation kann durch Lidocain redu- Auftreten meist bei Erwachsenen, selten bei Kin-
ziert werden. dern; unbehandelt Mortalität von 50%, mit Antibio-
Folgende anästhesiologisch relevante Medikam- tika bis 8,5%.
tente verlängern u. a. die QT-Zeit: Neostigmin, Des- Erstbeschreibung durch Wilhelm Frederick von
fluran, Droperidol, Dolasetron, Dexmedetomidin, Ludwig 1836.
Propofol.
L z Ätiologie
Literatur Akute bakterielle Infektion, schnelle Expansion,
Phlegmone im Mundboden, häufig von Stomatitis,
Behl S, Wauchob TD (2005) Long QT syndrome: anaesthetic
Karies oder Lymphknotenabszess ausgehend.
management at delivery. Int J Obstet Anesth 14: 347–350
Drake E, Preston R, Douglas J (2007) Brief review: anesthetic z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
implications of long QT syndrome in pregnancy. Can J Aktinomykose, Gumma, Malignom.
Anesth 54: 561–572
Dolenska S (2009) Intraoperative cardiac arrest in acquired
long QT syndrome. Br J Anaesth 102: 503–505
Symptome
Kim DH, Kweon TD, Nam SB et al. (2008) Effects of target con-
centration infusion of propofol and tracheal intubation Plötzlicher Beginn mit starken Schluckbeschwer-
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Kweon TD, Nam SB, Chang CH et al. (2008) The effect of bolus
hafte Infiltration, Schwellung des Mundbodens,
administration of remifentanil on QTc interval during in-
duction of sevoflurane anaesthesia. Anaesthesia 63:
Hals- und Nackenschmerzen, Nackensteife, Kiefer-
347–351 sperre, Sprechbehinderung, Schwellung der Epi-
Owczuk R, Wujtewicz MA, Sawicka W et al. (2008) The effect of glottis, Ödem am Kehlkopfeingang, evtl. Atembe-
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ber, Tachykardie.
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des QT-Intervalls. Anaesthesist 59: 633–635
Rasche S, Koch T, Hübler M (2006) Das Long-QT-Syndrom in
der Anästhesie. Anaesthesist 55: 229–246
Lupus erythematodes
153 L
z Vergesellschaftet mit
Bei Einschmelzung können Mediastinitis, Meningi-
Lupus erythematodes
tis, retro- und parapharyngeale Abszesse auftreten.
z Synonyme
Anästhesierelevanz LE, systemischer Lupus erythematodes (SLE).

Präoperativer Beginn der Antibiotikabehandlung; z Oberbegriffe


früher Therapiebeginn reduziert Häufigkeit des Autoimmunerkrankung.
operativen Eingriffs. Gefahr einer Verlegung der
Atemwege v. a. in Rückenlage. z Organe/Organsysteme
Immunsystem, Gelenke, Haut, Blutsystem, Nieren,
z Spezielle präoperative Abklärung Pleura, Peri- und Endokard.
Absolute Notfallindikation, da Luftwege akut ver-
legt werden können! z Ätiologie
Ungeklärt, genetische Prädisposition. Pathogene-
z Wichtiges Monitoring tisch resultieren Organschäden aus einer autoim-
Pulsoxymetrie, Kapnographie. mun-induzierten Entzündung und Gewebeablage-
rungen von Immunkomplexen.
z Vorgehen
Fiberoptische Wachintubation als erste Option er- z Diagnose
wägen. Patienten sitzen lassen. Jedes weitere Vorge- Präsenz von mindestens 4 Merkmalen gemäß den
hen erfolgt in Tracheotomiebereitschaft. Postopera- Leitlinien der Konsensuskonferenz: Schmetterlings-
tive Intensivüberwachung ist ratsam. Ggf. eine Tra- erythem, diskoider LE, Photosensitivität, orale Ul-
cheotomie in Lokalanästhesie erwägen. zera, Arthritis, Serositis, Nierenbeteiligung, ZNS-
Beteiligung, typische hämatologische oder immu-
! Cave
nologische Befunde und antinukleäre Antikörper.
Entleerung von Eiter durch mechanischen
Reiz beim Intubieren vermeiden.
Hohes Risiko für Aspiration und Pneumonie.
Symptome
Akute Obstruktion der Luftwege durch La-
Krankheitstypische Hautveränderungen, sympto-
ryngospasmus oder Epiglottisschwellung
matische Perikarditis, Raynaud-Phänomen, Pleuri-
möglich.
tis, Lupusnephritis, chronische Anämie, akute Ab-
dominalschmerzen unklarer Ursache, pathologische
Literatur Leberfunktionswerte, Arthritis. Die Symptome tre-
ten langsam progredient auf und führen so zu einer
Barton ED, Bair AE (2008) Ludwig’s angina. J Emerg Med 34: verzögerten Diagnostik.
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Kulkarni AH, Pai SD, Bhattarai B et al. (2008) Ludwig’s angina
z Vergesellschaftet mit
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zytopenie. Seltenere gastrointestinale Störungen:
Clin North Am 28: 203–217
Sjögren-Sy, Dysphagie, Autoimmunhepatitis. Gele-
154 Lupus erythematodes

gentlich Osteoporose mit Frakturen, selten asympto- perioperative Kortikoidgabe durchführen. Vorsich-
matische atlantoaxiale Subluxation. tige Lagerung des Patienten bei bestehender Osteo-
Im Falle zusätzlich vorliegender Antiphospholi- porose oder Neuropathie. Medikamentöse und ggf.
pid-Antikörper bzw. Antiphospholipid-Sy besteht physikalische Prophylaxe einer Thromboembolie
eine erhöhte Thrombosegefahr. verordnen.

z Therapien ! Cave
Tracheale Postintubationsstenose, wenn
Symptomatische Therapie mit nichtsteroidalen An-
möglich, Larynxmaske verwenden. Bei Neu-
tiphlogistika oder Antimalariamitteln, Versuch der
geborenen von an LE erkrankten Müttern
Krankheitsremission mittels Immunsuppressiva
kann ein kindlicher Lupus mit angeborenem
und Kortikoiden.
komplettem Herzblock vorliegen.

Anästhesierelevanz
Literatur
Deutlich erhöhtes Risiko für perioperativen Myo-
kardschaden. Larynxbeteiligung möglich mit Para- Ben-Menachem E (2010) Systemic lupus erythematosus: a re-
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thesiologischer Relevanz sein, wie Kardiotoxizität thesiology 91: 568–570
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kungsstadiums in interdisziplinärer Zusammenar-


L beit, insbesondere mit dem behandelnden Rheuma-
tologen. Medikamentenanamnese erheben. Echo-
kardiographie zur Bewertung der Herzfunktion
und Ausschluss von Klappenvitien und Perikarder-
guss, EKG, Thoraxröntgen, Nierenfunktion, Leber-
funktion, Gerinnungstest. Bei verlängerter PTT ist
die Suche nach Vorliegen des Lupus-Antikoagulans
(einem Immunglobulin) zum Ausschluss des Anti-
phosholipid-Sy angezeigt. Ausschluss einer atlanto-
axialen Subluxation.

z Wichtiges Monitoring
5-Kanal-EKG, Relaxometrie; je nach Größe des Ein-
griffs und Schweregrad der Erkrankung invasives
Monitoring.

z Vorgehen
Stressulkusprophylaxe anwenden und für hämody-
namische Stabilität sorgen. Bei erforderlicher endo-
trachealer Intubation kleinere Tuben zu Verfügung
halten. Bei chronischer Steroidtherapie zusätzliche
Maligne Hyperthermie (MH)
155 M

Maligne Hyperthermie sarkoplasmatische Retikulum der Muskelzelle. Das


führt zu einer extremen Steigerung der aeroben und
(MH) anaeroben Stoffwechselprozesse, was in der Musku-
latur eine massive Rhabdomyolyse nach sich ziehen
z Synonyme kann.
Familiäres Narkose-Hyperthermie-Sy, maligne Hy-
perpyrexie, engl. »malignant hyperthermia, human z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
stress syndrome«. Malignes neuroleptisches Sy, King-Sy, Broadbent-
Sy, Karnitin-Palmityl-Transferase-Mangel, Hyper-
z Oberbegriffe pyrexie-Sy des Säuglings, Ombredanne-Sy, Irritati-
Myopathie, anästhesiespezifische Komplikation, ons-Sy des Mesodienzephalons, akute febrile Kata-
pharmakogenetische Erkrankung, Idiosynkrasie. tonie, zentral-anticholinerges Sy, Hyperthyreose,
Tetanie, Enzephalopathien, malignes Dopa-Ent-
z Organe/Organsysteme zugs-Sy (bei Unterbrechung der Parkinson-Thera-
Muskulatur, Bewegungsapparat, Stoffwechsel, Herz- pie), Phäochromozytom, subdurale Kontrastmittel-
Kreislauf-System. injektion, Propofol-Infusions-Sy, serotonerges Sy,
engl. »central core disease«.
z Inzidenz
Dies ist eine Zusammenfassung der verfügbaren Symptome
Daten zur Inzidenz:
1:25 bei Kindern für Strabismusoperationen, Merkmalträger sind weitgehend unauffällig, jedoch
wenn diese Succinylcholin und Halothan erhalten. anfallgefährdet, sobald sie Triggersubstanzen aus-
1:3000 ist die Prävalenz der genetischen Träger- gesetzt sind. Indizien für eine MH-Prävalenz sind:
schaft für eine MH. spontane Muskelkrämpfe, Ptose, Strabismus, Hy-
1:4200 Verdacht auf abgelaufene MH-Episode permotilität der Gelenke, Trismus, Fieber und My-
bei Anwendung von Triggersubstanzen und 1:16.000 oglobinurie bei Anstrengung.
generell auf Allgemeinanästhesien. Frühere Anästhesien mit Exposition zu Trig-
1:150.000 bei Kindern in Nordamerika. gersubstanzen sind keine Garantie für die Vermei-
1:50.000 bis 150.000 bei Erwachsenen in Nord- dung einer MH-Episode; es wird von Fällen berich-
amerika. tet, nach denen eine fulminante MH-Krise erst bei
1:60.000 in Deutschland. der 9. Anästhesie stattgefunden hat. Das bedeutet,
1:62.000 fulminante Krisen auf Allgemeinanäs- dass ein anamnestischer Verdacht zwingend zur
thesien mit Triggersubstanzen und 1:220.000 auf triggerfreien Anästhesie verpflichtet, es sei denn,
Allgemeinanästhesien generell in Dänemark. ein genetischer Test schließt eine MH-Prävalenz
1:250.000 für alle Altersklassen und Anästhesie- aus.
verfahren.
Etwa 6,5% aller erfassten MH-Fälle verlaufen z Labor
fulminant. Die Mortalität lag ursprünglich bei 70– Eine erhöhte CK (CPK) kann ein Hinweis auf eine
80%, seit Einführung des Dantrolens 1979 bei <5%. MH-Gefährdung sein, allerdings sind bei MH-un-
verdächtigen Personen (MHN: »MH non-suscep-
z Ätiologie tible«) 10% pathologische Werte zu finden. Bewei-
Hereditär mit autosomal-dominantem Erbgang send ist ein positiver In-vitro-Koffein-Kontrakti-
und nachweisbarer familiärer Häufung. Der für MH onstest unter Halothan (MHS: »MH susceptible«),
spezifische Genlokus ist der Ryanodinrezeptorsub- wenngleich es ca. 10–15% unklare Ergebnisse (sog.
typ-1-Gen, auf dem ca. 90 verschiedene Mutationen MHE: »MH equivocal«) gibt mit einem kleinen Rest
vorgefunden wurden und von welchen 25 mit einer potenziell falsch-negativer Aussage (Sensitivität:
MH einhergehen. Der Pathomechanismus beruht 97–99% in Europa, 97% in den USA. Spezifität
auf einer gestörten Kalziumwiederaufnahme in das 93,6% in Europa, 78% in den USA).
156 Maligne Hyperthermie (MH)

z Vergesellschaftet mit
Gegenüberstellung der Symptome und Laborpara- Bei 30–50% der Patienten mit MH-Disposition las-
meter des malignen neuroleptischen Sy (MNS), der
sen sich überwiegend unspezifische pathologische
malignen Hyperthermie (MH) und des Serotonin-Sy.
(Nach Gerbershagen et al. 2001)
Befunde am Skelettmuskel nachweisen.
Unstrittig MH-assoziierte Muskelerkrankungen
Symptome MNS MH Serotonin-Sy sind: Myotonia congenita, Duchenne-Muskeldys-
trophie, Osteogenesis imperfecta, Wirbelsäulen-
Schnelligkeit der – +++ ++
anomalien, Arthrogryposis, malignes neurolepti-
Manifestation
sches Sy, Zentralfibrillenmyopathie (»central core
Fieber ++ +++ ++ disease«), King-Denborough-Sy.
Gelegentlich assoziiert sind: familiäre periodi-
Muskelrigidität +++ +++ + sche Lähmung, Hernien, lymphatische Leukämie.
Unabhängig von Anästhesien treten in MH-Famili-
Kreatinkinase- +++ +++ +
Anstieg en häufiger Kardiomyopathien und kardial beding-
te Todesfälle auf.
Myoglobinurie ++ +++ +
Anästhesierelevanz
Rhabdomyolyse ++ +++ ++

Tachykardie ++ +++ + Die Auslösung eines MH-Anfalls geschieht durch


MH-Triggersubstanzen wie Succinylcholin und vo-
Hämodynamische + ++ + latile Anästhetika, möglicherweise in seltenen Fäl-
Veränderungen
len auch durch Stress. Die experimentell nachweis-
Tachypnoe/Hyper- ++ +++ +
baren Unterschiede bezüglich Triggerschwelle unter
kapnie den volatilen Anästhetika (stärkster Trigger ist Ha-
lothan) spielen klinisch keine Rolle und ändern
Verhaltens- ++ (+) +++ nichts an der generellen Kontraindikation der ge-
veränderung
samten Gruppe. Neuerdings wird Cresol, ein häufig
Bewusstseins- +++ (+) +++ verwendeter Konservierungsstoff in verschiedenen
veränderung Arzneimitteln, wie Succinylcholin, Insulin, Hepa-
M Leukozytose + − +++
rin, inhalativen Bronchospasmolytika und diversen
Hormonpräparaten, ferner Alkohol, Ecstasy und
Kokain als Triggersubstanzen verdächtigt.
Kloni − − +++
Dass Lokalanästhetika vom Amidtyp als Trigger
Zittern − − +++ wirken können, wird heute überwiegend verneint.
Weitere Medikamente, die nicht verabreicht werden
Tremor − − +++ sollten, sind: Atropin, Methoxyfluran, Cyclopropan,
Hyperreflexie − − +++
Neuroleptika (insbesondere im Zusammenhang
mit dem malignen neuroleptischen Sy), Dekame-
thonium, Gallamin, d-Tubocurarin, Phenothiazine,
MAO-Hemmer und trizyklische Antidepressiva.
Ketamin gilt nicht als Triggersubstanz, aufgrund
Die CGS »clinical grading scale« hilft, das Risi- seiner sympathikoadrenergen Stimulation kann es
ko einer MH-Disposition abzuschätzen, erfordert aber bei prädisponierten Personen zu diagnosti-
aber eine ganze Reihe von Befunden, die nicht im- scher Unsicherheit führen.
mer verfügbar sind. Dadurch tendiert sie zur »Un-
terschätzung« des MH-Risikos und ist kein akzep- z Symptomatik des MH-Anfalls
tabler Ersatz für den aufwendigen In-vitro-Koffein- Tachykardie (mit 80% häufigstes Symptom!), Hy-
Kontraktionstest. perkapnie, Hyperthermie (>1°C/h; Hyperpyrexie,
Maligne Hyperthermie (MH)
157 M
Fieber), Arrhythmien, Tachypnoe (bei Spontanat- setzen der Symptomatik am 1. postoperativen Tag
mung), Zyanose, Schwitzen, respiratorische und berichtet wurde, sollten MH-verdächtige Patienten
metabolische Azidose, Muskelrigor (v. a. der Kau- nicht ambulant anästhesiert werden und für 24 h
muskulatur, Masseterspasmus, Trismus), starke Fi- unter Überwachung bzw. Beobachtung bleiben.
brillation nach Succinylcholin, Myoglobinämie,
Myoglobinurie, Rhabdomyolyse, CK- (CPK-) Erhö- z Hinweis
hung, Verbrauchskoagulopathie, Gerinnungsstö- Patienten mit neu auftretender MH genau aufklären
rung, akutes Nierenversagen. und Blutsverwandte informieren, ggf. Koffein-Ha-
Es wird auch über eine abgeschwächte Verlaufs- lothan-Kontrakturtest veranlassen, Bescheinigung
form diskutiert, die bei alleiniger Triggerung durch über MH-Prävalenz ausstellen. Neuerdings werden
Desfluran beobachtet wurde, und die Symptome weniger invasive In-vivo-Nachweisverfahren getes-
erst nach 6-stündiger Exposition auftraten. Diese tet, die auf der intramuskulären Injektion von Halo-
konnten auch mit einer geringeren Dantrolendosis than-Koffein und auf der Bestimmung der lokalen
als üblich beherrscht werden. Laktatkonzentration mittels Mikrodialyse beruhen.
Die Latenzzeit zwischen Exposition und dem Deren klinische Brauchbarkeit bleibt abzuwarten.
Auftreten der ersten Symptomatik (die in der Regel Bei bekannter familiärer Belastung bzw. Ver-
nicht die Temperaturerhöhung ist!) liegt zwischen dacht auf MH: Triggersubstanzen vermeiden, fri-
0–40 min. Da bei sehr kurzen Eingriffen der Aus- sches Narkosegerät mit abmontiertem Verdampfer
bruch der Symptomatik auch postoperativ erfolgen benutzen. Eine orale Dantrolen-Prophylaxe wird
kann, wird bei Verdachtsfällen eine postoperative nicht mehr empfohlen. Die intravenöse Prophylaxe
Überwachung nach ereignislosen Anästhesien von mit Dantrolen (2,5 mg/kg unmittelbar präoperativ)
mindestens 90 min empfohlen. ist zzt. noch umstritten. Eine absolut triggerfreie
Anästhesie sollte nach neuester Ansicht ausreichen,
z Wichtiges Monitoring zumal die typischen Nebenwirkungen des Dantro-
Bei MH-gefährdeten Patienten: kontinuierliche lens (Nausea, Vomitus, Kopfschmerzen, Muskel-
Temperaturmessung, Kapnographie, Pulsoxymet- schwäche, »fatigue«, Uterusatonie) vermieden wer-
rie, Blutgasanalyse und Säure-Basen-Status, Diu- den können.
rese, Volumetrie bei Spontanatmung.
! Cave
z Vorgehen beim MH-Anfall Triggersubstanzen, v. a. Succinylcholin und
volatile Anästhetika, Stress, Glykoside.
Triggersubstanzen stoppen und i.v.-Anästhetika ap-
plizieren. FIO2 =1,0. Frischgasfluss und Ventilation
steigern, bis Normokapnie erreicht ist, Anästhesie- Literatur
schläuche wechseln und Verdampfer entfernen, den
Adam H, Gottschaldt U, Pausch NC et al. (2007) Kasuistik:
Patienten großflächig kühlen. Magen-, Blasen- und
Fulminante Maligne Hyperthermie - Untypischer Verlauf
evtl. Peritonealspülung mit kalten Lösungen. Ope- während der 9. Allgemeinanästhesie. Anaesthesiol
rativen Eingriff zügig abschließen. Intensivmed Notfallmed Schmerzther 42: 692–699
Therapie mit Dantrolen: 1,0 mg/kgKG über Benca J, Hogan K (2009) Malignant hyperthermia, coexisting
5 min, danach Dantroleninfusion bis zu einer Ge- disorders, and enzymopathies: risks and management
options. Anesth Analg 109: 1049–1053
samtdosis von 2,5 mg/kgKG. Bei Persistenz der
Gerbershagen MU, Ito WD, Wappler F et al. (2001) Malignes
Symptomatik die Dantrolengabe wiederholen, bis neuroleptisches Syndrom nach Haloperidolapplikation.
die Befunde sich bessern. Anaesthesist 50: 329–332
Antiarrhythmische Behandlung (ggf. mit Lido- Krause T, Gerbershagen MU, Fiege M et al. (2004) Dantrolene
cain i.v.). Korrektur des Säure-Basen-Haushalts mit – A review of ist pharmacology, therapeutic use and new
developments. Anaesthesia 59: 364–373
Natriumbikarbonat, Diurese forcieren auf mindes-
Larach MG, Gronert GA, Allen GC et al. (2010) Clinival presen-
tens 1–2 ml/kg/h. tation, treatment, and complications of malignant hyper-
Entsprechende Überwachung auch auf die post- thermia in North America from 1987 to 2006. Anesth
operative Phase ausdehnen. Nachdem über ein Ein- Analg 110: 498–507
158 Malignes neuroleptisches Syndrom (MNS)

Litman RS, Flood CD, Kaplan RF, Kim YL, Tobin JR (2008) eine Hemmung der Kalziumaufnahme in das sarko-
Postoperative malignant hyperthermia: an analysis of plasmatische Retikulum der quergestreiften Mus-
cases from the North American Malignant Hyperthermia
kelzellen (analog zum Pathomechanismus der ma-
Registry. Anesthesiology 109: 825–829
Papadimos TJ, Almasri M, Padgett JC, Rush JE (2004) A sus-
lignen Hyperthermie) vermutet. Der Pathomecha-
pected case of delayed onset malignant hyperthermia nismus beruht auf einer Steigerung der aeroben und
with desflurane anesthesia. Anesth Analg 98: 548– anaeroben Stoffwechselprozesse mit nachfolgender
549 Rhabdomyolyse. Die Mortalität liegt zwischen 5
Pollock N, Langtont E, Stowell K et al. (2004) Safe duration of
und 22%.
postoperative monitoring for malignant hyperthermia
susceptible patients. Anaesth Intensive Care 32: 502–
509
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Rosenbaum HK, Miller JD (2002) Malignant hyperthermia and Maligne Hyperthermie (. Tab. S. 156), akute febrile
myotonic disorders. Anesthesiol Clin North Am 20: 623– (letale) Katatonie, King-Sy, zentral-anticholinerges
664
Sy, Hyperthyreose, Tetanie, Enzephalopathien,
Rosenberg H, Davis M, James D et al. (2007) Malignant hyper-
thermia. Orphanet J Rare Dis 2: 21
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Schuster F, Metterlein T, Negele S et al. (2008) An in-vivo me- kinson-Therapie), subdurale Kontrastmittelinjek-
tabolic test for detecting malignant hyperthermia
tion (iatrogen), Sepsis, pharmakainduziertes Fieber
susceptibility in humans: a pilot study. Anesth Analg 107:
909–914
(z. B. nach MAO-Hemmern, trizyklischen Antide-
Wappler F (2010) Anesthesia for patients with a history of ma- pressiva), Serotonin-Sy, sog. »Hitzschlag«.
lignant hyperthermia. Curr Opin Anesthesiol 23: 17–22
z Beachte
Im Unterschied zur MH erfolgt die Triggerung
durch Neuroleptika, wobei die Krankheitentwick-
Malignes neuroleptisches lung vergleichsweise langsam (über Stunden, Tage
oder Wochen) verläuft.
Syndrom (MNS)
Symptome
z Synonyme
M Engl. »neuroleptic malignant syndrome«. Hyperthermie (Hyperpyrexie) bis ca. 41°C, Hyper-
metabolismus, Muskelrigidität (Rigor), Trismus,
z Oberbegriffe Masseterspasmus, vegetative Dysfunktion, Blut-
Myopathie, pharmakogenetische Erkrankung, psy- druckschwankungen, Tachypnoe, Tachykardie, ex-
chopharmakainduzierte Idiosynkrasie. trapyramidale Störungen, Opisthotonus, wechseln-
de Bewusstseinsstörungen (fluktuierendes Koma),
z Organe/Organsysteme Diaphorese. Die Symptomatik setzt Tage oder Wo-
Muskulatur, ZNS, Stoffwechsel. chen nach Ansetzen der neuroleptischen Medika-
tion ein und entwickelt sich bis zum Vollbild inner-
z Inzidenz halb 24–72 h. Die längste berichtete Latenzzeit liegt
Bei ca. 0,07–1,8% der chronischen neuroleptischen bei 30 Jahren (!) bei einem Patienten, der chronisch
Medikationen (nach neuerer Quellenlage bei 0,07‒ mit Clozapin behandelt wurde und nach 3 Jahr-
2,2%). Es wird eine gewisse Häufung bei jungen zehnten daraufhin ein MNS entwickelte.
Männern postuliert. Prädisponierende Faktoren sind erhöhte Umge-
bungstemperatur, Dehydratation, Alkoholismus,
z Ätiologie Infektionen und Lithiumkomedikation.
Unklar. Es wird eine zentrale dopaminhemmende Im Rahmen schwerer Verläufe: respiratorische
Wirkung der Triggersubstanzen im Bereich der Ba- Insuffizienz, akute Niereninsuffizienz (Nierenver-
salganglien und des Hypothalamus sowie peripher sagen), Herz-Kreislauf-Versagen.
Malignes neuroleptisches Syndrom (MNS)
159 M
z Labor z Vorgehen
CK- (CPK-)Erhöhung, Kaliumanstieg, Leukozyto- Am wichtigsten ist das Weglassen von MH-auslö-
se, Leberenzyme, Myoglobin im Serum und Urin. senden Substanzen und Faktoren, obwohl ein
gleichzeitiges Vorliegen beider Erkrankungen bis-
z Vergesellschaftet mit her nicht endgültig bewiesen wurde. Dennoch soll-
Über einen Zusammenhang mit dem Hallervorden- ten die gleichen anästhesiologischen Indikationen
Spatz-Sy ist berichtet worden. und Kontraindikationen gestellt werden wie bei der
MH (s. dort).
z Therapie Pharmaka, die mit der Auslösung einer MNS in
Dantrolen, Bromokriptin, Diazepam, Amantadin, Zusammenhang gebracht wurden:
elektrokonvulsive Therapie (Elektroschocks), Wie- 4 Butyrophenone,
deraufnahme einer (unterbrochenen) Anti-Par- 4 Phenothiazine,
kinson-Medikation. Solange die Diagnose nicht 4 Thioxanthine,
gesichert ist, sollte eine empirische antibiotische 4 Fluphenazin,
Therapie begonnen und ggf. nach mikrobiolo- 4 Clozapin,
gischer Ausschlussdiagnose wieder abgesetzt wer- 4 Lithium,
den. 4 Droperidol,
4 Metoclopramid,
Anästhesierelevanz 4 Trabenazin,
4 Loxapin,
Im Gegensatz zur MH tritt das MNS nicht primär 4 Carbamazepin,
im Zusammenhang mit Anästhesien, sondern im 4 Kokain,
Rahmen von psychopharmakologischen Therapien 4 Zuclopenthixol,
auf. Aufgrund des langsameren Verlaufs wird der 4 Ziprasidon,
Anästhesist in der Regel nicht unerwartet mit dem 4 (Entzug von) Levodopa.
Problem des MNS konfrontiert. Die Diagnose sollte
präoperativ bekannt sein. Außer der Unterlassung Neben der Vermeidung auslösender Faktoren und
einer neuroleptischen Medikation ist die Vorge- der hoch dosierten Dantrolentherapie über mehrere
hensweise die gleiche wie bei bekannter maligner Tage (7 s. »MH«) ist die unspezifische Intensivbe-
Hyperthermie. Wichtig ist die Aufrechterhaltung handlung der aktuellen Symptomatik – insbesonde-
der kompromittierten Vitalfunktionen, nämlich re die Wiederherstellung der Homöostase und der
Kreislauf-, Volumen- und Hydratationsstatus, sowie normalen Organfunktionen – von wesentlicher Be-
die Atmung. deutung.

z Spezielle präoperative Abklärung ! Cave


Neuroleptika und die bekannten MH-Trigger-
Umfassende Untersuchung der vitalen Organfunk-
substanzen (Succinylcholin, volatile Anästhe-
tionen und der Homöostase (Wasser-Elektrolyt-
tika).
und Säure-Basen-Status) bzw. »großes Routine-
labor«; Blutbild inklusive Thrombozyten, CK (CPK),
Literatur
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funktionsparameter. Aruna AS, Murungi JH (2005) Fluphenazine-induced neuro-
leptic malignant syndrome in a schizophrenic patient.
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sung und Volumetrie bei Spontanatmung. tisches Syndrom nach 30-jähriger Behandlung mit
Clozapin: Eine seltene Differenzialdiagnose auf der
160 Marfan-Syndrom

Intensivstation. Anaesthesiol Intensivmed Notfallmed thetisierten Glykoproteins Fibrillin 1, welches es-


Schmerzther 41: 125–127 senziell zur Bildung von Kollagen ist, kommt es zu
Gerbershagen MU, Ito WD, Wappler F et al. (2001) Malignes
neuroleptisches Syndrom nach Haloperidolapplikation.
Funktionseinschränkungen des Bindegewebes in
Anaesthesist 50: 329–332 verschiedenen Organen.
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Portel L, Hilbert G, Gruson D et al. (1999) Malignant hyperther-
mia and neuroleptic malignant syndrome in a patient
Exostosen-Sy, Sack-Barabas-Sy, Gorlin-Cohen-Sy,
during treatment for acute asthma. Acta Anaesthesiol Ehlers-Danlos-Sy, Metagerie-Sy, Stiller-Sy, Ar-
Scand 43: 107–110 throachalasis multiplex congenita, Pierre-Marie-Sy,
Stotz M, Thümmler D, Schürch M et al. (2004) Fulminant neu- Dysraphie-Ss, Cowden-Sy, Homocystinurie-Sy,
roleptic malignant syndrome after perioperative with- Forney-Robinson-Pascoe-Sy, Marchesani-Sy, Grön-
drawal of antiParkinsonian medication. Br J Anaesth 93:
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blad-Strandberg-Sy, Krabbe-Sy II, atonisch-sklero-
Tsujimoto S, Maeda K, Sugiyama T et al. (1998) Efficacy of pro- tisches Muskeldystrophie-Sy, Rieger-Sy, Rotter-Erb-
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lignant syndrome. Anesth Analg 86: 1143–1144
Young CC, Kaufman BS (1995) Neuroleptic malignant syn- Symptome
drome postoperative onset due to levodopa withdrawal.
J Clin Anesth 7: 652–656
Spinnenfingrigkeit, abnorme Dehnbarkeit (Über-
streckbarkeit) der Gelenke, Dysodontie, Irishypo-
plasie oder Aniridie (Linsenluxation, Linsenschlot-
Marfan-Syndrom tern), Netzhautablösung (Amotio), Mikrogenie,
»Vogelgesicht«. Die Muskulatur ist im Allgemeinen
z Synonyme unterentwickelt (Asthenie).
Erb-Achard-Sy, Arachnodaktylie, Dolichostenome-
lie, partieller Gigantismus, Hyperchondroplasie, z Vergesellschaftet mit
Akrochondrohyperplasie. Spaltbildungen (LKG-Spalte, Wolfsrachen), Trich-
terbrust, Wirbelsäulendeformitäten, Hernien, An-
z Oberbegriffe eurysmen der großen Gefäße, Koronarthrombose,
M Meso- und ektodermale Dystrophie (Dysplasie), Herzvitien (Aorteninsuffizienz, Mitralklappenpro-
Kollagenopathie, Aniridie-Ss. laps), Spontanpneumothorax, Lungenemphysem,
Bronchiektasen (röntgenologisches Korrelat: »Wa-
z Organe/Organsysteme benlunge«).
Bindgewebe, Skelett, Gelenke, Bewegungsapparat, Die geistige Entwicklung ist meist normal.
Augen, Herz-Gefäß-System.
z Therapie
z Inzidenz Diese beschränkt sich auf die Vermeidung einer An-
1:10.000. Prävalenz 1:3000 bis 1:5000. Etwa 8000 eurysmabildung bzw. -ruptur, d. h. Überwachung
Fälle in Deutschland. Lebenserwartung mittlerwei- und ggf. Einstellung des Blutdrucks insbesondere
le von 40 auf 60 Jahre gestiegen. In 92% der Fälle mit β-Blockern auf normale Werte. Vermeidung
kreislaufbedingte Todesursache. maximaler und isometrischer Muskelanspannung
sowie von Kontaktsportarten.
z Ätiologie
Kongenital und hereditär mit autosomal-domi- Anästhesierelevanz
nantem Erbgang in 85% der Fälle und Neumuta-
tionen bei 15–30% auf Chromosom 15. Mehr als Elektive und notfallmäßige Operation thorakaler
200 verschiedene Mutationen mit variablem Phäno- Aortenaneurysmen, Mitralklappenersatz, Leisten-
typ sind beschrieben. Aufgrund des fehlerhaft syn- hernienoperationen.
Mastozytose
161 M
z Spezielle präoperative Abklärung Baum VC, O’Flaherty JE (2007) Anesthesia for genetic, meta-
Thoraxröntgenaufnahme, ggf. Lungenfunktions- bolic, and dysmorphic syndromes of childhood, 2nd edn.
Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia
prüfung, Ausschluss von Gefäßaneurysmen (Echo- Brar HB (2001) Anaesthetic management of a caesarean sec-
kardiographie, Angiographie). tion in a patient with Marfan’s syndrome and aortic diss-
ection. Anaesth Intensive Care 29: 67–70
z Wichtiges Monitoring Carrel T, Schnyder A, Zurmühle P et al. (2003) Das Marfan-
Kontinuierliche invasive Blutdruckmessung (zur Syndrom. Schweiz Med Forum 46: 1096–1107
Kuczkowski KM (2003) Labor analgesia for the parturient with
besseren Vermeidung von Blutdruckspitzen). Ein an uncommon disorder: a common dilemma in the deli-
wichtiger Ventilationsparameter ist der Beatmungs- very suite. Obstet Gynecol Surv 58: 800–803
druck (Gefahr von Barotrauma, Pneumothorax). Lacassie HJ, Millar S, Leithe LG et al. (2005) Dural ectasia: a
likely cause of inadequate spinal anaesthesia in two par-
z Vorgehen turients with Marfan‘s syndrome. Br J Anaesth 94: 500–
504
Alle Anästhesiemethoden, welche stabile und kons- Mason R (2001) Anaesthesia databook: a perioperative and
tante Kreislaufverhältnisse ermöglichen, sind an- peripartum manual, 3rd edn. Cambridge University Press,
wendbar. Bei Nachweis ausgeprägter pulmonaler Cambridge, pp 303–306
Befunde (Emphysem, Bronchiektasen) bzw. anam- Rath GP, Singh D, Prabhakar H, Bithal PK (2007) Symptomatic
nestisch bekannten Spontanpneumothoraces soll- atlantoaxial dislocation in Marfan’s syndrome: anaesthe-
tic considerations. Eur J Anaesthesiol 24: 1058–1060
ten Anästhesietechniken ohne Beatmungsnot-
wendigkeit bevorzugt werden. Die Lagerung ist
mit besonderer Sorgfalt vorzunehmen. Mit Intu-
bationsschwierigkeiten ist zu rechnen (v. a. bei
Vorliegen von Mikrogenie, LKG-Spalten, Kieferge- Mastozytose
lenksubluxation). Zur Beherrschung von Intuba-
tionsproblemen entsprechende Ausrüstung bereit- z Synonyme und Subtypen
halten. Urticaria pigmentosa, Urticaria xanthelasmoidea,
Da bei Marfan-Sy häufig Aussackungen der Mastozytom, M. Nettleship, Teleangiectasia macu-
Dura im Spinalkanal vorkommen (63‒92%), kann laris eruptiva persistens.
es vorkommen, dass intrathekal verabreichte Lokal- Mastzellenlymphome und Mastzellenleukämie
anästhetika nicht die erwartete Ausbreitung und sind maligne Varianten.
fleckenförmige Wirkung zeigen. In solchen Fällen
ist es nicht sinnvoll, die gleiche Anästhesie erneut zu z Oberbegriffe
versuchen, sondern man sollte auf eine Allgemein- Benigne Retikulosen.
anästhesie ausweichen.
Bei Herzklappenvitien sollte eine Endokarditi- z Organe/Organsysteme
sprophylaxe durchgeführt werden. Myelopoese, Mastzellen, Haut, Atmungsorgane,
Herz-Kreislaufsystem, Gastrointestinaltrakt, Ske-
! Cave lett.
Blutdruckspitzen, hohe Beatmungsdrücke,
Erhöhung des Augeninnendrucks, Lage- z Inzidenz
rungsschäden. Relative Kontraindikation für Sehr selten; 1:2.500 der dermatologischen Patienten
Ketamin. (gilt für Urticaria pigmentosa in den USA). Über-
wiegende Hautmanifestation, 10% systemisch, ca.
1:150.000 Patienten.
Literatur
Unterscheide: systemische Mastozytose (bei Er-
wachsenen) und kutane Mastozytose (bei Kin-
Adam H, Radow L (2002) Anästhesie zur Sectio caesarea mit
akuter Aorten-Dissektion bei Marfan-Syndrom. Anäs- dern).
thesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 37: 630–
635
162 Mastozytose

z Ätiologie sche Störungen (vorübergehende Desorientiert-


Unklar, aufgrund familiärer Häufung vermutlich heit), Tachykardien, Arrhythmien, Blutdruck-
hereditär. Es liegt eine abnormal gesteigerte Prolife- schwankungen (v. a. Hypotension), Synkopen.
ration und Gewebeeinlagerung von Mastzellen vor, Hautmanifestationen: Pruritus, diffus verteilte
die paroxysmal große Mengen Histamin freisetzen pigmentierte Urtikaria (positives Darier-Zeichen)
können. Vereinzelt wurden auch andere sezernierte hauptsächlich am Rumpf, isolierte Mastozytome.
Substanzen nachgewiesen wie: Prostaglandin D2,
Heparin, Hyaluronsäure, Leukotriene, Serotonin u. z Labor
a.m. Extrem selten, aber hochgradig aggressiv ist die Histaminspiegel im Serum sind wegen der kurzen
Form der Proliferation in parenchymalen Orga- Halbwertszeit von geringem Wert, außerdem gibt es
nen. keine eindeutige Korrelation zwischen Histamin-
Die Diagnosestellung nach WHO-Kriterien spiegel und Schweregrad der Symptomatik. Statt-
verlangt das Vorhandensein von 1 Haupt- und dessen ist der Nachweis von Methylhistamin im
1 Nebenkriterium oder von 3 Nebenkriterien. Urin praktikabel. Die Tryptase wird zusammen mit
Zu den Hauptkriterien zählen: multifokale, dem Histamin aus den Mastzellen ausgeschüttet
dichte Mastzelleninfiltrate in der Knochenmarkbi- und ist im Serum noch Stunden später nachweisbar.
opsie oder in Biopsien aus anderen Organen als der Weitere weniger spezifische Laborparameter sind
Haut. Leukozytose und Anämie; gelegentlich liegt eine
Nebekriterien sind: >25% atypische Mastzellen unspezifische, mäßiggradige Verlängerung von Ge-
im Knochenmarkausstrich oder in anderen Orga- rinnungsparametern vor.
nen, c-Kit-Punktmutation in Codon 816 in Mast-
zellen aus dem Knochenmark oder anderen Orga- z Vergesellschaftet mit
nen (außer der Haut), Exprimierung der Antigene Hepatosplenomegalie.
CD2 oder CD25 durch Mastzellen aus dem Kno-
chenmark oder anderen Organen (außer der Haut), z Therapie
>20 ng/ml basale Tryptasenkonzentration im Blut- Topische Kortikoidanwendung, H1- und H2-Rezep-
serum bei Patienten ohne myeloische Neoplasie. torenblocker, Prostaglandinsynthesehemmer (Aze-
tylsalicylsäure), Chlorambucil, Cromoglycinsäure.
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
M Karzinoid-Sy, Apudome (Glomustumoren), Phäo- Anästhesierelevanz
chromozytom, Bouveret-Sy, Xanthome, Bäfver-
stedt-Sy, Bloch-Sulzberger-Sy, kongenitales Porphy- Wesentliches Ziel des anästhesiologischen Vorge-
rindermatose-Sy, Muckle-Wells-Sy, Nävoxanthoen- hens ist die Vermeidung oder Begrenzung einer
dotheliom-Sy, Urticaria chronicum cum pigmenta- Freisetzung von Histamin und von anderen Gewe-
tione, pigmentierte Pityriasis lichenoides chronica, behormonen sowie die Beherrschung ggf. auftre-
lentikuläres Syphilid, Bazex-Sy, Schamberg-Sy. tender Kreislauf- und Atmungsprobleme. Tödliche
Verläufe sind beschrieben!
Symptome
z Spezielle präoperative Abklärung
Anfallsauslösung durch histaminliberierende Subs- Blutbild, Gerinnungsparameter (Quick, PTT,
tanzen (Anästhetika), mechanische Irritation (Trau- Thrombozytenzahl und -funktionsfähigkeit). Eine
ma), Stress, Alkohol, bestimmte Nahrungsmittel bei Bestimmung der Histaminspiegel bringt außer
vorbestehender Überempfindlichkeit, größere Tem- einem eventuellen Erkrankungsnachweis keine
peratursprünge. nützlichen Erkenntnisse für den Anästhesieverlauf.
Effekte der Histaminausschüttung: Flush, Abdo- Eine präoperative intrakutane Testung von an-
minalschmerzen (Koliken), Diarrhö, Atembe- ästhesierelevanten Medikamenten kann nützlich
schwerden (Bronchospastik), Kopfschmerzen, sein.
Übelkeit, Erbrechen, Schüttelfrost, Fieber, psychi-
Mastozytose
163 M
z Wichtiges Monitoring Eine adäquate Überwachung mit entsprechen-
EKG, zentraler Venendruck, invasive Blutdruckmes- dem Monitoring ist über einen längeren Zeitraum
sung, Pulsoxymetrie, Kapnographie, Beatmungs- angebracht.
drücke, Elektrolyte im Serum, Körpertemperatur. Die wenigen Fallbeschreibungen, die für Kinder
vorliegen, lassen eher darauf schließen, dass das Ri-
z Vorgehen siko der massiven Histaminausschüttung bei der im
Zur Prämedikation eignen sich Benzodiazepine Kindesalter sich manifestierenden kutanen Masto-
(Stressreduktion), ferner wird präoperativ eine pro- zytose eher geringer ist. Die systemsiche Masto-
phylaktische intravenöse H1- und H2-Rezeptoren- zytose ist im Kindesalter extrem selten. Kinder mit
blockade sowie eine Membranstabilisierung mit hohen Tryptasespiegeln und systemischer Mastozy-
Cromoglycinsäure und einem Glukokortikoid emp- tose bedürfen dennoch einer besonderen Aufmerk-
fohlen. Bei Knochenbefall besteht eine erhöhte samkeit.
Frakturgefahr, daher muss entsprechend auf die La-
! Cave
gerung geachtet werden. Bei der Wahl des Anästhe-
Stress, Histaminliberatoren, Temperatur-
sieverfahrens sollten die individuell vorherr-
schwankungen (7 s. auch »Karzinoid-Sy«).
schenden Befunde und anamnestisch bekannten
Unverträglichkeiten berücksichtigt werden.
Literatur
Bei vorwiegend obstruktiver Symptomatik der
Atemwege erscheint eine Regionalanästhesie (Cave: Ahmad N, Evans P, Lloyd-Thomas AR (2009) Anesthesia in chil-
Gerinnungsstörungen) sinnvoll, aber auch eine All- dren with mastocytosis – a case based review. Pediatr
gemeinanästhesie mit volatilen Anästhetika, Anesth 19: 97–107
Ketamin, Etomidat (?), Propofol, Opioiden (außer Carter MC, Uzzaman A, Scott LM et al. (2008) Pediatric masto-
cytosis: routine anesthetic management for a complex
Morphin) und Benzodiazepinen kommt in Frage. disease. Anesth Analg 107: 422–427
Hingegen sollten Anästhetika mit bekannten hist- Conrad H, Gausche-Hill M, Burbulys D (2007) A 6-month old
aminliberierenden Eigenschaften nicht angewendet with total body flushing and a macular-papular lesion.
werden, wie Barbiturate, Succinylcholin, Alcuroni- Pediatr Emerg Care 23: 321–325
um, Atracurium, Morphin, Codein, Atropin, Tetra- Damodar S, John CN, Gopalakrishnan G et al. (2006) Mast cell
disease: surgical and anesthetic implications. Pediatr
cain, Procain u. a. m. Hematol Oncol 28: 446–49
Ein gut geeignetes nichtdepolarisierendes Rela- Goldfinger MM, Sandadi J (2010) Undiagnosed systemic mas-
xans ist Vecuronium. Blutdruckabfälle sind behan- tocytosis in a teenager revealed during general anesthe-
delbar mit Katecholaminen und verlaufen günstiger, sia. Pediatr Anesth 20: 290–291
wenn vorher ausreichend rehydriert wurde. Die In- Konrad FM, Unertl KE, Schroeder TH (2009) Mastozytose.
Herausforderung in der Anästhesie. Anaesthesist 58:
fusionstherapie richtet sich nach aktuellem Volu- 1239–1243
menstatus (zentraler Venendruck), Osmolarität, Payne V, Kam PC (2004) Mast cell tryptase: a review of its phys-
Elektrolyt- und Eiweißstatus; erfahrungsgemäß iology and clinical significance. Anaesthesia 39: 695–703
liegt meist eine Dehydratation vor. Russell WJ, Smith WB (2006) Pseudoanaphylaxis. Anaesth
Die Gerinnungsfähigkeit sollte im Bedarfsfall Intensive Care 34: 801–803
Villeneuve V, Kaufman I, Weeks S, Deschamps A (2006)
normalisiert werden (Vitamin K, FFP). Bei Ileus- Anesthetic management of a labouring parturient with
symptomatik Natrium-citricum-Prophylaxe und urticaria pigmentosa. Can J Anesth 53: 380–384
»rapid-sequence induction« durchführen und Kri-
koiddruck anwenden.
Im Falle eines allergischen oder pseudoallergi-
schen Geschehens ist mit einer massiven Mastzel-
lendegranulation und lebensbedrohlichen Kompli-
kationen zu rechnen, die eine spezifische Therapie
bis zur kardiopulmonalen Reanimation benötigen.
Hypo- und Hyperthermie müssen unbedingt ver-
mieden werden.
164 Mediastinale Raumforderungen

z
McKusick-Kaufman- Spezielle präoperative Abklärung
Untersuchung aller Organsysteme. Ausschluss von
Syndrom Niereninsuffizienz. Echokardiogramm. Ausschluss
oder Feststellung von Veränderungen des Larynx.
z Synonyme
Hydrometrocolpos-Sy, Kaufman-McKusick-Sy. z Wichtiges Monitoring
Elektrolytstatus.
z Oberbegriffe
Dysmorphie-Fehlbildungssyndrom. z Vorgehen
z Organe/Organsysteme Die chirurgische Resektion des Hydrometrokolpos
kann zu erheblichen Flüssigkeitsverschiebungen
Urogenitalsystem.
führen. Das Infusionsregime muss diesem Umstand
angepasst werden. Bei Vorliegen von Herzfehlern
z Inzidenz perioperative Endokarditisprophylaxe.
Nicht bekannt; es wurden bisher nur einige klinische
! Cave
Fälle beschrieben.
Larynxmalformationen.
z Ätiologie
Autosomal-rezessiver Erbgang, Veränderung des Literatur
sog. McKusick-Kaufman-Gens.
El Hammar F, Dubreuil M, Benoît I, Meymat Y (1998) Intubation
difficile chez un nourrisson atteint d’un syndrome de
z Differenzialdiagnose McKusick-Kaufman. Échec de la séquence masque la-
Elis-van-Creveld-Sy, Bardet-Biedl-Sy. Das klinische ryngé-fibroscope. Ann Fr Anesth Reanim 17: 240–242
Bild ist sehr variabel. Khatwa UA, Rajegowda B, Rosenberg HK, Lieber E (2005)
McKusick-Kaufman syndrome presenting prenatally as
fetal abdominal mass. J Perinatol 25: 146–149
Symptome Slavin TP, McCandless SE, Lazebnik N (2010) McKusick-
Kaufman syndrome: the difficulty of establishing a prena-
Hydrometrokolpos aufgrund membranöser Vagi- tal diagnosis of an uncommon disorder. Clin Ultrasound
nalatresie, Verdoppelung von Uterus und Vagina, 38: 151–155
Slavotinek AM (2002) McKusick-Kaufman Syndrome. In: Pagon
M Herzfehler, postaxiale Polydaktylie häufig der obe-
RA, Bird TC, Dolan CR, Stephens K (eds) GeneReviews.
ren, seltener der unteren Extremität. University of Washington, Seattle (WA); 1993–2002 Sep 10
Tekin I, Ok G, Genc A, Tok D (2003) Anaesthetic management
z Vergesellschaftet mit in McKusick-Kaufman syndrome. Paediatr Anaesth 13:
Hypospadie, Skrotalraphe, Ureterstenose oder -atre- 167–170
sie, Hydronephrose, Analatresie oder -fistel, intes-
tinale Malrotation. Selten Choanalatresie, Hypo-
physenvorderlappendysplasie, Hemivertebrae,
Hüftluxation, seltener Larynxveränderungen oder
Mediastinale
Gaumenspalte, Hydrops fetalis, M. Hirschsprung, Raumforderungen
geistige Behinderung.
z Synonyme
z Therapie Engl. »mediastinal mass syndrome«.
Keine bekannt.
z Oberbegriffe
Anästhesierelevanz Atemwegsprobleme unter Beatmung, Anästhesie-
komplikationen.
Meist sind korrektive Eingriffe in der Neugebore-
nenperiode erforderlich.
Mediastinale Raumforderungen
165 M
z Organe/Organsysteme Anästhesierelevanz
Trachea, Atemwege, Mediastinum, Thoraxorgane,
Herz-Gefäß-System. Das Hauptproblem bei großen mediastinalen
Raumforderungen ist das Auftreten einer Atem-
z Ätiologie wegsobstruktion, sobald versucht wird, den Patien-
Es handelt sich um einen Sammelbegriff für jene ten kontrolliert (mit positiven Atemwegsdrücken)
Befundkonstellation, die bei großen Raumforde- zu beatmen, obwohl unter Spontanatmung keine
rungen im Mediastinum vorliegt und eine Atem- (oder nur geringe) Symptomatik besteht. Das
wegsobstruktion bei kontrollierter Beatmung ver- kommt dadurch zustande, dass der künstlich er-
ursacht. Histopathologisch handelt es sich meist zeugte positive intrapulmonale Druck die (bereits
um Leukosen, Non-Hodgkin-Lymphome, Sarkome verengten) Atemwege zusätzlich komprimiert und
(Lymphosarkom, Hämatosarkom, Retothelsarko- eine in- und exspiratorische Verlegung erzeugt. Un-
matose). ter Spontanatmung (und ggf. unter vorsichtig assi-
stierter Beatmung) werden die Tumormassen nicht
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen noch mehr auf die Atemwege gedrückt, sondern
Atemwegsobstruktion durch Fremdkörper, intra- durch den Sog im Pleuraspalt von dort eher wegge-
tracheal wachsende Tumoren, Tubuskomplikatio- zogen. Dies erklärt die lange bestehenbleibende
nen (Tubusverlegung, Tubusabknickung, Cuffher- Symptomfreiheit.
nien), retrosternale Struma, rezidivierende Poly- Eine zusätzliche Erschwerung der Problematik
chondritis, Bronchospasmus, Asthmaanfall (Status entsteht bei Malazie der knorpeligen Anteile der
asthmaticus), Sarkoidose (M. Besnier-Boeck- Luftwege, bei Tumoreinbruch in die Luftwege und
Schaumann), Tuberkulose (M. Koch), Bronchial- Vorliegen nicht ventilierter Lungenabschnitte (At-
karzinom, Mediastinalemphysem, Perikarderguss, elektasen). Bei langsam progredientem Tumor-
Perikardtamponade, psychogener funktioneller wachstum ist nicht immer mit einem intrapul-
Stridor. monalen Rechts-Links-Shunt und Hypoxämie zu
rechnen, da in den betroffenen Bezirken die Durch-
Symptome blutung durch eine hypoxische pulmonale Vaso-
konstriktion (HPV) vermindert sein kann.
Selbst in fortgeschrittenen Fällen besteht eine große
Diskrepanz zwischen dem Ausmaß der Raumforde- z Spezielle präoperative Abklärung
rung und etwaigen klinischen Symptomen. Thoraxröntgenaufnahme in 2 Ebenen, CT und/
Anamnestische Hinweise sind häufige Infekte, oder MRT des Thorax, Lungenfunktion, Blutgas-
Nachtschweiß, Reizhusten, Lymphadenitis, Heiser- analyse, Tracheobronchoskopie.
keit, Brustschmerzen. Eine Dyspnoe ist eher selten
und ein sehr spät auftretendes Zeichen mit sehr z Wichtiges Monitoring
ernster Prognose. Pulsoxymetrie, Kapnographie, invasive Blutdruck-
Die eigentliche Krankheitsursache, d. h. die Ur- messung, intermittierende Blutgasanalysen, Atem-
sache der mediastinalen Raumforderung ist aus rein wegsdrücke, Volumetrie.
anästhesiologischer Sicht von sekundärer Bedeu-
tung und wird in der Regel bei der Diagnostik der z Vorgehen
Grundkrankheit erfasst. Wenn irgendwie möglich, sollte die Spontanatmung
Typische Problemsituation bei Anästhesien mit (z. B. unter Sevofluran) erhalten bleiben. Daher
Beatmung: unter Anwendung positiver Beatmungs- sind Regionalanästhesien zu bevorzugen. Ist eine
drücke zunehmende oder plötzliche Atemwegs- Allgemeinanästhesie unvermeidlich, kann bei ko-
obstruktion. operativen Patienten eine Einleitung »per inhala-
Radiologischer Nachweis: Thoraxröntgenauf- tionem« bei ständig erhaltener Spontanantmung
nahme in 2 Ebenen, CT und/oder MRT des Tho- oder mit assistierter Beatmung versucht werden. Im
rax. Einzelfall kann ein alternatives Beatmungsverfah-
166 Melkersson-Rosenthal-Syndrom

ren (hochfrequente Jetventilation) erwogen werden. Narang S, Harte BH, Body SC (2001) Anesthesia for patients
Eine präoperative Strahlen- oder Zytostatikathera- with a mediastinal mass. Anesthesiol Clin North Am 19:
559–579
pie kann u. U. eine Tumorverkleinerung bewirken. Pingle A, Ismail KM, Eshra A, Maarouf A (2008) Cardiac hernia-
Die präoperative Anlage eines Bypasses für eine tion through mediastinotomy incision. J Clin Anesth 20:
Herz-Lungen-Maschine bzw. ECMO wurde be- 222–224
schrieben, wird aber heute nicht mehr als erste Wahl Slinger P, Karsli C (2007) Management of the patient with a
erachtet. large anterior mediastinal mass: recurring myths. Curr
Opin Anaesthesiol 20: 1–3
Nach Eröffnung des Thorax kann der mediasti- Sullivan EA (2005) Anesthetic considerations for special tho-
nale Tumor entlastet werden, aber auch zur Hernia- racic procedures. Thorac Surg Clin 15: 131–142
tion des Herzens mit Herz-Kreislauf-Depression Tempe DK, Arya R, Dubey S et al. (2001) Mediastinal mass
führen. resection: femorofemoral cardiopulmonary bypass be-
Ergänzend ist zu unterstreichen, dass zahlreiche fore induction of anesthesia in the management of air-
way obstruction. J Cardiothorac Vasc Anesth 15: 233–
Einzellfallbeschreibungen in den letzten Jahren pu- 236
bliziert worden sind, deren gemeinsamer Tenor die
besondere Individualität eines jeden Falles ist.
! Cave
Beatmungsunmöglichkeit nach Muskelrela-
Melkersson-Rosenthal-
xation. Syndrom
Auch postoperativ hohes Risiko für Verle-
gung der Atemwege und für Lungenödem z Synonyme
nach Miller-Mannöver (neg. Druck-Lungen-
Rezidivierende Fazialislähmung.
ödem)!
Absolute Intensivpflichtigkeit! z Oberbegriffe
Granulomatöse (sarkoidale) Entzündungen.
z Beachte
Diese Atemwegsobstruktion ist mit herkömm- z Organe/Organsysteme
lichen Methoden (Tracheotomie, Beatmung mit Haut, Hautanhangsgebilde, Schleimhaut, Lippen.
hohem Druck) nicht in den Griff zu bekommen.
z Inzidenz
M »Mediastinal mass« als Diagnose heißt allerhöchs-
tes Risiko. Sehr selten.
Es gibt keine sichere Anästhesie für dieses Syn-
drom, außer man vermeidet sie. z Ätiologie
Idiopathische, orofaziale granulomatöse Erkran-
Literatur
kung, anfangs rezidivierend, später bleibende Schwel-
lungen, fraglich infektionsallergische Genese.
Asai T (2007) Emergency cardiopulmonary bypass in a patient
with a mediastinal mass. Anaesthesia 62: 859–860 Symptome
Béchard P, Létourneau L, Lacasse Y et al. (2004) Perioperative
cardiorespiratory complications in adults with mediasti-
Vollbild mit Trias aus granulomatöser Cheilitis, pe-
nal mass: incidence and risk factors. Anesthesiology 100:
826–834 ripherer Fazialisparese und Faltenzunge (Lingua
Crosby E (2001) Clinical case discussion: anesthesia for plicata). Stirn (Metopitis), Wangen (Pareitis), Kinn
Cesarean section in a parturient with a large intrathoracic (Geneitis), Konjunktiven und Augenlider können
tumour. Can J Anesth 48: 575–583 ebenso betroffen sein. Das beschriebene Vollbild ist
Hack HA, Wright NB, Wynn RF (2008) The anaesthetic manage-
im klinischen Alltag selten anzutreffen. So tritt die
ment of children with anterior mediastinal masses.
Anaesthesia 63: 837–846 Faltenzunge nur bei 30–50% der Patienten auf, wäh-
Hammer GB (2004) Anaesthetic management for the child rend die isolierte Lippenschwellung (Cheilitis gra-
with a mediastinal mass. Paediatr Anaesth 14: 95–97 nulomatosa Miescher) die am häufigsten auftre-
Menkes-Syndrom
167 M
tende Form ist und eine monosymptomatische Va-
riante des Melkersson-Rosenthal-Sy darstellt.
Menkes-Syndrom
Im Blutbild häufig Lymphozytose, gelegentlich
Eosinophilie. z Synonyme
Engl. »kinky hair disease«.
z Vergesellschaftet mit
Relativ unspezifische neurologische Symptome wie z Oberbegriff
Parästhesien, Kopfschmerzen, Hyperakusis. Neurodegenerative Erkrankung, Stoffwechseler-
krankung, Enzymopathie, Malabsorptions-Ss, Albi-
Anästhesierelevanz nismus-Ss, Kollagenose.

Bei Patienten mit Melkersson-Rosenthal-Sy werden z Organe/Organsysteme


aufgrund ihres klinischen Erscheinungsbildes ZNS, Muskulatur, Skelett, Gastrointestinaltrakt,
schwierige Atemwegsverhältnisse erwartet. Bindegewebe, Haut, Haare.

z Vorgehen z Inzidenz
Trotz auffälligem Erscheinungsbild kommt es bei 1:100.000 bis 1:250.000.
Schwellungen im Gesichtsbereich nicht zwangsläu-
fig zur Beteiligung der oberen Luftwege, so dass bei z Ätiologie
ausreichender Mundöffnung die konventionelle In- Hereditär und kongenital mit X-chromosomal-re-
tubation gefahrlos durchgeführt werden kann. Un- zessivem Erbgang, verschiedene Mutationen des
serer Kenntnis nach gibt es in der Literatur bisher Kupfertransportgens ATP7A mit der Folge einer
keine Beschreibungen eines anästhesiologischen verminderten Aktivität von Enzymsystemen, die
Managements bzw. Beschreibungen von Begleit- Kupfer als Kofaktor benötigen. Eine intestinale Re-
symptomen im Sinne von Intubationshindernissen sorptionsstörung sowie eine gestörte Kupferaufnah-
oder zu anästhesiologischen Komplikationen, die in me durch die Zellmembranen und entlang der Blut-
Zusammenhang mit einem Melkersson-Rosenthal- Hirn-Schranke werden angenommen.
Sy stehen.
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Literatur Wilson-Sy, Ehlers-Danlos-Sy, Moya-Moya-Sy,
Klein-Waardenburg-Sy, Sabouraud-Sy, Arginin-
Ang KL, Jones NS (2002) Melkersson-Rosenthal syndrome.
J Laryngol Otol 116: 386–388 bernsteinsäure-Sy, Methioninmalabsorptions-Sy.
Heinz C, Weinmann I, Heiligenhaus A et al. (2001) Bilateral con-
junctival lesions in Melkersson-Rosenthal syndrome. Br J Symptome
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Jayamaha JEL (1993) Respiratory obstruction in a patient with
Manifestation im Säuglingsalter mit Wachstums-
Melkersson-Rosenthal syndrome. Anesth Analg 77: 395–
397 rückstand und Gedeihstörung. Struktur- und Funk-
tionsanomalien verschiedener Organe wegen En-
zymdefekten: Lysyloxidase (fehlerhafte Kollagenbil-
dung mit folgender Venenfragilität aufgrund
pathologischer Intima), Tyrosinase und Monoami-
noxidase (Haut: Pigmentunregelmäßigkeit, Haara-
nomalien: »pili torti, Monilethrix, Trichorrhexis
nodosa«), Ascorbatoxidase (Knochenmineralisa-
tion) und Zytochromoxidase (Thermoregulation:
Neigung zu Hypothermie), Krampfneigung, gastro-
ösophageale Refluxneigung, Dysphagie, psychomo-
torischer Entwicklungsrückstand, Pausbacken, Hy-
168 Menkes-Syndrom

pomimie (Ausdruckslosigkeit), Hypotension. Im z Vorgehen


ZNS kommt es zur Degeneration der weißen und Die antikonvulsive Medikation ist perioperativ fort-
grauen Hirnsubstanz mit herdförmigen Gliosen. zusetzen und ggf. auf i.v. oder rektal applizierbare
Hohe Sterblichkeit bereits im Kleinkindalter (Le- Medikamente umzustellen.
benserwartung ca. 3 Jahre). Wegen des gastroösophagealen Refluxes emp-
fiehlt sich die präoperative Gabe von Metoclopra-
z Labor mid und H2-Rezeptorenbockern. Für die Einleitung
Erniedrigte Serumkupfer- und Zäruloplasmin- einer Allgemeinanästhesie empfiehlt sich das Vor-
werte. gehen wie bei einem vollen Magen im Sinne einer
»rapid-sequence induction«. Wegen der Entwick-
z Vergesellschaftet mit lungsverzögerung ist daran zu denken, dass in der
Respiratorische Infekte, arterielle und venöse An- Regel dünnere Endotrachealtuben notwendig sind,
eurysmen, schlechter Ernährungszustand, Apnoe- als vom Alter her zu erwarten wäre. Es gibt Hin-
episoden mit inspiratorischem Stridor und Brady- weise für mögliche Schwierigkeiten bei der Intu-
kardie während des Schlafs, Mikrogenie, Hiatus- bation.
hernien, Thoraxdeformität, Extremitätendeforma- Es gibt keine strikten Medikamentenkontrain-
tionen, Mikrozephalie. Wiederholtes Auftreten von dikationen, allerdings sollten antikonvulsiv wirksa-
Subduralhämatomen auch nach Bagatelltraumen me Anästhetika wie Barbiturate und Benzodiazepi-
ist beschrieben; hier ist die Fehldiagnose »shaken- ne bevorzugt werden. Bei Anwendung von Opio-
baby« im Rahmen von Kindesmisshandlung auszu- iden und anderen das Atemzentrum beeinflussenden
schließen! Anästhetika ist eine adäquate postoperative Über-
wachung der Atmungsfunktion über eine längere
z Therapie Zeit (24 h) vorzusehen, insbesondere bei vorhande-
Erfolgversprechende Studien mit Kupfersubstituti- ner Schlafapnoe.
on bei entsprechender enzymaler Restaktivität be- Die Verwendung von Succinylcholin wird bei
reits in der Neonatalperiode lassen eine Verbesse- neurodegenerativen Erkrankungen als problema-
rung der Überlebensrate vermuten. Antikonvulsive tisch betrachtet. Im Zusammenhang mit dem Men-
Behandlung, Therapie der respiratorischen Infekte, ke-Sy sind keine negativen Erfahrungen mit einem
Tracheotomie. bestimten Relaxans publiziert. Bei Verwendung von
M Vecuronium kann eine verkürzte oder verminderte
Anästhesierelevanz Wirkung aufgrund einer Enzyminduktion durch
Antikonvulsiva vorliegen, so dass die relaxometri-
Im Vordergrund steht die ausgeprägte Krampfnei- sche Überwachung erfolgen sollte.
gung, die häufig Kombinationstherapien verlangt. Die Bindegewebsschwäche hat eine erhöhte
Weitere Probleme sind Aspirationsneigung, die Vulnerabilität der Schleimhäute und der Gefäße zur
häufigen (teils durch Aspiration bedingten) respira- Folge, so dass entsprechend schonend vorzugehen
torischen Infekte, die Bindegewebsschwäche und ist (vgl. Ehlers-Danlos-Sy). Aufgrund der Gefäßfra-
die Auskühlungsgefahr. gilität sind rückenmarknahe Regionalanästhesien
relativ kontraindiziert, obwohl diesbezüglich keine
z Spezielle präoperative Abklärung Erfahrungen beim Menke-Sy publiziert sind.
Blutspiegelbestimmung und Optimierung der anti- Wegen der gestörten Thermoregulation sind
epileptischen Medikamente, Thoraxröntgenauf- Maßnahmen gegen Auskühlung zu treffen.
nahme.
! Cave
z Wichtiges Monitoring Ketamin, Enfluran, Auskühlung, Aspiration,
Tourniquetanwendung, Atemwegsobstruk-
EKG, Pulsoxymetrie, Kapnographie, Volumetrie,
tion nach Extubation.
kontinuierliche Temperaturmessung.
Mitochondriale Myopathie
169 M
Literatur Defekte der mitochondrialen Phosphorylierung zu-
rückgeführt werden. Obwohl Mitochondrien in al-
Adler G, Burg G, Kunze J, Pongratz D, Schinzel A, Spranger J len Geweben betroffen sind, stehen die Muskel-
(Hrsg) (1996) Leiber – Die klinischen Syndrome, Bd 1, 8.
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Aufl. Urban & Schwarzenberg, München, S 519
Kaler SG, Holmes CS, Goldstein DS et al. (2008) Neonatal diag- lären Stoffwechsels im Vordergrund. Im Falle des
nosis and treatment of Menkes disease. N Engl J Med 358: Kearns-Sayre-Syndroms (KSS) konnten Defekte der
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Kazim R, Weisberg R, Sun LS (1993) Upper airway obstruction zwischen wurden mehr als 200 Mutationen be-
and Menkes syndrome. Anesth Analg 77: 856–857
schrieben. Letztere werden nur matrilinear weiter-
Passariello M, Almenrader N, Pietropaoli P (2008) Anesthesia
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1226
Tobias JD (1992) Anaesthetic considerations in the child with z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
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Yamashita J, Yamakage M, Kawana S, Namiki A (2009). Two trophia musculorum progressiva (Duchenne-Ley-
cases of Menkes disease: airway management and dental den-Sy, Erb-Landouzy-Sy), Ataxia hereditaria
fragility. Anaesth Intensive Care 37: 332–333 (Friedreich-Sy), neurale Muskelatrophie (Charcot-
Marie-Tooth-Hoffmann-Sy), Luft-Sy, Nemalin-
myopathie, Epilepsie.
Mitochondriale Symptome
Myopathie
Die Abweichungen vom normalen Muskeltonus
z Synonyme und Subtypen manifestieren sich je nach Subtyp und Stadium
Sehr heterogenes Krankheitsbild mit verschiedenen durch potenziell lebensbedrohliche Laktatazi-
Bezeichnungen: dose, Hypoglykämie, Paralyse, Muskelschwäche
Kearns-Sayre-Sy (KSS) oder chronisch progres- (Hypotonie), zunehmende Ermüdbarkeit, Reflex-
sive externe Ophthalmoplegie (CPEO). minderung (gelegentlich auch Hyperreflexie) und
Neuropathie, Ataxie, Retinitis pigmentosa fibrilläre Zuckungen, Ausfälle im Bereich der Hirn-
(NARP) oder maternal vererbtes Leigh-Sy (MILS). nerven (Okulomotoriusparesen, Abduzenspare-
Engl. »myoclonic epilepsy with ragged red sen), apnoische Episoden, Temperaturerhöhung
fibres« (MERRF), »mitochondrial encephalopathy und Hypermetabolismus bei normalen Schilddrü-
with lactic acidosis and stroke-like episodes« (ME- senparametern, Sympathikotonus, starkes Schwit-
LAS). zen.
Ernster-Luft-Sy, Luft-ähnliches Sy (extrem sel-
ten). z Labor
Laktat im Serum leicht erhöht. Pathologischer An-
z Oberbegriffe stieg des Laktats und Pyruvats im Serum nach kör-
Myopathien, Myodysplasie-Ss, Muskelerkran- perlicher Anstregung (Ergometrie). Das Koenzym
kungen, Erkrankungen des Bewegungsapparats, Q10 im Serum kann erniedrigt sein.
Enzymopathien. Muskelbiopsie: Charakteristisch sind sog.
»ragged red fibres« (pathologische Mitochondrien-
z Organe/Organsysteme ansammlungen, manchmal auch sog. »Riesenmito-
Muskulatur, Bewegungsapparat. chondrien«). Häufig findet man pathologische
Glykogen- und Lipidablagerungen im Muskelge-
z Ätiologie webe.
Mitochondriale Myopathien sind eine Gruppe he- Positiver Koffein-Halothan-Kontraktionstest.
reditärer Muskelerkrankungen, die ursächlich auf
170 Mitochondriale Myopathie

z Vergesellschaftet mit Medikamente, die zu einer Belastung der Mito-


Strabismus, Sprachstörungen, Schluckstörungen, chondrien führen, sind:
Parästhesien, Visusverschlechterung, Reizleitungs- 4 Kortikosteroide,
störungen des Herzens, hypertrophe Kardiomyopa- 4 Valproinsäure,
thie, restriktive Ventilationsstörung, respiratorische 4 Phenytoin,
Insuffizienz, häufige respiratorische Infekte (v.a. bei 4 Barbiturate,
Dysphagie), Leberfunktionsstörungen, Disposition 4 Propofol,
zur malignen Hyperthermie (MH) bzw. zum King- 4 volatile Anästhetika,
Sy. 4 nichtdepolarisierende Muskelrelaxanzien,
4 einige Lokalanästhetika,
z Therapie 4 Statine,
Symptomatisch, Antikonvulsiva, Chloramphenicol, 4 Fibrate,
β-Rezeptorenblocker, Vitamine C, K und E, Koen- 4 Biguanide,
zym Q10, Dantrolen. 4 Glitazone,
4 Betablocker,
Anästhesierelevanz 4 Amiodaron,
4 einige Neuroleptika,
Im Vordergrund stehen Muskelhypotonie mit 4 zahlreiche Antibiotika,
nicht adäquater Relaxanswirkung, erhöhte Krampf- 4 Chemotherapeutika,
bereitschaft, Hypermetabolismus mit vermehrtem 4 Nucleosid-Reverse-Transcriptase-Inhibitoren.
O2-Bedarf und eine eventuelle Disposition zur
MH. Typische Nebenwirkungen dieser genannten Subs-
tanzen können sein: Steroidmyopathie, Propofolin-
z Spezielle präoperative Abklärung fusionssyndrom, Statin-/Fibratmyopathie, extrapy-
EKG (Schrittmacherindikation abklären), neurolo- ramidale Zeichen, Zidovudin-Myopathie.
gischer Status, Thoraxröntgen, Lungenfunktions- Wie bei den meisten Myopathien ist mit einer
prüfung, Serumcholinesterase, Kreatinkinase (CK), extremen Wirkungsverstärkung und -verlängerung
Laktat und Pyruvat (in Ruhe und nach Ergometrie); von Muskelrelaxanzien aller Arten zu rechnen. Ob-
ggf. Muskelbiopsie und Koenzym-Q10-Bestim- wohl vereinzelt Berichte über die problemlose An-
M mung zur Sicherung der Diagnose. Es kann auch ein wendung von Succinylcholin und nichtdepolarisie-
In-vitro-Koffein-Halothan-Test vorgenommen renden Relaxanzien vorliegen, ist generell von einer
werden (eine MH-triggerfreie Anästhesie muss in fehlenden Vorhersehbarkeit ihrer Wirkung auszu-
jedem Fall durchgeführt werden). gehen. Bei vielen Eingriffen besteht durchaus die
Möglichkeit, ganz auf Relaxanzien zu verzichten
z Wichtiges Monitoring oder kurz bzw. mittellang wirksame Substanzen wie
EKG, Relaxometrie, Kapnographie, Volumetrie, Mivacurium, Vecuronium oder Atracurium unter
Pulsoxymetrie, kontinuierliche Temperaturmes- relaxometrischer Kontrolle titriert zu verbreichen.
sung, Blutgasanalysen, Säure-Basen-Status, Blut- Vorher muss hier unbedingt ein Kontroll- bzw. Aus-
zuckerverlauf. gangswert ohne Relaxans (idealerweise nach Einlei-
tung mit einem Hypnotikum) bestimmt werden.
z Vorgehen Eine zusätzliche Wirkungsverstärkung von Rela-
Eine bestehende antikonvulsive Therapie ist perio- xanzien ist bei Anwendung von Antibiotika zu er-
perativ fortzusetzen. Lokal- und Regionalanästhe- warten.
sien sind aufgrund der gesteigerten Krampfbereit- Mit allen gängigen Anästhetika sind Anästhe-
schaft eher als bedenklich einzustufen. sien zufriedenstellend durchgeführt worden, v. a.
Grundsätzlich sollten Triggersubstanzen für mit Isofluran, Propofol und Opioiden. Sowohl Mi-
eine MH (z. B. Succinylcholin) vermieden werden. dazolam als auch Propofol reduzieren dosisabhän-
Des Weiteren gilt: gig die Aktivität des Komplexes I der Atmungs-
Morquio-Syndrom
171 M
kette, für Komplex IV sind die Daten bei Propofol Sasano N, Fujita Y, So M et al. (2007) Anesthetic management
uneinheitlich. Beide Medikamente inhibieren die of a patient with mitochondrial myopathy, encephalopa-
thy, lactic acidosis, and stroke-like episodes (MELAS)
Kopplung zwischen mitochondrialer Atmung und during laparotomy. J Anesth 21: 72–75
oxidativer Phosphorylierung in vitro, weshalb ein Schmiedel J, Jackson S, Schäfer J, Reichmann H (2003)
engmaschiges intraoperatives Monitoring des Säu- Mitochondrial cytopathies. J Neurol 250: 267-277
re-Basen-Status notwendig ist. Man sollte aller- Sharma AD, Erb T, Schulman SR et al. (2001) Anaesthetic con-
dings bei der Wahl der eingesetzten Mittel indivi- siderations for a child with combined Prader-Willi syn-
drome and mitochondrial myopathy. Paediatr Anaesth
duell abwägen, welche Substanzeigenschaften am 11: 488–490
ehesten in Kauf genommen werden können. Bei Shipton EA, Prosser DO (2004) Mitochondrial myopathies and
den volatilen Anästhetika ist das Risiko der MH- anaesthesia. Eur J Anaesthesiol 21: 173–178
Triggerung vorhanden, während bei Propofol und Thiel A, Ritzka M, Saur G (2001) Anästhesie bei mitochondri-
Vecuronium eine gewisse Bradykardiegefahr be- aler Encephalomyopathie. Anästhesiol Intensivmed
Notfallmed Schmerzther 36: 437–439
steht, die mit den Reizleitungsstörungen interferie- Vilela H, Garcìa-Fernández J, Parodi E et al. (2005) Anesthetic
ren kann. management of a patient with MERRF syndrome. Pediatr
Interessanterweise wurde selbst für Remifenta- Anesth 15: 77–79
nil eine verlängerte Wirkdauer beschrieben.
Bei Befall der Schluckmuskulatur (Dysphagie)
besteht eine erhöhte Aspirationsgefahr. Hierbei ist
eine »rapid sequence induction« anzuwenden, so-
Morquio-Syndrom
fern eine geeignete Form der Muskelrelaxation
möglich ist. Eine Alternative ist die fiberendoskopi- z Synonyme
sche Intubation des wachen bzw. analgosedierten Mukopolysaccharidose Typ IV, Morquio-Brails-
Patienten unter Vermeidung jeglicher Muskelrela- ford-Krankheit.
xation.
Erforderlichenfalls ist eine postoperative Nach- z Oberbegriffe
beatmung vorzusehen. Zusätzliche respiratorische Enzymopathien, Speicherkrankheiten, lysosomale
Probleme sind bei muskulär bedingter respiratori- Erkrankungen.
scher Insuffizienz und Atemwegsinfekten zu erwar-
ten. z Organe/Organsysteme
Bindegewebe, Knorpel, Knochen.
! Cave
Triggersubstanzen für MH (Succinylcholin, z Inzidenz
volatile Anästhetika), Tourniquetanwendung
Angaben zwischen 1:76.000 und 1:450.000.
(Blutsperre), Krämpfe, Reizleitungsblocka-
den. z Ätiologie
Autosomal-rezessiv vererbte Störung im Mukopo-
Literatur lysaccharid-Metabolismus (Galaktosamin-6-sulfat-
sulfatase bei Subtyp A, β-Galaktosidase bei Subtyp
Finsterer J, Segall L (2010) Drugs interfering with mitochond- B), der zu einer Akkumulation von Polysacchariden
rial disorders. Drug Chem Toxicol 33: 138–151
(v. a. Keratansulfat) im Bindegewebe, in Knorpeln
Footitt EJ, Sinha MD, Raiman JA et al. (2008) Mitochondrial
disorders and general anaesthesia: a case series and re- und Knochen führt.
view. Br J Anaesth 100: 436–441
Maurtua M, Torres A, Ibarra V, DeBoer G, Dolak J (2008) z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Anesthetic management of an obstetric patient with Andere Mukopolysaccharidosen mit überwie-
MELAS syndrome: case report and literature review. Int J
gender Skelettbeteiligung: MPS VI (Maroteaux-
Obstet Anesth 17: 370–373
Naguib M, El Dawlatly AA, Ashour M, Al-Bunyan (1996) Lamy-Sy), MPS VII (Sly-Sy).
Sensitivity to mivacurium in a patient with mitochondrial
myopathy. Anesthesiology 84: 1506–1509
172 Morquio-Syndrom

Symptome rung von Keratansulfat in den Bandscheiben mit


nachfolgender Sklerose. Bei mehr als 30% der Pati-
Klinische Manifestation im 2.–3. Lebensjahr durch enten wird die direkte Laryngoskopie als unmöglich
Wachstumsverlangsamung und Ausbildung von beschrieben. Darüber hinaus kann die Trachea ver-
Deformitäten von Knorpeln und Knochen: Kiel- engt oder in ihrer Beschaffenheit durch Einlagerung
brust, X-Beine, Wirbelkörperanomalien (Pla- von Keratansulfat verändert sein.
tyspondylie = Flachwirbelbildung), Minderwuchs, Rezidivierende Infekte des oberen Atemwegs
Hypermobilität der Gelenke. Deformität der oberen durch kontinuierliche Obstruktion aufgrund Einla-
Atemwege: Mikrognathie, Makroglossie, Tonsillen- gerung von Keratan in Lippe, Zunge, Tonsillen, Na-
hypertrophie. senschleimhaut, Adenoide.
Restriktive respiratorische Einschränkung auf-
grund von Thoraxdeformitäten. Kardiomyopathie. z Spezielle präoperative Abklärung
Sorgfältige bildgebende Untersuchung der Halswir-
z Diagnose belsäule (Röntgen, MRT, CT) und Dokumentation.
Klinische Diagnose anhand des krankheitsspezifi- Ausschluss kardialer Valvulopathien, Untersuchung
schen Phänotyps. Laborchemischer Nachweis durch des pulmonalen Status ggf. mit Polysomnographie
spezifischen Enzym-Essay, Keratansulfat im Urin. zum Ausschluss einer Schlafapnoe.

z Vergesellschaftet mit z Vorgehen


Insbesondere bei älteren Kindern Entwicklung ei- Prämedikation nur unter entsprechender Überwa-
ner pulmonale Hypertonie als Folge der chroni- chung bei positiver Anamnese oder Untersuchungs-
schen Hypoxämie durch rezidivierende Verlegung befund für obere Atemwegsobstruktion.
der oberen Atemwege. Schwerhörigkeit. Normale Bei Durchführung einer Allgemeinanästhesie
geistige Entwicklung. sollte die Intubation primär unter direkter optischer
Die Einlagerung von Keratansulfat kann im hö- Kontrolle mittels Fiberoptik oder videoassistierter
heren Lebensalter zu progressiver Klappenverdik- Laryngoskopie erfolgen. Unbedingt erforderlich ist
kung und Dysfunktion führen. Entwicklung von die Stabilisierung der Halswirbelsäule durch eine
koronarer Herzkrankheit aufgrund einer Verände- zweite Person (manuelle In-line-Stabilisierung), um
rung der Intima in den Herzkranzgefäßen. eine atlantookzipitale Subluxation bei der Laryngo-
M Atlanto-axiale-okzipitale Instabilität mit Hypo- skopie zu vermeiden. Häufig ist der Durchmesser
plasie des Dens axis und Hypermobilität der Liga- der Trachea verkleinert, so dass Tuben in genügend
mente. kleinen Größen verfügbar sein müssen.
Perioperative Endokarditisprophylaxe im Falle
Anästhesierelevanz einer Valvulopathie.
Besonderes Augenmerk muss der intraopera-
Erforderliche Operationen betreffen vor allen Din- tiven Lagerung gelten, um Lagerungsschäden zu
gen den HNO-Bereich mit Adenektomien und vermeiden. Eine Veränderung der Wirkung von
Anlage von Paukenröhrchen. Hernienchirurgie ist Anästhetika durch den Enzymdefekt wurde nicht
insbesondere im jüngeren Lebensalter vor Manife- beschrieben, jedoch sollten kurzwirksame Sub-
station der Erkrankung ein Anlass für eine anästhe- stanzen, insbesondere kurzwirksame Muskelrela-
siologische Betreuung der Patienten. Orthopädische xanzien verwendet werden, die eine sichere Extu-
Eingriffe zum Erhalt der Mobilität. Auch die elektiv bation ermöglichen. Unkontrollierte Bewegungen
durchgeführte okzipitozervikale Stabilisierung kann während der Aufwachphase müssen vermieden
Anlass zur Anästhesie sein. werden.
Die Patienten haben ein hohes Risiko für eine
! Cave
anteriore Dislokation der Halswirbelsäule mit nach-
Lagerungsschäden, HWS-Dislokation durch
folgender Tetraparese oder Tod. Gleichzeitig besteht
Reklination oder passive Bewegung.
eine verringerte Moblilität der HWS durch Einlage-
Moyamoya-Syndrom
173 M
Literatur z Ätiologie
Autosomal-rezessiv (15% der Fälle), idiopathisch
Diaz JH, Belani KG (1993) Perioperative management of
children with mucopolysaccharidoses. Anesth Analg 77:
oder sekundär (Folge von z. B. Sichelzellanämie,
1261–1270 Strahlentherapie, Neurofibromatose Typ I Reck-
Dullenkopf A, Holzmann D, Feurer R et al. (2002) Tracheal in- linghausen, Williams-Beuren-Sy); bei vererbter
tubation in children with Morquio syndrome using the Form wurden 4 verschiedene Genloci mit Verände-
angulated video-intubation laryngoscope. Can J Anesth rungen gefunden. Bei dieser Erkrankung kommt
49: 198–202
Morgan KA, Rehman MA, Schwartz RE (2002) Morquio‘s syn-
es zur Ausbildung von Gefäßstenosen durch Ver-
drome and its anaesthetic considerations. Paediatr dickungen der Intima, netzartigen Gefäßstrukturen
Anaesth 12: 641–644 – die wie Zigarettenrauch aussehen – und Aneurys-
Montano AM, Tomatsu S, Gottesman GS, Orii T (2007) men im Bereich der A. carotis interna, vorwiegend
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Dis 30: 165–174
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Morquio syndrome in a 31-year-old woman undergoing
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855–857 nese, intrazerebrale Aneurysmen, intrakranielle
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syndrome: general vs. regional anesthesia. J Clin Anesth
arteriitis, Panarteriitis nodosa).
11: 242–246
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lities and tracheal problems in Morquio’s disease. Thorax Symptome
58: 458–459
Walker RWM, Darowski M, Morris P, Wraith JE (1994)
Anaesthesia and mucopolysaccaridoses. A review of air-
Anamnestische Hinweise ergeben sich aufgrund der
way problems in children. Anaesthesia 49: 1078–1084 altersatypischen apoplektiformen Manifestation:
transitorische ischämische Attacken (TIA), Hemi-
paresen, Sprachstörungen, Kopfschmerzen, Krämp-
fe, Erbrechen, Bewusstseinsstörungen (Hirndruck-
Moyamoya-Syndrom symptomatik).
Radiologischer Nachweis der Gefäßanomalien
z Synonyme
(Rauchwolke oder »puff of smoke«) und von Sub-
Engl. »Moyamoya disease« (»moyamoya« bedeutet
arachnoidalblutungen mittels CT, MRT, Angiogra-
Rauchwolke auf japanisch).
phie.
z Oberbegriffe
z Vergesellschaftet mit
Zerebrovaskuläre ischämische Erkrankung, okklu-
sive vaskuläre Erkrankung. Gefäßerkrankungen (generalisierte Arteriosklero-
se, Panarteriitis nodosa, Koarktation der Aorta,
z Organe/Organsysteme Schädel-Hirn-Trauma, Strahlenschäden, parasel-
A. carotis interna, intrazerebrale Gefäße, Gehirn. lärer Tumor), Infektionen (Leptospirose und tuber-
kulöse Meningitis), Myopathien, hämatologische
z Inzidenz Erkrankungen (Sichelzellenanämie, aplastische
Selten, weltweit über 600 Fälle (1983), Prävalenz Anämie, Fanconi-Anämie, Vorhandensein von
1–9 von 100.000, 10-mal mehr Japaner als Europäer Lupusantikoagulans = Antikörper verschiedener
betroffen, Gynäkotropie 1:1,5 und zweigipfelige Immunglobulinklassen, die gegen Phospholipid-
Erstmanifestation (5 Jahre und 40 Jahre). Mortalität Protein-Komplexe gerichtet sind), kongenitale Er-
10% bei Erwachsenen, 4,3% bei Kindern. krankungen (Neurofibromatose, Kollagenosen,
Apert-Sy, Marfan-Sy, Turner-Sy, M. Hirschsprung).
Vereinzelt Down-Sy, Fallot-Tetralogie, Urogeni-
talmissbildungen, Gliom, Kraniopharyngeom.
174 Multiples Endokrinopathiesyndrom

z Therapie ! Cave
Derzeit nicht heilbar; Therapieoptionen werden Periphere vasoaktive Substanzen, Hypokap-
kontrovers beurteilt (Abwägung von Ischämie- und nie, Hypoxie, Hypovolämie, labiler Blutdruck,
Blutungsrisiko): Chirurgische Kollateralenherstel- Hypothermie, Hypotension.
lung, Enzephaloduroarteriosynangiosis, Steroide,
Rheologika, bei Vasospasmen Kalziumantagonisten. Literatur

Al-Naimi KT, Mediratta NK (2007) Anaesthetic management


Anästhesierelevanz for caesarean section in moyamoya disease. Int J Obstet
Anesth 16: 94
Ein wesentliches Problem bei dieser Erkrankung ist Al-Naimi KT, Mediratta NK, Pennefather SH (2009) Hypothermic
die reduzierte O2-Versorgung der betroffenen Ge- cardiopulmonary bypass in a patient with moyamoya
disease. J Cardiothorac Vasc Anesth 23 206–207
hirnabschnitte. Das anästhesiologische Vorgehen
Baykan N, Ozgen S, Ustalar ZS, Dagçinar A, Ozek MM (2005)
hat die Steigerung des O2-Angebots, die Senkung Moyamoya disease and anesthesia. Pediatr Anesth 15:
des O2-Verbrauchs und die Vermeidung eines Steal- 1111–1115
phänomens und einer Hirndrucksteigerung zum Jabbour H, Jabbour K, Ayoub EN et al. (2004) Rachianesthésie
Ziel. chez un patient connu avoir une maladie de Moya Moya.
Ann Fr Anesth Reanim 23: 505–507
Kansha M, Irita K, Takahashi S, Matsushima T (1997) Anesthetic
z Spezielle präoperative Abklärung
management of children with moyamoya disease. Clin
Angiographische Evaluation der zerebralen Gefäß- Neurol Neurosurg 99 (Suppl 2): S110–S113
versorgung (Kollateralisation), EEG, neurologischer Kato R, Terui K, Yokota K, Nakagawa C, Uchida J, Miyao H (2006)
Status, Gerinnungsstatus bei antikoagulatorischer Anesthetic management for cesarean section in moya-
moya disease: a report of five consecutive cases and a
Therapie.
mini-review. Int J Obstet Anesth 15: 152–158
z Wichtiges Monitoring Kuroda S, Houkin K (2008) Moyamoya disease: current con-
cepts and future perspectives. Lancet Neurol 7: 1056–
Kontinuierliche invasive Blutdruckmessung, Blut- 1066
gasanalysen, Kapnographie, Pulsoxymetrie, konti- Sakamoto T, Kawaguchi M, Kurehara K et al. (1997) Risk factors
nuierliche Temperaturkontrolle, »Near infrared for neurologic deterioration after revascularization sur-
spectrocopy« (NIRS) kann zum frühzeitigen Erken- gery in patients with moyamoya disease. Anesth Analg
85: 1060–1065
nen von Hypoxien hilfreich sein.
Sato K, Shirane R, Kato M, Yoshimoto T (1999) Effect of inhala-
M z Vorgehen tional anesthesia on cerebral circulation in moyamoya
disease. J Neurosurg Anesthesiol 11: 25–30
Es werden Anästhesieverfahren und Anästhesieme- Williams DL, Martin IL, Gully RM (2000) Intracerebral hemor-
dikamente empfohlen, die eine geringe Wirkung auf rhage and Moyamoya disease in pregnancy. Can J Anesth
den peripheren Gefäßtonus haben. Eine ausgeprägte 47: 996–1000
Vasodilatation muss ebenso wie eine Vasokonstrik-
tion vermieden werden. Am günstigsten sind Me-
thoden und Substanzen, die eine Stabilisierung und
Konstanthaltung der Hirndurchblutung auf einem
Multiples Endokrino-
optimalen Niveau ermöglichen. Dies wird gewähr- pathiesyndrom
leistet, wenn Normokapnie und Normotonie vor-
herrschen. Einige Autoren postulieren die Unbe-
z Synonyme
denklichkeit kürzerer Hyperventilationsphasen.
MEN-Sy (multiple endokrine Neoplasie); Werner-
Eine Senkung des Hirnstoffwechsels (z. B. durch
Sy (Typ 1), Sipple-Sy (Typ 2A), Gorlin-Sy (Typ 2B).
Barbiturate, Propofol) ist erwünscht. Eine Ausküh-
lung ist wegen der Gefahr von Vasospasmen zu ver-
z Oberbegriffe
meiden (Isolation, Wärmematte, Low-flow- oder
Endokrinopathie.
Minimal-flow-Beatmung).
Postoperativ erneut neurologischen Status er-
heben.
Multiples Endokrinopathiesyndrom
175 M
z Organe/Organsysteme Anästhesierelevanz
Zentrales Nervensystem, Schilddrüse, Pankreas,
Bindegewebe. Abhängig von der im Vordergrund stehenden endo-
krinen Dysfunktion. Neben der Extirpation des
z Ätiologie Adenoms ist die Entfernung des gesamten Organs
Bei beiden Varianten ist ein autosomal-dominanter ein häufiger operativer Eingriff, so z. B. die Thyreo-
Vererbungsmodus vorhanden. Beim Werner-Sy idektomie aus kurativer oder prophylaktischer Indi-
wurde die Mutation am MEN 1-Gen nachgewiesen, kation (bei Vorliegen des MEN-2B-Sy mit Nachweis
das das Tumor-Supressor-Enzym Menin kodiert. des mutierten Präonkogens).
Beim Sipple-Sy (Typ 2A) liegt eine Mutation am
RET-Protoonkogen auf Chromosom 10 mit hoher z Spezielle präoperative Abklärung
Penetranz und unterschiedlicher Expressivität vor. Bei beiden Formen des MEN-Sy kommt einer um-
fangreichen präoperativen Diagnostik in interdis-
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen zipliänrer Zusammenarbeit die größte Bedeutung
Glomustumoren, Phäochromozytom, Karzinoid- zu.
Sy, Morbus Recklinghausen, Diabetes mellitus und
Hyperparathyreoidismus, Zollinger-Elison-Sy. z Wichtiges Monitoring
Invasive arterielle Blutdruckmessung, zentralve-
Symptome nöser Druck, Temperatur, Blutzucker, Kapnogra-
phie.
Die multiplen Endokrinopathie-Ss sind charakteri-
siert durch ein variables Kombinationsmuster von z Vorgehen
Erkrankungen. Leittumor des Typ 1 (Werner-Sy) ist Wichtig ist die genaue Absprache mit dem Opera-
in der Regel ein Pankreastumor (Gastrinom, Gluka- teur über das Ausmaß des Tumors, den operativen
gonom, Insulinom). In 90% der Fälle findet sich ein Zugang und darüber, welche Lagerungsvorberei-
primärer Hyperparathyreoidismus, der klinisch mit tungen getroffen werden sollen.
Hyperkalzämie, Herzrythmusstörungen, Magenul- Bei Patienten mit einem marfanoiden Phänotyp
zera, Nierensteinen und Nierenfunktionsstörungen muss mit Intubationsproblemen gerechnet werden,
manifest werden kann. Auch Hypophysentumoren so dass die elektive fiberoptische Intubation vorzu-
und Karzinoide des Bronchialsystems können vor- sehen ist. Mit Verlegung der Atemwege sollte auch
liegen. Über die Hälfte der Patienten verstirbt vor bei Patienten gerechnet werden, die sich einer tota-
dem 50. Lebensjahr. len oder subtotalen Strumektomie unterziehen
MEN-Sy Typ 2A und 2B sind durch das medul- müssen. Eine adäquate postoperative Überwachung
läre (C-Zell-)Schilddrüsenkarzinom als Leittumor ist unbedingt vorzusehen.
charakterisiert. Bei 50% der Patienten liegt ein Management von Patienten mit Hyperparathy-
Phäochromozytom vor. 20% der Typ-2A-Patienten reoidismus und Hyperkalzämie: Auf ausreichende
(Sipple-Sy) sind zusätzlich an einem primären Hy- Volumenzufuhr und Diurese achten. An das mögli-
perathyreoidismus erkrankt. Bei Patienten mit Gor- che Auftreten von Herzrhythmusstörungen denken
lin-Sy (MEN Typ 2B) liegt häufig eine Ganglioneu- (Verkürzung des QT-Intervalls). Vorsichtige Lage-
romatose vor mit Neurofibromen im Bereich des rung bei Osteoporose zur Vermeidung pathologi-
Gesichts (Augenlider, Lippen, Zunge), der Nasen- scher Frakturen.
gänge, des Larynx, ferner im Bereich des Intesti- Insulinom: Das Hauptaugenmerk muss auf die
nums. Zusätzlich kann ein marfanoider Habitus kontinuierliche Überwachung des Glukosespiegels
auffallen. gerichtet werden. Lange Nüchternzeiten sind zu
vermeiden bzw. eine ausreichende Glukosezufuhr
z Vergesellschaftet mit ist perioperativ sicherzustellen. Aufgrund der lan-
Diabetes mellitus, Cushing-Sy. gen Gewöhnung ist es hilfreich, anamnestisch zu
ermitteln, ab welchen hypoglykämischen Werten
176 Multiples Pterygium-Syndrom

die Patienten symptomatisch werden. Bei bestehen- Literatur


der Adipositas ist mit entsprechenden kardiovasku-
lären Begleiterkrankungen zu rechnen. Billard V, Cheikh M, Delaporte-Cerceau S, Raffin-Sanson ML
(2009) Anesthésie pour traitement des tumeurs endocri-
Karzinoid-Tumoren: Präoperative Therapie mit
nes. Ann Fr Anesth Réanim 28: 549-563
H1- und H2-Antagonisten, ggf. auch Kortikostero- Grant F (2005) Anesthetic considerations in the multiple en-
ide oder Serotoninblocker. Somatostatin oder das docrine neoplasia syndromes. Curr Opin Anaesthesiol 18:
synthetische Analogon Octreotid können die Symp- 345–352
tome Diarrhö, Hypo- und Hypertension, Flush Holdcroft A (2000) Hormones and the gut. Br J Anaesth 85:
58–68
oder Bronchospasmus perioperativ reduzieren. An-
Lewis CE, Yeh MW (2008) Inherited endocrinopathies: an up-
ästhetika mit sympathoadrenergen Nebenwirkun- date. Mol Genet Metab. 94: 271–282
gen (Ketamin, Pancuronium) oder histaminergen Pappert D, Sprenger M (1999) Anästhesie bei endokriner
Effekten (Morphin, Pethidin, Atracurium, Mivacu- Dysfunktion. Anaesthesist 48: 485–503
rium) sollten vermieden werden. Während der chi-
rurgischen Manipulation kann eine Karzinoidkrise
mit Bronchospasmus und schwerer Kreislaufinsta-
bilität bis zum akuten Herzversagen auftreten. Bei
Multiples Pterygium-
Bronchospasmus sind Ipratropiumbromid, Korti- Syndrom
kosteroide und Antihistaminika indiziert.
Bei Vorliegen eines Phäochromozytoms ist in z Synonyme
der Regel präoperativ eine medikamentöse α- (u. U. Grundsätzlich ist zwischen letalen und nichtletalen
auch β-)Sympathikolyse notwendig. Bei Katechola- Formen zu unterscheiden.
minproduzierenden Tumoren (Phäochromozytom, Zu den nichtletalen Varianten (MPS I–II) gehö-
Neuroblastom, Ganglioneurom) wird zusätzlich ren Nielsen-Sy, Turner-Kieser-Sy, Escobar-Sy, Pte-
eine kräftige Sedierung empfohlen. Bei der Narko- rygium universale, »familial pterygium syndrome«,
seeinleitung sind alle Stressfaktoren (z. B. Hypoten- »pterygium colli syndrome«.
sion, Hypoxie) wegen der Gefahr einer weiteren Letale Formen (LMPS I–IV) sind das »lethal
Katecholaminausschüttung zu vermeiden. Neben popliteal pterygium syndrome«, Gillin-Pryse-Da-
einer adäquaten Anästhesietechnik ist eine gut do- vis-Sy, Chen-Sy, van Regenmorter-Sy, Bartsocas-Pa-
sierte und gesteuerte Infusionstherapie wesentlich; pas-Sy.
M insbesondere droht nach Wegfall des erhöhten Sym-
z Oberbegriffe
pathikotonus eine schwer zu beherrschende Hypo-
tension aufgrund der oftmals vorliegenden mas- Flügelfellbildungen, multiple kongenitale Anoma-
kierten Hypovolämie. Nach der Tumorentfernung lie, mentale Retardierung.
und unmittelbar postoperativ ist auf eine adäquate
Infusionstherapie zur Prophylaxe hypotensiver Kri- z Organe/Organsysteme
sen zu achten (s. auch Kapitel Phäochromozytom). Haut, Gelenke, Knochen, Kopf, ZNS, Herz, Lunge,
Frühzeitig einen Intensivüberwachungsplatz Genitale, Gastrointestinalsystem.
für den Patienten vorsehen.
z Inzidenz
! Cave
Das Syndrom ist sehr selten, bislang wurden weni-
Stressfaktoren, Ketamin, Halothan, Hypovo-
ger als 200 Fälle beschrieben. Die Lebenserwartung
lämie, Hypoglykämie, Katecholamine.
ist eingeschränkt.
Durch ein Carcinoid-Syndrom ausgelöste
Symptome können sich nach Therapie eines z Ätiologie
Bronchospasmus mit β-Symptathikomimeti-
Es wird eine heterogene Vererbung angenommen.
ka verstärken!
Wahrscheinlich wird das multiple Pterygium-Sy au-
tosomal-rezessiv vererbt, aber es werden auch auto-
somal-dominante Formen und Spontanmutationen
Multiple-Pterygium-Syndrom
177 M
vermutet. Einteilung in Aslan-Typ, dominanter Typ z Wichtiges Monitoring
und x-linked Typ. Kapnographie, Pulsoxymetrie.

z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen z Vorgehen


Nemalin-Myopathie, Ullrich-Turner-Sy, Bonne- Aufgrund der zu erwartenden schwierigen Intuba-
vie-Ullrich-Sy, Fevre-Languepin-Sy (popliteales tionsverhältnisse muss eine fiberoptische Intuba-
Pterygium-Sy: sekundärer Spitzfuß), Pena-Shokeir- tion erwogen werden. Allerdings kann dieses Vor-
Sy, Kuskokwin-Sy, Mietens-Sy, Weyers-Sy, Roberts- gehen durch fehlenden Kooperativität der Kinder
Sy, erworbene Flügellfellbildungen (z. B. nach Ver- erschwert sein. Die erfolgreiche intravenöse Einlei-
brennungen), Noonan-Sy, Arthrogryposis, Meckel- tung mit erhaltener Spontanatmung bei möglicher
Gruber-Sy. Maskenbeatmung wurde beschrieben. In Frage
In älterer Literatur wird zwischen multiplem kommt auch die Platzierung einer Larynxmaske mit
Pterygium-Sy und Noonan-Sy häufig nicht klar un- nachfolgender fiberoptischer Intubation. Je älter die
terschieden. Kinder werden, desto schwieriger gestaltet sich das
Management der Atemwege, da die Deformitäten
Symptome sich zunehmend fixieren. Denkbar ist auch die An-
wendung der neuen Videolaryngoskope oder Video-
Syndaktylie, Kyphoskoliose, Flügelfellbildungen stilette. Fallbeschreibungen liegen hierzu jedoch
(antekubitales Pterygium, P. colli, P. conjunc-tivae, nur vereinzelt vor.
P. popliteale), Kamptodaktylie, Kleinwuchs, Fusion Es wird eine MH-triggerfreie Narkoseführung
der Halswirbelkörper, Arthrogryposis, Schwer- empfohlen, aber auch Narkosen mit volatilen Anäs-
hörigkeit, mentale Retardierung, Gesichtsfehlbil- thetika wurden beschrieben.
dungen (Epikanthus, schmale Mandibula, Syngna- Bislang ist die bekannte Zahl der beschriebenen
thie, zurückfallendes Kinn, Lingula cochlearis). Fälle zu klein für definitive Aussagen.

z Vergesellschaftet mit Literatur


Genitalfehlbildungen, kleines Herz, Lungenhypo-
plasie, fehlende Appendix, Spina bifida, Hämangi- Aslan Y, Erduran E, Kutlu N (2000) Autosomal recessive multi-
ple pterygium syndrome: a new variant? Am J Med Genet
ome, Ohrfehlbildungen, Inguinalhernien, Lippen-
93: 194–197
Gaumen-Spalte, Unterlippenfistel. Gahm C, Kuylenstierna R, Papatziamos G (2007) Popliteal pte-
rygium syndrome (PPS) with intra-alveolar syngnathia: a
Anästhesierelevanz discussion of anesthetic and surgical considerations. Int
J Pediatr Otorhinolaryngol 71: 1613–1616
Gorlin RJ (1998) Multiple pterygium syndrome. Eur J Plast
Intubationsschwierigkeiten: verminderte Mundöff-
Surg 21: 159
nung, eingeschränkte Halsbeweglichkeit, Missbil- Jansen AH, Johnston G (2008) The Shikani Optical Stylet: a
dung von Pharynx und Zunge; Glottis bei Laryn- useful adjunct to airway management in a neonate with
goskopie selten zu sehen. popliteal pterygium syndrome. Pediatr Anesth 18: 188–
Patienten mit Pterygium-Sy benötigen häufig 190
Kachko L, Platis CM, Konen O et al. (2006) Lumbar epidural
Korrekturoperationen.
anesthesia for the child with Escobar syndrome. Pediatr
Ein Zusammenhang mit der malignen Hyper- Anesth 16: 700–702
thermie (MH) wird für möglich gehalten, ist aber Kuzma PJ, Calkins MD, Karan SM, Matson MD (1996) The
nicht eindeutig belegt. anesthetic management of patients with multiple ptery-
gium syndrome. Anesth Analg 83: 430–432
z Spezielle präoperative Abklärung
Genaue Abklärung der anatomischen Atemwegs-
verhältnisse, Spiegelbefund.
178 Multiple Sklerose

Verlauf ist sehr sprunghaft und kann Verschlechte-


Multiple Sklerose rungen, Remissionen und Verbesserungen des Zu-
standsbildes innerhalb von Stunden oder Jahren
z Synonyme aufweisen. Befundverschlechterungen können
MS, Encephalomyelitis disseminata, engl. »multiple durch äußere Einflüsse ausgelöst werden wie Stress,
sclerosis«. Trauma, Infekte, Geburt, Temperatursteigerung etc.
Prodrome und weitere Symptome: neurastheni-
z Oberbegriffe sche und rheumatische Beschwerden, Hirnnerven-
Neuropathie, chronische Demyelinisierung, ZNS- ausfälle, retrobulbäre Neuritis, Sehstörungen, Augen-
Erkrankung. muskellähmungen, Sprachstörungen, Charcot-Mar-
burg-Trias (skandierende Sprache, Intentionstremor,
z Organe/Organsysteme Nystagmus), allgemeines Schwächegefühl, Paresen,
Axonale Myelinscheiden, weiße Hirnsubstanz, zen- Parästhesien, Spastizität der Extremitäten, Blasen-
trales Nervensystem. entleerungsstörungen, Kontrollverlust über die
Sphinkteren, Ataxie.
z Inzidenz Liquorbefunde: Pleozytose, albuminkolloidale
1:12.000 bis 1:100.000, regional und ethnisch varia- Dissoziation, IgG-Anstieg.
bel. Andere geeignete Nachweismethoden sind
MRT, evozierte Potenziale.
z Ätiologie
Unbekannt, idiopathisch. Verschiedene Faktoren z Vergesellschaftet mit
werden als Ursachen diskutiert, wie Umwelteinflüs- Psychische Veränderungen (Euphorie, Apathie),
se, Virusinfektionen, Allergien, Autoimmunerkran- Demenz.
kungen. Eine genetische Komponente kann auf-
grund einer Assoziation mit HLA-Antigenen (B7 z Therapie
und Dw2) angenommen werden. Histopathologisch Teilweise Erfolge mit Kortikoiden, ACTH, Immun-
findet man regellose herdförmige Bezirke mit Mark- suppression, Spasmolytika.
scheidenzerfall im Bereich der weißen Hirnsub-
stanz sowie Narbenbildung und Gliaproliferation. Anästhesierelevanz
M Daraus resultiert ein progredienter und umfassen-
der Abbau wichtiger neurologischer Funktionen. Aufgrund der Exazerbationsgefahr durch Stress ist
generell ein möglichst schonender Umgang mit
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen MS-Patienten vorteilhaft. Erwiesenermaßen geht
Psychoorganisches Sy, Korsakow-Sy, Zerebralskle- von Temperaturanstiegen eine besondere Gefähr-
rose (Arteriosklerose der Hirngefäße), Jakob- dung aus.
Creutzfeld-Sy, Wernicke-Sy I, Marchiafava-Bigna-
mi-Sy, Boxer-Sy, Apathie-Sy, Durchgangs-Sy, Jollo- z Spezielle präoperative Abklärungen
fe-Sy, Psychosen (manisch-depressive Form), Kuru, Standortbestimmung durch umfassende neurolo-
Schilder-Krankheit, Balo-Krankheit, akute Enze- gische Abklärung, Thoraxröntgenaufnahme.
phalomyelitiden nach Virusinfekten, Hurst-Krank-
heit, Leukodystrophien (Krabbe-Krankheit, Peliza- z Wichtiges Monitoring
eus-Merzbacher-Krankheit, Canavan-Sy = van-Bo- Kontinuierliche Temperaturkontrolle, Blutzucker-
gaert-Bertrand-Sy, Alexander-Sy). kontrollen bei Kortikosteroidtherapie, Volumetrie.

Symptome z Vorgehen
Eine Prämedikation mit Benzodiazepinen hilft bei
Die Symptomatik ist sehr variabel und wird von den der Stressabschirmung. Vagolytika sollten nicht ein-
jeweiligen neurologischen Läsionen bestimmt. Der gesetzt werden, damit die Temperaturregulation
Myasthenia gravis pseudoparalytica
179 M
nicht beeinträchtigt wird. Allgemeinanästhesien al- Schneemilch C (2010) Neurologische Erkrankungen – All-
ler Arten können durchgeführt werden ohne zwin- gemeinanästhesie bei neurologischen Erkrankungen.
Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 45:
gende Kontraindikationen für einzelne Anästheti- 336–344
ka. Bei besonders ausgeprägter Neurasthenie und Vercauteren M, Heytens L (2007) Anaesthetic considerations
Muskelschwäche sollte man jedoch auf depolarisie- for patients with a pre-existing neurological deficit: are
rende Muskelrelaxanzien wie Succinylcholin ver- neuraxial techniques safe? Acta Anaesthesiol Scand 51:
zichten (Gefahr verstärkter Kaliumfreisetzung). 831–838

Engmaschiges Temperaturmonitoring und Er-


halt einer Normothermie sind wichtig.
Die Anwendung rückenmarknaher Regional- Myasthenia gravis
anästhesien ist immer noch umstritten. Einerseits pseudoparalytica
wird die Möglichkeit einer lokalanästhetikabeding-
ten Exazerbation (v. a. bei Spinalanästhesie) und z Synonyme
eine fragliche Toxizität diskutiert, andererseits fehlt Erb-Oppenheim-Goldflam-Sy, Hoppe-Goldflam-
hierfür ein überzeugender Nachweis. Vereinzelt Sy, myasthenische Bulbärparalyse, engl. »asthenic
wird über die erfolgreiche geburtshilfliche Epidu- bulbar paralysis«.
ralanalgesie bei MS-kranken Schwangeren berich-
tet. Aufgrund der forensischen Problematik er- z Oberbegriffe
scheint es geboten, Allgemeinanästhesien den Vor- Autoimmunerkrankung, neuromuskuläre Erkran-
zug zu geben. kung, dystone Myopathie.
Eine chronische Kortikoidtherapie sollte peri-
operativ angepasst bzw. fortgesetzt werden mit z Organe/Organsysteme
schrittweiser Reduktion über mehrere Tage auf die Motorische Endplatte, neuromuskuläre Übertra-
ursprüngliche Dosis (7 s. »Rheumatoide Arthritis«). gung, Muskulatur, Thymus, Lymphozyten.
! Cave
z Inzidenz
Succinylcholin, Temperaturanstieg, Lokal-
anästhetikaintoxikation. 25–100 pro 1 Mio. Einwohner in Europa. Altersgip-
fel bei Frauen mit 25 Jahren, bei Männern über 55
Literatur Jahre.

Griebe A, Aniset L, Jámbor C, Frietsch T (2008) Die Schwangere z Ätiologie


mit neurologischen Begleiterkrankungen – Implikationen
Pathophysiologisches Korrelat der Myasthenia gra-
für das peripartale Anästhesiemanagement – Teil I.
Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 43: vis ist die Bildung von polyklonalen IgG-Antikör-
104–112 pern im Thymus. Diese zerstören durch Komple-
Griebe A, Aniset L, Jámbor C, Frietsch T (2008) Die Schwangere ment vermittelt die Azetylcholinrezeptoren der
mit neurologischen Begleiterkrankungen – Implikationen motorischen Endplatte, vermindern deren Anzahl
für das peripartale Anästhesiemanagement – Teil II.
durch Endozytose oder blockieren direkt den Io-
Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 43:
190–195 nenkanal des Azetylcholinrezeptors; es handelt sich
Mason R (2001) Anaesthesia databook: a perioperative and somit um eine junktionale Störung.
peripartum manual, 3rd edn. Cambridge University Press, Die Ursache für die Bildung der Autoantikör-
Cambridge, pp 123–124 per ist nicht abschließend bekannt. Neben geneti-
Neundörfer B (1988) Risikoerfassung und optimierende
schen Faktoren werden eine Stimulation von auto-
Therapie bei Erkrankungen des Zentralnervensystems.
In: Rügheimer E, Pasch T (Hrsg) Vorbereitung des reaktiven T-Zellen durch bakterielle oder virale
Patienten zu Anästhesie und Operation. Springer, Berlin Antigene sowie hereditäre, mit bestimmten HLA-
Heidelberg New York Tokio, S 131–140 Typen assoziierte Änderungen der Immunmodula-
Pittock SJ, Rodriguez M, Wijdicks EF (2001) Rapid weaning tion vermutet.
from mechanical ventilator in acute cervical cord multi-
Neben der erworbenen autoimmunen Form
ple sclerosis lesion after steroids. Anesth Analg 93: 1550–
1551 sind verschiedene kongenitale myasthenische Syn-
180 Myasthenia gravis pseudoparalytica

drome beschrieben, teils mit Identifikation des ex- z Vergesellschaftet mit


akten Genlokus (familiäre infantile Myasthenie mit Thymushyperplasie (50–75%) bei den autoimmu-
autosomal-rezessivem Vererbungsmodus, kongeni- nen Formen, Thymome (15%), andere Autoimmun-
tales Endplatten-Azetylcholinesterase-Defizit, kon- erkrankungen wie z. B. Lupus erythematodes, rheu-
genitales Endplatten-Azetylcholin-Rezeptor-Defi- matoide Arthritis, Thyreoiditis, Bearn-Kunkel-Sy
zit, Slow-Channel-Sy, Fast-Channel-Sy mit Verän- (autoimmune chronische Hepatitis), Myositiden,
derung der Schließgeschwindigkeit des Ionenkanals Hyperthyreose, Karzinome (v. a. Bronchialkarzi-
am Azetylcholinrezeptor). nom).
Exazerbation möglich nach Medikation mit
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen Aminoglykosiden durch Verminderung der Produk-
Motorische Neuropathien (Guillain-Barré-Sy, Polio- tion von Azetylcholin (z. B. Streptomycin, Gentami-
myelitis, Bulbärparalyse); Störungen der neuromus- cin, Kanamycin, Tobramycin, Polymyxine, Neomy-
kulären Signalübertragung (Lambert-Eaton-Sy); cin) Antiepileptika (z. B. Phenytoin, Hydantoin),
Myopathien anderer Ätiologien (maligne Hyper- Chinidin oder Lokalanästhetika vom Ester-Typ.
thermie, familiäres Hypokaliämie-Sy, Thyreotoxi-
kose, Polyneuritiden, Duchenne-Sy II); ferner Den- z Therapien
ny-Brown-Sy, McArdle-Sy, Lubarsch-Pick-Sy, Alb- Symptomatische Therapie mit Azetylcholinerstera-
right-Hadorn-Sy, Charcot-Sy II, Curschmann-Bat- seinhibitoren (Pyridostigmin oral beginnend mit
ten-Steinert-Sy, Montandon-Sy, Good-Sy, cholinerge 1 mg/kg alle 4–8 Stunden) unter enger Kontrolle der
Krise. klinischen Symptome. Reduktion der zirkulierenden
Antikörper durch Kortikosteroide, Azathioprin und
Symptome Thymektomie. Therapie der myasthenischen Krise
durch Plasmapherese.
In Abhängigkeit vom Ausmaß der Erkrankung pro-
grediente Muskelschwäche (Stadieneinteilung nach Anästhesierelevanz
Ossermann und Genkins). Zunächst belastungsab-
hängige Ermüdung der okulären Muskulatur mit Gelegentlich ist v. a. bei Kindern eine anästhesiolo-
Sehstörungen, später Muskelhypotonie im fazio- gische Intervention für die Anlage eines venösen
pharyngealen Bereich mit Hypomimie und Dys- Zugangs zur Plasmafiltration im Rahmen einer my-
M phagie. Pathologisches Elektromyogramm (EMG). asthenischen Krise erforderlich.
Die myasthenische Krise manifestiert sich in Häufig ist eine Allgemeinanästhesie zur Thym-
einer Ateminsuffizienz und Gefährdung des Patien- ektomie erforderlich.
ten durch Aspiration. Durch die Erkrankung befinden sich die Patien-
Die transiente neonatale Form der Mysthenia ten in einem der »Präkurarisierung« vergleichbaren
gravis entsteht durch die Plazentapassage mütterli- Dauerzustand. Die Antikörper führen zur Abnah-
cher Antikörper in den neonatalen Kreislauf mit me oder zum Verlust der physiologischen Reserve
entsprechender Beeinträchtigung des Neugebore- der neuromuskulären Transmission. Die häufig
ren, die sich bis zu 72 Stunden nach der Geburt mit nicht absehbare Einschränkung der postanästheti-
Trinkschwäche, Muskelhypotonie und respiratori- schen muskulären Atemkapazität erfordert eine In-
schen Störungen manifestieren kann. frastruktur zur Durchführung und Überwachung
einer prolongierten Nachbeatmung. Bei Dysphagie
z Diagnose besteht eine erhöhte Aspirationsgefahr.
Klinisches Erscheinungsbild, positiver Anticholi- Lange Krankheitsdauer, chronische respiratori-
nesterasetest mit Edrophonium, elektrophysiolo- sche Symptomatik mit Einschränkung der Lungen-
gische Untersuchung, ggf. Nachweis von Antikör- funktion (Verminderung der Vitalkapazität, der
pern im Serum. forcierten exspiratorischen Kapazität) sowie hohe
Pyridostigmintagesdosis sind Faktoren, die mit er-
höhtem Anästhesierisiko einhergehen.
Myasthenia gravis pseudoparalytica
181 M
z Spezielle präoperative Abklärung der Wirkung mittels Relaxometrie oder Relaxogra-
Gründliche Anamnese zur Festlegung des Erkran- phie möglich. Gut geeignet sind kürzer wirksame
kungsstadiums. Mögliche Optimierbarkeit der The- Substanzen wie Atracurium, Vecuronium oder Mi-
rapie. Lungenfunktionstest, Elektrolytstatus. Medi- vacurium. Ein TOF-Quotient unter 0,90 nach Ein-
kamentenanamnese: mögliche Beeinflussung der leitung der Allgemeinanästhesie ohne Gabe eines
neuromuskulären Übertragung und folgende Ver- Relaxans zeigt auf eine erhöhte Sensibilität gegen
schlechterung der Myasthenie. nichtdepolarisierende Muskelrelaxanzien an, so
dass die Dosis deutlich reduziert werden kann. Auf
z Wichtiges Monitoring eine Präkurarisierung sollte verzichtet werden, da
Relaxometrie und -graphie, Pulsoxymetrie, Kapno- diese in Einzelfällen zur Totalrelaxation des wachen
graphie, Volumetrie. Bei der Thymektomie oder bei Patienten führen kann. Die Wirkung depolarisie-
thorakoskopischer Technik ggf. invasives Monito- render Muskelrelaxanzien ist schlecht vorhersagbar.
ring je nach Zugang (transsternal oder transzervi- Sowohl die Anschlagszeit als auch die Wirkdauer
kal). können verlängert sein.
Aufgrund der reduzierten Anzahl von Azetyl-
z Vorgehen cholinrezeptoren ist es möglich, dass eine effektive
Die Fortsetzung der Medikation mit einem Choli- Depolarisierung der Endplatte durch Succinylcho-
nesterasehemmer ist bis zum Operationstag erfor- lin nicht erfolgt. Muss eine »rapid-sequence induc-
derlich, um den Patienten nicht durch ein Absetzen tion« durchgeführt werden, ist die Erhöhung der
zu schwächen. Darüber hinaus kann eine Unterbre- Dosis auf 1,5–2,0 mg/kg erforderlich. Allerdings
chung der cholinergen Therapie zu einer myasthe- kann bei diesem Vorgehen ein nicht depolarisieren-
nischen Krise am Operationsende führen. Auf eine der Phase-II-Block auftreten. Die Indikation zur
Prämedikation sollte eher verzichtet werden, da ins- Gabe von Succinylchonlin muss eng gestellt wer-
besondere Benzodiazepine die Myasthenie ver- den.
schlechtern können. Regionalanästhesiologische Eine Überprüfung der neuromuskulären Erho-
Anästhesieverfahren sind wenn möglich einer All- lung am Ende der Operation ermöglicht eine siche-
gemeinanästhesie vorzuziehen. Bei rückenmarkna- re Extubation der Patienten, gegebenenfalls kann
her Anästhesie sollte eine Blockade der Atemhilfs- die Erholung durch die Gabe von Pyridostigmin
muskulatur vermieden werden. Lokalanästhetika beschleunigt werden. Dennoch muss die Möglich-
vom Amidtyp sollten bevorzugt werden, da der Me- keit einer postoperativen Nachbeatmung sicherge-
tabolismus von esterartigen Lokalanästhetika durch stellt sein. Erste Fallberichte beschreiben die sichere
die Einnahme von Cholinesteraseinhibitoren beein- Verwendung von Suggamadex.
trächtigt werden kann. Bei Verzicht auf Muskelrelaxanzien zur endo-
Insbesondere bei der Thymektomie ist eine trachealen Intubation muss auf ausreichende Nar-
kombinierte Anästhesie aus thorakaler Epiduralan- kosetiefe geachtet werden. Darüber hinaus ist die
ästhesie und Allgemeinanästhesie ohne die Verwen- die Dämpfung laryngealer Reflexe durch topische
dung eines Muskelrelaxans eine Möglichkeit, um Applikation von Lidokain empfehlenswert.
eine gute perioperative Analgesie, gute Operations- Postoperativ sollte die anticholinerge Therapie
bedingungen und ein verringertes Risiko für eine möglichst bald wieder aufgenommen werden. Da-
Nachbeatmung zu erreichen. bei ist jedoch ein verringerter Bedarf an Cholineste-
Bei einer Allgemeinanästhesie können Propofol rasehemmern durch den Früherfolg einer Thymek-
und Opioide verwendet werden, da die Wirkungen tomie oder eine verminderte Aktivität durch Bett-
dieser Substanzen auf die motorische Endplatte kli- ruhe zu beachten. Eine Überdosierung ist zu
nisch vernachlässigbar sind. Die Interaktion der vermeiden und die Dosis muss angepasst werden.
Muskelrelaxanzien mit volatilen Anästhetika und Die parenterale Dosis der Cholinesterasehemmer
Antibiotika ist zu berücksichtigen. (Neostigmin) beträgt ca. 1/15–1/30 der oralen.
Die Verwendung von nichtdepolarisierenden
Muskelrelaxanzien ist unter genauer Überprüfung
182 Myopathiesyndrome

! Cave Unterbuchner C, Fink H, Blobner M (2010) The use of su-


Gelegentlich Demaskierung der bisher nicht gammadex in a patient with myasthenia gravis.
Anaesthesia 65: 302–305
diagnostizierten Erkrankung im frühen
White MC, Stoddart PA (2004) Anesthesia for thymectomy in
Krankheitsstadium durch eine Allgemeinan- children with myasthenia gravis. Pediatr Anesth 14: 625–
ästhesie. Klinik: Vollständige Lähmung nach 635
Präkurarisierung oder deutliche Verzöge-
rung der neuromuskulären Erholung. Hypo-
kaliämie (Befundverschlechterung). Auslö-
sung einer cholinergen Krise durch Cholines-
Myopathiesyndrome
terasehemmer-Überdosierung (Symptoma-
tik: Schwitzen, Unruhe, Benommenheit, z Synonyme und Unterteilungen
Muskelschwäche und respiratorische Insuffi- Muskelatrophie (Myatrophie)-Ss, Myodysplasie-Ss,
zienz); die Unterscheidung von der Choli- Muskeldystrophie-Ss, Myotonie-Ss, Myodystonie-
nersterasehemmer-Unterdosierung kann Ss, Myoglobinurie-Ss.
aufgrund dieser unspezifischen Symptome
schwierig sein, jedoch besteht bei der choli- z Oberbegriffe
nergen Krise im Gegensatz zur myasthe- Erkrankungen des Bewegungsapparates, Muskeler-
nischen Krise eine Miosis und Bradykardie. krankungen.
Bei der geburtshilflichen Betreuung an
die Möglichkeit der neonatalen Myasthenie z Organe/Organsysteme
denken! Muskulatur, Bewegungsapparat.

z Ätiologie
Literatur Die große Anzahl verschiedener Myopathiesyndro-
me (ca. 500 Formen) spiegelt die Vielzahl zugrunde
Blobner M, Mann R (2001) Anästhesie bei Patienten mit
Myasthenia gravis. Anaesthesist 50: 484–493 liegender Pathomechanismen wider (Stoffwechsel-
Chevalley C, Spiliopoulos A, de Perrot M et al. (2001) störungen, mitochondriale Veränderungen, Stö-
Perioperative management and outcome following thy- rungen der Membranaktivität und Autoimmunpro-
mectomy for myasthenia gravis. Can J Anesth 48: 446– zesse). Es können präsynaptische, synaptische und
451
M Dillon FX (2004) Anesthesia issues in the perioperative ma-
postsynaptische Störungen der neuromuskulären
nagement of myasthenia gravis. Semin Neurol 2004 24: Übertragung vorhanden sein. Darüber hinaus kann
83–94 eine Störung im Muskel vorliegen, so dass zwar ein
Fodale V et al. (2003) Propofol and remifentanil without musc- Aktionspotenzial die neuromuskuläre Endplatte er-
le relaxants in a patient with myasthenia gravis for emer- reicht, jedoch im Zielorgan keine Kontraktion er-
gency surgery. Can J Anesth 50: 1083–1084
folgt.
Gritti P, Carrara B, Khotcholava M et al. (2009) The use of des-
flurane or propofol in combination with remifentanil in Zu den häufigsten Myopathien zählen: Myasthe-
myasthenic patients undergoing a video-assisted thora- nia gravis pseudoparalytica (Erb-Goldflam-Wilks-
coscopic-extended thymectomy. Acta Anaesthesiol Sy), Myotonia congenita (Oppenheim-Sy), Thomp-
Scand 53: 380–389 son-Sy, myotonische Dystrophie (Curschmann-Bat-
Itoh H, Shibata K (2001) Comparison between sevoflurane and
ten-Steinert-Sy), Dystrophia musculorum pro-
propofol neuromuscular effects in a patient with myas-
thenia gravis: effective doses of vecuronium. Anes- gressiva (Duchenne-Leyden-Sy, Erb-Landouzy-Sy),
thesiology 95: 803–805 »floppy infant syndrome«, Ataxia hereditaria (Fried-
Mann R, Blobner M, Jelen-Esselborn S et al. (2000) Preanesthetic reich-Sy), neurale Muskelatrophie (Charcot-Marie-
train-of-four fade predicts the atracurim requirement Tooth Hoffmann-Sy), Nemalinmyopathie.
of myasthenia gravis patients. Anesthesiology 93: 346–
350
Mueksch JN, Stevens WA (2007) Undiagnosed myasthenia
gravis masquerading as eclampsia. Int J Obstet Anesth
16: 379–382
Myopathiesyndrome
183 M
Symptome vorliegt, durchaus im Normbereich sein. Eine Er-
höhung der Kreatinkinase liegt erst mit Einsetzen
Die Myopathien können in ihrer phänotypischen einer Muskelzerstörung vor.
Ausprägung sehr stark variieren. Klinisch können Präoperativ muss das Ausmaß der respiratori-
eine Muskelschwäche (Myasthenie) oder eine Ver- schen Einschränkung mittels Röntgenthorax und
änderung des Muskeltonus (Myotonie) vorliegen, Lungenfunktionstestung untersucht werden, um
die nach der Geburt oder erst im späteren Lebens- die Notwendigkeit einer möglichen Nachbeatmung
verlauf auftreten und unterschiedliche Schweregra- zu erkennen. Bei der Lungenfunktionstestung ist
de erreichen. Die Abweichungen vom normalen die Bezugnahme auf die vorhergesagten Werte an-
Muskeltonus manifestieren sich je nach Erkrankung hand des meist deutlich reduzierten Körpergewichts
und erreichtem Stadium in Paralyse, Muskelschwä- unbedingt erforderlich. Eine kardiale Beteiligung
che (Hypotonie), verminderter Muskelerschlaffung, (Kardiomyopathie oder Arrhythmien) ist zu eruie-
Reflexminderung oder Hyperreflexie und fibrillä- ren. Die Bestimmung einer Blutgasanalyse unter
ren Zuckungen. Raumluft dient der Festlegung der postoperativen
Zielparameter. Ist eine Regionalanästhesie geplant,
z Vergesellschaftet mit sollte präoperativ ein neurologischer Status erhoben
Deformitäten von Achsen- und Extremitätenske- und dokumentiert werden.
lett, Minderwuchs, Beteiligung innerer Organe,
kardiale Fibrose oder Myopathie, Fehlsichtigkeit z Wichtiges Monitoring
aufgrund eines Strabismus, restriktive Ventilations- Kapnographie, Pulsoxymetrie, Relaxometrie, konti-
störung, respiratorische Insuffizienz, häufige respi- nuierliche Temperaturmessung, Blutgasanalysen,
ratorische Infekte (v. a. bei Dysphagie), Sensibili- Säure-Basen-Status.
tätsstörungen, King-Sy.
z Vorgehen
Anästhesierelevanz Die gemeinsame Planung des anästhesiologischen
Vorgehens mit dem Operateur entsprechend der Art
Die Patienten benötigen eine anästhesiologische der Operation und dem Erkrankungsstadium des
Betreuung zur Entnahme von Muskelbiopsien oder Patienten ist wesentlicher Bestandteil des Vorgehens.
Operationen zur Korrektur von Kontrakturen Bei geplanter Allgemeinanästhesie sollte schon prä-
(Schulterchirurgie) und Deformitäten. Eine kardi- operativ mit Atemgymnastik begonnen sowie nicht
ale Fibrose oder Myopathie kann die Implantation invasive Beatmungsverfahren erläutert werden.
eines internen Defibrillators (AICD) erforderlich Nicht alle Myopathien haben ein erhöhtes Risi-
machen. Insbesondere bei Kindern kann eine kurze ko für das Auftreten einer malignen Hyperthermie,
Allgemeinanästhesie zur Instillation eines Botuli- jedoch kann der Patient auch durch eine nicht-hy-
numtoxin-Depots notwendig sein. pertherme Rhabdomyolyse oder hypermetaboli-
In diesem zusammenfassenden Abschnitt wird sche Reaktion gefährdet sein. Es ist empfehlenswert,
auf die grundlegenden Gemeinsamkeiten der anäs- grundsätzlich auf halogenierte Substanzen und Suc-
thesiologischen Betreuung eingegangen. Krank- cinylcholin zu verzichten, die eine maligne Hyper-
heitsspezifische Besonderheiten werden unter den thermie hervorrufen können, insbesondere dann,
entsprechenden Einträgen erläutert. wenn die Erkrankung nicht genau diagnostiziert ist.
Daher sollten Inhalationsanästhetika nicht verwen-
z Spezielle präoperative Abklärung det werden und die Narkoseeinleitung und Auf-
Im Einzelfall muss eine nicht genau diagnostizierte rechterhaltung durch gut steuerbare Hypnotika er-
Myopathie genau differenziert werden. Die isolierte folgen, die nach Beendigung der Anästhesie schnell
Bestimmung der Serumcholinesterase und Kreatin- abklingen. Propofol ist aufgrund seiner pharmako-
kinase (CK) ist nur eingeschränkt verwertbar. So logischen Eigenschaften dazu gut geeignet, jedoch
kann die Kreatinkinase im symptomfreien Intervall sollte es nicht eingesetzt werden, wenn der Verdacht
einer Erkrankung, wenn keine Muskelzerstörung einer Mitochondriopathie vorliegt.
184 Myopathiesyndrome

Grundsätzlich ist zu klären, ob für die Operati- Wirkungsverstärkung von Relaxanzien bei Anwen-
on eine Muskelrelaxation zwingend erforderlich ist. dung von Antibiotika zu erwarten. Die Gabe von
Eine veränderte Anschlagszeit sowie eine Wir- Cholinesterasehemmern ist bei den meisten Er-
kungsverlängerung sind für alle Muskelrelaxanzien krankungen aus diesem Formenkreis kontraindi-
beschrieben, so dass bei allen Muskelrelaxanzien ziert.
die Relaxometrie erforderlich ist. Bei den Patienten Grundsätzlich ist die Verwendung aller Opioide
besteht in der Regel eine veränderte neuromuskulä- möglich, jedoch sollte ein Opioidüberhang am Ende
re Übertragung, so dass zur Erhebung eines Aus- der Operation unbedingt vermieden werden, um
gangswertes eine Messung zwischen Gabe des Hyp- nicht die ohnehin reduzierte respiratorische Funk-
notikums und des Muskelrelaxans zwingend ist. tion weiter einzuschränken.
Dabei ist zu beachten, dass der uneinheitliche Befall Postoperativ ist auf eine ausreichende Schmerz-
verschiedener Muskelgruppen die Messung deut- therapie zu achten, um die Wahrscheinlichkeit von
lich beeinflussen kann. Eine vergleichende Messung pulmonalen Infekten durch Minderventilation zu
am M. orbicularis oculi sowie an der ulnaren Mus- reduzieren. Darüber hinaus ist eine sofortige Mobi-
kelgruppe der Hand sind empfehlenswert. lisation auch durch krankengymnastische Mass-
Bei vielen Formen der Myopathie ist die Schluck- nahmen nach der Operation erforderlich, um eine
muskulatur von der Erkrankung betroffen, so dass Thrombose und die Verschlechterung bereits beste-
eine Dysphagie mit erhöhter Aspirationsgefahr be- hender Kontrakturen zu verhindern.
steht. Goldstandard ist die elektive fiberendoskopi-
sche Intubation unter adäquater Analgosedierung ! Cave
und Vermeidung einer Muskelrelaxation. Ist eine MH-Triggersubstanzen (Succinylcholin, vola-
Muskelrelaxation zur Intubation erforderlich, kann tile Anästhetika), Präkurarisierung, Torniquet-
eine modifizierte »rapid-sequence induction« mit anwendung (Blutsperre), Cholinesterase-
intermittierender Maskenbeatmung unter Krikoid- hemmer. Die CK-MB ist nicht zum Ischämie-
druck erfolgen. Zur Entleerung von Magensaft soll- nachweis geeignet, da sie bei Myopathie-
te bei einer Allgemeinanästhesie immer eine Ma- patienten auch im perfundierten Skelett-
gensonde platziert werden. Mit Rocuronium steht muskel vorliegen kann.
eine Substanz zu Verfügung, die bei der Dosierung
mit 0,8–0,9 mg/kg eine Anschlagszeit von 30 s hat,
Literatur
M jedoch ist mit einer lang anhaltenden kompletten
neuromuskulären Blockade zu rechnen. Succinyl- Baur CP, Schlecht R, Jurkatt-Rott K, Georgieff M, Lehmann-
cholin ist kontraindiziert, denn neben der Gefahr Horn F (2002) Anästhesie bei neuromuskulären
einer malignen Hyperthermie kann es bei den par- Erkrankungen, Teil 1: Einführung. Anästhesiol Intensivmed
tiell immobilisierten Patienten zu einer massiven Notfallmed Schmerzther 37: 77–83
Beloiartsev A, Gableske S, Hübler M (2009) Neuromuskuläres
Kaliumfreisetzung kommen, die eine Herzrhyth-
Monitoring bei Patienten mit neuromuskulären
musstörung bis zur Asystolie induzieren kann. Erkrankungen. Möglichkeiten und Notwendigkeiten.
Nichtdepolarisierende Muskelrelaxanzien müs- Anaesthesist 58: 731–41
sen in der Regel in der Dosis reduziert werden. Die Finsterer J, Segall L (2010) Drugs interfering with mitochond-
Gabe einer geringen Dosis eines nichtdepolarisie- rial disorders. Drug Chem Toxicol 33: 138–151
Footitt EJ, Sinha MD, Raiman JA et al. (2008) Mitochondrial
renden Muskelrelaxans im Sinne einer Präkurari-
disorders and general anaesthesia: a case series and re-
sierung oder eines »priming« ist grundsätzlich kon- view. Br J Anaesth 100: 436–441
traindiziert, da sie zur vollständigen Relaxierung Johannsen S, Kranke P, Reiners K, Schuster F (2009) Anästhesie
des noch wachen Patienten führen kann. Die Ver- bei neuromuskulären Erkrankungen. Besonderheiten im
wendung von Mivacurium bietet sich aufgrund der prä- und perioperativen Management. Anästhesiol
Intensivmed Notfallmed Schmerzther 44: 748–755
kurzen Wirkdauer an. Seine erfolgreiche Verwen-
Meißner S, Schmitt HJ, Münster T (2009) Anästhesiologische
dung ist für eine Reihe von verschiedenen Myopa- Aspekte bei Patienten mit Erkrankungen der neuromus-
thien beschrieben. Neben der durch die Erkrankung kulären Einheit – ein problemorientierter Ansatz. Anästh
verlängerten Wirkungsdauer ist eine zusätzliche Intensivmed 50: 223–241
Myositis ossificans progressiva
185 M
Parness J, Bandschapp O, Girard O (2009) The myotonias and kung. Kann sich auch als Antwort auf Weichteilver-
susceptibility to malignant hyperthermia. Anesth Analg letzungen entwickeln, sogar ohne erinnerliche Ver-
109: 1054–1064
Schmitt HJ, Muenster T (2009) Anesthesia in patients with neu-
letzung.
romuscular disorders. Minerva Anestesiol 75: 632–637
Veyckemans F (2010) Can inhalation agents be used in the z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
presence of a child with myopathy? Curr Opin Anesthesiol Lokal begrenzte traumatische Verknöcherungen,
23: 348–355 Calcinosis interstitialis universalis et localisata,
Teutschländer-Sy, Thibierge-Weissenbach-Sy, Der-
matomyositis (Wagner-Unverricht-Sy), Osteome,
juvenile Fibromatose-Ss, Weber-Christian-Krank-
Myositis ossificans heit, Klippel-Feil-Sy, Osteosarkom.
progressiva Symptome
z Synonyme Verknöcherungen von quergestreifter Muskulatur
Münchmeyer-Sy, Osteoma multiplex, Exostosis lu- (Ausnahmen: Augen-, Kehlkopf-, Herz-, Sphinkter-
xurians, Myopathia osteoplastica, Fibrositis ossifi- muskulatur und Zwerchfell), Verkalkungen von
cans, Hyperplasia fascialis, Polyossificatio congenita Bindegewebe (Sehnen, Faszien, Aponeurosen, Ge-
progressiva, Fibrodysplasia ossificans multiplex, lenkkapseln), Synostosen, mechanische Hautulze-
Myoossificatio progressiva multiplex, engl. »gene- rationen an exponierten Stellen, fixierte Haltung,
ralized congenital fibromatosis«, »stone man«. Kontrakturen.
Ab dem 30. Lebensjahr fortgeschrittene Immo-
z Oberbegriffe bilisation (Rollstuhl).
Myopathie, Polymyositis-Ss, Brachydaktylie-Ss,
rheumatische Erkrankungen, Bindegewebserkran- z Vergesellschaftet mit
kung. Bei 70–75% Hand- und/oder Fußmissbildungen
(Brachydaktylie, Klinodaktylie, Kalkaneussporn,
z Organe/Organsysteme Klumpfüße), rheumatische Beschwerden (Früh-
Muskulatur, Bindegewebe, Bewegungsapparat. symptom), Reizleitungsstörungen des Myokards
(Rechtsschenkelblock, ST-Streckenveränderungen),
z Inzidenz sekundär restriktive Ventilationsstörungen, respira-
Weltweit wurden bisher ca. 550 Fälle beschrieben. torische Infekte (Pneumonien sind bei dieser Er-
Prävalenz in Großbritannien: 0,61:1 Mio., Erkran- krankung die häufigste Todesursache).
kungsbeginn der Myositis ossificans progressiva
(vererbt) meist ab dem 4. Lebensjahr, spontane Ver- Anästhesierelevanz
laufsform im Kindesalter sehr selten (6,7%). Die
leichte Prädilektion von Männern ist wahrschein- Besondere Probleme bereiten die Kontrakturen, die
lich durch größere körperliche Aktivität und ver- für Lagerungsschäden prädisponieren. Bei Beteili-
mehrte Traumata bedingt. gung der Kaumuskulatur und der HWS ist mit er-
heblichen Intubationsschwierigkeiten zu rechnen.
z Ätiologie Bei thorakalem Befall liegt eine eingeschränkte
Hereditär und gelegentlich kongenital. Ein autoso- Atemmechanik vor, die insbesondere zu restrikti-
mal-dominanter Erbgang (Chromosom 14q22-q23) ven Ventilationsstörungen führt. Bei häufigen respi-
mit variabler phänotypischer Ausprägung, aber ratorischen Infekten kann auch eine chronisch ob-
kompletter Penetranz ist nachgewiesen. Es kommt struktive Komponente hinzukommen, die postope-
zur zunehmenden abwärtsschreitenden Verknö- rative Komplikationen begünstigen kann.
cherung von Sehnen, Faszien, Aponeurosen und
Muskeln mit entsprechender Bewegungseinschrän-
186 Myositis ossificans progressiva

z Spezielle präoperative Abklärung ! Cave


Thoraxröntgenaufnahme, Lungenfunktionsprü- Succinylcholin, postoperative Hypoventila-
fung, EKG, Blutgasanalyse. Die Muskelenzyme sind tion, Weichteilverletzungen, intramuskuläre
meist im Normbereich. Injektionen. Chirurgische Interventionen
sind kontraindiziert, solange keine mecha-
z Wichtiges Monitoring nischen Störungen z.B. der Gelenkbeweg-
Pulsoxymetrie, Kapnographie, Volumetrie, Beat- lichkeit vorliegen.
mungsdrücke, wiederholte Blutgasanalysen.
Literatur
z Vorgehen
Bei der medikamentösen Prämedikation sollten Meier R, Bollinger KP (1996) Anästhesiologische Probleme bei
Patienten mit Fibrodysplasia ossificans progressiva.
keine intramuskulären Injektionen durchgeführt
Anaesthesist 45: 631–634
werden, da sie zu lokalen Verknöcherungen führen. Singh A, Ayyalapu A, Keochekian A (2003) Anesthetic ma-
Auf atraumatische Anlage der peripheren venösen nagement in fibrodysplasia ossificans progressiva (FOP):
Zugänge achten! a case report. J Clin Anesth 15: 211–213
Generell sind die meisten Anästhesieverfahren Tumolo M, Moscatelli A, Silvestri G (2006) Anaesthetic man-
agement of a child with fibrodysplasia ossificans progres-
gut geeignet. Rückenmarknahe Regionalanästhesi-
sive. Br J Anaesth 97: 701–703
en kompromittieren nicht die Atmungsfunktion, Vashisht R, Prosser D (2006) Anesthesia in a child with fibro-
und mögliche Weaningprobleme können damit dysplasia ossificans progressive. Pediatr Anesth 16: 684–
umgangen werden. Sie sind jedoch bei Verknöche- 688
rungen entlang der Wirbelsäule (die Symptomatik
ist dorsal ausgeprägter als ventral) mitunter schwie-
rig durchzuführen. Bei Allgemeinanästhesien ist
wegen reduzierter Mundöffnung bzw. eingeschränk-
ter HWS-Retroflexion mit Intubationsschwierigkei-
ten zu rechnen. Diese lassen sich entweder mit An-
ästhesieverfahren ohne Intubation (Maskennarko-
sen) oder mit alternativen Intubationstechniken
bewältigen (Larynxmaske, fiberoptische, blind na-
M sale, retrograde Intubation etc.) Vor der Einleitung
sollte ausreichend präoxygeniert werden.
Es gibt keinen Anhalt für eine höhergradige
MH-Gefährdung. Dennoch wird vom Gebrauch
depolarisierender Muskelrelaxanzien abgeraten,
weil aufgrund der Immobilität der Patienten (Im-
mobilisierung ist eine der Therapiemaßnahmen) in
hohem Maße Kalium freigesetzt werden kann. Ve-
curonium und Atracurium sind in üblicher Dosie-
rung bereits erfolgreich eingesetzt worden, ebenso
deren Antagonisierung mit den gängigen Choline-
sterasehemmern. Sorgfältige Lagerung zur Vermei-
dung von Druckstellen erforderlich.
Zu beachten ist, dass betroffene Patienten oft
mit Steroiden oder Kumarinen therapiert sind.
Nager-Syndrom
187 N

Nager-Syndrom lungsfehlbildung des radialen oberen und des tibia-


len unteren Extremitätenstranges. Obligat ist eine
Hypoplasie oder Aplasie des Daumens. Radioulnare
z Synonyme Synostosen.
Nager-de-Reynier-Sy, engl. »Nager acrofacial dysos-
tosis, Nager acrodental dysostosis«. z Vergesellschaftet mit
Rippen- und Wirbelanomalien, geistige Entwick-
z Oberbegriffe lungsstörung bis zur Oligophrenie (selten), Choa-
Dysmorphie-Ss, kraniomandibulofaziale Missbil- nalatresie, Spaltbildungen, Mikrophthalmie, HWS-
dungen, okulodentale Ss, Kieferbogen-Ss, akrofazi- Missbildungen, Kryptorchismus, Herzvitien und
ale Dysostosen, Kieferbogen-Ss. v. a. verengte und vielfältig dysmorphe Atemwege.

z Organe/Organsysteme Anästhesierelevanz
Zunge, Unterkiefer, Oberkiefer, Gesichtsschädel,
Extremitäten. Die wesentliche anästhesiologisch relevante Beson-
derheit ist die Anatomie des Gesichts und der Hals-
z Inzidenz organe und der damit verbundene erschwerte Zu-
Bisher sind weltweit ca. 100 Fälle publiziert wor- gang zu den Atemwegen. Patienten mit diesem Syn-
den. drom und dem sehr ähnlichen Pierre-Robin-Sy
gehören zu den am schwierigsten zu intubierenden
z Ätiologie Fällen. Gleichfalls ist das Zustandebringen einer gu-
Unklar, wahrscheinlich heterogene Vererbung. Es ten Masken(be)atmung sehr schwierig. Die Malfor-
gibt vage Hinweise auf einen Kausalzusammenhang mationen führen häufig zu respiratorischen Infek-
mit höherem Vateralter. Eine familiäre Häufung ten.
kommt vor.
z Spezielle präoperative Abklärung
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen Röntgenaufnahmen des Gesichts und der Hals-
Smith-Theiler-Schachenmann-Sy, Aglossie-Adak- organe a.-p. und seitlich, Ausschluss zusätzlicher
tylie-Sy, Möbius-Sy, oroakrales Sy, Stickler-Sy, Pier- kardialer Risikofaktoren (Echokardiographie). We-
re-Robin-Sy, Edwards-Sy, Mohr-Sy, Roberts-Sy, gen der häufigen Aspirationspneumonien v. a. im
Franceschetti-Zwahlen-Sy, Berry-Sy, Thomson- Säuglingsalter Thoraxröntgenaufnahme. Infektpa-
Komplex, Treacher-Collins-Sy, Trisomie 18, TAR- rameter.
Sy (engl. »thrombocytopenia-absent radius syn-
drome«). z Wichtiges Monitoring
Pulsoxymetrie, Kapnographie.
Symptome
z Vorgehen
Am Schädel ähnelt die Symptomatik derjenigen des Geeignetes Instrumentarium für die Sicherung der
Treacher-Collins-Sy, allerdings mit einer etwas Atemwege bereitstellen. Intubation nur durch sehr
schwächeren Ausprägung: Typischer Gesichtsaus- Erfahrene. Geistig retardierte Patienten sind in der
druck: »Vogelgesicht«, »Fischmaulphysiognomie«, Regel nicht kooperativ genug für eine wache fiber-
Mandibulahypoplasie, Mikrogenie, antimongoloide optische Intubation, diese Methode kann jedoch
Lidachse, Unterlidkolobom, Makrostomie, hoher mit einer adäquat titrierten Analgosedierung ange-
und enger Gaumen, Hypoplasie der Maxilla (Mi- wendet werden. Wenn eine Maskenatmung möglich
krognathie) und des Jochbeins (teils Agenesie), ist, kann »per inhalationem« begonnen werden, um
Ohrmissbildungen (Hypoplasie oder Aplasie der in ausreichend tiefer Narkose mit erhaltener Spon-
Ohrmuscheln, Aurikularanhänge, Gehörgangsatre- tanatmung geeignete Intubationstechniken anzu-
sie, Taubheit), Zahnstellungsanomalien. Entwick- wenden.
188 Neuronale Ceroidlipofuszinosen

Eine Einleitung mit Ketamin ist möglich, bei Neuronale


Hypersalivation und larynxnahen Manipulationen
können jedoch Schwierigkeiten (Laryngospasmus, Ceroidlipofuszinosen
Schwellung) entstehen. Ein schnelles Ausweichen
auf retrograde Intubation, translaryngotracheale z Synonyme
O2-Insufflation bzw. Jetventilation ist einer Notko- Amaurotische Idiotie, NCL.
niotomie oder Nottracheotomie vorzuziehen. Die
retrograde Intubation kann insbesondere in Kom- z Subtypen
bination mit fiberoptischer Unterstützung unter Ältere Nomenklatur: Typ Haltia-Santavuori, engl.
Lokalanästhesie durchgeführt werden. Während »unsaturated fatty acid lipidosis, infantile Finnish
der Einleitung muss die Atemluft mit Sauerstoff an- type«; Typ Jansky-Bielschowsky, engl. »late infantile
gereichert werden (Pulsoxymetrie). Zur Bestätigung type«; Typ Kufs-Mayer-Boehme, engl. »adult type«;
einer korrekten trachealen Intubation Kapnometrie Typ Spielmeyer-Vogt, engl. »juvenile type Batten
einsetzen. disease«.
Rückenmarknahe Anästhesieverfahren sollten Neuerdings unterteilt man diese Enzymopathie
erst nach dem sicheren Ausschluss einer Wirbelsäu- in 8 Subtypen, durchnummeriert mit NCL1 bis
lenmalformation in Betracht gezogen werden. NCL8.
Postoperativ besteht eine erhöhte Gefahr von
respiratorischen Störungen v. a. durch Atemwegs- z Oberbegriffe
obstruktion. Dies beruht auf einer Rückfalltendenz Neurodegenerative Erkrankung, Speicherkrank-
der Zunge (Retroglossie, Glossoptose) oder wegen heit, Thesaurismose, Schwachsinn-Ss, Enzymopa-
Choanalatresie. thie (Defekt zzt. noch nicht bekannt).
Eine länger dauernde postoperative Überwa-
chung und Nachbeatmung können bei Relaxans- z Organe/Organsysteme
überhang und bis zur Wiederkehr der Schutzreflexe Neurone, ZNS, Retina, Augen, Haut, Muskulatur,
angebracht sein. Lymphozyten.
Eine Ketaminanästhesie bei erhaltener Sponta-
natmung und nicht gesicherten Atemwegen ist we- z Inzidenz
gen der Tendenz der Zunge, auf die Glottis zurück- Für den Typ Jansky-Bielschowsky 1:12.500. Erstma-
zufallen und einen Atemstillstand auszulösen, ge- nifestation ab dem 2.–4. Lebensjahr, die Lebenser-
fährlich. wartung ist auf 10–15 Jahre begrenzt.

N ! Cave z Ätiologie
Relaxation ohne Sicherung der Atemwege.
Hereditär mit überwiegend autosomal-rezessivem
Erbgang. Unterschiedliches Manifestations-alter
Literatur und Prognose bei den verschiedenen Subtypen. Es
kommt zur Speicherung von Lipidpigmenten in
Ho AS, Aleshi P, Cohen SE et al. (2008) Airway management in Nervenzellen und den betroffenen Organen. NCL1
Nager syndrome. Int J Pediatr Otorhinolaryngol 72:
und 2 sind durch strukturelle Veränderungen an
1885–1888
Przybylo HJ, Stevenson GW, Vicari FA et al. (1996) Retrograde den Lysosomenzymen gekennzeichnet.
fibreoptic intubation in a child with Nager’s syndrome.
Can J Anaesth 43: 697–699 z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Groeper K, Johnson JO, Braddock SR, Tobias JD (2002) Gangliosidosen (Tay-Sachs-Sy, Niemann-Pick-Sy,
Anaesthetic implications of Nager syndrome. Pediatr
Gaucher-Sy, van-Bogaert-Enzephalitis, Seitelber-
Anesth 12: 365–368
Sculerati N, Gottlieb MD, Zimbler MS et al. (1998) Airway ma- ger-Sy, Hallervorden-Spatz-Sy, Cross-McKusick-
nagement in children with major craniofacial anomalies. Breen-Sy, Alexander-Sy, Alpers-Sy, Best-Sy, Schil-
Laryngoscope 108: 1806–1812 der-Sy, Canavan-Sy, Leigh-Sy, Landing-Sy, Mukoli-
pidose Typ I), M. Alzheimer, Epilepsie.
Neuronale Ceroidlipofuszinosen
189 N
Symptome Aufgrund der erhöhten Krampfneigung sind
Barbiturate und Isofluran geeignete Anästhetika. Es
Progredienter psychomotorischer Abbau, Demenz, ist allerdings damit zu rechnen, dass Krampfanfälle
Krampfneigung (in der Regel therapieresistent ge- nicht medikamentös durchbrochen werden kön-
gen Antikonvulsiva), Ataxie, extrapyramidale Spas- nen. Die Anwendung von Succinylcholin bei kach-
tizität, Choreoathetose, Myoklonien, Dezerebra- ektischen Patienten erscheint problematisch (Kali-
tion. umfreisetzung), andererseits ist eine schnelle und
Augenbefunde: Sehstörungen bis Erblindung, sichere Einleitung vorteilhaft; welchem Prinzip der
Makuladegeneration, Optikusatrophie. Vorzug gegeben wird, ist individuell zu entscheiden.
In einem Fallbericht wurde die erfolgreiche Anwen-
z Vergesellschaftet mit dung von Sevofluran ohne Muskelrelaxation im
Kachexie im Spätstadium, arterielle Hypertension Rahmen einer Intubationsnarkose beschrieben.
(v. a. beim Kufs-Sy), respiratorische Infekte als Aspi- Der aktuelle Elektrolytstatus und die Nieren-
rationsfolge (gestörter Schluckreflex, Dysphagie). funktion sollten sowohl bei der Wahl der Anästhe-
siemethode als auch beim Infusionsregime berück-
z Therapie sichtigt werden.
Zurzeit gibt es keine Behandlung. Bei der Ausleitung besteht das gleiche Aspirati-
onsrisiko wie bei der Einleitung. Deshalb empfiehlt
Anästhesierelevanz es sich, vorher den Magen abzusaugen. Von einer
ausgeprägten Neigung zur intraoperativen Hypo-
Anästhesiologische Erfahrungen bei dieser Erkran- thermie wurde berichtet, was möglicherweise auf
kung sind selten. Die Empfehlungen orientieren eine gestörte zentrale Thermoregulation hinweist.
sich v. a. an der vorherrschenden Befundkonstella- Auf jeden Fall sollte die Spontanatmung und Anäs-
tion und beruhen weniger auf Erfahrung. Wichtige thesieausleitung erst nach ausreichender Wiederer-
Befunde sind die eingeschränkte Kooperationsfä- wärmung erfolgen.
higkeit, die Kachexie, respiratorische Infekte und
! Cave
die neurologischen Symptome. Generell besteht
Ketamin, Enfluran, Metoclopramid, Pheno-
eine erhöhte Gefahr für Lagerungsschäden (Kache-
thiazine, Hypothermie.
xie und Kontrakturen).

z Spezielle präoperative Abklärung Literatur


Neurologischer Ausgangsstatus, Thoraxröntgen-
aufnahme, Lungenfunktionsprüfung. Defalque RJ (1990) Anaesthesia for a patient with Kuf’s di-
sease. Anesthesiology 73: 1041–1042
Gopalakrishnan S, Sidduiqui S, Mayhew JF (2004) Anesthesia
z Wichtiges Monitoring
in a child with Batten disease. Pediatr Anesth 14: 890–
Pulsoxymetrie, Relaxometrie. 891
Pereira D, Pereira M, Caldas F (2006) Anesthesia management
z Vorgehen in neuronal ceroid lipofuscinoses. Pediatr Anesth 16:
356–358
Benzodiazepine sind geeignet für eine betont sedie-
Yamada Y, Doi K, Sakura S, Saito Y (2002) Anesthetic manage-
rende Prämedikation, die allerdings auf den Allge- ment for a patient with Jansky-Bielschowsky disease. Can
meinzustand des Patienten zugeschnitten sein soll- J Anesth 49: 81–83
te. Auf eine geeignete Lagerung ist unbedingt zu
achten. Die erhöhte Aspirationsgefahr rechtfertigt
eine H2-Rezeptorenblockade 60 min vor Narko-
seeinleitung oder eine orale Pufferung mit 30 ml
0,3-molarem Natrium citricum unmitelbar vor An-
ästhesiebeginn. Die Durchführung einer »rapid-se-
quence induction« ist empfehlenswert.
190 Noonan-Syndrom

z Vergesellschaftet mit
Noonan-Syndrom Vorhofseptumdefekt (10%), IHSS (idiopathische
hypertrophe Subaortenstenose), Aortenstenose,
z Synonyme Koarktation der Aorta, hypertrophe Kardiomyopa-
Ullrich-Noonan-Sy, Pseudo-Turner-Sy, engl. »Tur- thie, Thoraxdeformitäten (Trichterbrust, schildför-
ner-like syndrome without X chromosome abnor- miger Thorax) (25%), Wirbelsäulenanomalien,
mality«. leichter geistiger Entwicklungsrückstand (33%), ge-
legentlich Oligophrenie, Gerinnungsstörungen
z Oberbegriffe (20%), Gefäßdysplasien, proteinverlierende Entero-
Missbildungen, Gonadendysgenesie, Hypogonadis- pathien, respiratorische Funktionsstörungen und
mus. Infektanfälligkeit. Die Fertilität kann erhalten sein.

z Organe/Ogansysteme Anästhesierelevanz
Gonaden, Gesichtsschädel, Sinnesorgane, Herz-
Kreislauf-System, ZNS, Skelett, Nieren. Zahlreiche orthopädische, ophthalmologische oder
kardiochirurgische Operationen erforderlich.
z Inzidenz
Relativ häufig mit 1:1000 bis 1: 5000 Lebendge- z Spezielle präoperative Abklärung
burten. Echokardiographie, Thorax- und HWS-Röntgen,
Elektrolytstatus, harnpflichtige Substanzen im Se-
z Ätiologie rum, Plasmaproteine, Gerinnungsparameter, King-
Unbekannte Ätiologie, kongenital, vermutlich auto- Sy ausschließen wegen MH-Gefahr.
somal-dominanter Erbgang (Chromosom 12, evtl.
auch 18), variable Penetranz und Expression, aber z Wichtiges Monitoring
meist sporadisch auftretend. Es liegt ein dem Tur- Pulsoxymetrie, Kapnographie, bei Herzvitien EKG
ner-Sy ähnlicher Missbildungskomplex ohne nach- und invasive kontinuierliche Blutdruck- und HZV-
weisbare Chromosomenaberration vor. Maternale Messung, ggf. Pulmonalarterienkatheter (Achtung:
Transmission ist dreimal häufiger als väterliche. schwierige Positionierung), regelmäßige Blutgasa-
nalysen, Beatmungsdrücke.
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Turner-Sy, Gordan-Overstreet-Sy, Klinefelter-Rei- z Vorgehen
fenstein-Albright-Sy, Leydig-Hypogonadismus, Mie- Stress und Kreislaufhyperkinesie sind hämodyna-
N tens-Weber-Sy, otopalatodigitales Sy, Aarskog-Sy, misch ungünstig. Daher hilft eine etwas pronon-
Costello-Sy, embryopathisches Hydantoin-Sy, Jacob- cierte Sedierung mit Benzodiazepinen. Die Durch-
sen-Sy, King-Sy (Noonan-Phänotyp plus maligne führung von Regionalanästhesien ist aufgrund der
Hyperthermie), Leopard-Sy, Watson-Sy, kardio-fa- reduzierten Kooperationsbereitschaft und der häu-
zio-kutanes Sy, Neurofibromatosis-Noonan-Sy. figen Wirbelsäulenanomalien erschwert. Darüber
hinaus sind plötzliche Volumenverschiebungen und
Symptome ein Abfall des peripheren vaskulären Widerstandes
durch Sympathikolyse unerwünscht, insbesondere
Herzvitien meist rechtsseitig (bei Turner-Sy links- wenn Herz-Kreislauf-Anomalien vorliegen.
seitig): Pulmonalstenose (30–50%), Minderwuchs In der Regel wird eine Allgemeinanästhesie
(40%), Halspterygien, antimongoloide Lidachse, empfohlen. Bei der Einleitung ist mit Intubations-
Hypertelorismus, Ptosis, Exophthalmus, Ohrmu- schwierigkeiten zu rechnen, sie sind in der Regel
scheldysplasie, Epikanthus, gotischer Gaumen (wie jedoch weniger gravierend als bei den Kieferbogen-
ein Spitzbogen), Mikrognathie, tiefer Haaransatz im Ss. Dennoch empfiehlt sich die Bereithaltung von
Nacken, großer Abstand zwischen den Mamillen, geeignetem Material für alternative Intubations-
Vierfingerfurche. bzw. Beatmungstechniken.
Noonan-Syndrom
191 N
Zur Einleitung können sowohl die gängigen
Hypnotika als auch volatile Anästhetika verwendet
werden. Bei Hypnotika sollten die Dosierung und
die Injektionsgeschwindigkeit dem kardiovaskulä-
ren Zustand angepasst sein (keine »rapid sequence
induction«, Vorsicht mit Propofol). Bei Herzhyper-
trophie im Bereich der Ausflussbahn (IHSS) ist eine
Hyperkinesie unerwünscht, weil dies zur Ver-
schlechterung einer Obstruktion der Ausflussbahn
führt. In diesen Fällen ist Ketamin kontraindiziert.
Zur Relaxation eignen sich Atracurium oder Ve-
curonium, theoretisch auch Cis-Atracurium und
Rocuronium. Hohe Beatmungsdrücke sollten we-
gen ihrer negativen Kreislaufwirkung vermieden
werden. Das Infusionsregime richtet sich nach dem
aktuellen Kreislaufzustand (Füllungsdrücke rechts
und links) und eventuellen Nierenfunktionsstörun-
gen. Bei Tachykardien kann Esmolol titriert verab-
reicht werden.
! Cave
Ketamin, Vagolytika, Katecholamine, Vaso-
dilatatoren, Hypovolämie, atlantookzipitale
Subluxation bei HWS-Retroflexion, Enfluran
bei Nierenerkrankungen.

Literatur

Grange CS, Heid R, Lucas SB et al. (1998) Anaesthesia in a par-


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syndrome and related disorders. Horm Res 72 (Suppl 2):
57–63
192 Okulodentale Syndrome

Okulodentale Syndrome Anästhesierelevanz

Bei Patienten mit Fraser-Syndrom wurden gehäuft


z Synonyme schwere faziale und laryngeale Anomalien beschrie-
Blepharophimosis-Sy, Kryptophthalmus-Sy, okulo- ben, die zu Beatmungs- und Intubationsproblemen
dentale Dysplasie, okulozerebrorenales Sy, »oculo- führen können. Bei Patienten mit Blepharophimo-
cerebrorenal syndrome of Lowe« (OCRL). sis und Mietens-Sy sind Herz- und Gefäßanomalien
fakultativ. Anästhesiologische Schwierigkeiten sind
z Oberbegriffe besonders bei Patienten mit Lowe-Sy zu erwarten.
Missbildung, Dysmorphie, Kieferbogen-Ss.
z Spezielle präoperative Abklärung
z Organe/Organsysteme Thoraxröntgenaufnahme, EKG, Elektrolyt- und
Zentrales Nervensystem, Augen, Urogenitalsystem, Säure-Basen-Status, Nierenfunktionsparameter.
Respirationstrakt.
z Wichtiges Monitoring
z Ätiologie EKG, Pulsoxymetrie, Kapnographie, Relaxometrie.
Fehlbildungsmuster mit einer ausgesprochen groß-
en phänotypischen Heterogenität, die teilweise noch z Vorgehen
der exakteren Definition und Abgrenzung bedür- In der gesamten Patientengruppe sollten Ketamin,
fen. Es handelt sich überwiegend um spontane Neu- Succinylcholin und eine zu flache Narkoseführung
mutationen, die autosomal-rezessiv weitervererbt wegen der Möglichkeit einer unerwünschten Erhö-
werden. Vom Lowe-Sy weiß man, dass es X-chro- hung des intraokulären Druckes vermieden werden.
mosomal-rezessiv vererbt wird. Zurückhaltend sind vorwiegend renal metabolisier-
te Pharmaka einzusetzen. An eine Dosisreduktion
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen (und Serumspiegelbestimmungen) ist auch bei
Blepharophimosis-Sy, Fraser-Sy, Mietens-Sy, Lowe- zahlreichen Antibiotika zu denken.
Sy, Hallermann-Streiff-François-Sy. Die metabolische Azidose verstärkt die kreis-
laufdepressive Wirkung der meisten Anästhesieme-
Symptome dikamente. Daher alles nach Wirkung sorgfältig ti-
triert dosieren. Einer Verstärkung der vorliegenden
Augenanomalien (Mikrophthalmie, Strabismus, Hypokaliämie ist ggf. mittels Kaliumsubstitution
Katarakt, Glaukom, Retinaablösungen), Kranioste- gegenzusteuern. Die Dosierung von Relaxanzien
nosen, Krampfneigung (ein pathologisches EEG ist kann man um ca. 25‒50% reduzieren (Relaxometrie
nahezu obligat). anwenden!).
O Bei Kindern mit Anomalien der Atemwege und
z Vergesellschaftet mit Deformitäten des Thorax muss auf die Symptome
Mentale Retardierung, Trink- und Fütterungs- einer chronischen Bronchopneumonie geachtet wer-
probleme im Säuglingsalter, allgemeine Hypotonie, den. Schwierige oder unmögliche Intubationsver-
später neuromuskuläre Hyperaktivität, renale Dys- hältnisse sind bei subglottischer Stenose zu gegen-
funktionen (Albuminurie, Aminoazidurie, hypo- wärtigen. Aus diesem Grunde wird empfohlen, dass
chlorämische Azidose). Das Lowe-Sy (OCRL) geht bei einer Allgemeinanästhesie die Gelegenheit für
mit einer renalen Beteiligung einher, bei der Prote- eine mikrolaryngoskopische Inspektion genutzt
inurie und Aminoazidurie (Fanconi-Sy) entstehen; wird. Bei ihnen ist nach größeren Eingriffen mit
später kommt ein Bikarbonatverlust hinzu. einer schwierigen Respiratorentwöhnung zu rech-
nen.
! Cave
Ketamin, Succinylcholin, Enfluran.
Omodysplasie
193 O
Literatur tale Retardierung, angeborene Herzfehler, genitale
Hypoplasie bei Jungen, insgesamt mehr als 55 ver-
Colreavy F, Colbert S, Dunphy J (1994) Oculodento-osseous
dysplasia: a review of anaesthetic problems. Paediatr
schiedene Symptome. Pränatal fällt verzögerte Os-
Anaesth 4: 179–182 sifikation der Knochen auf.
Crowe S, Westbrook A, Bourke M et al. (2004) Impossible laryn-
geal intubation in an infant with Fraser syndrome. Anästhesierelevanz
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Judisch GF, Martin-Casals A, Hanson J, OIin WH (1979) Oculo-
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Jones KL (1988) Smith’s recognizable patterns of human mal- deformitäten (z. B. hypoplastischer Unterkiefer)
formation, 4th edn. Saunders, Philadelphia, pp 180–181, und bei trachealer Kompression während Flexion
194–195 des Kopfes. Atlantoaxiale Instabilität. Häufig assozi-
Saricaoglu F, Demirtas F, Aypar U (2004) Preoperative and pe- ierte angeborene Herzfehler (offener Ducus arteri-
rioperative management of a patient with Lowe syn-
drome diagnosed to have Fanconi’s syndrome. Pediatr
osus, Vorhofseptumdefekt, Mitralklappenvorfall,
Anesth 14: 530–532 Koarktation der Aorta). Ferner Thoraxdystrophie,
Hydrozephalus, Krampfanfälle.
Viele dieser Symptome sind bei Minderwuchs
beschrieben. Für die Omodysplasie liegen bisher zu
Omodysplasie wenig Daten vor, um diese Symptome sicher zu be-
stätigen oder auszuschließen.
z Synonyme
Es gibt bisher keine Hinweise auf eine Verbin-
Engl. »Rhizomelic bone dysplasia with club-like fe-
dung zur malignen Hyperthermie.
mora, familial generalized micromelia with disloca-
ted radius and congenital micromelic dysplasia (Bo- z Spezielle präoperative Abklärung
rochowitz)«. Beurteilung der Stabilität des atlantookzipitalen Ge-
lenkes, Untersuchungen auf Herzfehler.
z Oberbegriffe
Angeborene Fehlbildungen des Skelettsystems. z Wichtiges Monitoring
Pulsoxymetrie, Kapnometrie bzw. -graphie.
z Organe/Organsysteme
Skelett, Extremitätenknochen, Gesichtsschädel. z Vorgehen
Die Überstreckung des Halses ist kontraindiziert,
z Inzidenz
um Subluxation des Atlantookzipitalgelenks zu ver-
Bisher knapp 20 Fälle beschrieben, dabei hohe
meiden. Eine gute Alternative zur fiberoptischen
Sterblichkeit im Kindesalter.
Wachintubation ist die Verwendung einer Larynx-
z Ätiologie maske.
Autosomal-rezessive Vererbung, möglicherweise ! Cave
gibt es auch eine dominante Form. Pathomechanis- Atlantookzipitale Subluxation.
mus bisher unklar.

z Literatur
Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Robinow-Sy, Larsen-Sy, Minderwuchs durch Oste- Di Luca BJ, Mitchell A (2001) Anaesthesia in a child with auto-
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senrücken, tiefer Ohransatz), motorische und men- affected mother and son. Am J Med Genet 111: 169–177
194 Osler-Rendu-Weber Syndrom

Kombination mit zerebellärer Ataxie), Calcinosis-


Osler-Rendu-Weber Raynaud-Sklerodaktylie-Teleangiektasie-Sy (CRST-
Syndrom Sy), Dieulafoy-Sy.

z Synonyme Symptome
Morbus Osler, Teleangiectasia hereditaria haemor-
rhagica, engl. »hereditary haemorrhagic telanigiec- Wiederholte Blutungen (rezidivierende Epistaxis,
tasia« (HHT), »Babington’s disease«, »Goldstein’s gastrointestinale Blutungen, Hämaturie, Hämop-
hematemesis«. toe) stellen die führende klinische Symptomatik dar,
die durch Teleangiektasien an den mukösen Memb-
z Oberbegriffe ranen von Nasen- und Mundhöhle, Magen und
Hereditäre Vaskulopathien, vaskulär bedingte häm- Darm und der Haut verursacht werden. Infolge der
morhagische Diathese. chronischen Blutungen treten Eisenmangelanämie
und Polyzythämie auf.
z Organe/Organsysteme
Gefäß-Kreislauf-System, Gefäßwand, Gerinnungs- z Vergesellschaftet mit
system, Haut, Schleimhäute, Gastrointestinaltrakt, Gefäßfehlbildungen in Form von arteriovenösen
parenchymatöse Organe. Kurzschlüssen liegen bei 5‒30% der Patienten in der
Lunge, bei 30% der Leber und bei 10% der Patienten
z Inzidenz im ZNS vor. Seltener sind Gefäßfehlbildungen an
Unterschiedliche Angaben: Von 1:5000 bis 1:8000 Herz und großen Gefäßen. Bei 1% der Patienten lie-
und 1:50.000 bis 1:100.000. gen spinale arteriovenöse Fehlbildungen vor. Rezi-
divierende Fundusblutungen können zur Ein-
z Ätiologie schränkung des Sehvermögens führen. Selten
Kongenital, hereditär mit autosomal-dominantem Thrombozytopenie und Thrombozytopathie, ver-
Erbgang. Stets handelt es sich um eine heterozygote einzelt auch Methämoglobinämie.
Anlage (die homozygote Anlage ist letal). Die Er-
krankung ist mit der Blutgruppe 0 assoziiert. Die z Therapie
Befundkonstellation besteht aus Teleangiektasien Symptomatisch mit Laser- oder Elektrokoagulation,
mit fehlgebildeten Gefäßwandanteilen (glatte Mus- Eisensubstitution. Regelmäßige Kontrolle des Blut-
kulatur und Bindegewebe fehlen) sowie erhöhter bildes und des Gerinnungsstatus, Suche nach ok-
Plasminogenaktivität und gelegentlichem Faktor- kulten Blutverlusten.
IX-Mangel.
Assoziation mit Mutation des Endoglins. Anästhesierelevanz
O
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen Direkt mit der Erkrankung assoziierte Komplikati-
Andere Vaskulopathien, Erkrankungen mit Gefä- onen bedürfen der chirurgischen Intervention:
ßektasien (Fabry-Sy), chronische Blutungen ande- Operative Sanierung von intrazerebralen Abszes-
rer Ursache. sen, Therapie von Zwischenblutungen, operative
Multiple Naevi aranei, v.-Willebrand-Sy Typ II, Sanierung von gastrointestinalen Blutungen. Bei
Hämoptoe bei Lungenerkrankungen, Hämatemesis allen invasiven Manipulationen ist die Gefäßwand-
bei gastrointestinalen Blutungen anderer Ursache fragilität und Blutungsneigung in Betracht zu zie-
oder Erkrankungen mit multiplen Hämangiomen, hen. Oft liegt eine chronische Anämie mit entspre-
die im Gastrointestinaltrakt zu rezidivierenden Blu- chender kardialer Manifestation vor, in seltenen
tungen führen (Blue-rubber-bleb-Nävus-Sy oder Fällen besteht die Gefahr des Pumpversagens des
Bean-Sy). Herzens bei hohen arteriovenösen Shunts. Die Ent-
Karzinoid-Sy mit Teleangiektasien und Leber- stehung von intrazerebralen Abszessen wurde in
vergrößerung, Louis-Bar-Sy (Teleangiektasien in mehreren Kasuistiken beschrieben. Schwere Zwi-
Osler-Rendu-Weber Syndrom
195 O
schenblutungen können entstehen, die einer chirur- vermeiden, da sie in den großen Kreislauf gelangen
gischen Intervention bedürfen. Ebenfalls ist an das und Apoplexie und Infarkte bewirken können.
Vorhandensein von intraduralen bzw. spinalen ar- Wichtig sind die Aufrechterhaltung einer Normo-
teriovenösen Fisteln zu denken, was eine Kontrain- volämie, die Bereitstellung genügender O2-Träger
dikation für rückenmarknahe Regionalanästhesien bei Anämie und die rechtzeitige Substitution von
bedeutet. Gerinnungsfaktoren (FFP, Fibrinogen).
Bei pulmonalem Befall kann Hämoptoe vorlie-
z Spezielle präoperative Abklärung gen, was eine seitengetrennte Intubation erforder-
Ausmaß der Begleiterkrankungen. Blutbild, Gerin- lich macht. In einem Fall ist es allein durch positive
nungsstatus und -faktoren (v. a. Faktor IX), Aus- Druckbeatmung zu Lufteintritt und Koronarembo-
schluss oder Quantifizierung von arteriovenösen lie gekommen, was zu vorsichtiger Beatmung mit
Shunts (Angiographie, Blutgasanalyse), Echokardi- möglichst niedrigen Atemwegsdrücken Anlass gibt.
ographie, Thoraxröntgenaufnahme. Erfassung und Möglichst baldige Rückkehr zur Spontanatmung
Dokumentation des neurologischen Status, insbe- anstreben.
sondere bei bestehenden neurologischen Defiziten Rückenmarknahe Regionalanästhesien bergen
durch Gefäßfehlbildungen, welche die Sensibilität die Gefahr von Epiduralhämatomen, wenn eine ge-
beeinträchtigen. störte Gerinnung vorliegt. Auch die Durchführung
einer Spinalanästhesie ist mit dem Risiko einer Blu-
z Wichtiges Monitoring tung durch Verletzung einer arteriovenösen spinalen
Pulsoxymetrie, ggf. invasive Blutdruckmessung (er- Malformation behaftet, so dass alle rückenmark-
weitertes Kreislaufmonitoring), Blutgasanalysen, nahen Anästhesieverfahren als kontraindiziert gel-
Säure-Basen-Status, Gerinnungsparameter. ten. Periphere Regionalanästhesien haben den Aus-
schluss eines neurologischen Defizits sowie einer
z Vorgehen gestörten Gerinnung zur strikten Voraussetzung.
Ein gewebeschonendes Vorgehen ist unerlässlich.
! Cave
Bei Laryngoskopie, Intubation, Absaugen und Ka-
Nasotracheale Intubation, rückenmarknahe
theterisationen muss darauf geachtet werden, mög-
Regionalanästhesien, paradoxe Embolien
lichst keine Verletzungen oder Blutungen zu indu-
(z. B. Luftblasen i.v.), Tourniquet.
zieren; dazu sind die großzügige Verwendung von
Gleitcreme und Befeuchtung von Katheter- und Tu- Literatur
busoberflächen erforderlich. Bei nichtinvasiver
Blutdruckmessung muss der maximale Manschet- Begbie ME, Wallace GM, Shovlin CL (2003) Hereditary haemor-
tendruck begrenzt werden, und der Druck sollte nur rhagic telangiectasia (Osler-Weber-Rendu syndrome): a
so oft wie unbedingt nötig gemessen werden. Besser view from the 21th century. Postgrad Med J 97: 18–24
Loke GP, Story DA, Liskaser F, Seevanayagam S (2006)
geeignet sind intraarterielle Messungen.
Pulmonary arteriovenous malformation causing massive
Niedrige pulsoxymetrische Sauerstoffsättigung haemoptysis and complicated by coronary air embolism.
kann sowohl durch einen Rechts-Links-Shunt als auch Anaesth Intensive Care 34: 75–78
durch eine selten assozierte Methämoglobinämie ver- Lomax S, Edgcombe H (2009) Anesthetic implications for the
ursacht sein. Auf jeden Fall ist ein Vergleich mit der parturient with hereditary hemorrhagic teleangiectasia.
Can J Anesth 56: 374-384
arteriellen Sauerstoffsättigung heranzuziehen.
Mason R (2001) Anaesthesia databook: a perioperative and
Bei Patienten, die eine Gastrointestinalblutung peripartum manual, 3rd edn. Cambridge University Press,
erlitten haben, besteht ein hohes Aspirationsrisiko, Cambridge, pp 241–245
so dass eine »rapid-sequence induction« durchge- McGrath C (2004) Pulmonary arteriovenous malformation
führt werden sollte. Liegen kardiale oder pulmona- masquerading as massive pulmonary thromboembolus.
Anaesth Intensive Care 32: 812–817
le arteriovenöse Shunts vor, ist mit Hypoxämie und
Sharma D, Pandia MP, Bithal PK (2005) Anaesthetic manage-
langer Kreislaufzeit von intravenösen Anästhetika ment of Osler-Weber-Rendu syndrome with coexisting
zu rechnen. Embolisationen (z. B. durch Luftbläs- congenital methaemoglobinaemia. Acta Anaesthesiol
chen aus Injektionen, Infusionen etc.) sind strikt zu Scand 49: 1391–1394
196 Osteogenesis imperfecta

Osteogenesis imperfecta Symptome

Extreme Knochenbrüchigkeit oft mit Deformati-


z Synonyme onen als Frakturfolgen, blaue Skleren, Kleinwuchs,
Ekman-Lobstein-Sy, Lobstein-Sy, Vrolik-Krankheit, Kyphoskoliose, Schädeldeformitäten (Brachyzepha-
Porak-Durante-Krankheit, van-der-Hoeve-de- lie), kongenitaler Hydrozephalus, Augenanomalien
Kleyn-Sy, Osteopsathyrose, Glasknochenkrankheit, (Katarakt, Glaukom, Keratokonus, Megalokornea,
Fragilitas ossium. Mikrophthalmie), Schwerhörigkeit (Otosklerose),
Zahnanomalien (Farbveränderungen, Karies), mus-
z Oberbegriffe kuläre Hypotonie.
Osteopathie, Osteochondrodysplasie, Kollagenopa- Skelettröntgenaufnahme: Knochendefekte, Mal-
thie, generalisierte Hypostose, Hypomineralisation, formationen, verminderte Knochendichte, Schalt-
Zwergwuchs. knochen der Schädelnähte (sog. »wormian bo-
nes«).
z Organe/Organsysteme
Knochen, Skelett, Bewegungsapparat, Muskulatur, z Vergesellschaftet mit
Zähne, Bindegewebe, Sinnesorgane (Augen, Oh- Allgemeine Bindegewebsschwäche und damit zu-
ren). sammenhängende Befunde, Hernien, Cor pulmo-
nale, Kardiomyopathien, Herzklappenvitien, ab-
z Inzidenz normale Überstreckbarkeit von Gelenken, Blu-
1:20.000 bis 1:30.000 Lebendgeburten, Gynäkotro- tungsneigung bei vermehrter Gefäßbrüchig-keit
pie. und Thrombozytenfunktionsstörung, restriktive
Ventilationsstörungen, Hyperthyreose (50%), fast
z Ätiologie immer Latexallergie.
Hereditär, teilweise kongenital. Dabei handelt es
sich nicht um eine einheitliche Erkrankung, son- Anästhesierelevanz
dern eine phänotypisch ähnliche Manifestation ver-
schiedener genetischer Defekte, die eine minder- Anästhesiologisch wichtige Gesichtspunkte resul-
wertige oder eine nicht ausreichende Kollagensyn- tieren aus dem Lagerungsproblem, der allgemeinen
these bewirken. Es werden 4 Subtypen (Typ 1: am Knochenbrüchigkeit und speziell den sehr schaden-
häufigsten, aber milder Verlauf, Typ 2: schwerster anfälligen Zähnen.
Verlauf, häufig letal), mit weiterer Unterteilung un-
terschieden: autosomal-dominante (leichtere und z Spezielle präoperative Abklärung
späte) und rezessive (schwere, frühzeitige und gele- Thoraxröntgenaufnahme, Lungenfunktionsprü-
O gentlich letale) Varianten mit sehr unterschiedlicher fung, Schilddrüsenfunktionsparameter, Gerin-
phänotypischer Ausprägung. Bei 10–15% der Pati- nungsstatus (Thrombozytenfunktion), Ausschluss
enten mit milder klinischer Osteogenesis imperfec- kardialer Manifestationen.
ta gelingt kein biochemischer Nachweis eines de-
fekten Kollagens, bei ca. 5% kein molekularer Nach- z Wichtiges Monitoring
weis. Pulsoxymetrie, Kapnographie, Temperatur, Säure-
Basen-Status.
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Generalisierte Osteoporose, Blegvad-Haxthausen- z Vorgehen
Sy, Eddowes-Sy, Dent-Friedman-Sy, Osteosar- Eine sorgfältige Lagerung ist essenziell. Exponierte
kome. Stellen müssen gepolstert werden (Gelkissen,
Schaumstoff etc.). Bei der Blutdruckmessung ist die
erhöhte Frakturgefahr zu beachten: daher nicht au-
tomatisch, sondern manuell messen.
Ovarienhyperstimulationssyndrom (OHSS)
197 O
Rückenmarknahe Anästhesien sind aufgrund Karabiyik L, Capan Z (2004) Osteogenesis imperfecta: diffe-
der Wirbelsäulenbrüchigkeit und der Gerinnungs- rent anesthetic approaches to two pediatric cases. Pediatr
Anesth 14: 524–525
problematik (Gefäßfragilität, pathologische Throm-
Karabiyik L, Parpucu M, Kurtipek O (2002) Total intravenous
bozytenfunktion) nicht zu empfehlen, wenngleich sie anaesthesia and the use of an intubating laryngeal mask
in der Literatur als erfolgreich beschrieben wurden. in a patient with osteogenesis imperfecta. Acta Anaes-
Die Intubation ist sehr schonend vorzunehmen, thesiol Scand 46: 618–619
da Zähne und Kiefer sehr bruchgefährdet sind. Dar- Kostopanagiotou G, Coussi T, Tsaroucha N, Voros D (2000)
Anaesthesia using a laryngeal mask airway in a patient
über hinaus ist mit Intubationsschwierigkeiten zu
with osteogenesis imperfecta. Anaesthesia 55: 506
rechnen, v. a. wenn Wirbelsäulenveränderungen Rudlof B, Scheel G, Jacquet M (2007) Anästhesie zur Sectio
oder Fehlstellungen des Gesichtsschädels vorliegen. caesarea bei einer Patientin mit Osteogenesis imperfec-
Geeignet ist hierbei v. a. eine sorgfältig durchge- ta. Anaesthesist 55: 655–659
führte elektive fiberbronchoskopische Intubation Santos ML, Añez C, Fuentes A et al. (2006) Airway manage-
ment with ProSeal LMA in a patient with osteogenesis
des prämedizierten (ggf. analgosedierten) Patien-
imperfecta. Anesth Analg 103: 794
ten. Die komplikationsfreie Verwendung der La- Yeo ST, Paech MJ (1999) Regional anaesthesia for multiple
rynxmaske bzw. Intubationslarynxmaske wurde caesarean sections in a parturient with osteogenesis im-
beschrieben. perfecta. Int J Obstet Anesth 8: 284–287
Eine Relaxation mit Succinylcholin ist kontrain-
diziert, weil Faszikulationen auch zu Frakturen füh-
ren können. Ferner wurde häufig eine Temperatur-
steigerung (mit erhöhter Schweißsekretion = Dia- Ovarienhyperstimulations-
phorese) nach Gabe von Succinylcholin beobachtet. syndrom (OHSS)
Ein Zusammenhang mit maligner Hyperthermie
gilt als möglich, wurde jedoch bisher noch nicht be-
wiesen. Mit Sicherheit handelt es sich um einen hy- z Synonyme
permetabolischen Zustand, der therapiebedürftig HCG-Stimulations-Sy.
sein kann (Kühlung, bedarfsadaptierte O2-Gabe).
Eine Dantrolenprophylaxe gilt als nicht indiziert. z Oberbegriffe
Die Anwendung nichtdepolarisierender Rela- Iatrogene Syndrome, Sterilitätsbehandlung, Ovula-
xanzien ist unproblematisch. Bei Herzvitien sollte tionsstimulation.
ggf. nach aktuellen Richtlinien eine Endokarditi-
sprophylaxe durchgeführt werden. z Organe/Organsysteme
Latexfreies Arbeiten. Ovarien, Pleura, Perikard, Peritoneum, Wasser-
Elektrolyt-Haushalt, Kreislauf, Nieren.
! Cave
Lagerungsschäden, Succinylcholin, Halothan z Inzidenz
(bei MH-Verdacht), Hyperpyrexie, rücken- OHSS kommt in 1–10% der In-vitro-Fertilisationen
marknahe Regionalanästhesien. Latex ver- vor. Mit der verbreiteten Anwendung dieser Be-
meiden. handlungen ist mit einer Zunahme der Inzidenz in
absoluten Zahlen zu rechnen.
Literatur
z Ätiologie
Alfirevic A, Insler S (2007) Deep hypothermic circulatory arrest
in a patient with osteogenesis imperfecta. J Cardiothorac Iatrogen bei Sterilitätsbehandlung nach Gabe von
Vasc Anesth 21: 245–249 HMG bzw. HCG (humanes Menopausengonado-
Burt N, Haynes GR, Bailey MK (1999) Patients with malignant tropin, humanes Choriongonadotropin), Clo-
osteopetrosis are at high risk of anesthetic morbidity and
miphen- oder LH-RH-Therapie auftretender Symp-
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University Press, Cambridge, pp 161–163 Zunahme von Gewebshormonen (Zytokine, Angio-
198 Ovarienhyperstimulationssyndrom (OHSS)

tensin u. a. m.) führt zu einer generellen kapillären z Vorgehen


Hyperpermeabilität und Übertritt von proteinhal- Je nach Schweregrad sollten die Flüssigkeits- und
tigem Serum ins Interstitium. Elektrolytdefizite vor der Einleitung korrigiert wer-
den. Diese Maßnahmen können bei Bedarf bis zur
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen Schockbehandlung mit aggressiver Volumenthera-
Akute Appendizitis, akutes Abdomen, Meigs-Tu- pie eskaliert werden.
mor, Ileus, akute intermittierende Porphyrie, andere Nach Narkoseeinleitung ist mit massiven Blut-
ergussbildende Erkrankungen der Körperhöhlen, druckabfällen zu rechnen. Im Falle einer bereits
Lungenembolie. eingeschränkter Nierenfunktion (Oligurie) sollten
Diuretika und Dopamin (1,5–3 μg/kg/min) einge-
Symptome setzt werden.
Bei voraussehbarer abdominaler Blutung [Ul-
Symptomatik des akuten Abdomens: kolikartige traschall, Laparoskopie, Blutbild (Hb-, Hkt-,
Bauchschmerzen, Nausea, Vomitus, Aszites, Pleura- Thrombozytenabfall)] genügend Infusionszugänge
erguss, Perikarderguss, Hypovolämie (wegen Seques- schaffen und Blutkonserven und Komponenten be-
tration von intravasaler Flüssigkeit in den »3. Raum«, reitstellen. Eventuell ist an eine rasche Laparotomie
kapilläres Leck), arterielle Hypotonie, Hämokon- zu denken.
zentration, Leukozytose, Hyperkoagulabilität. Es gibt keine spezielle Einschränkung für be-
Sonographie: vergrößerte multizystische Ovarien. stimmte Anästhesiemethoden, allerdings sollten
Labor: Hämoglobin, Hämatokrit und Leukozy- keine Regionalanästhesieverfahren angewendet
ten erhöht, Plasmaproteine erniedrigt. werden, wenn eine intravenöse Antikoagulation
durchgeführt oder geplant wird.
z Vergesellschaftet mit Bei protrahierter Hypovolämie mit bereits be-
Thromboseneigung, Emboliegefahr, Oligurie, Hä- ginnender oder manifester Einschränkung der Nie-
morrhagie nach Ruptur von Ovarialzysten, Ovari- renfunktion sollte der Einsatz von Enfluran vermie-
entorsion. In seltenen Fällen ist von einer Assoziati- den werden; eine Kaliumzufuhr darf nur unter häu-
on mit multipler Organdysfunktion und Sepsis be- figen Kontrollen durchgeführt werden.
richtet worden, wobei die Kausalität unklar war. Bei Ergüssen im thorakoabdominalen Bereich
ist mit restriktiven Ventilationsstörungen zu rech-
z Therapie nen, die eine adäquate postoperative Überwachung
Korrektur des Volumendefizits, Schockbehandlung, der Respiration und Oxygenation erforderlich ma-
Diuresesteigerung, Thromboseprophylaxe (Low- chen.
dose-Heparinisierung), ggf. Punktion und Draina-
ge der Ergüsse. Literatur
O
Anästhesierelevanz Avecillas JF, Falcone T, Arroliga AC (2004) Ovarian hyperstimu-
lation syndrome. Crit Care Clin 20: 679–95
Budev MM, Arroliga AC, Falcone T (2005) Ovarian hyperstimu-
z Spezielle präoperative Abklärung
lation syndrome. Crit Care Med 33 (Suppl): 301–306
Kreislaufstatus, Blutbild, Elektrolytstatus, Nieren- Mikaszewska-Sokolewicz M, Mayzner-Zawadzka E (2005) Use
funktionsparameter, Thoraxröntgenaufnahme (evtl. of recombinant human activated protein C in treatment
Quantifizierung von Pleuraergüssen), Lungenfunk- of severe sepsis in a pregnant patient with fully sympto-
matic ovarian hyperstimulation syndrome. Med Sci Monit
tionsprüfung.
11: CS27–32

z Wichtiges Monitoring
ZVD, EKG, Kapnographie, Pulsoxymetrie, Elektro-
lyt- und Säure-Basen-Status.
Pallister-Killian-Syndrom
199 P
z Therapie
Pallister-Killian-Syndrom Pränataldiagnostik durch Chorionzottenbiopsie
möglich. Korrekturoperationen bei Kontrakturen.
z Synonyme
Killian-/Teschler-Nicola-Sy, PKS, engl. »tetrasomy Anästhesierelevanz
12p«.
Von anästhesiologischer Bedeutung sind die Ge-
z Oberbegriffe sichtsmalformationen im Hinblick auf die Siche-
Chromosomopathie. rung der Atemwege sowie die neurologischen und
neuromuskulären Probleme. Obwohl bisher kein
z Organe/Organsysteme Fall einer malignen Hyperthermie bei diesem
Haut, Hautanhangsorgane, Herz-Kreislauf-System, Krankheitsbild aufgetreten ist, kann wie bei allen
Bewegungsapparat. Muskelerkrankungen eine erhöhte Neigung dafür
angenommen werden. Die wenigen besprochenen
z Inzidenz Fälle erwähnten die erfolgreiche Verwendung von
Sehr selten; bisher wurden nur sporadische Fälle volatilen Anästhetika, was allerdings kein Beweis
gemeldet. Kommt praktisch nur bei Kindern und in für deren Unbedenklichkeit ist. Auf jeden Fall ist
der Adoleszenz vor, da die Lebenserwartung erheb- deren Verwendung sorgfältig zu erwägen und mit
lich verkürzt ist (der älteste lebende Patient war den vorhandenen Alternativen zu vergleichen.
45 Jahre alt).
z Spezielle präoperative Abklärung
z Ätiologie Bildgebende Darstellung der Atemwegsanatomie
Kongenital (nicht hereditär). Mosaik des Isochro- zur Abschätzung der Intubierbarkeit bzw. des Vor-
mosoms 12p, d. h. 4fach vorhandener kurzer Arm gehens zur Sicherstellung der Oxygenation.
des Chromosoms 12. Als direkte Ursache wird ein
Chromosomenteilungsfehler während der Meiose z Wichtiges Monitoring
angenommen. Pulsoxymetrie, Kapnographie, ggf. invasives Kreis-
laufmonitoring.
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Wolf-Hirschborn-Sy, Fryns-Sy, Trisomie-9-Mosaik, z Vorgehen
Trisomie 18. Es gibt nur wenig Erfahrung mit Anästhesien bei
Pallister-Killian-Sy. Eines der Hauptmerkmale sind
Symptome die Gesichtsmalformationen, die eine erschwerte
Intubation erwarten lassen. In dem spärlichen be-
Gesichtsmalformationen (abgeflachtes Gesicht, kannten Erfahrungsmaterial hat sich dies nicht be-
Makroglossie, Prognathie, Ptosis, Strabismus, Epi- stätigt, was aber nicht ausschließt, dass es denoch zu
kanthus, Hypertelorismus), Ohrmissbildungen, erheblichen Schwierigkeiten kommen kann. Für
Pigmentanomalien, lokalisierte Alopezie, Spaltbil- diesen Fall sind Vorkehrungen zu treffen, damit
dungen, Krampfneigung. Der Phänotyp variiert man alternative Methoden der Atemwegssicherung
sehr stark. Die Diagnose wird durch Untersuchung zur Verfügung hat. Aufgrund der mentalen Retar-
von Hautfibroblasten bestätigt. dierung ist nicht mit Kooperationsfähigkeit der Pa-
tienten zu rechnen, was beispielsweise eine wach-
z Vergesellschaftet mit fiberoptische Vorgehensweise eher ausschließt. Zu
Hörverminderung, Zwerchfellhernie, kardiovasku- empfehlen ist die Gabe von H2-Rezeptorenblockern
läre Störungen, überzählige Mamillen, leichte bis oder Protonenpumpeninhibitoren vor der Einlei-
schwere mentale Retardierung. Es kommen sowohl tung und eine Vorgehensweise im Sinne einer »ra-
hypo- als auch hypertone Zustände der Muskulatur pid sequence induction«. Als Ausweichtechnik bei
vor. Im höheren Alter zunehmend Kontrakturen. Misslingen der Intubation sollte ein supraglottischer
200 Parkinson-Syndrom

Atemweg zur zeitweiligen Überbrückung verwen- und metabolisch (Rauwolfiaalkaloide, Phenothia-


det werden, um anschließend die Atemwegssiche- zine, Butyrophenone, Kohlenmon-oxid oder Man-
rung mit weiteren Verfahren (z. B. fiberoptische ganvergiftung). Histopathologisch liegt eine Dege-
Intubation durch Larynxmaske) zu vollenden. neration nigrostriataler dopaminerger Neurone
Die erfolgreiche Anwendung rückenmarknaher (Ganglienzellen des Nucleus niger) vor.
und peripherer Leitungsblockaden ist ebenfalls be-
richtet worden, wobei in einem Fall die epidurale z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Punktion unter Allgemeinanästhesie durchgeführt Hunt-Sy II und III, zervikolinguomastikatorisches
wurde. Sy, akinetisch-abulisches Sy, Binswanger-Sy, Kuru,
Lhermite-McAlpine-Sy, Pelizaeus-Merzbacher-Sy,
! Cave
Wilson-Sy, Riley-Day-Sy, Shy-Drager-Sy, Torsions-
Succinylcholin.
dystonie-Ss, Boxer-Sy, Gerstmann-Sy II, kortikoba-
sale Degeneration, diffuse Lewy-body-Erkran-
Literatur
kung.
Baglaj M, King J, Carachi R (2008) Pallister-Killian syndrome:
a report of 2 cases and review of its surgical aspects. Symptome
J Pediatr Surg 43: 1218–1221
Iacobucci T, Galeone M, De Francisci G (2003) Anaesthetic
management of a child with Pallister-Killian syndrome.
Extrapyramidal-motorische Störungen: Muskelrigi-
Paediatr Anaesth 13: 457–459 dität, Akinesie, Hypomimie (Maskengesicht, Sal-
Knab J, Heupel EW, Steinmann D (2008) Anesthesia for ortho- bengesicht: nächtliches Schwitzen), Rigor, Ruhetre-
pedic surgery in Pallister-Killian syndrome. Pediatr Anesth mor (sog. Schütteltremor), »Pillendrehen, Münzen-
18: 682–684
zählen«, gebeugte Haltung beim Gehen, Darmatonie,
Konstipation, atonische Harnblase.

Parkinson-Syndrom z Vergesellschaftet mit


Sprachstörungen, Hyperhidrose, Seborrhö, Brady-
z Synonyme phrenie, zunehmende Demenz in einem Drittel der
Parkinsonismus, Paralysis agitans, Schüttelläh- Fälle.
mung, Pallidum-Sy, akinetisch-hypokinetisch-rigi-
des Sy, striäres extrapyramidales Sy. z Therapie
Dopaminagonisten (L-Dopa, Amantadin, Lisurid,
z Oberbegriffe Bromocriptin), Anticholinergika (Biperiden, Meti-
Neuropathie, neurologische Erkrankung, Medika- xen), MAO-B-Hemmer (Selegilin), stereotaktische
mentennebenwirkung, Intoxikationen. Operationen bei schwerer unilateraler Ausprägung
(»deep brain stimulation«).
z Organe/Organsysteme
P ZNS, Nervensystem. Anästhesierelevanz
z Inzidenz Grundsätzlich sollten Pharmaka vermieden wer-
1:100 der über 50-Jährigen (USA), in Deutschland den, die Dopaminrezeptoren blockieren: Psycho-
ca. 1:100.000 Einwohner, leichte Androtropie, Prä- pharmaka (Neuroleptika) wie Phenothiazine und
valenz 0,3% der Allgemeinbevölkerung und ca. 3% Butyrophenone sowie das Antiemetikum Metoc-
der Bevölkerung >65 Jahre. lopramid. Ferner besteht eine erhöhte Gefahr für
das Auftreten eines zentral-anticholinergen Sy
z Ätiologie (ZAS), wenn zur anticholinergen Parkinsonthera-
Idiopathisch (9 von 10 Fällen), teilweise erworben pie Anästhetika mit synergistischer Wirkung ange-
nach Enzephalitis, Arteriosklerose, Trauma, Tumo- wendet werden. Dies gilt v. a. für Atropin, das zu-
ren, chronischer Medikamenteneinnahme, toxisch sätzlich periphere vegetative Probleme verursacht,
Parkinson-Syndrom
201 P
wie Harnretention und Darmatonie bis hin zum pa- Für Fentanyl und Remifentanil sowie Piritramid
ralytischen Ileus. Unter der Therapie kommt es zu liegen keine negativen Erfahrungen vor. Inhalati-
einer Zunahme der Empfindlichkeit des Myokards onsanästhetika führen zu einer Erhöhung der extra-
für arrhythmogene Faktoren. Daher besteht eine zellulären Dopaminkonzentration. Mit Hypotonie
relative Kontraindikation für Halothan. Häufige Be- bei Hypovolämie und/oder Vasodilatation muss
funde sind arterielle Hypotonie und Dehydratation. ebenfalls gerechnet werden.
Es gibt keinen Anhalt für Probleme bei der Anwen- Eine Relaxometrie sollte unbedingt angewendet
dung von Muskelrelaxanzien. werden. Über die Effekte von Succinylcholin liegen
Autonome Dysfunktionen erhöhen das Aspira- widersprüchliche Berichte vor, u. a. wird auch die
tionsrisiko durch Sekretverhalt, Schluckstörungen Induktion einer Hyperkaliämie beschrieben.
oder Verlust der willkürlichen Kontrolle diverser Eine antiemetische Therapie mit Methylpred-
Muskeln. Die Aspirationspneumonie ist die häu- nisolon oder 5-HT3-Antagonisten wird empfoh-
figste Todesursache bei Parkinson-Patienten. len.

z Vorgehen ! Cave
Phenothiazine, Butyrophenone (Haloperidol,
Die Anti-Parkinson-Medikation sollte bis zum
Droperidol), Metoclopramid, Halothan, Atro-
Morgen der OP weitergegeben werden. Die Einnah-
pin (insbesondere bei Behandlung mit Bipe-
mepause sollte aufgrund der kurzen Halbwerts-
riden, Trihexyphenidyl, Metixen).
zeiten der verwendeten Medikamente in jedem Fall
Kontraindiziert: Metoclopramid, Droperidol,
so kurz wie möglich gehalten werden (evtl. intrave-
Phenothiazine.
nöser Ersatz), um eine Exazerbation der Sympto-
matik zu verhindern. Bereits die Akinesie allein
bedeutet eine Einschränkung der respiratorischen Literatur
Funktion. Bei Absetzen der Therapie kann inner-
halb der ersten 48 h ein sog. »malignes Dopa-Ent- Deiner S, Hagen J (2009) Parkinson‘s disease and deep brain
stimulator placement. Anesthesiol Clin 27: 391–415
zugs-Sy« auftreten. Dieses ist klinisch kaum von der
Frost EAM, Osborn I (2009) Deep brain stimulation – surgery
malignen Hyperthermie zu unterscheiden (Symp- for movement disorders and Parkinson’s disease. Int
tome: Hyperthermie, Tachykardie, Schwitzen, Aki- Anesthesiol Clin 47(2): 57–68
nesie, Rigor, Koma, CK- und Transaminasenan- Gray H, Wilson S, Sidebottom P (2003) Parkinson’s disease and
stieg) und erfordert daher eine entsprechende The- anaesthesia . Br J Anaesth 90: 524
Kalenka A, Hinkelbein J (2005) Anaesthesie bei Patienten mit
rapie (s. dort).
Parkinson Krankheit. Anaesthesist 54: 401–409
Für die perioperative Parkinson-Medikation ist Koeppen AH, Robitaille Y (2002) Pelizaeus-Merzbacher dis-
v. a. Amantadin sehr gut geeignet, da es auch paren- ease. J Neuropathol Exp Neurol 61: 747–759
teral verabreicht werden kann. Mason R (2001) Anaesthesia databook: a perioperative and
Für regionalanästhesiologische Verfahren be- peripartum manual, 3rd edn. Cambridge University Press,
Cambridge, pp 376–380
steht ein theoretischer Vorteil; Daten hierzu fehlen
Nicholson G, Pereira AC, Hall GM (2002) Parkinson‘s disease
jedoch. Für Thiopental ist in einem Fallbericht das and anaesthesia. Br J Anaesth 89: 904–916
Auftreten parkinsonoider Syptmone beschrieben Rozet I, Muangman S, Vavilala MS et al. (2006) Clinical expe-
worden. Die Wirkung von Propofol auf den Tremor rience with dexmedetomidine for implantation of deep
ist uneinheitlich, weshalb es zumindest für die brain stimulators in Parkinson‘s disease. Anesth Analg
103: 1224–1228
»deep brain stimulation«-Eingriffe weniger geeig-
Schneemilch C (2010) Neurologische Erkrankungen –
net erscheint. Bei Verwendung von Ketamin muss Allgemeinanästhesie bei neurologischen Erkrankungen.
theoretisch mit Interaktionen mit Levodopa gerech- Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 45:
net werden. Im Falle von Alfentanil muss mit einer 336–344
Verstärkung der Muskelrigidität gerechnet werden,
weshalb seine Verwendung nicht empfohlen wird.
Bei Patienten, die Selegilin (ein MAO-Hemmer) in
der Therapie haben, ist Pethidin kontraindiziert!
202 Pätau-Syndrom (Trisomie 13)

Pätau-Syndrom durchgeführt; wenn überhaupt, dann meist bei


Neugeborenen mit weniger schwerwiegenden zere-
(Trisomie 13) bralen und kardialen Malformationen. Diejenigen
Neugeborenen, die trotzdem operiert werden, sind
z Synonyme aufgrund des Entwicklungsrückstands und der
Bartholin-Pätau-Sy. schwierigen Ernährung oft geschwächt und ent-
sprechend vital gefährdet. Patienten mit verschie-
z Oberbegriffe denen Zelllinien (Mosaik) können eine höhere Le-
Chromosomenanomalie, Trisomien, Spaltbil- benserwartung aufweisen.
dungen, Mikrozephalie.
z Spezielle präoperative Abklärung
z Organe/Organsysteme Herz-Kreislauf-Funktion, Ernährungs- und Hydra-
Skelett, Gesichtsschädel, ZNS, Sinnesorgane, Gas- tationszustand.
trointestinaltrakt, Extremitäten.
z Wichtiges Monitoring
z Inzidenz Pulsoxymetrie, Kapnometrie, Volumetrie, Relaxo-
Führt meist zu intrauterinem Fruchttod. Bei Aus- metrie, Blutzucker, Temperatur.
tragung Entwicklungsrückstand und eine Lebens-
erwartung von weniger als einem Jahr. z Vorgehen
Aus den wenigen vorhandenen Berichten über
z Ätiologie Anästhesien bei Trisomie-13-Neugeborenen und
Kongenital überzähliges Chromosom 13, meist auf- -Kleinkindern lassen sich nur einige wenige allge-
grund meiotischer Teilungsfehler. meine Schlüsse ziehen. Wichtig ist die Antizipation
und Vorbereitung auf eine schwierige Intubation,
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen insbesondere bei Kindern mit Gesichtsspalten. Da-
Ullrich-Feichtiger-Sy, andere Trisomien. bei bedeutet nicht nur das Vorhandensein der Spal-
ten ein Problem (v. a. die Positionierung des Laryn-
Symptome goskops erweist sich oft als extrem schwierig), son-
dern auch die veränderten Größen der benachbarten
Bei Geburt meist erheblicher Wachstumsrückstand. Strukturen. Insbesondere ist mit einem anterior an-
Schwerwiegende Schädelmissbildungen wie Mikro- gelegten Larynx und einer Mandibulahypoplasie zu
zephalie, doppelseitige Lippen-Kiefer-Gaumen- rechnen. In jedem Fall erfordert das Atemwegsma-
Spalte (60–80%), Mikrophthalmie, Polydaktylie (oft nagement die sorgfältige Vorabklärung der zu er-
6 Finger), Skalpdefekte. wartenden Morphologie, die Bereitstellung von ge-
eignetem Material und die Beiziehung von erfah-
z Vergesellschaftet mit renem Personal.
P Hämangiome an der Stirn, Herzfehler (bis 80%; Ein weiteres mit Trisomie 13 assoziiertes Pro-
vorwiegend Septumdefekte und offener Ductus ar- blem ist die häufige kardiale Beteiligung. Sowohl
teriosus Botalli), Nierenfehlbildungen (Zysten-, Septumdefekte als auch Kardiomyopathien können
Hufeisennieren), Genitalhypoplasie. zu unerwarteten hämodynamischen Entgleisungen
Psychomotorischer Entwicklungsrückstand, führen. Im Zusammenhang mit vermuteter Kardio-
Epilepsie, Myoklonien, Blindheit, Taubheit. Oft liegt myopathie ist ein Fall von bradykardisierender Wir-
eine muskuläre Hypotonie vor. kung von Halothan beschrieben worden, die nach
Wechsel auf Isofluran behoben werden konnte. An-
Anästhesierelevanz ästhetika mit ausgeprägten kardiovaskulären Ne-
benwirkungen sollten titriert dosiert werden. Peri-
Aufgrund der sehr kurzen Lebenserwartung wer- operative medikamentöse Prophylaxe einer bakteri-
den Korrekturoperationen nur zurückhaltend ellen Endokarditis.
Phäochromozytom
203 P
Beim Vorliegen einer musklären Hypotonie ist rung. Die hormonbildenden Tumoren sind vor-
Zurückhaltung bei der Muskelrelaxation und Rela- zugsweise im Nebennierenmark (80–90%) ange-
xometrie angezeigt. siedelt.
Rückenmarknahe Regionalanästhesien sind
kontraindiziert, da eine erhöhte Inzidenz lumbosa- z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
kraler Anomalien wie Dysraphie-Syndrome, »tethe- Isoliertes Auftreten oder im Zusammenhang mit
red-cord«, oder Duralektasie besteht. verschiedenen Syndromen wie multiple endokrine
Neoplasien (MEN) Typ IIa, Sipple-Sy (medulläres
! Cave
Schilddrüsenkarzinom, Nebennierenhyperplasie,
Anästhetikum- und Relaxansüberhang, nicht
Phäochromozytom) oder Typ IIb. Assoziation mit
diagnostizierte Neuralrohrdefekte.
neuroektodermalen Neoplasien (Neurofibromato-
se, tuberöse Sklerose, Sturge-Weber-Sy, von Hippel-
Literatur Lindau-Sy).
Differenzialdiagnostisch müssen u. a. ausge-
Cohen IT (2006) Caudal block complication in a patient with
trisomy 13. Pediatr Anesth 16: 213–215 schlossen werden: Hypertonus primärer und sekun-
Martlew RA, Sharples A (1995) Anaesthesia in a child with därer (renaler, endokriner) Genese, andere endokri-
Patau’s syndrome. Anaesthesia 50: 980–982 ne Dysfunktionen (Hyperthyreose bzw. Thyreoto-
Pollard RC, Beasley JM (1996) Anaesthesia for patients with xikose, Karzinoid-Sy, Apudome), kardiovaskuläre
trisomy 13 (Patau’s syndrome). Paediatr Anaesth 6: 151–
Ursachen (Herzinfarkt, Lungenembolie, Angina
153
pectoris), Menière-Sy, Migräne, Temporallappen-
epilepsie, Psychoneurosen, ggf. auch maligne Hy-
perthermie.
Phäochromozytom
Symptome
z Synonyme
Hyperhormonales Nebennierenmark-Sy, engl. Klassische Trias: Kopfschmerz, Schweißausbrüche
»phaeochromocytoma«. (Hyperhidrose), von Palpitationen begleiteter Hy-
pertonus (als Dauerhypertonie oder paroxysmal).
z Oberbegriffe Auch: orthostatische Hypotonie, Arrhythmien (Vor-
Endokrinopathie, adrenogenitale Ss, chromaffine hofflimmern, Extrasystolie, AV-Block, wandernder
Tumoren, hormonsezernierende Neoplasien, ka- Schrittmacher), Gewichtsverlust, Nervosität, Übel-
techolaminproduzierende Tumoren, Paragangli- keit, Erbrechen, sekundärer Diabetes mellitus.
ome.
z Diagnostik
z Organe/Organsysteme Bestimmung von Adrenalin und Noradrenalin im
Nebennierenmark (NNM), sympathoadrenales 24-Stunden-Urin mittels Radioimmunassay, zu-
System, Grenzstrang, Herz-Kreislauf-System. sätzlich Messung der Katecholaminmetabolite
(Metanephrin und Normetanephrin) in Plasma und
z Inzidenz Urin; ggf. Diagnosebestätigung durch ausbleibende
1:20.000–50.000 (0,1–1% der Hypertoniker); Mani- Hemmung der Katecholaminsekretion während des
festationsalter 30–50 Jahre. Clonidin-Suppressionstests. Lokalisation des Tu-
mors mittels CT, MRT, Metajodbenzylguanidin-
z Ätiologie Szintigraphie (MIBG-Scan) zum Ausschluss extra-
Aus der Neuralleiste stammende Zellen (Sympatho- adrenaler Tumoren.
blasten, Sympathogonien) können sich in katecho-
laminproduzierende Klone umwandeln und Ade- z Labor
nome oder Karzinome bilden. Letztere neigen in 5% Hypovolämie durch massive Reduktion des zirku-
der Fälle zu malignem Wachstum und Metastasie- lierenden Plasmavolumens. Hb/Hkt erhöht, Leuko-
204 Phäochromozytom

zytose, transitorische Hyperglykämien, Glykolabili- z Wichtiges Monitoring


tät, Proteinurie, Erythrozyturie. Invasive kontinuierliche Blutdruckmessung, mehr-
lumiger zentraler Venenkatheter, erweitertes hämo-
z Vergesellschaftet mit dynamisches Monitoring (TEE, PiCCO- oder Swan-
Apoplexie, adrenerge Kardiomyopathie, Links- Ganz-Katheter), häufige Hämoglobin-, Hämato-
herzinsuffizienz mit Dekompensationszeichen krit-, Blutzucker-, Elektrolyt-, Blutgas- und
(Lungenödem, kardiogener Schock). Säure-Basenstatus-Kontrollen, Kontrolle der Nar-
kosetiefe (bispektraler Index oder Entropie).
z Therapie
Operative Tumorentfernung nach vorbereitender z Vorgehen
pharmakologischer Therapie. Therapie der Wahl: Für die elektive chirurgische Entfernung des Phäo-
einschleichende α-Rezeptorenblockade mit Phen- chromozytoms ist die präoperative medikamentöse
oxybenzamin (250–300 mg/Tag) über 2 Wochen. Hemmung der Katecholaminwirkung Grundvor-
Alternativ Prazosin oder Doxazosin. Bei Einsetzen aussetzung. Aufgrund der längeren Wirkdauer soll-
einer Reflextachykardie β-selektive Rezeptoren- te die letzte Gabe von Phenoxybenzamin 48 h vor
blocker (Metoprolol, Bisoprolol oder Acebutolol), der Operation erfolgen. Prazosin oder Doxazosin
Carvedilol oder Labetalol als kombinierter α-β- sollten bis zum Vorabend gegeben werden, gemein-
Blocker. Eine ausreichende präoperative Behand- sam mit einem langwirksamen Benzodiazepin zur
lung besteht bei: Blutdruck ≤160/90 mmHg 24 h Sicherung des Nachtschlafs in Erwartung der Ope-
vor der Operation, Blutdruck ≥80/45 mmHg bei ration.
orthostatischen Manövern, kein Nachweis von Kontraindizierte Substanzen: Succinylcholin
EKG-Veränderungen, weniger als eine ventrikuläre (Auslösung von Herzrhytmusstörungen), Droperi-
Extrasystole pro 5 min. dol (DHBP) (Reflextachykardie) Halothan (ar-
rhythmogene Eigenschaften), Enfluran, Desfluran,
Anästhesierelevanz Ketamin. Pancuronium (Vagolyse), Atracurium
(Histaminliberation).
Das unbehandelte Phäochromozytom hat eine hohe Neben einer stark sedierenden Prämedikation
perioperative Mortalität. Nicht diagnostizierte Phä- ist eine ausreichende Narkosetiefe vor der endotra-
ochromozytome können intraoperativ zu erheb- chealen Intubation erforderlich, um überschießen-
lichen Komplikationen führen. Die extrem erhöhte de Blutschwankungen zu verhindern. Die Gabe von
Herzarbeit gegen den erhöhten peripheren Wider- Lidocain (1–2 mg/kg i.v.) wird empfohlen. Bei be-
stand sowie die Zunahme der Herzfrequenz führen reits bestehender Kardiomyopathie müssen inotro-
zum Anstieg des myokardialen Sauerstoffver- pe Substanzen titriert dosiert werden sowie durch
brauchs mit der Gefahr eines akuten Myokardin- präoperative Volumengabe (500–1000 ml) eine
farkts sowie Linksherzversagens. Darüber hinaus ist Normovolämie angestrebt werden.
der Patient gefährdet, in Folge des erhöhten Blut- Bis zur Tumorlokalisation und Unterbindung
P drucks eine zerebrale Blutung oder Aortendissek- der ableitenden venösen Gefäße ist mit den Folgen
tion zu erleiden. eines erhöhten Katecholaminspiegels zu rechnen.
Zur Behandlung von hypertensiven Episoden sind
z Spezielle präoperative Abklärung Natriumnitroprussid, Nitroglycerin, Phentolamin
Überprüfung der Effektivität der pharmakologi- und Esmolol geeignet; diese müssen bereits zum
schen Therapie (s. oben). Ausschluss manifester Zeitpunkt der Anästhesieeinleitung zur Verfügung
Organschäden, kardialer, pulmonaler Status. Aus- stehen. Darüber hinaus kann durch Gabe von Ma-
schluss anderer assoziierter Syndrome. EKG, Tho- gnesiumsulfat in einer Dosierung von 40–60 mg/
raxröntgen, Echokardiographie, Stoffwechselpara- kgKG (1,65–2,45 mmol/kg) eine perioperative
meter, Blutzuckerprofil. Kreislaufstabilität erreicht werden, jedoch muss mit
der Wirkungsverlängerung von Muskelrelaxanzien
gerechnet und diese überprüft werden. Nach Tu-
Pierre-Robin-Syndrom
205 P
morentfernung kann durch das plötzliche Absinken
des Katecholaminspiegels eine bestehende Hypovo-
Pierre-Robin-Syndrom
lämie demaskiert und eine ausgeprägte Hypotonie
manifest werden. z Synonyme
Eine Kombination von Allgemein- und Regio- Kongenitale Mikrogenie und Glossoptose.
nalanästhesie kann sinnvoll sein, jedoch ist mit
einer zusätzlichen Beeinflussung der Blutdruck- z Oberbegriffe
regulation durch Sympathikolyse zu rechnen, eben- Missbildungen, kraniomandibulofaziale Dysmor-
so mit einer Blutdruckerhöhung im Rahmen der phie, Kieferbogen-Ss.
Anlage eines Epiduralkatheters beim wachen Pa-
tienten. z Organe/Organsysteme
Postoperativ muss die Überwachung des Patien- Zunge, Unterkiefer, Oberkiefer, Gesichtsschädel.
ten auf der Intensivstation sichergestellt sein.
z Inzidenz
! Cave
1:30.000–50.000.
Hypovolämie, Halothan, Desfluran (v. a.
plötzliche Anflutung mit hohen Alveolarkon- z Ätiologie
zentrationen), Ketamin, DHBP, Succinylcho-
Hereditär und kongenital. Es werden sowohl ein
lin. Bei intraoperativer Hypertension und po-
autosomal-rezessiver als auch ein X-chromosoma-
sitiver Anamnese an die Möglichkeit eines
ler Vererbungsmodus und auch eine exogene em-
Phäochromozytomrezidivs denken.
bryopathische Genese diskutiert. Im Vordergrund
steht eine frühfetale Hemmungsfehlbildung der
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nats.
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in its management. Br J Anaesth 85: 44–57
sien), Herzvitien (Septumdefekte, persistierender
Ductus arteriosus Botalli, Fallot-Tetralogie, Aorte-
206 Pierre-Robin-Syndrom

nisthmusstenose, Dextrokardie), ZNS-Erkrankun- Gabe von Anästhetika berichtet, wobei außerdem


gen (Hydrozephalus, Mikrozephalus, geistige Retar- fiberoptisch durch die Larynxmaske intubiert wer-
dierung). den konnte. Generell erlauben wiederverwendbare
Larynxmasken die Passage von Tuben mit 1 mm
Anästhesierelevanz größerem Außendurchmesser als die Single-use-
Varianten. Sehr erfahrene Intubateure können mit
Die aufgrund der Gesichtsmalformationen erheb- einem geeigneten biegbaren Mandrin via paraglos-
lich erschwerte Laryngoskopie und Intubation sind salem Zugang intubieren, allerdings ist visualisie-
die Hauptprobleme bei dieser Erkrankung. Die renden Verfahren immer der Vorzug zu geben.
Zunge kann normal groß sein, aufgrund des Miss- Nach Einlegen der Larynxmaske (die bei dieser
verhältnisses zum hypoplastischen Unterkiefer er- Malformation relativ leicht gehen soll) kann sekun-
scheint sie trotzdem zu voluminös (Pseudomakro- där ein geeigneter Endotrachealtubus unter fiberop-
glossie). Mit zunehmendem Alter verbessert sich tischer Kontrolle in die Trachea eingeführt werden.
die Intubierbarkeit durch Wachstum des Unterkie- Im Rahmen dieser »erleichterten« fiberoptischen
fers. Oft haben die Kinder schadhafte Zähne, die Technik ist es nicht unbedingt nötig, die Larynx-
ihrerseits Indikation für zahnärztliche Eingriffe in maske wieder zu entfernen, allerdings ist es ratsam,
Anästhesie sind. den Cuff zu entleeren. Darüber hinaus kommen
auch videooptisch erweiterte Techniken in Frage
z Spezielle präoperative Abklärung wie die Intubation mit dem Videolaryngoskop oder
Wegen der häufigen Aspirationspneumonien v. a. dem Videostilett. Während der Anästhesieeinlei-
im Säuglingsalter und der Herzmissbildungen Tho- tung sollte der Operateur für eine Koniotomiebe-
raxröntgenaufnahme, Echokardiographie. Infekt- reitschaft anwesend sein.
parameter. Eine Allgemeinanästhesie kann »per inhalatio-
nem« in halbsitzender Position eingeleitet werden,
z Wichtiges Monitoring danach Rückenlage mit prononcierter Retroflexion
Pulsoxymetrie, Kapnographie, Kreislaufparameter, der HWS (Schulterunterlegung). Nach erfolgreicher
postoperative Respirationsüberwachung. Intubation sollte der Magen über eine Sonde abge-
saugt werden, da unter der vorangegangenen, ggf.
z Vorgehen schwierigen Maskenbeatmung sich Beatmungsgas
Eine vagolytische Prämedikation erscheint sinnvoll, im Magen angesammelt haben könnte.
ebenso die prophylaktische Gabe von Natrium citri- Bei der Extubation erneute Gefahr von respira-
cum oder H2-Rezeptorenblockern. Für die Intuba- torischen Problemen, insbesondere bei einer mani-
tion selbst sind alle Vorkehrungen zu treffen, dass pulationsbedingten Schwellung von Zunge und
bei Problemen eine ausreichende Oxygenation ge- Larynx. Dies kann bis zu 36 Stunden nach der Ope-
währleistet werden kann (verschiedene Spatel, Gue- ration vorkommen.
del- und Wendl-Tuben). Vor der Einleitung ausgie- Eine längerdauernde postoperative Überwa-
P big präoxygenieren. chung und Nachbeatmung können bei Relaxans-
Zur konventionellen Intubation, die in jedem überhang und bis zur Wiederkehr der Schutzreflexe
Fall durch einen erfahrenen Anästhesisten erfolgen angebracht sein. Dies gilt vor allem bei Säuglingen
sollte, kommen eine ganze Reihe von alternativen mit gelegentlicher Schlafapnoe.
Verfahren in Frage. Dazu gehören: Blind nasale, re- Eine Ketaminanästhesie bei erhaltener Sponta-
trograde, fiberoptische Intubation, direkte Laryn- natmung und nicht gesicherten Atemwegen ist ge-
goskopie mit retromolarem Zugang bei akzentuier- fährlich wegen der Tendenz der Zunge, auf die Glot-
ter Retroflexion der HWS, Bullard-Laryngoskop, tis zurückzufallen und einen Atemstillstand auszu-
Upsherscope oder Atemwegssicherungstechniken, lösen.
die ohne Endotrachealtubus auskommen, wie die
Larynxmaske. Bei Säuglingen wurde auch die er- ! Cave
folgreiche Einführung der Larynxmaske vor der Relaxation ohne Sicherung der Atemwege.
Polycythaemia rubra vera
207 P
Literatur stellung älter als 50 Jahre, sehr selten junge Erwach-
sene (2% sind 18–30 Jahre), nur in Einzelfällen Kin-
Almenrader N, Passariello M, Coccetti B, Pietropaoli P (2008)
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1049–1060

Symptome

Polycythaemia rubra Hochrote Gesichtsfarbe und tiefrote Schleimhäute,


gelegentlich Zyanose (Ausschöpfungszyanose, vorwie-
vera gend der Akren), Splenomegalie, Herzhypertrophie,
Strukturveränderungen von Knochen (Bürstenschä-
z Synonyme
del), Kopfschmerzen, Dyspnoe, Vertigo, Tinnitus.
Morbus Vaquez-Osler, Erythrämie.
z Oberbegriffe z Labor
Idiopathische Polyglobulie (Polyzythämie), Pletho- Blutbild: Erythrämie (Erythrozytose) mit Hämoglo-
ra, Neoplasie des erythropoetischen Systems, mye- bin über 17,7 g/dl (männlich); 15,7 g/dl (weiblich);
loproliferative Erkrankung. Hämatokrit über 0,5; Poikilo- und Anisozytose, ge-
legentlich Leukozytose, Thrombozytose; alkalische
z Inzidenz Phosphatase (aus Leukozyten) erhöht.
Die jährliche Inzidenz in Deutschland liegt bei ca. Knochenmark: gesteigerte Erythropoese, Mega-
500–600 PatientInnen. Fast 90% sind bei Diagnose- karyozytenzahl erhöht.
208 Polycythaemia rubra vera

z Vergesellschaftet mit ggf. invasive kontinuierliche Blutdruckmessung,


Gesteigerte Blutmenge und Blutviskosität bei hoher Diurese.
Erythrozytenzahl führen zur Ausschöpfungszyano-
se (kapilläre Hypoxämie), Störungen des Wasser- z Vorgehen
haushalts (hypervoläme Dehydratation), Thrombo- Klare Vorzüge für bestimmte Anästhesieverfahren
seneigung mit thromboembolischen Komplika- sind nicht dokumentiert. Einerseits werden rücken-
tionen (Apoplexie, Lungenembolien), aber auch marknahe Regionalanästhesietechniken empfohlen,
Gerinnungsstörungen (Koagulopathien). Der weil sie weniger mit dem Risiko von Thrombosen
Kreislauf ist insgesamt verlangsamt und die Mikro- und deren Folgekomplikationen behaftet sind, an-
zirkulation ist gestört (Sludge- oder Geldrollenphä- dererseits sind diese bei Gerinnungsstörungen kon-
nomen in den Kapillaren), Gicht, Gastrointestinal- traindiziert. Das richtige Vorgehen ist daher indivi-
traktblutungen. duell zu entscheiden. Wesentlich wichtiger ist eine
optimierende präoperative Vorbereitung (s. oben)
z Therapie und eine adäquate perioperative Überwachung.
Zytostatika, Radiotherapie, Phlebotomie (blutiger Mit einer differenzierten Infusionstherapie und
Aderlass), Thromboseprophylaxe. Behebung der Dehydratation lässt sich die Mikro-
zirkulation verbessern und die Thrombosegefahr
Anästhesierelevanz vermindern. Gleichzeitig kann mit Vasodilatatoren
eine Senkung des Afterloads und eine bessere
Unbehandelte Polyzythämiepatienten haben ein Durchblutung der Peripherie erreicht werden.
deutlich höheres perioperatives Komplikations- Mit vermehrten Blutungskomplikationen rech-
und Mortalitätsrisiko. Dabei handelt es sich einer- nen; ggf. genügend Erythrozytenkonzentrate und
seits um vermehrt auftretende Thrombosen und FFP bereitstellen.
Thromboembolien und andererseits um Gerin- Empfohlen werden die Verwendung von Kom-
nungsprobleme, die aus einer möglichen Funk- pressionsstrümpfen und eine sorgfältige Lagerung.
tionsstörung der Thrombozyten und einer er-
! Cave
höhten Gefäßfragilität herrühren. Daher sollte der
Dehydratation, kontrollierte Hypotension,
präoperativen Behandlung der Erkrankung eine
Koagulopathie (v. a. nach Zytostatika-
hohe Priorität beigemessen werden. Sie beinhaltet
behandlung).
die Reduktion des Hämatokrits (Viskositäts-
verminderung, Verbesserung der Mikrozirkula-
tion und des O2-Angebots in der Peripherie, Literatur
Afterloadsenkung) sowie eine Thromboseprophy-
laxe. Cario H, McMullin MF, Pahl HL (2009) Clinical and hematologi-
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z Spezielle präoperative Abklärung
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sen-Status, Thoraxröntgenaufnahme (Herzgröße, Schmitt HJ, Becke K, Neidhardt B (2001) Epidural anesthesia
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Sosis MB (1990) Anesthesia for polycythemia vera. J Clin
Anesth 2: 31–34
z Wichtiges Monitoring
Pulsoxymetrie, Kapnographie (Lungenemboliege-
fahr!), Blutgasanalysen, Säure-Basen-Status, ZVD,
Prader-Willi-Syndrom
209 P
4 Spätphase (ab 3. Lebensjahr): Mentale Retardie-
Prader-Willi-Syndrom rung, Verhaltensstörungen (Aggressivitätsatta-
z Synonyme cken, Hyperphagie, Hypersomnie), Lernschwie-
rigkeiten, Hypogonadismus, Kryptorchismus,
Prader-Labhardt-Willi-Sy.
Muskelhypotonie, Adipositas permagna, mon-
z Oberbegriffe goloide Lidfalte, schmale dreieckige Oberlippe,
Akromikrie, Wachstumsrückstand, Menstrua-
Missbildungen, Minderwuchs-Ss.
tionsstörungen, Epilepsie.
z Organe/Organsystem z Labor
Kohlenhydratstoffwechsel, Fettstoffwechsel, ZNS, Blutzuckerentgleisungen (Glykolabilität).
Respirationstrakt, Gastrointestinaltrakt, Haut und
Subkutis. z Vergesellschaftet mit
Strabismus, gastroösophageale Regurgitationsnei-
z Inzidenz
gung, verkürzter bifrontaler Kopfdurchmesser, Di-
1:15.000 bis 1:25.000. Gilt mit ca. 1% als die zweit- abetes mellitus, Wirbelsäulenanomalien (Skoliose),
häufigste Erkrankung mit angeborener mentaler Hüftluxation, Arrhythmieneigung, niedriger Para-
Retardierung nach dem Down-Sy. sympathikustonus, Krampfneigung, kariöses Ge-
z Ätiologie biss. IQ meist bei 55–65.
Kongenital und hereditär mit autosomal-rezessivem z Therapie
Erbgang. Dabei lässt sich eine Chromosomenano- Behandlung mit Wachstumshormonen bei GH-
malie feststellen: In 60–75% der Fälle eine partielle Mangel, diätetische Maßnahmen, Regurgitations-
Deletion des langen Arms vom väterlichen Chro- prophylaxe (Antazida wie H2-Rezeptorenblocker
mosom 15 mit Anlagerung an q11-13, und bei 25– oder Protonenpumpenhemmer), bei bestehender
40% liegt eine Disomie des mütterlichen Chromo- Hypertrophie Adenotonsillektomie, psychosoziale
soms 15 vor. Die krankheitsspezifischen Verände- Betreuung.
rungen von Stoffwechsel, Muskelaktivität und
Thermoregulation werden auf hypothalamischen
Anästhesierelevanz
Ursprung zurückgeführt. Das Muskelgewebe zeigt
eine verstärkte Fetteinlagerung. In der Frühphase stehen v. a. die mit der Mangeler-
nährung zusammenhängenden Probleme im Vor-
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
dergrund. Später sind die gastroösophageale Regur-
Pickwick-Sy, Schlafapnoe-Sy, Undine-Sy, Diabetes gitationsneigung, die Störung des Kohlenhydrat-
mellitus, Cushing-Sy, Adipositas-Hyperthermie- stoffwechsels, die Thermoregulationsstörung und
Oligomenorrhö-Parotis-Sy (AHOP) vom Typ Fröh- die erkrankungsspezifischen morphologischen
lich, juveniler Adiposogigantismus (Dystrophia Merkmale von besonderer Relevanz. Eine erhebli-
adiposogenitalis), Adiposogynandrismus, Lau- che Adipositas (Fallberichte von BMI >60 kg·m−2)
rence-Moon-Biedl-Bardet- (adiposohypogenitales) kann insbesondere zu respiratorischen Problemen
Sy, Hypothyreose, Myxödem, hypothalamische führen, aber auch die venöse oder arterielle Kanü-
Fettsucht, Down-Sy, Angelman-Sy. lierung erschweren. Eine verminderte Antwort der
peripheren Chemozeptoren auf Hyperkapnie und
Symptome Hypoxie ist beschrieben. Generell erfordern die we-
nig kooperativen Patienten ein einfühlsames und
Es werden 2 Phasen mit teils abweichenden Symp- geduldiges Vorgehen des Anästhesisten.
tomen unterschieden:
4 Frühphase (Neugeborenenalter): Muskelhypoto- z Spezielle präoperative Abklärung
nie, Trinkschwäche, Hyporeflexie, Hypother- Ernährungs- und Hydratationszustand (v. a. in der
mie, gelegentlich Neigung zu zentraler Apnoe. Frühphase), Blutzuckertagesprofil, Thoraxröntgen,
210 Prader-Willi-Syndrom

Zahnstatus, Serumelektrolyte, EKG (Arrhythmien), Es wurde sowohl über Fälle von Hypo- als auch
ggf. Untersuchung im Schlaflabor. von Hyperthermie und metabolischer Azidose be-
richtet. Ein Zusammenhang mit maligner Hyper-
z Wichtiges Monitoring thermie (MH) lässt sich nicht postulieren, so dass es
Pulsoxymetrie, EKG, Relaxometrie, kontinuierliche vorerst keine gesicherte Kontraindikation für MH-
Temperaturmessung. Triggersubstanzen gibt.
In Stresssituationen (Sepsis, Fieber, Trauma) soll-
z Vorgehen te ggf. eine intraoperative Kortisongabe erfolgen.
Bei der Prämedikation ist ein vorsichtiger Umgang Erst extubieren, wenn ausreichende Abwehr-
mit Benzodiazepinen geboten, da die Gefahr einer und Schutzreflexe vorhanden sind. Die längere
Atemdepression besteht; im optimalen Fall medika- postoperative Überwachung dient v. a. der Vermei-
mentöse Prämedikation nur unter Überwachung. dung von hypoxischen Zuständen und Blutzucke-
Empfohlen wird die prophylaktische i.v.-Gabe von rentgleisungen.
H2-Rezeptorenblockern und von Metoclopramid ! Cave
1 h vor Anästhesiebeginn und eines Antazidums Sedierung und Anästhesie ohne Sicherung
(z. B. 20–30 ml Natrium citricum 0,3 molar p.o. un- der Atemwege, Aspiration von saurem Ma-
mittelbar vor Narkoseeinleitung). gensaft, Ketamin (bei Krampfneigung), Halo-
Adäquates Material zur Venenkanülierung be- than (bei Arrhythmieneigung), Relaxans- und
reitstellen, evtl. intraossäre Kanüle oder ultraschall- Opioidüberhang, unerkannte Hypoglykämie,
gesteuerte Anlage eines zentralen Venenkatheters in Auskühlung.
Lokalanästhesie.
Die Wahl des Anästhetikums bzw. der Anästhe- Literatur
siemethode wird von der Kooperationsfähigkeit des
Patienten beeinflusst. Regionalanästhesien sind aus Dearlove OR, Dobson A, Super M (1998) Anaesthesia and
diesem Grunde und bei ausgeprägter Adipositas Prader-Willi syndrome. Paediatr Anaesth 8: 267–271
De Lind van Wijngaarden RF, Otten BJ, Festen DA et al. (2008)
oder bei Skoliosen enge Grenzen gesetzt. Es gibt kei- High prevalence of central adrenal insufficiency in pati-
ne expliziten Kontraindikationen für Ketamin, es ents with Prader-Willi syndrome. J Clin Endocrinol Metab
sollte jedoch bei bekannter Krampfneigung nicht 93: 1649–1654
verwendet werden. Grundsätzlich sind Anästhetika Ince E, Ciftçi E, Tekin M, Kendirli T et al. (2005) Characteristics
mit kurzer Wirkdauer (Remifentanil, Propofol, of hyperthermia and its complications in patients with
Prader Willi syndrome. Pediatr Int 47: 550–553
Sevo- oder Desfluran) langwirksamen Anästhetika Legrand R, Tobias JD (2006) Anesthesia and Prader-Willi syn-
vorzuziehen. drome: preliminary experience with regional anesthesia.
Die Einleitung einer Allgemeinanästhesie sollte Pediatr Anesth 16: 712–22
grundsätzlich als sog. Ileuseinleitung (»rapid se- Lirk P, Keller C, Colvin J et al. (2004) Anaesthetic management of
quence induction«) nach Päoxygenierung erfol- the Prader-Willi syndrome. Eur J Anaesthesiol 21: 831–833
Mantadakis E, Spanaki AM, Geromarkaki E et al. (2006) Near
gen und eine schwierige Intubation eingeplant demise of a child with Prader-Willi syndrome during elec-
P werden. Möglicherweise stößt man auf nicht alter- tive orchidopexy. Pediatr Anesth 16: 790–793
sentsprechende zu enge obere Atemwege; daher Nishikawa M, Mizutani T, Nakao T et al. (2006) Respiratory fai-
auch Tuben kleineren Durchmessers bereithalten. lure due to morbid obesity in a patient with Prader-Willi
Häufig haben Prader-Willi-Sy-Patienten sehr ka- syndrome: an experience of long-term mechanical venti-
lation. J Anesth 20: 300–303
riöse Zähne (mangelnde Pflege und häufige Ma- Nixon GM, Brouillette RT (2002) Sleep and breathing in Prader-
gensaftregurgitation während des physiologischen Willi syndrome. Pediatr Pulmonol 34: 209–217
Schlafs). Pavone M, Paglietti MG, Petrone A et al. (2006) Adeno-
Die Wirkung von nichtdepolarisierenden Rela- tonsillectomy for obstructive sleep apnea in children with
xanzien ist weniger gut als bei Normalpersonen vor- Prader-Willi syndrome. Pediatr Pulmonol 41: 74–79
Sharma AD, Erb T, Schulman SR et al. (2001) Anaesthetic con-
aussehbar, daher empfiehlt sich die relaxometrisch siderations for a child with combined Prader-Willi syn-
kontrollierte Gabe von kleinen Einzeldosen, bis die drome and mitochondrial myopathy. Paediatr Anaesth
gewünschte Wirkung erreicht ist. 11: 488–490
Präeklampsie/Eklampsie
211 P

Präeklampsie/Eklampsie Bei schweren Verlaufsformen: Oligurie, Lungen-


ödem, Koma, Verbrauchskoagulopathie (dissemi-
nierte intravasale Gerinnung, DIC), Multiorganver-
z Synonyme sagen.
EPH-Gestose, Schwangerschaftstoxikose, Toxämie. Beachte: Es gibt in der Literatur keine einheitli-
che Definition von milder und schwerer Präek-
z Oberbegriffe lampsie.
Gravidität, Schwangerschaftstoxikose, schwanger- Labor: Proteinurie (5 g/24h), Thrombozytope-
schaftsinduzierte Hypertonie (SIH) und Krampfan- nie, Anstieg der Transaminasen AST und ALT.
fälle.
z Therapie
z Organe/Organsysteme Einstellung des Blutdrucks (Dihydralazin, β-Blok-
Plazenta, Uterus, Arteriolen (Gefäßsystem), Leber, ker). Thrombozytenaggregationshemmer (Azetyl-
Nieren, ZNS, Thrombozyten (Gerinnungssystem, salicylsäure), Magnesiumsulfat, medikamentöse
Hämostase). Krampfprophylaxe.
Unterstützung wichtiger Organfunktionen (At-
z Inzidenz mung, Kreislauf, Diurese, Hämostase) und der ute-
5–10% aller Schwangerschaften gehen mit Hyperto- roplazentaren Durchblutung, Bettruhe, Entbin-
nie einher. Präeklampsie tritt bei ca. 6–8% aller dung.
Schwangerschaften auf, die Inzidenz steigt bei vor-
bestehender Hypertonie, Diabetes mellitus oder Anästhesierelevanz
Präeklampsie bei früherer Schwangerschaft.
Geburtshilfliche Anästhesie, Sectio caesarea
z Ätiologie
Schwangerschaftsbedingte Mikroangiopathie (Vas- z Spezielle präoperative Abklärung
kulitis). Es wird eine Störung im Gleichgewicht der Blutbild (Thrombozytenzahl), Gerinnungsparame-
Arachidonsäuremetaboliten mit Neigung zu seg- ter, Leber- und Nierenfunktionsparameter.
mentalen Vasospasmen, Endothelschädigung,
Thrombozytenaggregation, Fibrinablagerung in z Wichtiges Monitoring
den Arteriolen (mit nachfolgender Ischämie aller EKG, invasive kontinuierliche Blutdruckmessung,
Organe) vermutet. Die genaue Pathophysiologie ist zentraler Venendruck, Pulsoxymetrie, regelmäßige
immer noch ungeklärt. Überprüfung der Gerinnungsfunktion, Relaxomet-
rie (bei Magnesiumtherapie), Diurese.
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
HELLP-Sy (»hemolysis, elevated liver enzymes, low z Vorgehen
platelets«), Fruchtwasserembolie, hepatorenales Sy, Die antihypertensive Behandlung sollte periopera-
hämolytisch-urämisches Sy (HUS), Hepatitis, Am- tiv fortgesetzt werden, ebenso die laufende Magne-
phetaminintoxikation, Epilepsie. siumtherapie. Aggregationshemmer sollten bei
Thrombozytopenie (<100.000/μl) abgesetzt wer-
Symptome den.
Die Epiduralanästhesie, allein oder in Kombina-
Präeklampsie: arterielle Hypertension (schwere tion mit einer Spinalanästhesie, ist (sofern keine
Form, wenn der Blutdruck Werte von 160/110 mmHg Kontraindikationen vorliegen, wie z. B. Thrombo-
anhaltend übersteigt), Ödeme, Proteinurie. zytopenie, Gerinnungsstörungen) eine gut geeig-
Eklampsie: Hyperreflexie, Kopfschmerzen, epi- nete Anästhesiemethode, da die Sympathikolyse
gastrische Schmerzen, Krämpfe. eine Verbesserung der uteroplazentaren Durchblu-
HELLP-Sy: Hämolyse, Transaminasenanstieg, tung bewirkt. Allerdings ist auf stabile Kreislaufver-
Thrombozytopenie, Schock. hältnisse zu achten, insbesondere muss eine groß-
212 Protein-C-Defizit

zügige Hydratation (Ringer-Laktat) vorangehen. Dyer RA, Piercy JL, Reed AR (2007) The role of the anaesthetist
Ebenfalls ist zu beachten, dass bei Vorliegen einer in the management of the pre-eclamptic patient. Curr
Opin Anaesthesiol 20: 168–174
Hypovolämie der Blutdruckabfall nach Wirkungs-
Fetsch NI, Bremerich DH (2008) Anästhesie bei Patientinnen
eintritt der Regionalanästhesie drastisch ausfallen mit Präeklampsie und Eklampsie. Anaesthesist 57: 87–
kann. Daher empfiehlt es sich beim kombinierten 102
Spinal-Epidural-Verfahren, die Spinaldosis eher Kam PC, Thompson SA, Liew AC (2004) Thrombocytopenia in
klein zu halten und den eventuell notwendigen Wir- the parturient. Anaesthesia 59: 255–264
Macarthur A (2003) Best evidence in anesthetic practice: pre-
kungsausbau epidural durchzuführen.
vention: magnesium sulfate reduces the risk of eclampsia
Im Falle einer Allgemeinanästhesie ist eine in women with pre-eclampsia. Can J Anesth 50: 1035–
Aspirationsprophylaxe sinnvoll (0,3-molares Natri- 1038
um citricum, H2-Rezeptorenblocker). Ausreichend Mandal NG, Surapaneni S (2004) Regional anaesthesia in pre-
präoxygenieren und eine »rapid-sequence induc- eclampsia: advantages and disadvantages. Drugs 64:
223–236
tion« durchführen. Insbesondere bei Ödem der
Pratap JN, Down JF (2008) Posterior reversible encephalopa-
Halsweichteile ist mit Intubationsschwierigkeiten thy syndrome: a report of a case with atypical features.
zu rechnen. Keine Präkurarisierung bei Magnesi- Anaesthesia 63: 1245–1248
umtherapie wegen verminderter Muskelkontrakti- Ramanathan J, Bennett K (2003) Pre-eclampsia: fluids, drugs,
lität; aus dem gleichen Grunde ist mit einer Wir- and anesthetic management. Anesthesiol Clin North Am
21: 145–163
kungsverstärkung und Verlängerung nichtdepolari-
Schneider MC, Landau R, Mörtl MG (2001) New insights in hy-
sierender Muskelrelaxanzien zu rechnen. Außerdem pertensive disorders of pregnancy. Curr Opin Anaesthesiol
kann eine erniedrigte Aktivität der Plasmacholine- 14: 291–297
sterase vorliegen, was die Wirkung von depolarisie- Stamer UM, Stüber F (2007) Spinal- oder Epiduralanästhesie
renden Muskelrelaxanzien (Succinylcholin) verlän- zur Sectio caesarea bei Präeklampsie. Anästhesiol
Intensivmed Notfallmed Schmerzther 42: 200–207
gert.
Teoh WH, Sia AT (2006) Ultra-low dose combined spinal-epi-
Beachte das Vorliegen einer Anämie, die durch dural anaesthesia for Caesarean section in severe pre-
eine Reduktion des Blutvolumens (Hypovolämie) eclampsia. Anaesthesia 61: 511–512
als Folge der peripheren Vasokonstriktion sowie zu- Van de Velde M, Berends N, Spitz B et al. (2004) Low-dose com-
sätzlich einer kapillären Leckage und Ödembildung bined spinal-epidural anaesthesia vs. conventional epi-
dural anaesthesia for Caesarean section in pre-eclampsia:
maskiert sein kann.
a retrospective analysis. Eur J Anaesthesiol 21: 454–459
Kontrolle und Sicherstellung einer ausrei-
chenden Oxygenation, der Kreislaufparameter
(Blutdrucksenkung und Rehydrierung) sowie Opti-
mierung der Nierenfunktion sind wesentlich. Eine Protein-C-Defizit
klinisch manifeste Koagulopathie erfordert die
rechtzeitige Substitution der betroffenen Faktoren z Synonyme
(FFP, Fibrinogen, Kalzium) und Thrombozyten. Es Purpura fulminans, Purpura necroticans, Purpura
gibt Hinweise darauf, dass es nach Präeklampsie zu gangraenosa haemorrhagica, Gimard-Sy.
P längerfristigen Gedächtnisstörungen kommen
z Oberbegriffe
kann.
Gerinnungsstörungen, Thromboseneigung.
Literatur
z Organe/Organsysteme
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preeclampsia experience less hypotension during spinal Gerinnungssystem, Haut, Gefäßsystem, Kapillarge-
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nal cognitive functioning after pregnancies complicated Asymptomatischer Protein-C-Mangel 1:200 bis
by severe pre-eclampsia: a pilot case-control study. Acta 1:500. Die Inzidenz thromboembolischer Erkran-
Obstet Gynecol Scand 87: 408–412 kungen im Kindesalter ist seltener als im Erwachse-
Protein-C-Defizit
213 P
nenalter, nimmt aber stetig zu und liegt im Durch- z Vergesellschaftet mit
schnitt bei 5,1 auf 100.000 Klinikaufnahmen. Auf- Zerebrale und ophthalmologische Störungen (in
treten überwiegend im frühen Kindesalter, in den utero entstanden), Thrombophlebitis, Lungen-
ersten Lebensmonaten ist das Risiko 40-mal höher. embolien.
Der Protein-C-Mangel wird autosomal-dominant
vererbt und ist überwiegend asymptomatisch. Ho- Anästhesierelevanz
mozygotie führt unbehandelt zu hoher Letalität
(Purpura fulminans) infolge spontan auftretender Im Rahmen der Purpura fulminans kann es zur
disseminierter intravasaler Gerinnung. Notwendigkeit von Nekrosektomien kommen.

z Ätiologie z Spezielle präoperative Abklärung


Protein C ist ein Vitamin-K-abhängiges Plasmagly- Diagnosesicherung.
koprotein, das nach eigener Aktivierung die Fak-
toren V und VII deaktiviert und die Fibrinolyse z Wichtiges Monitoring
durch die Neutralisierung von Plasminogenaktiva- Cuffdruck bei geblockten Tuben.
tor-Inhibitor fördert.
Bei venösen Thrombosen im Kindesalter be- z Vorgehen
steht fast immer das Grundleiden, bei Erwachsenen Wichtig ist eine atraumatische und druckentlas-
sind etwa 40% der Fälle idiopathisch. Im Falle von tende Lagerung, ggf. invasive Blutdruckmessung,
Thrombosen bei heterozygotem Protein-C-Mangel um eine Blutdruckmanschette zu vermeiden. Klei-
wird ein zusätzlicher Protein S-Mangel oder »acti- ner Tubus empfohlen, um Schleimhautnekrosen zu
vated protein C resistance« (APCR) angenommen. vermeiden. Leckage des undichten Tubus durch
Patienten mit homozygotem Mangel für Protein Kompressen abdichten.
S und Protein C werden auf jeden Fall symptoma- Die Verwendung von Frischplasma, Prothrom-
tisch. binkomplexkonzentraten oder oralen Antikoagulan-
zien wird kontrovers beurteilt. Es steht mittlerweile
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen gereinigtes Protein-C-Konzentrat zur Verfügung, das
Antithrombindefekte, Protein-S-Defekte, »activated prä- und postoperativ gegeben werden kann.
protein C resistance« (APCR), erworbenes Faktor- Vorsicht könnte möglicherweise bei der Gabe
V-Leiden: Antiphospholipidantikörper-Sy (Lupus von Vasokonstriktoren in Zusammenhang mit An-
anticoagulans, Antikardiolipinantikörper), Sanarel- tikoagulation geboten sein, da ein Fall von Hirnblu-
li-Shwartzmann-Sy, Waterhouse-Friderichsen-Sy, tung in zeitlichem Zusammenhang mit der Blut-
thrombozytisch-thrombopenische Purpura (Mo- druckanhebung nach Hypotension bei kombinier-
schcowitz-Sy), Purpura Schoenlein-Henoch. ter Spinal-Epidural-Anästhesie (CSE) beschrieben
wurde.
Symptome ! Cave
Gewebetraumatisierung.
Bei homozygotem Mangelzustand für Protein C
und S entwickelt sich wenige Stunden nach der Ge-
burt eine Purpura fulminans neonatorum, die sich Literatur
zu einer disseminierten intravasalen Gerinnung Kumagai K, Nishiwaki K, Sato K et al. (2001) Perioperative ma-
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214 Proteus-Syndrom

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Tait RC, Walker ID, Reitsma PH et al. (1995) Prevalence of pro- Fettgewebes (Lipoatrophie umschriebener Berei-
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che, aber auch massiver Überwuchs regulär vor-
Haemostas 73: 87–93
Wetzel RC, Marsh BR, Yaster M, Casella JF (1986) Anesthetic kommenden Fettgewebes, z. B. intraabdominal).
implications of protein C deficiency. Anesth Analg 65: Hautanomalien (zerebriformer Bindegewebsnävus,
982–984 Hämangiome, Lipome, epidermale Nävi), Mikroze-
phalus, kraniale Hyperostose, Hypertrophie der
Röhrenknochen, Skoliose, Augenfehlbildungen,
seltener mentales Defizit.
Proteus-Syndrom
z Vergesellschaftet mit
z Etymologie Zystische Lungenmalformationen, Kyphoskoliose,
Im Gegensatz zu vielen anderen Syndromen, deren Niereninsuffizienz, gelegentlich Krampfanfälle,
Benennung an die Erstbeschreiber erinnert, ist die- Krankheitsspezifische Tumore, vor der 2. Lebensde-
se Erkrankung nach dem griechischen Gott Proteus kade auftretend: Bilaterales ovariales Cystadenom
benannt, der als Schutz vor Gefangennahme die Fä- oder Monomorphes Adenom der Ohrspeichel-
higkeit entwickelte, seine Gestalt vielfältig zu verän- drüse
dern (»nach Art des Proteus«: polymorph, vielge-
staltig). Anästhesierelevanz
z Oberbegriffe Eine anästhesiologische Betreuung der Patienten
Dysplasie. Die Erkrankung ist dem Formenkreis der kann im Rahmen von Dentalsanierungen oder re-
Hamartosen (während der Embryonalentwicklung konstruktiver Chirurgie erforderlich sein. Progres-
entstehende tumorartige Fehlbildungen) zugeord- sive Skelettdeformitäten, invasive Lipome sowie
net. maligne Tumoren müssen je nach Lokalisation oder
Einschränkung der Beweglichkeit operiert werden.
z Organe/Organsysteme Das anästhesiologische Vorgehen richtet sich hier-
Haut, Skelettsystem. bei nach dem Umfang des chirurgischen Eingriffs.
Intubationsschwierigkeiten können aufgrund von
z Inzidenz Fehlbildungen des Gesichtes und Halses auftreten.
Sehr selten. Skelettdeformitäten können zu einer einge-
P z Ätiologie
schränkten Lungenfunktion führen. Vermehrt wur-
de das Auftreten von tiefen Venenthrombosen mit
Unbekannt. Muskelbiopsien zeigten abnormale der Gefahr der pulmonalen Embolie beschrieben.
Myofibrillen und Proliferation der sarkolemmalen
Nuklei. Auffällig ist ein pathologisch gesteigertes z Spezielle präoperative Abklärung
Wachstum umschriebener Zellbereiche. Hinweise für schwierige Atemwege; pulmonal-re-
spiratorischer Status.
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Neurofibromatosen, Bannoyan-Zonana-Sy, Klip- z Wichtiges Monitoring
pel-Trenaunay-Weber-Sy, Schimmelpenning-Feu- Die über den Standard hinaus gehende Überwa-
erstein-Mims-Sy, HHML (»hemihyperplasia-mul- chung richtet sich nach dem Muster und Ausmaß
tiple lipomatosis syndrome«). der Organbeteiligung.
Pulmonale Lymphangiomyomatose
215 P
z Vorgehen z Oberbegriffe
Bei der Entscheidung für eine medikamentöse Prä- Hamartoblastomatose, Lymphgefäßproliferation.
medikation muss auf ein eventuell vorliegendes
mentales Defizit geachtet werden. Ängstliche Kin- z Organe/Organsysteme
der und Erwachsene profitieren von einer anxioly- Peribronchiale Lymphgefäße, Lungenparenchym,
tischen Prämedikation. Für eine schwierige Intuba- Lungenkreislauf, Retroperitoneum.
tion müssen alternative Vorgehensweisen jederzeit
möglich sein. z Inzidenz
Regionalanästhesiologische Verfahren können Sehr selten mit etwas über 100 beschriebenen
durch die bestehenden Skelettdeformitäten er- Fällem in der englischsprachigen Literatur. Die Er-
schwert sein. Darüber hinaus ist geeignetes Lage- krankung betrifft ausschließlich Frauen im gebär-
rungsmaterial erforderlich, um während der Opera- fähigen Alter.
tion Lagerungsschäden zu vermeiden. Unbedingt
erforderlich ist die frühe postoperative Mobilisation z Ätiologie
zur Senkung des Thromboserisikos sowie periope- Idiopathisch. Aufgrund der Alters- und Ge-
rative medikamentöse Thromboseprophylaxe. schlechtsabhängigkeit ist zumindest eine hormo-
nelle Kausalität anzunehmen. Histopathologisch
! Cave
handelt es sich um eine progrediente Wucherung
Lagerungsschäden, thromboembolische
von unreifem glattem Muskelgewebe, die von perib-
Komplikationen.
ronchialen und retroperitonealen Lymphgefäßen
ausgeht. Diese führt im weiteren Verlauf zur Zerstö-
Literatur
rung des Lungenparenchyms (Wabenlunge, engl.
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mothorax.
Kardiovaskulär: pulmonale Hypertonie, Rechts-
Pulmonale herzinsuffizienz, Rechtsherzdekompensation, Chy-
loperikard.
Lymphangiomyomatose Thoraxröntgenaufnahme: Wabenlunge, retiku-
lär-knotige Struktur, apikale Bullae.
z Synonyme Labor: Jeweils dem Schweregrad entsprechende
Benigne Leiomyomatose, Hämangioperizytom, pathologische Blutgase; bei Globalinsuffizienz Ten-
Angioleiomyomatosis benigna. denz zur metabolischen Kompensation der chroni-
216 Pulmonale Lymphangiomyomatose

schen respiratorischen Azidose. Anisozytose und tung auf ein Niveau unter Th6. Bei der Single-shot-
Polychromasie im Blutbild. Spinalanästhesie (Subarachnoidalanästhesie) fehlt
diese Möglichkeit der diskreten Dosierung, eine
z Vergesellschaftet mit kontinuierliche Spinalanästhesie mit Katheter ist
Häufig respiratorische Infekte, reduzierter Allge- deshalb besser geeignet.
meinzustand, Kachexie, chylöser Aszites. Eine Intubationsnarkose ist v. a. mit dem Pro-
blem der postnarkotischen Beatmungsentwöhnung
z Therapie und der hohen Gefahr eines Barotraumas (Pneu-
O2-Substitution, Kortikoide, Theophyllin, Andro- mothorax) behaftet. Eine kontrollierte Ventilation
gene, Antiöstrogene, Ovarektomie, Lungentrans- sollte generell mit Druckbegrenzung auf dem nied-
plantation. rigst möglichen Niveau erfolgen. Die Möglichkeit
der Jetventilation unter Propofolanästhesie wurde
Anästhesierelevanz ebenfalls beschrieben sowie die differenzierte Ven-
tilation beider Lungen während diagnostischer Ein-
Alle anästhesiologischen Maßnahmen sind so griffe.
durchzuführen, dass sich die Ateminsuffizienz nicht Kreislaufprobleme, v. a. eine Rechtsherzinsuffi-
weiter verschlechtert. Darüber hinaus ist dem redu- zienz, machen ein differenziertes Infusionsregime
zierten Allgemein- und Ernährungszustand und und evtl. den Einsatz vasoaktiver Substanzen zur
der ggf. kompromittierten kardiovaskulären Funk- Afterloadsenkung erforderlich.
tion Rechnung zu tragen.
! Cave
z Spezielle präoperative Abklärung Barotrauma, Atemdepression, Hypervolämie,
Rechtsherzüberlastung, Anämie.
Quantifizierung der Atemfunktion (Thoraxrönt-
genaufnahme, Lungenfunktionsprüfung, Blutgasa-
nalyse, Sonographie), EKG, Kreislaufparameter, Literatur
Blutbild, Plasmaeiweiß.
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P Respiratorisch relevante Ergüsse sollten präoperativ
edn. Saunders, Philadelphia (früher Benumof bzw. Katz/
punktiert und drainiert werden. Die Möglichkeit
Benumof )
einer postoperativen Verschlechterung der At- McLoughlin L, Thomas G, Hasan K (2003) Pregnancy and lym-
mungsfunktion nach Intubationsnarkosen lässt Re- phangioleiomyomatosis: anaesthetic management. Int J
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Über gute Erfahrungen wird mit vorsichtig titrierter Sullivan EJ (1998) Lymphangioleiomyomatosis: a review.
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Epiduralanästhesie berichtet. Hierbei ist es wichtig,
Yoshikawa T, Wajima Z, Ogura A et al. (2000) Thoracoscopic
dass die Ausdehnung der Anästhesie kontrolliert lung biopsy in a patient with pulmonary lymphangiomy-
und die Atemhilfsmuskulatur nicht blockiert wird. omatosis. Can J Anesth 47: 62–64
Vorteilhaft ist die epidurale Anwendung einer
Mischlösung aus Bupivacain 0,5% mit einem Opoid
(z. B. Fentanyl) und die Begrenzung der Ausbrei-
Recklinghausen-Neurofibromatose
217 R
Anästhesierelevanz
Recklinghausen-
Neurofibromatose Häufig wird im Rahmen von tumorchirurgischen
Eingriffen oder zur Korrektur einer bestehenden
z Synonyme Skoliose eine anästhesiologische Betreuung erfor-
von-Recklinghausen-Sy, Neurofibromatose Typ 1, derlich. Die an multiplen Stellen lokalisierten Neu-
Neurofibromatosis generalisata. Nicht zu verwech- rofibrome können zu unerwarteten Intubations-
seln mit Recklinghausen-Krankheit (primärer Hy- schwierigkeiten führen. Bei Kindern ist ein Blut-
perparathyreoidismus). hochdruck in der Regel mit einer Nierenarteriens-
tenose assoziiert, bei Erwachsenen ist meist ein
z Oberbegriffe Phäochromozytom die Ursache. Eine lebensbe-
Neuroektodermale Erkrankungen, Phakomatosen. drohliche Gefährdung durch exzessive Katechola-
minausschüttung kann bei einem zuvor nicht dia-
z Organe/Organsysteme gnostizierten Phäochromozytom auftreten. Eine
ZNS, Haut, Gewebe neuroektodermalen Ursprungs, generalisierte Vaskulopathie kann zu anästhesiolo-
Endokrinium. gischen Notfällen führen (Ruptur verschieden loka-
lisierter Aneurysmen).
z Inzidenz
z Spezielle präoperative Abklärung
1:3000.
Ausschluss einer intraoralen, laryngealen oder int-
z Ätiologie ratrachealen Manifestation der Erkrankung, sorg-
fältige Anamneseerhebung nach Symptomen einer
Autosomal-dominanter Vererbungsmodus. Genlo-
Atemwegsobstruktion, ggf. erweiterte bildgebende
kus auf Chromosom 17.
Diagnostik. Bei Verdacht intrathorakaler Manifes-
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen tationen erweiterte Diagnostik mittels CT und Lun-
genfunktionsuntersuchung. Bei Veränderungen des
Multiple endokrine Neoplasien (v. a. Phäochromo-
Lungenparenchyms mit nachfolgendem pulmona-
zytome), andere Phakomatosen. Abzugrenzen ist
len Hypertonus Suche nach Zeichen der Rechts-
die Neurofibromatose Typ 2 (beidseitige Akustikus-
herzinsuffizienz. Gründliche Anamnese hinsicht-
neurinome), die einen anderen genetischen Mecha-
lich der kardialen Belastbarkeit, Attacken von Kopf-
nismus hat.
schmerz als möglicher Ausdruck eines Phäochro-
moztoms und Ausschluss von raumfordernden
Symptome
Veränderungen des Mediastinums. Ausschluss eines
Phäochromozytoms mittels Katecholaminbestim-
Café-au-lait-Flecken der Haut, Neurofibrome an
mung (Vanilinmandelsäure) im Sammelurin. Neu-
Haut, peripheren Nerven und Nervenwurzeln. Pha-
rologischer Status.
ryngeale, intraorale, intratracheale Lokalisation
möglich. Skelettbeteiligung: subperiostale Fibrome, z Wichtiges Monitoring
Skoliose, mandibuläre oder maxilläre Deformie- Relaxometrie.
rungen, kongenitale Pseudarthrosen.
z Vorgehen
z Vergesellschaftet mit Bei Hinweisen auf intraorale Pathologien ist eine
Intrakranielle Tumoren in 5% der Fälle (Akustikus- fiberoptische Intubation des sedierten und spontan
neurinome, Sehnervenbeteiligung = Optikusgliom). atmenden Patienten indiziert. Sowohl die Durch-
Pulmonale Hypertension als Folge einer fibrosieren- führung einer Allgemeinanästhesie als auch regio-
den pulmonalen Alveolitis. Teil des Multiple-endo- nalanästhesiologische Verfahren können bei diesen
krine-Neoplasie- (MEN-)Sy Typ III mit Phäochro- Patienten angewendet werden. Die Datenlage hin-
mozytom und Schilddrüsenkarzinom. Gelegentlich sichtlich der neuromuskulären Antwort auf depola-
Beteiligung des Herzens (Cor pulmonale). risierende und nichtdepolarisierende Muskelrela-
218 Rett-Syndrom

xanzien ist uneinheitlich. Sowohl veränderte Sensi-


bilität gegenüber Relaxanzien als auch ein normales
Rett-Syndrom
Reaktionsmuster sind beschrieben worden. Insbe-
sondere bei weiteren Pathologien, die die Wirkung z Synonyme
von Muskelrelaxanzien verändern (Niereninsuffizi- RTS, RTT, engl. »progressive syndrome of autism,
enz oder Medikation mit Antiepileptika), ist die dementia, ataxia, and loss of purposful hand use«.
Überwachung der neuromuskulären Übertragung
obligat. Soll eine Regionalanästhesie durchgeführt z Oberbegriffe
werden, muss eine Erhebung des neurologischen Neuropsychische Erkrankung, hirnatrophisches Sy,
Befundes erfolgen und dokumentiert werden. Bei Enzymopathie, Hyperammonämie-Ss.
geplanter Spinalanästhesie sollte zuvor ein erhöhter
Hirndruck ausgeschlossen werden. z Organe/Organsysteme
Die anästhesiologische Betreuung einer Schwan- ZNS, Stoffwechsel, Leber, Nieren.
geren muss sorgfältig interdisziplinär geplant und
durchgeführt werden. Das Vorhandensein spinaler z Inzidenz
Neurofibrome oder eine Skoliose kann das Anlegen Prävalenz 1:30.000 (Gynäkotropie). Neben dem
einer Regionalanästhesie erschweren. Down-Syndrom wahrscheinlich die häufigste pro-
! Cave gressive Retardierung bei Mädchen. Einzelfälle des
Atemwegsobstruktion. Rett-Syndroms bei männlichen Patienten sind be-
schrieben, sehr selten bei männlichen Neugebore-
Literatur nen in Kombination mit einer schweren Enzephalo-
pathie und ausgeprägten Atemstörung.
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Rett-Syndrom
219 R
Krampfanfälle. Verlust der bereits entwickelten z Spezielle präoperative Abklärung
Kommunikationsfähigkeit, Autismus, Oligophre- Serumelektrolyte (Chlorid, Natrium), Harnstoff,
nie. Verlust der Gehfähigkeit bei Hyperreflexie, Kreatinin, Ammoniak. Thoraxröntgen, Lungen-
Spastik, Haltungsanomalien und neuromuskuläre funktionsprüfung wenn möglich. Bei antiepilep-
Skoliose nach einigen Jahren. Schlafstörung. tischer Therapie mit Valproinsäure Durchführung
einer erweiterten Gerinnungsdiagnostik (Blutungs-
z Labor zeit, Thrombelastogramm), evtl. Umstellung der
Evtl. Hyperchlorämie, Hyperammonämie, Laktat- antiepileptischen Medikation. Detaillierte neurolo-
azidose. gische Untersuchung mit Dokumentation.

z Vergesellschaftet mit z Wichtiges Monitoring


Störung der Atemsteuerung, typischerweise im Kontinuierliche Temperaturkontrolle, Pulsoxymet-
Wachzustand unregelmäßige Atemmuster mit Hy- rie, Kapnographie, ggf. Blutgasanalyse zur Kontrol-
perventilations- und Apnoephasen. Gestörte Ko- le der Normoventilation, Relaxometrie. Diurese,
ordination des Schluckaktes, Hypersalivation. Ver- Elektrolyt- und Säure-Basen-Status.
ändertes Schmerzempfinden. Gestörte Temperatur-
regulation. Erhöhtes Arrhythmierisiko bei Verlän- z Vorgehen
gerung des QT-Intervalls mit erhöhter Inzidenz Eine sedierende Prämedikation (z. B. mit Benzo-
eines plötzlichen Herztods. diazepinen oral, nasal oder rektal) kann insbeson-
dere den Umgang mit jüngeren Kindern erleichtern,
z Therapie muss aber kontinuierlich bis zum Beginn der Anäs-
Therapieversuche mit serotoninergen Agonisten thesie überwacht werden. Ältere Patientinnen be-
zur Behandlung von Atemstörungen oder Melato- nötigen in der Regel keine sedierende Prämedika-
nin bei Schlafstörungen sind beschrieben. tion, da in höherem Alter meist eine autistische
Reaktionslosigkeit vorherrscht.
Anästhesierelevanz Eine Anästhesieeinleitung mit Ketamin intra-
muskulär ist ebenso möglich wie eine Einleitung per
Eine anästhesiologische Betreuung der Patienten ist inhalationem (möglichst unter Vermeidung von
häufig erforderlich für Dentalsanierungen, Opera- Enfluran oder Sevofluran bei Niereninsuffizienz
tionen zur Skoliosekorrektur, Platzierung von Er- und Halothan bei Lebererkrankung), jedoch ist die
nährungssonden oder Gastrostomien. Die Patienten erhöhte Aspirationsgefahr zu beachten und eine an-
sind in der Regel wenig kooperativ, so dass regional- gepasste Ileuseinleitung vorzuziehen. Um eine
anästhesiologische Verfahren schwer durchführbar Hyperkaliämie bei bestehender spastischer Parese
sind. Darüber hinaus ist eine Veränderung der Blut- zu vermeiden, sollte auf Succinylcholin verzichtet
gerinnung durch Antikonvulsiva möglich. Intrao- werden.
perativ besteht ein erhöhtes Risiko für Lagerungs- Intraoperativ ist die Beatmung an das Atemmu-
schäden. ster des wachen Patienten anzupassen. Bei den meis-
Die Gestaltung der postoperativen Schmerzthe- ten Patienten besteht eine Erhöhung der Atemfre-
rapie ist schwierig, da in der Regel keine Kontakt- quenz um bis zu 20%.
möglichkeit mit den Patientinnen besteht. Erhöhtes Die Überwachung der neuromuskulären Erho-
Risiko für hypoxisch bedingte Herzrhythmusstö- lung mittels Relaxometrie ist obligat. Durch die
rungen mit der Gefahr des plötzlichen Herztods, da Korrektur eines präoperativen Flüssigkeitsdefizits
perianästhesiologisch eine Vielzahl von Ursachen und anschließende differenzierte Infusionstherapie
zu einer Hypoxie führen kann (mechanische Behin- kann die Häufigkeit von Kreislauflabilität als Aus-
derung der Atemarbeit durch Thoraxdeformitäten, druck der vegetativen Störung vermindert werden.
gestörtes Atemmuster auch im Wachzustand, zen- Die Aufwachphase kann auch beim Einsatz kurz-
trale Beeinflussung durch Opioide und Benzodiaze- wirksamer Substanzen erheblich verlängert sein.
pine, unzureichende neuromuskuläre Erholung). Daher sollte die erforderliche intensivere Überwa-
220 Rezidivierende Polychondritis

chung frühzeitig organisiert werden, um den nor- Rezidivierende


malen Operationsbetrieb nicht zu behindern.
Regelmäßige Gaben von Analgetika bewirken Polychondritis
eine suffiziente Analgesie bei den Patienten, die in
der Regel keine Schmerzäußerungen zeigen. Bei z Synonyme
Wiederaufrichtungsoperationen der Wirbelsäule von-Meyenburg-Altherr-Uehlinger-Sy, Askanazy-
kann ein intraoperativ eingelegter Periduralkathe- Sy, von-Jaksch-Wartenhorst-Sy, systematisierte
ter zu einem guten Patientenkomfort beitragen. Chondromalazie, Panchondritis, engl. »relapsing
polychondritis«.
! Cave
Succinylcholin, Atemdepression, Ausküh- z Oberbegriffe
lung, Lagerungsschäden, Elektrolyt- und pH-
Chondropathie, Bindegewebserkrankung, Beat-
Entgleisungen.
mungskomplikation.

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903
buskomplikationen (Abknickung, Verstopfung,
Cuffhernie).
Rezidivierende Polychondritis
221 R
Symptome z Spezialle präoperative Abklärung
Thoraxröntgenaufnahmen a.-p. und seitlich, Lun-
Schubweise auftretender vorwiegend inspiratori- genfunktion, fiberbronchoskopische Evaluation der
scher Stridor (Dyspnoe, Orthopnoe), Heiserkeit, Atemwege (beachte: die Stenose ist vorwiegend dy-
entzündliche Episoden von knorpeligen Strukturen, namisch!), Ausschluss von respiratorischen Infekten
schmerzhafte Schwellung der Ohren (Blumen- und von schwerwiegenden kardiovaskulären Er-
kohlohren), Nase (Sattelnase) und Gelenke, Fieber. krankungen (Echokardiographie). Bei Steroidmedi-
Typisch ist die fehlende Verbesserung der dynami- kation und Chemotherapie: Blutbild, Elektrolytsta-
schen Lungenfunktionsparameter (z. B. FEV1) nach tus, Blutzuckerkontrolle.
Gabe von β2-Mimetika.
Laborchemisch gibt es nur unspezifische Hin- z Wichtiges Monitoring
weise wie normozytäre-normochrome Anämie und Pulsoxymetrie, Kapnographie, Beatmungsdrücke,
beschleunigte Blutsenkung. Spirometrie, ggf. invasive Blutdruckmessung, Blut-
gasanalysen.
z Vergesellschaftet mit
Andere Organbeteiligungen mit bindegewebigen z Vorgehen
Anteilen: Thoraxdeformität (Pectus excavatum), Wegen der dynamischen Atemwegsverengung (ins-
nichterosive entzündliche Arthritis, Herzklappen- besondere durch druckbedingte äußere Kompres-
vitien (vorwiegend Gefügedilatation der Klappene- sion auf die Luftwege) ist die konventionelle kont-
bene mit Aorteninsuffizienz, Mitralinsuffizienz), rollierte Beatmung (IPPV) problematisch. Wenn sie
Aortenaneurysma, systemische Vaskulitis, Eosino- unumgänglich ist, sollte durch vorsichtige Variation
philie, Proteinurie, Mikrohämaturie, Proteinurie, des Beatmungsdrucks (PEEP) einer Kompression
Anämie, Funktionsstörungen im Kochlear- und entgegengewirkt werden. Bei Anzeichen von »air
Vestibularbereich (Hörverminderung, Gleichge- trapping« sollte eine einfühlsame Handbeatmung
wichtsstörungen). Meist schwere Exazerbation der der maschinellen Beatmung vorgezogen werden.
Atmungsprobleme bei Atemwegsinfekten. Gegebenenfalls ist die Anlage eines Tracheostomas
notwendig.
z Therapie Meist gestaltet sich die Extubation schwieriger
Konservativ: Chemotherapie (Azathioprin), Steroi- als die Intubation; selbst eine geringfügige postan-
de, Ciclosporin, Dapson, nichtsteroidale Antirheu- ästhetische Schleimhautschwellung kann zur respi-
matika, CPAP-Atmung ratorischen Dekompensation führen. Daher sollten
Operativ: Tracheostomie, Tracheaplastiken, Manipulationen an den Atemwegen (z. B. Absau-
Stenteinlagen. gen) auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Ins-
besondere bei Befall der Epiglottis und der Ary-
Anästhesierelevanz knorpel kann die Intubation erschwert sein. Es
empfiehlt sich, alternative Techniken (z. B. flexible
Die meist im Vordergrund stehenden Atemwegs- Fiberoptik, Videostilett etc.) in Bereitschaft zu hal-
probleme bedeuten ein erhebliches Anästhesierisi- ten und einen dünneren Tubus auszuwählen. Es ist
ko. Endotrachealtuben überbrücken für die Dauer ratsam, ein starres Bronchoskop für den Fall bereit
der Beatmung instabile Trachealanteile. Weiter dis- zu halten, dass Intubation und Beatmung über einen
tal liegende Bereiche können dennoch kollabieren. normalen Endotrachealtubus schwierig werden.
Dazu kann es v. a. bei aktiver Exspiration des Pati- Die Anwendung von Larynxmasken kann erschwert
enten kommen, wenn der intrathorakale Druck hö- sein, wenn der Kehlkopf durch Krankheitsbefall er-
her wird als der Atemwegsdruck und die Wandsta- heblich verändert ist.
bilität von Trachea oder Bronchien nicht mehr aus- Anästhesieverfahren mit erhaltener Spontanat-
reicht, diesem externen Druck standzuhalten. mung und Anwendung eines moderaten kontinu-
ierlichen positiven Drucks (CPAP) von 8–10 mbar
sind vorzuziehen. Geeignet sind bespielsweise Keta-
222 Rheumatoide Arthritis

minanästhesie, Maskennarkose und v. a. Regional- z Organe/Organsysteme


anästhesien. Bei kompensierter Respiration sind Synovia, Gelenke (Bewegungsapparat), Skelett,
rückenmarknahe Anästhesieverfahren Mittel der Muskulatur, Bindegewebe.
Wahl, vorausgesetzt sie sind nicht kontraindiziert
(z. B. Thrombozytopenie nach Chemotherapie). z Inzidenz
Eine O2-Insufflation kann die Atmungsanstrengung 1:20 bis 1:50 unter den über 55-Jährigen. Gynäkotro-
des Patienten herabsetzen. pie (Frauen sind 3- bis 5-mal häufiger betroffen).
Kardiovaskuläre Organbeteiligungen erfordern
ein entsprechend differenziertes anästhesiologi- z Ätiologie
sches Vorgehen. Bei Steroidmedikation muss peri- Eine familiäre Häufung ist nachgewiesen, ein defi-
operativ eine ausreichende Kortikoidsubstitution nierter Erbgang wurde jedoch nicht beschrieben. Es
durchgeführt und eine Blutzuckerentgleisung ver- wird ein Autoimmunmechanismus angenommen,
mieden werden. bei dem körpereigenes Bindegewebe als fremd er-
kannt und von Autoantikörpern angegriffen wird.
! Cave
Daraus resultieren chronische Entzündungen und
Barotrauma, Pneumothorax, Schleimhaut-
Destruktion der betroffenen Gelenke.
schwellung der Atemwege und Atemwegs-
obstruktion. z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Still-Sy (juvenile Form der rheumatoiden Arthritis),
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phie, Karpaltunnel-Sy.
Stadieneinteilung nach Steinbrocker I–IV mit
zunehmendem Schweregrad.
R Rheumatoide Arthritis
z Labor
z Synonyme Positive Agglutinationstests, nachweisbare Rheu-
Primär chronische (progressive) Polyarthritis, PCP, mafaktoren, Anämie, Serumproteine, beschleunigte
chronische Polyarthritis rheumatica, Rheuma. Blutsenkung.

z Oberbegriffe z Vergesellschaftet mit


Autoimmunerkrankung, Gelenkerkrankung, Syno- Anämie, Vaskulitis, Herzinsuffizienz, koronare
vialitis. Herzkrankheit, Linksherzhypertrophie, pulmonale
Rheumatoide Arthritis
223 R
Complianceverminderung, interstitielle Lungenfib- Forcierte Reklination der HWS ist unbedingt zu
rose, renale Amyloidose, atlantookzipitale Subluxa- vermeiden.
tion. Wenn es der operative Eingriff zulässt, sollte
ein regionalanästhesiologisches Verfahren gewählt
z Therapie werden, jedoch müssen die Auswirkungen einer
Antirheumatika, Steroide (Kortikoide), Physiothe- Therapie mit Antiphlogistika auf die Blutgerinnung
rapie. Es ist umstritten, ob TNFα-Blocker und Me- beachtet werden. Aus diesem Grunde müssen die
thotrexat perioperativ abgesetzt werden sollten. entsprechenden Pausenzeiten vor Katheteranlage
beachtet werden. Insbesondere nach endoprothe-
Anästhesierelevanz tischer Versorgung profitieren die Patienten von
einem Katheterverfahren mit kontinuierlicher Ap-
Patienten, die an einer rheumatoiden Arthritis er- plikation von Regionalanästhetika und Opioiden
krankt sind, benötigen für eine Vielzahl operativer zur perioperativen Schmerztherapie. Liegen abso-
Eingriffe anästhesiologische Betreuung. Neben lute Kontraindikationen gegen eine Regional- oder
Synovektomien sind rekonstruktive Eingriffe an Leitungsanästhesie vor, ist die intraartikuläre In-
Händen und Füßen sowie Operationen zum Gelen- stillation von Lokalanästhetika und Clonidin eine
kersatz häufig. alternative Möglichkeit zur Schmerztherapie.
Bei Langzeitsteroidtherapie muss perioperativ
z Spezielle präoperative Abklärung eine Glukokortikoidsubstitution mit Hydrokortison
Sorgfältige Untersuchung der oberen Luftwege, (Kortisol) erfolgen. Die Dosierung richtet sich in
Symptome eines arthritischen Larynxbefalls (Fremd- Anlehnung an das von Nicholson et al. (1998) be-
körpergefühl, Heiserkeit, Dysphagie) sowie Ein- schriebene Vorgehen nach der bisher eingenom-
schätzung eventueller Intubationsschwierigkeiten menen Dosis und der Schwere des Eingriffs (7 Ta-
(Beweglichkeit von HWS und Kiefergelenk, Mund- belle).
öffnung, Mallampati-Klassifikation). Bei kardialer Manifestation sind negativ-inotro-
Zur Einschätzung weiterer Organbeteiligungen: pe Anästhetika zu vermeiden, bei Klappenbeteili-
EKG, Thoraxröntgen, Lungenfunktionsprüfung, gung sollte eine antibiotische Endokarditisprophy-
Blutbild, Blutgerinnungsfunktion, Nierenfunk- laxe durchgeführt werden. Sowohl primär krank-
tionsparameter. Ferner stellt sich die Frage nach heitsbedingt (Amyloidose) als auch nach Langzeit-
Vorliegen medikamenteninduzierter Störungen: behandlung mit Antirheumatika ist mit einer
Gastrointestinale Ulzerationen, Blutungen, chroni- fortschreitenden chronischen Niereninsuffizienz zu
sche Nebenniereninsuffizienz. rechnen, die ein differenziertes Infusionsregime er-
fordert. In diesem Fall ist von der Verwendung von
z Wichtiges Monitoring Enfluran und Sevofluran abzuraten.
Pulsoxymetrie, Blutgasanalysen, Elektrolyt- und Bei Patienten, die unter chronischer Kortikoid-
Säure-Basen-Status, Relaxometrie, ZVD, Blutzu- medikation stehen, ist auf eine besonders sorgfältige
ckerverlauf bei Kortikoidmedikation. Lagerung zu achten und eine Verletzung der meist
sehr empfindlichen Haut durch Pflaster zu vermei-
z Vorgehen den. Darüber hinaus haben diese Patienten eine
Patienten mit rheumatoider Arthritis sind stress- erhöhte Anfälligkeit für postoperative Wundhei-
anfällig; deshalb sollte man eine möglichst atrau- lungsstörungen und Infekte. Ein intraoperatives
matische Vorgehensweise wählen. Eine Ankylose Auskühlen ist durch geeignete wärmeerhaltende
des Kiefergelenks und Einschränkung der HWS- bzw. wärmezuführende Maßnahmen zu verhin-
Beweglichkeit, sowie eine arthritische Beteili- dern.
gung des Krikoarytenoidgelenks führen bei vielen
Patienten zu Intubationsschwieirgkeiten. Verfah-
ren der Wahl sollte die wache, elektive, fiber-
optisch gesteuerte endotracheale Intubation sein.
224 Rheumatoide Arthritis

Therapieschema für die perioperative Glukokortikoidgabe bei Patienten mit möglicher NNR-Insuffizienz. (Nach
Nicholson et al. 1998)

1. Fall: Patient nimmt aktuell Steroide ein: Nein


→ Steroidtherapie beendet: Ja
→ Dauer >4 Monate: Ja
→ Keine Steroidgabe

2. Fall: Patient nimmt aktuell Steroide ein 3. Fall: Patient nimmt aktuell Steroide ein: Nein
→ Steroidtherapie beendet: Ja
→ Dauer >4 Monate: Nein
→ Ehemalige Dosierung

↓ ↓

Prednison <10 mg/Tag Prednison 10–40 mg/Tag: bei Prednison >40 mg/Tag

OP-Klasse 1* OP-Klasse 2**

↓ ↓ ↓ ↓

Prämedikation für Prämedikation für Patienten Prämedikation für Patienten Prämedikation für Patienten
Patienten unter unter Steroiden: übliche unter Steroiden: übliche unter Steroiden: übliche
Steroiden: übliche Steroidäquivalentdosis p.o./i.v. Steroidäquivalentdosis p.o./i.v. Steroidäquivalentdosis p.o./i.v.
Steroidäquivalentdosis Einleitung: Hydrokortison Einleitung: Hydrokortison Für Patienten unter Steroiden:
p.o./i.v. 25 mg i.v. 25 mg i.v. keine zusätzliche Substitution
Keine zusätzliche Substitution Dann Beginn mit: perioperativ
perioperativ. Sonderfälle sind Hydrokortison 100 mg/24 h für
Keine zusätzliche möglich, z. B. bei medikamen- 2 Tage
Substitution peri- tös ausgelöster
operativ Enzyminduktion, z. B. durch
Antiepileptika (Phenytoin)
oder Rifampicin
Für Patienten mit sistierter
Steroidtherapie:
Einleitung: Hydrokortison
25 mg i.v.
Dann Beginn mit:
Hydrokortison 100 mg/24 h
für 2 Tage

↓ ↓ ↓ ↓

Weiterer postoperativer Verlauf

R Für Patienten unter Steroiden: übliche Steroidäquivalentdosis p.o., bei Nahrungskarenz entsprechend i.v.
Für Patienten mit sistierter Steroidtherapie: keine weiteren Steroidgaben

*1 OP-Klasse 1: Eingriffe ohne erhöhtes »Stressrisiko«, z. B. Extremitäten- und einfache Abdominaleingriffe


**2 OP-Klasse 2: Eingriffe mit erhöhtem »Stressrisiko«, z. B. große Bauch-, Thorax-, Schädeleingriffe; große Gefäß- und
Herzchirurgie
Riley-Day-Syndrom
225 R
! Cave z Organe/Organsysteme
Intubationsschwierigkeiten, HWS-Subluxa- Vegetatives (autonomes) Nervensystem, ZNS, peri-
tion bei Laryngoskopie, Atropin und sonstige pheres Nervensystem, Herz-Kreislauf- und Gefäß-
Anticholinergika bei Sjögren-Sy. system.

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675–679
Schmerzempfindung, reduzierte Tränensekretion,
Hypersalivation, Hyporeflexie bis zur Areflexie,
Störungen der Bewegungskoordination, psychische
Riley-Day-Syndrom Labilität (Affektinkontinenz), Hautveränderungen
(Erytheme), Störung der Temperaturwahrneh-
z Synonyme mung.
Familiäre autonome Dysfunktion (Dysautonomie), Zur stressinduzierten dysautonomen Krise ge-
engl. »hereditary sensory autonomic neuropathy«, hören: Schweißausbrüche, fleckige Erytheme, Nau-
HSAN, Typ III. sea und periodisches, auch massives Erbrechen,
Tachykardie, ausgeprägte Blutdruckschwankungen.
z Oberbegriffe Die kardiorespiratorischen Komplikationen tragen
Neuropathie, Enzymopathie. zu der hohen Mortalität der Erkrankung bei.
226 Riley-Day-Syndrom

z Vergesellschaftet mit z Vorgehen


Muskelschwäche, Wachstumsstörung, bei 90% der Sowohl diagnostische als auch invasive und
Patienten Wirbelsäulendeformitäten (Skoliose), schmerzhafte Prozeduren müssen unter guter psy-
gastroösophagealer Reflux, Dysphagie, häufige re- chischer und somatosensorischer Abschirmung er-
spiratorische Infekte (Bronchiektasen). folgen. Eine prononciert anxiolytische und sedie-
rende Prämedikation ist unbedingt erforderlich, um
Anästhesierelevanz eine durch Stress verursachte dysautonome Krise zu
verhindern. Unabhängig vom durchgeführten An-
Krankheitsassoziierte typische Eingriffe sind ästhesieverfahren ist die perioperative Volumen-
Fundoplikatio zur Refluxprophylaxe und Wirbel- substitution der meist dehydrierten Patienten erfor-
säulenchirurgie. derlich, da das Herzzeitvolumen primär von der
Die Patienten zeigen häufig eine reduzierte re- Vorlast des Herzens abhängig ist. Trotz häufiger Hy-
spiratorische Reaktion auf Hypoxämie. Eine Hyp- persalivation sollten keine Vagolytika gegeben wer-
oxie führt nicht zu einem Anstieg der Atemarbeit, den, weil diese zu unberechenbaren Rhythmusstö-
es entwickelt sich im Gegenteil eine zentrale Atem- rungen (Tachykardie, Tachyarrhythmie) führen
depression. Die ausbleibende Aktivierung der sym- können.
pathomimetischen Vasokonstriktion durch Hyp- Die Verbesserung der pulmonalen Situation
oxie und Apnoe resultiert in einer Hypotonie und prä- und postoperativ führt zu einer Mortalitätser-
Bradykardie. Neben dieser zentralen Dysregulation niedrigung. Präoperativ bestehende bronchopul-
ist die respiratorische Funktion durch Muskel- monale Infekte müssen antibiotisch behandelt wer-
schwäche, Skoliose, Bronchiektasen eingeschränkt. den. Bei Abdominaleingriffen empfiehlt sich die
Die Patienten zeigen eine ungewöhnliche Sensi- Anlage eines Epiduralkatheters zur perioperativen
tivität von Barorezeptoren auf zirkulierende Ka- Schmerztherapie und zur Prophylaxe einer schmerz-
techolamine, die zu extremer Labilität des Blut- bedingten Einschränkung der Lungenfunktion.
drucks führen kann. Direkt wirkende Vasopresso- Eine frühzeitige postoperative Atemtherapie mit
ren können zu einem übermäßigen Anstieg des Einsatz von Sekretolytika, Physiotherapie und ge-
Blutdrucks führen, die Reaktion auf indirekt wir- zielter Entfernung von Sekret ist sinnvoll.
kende Sympathomimetika ist unberechenbar. Der Die Entscheidung für eine Allgemeinanästhesie,
systemische vaskuläre Widerstand ist erniedrigt. eine tiefe Sedierung oder ein regionalanästhesiolo-
Darüber hinaus liegt häufig eine orthostatische Hy- gisches Verfahren für chirurgische oder therapeuti-
potension ohne kompensatorische Tachykardie vor. sche Interventionen ist nach Abwägung vieler Fak-
Intraoperative kardiale Komplikationen sind: Hypo- toren zu treffen und sollte sorgfältig dokumentiert
oder Hypertension, Bradykardie, Arrythmien sowie werden. In Allgemeinanästhesie mit kontrollierter
erhöhtes Risiko für Herzstillstand. Ventilation können Hypoxie und Hyperkapnie mit-
tels Überwachung sicher ausgeschlossen werden.
z Spezielle präoperative Abklärung Insbesondere bei einer profunderen Sedierung ist
Kreislaufzustand, wenn möglich Lungenfunktion, die Überwachung der Anästhesietiefe mittels bi-
Thoraxröntgen. Ausschluss akuter pulmonaler In- spektraler Indexregistrierung (BIS) sinnvoll.
fekte. Präoperative Blutgasanalyse, um den Status zu Die Reaktion auf Muskelrelaxanzien scheint
R dokumentieren, an den der Patient adaptiert ist, nicht verändert zu sein. Volatile Anästhestetika und
EKG (Verlängerung der QT-Zeit?). Hypnotika sollten titriert dosiert werden.
Unter den neuraxialen Anästhesieverfahren in
z Wichtiges Monitoring aufgrund der besseren Titrationsmöglichkeit der
Pulsoxymetrie, Kapnographie, bei Eingriffen mit Periduralanaästhesie den Vorzug zu geben.
erwarteten großen Volumenverschiebungen ZVD, Bei fast allen Patienten bestehen ein Mangel an
Temperatur, kontinuierliche invasive Blutdruck- Tränenflüssigkeit, ein verminderter Lidreflex und
messung, Temperaturkontrolle, Überwachung der meist bereits eine Schädigung der Cornea. Zur Pro-
Anästhesietiefe, Relaxometrie. phylaxe weiterer intraoperativ auftretender Augen-
Riley-Day-Syndrom
227 R
schäden ist auf korrekten Lidschluss zu achten und Challands JF, Facer EK (1998) Epidural anaesthesia and famili-
ggf. die Befeuchtung der Cornea indiziert. al dysautonomia (the Riley Day syndrome). Three case
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Zur Therapie einer Kreislaufdepression sind α-
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Stimulatoren (vorzugsweise Methoxamin) ange- nagement of familial dysautonomia. Pediatr Anesth 16:
zeigt; β-stimulierende Sympathomimetika bergen 611–620
das Risiko von Tachyarrhythmien. Bei Anästhesie- Wengrower D, Gozal D, Goldin E (2002) Familial dysautono-
ende ist auf ausreichende Atmung und Schutzrefle- mia: deep sedation and management in endoscopic pro-
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xe (Vermeidung von Aspirationen) zu achten. Die
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Extubation erfolgt nach Ausschluss von Restrelaxie- management of familial dysautonomia: a systematic re-
rung und unter Einleitung einer adäquaten Anal- view. Eur J Anaesthesiol 24: 309–16
gesie.
Postoperative Periode: Essenziell ist die Vermei-
dung dysautonomer Krisen durch Stress oder
Schmerz. Midazolam oder andere Benzodiazepine
sind zur Emesis-Prophylaxe und Therapie geeignet.
Clonidin ist zur antihypertensiven Therapie geeig-
net. Darüber hinaus bestehen Hinweise auf den po-
sitiven Einfluss der Oberkörperhochlage, da die
flache Lagerung Hypertension fördert. Falls eine
postoperative Nachbeatmung erforderlich ist, soll-
ten frühzeitig assistierte Beatmungsmodi eingesetzt
werden. Eine längere adäquate postoperative Be-
treuung mit kontinuierlicher Kreislaufüberwachung
ist anzuschließen.
! Cave
Gesteigerte Empfindlichkeit auf vasoaktive
Pharmaka mit oft unvorhersehbaren Kreis-
laufreaktionen. Hypovolämie, vasoaktive
Substanzen, Vagolytika (Atropin, Glykopyr-
rolat, Scopolamin), Auskühlung, Dopami-
nantagonisten (Droperidol, Metoclopra-
mid), β-adrenerge Agonisten und Antago-
nisten.

Literatur

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228 Sichelzellanämie

Durch Hypoxie, Azidose, Hypothermie, Dehy-


Sichelzellanämie dratation, Minderperfusion und Infektionen kön-
nen Sichelzellkrisen ausgelöst werden. Sinken der
z Synonyme intrazelluläre pH-Wert und der Sauerstoffpartial-
Drepanozytose (von griech. »drepanon«, Sichel), druck, wird eine Polymerisation von HbS ausgelöst,
Herrick-Syndrom. die wiederum eine Exposition von reaktionsfreudi-
gen Hydroxylgruppen zur Folge hat. Durch Verfor-
z Oberbegriffe mung der Erythrozytenmembran wird eine weitere
Hämoglobinopathie. Dehydratation der Sichelzellen durch Aktivierung
der kalziumabhängigen Kaliumkanäle initiiert. Die
z Organe/Organsysteme intrazelluläre Azidose bewirkt eine Aktivierung des
Hämatopoetisches System, Blut. Kaliumchlorid-Kotransports, der die bereits beste-
hende Dehydratation weiter verstärkt.
z Inzidenz Die Sichelzellen haben eine erhöhte Adhäsions-
Vorwiegend in Afrika und Asien verbreitet, infolge neigung am Gefäßendothel, insbesondere in post-
von Migration auch im europäischen Raum zuneh- kapillären sauerstoffarmen Venolen. Die zusätzliche
mend erhöhte Inzidenz, insgesamt aber bisher noch Ausschüttung von Zytokinen führt zu einer Erhö-
sehr selten (2006 etwas mehr als 1000 Patienten in hung von Gerinnungsfaktoren und Adhäsionsmo-
Deutschland). lekülen, wodurch neben den Sichelzellen Retikulo-
zyten und Thrombozyten am Gefäßendothel an-
z Ätiologie haften und schließlich zu einem Gefäßverschluss
Die kodierenden Gene für die Hämoglobinsynthese führen.
sind auf dem Chromosom 16 (α-Ketten) und 11 (β-
Ketten) lokalisiert. Durch mutagene Veränderun- z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
gen des normalen adulten Hämoglobins (HbA) Thalassämie, andere hämatologische Erkrankungen,
entstehen pathologische Hämoglobinvarianten. Das Gefäßverschlüsse anderer Genese.
Sichelzellhämoglobin (HbS) ist durch Ersatz von
Glutamin mit Valin in Position 6 der β-Kette des Symptome
HbA charakterisiert.
Die Sichelzellanämie wird autosomal-rezessiv Die Schwere der Symptomatik ist abhängig vom
vererbt, die Übertragung von HbS durch beide El- Genotyp der Erkrankung und vom HbS-Gehalt.
ternteile führt zur homozygoten Erkrankung, die Durch mikroangiozytäre Gefäßverschlüsse werden
mit einer schweren klinischen Symptomatik und in Schmerzkrisen verursacht, der Verschluss größerer
der Regel einer verkürzten Lebenserwartung einher Gefäße führt zu Organschäden wie Knochen-,
geht. Die heterozygote Sichelzellanämie kann in Hirn- und Mediastinalinfarkten. Hämolytische,
Kombination mit der β-Thalassämie (reduzierte thrombotische und aplastische Krisen sind hämato-
Syntheserate für β-Ketten), die homozygote Form in logische Manifestationen der Erkrankung. Durch
Kombination mit der α-Thalassämie (reduzierte die chronische Hämolyse findet sich häufig eine
Syntheserate für α-Ketten) auftreten. Splenomegalie. Aufgrund weiterer Mikroinfarzie-
Die kombinierte Vererbung von HbS und HbC rungen kommt es zu einer funktionellen Asplenie
(isolierter Ersatz von Glutamat durch Lysin in Posi- mit einer erhöhten Infektanfälligkeit. Ein Thorax-
S tion 6 der β-Kette des HbA, Vorkommen v. a. in syndrom (»acute chest syndrome«) gefährdet die
Nord- und Westafrika) sowie die Kombination von Patienten erheblich durch Knochenmarkembolien
HbS und HbD (Glutamin in Position 121 der β-Ket- in den Rippen in Kombination mit Lungenembo-
te, Vorkommen besonders in Asien) führt zu einer lien. Besteht zusätzlich eine bakterielle Pneumonie,
moderaten Form der Erkrankung. Liegt der HbS- kann eine akute beatmungspflichtige respiratorische
Gehalt unter 30% am Gesamthämoglobin, tritt in Insuffizienz entstehen.
der Regel keine Symptomatik auf.
Sichelzellanämie
229 S
z Vergesellschaftet mit Dehydratation oder Minderperfusion vermieden
Eine häufige Folgekomplikation der Sichelzellanä- werden. Bei chronischen Schmerzen ist eine adä-
mie ist die dialysepflichtige Niereninsuffizienz. quate Schmerztherapie erforderlich.

z Therapie z Spezielle präoperative Abklärung


Die Prophylaxe von Sichelzellkrisen ist ein wesent- Die Organbeteiligung und Schwere der Erkrankung
licher Bestandteil der Therapie. So muss eine Dehy- muss durch eine sorgfältige Anamneseerhebung er-
dratation während großer Anstrengung oder durch fasst werden. Ein Röntgenbild der Lunge sowie ein
Alkoholexzesse und Drogenkonsum unbedingt ver- Lungenfunktionstest sind bei größeren Operatio-
mieden werden. Durch Impfung gegen Streptococ- nen, bei Lungenbeteiligung oder stattgefundenem
cus pneumoniae, Hämophilus influenzae B, Neisse- Thoraxsyndrom angemessen.
ria meningitides kann die Häufigkeit von infektbe-
! Cave
dingten Komplikationen verringert werden.
Sichelzell-Neonatalscreening wird aufgrund
Bei Kindern ist eine Penizillinprophylaxe zur
des höheren Anteils an farbiger Bevölkerung
Risikosenkung einer Pneumokokkensepsis empfeh-
in England, Frankreich, Belgien, den Nieder-
lenswert. Ein weiterer Bestandteil der Therapie liegt
landen und den USA, nicht aber in Deutsch-
in der Verhinderung von Mangelerscheinungen durch
land durchgeführt.
die chronisch gesteigerte Erythropoese mittels Fol-
Bei Patienten afrikanischer Abstammung
säure (1 mg täglich). Durch die Gabe von Hydroxy-
muss immer eine Sichelzellkrankheit präope-
harnstoff kann eine Abnahme von vasookklusiven
rativ ausgeschlossen werden!
Krisen, Schmerzzuständen und dem akuten Thorax-
syndrom erreicht werden. Das Zytostatikum Hydro-
xyharnstoff führt zu einer bevorzugten Bildung von z Wichtiges Monitoring
fetalem Hb (HbF). HbF bildet Hybridpolymere mit Pulsoxymetrie, Temperaturmessung, Überwachung
HbS und verhindert auf diese Weise eine Polymerisa- des Volumenstatus mittels eines zentralvenösen Ka-
tion von HbS-Globulinen untereinander. theters und Bilanzierung der Urinausscheidung.
Hydroxyharnstoff wird einschleichend über Perioperative Bestimmung des HbS-Anteils am Ge-
Wochen in einer Dosierung von 10‒35 mg/kgKG samthämoglobin, Relaxometrie.
gegeben. Die Indikation zur perioperativen Gabe ist
bei Homozygotie oder HbS ohne Symptomatik ge- z Vorgehen
geben. Durch den Einsatz von rekombinantem Ery- Bei Patienten mit der Indikation zur Hydroxyharn-
thropoetin kann die Dosierung von Hydroxyharn- stofftherapie sollte diese mindestens 3 Monate vor
stoff reduziert werden. In Erprobung befinden sich der geplanten Operation begonnen werden. Wich-
Kumarinderivate, kurzkettige Fettsäuren, 1-Des- tig ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit
amino-8-D-Argin-Vasopressin (DDAVP), Clotri- dem behandelndem Arzt und einem Hämatologen.
mazol, Magnesiumsalze und künstliche Sauerstoff- Perioperativ sollte der Anteil von HbS am Gesamt-
träger. Bei Kindern ist eine kurative Therapie durch hämoglobin überwacht werden. Eine vergleichswei-
Knochenmarktransplantation möglich. se einfache, rasche und preiswerte Bestimmung ist
mittels Niederdruck-Mikrosäulen-Chromatogra-
Anästhesierelevanz phie möglich. Darüber hinaus bietet die Auszählung
der Sichelzellen im peripheren Blutausstrichpräpa-
Typischerweise häufiger vorkommende Operati- rat eine Möglichkeit der Quantifizierung.
onen sind (v. a. bei Kindern) bei Intestinalinfarkten Empfehlenswert ist die frühzeitige anästhesiolo-
oder Milzinfarkt erforderlich. Ferner kommt es zu gische Betreuung der Patienten. Bereits präoperativ
Eingriffen wegen Netzhautablösung oder Curetta- muss eine Volumenzufuhr begonnen werden, um
gen nach stattgefundenem Abort. Unbedingt muss eine Hypovolämie zu vermeiden. Perioperativ sollte
während der Anästhesie die Auslösung einer Sichel- ein Hämatokritwert von 30–35% angestrebt wer-
zellkrise durch Hypoxie, Azidose, Hypothermie, den. Bei einer ausreichenden intravasalen Volu-
230 Sichelzellanämie

menmenge sinkt die Viskosität des Blutes und damit Die Gabe von homologen Erythrozytenkonzen-
die Wahrscheinlichkeit für Mikroembolien durch traten bei Sichelzellkrisen senkt den HbS-Anteil am
Stase. Darüber hinaus wird die Viskosität von der Gesamthämoglobingehalt, erhöht die Sauerstoff-
Sauerstoffspannung maßgeblich beeinflusst. Ein ar- transportkapazität und korrigiert eine bestehende
terieller Sauerstoffpartialdruck von 80 mmHg sollte Anämie und Hypovolämie, ohne eine Hypervisko-
nicht unterschritten werden. Voll oxygeniertes HbS- sität hervorzurufen. Das Risiko für postoperative
(Sichelzell-)Blut ist bei gleichem Hämatokrit viskö- Schmerzkrisen kann durch Erhöhung des HbA-An-
ser als HbA-Blut. teils mittels präoperativer Transfusion erniedrigt
Die Beeinflussung der Blutviskosität durch Vo- werden. Bei einer Sichelzellkrise mit symptomati-
lumenersatzstoffe muss bei der Wahl der Infusions- schen Komplikationen (akutes Thoraxsyndrom,
lösung bedacht werden. Hypertone Lösungen sind retinaler Arterienverschluss, septischer Schock, ze-
kontraindiziert, da die Dehydratation der Sichelzel- rebrovaskulärer Insult) ist die Austauschtransfusion
len zum Auslösen einer Sichelzellkrise führen kann. indiziert, um den HbS-Anteil rasch unter 30% zu
Dextrane und Hydroxyäthylstärke verbessern zwar senken.
die Rheologie, jedoch ist nicht abschließend geklärt,
! Cave
inwieweit die zirkulierenden Blutzellen durch Be-
Hypoxämie, Hyperkapnie, Azidose, regionale
einflussung der Oberflächeneigenschaften (»Coa-
Minderperfusion, Hypovolämie. Keine hyper-
ting«) gefährdet werden.
tonen Kristalloid- oder Kolloidlösungen ver-
Bei Extremitäteneingriffen sollte der Einsatz einer
abreichen.
Blutleere durch Kompression sorgfältig überdacht
werden. Durch Blutstase, Hypothermie und Hypoxie
Literatur
der betroffenen Extremität sowie systemische Azido-
se während der Reperfusion kann die Sichelbildung Al-Salem AH (2006) Indications and complications of splenec-
der Erythrozyten hervorgerufen werden. Jedoch fin- tomy for children with sickle cell disease. J Pediatr Surg
den sich einige Berichte über die komplikationslose 41: 1909–1915
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Grundsätzlich sind sowohl die Regional- als Firth PG, Tsuruta Y, Kamath Y et al. (2003) Transfusion-related
acute lung injury or acute chest syndrome of sickle cell
auch die Allgemeinanästhesie geeignete Anästhe- disease? – A case report. Can J Anesth 50: 895–899
sieverfahren. Unabhängig vom gewählten Anästhe- Frietsch T, Born M, Lenz C, Waschke KF (2000) Anästhesio-
sieverfahren müssen Hypoxämie, Hyperkapnie, re- logisches Management bei Sichelzellanämie. Anästh
gionale Minderperfusion und Hypovolämie mit Intensivmed 41: 660–672
kompensatorischer Vasokonstriktion vermieden Hammer U, Wegener R, Nizze H et al. (2006) Sickle cell anemia:
conclusions from a forensic case report of a young African
werden. Die höchste Inzidenz für das Auftreten ei- woman who died after anesthesia. Ultrastruct Pathol 30:
nes Thoraxsyndroms besteht 48 h nach der Opera- 415–422
tion, insbesondere bei Anämie. Marchant WA, Walker I (2003) Anaesthetic management of a
Für Atracurium wurde eine verlängerte An- child with sickle cell disease. Paediatr Anaesth 13: 473–489
schlagzeit beschrieben. Park KW (2004) Sickle cell disease and other hemoglobinopa-
thies. Int Anesthesiol Clin 42: 77–93
Vor allem gynäkologische Eingriffe sind mit ei- Ritterbach C, Burkle H, Durken M, Wappler F (2002) Anäs-
S ner hohen Komplikationsrate verbunden, so dass thesiologisches Management bei Patienten mit Sichel-
die Indikation für ein invasives Monitoring großzü- zellerkrankungen. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed
gig gestellt werden sollte. Das Ausmaß der postope- Schmerzther 37: 104–108
rativen Überwachung richtet sich nach der Größe Rupp-Montpetit K, Moody ML (2005) Visual loss as a complica-
tion of non-ophthalmic surgery: a review of the literature.
des Eingriffs und nach dem Lebensalter der Patien- Insight 30: 10–17
ten, da ältere Patienten ein signifikant höheres Risi- Tobin JR, Butterworth J (2004) Sickle cell disease: dogma,
ko für postoperative Komplikationen haben. science, and clinical care. Anesth Analg 98: 28–284
Smith-Lemli-Opitz-Syndrom
231 S
z Diagnostik
Smith-Lemli-Opitz- Nachweis eines erhöhten 7-Dehydrocholesterol-
Syndrom Spiegels im Plasma oder Gewebe.

z Synonyme z Anästhesierelevanz
SLO-Sy, RHS-Sy. Selbst vor Diagnose der Erkrankung kann aufgrund
eines Morbus Hirschsprung oder einer Pylorusste-
z Oberbegriffe nose eine dringliche OP-Indikation beim Neugebo-
Enzymopathie, Dysmorphien. renen vorliegen.
Die Erkrankung führt zu einer hohen Mortalität
z Organe/Organsysteme im Kindesalter. Dennoch hat sich durch diätetische
Gesicht, kardiorespiratorisches System, genitou- Behandlung mit Substitution von Cholesterol die
rinales Systems, ZNS. Prognose der Erkrankung verbessert und ist zuneh-
mend von anästhesiologischer Relevanz. Eine anäs-
z Inzidenz thesiologische Betreuung ist im Rahmen von dia-
Geschätzt 1:20.000 bis 1:70.000. gnostischen Maßnahmen (MRT), einer perkutanen
endoskopischen Gastrostomie (PEG) oder für kor-
z Ätiologie rigierende Chirurgie (Spaltverschluss) erforder-
Autosomal rezessiv: Enzymdefekt der 7-Dehydro- lich.
cholesterol-Δ7-Reduktase, resultierend in einer Ak- Regelmäßig besteht ein gastroösophagealer Re-
kumulation von 7-Dehydrocholesterol und einem flux mit erhöhtem Aspirationsrisiko. Die kardialen
generalisierten Cholesteroldefizit. Genlokus: 11q12- Fehlbildungen müssen beachtet werden. Reduzierte
13. Lungenvolumina durch kongenitale Lungenanoma-
lien wie z. B. inkomplette Lobulation der Lunge be-
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen wirken eine zusätzliche Gefährdung der Patienten
Pierre-Robin-Sequenz, Meckel-Sy, Joubert-Sy, Hy- durch Hypoventilation und Hypoxie. Regelmäßig
droletalus-Sy, Trisomie 13. findet sich eine Temperaturdysregulation (Hypo-
und Hyperthermie).
Symptome
z Spezielle präoperative Abklärung
Smith-Lemli-Opitz-Sy Typ I (geringe Fehlbildungen Untersuchung der Atemwege und des Herz-Kreis-
mit Entwicklungsverzögerung und Verhaltensstö- lauf-Systems.
rung) und Typ II (schwere Genitalfehlbildungen
und multiple kongenitale Missbildungen, die mit z Wichtiges Monitoring
dem Leben nicht vereinbar sind). Kongenitale Fehl- Temperatur.
bildung der Atemwege, des kardiorespiratorischen,
gastrointestinalen und genitourinalen Systems so- z Vorgehen
wie des ZNS. Gesichtsanomalien, Mikrognathie, Anpassung des anästhesiologischen Vorgehens an
Blepharophimose, Epikanthus, hoher Gaumen, Art der Operation bzw. Diagnostik, physische und
Spaltbildungen, Hydrozephalus, mentales Defizit. mentale Konditionen des Patienten. Nicht selten
sind die Patienten unkooperativ oder aggressiv.
z Vergesellschaftet mit Beim Vorliegen eines Herzfehlers muss an die En-
Syndaktylie in 95% der Fälle, Krampfneigung, dokarditisprophylaxe gedacht werden. Sowohl die
männlicher Pseudohermaphroditismus, kardiale balancierte und die total intravenöse Anästhesie als
Fehlbildungen (offener Ductus arteriosus Botalli, auch die tiefe Analgosedierung mittels TIVA-Tech-
Vorhofseptumdefekt, supravalvuläre Aortensteno- nik ohne endotracheale Intubation sind beschrie-
se, Coarctatio aortae), Pylorusstenose, M. Hirsch- ben worden. Dennoch ist an die hohe Aspirations-
sprung. gefahr zu denken. Die präoperative Nüchternheit
232 Sneddon-Syndrom

und ein Absaugen von Mageninhalt bei liegender


Magensonde kann das Risiko für eine Aspiration
Sneddon-Syndrom
deutlich vermindern.
Bei Spaltbildungen ist mit erheblichen Intubati- z Synonyme
onsschwierigkeiten zu rechnen. Die primär fiberop- Livedo racemosa generalisata, Livedo racemosa
tische Intubation in erhaltener Spontanatmung un- apoplectica, Livedo reticularis.
ter Sevofluran ist eine gute Möglichkeit zur Siche-
rung des Atemwegs, jedoch sind meist kleinere z Oberbegriffe
Tuben als für das Alter berechnet und auch eine Op- Antiphospholipidantikörper, Hirninfarkte, Throm-
tik mit geringem Außendurchmesser erforderlich. boseneigung.
Larynxmasken in entsprechender Größe müssen
verfügbar sein. Die Datenlage über eine mögliche z Organe/Organsysteme
Assoziation mit dem Auftreten einer malignen Hy- Systemische Erkrankung, die alle Organe betreffen
perthermie ist uneinheitlich. Beim Auftreten von kann, immer jedoch Haut und zentrales Nervensys-
Hyperthermie, Muskelrigidität, respiratorischer tem.
Azidose oder Arrythmien muss an maligne Hyper-
thermie gedacht werden. z Inzidenz
Seit 1965 sind weltweit ca. 200 Kasuistiken publi-
! Cave
ziert worden, aber die Prävalenz liegt mit Sicherheit
Aspiration, Relaxation ohne gesicherte
wegen nicht erkannter Fälle höher. Das Leiden wur-
Atemwege.
de in 0,27% der Fälle unter 3000 Patienten, die we-
gen zerebrovaskulärer Erkrankungen ins Kranken-
Literatur haus aufgenommenen wurden, festgestellt. In
Deutschland rechnet man mit ca. 1000–1500 Fällen.
Choie PTL, Nowaczyk MJM (2000) Anesthetic considerations 60–80% der Patienten sind Frauen im Alter von
in Smith-Lemli-Opitz syndrome. Can J Anesth 47: 556–
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Vermutet wird, dass Antiphospholipidantikörper
200
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way of a premature neonate with Smith-Lemli-Opitz syn- rungen im Bereich von Endothelzellen verursachen,
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Anest Analg 80: 606–608
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Smith-Lemli-Opitz syndrome. Anesthesiology 97: 1015–
deren Erkrankungen mittels klinischer und labor-
1019
chemischer Tests. Die histologische Untersuchung
der Haut zeigt eine Endothelitis, subendotheliale
Sneddon-Syndrom
233 S
Zellproliferation und Fibrose im fortgeschrittenen Anästhesierelevanz
Zustand. Die Diagnose des Sneddon-Sy kann auf
jeden Fall nicht gestellt werden, wenn eine Arteriitis Generell besteht eine erhöhte Thromboseneigung,
oder Thrombophilie vorliegen. häufig auch ohne auffällige Gerinnungsparameter.

Symptome z Spezielle präoperative Abklärung


Kardiale Belastbarkeit abklären, ggf. eingehendere
Primäres Erscheinungsbild ist eine Hauterkran- Untersuchungen wie Echokardiographie, um mög-
kung, die in Kombination mit neurologischen Aus- liche Herzklappenvitien auszuschließen bzw. zu er-
fällen als Livedo racemosa generalisata mit bläu- kennen. Vorbestehende kardiale und neurologische
lichen oder rot-braunen Gefäßzeichnungen auftritt. Risikofaktoren wie Myokardischämien und Infarkte
Diese ist ein systemisches Gefäß-Sy, das im Wesent- sowie zerebrale Insulte sind zu klären. Auch für jün-
lichen an Beinen, Oberarmen, Gesäß und Rücken gere Patienten Thoraxröntgenaufnahme anfertigen.
auftritt. Es ist durch bläuliche oder braun-rote
Hautzeichnungen gekennzeichnet und tritt gehäuft z Wichtiges Monitoring
bei Kälte auf. Der Übergang zur gesunden Haut ist Erweitertes hämodynamisches Monitoring entspre-
fließend. Eine Schwangerschaft kann zur Erstmani- chend der klinischen Symptomatik und der vorbe-
festation beitragen oder das Krankheitsbild ver- stehenden Befunde. Auch der erfolgreiche Einsatz
schlimmern. eines Thrombelastogramms zur Überwachung der
Gerinnung wurde beschrieben.
z Vergesellschaftet mit
Risikofaktoren sind Arteriosklerose wie arterielle z Vorgehen
Hypertonie, Nikotinabusus, Einnahme von oralen Risikofaktoren für eine Thrombosierung wie Ge-
Kontrazeptiva und Hyperlipidämie. Diese gelten fäßwandschäden, Hyperkoagulabilität und Stase in
auch als Triggerfaktoren für den Ausbruch der den Gefäßen (auf Lagerung achten, Hämatokrit um
Krankheit. Koexistent sind außerdem häufig Aor- 30%) müssen minimiert werden. Bei der Narkose-
tenvitien, arterielle Verschlusskrankheit, Raynaud- führung muss kontinuierlich auf ausreichende Per-
Sy, chronische Pyelonephritiden und eine erhöhte fusionsdrücke der Koronarien und der zerebralen
Abortrate. Arterien, aber auch auf die Vermeidung von hyper-
tensiven Phasen geachtet werden. Die Auswahl der
z Therapie Narkosemedikamente muss eine gute Steuerbarkeit
Die Pharmakotherapie beruht auf den 3 Säulen: der Narkose ermöglichen, um eine hämodyna-
1. Verminderung der Gefahr thromboembolischer mische Stabilität zu gewährleisten. Hierfür bieten
Komplikationen durch Antikoagulation mit Ti- sich in erster Linie Sevofluran und Desfluran als
clopidin, Azetylsalicylsäure, Azetylsalicylsäure moderne volatile Anästhetika an.
plus Dipyridamol, Heparinisierung oder Phen- Postoperativ muss aufgrund der weiterbeste-
procoumonderivaten. henden hohen Thrombosegefahr und Embolienei-
2. Hemmung der Proliferation von subendotheli- gung für eine engmaschige intensive Überwachung
alen Mediamyozyten und Endothelzellen durch gesorgt werden.
die Gabe von ACE-Hemmern wie Captopril ! Cave
oder von Prostaglandin E1. Lagerung, Hypotension.
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78 ganspezifisch angepasstes Vorgehen erfordern. Ten-
denziell nimmt in somatischer Hinsicht die Abwei-
chung von der Norm nach der Pubertät ab.

Soto-Syndrom z Spezielle präoperative Abklärung


Echokardiographie zum Nachweis oder Ausschluss
z Oberbegriffe von kardialen Missbildungen.
Malformations-Ss, Gigantismus-Ss.
z Wichtiges Monitoring
z Organe/Organsysteme Relaxometrie, Pulsoxymetrie, Kapnometrie.
Skelettsystem, Bewegungsapparat, Nervensystem.
z Vorgehen
z Inzidenz Bei kardialen Malformationen Endokarditispro-
Sporadisch, bisher ca. 350 Fallberichte vorhanden. phylaxe durchführen.
Tendenziell häufiger bei Arabern und Japanern. Die kranialen Malformationen waren nach den
bisherigen Berichten kein Grund für schwierige
z Ätiologie Atemwegsverhältnisse; in einem Fall war die nasale
Kongenital und hereditär. Sowohl autosomal-domi- Intubation wegen Adenoiden nicht möglich, der
nant als auch autosomal-rezessiv vererbte Fälle sind orale Weg aber problemlos. Nach diesen Angaben
dokumentiert worden. war der Trachealdurchmesser normal, so dass die
S üblichen Berechnungsformeln für die Tubusgröße
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen anwendbar waren. Aufgrund der Größenverhältnis-
Wiedemann-Beckwith-Combs-Sy, Weaver-Sy, Perl- se des Kopfes kann allerdings die erforderliche Ein-
man-Sy, Simpson-Golabi-Behmel-Sy, »Fragile X«- dringtiefe des Tubus höher sein als bei normalen
Sy, Bannayan-Zonana-Sy, Trisomie 15q26-qter, Kindern. Daher sollte die Tubuslage vor Fixierung
Nevo-Sy, Neurofibromatose Typ I, Marshall-Sy, sorgfältig überprüft werden. Bei der Lagerung des
Marfan-Sy, Homozystinurie, Akromegalie. Kopfes ist allerdings darauf zu achten, dass aufgrund
Strümpell-Krankheit
235 S
des großen Okzipitalschädelbereichs eine stärkere
Reklination bei der Laryngoskopie erforderlich sein
Strümpell-Krankheit
kann. Für diesen Fall kann der Schultergürtel mit
einem flachen Kissen unterlagert werden. z Synonyme
Aufgrund der ausgeprägten muskulären Hypo- Hereditäre spastische Paraparese/Paraplegie (HSP).
tonie hat die Verwendung von Muskelrelaxanzien Dieser Begriff wird zurzeit für eine Gruppe von
angepasst zu erfolgen. Es wird berichtet, dass bei mehr als 30 ähnlichen Krankheitsbildern ver-
Inhalationsanästhesie eine zusätzliche Muskelrela- wendet.
xation gar nicht notwendig war. Andere Autoren Strümpell-Leichsenstern-Erkrankung, Strüm-
haben Muskelrelaxanzien beider Kategorien pro- pell-Lorrain-Erkrankung, Marie-Strümpell-Er-
blemlos anwenden können. Auf jeden Fall ist eine krankung, Erb-Charcot-Sy, Charcot-Erb-Sy, akute
effektorientierte Dosierung unter relaxometrischer infantile Hemiplegie, hereditäre familiäre spastische
Kontrolle angezeigt. Paraparese.
Regionalanästhesieverfahren sind (bei Aus- Nicht zu verwechseln mit der Bechterew-Marie-
schluss von Kontraindikationen wie Spina bifida Strümpell-Krankheit (ankylosierende Spondylitis).
oder anderen Wirbelsäulenmalformationen) erfolg-
reich angewendet worden; allerdings können Pati- z Oberbegriffe
enten agressiv und unkooperativ sein, was den Ein- Neuropathie.
satz dieser Methode erschwert. Eine gangbare Alter-
native, insbesondere bei den häufigen Herniotomien, z Organe/Organsysteme
ist bei Kleinkindern der Kaudalblock als Zusatz zur ZNS, Rückenmark, vorwiegend sind die unteren
Allgemeinanästhesie (nach Narkoseeinleitung) und Extremitäten betroffen.
postoperativen Analgesie.
Mehrfach wurde darüber berichtet, dass die An- z Ätiologie
wesenheit von Bezugspersonen (Eltern) bei der Ein- Neben sporadischem Auftreten autosomal-rezessi-
leitung sehr hilfreich gewesen sei. ver, autosomal-dominanter und X-chromosomaler
Vererbungsmodus. Bekannt sind derzeit mehr als
! Cave
20 betroffene Genloci sowie 9 verschiedene Gene.
Lagerungsschäden.
Die unkomplizierte HSP entsteht durch axonale De-
generation des Tractus corticospinalis (motorisch)
Literatur und der Hinterstränge des Rückenmarks (senso-
risch). Einige Formen sind neurodegenerativ, be-
Adhami EJ, Cancio-Babu CV (2003) Anaesthesia in a child with ginnen im Alter und sind progredient, andere For-
Sotos syndrome. Paediatr Anaesth 13: 835–840
men sind als Entwicklungsstörung aufzufassen.
Baujat G, Cormier-Daire V (2007) Sotos syndrome. Orphanet J
Rare Dis 2: 36 Diese beginnen in der Kindheit, bleiben aber statio-
Kessler H, Kraft S (2008) Neuropsychiatrische Symptome bei när. Es wird vermutet, dass diverse pathogenetische
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Neuropsychiatr 22: 38–41 einem gestörten Transport von Makromolekülen
Mauceri L, Sorge G, Baieli S et al. (2000) Aggressive behavior
und Organellen, Störung der mitochondrialen
in patients with Sotos syndrome. Pediatr Neurol 22: 64–
67 Funktion oder einer pathologischen Entwicklung
Varvinski A, McGill FJ, Judd V, Hodzovic I (2001) Sotos‘ syn- des Axons führen.
drome… a rare challenge? Anaesthesia 56: 809 Die Einteilung der HSP erfolgt je nach Schwere-
grad der klinischen Symptome. Ist die HSP auf eine
progressive spastische Schwäche der Beine ggf. mit
zusätzlicher Störung der Kontinenz beschränkt,
wird sie als »unkompliziert« bezeichnet.
Als kompliziert oder syndromatisch werden die
Syndrome klassifiziert, wenn die angeborene Er-
236 Strümpell-Krankheit

krankung zusätzlich andere neurologische Patholo- z Vorgehen


gien aufweist (z. B. Neuropathie, Amyotrophie, Ata- Opioide und Muskelrelaxanzien sollten titriert do-
xie, mentale Entwicklungsstörung oder ein dünnes siert und deren Wirkung überwacht werden. Ver-
Corpus callosum). schiedene Formen der Allgemeinanästhesie sowohl
ohne Verwendung von Muskelrelaxans mit volatilen
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnose Anästhetika und Larynxmaske unter erhaltener
Eine große Anzahl von Erkrankungen muss je nach Spontanatmung sowie die Allgemeinanästhesie mit
Zeitpunkt des Erkrankungsbeginns differenzialdi- Muskelrelaxierung sind beschrieben.
agnostisch in Betracht gezogen werden. Die ver- Für die Befürchtung, dass rückenmarknahe Re-
schiedenen Formen der HSP können meist nur gionalanästhesien zu einer Progredienz der Erkran-
durch genetische Differenzierung unterschieden kung führen, gibt es bisher keine Daten. Die Durch-
werden. Meistens ist die HSP eine Ausschlussdiag- führung sowohl von Epiduralanästhesien als auch
nose. von Spinalanästhesien ohne Veränderung der neu-
rologischen Funktion sind beschrieben. Insbeson-
Symptome dere bei Beeinträchtigung der Atemmuskulatur
bietet die Epiduralanästhesie die Möglichkeit, das
Spastik und Gefühlsstörungen der unteren Extre- Ausbreitungsniveau langsam und kontrolliert zu
mitäten. Pyramidenbahnzeichen, neurogene Bla- erhöhen.
senentleerungsstörungen, Störungen der Tiefen- Auf Normothermie ist zu achten.
sensibilität der unteren Extremitäten, Adduktoren- Postoperativ kann u. U. eine Nachbeatmung er-
spastik, Schwäche der Atemhilfsmuskulatur. Die forderlich sein; in jedem Fall sollte eine verlängerte
Erkrankung kann sich im Kindes- oder auch erst im Überwachung sichergestellt sein.
hohen Erwachsenenalter manifestieren.
! Cave
z Vergesellschaftet mit Succinylcholin, Hypothermie, Lagerungs-
schäden.
Angeborener Hohlfuß, Blepharophimose, Makulo-
pathie, Entwicklungsverzögerung, Kleinwuchs, Stö-
rung der Haut- und Haarpigmentierung, gelegent- Literatur
lich Intelligenzstörungen.
Deruddre S, Marie M, Benhamou D (2006) Subarachnoid anes-
thesia for cesarean delivery in a parturient with Strümpell-
Therapie Lorrain disease. Anesth Analg 102: 1910–1911
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McIver T, Jolley D, Pescod D (2007) General anaesthesia and
Die Paraparese oder Paraplegie geht mit erhöhter caesarean section for a patient with hereditary spastic
Empfindlichkeit für Kaliumfreisetzung einher. Bei paraparesis (Strumpell’s disease). Int J Obstet Anesth 16:
schwereren Verlaufsformen liegt eine einge- 190–191
schränkte Funktion der Atemmuskulatur vor. Mit McTiernan C, Haagenvik B (1999) Strümpell’s disease in a pa-
tient presenting for Cesarean section. Can J Anesth 46:
einer unkalkulierbaren Pharmakokinetik und -dy-
679–682
S namik der Muskelrelaxanzien ist zu rechnen. Salinas S, Proukakis C, Crosby A, Warner TT (2008) Hereditary
spastic paraplegia: clinical features and pathogenetic
z Wichtiges Monitoring mechanisms. Lancet Neurol 7: 1127–1138
Bei Verwendung von Muskelrelaxanzien ist ein neu- Thomas I, Thomas M, Scrutton M (2006) Spinal anaesthesia in
a patient with hereditary spastic paraplegia: case report
romuskuläres Monitoring obligat. Überwachung
and literature review. Int J Obstet Anesth 15: 254–256
der Körpertemperatur erforderlich.
Struma
237 S
die Sicherung der Atemwege nicht zwingend erfor-
Struma derlich, können aber je nach hausinterner Lagerung
sinnvoll sein.
z Synonyme
Jodmangelstruma, Kropf. z Spezielle präoperative Abklärung
Hormonstatus bezüglich Thyroxin mit der Frage
z Oberbegriffe nach Euthyreose, ggf. Zielaufnahme der Trachea,
Schilddrüsenerkrankung. HNO-Konsil wegen Stimmbandbeweglichkeit im
Sinne einer Dokumentation der präoperativen Aus-
z Organe/Organsysteme gangssituation.
Endokrinium, Schilddrüse.
z Wichtiges Monitoring
z Inzidenz Intraoperative Identifikation der Funktion des
Vorzugsweise in Bergregionen endemisch, wo es bis N. laryngeus recurrens, z. B. durch Doppelcufftu-
zu 30% der Bevölkerung betrifft. In Deutschland bus mit integrierten Oberflächenelektroden zur
kommt es jährlich zu ca. 100.000 Schilddrüsenope- transtrachealen Stimulation.
rationen.
z Vorgehen
z Ätiologie Bei euthyreoter Stoffwechsellage, auch nach thyreo-
Nicht entzündliche und nicht maligne Vergröße- statischer Vorbehandlung, besteht endokrinolo-
rung der Schilddrüse bei normaler Hormonpro- gisch kein erhöhtes Anästhesierisiko. Bei hyperthy-
duktion, Jodmangel, Follikelepithelzellendefekt. reoter Stoffwechsellage stehen kardiale und neuro-
Kann auch unter erhöhtem Hormonbedarf wäh- muskuläre Risiken im Vordergrund. Vor elektiven
rend Schwangerschaft, Pubertät oder Klimakterium Eingriffen sollte nach derzeitiger Auffassung eine
auftreten. euthyreote Stoffwechsellage hergestellt werden, was
mit einem FT3-Wert im Normbereich als erwiesen
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen gilt. Dies kann jedoch bei Behandlung mit Thioura-
DD bei retrosternaler Struma: Bronchialkarzinom, cil, Thiamazol oder Carbimazol bis zu 6 Wochen
Lymphome, Thymom, Aortenaneurysma, Schild- dauern. Die thyreostatische Medikation sollte bis
drüsenautonomie, Morbus Basedow, Malignome. zum Operationstag fortgesetzt werden.
Bei einer Notfallindikation und vorherrschen-
Symptome der hyperthyreoter Stoffwechsellage sollte eine
großzügige Prämedikation und eine tiefe Narkose
Strumastadien Ia bis III; gute Beweglichkeit beim angestrebt werden. Sympathomimetisch wirkende
Schlucken, Heiserkeit, Dysphagie, Einflussstauung, oder arrhythmogen wirkende Medikamente wie
evtl. Trachealeinengung, Tracheomalazie. Ketamin, Halothan, Desfluran, Pancuronium, Vago-
lytika, Vasokonstriktoren und Katecholamine soll-
Anästhesierelevanz ten vermieden werden.
Bei thyreotoxischer Krise sind α- und β-Blocker,
Schwierige Intubationsverhältnisse durch Tracheal- Volumengabe und Dexamethason (zur Reduktion
verlagerung oder Kompression sind möglich und der T4-T3-Konversion) indiziert. Thyreostatika
sollten ggf. an fiberoptische Intubation denken müssen enteral verabreicht werden.
lassen. Die thyreotoxische Krise ist gekennzeichnet
Stimmbandläsionen treten nach Schilddrüsen- durch Tachykardie, Hyperpyrexie (DD: maligne
operation in ca. 3–4% der Fälle auf (Cave: Stridor). Hyperthermie), Herz-Kreislauf-Probleme und – bei
Es gibt kein optimales Anästhesieverfahren für die wachen Patienten – neurologische Veränderungen.
Strumaresektion; sowohl TIVA als auch balancierte Durch die Operation kann es zur ein- oder beid-
Anästhesie sind möglich. Spiralfedertuben sind für seitigen iatrogenen Rekurrensparese und zu einer
238 Syringomyelie

akzidentellen Entfernung der Nebenschilddrüsen


kommen. Die beidseitige Rekurrensparese führt zu
Syringomyelie
einer Medianstellung der Stimmlippen und damit
zu einem nahezu vollständigen Verschluss der Tra- z Etymologie
chea mit akuter Luftnot, was umgehend eine Tra- Der Begriff leitet sich von dem giechischen Wort
cheotomie notwendig macht. Bei einseitiger Läsion »syrinx« für Rohr oder Höhle ab. Syringobulbie be-
kommt es zwar zu einem Stridor, aber in der Regel zeichnet die Ausweitung der Hohlräume bis in die
nicht zu einem vollständigen Verschluss. Klinisch unteren Abschnitte des Gehirns.
kann man die Stimmbandläsion postoperativ da-
durch einschätzen, ob der Patient Wörter mit Voka- z Oberbegriffe
len (wie z. B. »Amerika«) gut phonieren kann, und Dysraphiesyndrome.
ob Heiserkeit vorliegt. Die postoperative laryngo-
skopische Inspektion der Glottis nach Extubation z Organe/Organsysteme
wird nicht allgemein als sinnvoll akzeptiert und be- ZNS.
deutet für den Patienten Stress.
In den letzten Jahren sind auch zunehmend z Inzidenz
Strumektomien unter Regionalanästhesie, z. B. mit 8:100.000; Männer sind häufiger als Frauen betrof-
einer Zervikalplexusblockade beschrieben worden, fen.
so vor allem in Ländern mit beschränkten medizi-
nischen Ressourcen. Historischer Hinweis: Bis in z Ätiologie
die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts war diese OP in Von der angeborenen, primären Form der Syringo-
Lokalanästhesie durchaus üblich. myelie wird die sekundäre Form unterschieden, die
meist posttraumatisch durch eine direkte Schädi-
! Cave
gung des Rückenmarks entsteht oder durch eine
Stimmbandfunktion nach Extubation (Dys-
Behinderung der Liquorzirkulation, die zu einer
phonie, Atemnot), Hypoparathyreoidismus.
Höhlenbildung im Rückenmark führt. Die Bildung
einer Syringomyelie nach thorakaler Epiduralanäs-
Literatur thesie sowie nach Anlage eines intrathekalen Kathe-
ters zur Schmerztherapie ist beschrieben. Die syrin-
Bacuzzi A, Dionigi G, Del Bosco A et al. (2008) Anaesthesia for gomyelose Form der Lepra kann mit der Bildung
thyroid surgery: perioperative management. Int J Surg 6
zystischer Rückenmarkläsionen vergesellschaftet
(Suppl 1): S82–85
Banasiewicz T, Meissner W, Pyda P et al. (2008) Partial thyroi- sein.
dectomy under local anaesthesia-the analysis of 49 sub- Für die primäre Form ist sowohl ein autosomal-
sequent cases. Langenbecks Arch Surg 393: 715-719 dominanter als auch autosomal-rezessiver Verer-
Dere K, Teksoz E, Sen H et al. (2008) Anesthesia in a child with bungsmodus beschrieben.
massive thyroid enlargement. Pediatr Anesth 18: 797–
Insbesondere in den zervikalen und thorakalen
798
Fan Y, Guo B, Kang J et al. (2010) Minimally invasive video-as- Abschnitten des Rückenmarks kommt es zu einer
sisted thyriodectomy: experience of 300 cases. Surg Höhlenbildung innerhalb der grauen Substanz.
Endosc 24: Feb 23 Morphologisch werden mit dem Liquor kommuni-
Lamadé W, Meyding-Lamadé U, Buchhold C et al. (2000) Erstes zierende Zysten von nichtkommunizierenden Höh-
kontinuierliches Nervenmonitoring in der Schilddrüsen-
len abgegrenzt, pathophysiologisch unterscheiden
chirurgie. Chirurg 71: 551–557
S Negri L (2000) Narkoseverfahren bei Strumaresektion. sich diese Formen in der Beeinflussung der Liquor-
Anaesthesist 49: 981–982 zirkulation.
Suh YJ, Kim JS, In JH et al. (2009) Comparison of analgesic effi-
cacy between bilaterlal superficial and combined (super- z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
ficial and deep) cervical plexus block administered before
Andere Erkrankungen oder Syndrome mit zysti-
thyroid surgery. Eur J Anaesthesiol 26: 1043-1047
schen Veränderungen des Rückenmarks: Meningo-
myelozele, Arnold-Chiari-Malformation.
Syringomyelie
239 S
Mit Störung der Liquorzirkulation einherge- z Therapie
hende Erkrankungen: McCune-Albright-Sy, von- Die neurochirurgische Intervention ist je nach Lo-
Hippel-Lindau-Sy, Crouzon-Sy. kalisation der Syrinx und neurologischer Sympto-
Ferner Schulter-Arm-Ss, hereditäre sensorische matik erforderlich. Im Falle eines erhöhten Hirn-
Neuropathie, Zervikalkanaleinengung. drucks besteht die Therapie in einer kraniozervi-
kalen Dekompression, Laminektomie oder Anlage
Symptome eines Shunts zur Ableitung von Liquor. Darüber
hinaus verbessern physiotherapeutische Maßnah-
Die klinische Manifestation der Erkrankung ist men und eine ausführliche Aufklärung des Patienten
durch einen langsam progredienten Verlauf ge- die Lebensqualität. Bei Vorliegen von spastischen
kennzeichnet und erfolgt meist zwischen dem 20. Kontrakturen Therapieversuch mit Myotonolytika
und 40. Lebensjahr. Die Symptomatik der Syringo- (z. B. Baclofen).
myelie hängt von der Lage der Syrinx ab.
Häufig fällt die Erkrankung mit diffusen Anästhesierelevanz
Schmerzen im Schulter-Arm-Bereich, Nacken-
oder Kopfschmerzen auf. Ein asymmetrischer Ver- z Spezielle präoperative Abklärung
lust von Schmerz- und Temperaturempfindung Erhebung und Dokumentation des neurologischen
aufgrund einer Zerstörung der kreuzenden Fasern Status, evtl. bildgebende Diagnostik (MRT). Sicherer
des Tractus spinothalamicus unter Erhalt der Be- Ausschluss eines erhöhten intrakraniellen Drucks.
rührungs- und Lageempfindung ist für die Erkran- Abklärung einer eventuellen respiratorischen Ein-
kung typisch. Die Läsion im Vorderhorn führt zu schränkung mittels Lungenfunktionstestung.
einer Hyporeflexie und Inaktivierungsatrophie der
Muskulatur. Bei Verlust der schützenden Schmerz- z Wichtiges Monitoring
empfindung kann es nach wiederholter Traumati- Relaxometrie, ggf. invasive Blutdruckmessung.
sierung von Gelenken zu einer chronischen Schädi-
gung kommen (sog. neurologische Arthropathie). z Vorgehen
Die motorischen Einschränkungen können von ei- Häufig Anästhesie zu neurochirurgischen Eingrif-
ner spastischen Parese bis zum kompletten Verlust fen erforderlich. Bei anderen Operationen ggf. Ein-
der Beweglichkeit reichen. Auch eine Störung der schränkung bei der Wahl des Anästhesieverfahrens.
Blasen- und Darmentleerung sowie eine sexuelle Das anästhesiologische Vorgehen richtet sich insbe-
Funktionsstörung können auftreten. sondere nach dem Vorliegen eines erhöhten Hirn-
drucks. Kopfhochlagerung, ausreichend tiefe Anäs-
z Vergesellschaftet mit thesie, die Vermeidung von Succinylcholin sowie
Durchblutungsstörungen und trophische Störungen von hypertensiven Phasen, suffiziente Oxygenie-
der Haut, Schwellung der Hände. Selten kann sich rung sowie kontrollierte milde Hyperventilation
ein Morvan-Sy mit fortschreitender, schmerzloser sind Maßnahmen, die einer Erhöhung des Hirn-
Fingereiterung ohne Heilungstendenz manifestie- drucks entgegenwirken. Propofol, Barbiturate und
ren. Durch eine Grenzstrangbeteiligung kann es zu Etomidat können gut verwendet werden, da sie die
einer Horner-Symptomatik kommen. Eine Entkal- intrazerebrale Durchblutung senken.
kung der Knochen kann zu spontanen Frakturen Ventilations-Perfusions-Störungen durch Wir-
und Thoraxdeformitäten führen. Rezidivierende belsäulendeformierungen und evtl. vorliegende
Pneumonien, Aspiration und Schlafapnoesyndrom Stimmbandlähmungen können den perioperativen
sind pulmonale Komplikationen der Erkrankung. Je Verlauf beeinträchtigen. Eine erhöhte Sensitivität
nach Lokalisation der Syrinx kommt es zur Hirn- auf nicht depolarisierende Muskelrelaxanzien ist
nervenbeteiligung mit Zungenatrophie, Empfin- beschrieben worden, folglich ist eine Überwachung
dungsstörungen oder Schmerzen im Bereich des der neuromuskulären Übertragung erforderlich.
Gesichts. Eine Beteiligung des Grenzstrangs kann zu Verän-
derungen im autonomen Nervensystem führen.
240 Syringomyelie

Bei der perioperativen Volumentherapie ist zu Royo-Salvador MB, Solé-Llenas J, Doménech JM, González-
beachten, dass in der Regel ein erhöhter Wasserver- Adrio R (2005) Results of the section of the filum termi-
nale in 20 patients with syringomyelia, scoliosis and
lust durch exzessives Schwitzen vorliegt, so dass die
Chiari malformation. Acta Neurochir 147: 515–523
Volumenzufuhr dementsprechend erhöht werden Verbraecken J, Willemen M, De Cock W et al. (2002) Intermittent
muss. Besteht bereits präoperativ eine chronische positive airway pressure by nasal mask as a treatment for
respiratorische Insuffizienz, so muss mit einer Kom- respiratory insufficiency in a patient with syringomyelia.
plikation der postoperativen Phase gerechnet und Respiration 69: 169–174
eine intensivmedizinische Überwachung sicherge-
stellt werden.
Besondere anästhesiologische Anforderungen
sind an die Betreuung von Schwangeren zur Sectio
caesarea gestellt. Besteht der Wunsch nach der
Durchführung einer Regionalanästhesie, muss ein
erhöhter intrakranieller Druck sicher ausgeschlos-
sen und dokumentiert sein; Ausmaß und Lokalisa-
tion der Syrinx sowie neurologische Ausfälle müs-
sen genau bekannt sein. Sowohl die Durchführung
einer Allgemeinanästhesie als auch die rückenmar-
knahen Verfahren sind in der Literatur beschrieben
worden.
! Cave
Vorliegen eines erhöhten intrakraniellen
Drucks, rückenmarknahe Regionalanästhesie
auf Höhe der Läsion.

Literatur

Abraham-Igwe C, Ahmad I, O’Connell J, Chavda SV (2002)


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tion in a patient with syringomyelia. Can J Anesth 48:
474–477
Takayasu-Syndrom
241 T
Vollbild: deutliche Blutdruckdifferenz mit Hy-
Takayasu-Syndrom pertonie in der unteren und Hypotension in der
oberen Körperhälfte. Pulslosigkeit an den oberen
z Synonyme Extremitäten und am Hals bei guter Pulsation im
Takayasu-Arteriitis, Takayasu-Onishi-Sy, Marto- Versorgungsbereich der Femoralarterien. Tachy-
rell-Fabre-Sy, »Pulsloskrankheit«, Aortenbogen-Sy, kardie, hypersensitiver Karotissinusreflex mit Kol-
Koarktations-Sy, umgekehrtes Isthmusstenose-Sy, lapsneigung, Strömungsgeräusche am Aortenbogen
engl. »pulseless disease«. und an den Karotiden. Durch Mangeldurchblutung
oder Apoplexie bedingte Symptome (v. a. bei auf-
z Oberbegriffe rechter Haltung): Amaurosis fugax (passagere Er-
Vaskulitis, Arteriitis der Aorta, entzündliche Gefäß- blindung, Sehstörungen = visuelle Claudicatio),
obliteration. Schwindelanfälle, Reizbarkeit, Gedächtnisstörun-
gen, Krampfanfälle.
z Organe/Organsysteme Spätsymptome (trophische Störungen): Muskel-
Arterienabgänge aus dem Aortenbogen, Gefäßver- atrophie (Muskelschwäche und Hyperreflexie an
sorgung der oberen Körperregion, Kreislauf-Gefäß- Händen, Armen, Kopfbereich), Enophthalmus, Ul-
System. zerationen an den Akren, Raynaud-Phänomen.
Befundverschlechterung während der Schwan-
z Inzidenz gerschaft, hypertensive Krise, gelegentlich Links-
Selten, Gynäkotropie 1:7–9, vorwiegend Ostasiaten herzdekompensation durch Zunahme des After-
betroffen. load.

z Ätiologie z Vergesellschaftet mit


Unbekannt. Eine in den Vasa vasorum beginnende Der entzündliche Prozess an den Gefäßen führt bei
Entzündung führt zur Infiltration der Media und 98% der Patienten zur Stenose oder Okklusion, bei
Adventitia mit T-Zellen und schließlich zum Inti- ca. 28% kommt es zur Aneurysmabildung. Links-
maödem mit Einlagerung von Fett- und Blutzellen. herzhypertrophie (in 28% der Fälle mit Herzversa-
Morphopathologisch kommt es zu einer zuneh- gen), pulmonale Hypertonie, bei entzündlichem
menden Stenosierung der arteriellen Abgänge im Befall der Koronararterien Angina pectoris als
Bereich des Aortenbogens mit Durchblutungsstö- Symptom der koronaren Herzkrankheit, Stenose
rung der nachgeschalteten Bezirke. Die Erkrankung der A. renalis, Irisatrophie, Optikusatrophie, Lin-
ist progredient mit häufig fataler Prognose. sentrübung (Katarakt), definitive Erblindung,
Schwerhörigkeit, Tinnitus, Taubheit, Hemiparesen,
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen Aphasie, Spondylitis ankylosans (Morbus Bechte-
Arteriitis temporalis, Panaarteriitis nodosa, Aorte- rew), rheumatoide Arthritis, Splenomegalie.
nisthmusstenose, Arteriosklerose der Aorta, thora-
kales Aortenaneurysma, Karotisstenose, Arteriitis z Therapie
syphilitica, kongenitales Subklavia-Anzapf-Sy, mul- Im akuten entzündlichen Stadium Kortikoide, ggf.
tiple arterielle Thromboembolien, Apoplexie, En- Methotrexat, Azathioprin, additive Therapiever-
dangiitis obliterans (Morbus Bürger), Raynaud-Sy. suche mit anti-TNF, medikamentöse Antiaggregati-
on und/oder Antikoagulation. Gefäßchirurgische
Symptome Intervention: bei Stenosen mittels Bypass, bei Ge-
fäßaneurysmen Operation, bei kurzstreckigen Ste-
Prodrome: Fieber, Unwohlsein, Gewichtsverlust, nosen ggf. endovaskuläre Prothesen.
Abdominalschmerzen, erhöhte Blutsenkungsge-
schwindigkeit. Diese unspezifischen Allgmein-
symptome können insbesondere bei Kindern zu
einer verspäteten Diagnosestellung führen.
242 Takayasu-Syndrom

Anästhesierelevanz Bei Allgemeinanästhesien soll es nicht zu dem initi-


al häufigen Blutdruckabfall kommen; negativ-ino-
Im Vordergrund steht die Sicherstellung einer genü- trope Anästhetika sollten zurückhaltend eingesetzt
genden Blut- und O2-Versorgung in den betroffenen werden.
Gefäßversorgungsgebieten. Außer dem Perfusions- Im Falle einer Regionalanästhesie (v. a. Spinal-
druck ist eine ausreichende arterielle O2-Transport- anästhesie) ist jeder, auch kurzfristige Blutdruckab-
kapazität (regionale Perfusion, Hb/Hkt, Oxygenati- fall unbedingt zu vermeiden. Bei therapeutischer
on) von elementarer Bedeutung. Die Vermeidung Antikoagulation oder Antiaggregation ist die
von hypertensiven Krisen mit möglichen Kompli- Durchführung rückenmarknaher Regionalanästhe-
kationen wie zerebrale Blutung, Infarkt oder kardi- sien nur nach Beachtung der entspechenden thera-
ale Dysfunktion ist essenziell. Während der Schwan- piefreien Intervalle gestattet.
gerschaft liegt ein erhöhtes Risiko für die Dekom- Eine Kortikoidtherapie ist perioperativ fortzu-
pensation eines bereits bestehenden Hypertonus setzen bzw. dem stressbedingt erhöhten Bedarf an-
vor. zupassen.
Über eine protektive Wirkung einer periopera-
z Spezielle präoperative Abklärung tiv durchgeführten generalisierten Vasodilatation
Gefäßstatus (Karotisdoppleruntersuchung, Angio- ist berichtet worden, allerdings fehlen hierzu noch
graphie, Druckgradienten, Belastungs-EKG), Echo- ausreichend gesicherte Daten. Wichtig ist es in die-
kardiographie, Ausschluss einer pulmonalen Hy- sem Zusammenhang, an die Notwendigkeit eines
pertonie, neurologischer Ausgangszustand, Hb/ adäquaten Hydratationszustandes und intravasalen
Hkt, Gerinnungsparameter. Erfassung und Doku- Volumens zu denken, um eine Minderversorgung
mentation des peripheren Gefäßstatus. von »letzten Wiesen« zu vermeiden.
Bei zwingend erforderlicher Anlage von zentral-
z Wichtiges Monitoring venösen Kathetern ist die ultraschallgesteuerte
EKG (inklusive Ableitung II, V5), Pulsoxymetrie, Punktion empfehlenswert.
Kapnographie. Aufgrund der erhöhten Gefahr einer Besondere Anforderungen stellt die Betreuung
Aneurysmabildung an kanülierten Gefäßen sollte von betroffenen Patientinnen in der Geburtshilfe.
eine invasiv-arterielle Blutdruckmessung nur bei Ein frühzeitiges interdisziplinäres Vorgehen ist an-
entsprechender Indikation vorgenommen werden zustreben. Titrierte Anlage einer Periduralanästhe-
(langer Eingriff, erweitertes hämodynamisches Mo- sie unter kontinuierlicher Blutdruckkontrolle ist
nitoring nötig). Dabei ist zu beachten, dass der für eine empfohlene Vorgehensweise.
die obere Körperregion einschließlich Gehirn rele-
! Cave
vante Blutdruck in der A. radialis zu messen ist. A.-
Blutdruckabfälle, kontrollierte Hypotension
femoralis-Katheter zeigen evtl. einen höheren Per-
insbesondere bei Volumenmangel, syste-
fusionsdruck an, als er im Gehirn vorliegt. Verglei-
mische Gabe von Vasokonstriktoren, Anämie,
chende nichtinvasive Blutdruckmessung an oberer
Hypokapnie, extrem retroflektierte Kopfla-
und unterer Extremität, ZVD, Blutgasanalysen und
gerung.
Säure-Basen-Status, Hb/Hkt. Bei Durchführung ei-
Besondere Vorsicht ist bei Punktionen im Be-
ner Allgemeinanästhesie ggf. Überwachung der ze-
reich der Halsgefäße geboten (Karotisverlet-
rebralen Perfusion mittels EEG oder transkrani-
zung und Thrombosegefahr).
ellem Doppler erwägen.
Literatur
z Vorgehen
Die Gewährleistung eines suffizienten O2-Trans- Fawcett WJ, Razis PA, Berwick EP (1993) Post-operative cereb-
T ports durch Aufrechterhaltung eines stabilen Kreis- ral infarction and Takayasu’s disease. Eur J Anaesthesiol
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laufs, genügende Volumenzufuhr, Vermeidung von Grewal K, Samsoon G (2003) Combined spinal-epidural anaes-
Anämie, Hypoxie und Hypokapnie ist wesentlich. thesia for caesarean section in a patient with Takayasu’s
Letztere vermindert die zerebrale Durchblutung. disease. Int J Obstet Anesth 12: 234–235
Thalassämie
243 T
Ioscovich A, Gislason R, Fadeev A et al. (2008) Peripartum saemia minor die heterozygote Form der Erkran-
anesthetic management of patients with Takayasu’s arte- kung bezeichnet.
ritis: case series and review. Int J Obstet Anesth 17: 358–
Die aktuelle Nomenklatur richtet sich nach den
364
Kathirvel S, Chavan S, Arya VK (2001) Anesthetic management
veränderten Globinketten. Die α-Thalassämie ist
of patients with Takayasu’s arteritis: a case series and re- durch eine reduzierte Syntheserate für α-Ketten
view. Anesth Analg 93: 60–65 charakterisiert (α0 bezeichnet das gänzliche Fehlen
Kawaguchi M, Ohsumi H, Nakajima T, Kuro M (1993) Intra-ope- der α-Ketten, α+ eine reduzierte α-Kettensynthese),
rative monitoring of cerebral haemodynamics in a pati-
bei der β-Thalassämie ist die Syntheserate für β-
ent with Takayasu’s arteritis. Anaesthesia 48: 496–498
Kerr GS, Hallahan CW, Giordano J et al. (1994) Takayasu arteri-
Ketten betroffen (Nomenklatur: β0, β+ wie oben).
tis. Ann Intern Med 120: 919–929 Die Folge der Erkrankung ist eine ineffektive Ery-
Liang P, Hoffman GS (2005) Advances in the medical and sur- thropoese und verkürzte Erythrozytenüberlebens-
gical treatment of Takayasu arteritis. Curr Opin Rheumatol zeit mit gesteigerter peripherer Hämolyse durch
17: 16–24
Sequestration in der Milz.
Ogata J, Horishita T, Shiraishi M, Minami K (2007) Combined
spinal-epidural anesthesia for cesarean section in a pati-
Klassifikation nach ICD-10:
ent with Takayasu arteritis complicated by heart failure. J 4 D56.0 Alpha-Thalassämie
Anesth 21: 525–526 4 D56.1 Beta-Thalassämie
Ogino H, Matsuda H, Minatoya K et al. (2008) Overview of late 4 D56.2 Delta-Beta-Thalassämie
outcome of medical and surgical treatment for Takayasu
4 D56.3 Thalassämia minor (Erbanlage/Trait)
arteritis. Circulation 118: 2738–2747
4 D56.4 Hereditäre Persistenz fetalen Hämo-
globins (HPFH)
4 D56.8 Sonstige Thalassämien
4 D56.9 Thalassämie, nicht näher bezeichnet
Thalassämie 4 D57.2 Sichelzell-Thalassämie

z Synonyme z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen


Mittelmeeranämie, Cooley-Anämie. Sichelzellanämie.

z Oberbegriffe Symptome
Hämoglobinsynthesestörung.
Es besteht eine große Symptomvariabilität, je nach
z Organe/Organsysteme Genotyp der Erkrankung. Eine milde, mikrozytäre
Hämatopoetisches System, Blut. und zumeist asymptomatische Anämie kann die
einzige Krankheitsmanifestation sein. Ikterus, He-
z Inzidenz patosplenomegalie und Cholelithiasis können klini-
Verbreitung v. a. im Mittelmeerraum und in Südos- sche Manifestationen der Thalassämie sein. Durch
tasien, durch Migration jedoch zunehmende Be- Infektionen, Einnahme oxidierender Medikamente
deutung im zentraleuropäischen Raum. sowie während der Schwangerschaft kann sich die
bestehende Anämie verstärken. Skelettanomalien
z Ätiologie finden sich bei etwa einem Drittel der Patienten. Die
Thalassämie ist der Oberbegriff für eine heterogene schwere Form der α-Thalassämie führt zum Hy-
Krankheitsgruppe mit Störung der Hämoglobin- drops fetalis mit intrauterinem Fruchttod oder Tod
synthese. Verschiedene Gendefekte können dabei nach der Geburt.
auf den Chromosomen 16 oder 11 (α-Thalassämie Die β-Thalassämie ist klinisch meist bedeutsa-
bzw. β-Thalassämie) lokalisiert sein. Die Erkran- mer als die α-Thalassämie. Durch die ineffiziente
kung wird autosomal-rezessiv vererbt. Erythropoese kommt es zu einer ausgeprägten An-
Die ältere Nomenklatur nimmt Bezug auf den ämie.
klinischen Schweregrad der Erkrankung. Mit Tha- Patienten mit homozygotem Erkrankungstyp
lassaemia major wird die homozygote, mit Thalas- zeigen bereits im Kleinkindalter die klinische Symp-
244 Thalassämie

tomtrias der Cooley-Anämie mit Knochendeformi- Die allogene Stammzelltransplantation ist ins-
täten, Splenomegalie und Anämie. Am Schädel ma- besondere bei Kindern mit Thalassämia major ohne
nifestiert sich die gesteigerte Erythropoese mit Hy- bestehende Hämosiderose die Therapie der Wahl,
perplasie des Knochenmarks und Expansion der jedoch besteht das Risiko einer Abstoßungsreak-
Markräume in den Diploe, der radiologische Be- tion.
fund des parallelen zentrifugalen Musters wird mit
dem Begriff Bürstenschädel bezeichnet. Darüber Anästhesierelevanz
hinaus sind die Wangenknochen meist prominent
ausgebildet und es kommt zu einer Malokklusion Ein typischer Anästhesieanlass ist insbesondere bei
des Kiefers. Bei der hämatologischen Untersuchung Kindern die Splenektomie. Ausgeprägte Verfor-
findet sich eine mikrozytäre, hypochrome Anämie, mungen des Gesichtschädels können zu Intubati-
typisch ist das Auftreten von unterschiedlich ge- onsschwierigkeiten führen. Durch die verlängerte
formten Erythrozyten (Anisozytose) und Schieß- Überlebenszeit kommen vermehrt Patienten zur
scheibenzellen. geburtshilflichen Betreuung mit eventuell erforder-
Ohne Therapie kommt es bei der β-Thalassämie licher anästhesiologischer Beteiligung.
zum Tod innerhalb der ersten 5 Lebensjahre. Wird
das Adoleszentenalter erreicht, beginnt die Pubertät z Spezielle präoperative Abklärung
verzögert. Die sorgfältige Evaluation des oberen Atemwegs ist
Durch die erhöhte Eisenablagerung in Herz, Le- erforderlich, um eventuelle Intubationsschwierig-
ber und endokrinen Organen kommt es längerfri- keiten zu erfassen. Die Anamnese sollte das Ausmaß
stig zu Herzinsuffizienz, Leberzirrhose und Insulin- der Organbeteiligung klären, insbesondere den kar-
resistenz mit gesteigerter Insulinausschüttung. dialen Status des Patienten. Auch die Lungenfunk-
tion kann durch die Hämosiderose betroffen sein,
z Vergesellschaftet mit so dass eine präoperative Lungenfunktionstestung
Extramedulläre Blutbildung mit Tumorbildung ins- sinnvoll ist. Die Leberfunktion muss durch sorgfäl-
besondere paravertebral. Pathologische Frakturen tige Anamnese, klinische Untersuchung und Be-
der Extremitätenknochen. Kompressionsfrakturen stimmung der leberspezifischen Laborparameter
der Wirbelkörper. Kompression des Rückenmarks erfasst werden. Zum Ausschluss einer Niereninsuf-
mit neurologischen Ausfällen. Folgekrankheiten fizienz bei Therapie mit Deferasirox ist eine Kon-
der chronischen Transfusionstherapie: Herzinsuffi- trolle der Nierenfunktionswerte erforderlich.
zienz, Leberzirrhose. Als Spätkomplikationen kann
es bei erwachsenen Patienten zu Herzversagen, Ar- z Wichtiges Monitoring
rhythmien, Diabetes, transfusionsbedingten Kom- Hämoglobin, Blutzucker, Transaminasen, Bilirubin,
plikationen, Thrombosen, Hypothyreose oder Hy- Quick, PTT, AT-III.
pogonadismus kommen.
z Vorgehen
z Therapie Bei elektiven Operationen müssen eine präoperativ
Therapie der chronischen Anämie ist die regelmä- bestehende Anämie und eventuell entgleiste Stoff-
ßige Transfusion. Ziel ist ein Hämaglobingehalt von wechsellage ausgeglichen werden. Häufig haben
9–10 g/dl. In der Regel ist die Splenektomie erforder- sich bei den Patienten infolge wiederholter Transfu-
lich, damit eine weitere Erythrozytensequestration sionen irreguläre Erythrozytenantikörper ausgebil-
in der vergrößerten Milz verhindert wird. Alle For- det, so dass die Beschaffung von geeigneten Blut-
men der Thalassämie gehen mit einer Eisenüberla- konserven sehr zeitintensiv sein kann. Bei Patienten
dung einher. Durch die Therapie mit Chelatbildnern, mit kraniofazialen Missbildungen müssen alle Vor-
T z. B. Desferoxamin oder das oral applizierbare De- bereitungen zur Bewältigung eines schwierigen
ferasirox, kann die Entwicklung einer Hämosiderose Atemweges getroffen sein. Vorgehen der Wahl sollte
abgeschwächt werden. Die Gabe von Askorbinsäure die fiberoptische Intubation des informierten, anal-
steigert die Eisenexkretion zusätzlich. gosedierten Patienten unter Spontanatmung sein.
TRALI-Syndrom
245 T
Grundsätzlich ist sowohl eine Regionalanästhe- z Oberbegriffe
sie als auch eine Allgemeinanästhesie möglich. Bei Transfusionskomplikation, Lungenödem, Immun-
der Allgemeinanästhesie ist zu bedenken, dass An- reaktion.
ästhetika mit hepatischer Elimination bei dem Vor-
liegen einer Hämosiderose eine verlängerte Wirk- z Organe/Organsysteme
dauer haben können. Bei regionalanästhesiologi- Lunge.
schen Verfahren ist beim Vorliegen einer durch
Hypersplenismus bedingten Thrombozytopenie z Inzidenz
mit vermehrten Blutungskomplikationen zu rech- Mit 0,02–0,05% bezogen auf transfundierte Blutkon-
nen, rückenmarknahe Verfahren können v. a. dann serven und mit 0,08–0,16% bezogen auf Patienten,
kontraindiziert sein. Bei allen Eingriffen mit erwar- die eine Transfusion erhalten haben, sehr selten;
tetem hohem Blutverlust sollte die maschinelle Au- Mortalität ca. 5%. Ist mittlerweile die häufigste trans-
totransfusion eingesetzt werden, um die Gabe von fusionsbedingte Todesursache vor Hämolyse durch
Fremdblut zu vermeiden. AB0-Inkompatibilität in Europa und Nordamerika.
Aufgrund des erhöhten Thromboembolierisi- Tritt akut auf, hat bessere Prognose als das ARDS.
kos ist auf eine frühzeitige postoperative Mobilisa- Das Risiko für TRALI ist ca. 10-mal höher als
tion und entsprechende Thromboseprophylaxe zu für eine transfusionsbedingte Infektion mit Hepa-
achten. Dies gilt insbesondere für Patienten, die be- titis B.
reits splenektomiert sind.
z Ätiologie
Literatur Transfusionsbedingt, immunologisch durch Gra-
nulozyten- bzw. HLA-Antikörper des Spenders aus-
Born M, Frietsch T, Waschke KF (1999) Anästhesiologisches gelöst, die mit dem Blutprodukt übertragen werden
Management bei Thalassämien. Anästh Intensivmed 40:
488–496
und gegen Leukozyten des Empfängers reagieren,
Butwick A, Findley I, Wonke B (2005) Management of preg- selten auch durch IgA induziert. Spender haben sich
nancy in a patient with beta thalassaemia major. Int J meist durch Vortransfusion oder in Schwanger-
Obstet Anesth 14: 351–354 schaft immunisiert. Deshalb gilt in Deutschland seit
Eldor A, Rachmilewitz EA (2002) The hypercoagulable state in
31.08.2009, dass Plasma nicht mehr von Frauen ge-
thalassemia. Blood 99: 36–43
Firth PG (2009) Anesthesia and hemoglobinopathies. spendet werden darf, die irgendwann schwanger
Anesthesiol Clin 27: 321-336 waren.
Gaziev J, Lucarelli G (2003) Stem cell transplantation for he- Da Erythrozytenkonzentrate heute fast keine
moglobinopathies. Curr Opin Pediatr 15: 24–31
Granulozyten und kaum Plasma mehr enthalten,
Kitoh T, Tanaka S, Ono K, Hasegawa J, Otagiri T (2005)
Anesthetic management of a patient with β-thalassemia tritt das TRALI-Sy nahezu nur nach Gabe von Plas-
intermedia undergoing splenectomy: a case report. J ma oder Thrombozytenkonzentraten auf.
Anesth 19: 252–256 Aktivierte Granulozyten wandern in den inter-
Park KW (2004) Sickle cell disease and other hemoglobinopa- stitiellen Raum der Lunge, wo die Ausschüttung von
thies. Int Anesthesiol Clin 42 (3): 77–93
Tichelli A, Rovó A (2010) Klinisches Management einer
Zytokinen, Proteasen und Sauerstoffradikalen für
Thalassämie beim erwachsenen Patienten. Ther Umschau eine komplementabhängige Permeabilitätserhö-
67: 237–143 hung des Endothels und damit die Entstehung eines
Waters JH, Lukauskiene E, Anderson ME (2003) Intraoperative Lungenödems sorgt.
blood salvage during cesarean delivery in a patient with
Antikörperinduziertes TRALI wird von nicht
beta thalassemia intermedia. Anesth Analg 6: 1808–9
immunologisch bedingtem TRALI unterschieden.

z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen


TRALI-Syndrom ARDS, anaphylaktische Transfusionsreaktion, In-
kompatibilität, Myokardinfarkt, Lungenembolie,
z Synonyme bakterielle Kontamination der Blutprodukte
Engl. »transfusion-related acute lung injury«.
246 TRALI-Syndrom

Symptome Oxygenierungsstörungen sind in der Regel auf


ein Perfusions-Ventilations-Missverhältnis und
Bei wachen Patienten Beginn mit Schüttelfrost, Vi- nicht auf Diffusionsstörungen zurückzuführen. Hä-
gilanzminderung, Dyspnoe. Entwicklung zu einer modynamische Probleme bei erhöhtem PEEP sind
partiellen bis globalen respiratorischen Insuffizienz: meist durch eine Hypovolämie ausgelöst. Die pul-
Hypoxie, Kreislaufreaktionen: Hypotonie, monalarteriellen Drücke können erhöht sein und
Ein TRALI wird angenommen bei: zu einer Rechtsherzinsuffizienz führen, die z. B. mit
4 Entwicklung von ALI innerhalb von 6 h nach Dobutamin therapiert werden kann. Antibiotika-
Bluttransfusion, therapie ist nur bei nachgewiesenen Erregern oder
4 Ausschluss eines kardiogenen Lungenödems, offensichtlichen Entzündungszeichen (pneumoni-
4 Zeichen der Hypoxämie. schen Infiltraten) sinnvoll.

z Therapie ! Cave
Granulozytenspezifische Antikörper können
Symptomatisch. Abbruch der Transfusion, ggf. In-
nur aufwendig nachgewiesen werden, nach-
tubation und Beatmung zur Aufrechterhaltung der
gewiesene HLA-Antikörper reichen nicht zur
Oxigenierung, Katecholaminunterstützung kann
Diagnosestellung »TRALI« aus. Für sichere Di-
notwendig sein. Die Gabe von hoch dosierten Kor-
agnosestellung ist eine Kreuzprobe aus Emp-
tikoiden und Diuretika wird kontrovers diskutiert.
fängerleukozyten und Spenderserum not-
wendig, was derzeit Speziallaboratorien vor-
Anästhesierelevanz behalten ist.

Das Syndrom wird nur in seltensten Fällen eine prä-


operative Relevanz, z. B. bei notwendigem opera- Literatur
tivem Eingriff als Revisionoperation oder bei Ope-
Arbeitskreis Blut (2009) Maßnahmen zur Vermeidung der
ration nach Polytrauma haben. Das Syndrom tritt in
transfusionsinduzierten Lungeninsuffizienz (TRALI).
erster Linie intraoperativ nach notwendiger Gabe Bundesgesundheitsblatt 72: 572
von Blutprodukten auf. Benson AB, Moss M, Silliman C (2009) Transfusion-related
acute lung injury (TRALI): a clinical review with emphasis
z Wichtiges Monitoring on the critically ill. Br J Haematol 147: 431–443
Gajic O, Moore SB (2005) Transfusion-related acute lung injury.
Erweiterung des hämodynamischen Monitorings
Mayo Clin Proc 80: 766–770
auf invasive Blutdruckmessung und ggf. pulmonal- Mair DC, Hirschler N, Eastlund T (2006) Blood donor and com-
arteriellen Katheter bzw. engmaschiges Monitoring ponent management strategies to prevent transfusion-
des Volumenhaushalts und des extravaskulären related acute lung injury (TRALI). Crit Care Med 34:
Lungenwassers. S137–14
Sachs UJH, Bein G (2007) Transfusionsassoziierte akute
Lungeninsuffizienz (TRALI) – Diagnose, Therapie und
z Vorgehen
Prävention. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed
Bei Verdacht auf TRALI-Sy muss das entsprechende Schmerzther 42: 774–782
transfusionsmedizinische Labor bzw. Institut infor- Silliman CC, Fung YL, Ball JB, Khan SY (2009) Transfusion-re-
miert werden. Die Anästhesie entspricht dem Vor- lated acute lung injury: current concepts and misconcep-
tions. Blood Rev 23: 245–255
gehen bei einem ARDS. Die Beatmung sollte lun-
Toy P, Popovsky MA, Abraham E et al. (2005) Transfusion-re-
genprotektiven Prinzipien folgen: PEEP erhöhen, lated acute lung injury: definition and review. Crit Care
Spitzendruck reduzieren, ggf. Atemfrequenz erhö- Med 33: 721–726
hen, inspiratorische Sauerstoffkonzentration <60%. Wallis JP (2003) Transfusion-related acute lung injury (TRALI)
Die Narkose sollte primär intravenös geführt wer- – under-diagnosed and under-reported. Br J Anaesth 90:
T den. Bei der Volumengabe sollten eine Isovolämie 573–576
Webert KE, Blajchman MA (2003) Transfusion-related acute
und eine Reduktion des extravaskulären Lungen- lung injury. Transfus Med Rev 17: 252–262
wassers angestrebt werden. Williams AP, Gettinger A (2006) Transfusion therapy in the in-
tensive care unit. Curr Opin Anaesthesiol 19: 127–131
Transurethrales Resektionssyndrom
247 T
Symptome
Transurethrales
Resektionssyndrom Hypervolämie, Anstieg des zentralvenösen Drucks
(ZVD), Blutdruckanstieg, Bradykardie, Hyponatri-
z Synonyme ämie (Serumnatrium unter 130 mmol/l), Hämato-
TUR-Sy, Einschwemm-Sy, Verdünnungshypo- kritabfall, Unruhe, Gähnen, Halluzinationen,
natriämie, Wasserintoxikation, Wasserüberschuss, Krämpfe, Koma.
hypotone (hypoosmolare) Hyperhydratation, engl. Im EKG: Extrasystolie, U-Wellen, QRS-Verbrei-
»TURP syndrome«. terung, T-Inversion.

z Oberbegriffe z Beachte
Elektrolytmangelzustände, Elektrolytentgleisung, Die klinischen Befunde korrelieren mit der Menge
iatrogene Ss, Zwischenfälle, Komplikationen. der pro Zeiteinheit eingeschwemmten Spülflüssig-
keit. Die Einschwemmrate ist abhängig von der
z Organe/Organsysteme Dauer des Eingriffs, dem hydrostatischen Druck
Herz-Kreislauf-System, Wasser-Elektrolyt-Haus- der Spülflüssigkeit und der Größe der Resektions-
halt, Nieren, ZNS. fläche. Eine zusätzliche Wirkung von Bestandteilen
der Spülflüssigkeit (Glycin) wird ebenfalls ange-
z Inzidenz nommen (Sehstörungen). Aufgrund der nicht mehr
1:10–20 aller transurethralen Resektionen. 10% al- üblichen Verwendung von hypotonen Spüllösungen
ler über 40-jährigen Männer erkranken an einem sind früher häufige Symptome wie Zellhydrops und
Prostataadenom. Aufgrund neuer Laserresektions- Hämolyse seltener zu erwarten.
technik mit Elektrolytlösung als Spülung dürfte die Prostataadenom- und -karzinompatienten sind
Häufigkeit von schweren Hyponaträmien zurück- überwiegend älter und multimorbid; häufige inter-
gehen. ferierende Nebenerkrankungen sind: Herzinsuffi-
zienz, koronare Herzkrankheit, Lungenfunktions-
z Ätiologie störungen.
Iatrogen erworben. Bei Resektionsbehandlungen
der Prostata oder Harnblase kommt es aufgrund Anästhesierelevanz
einer Eröffnung von Venen des Plexus prostaticus
zur Einschwemmung von Spülflüssigkeit in den Eine besonders hohe Gefährdung liegt bei einge-
Kreislauf. Bei größeren resorbierten Mengen führen schränkter Herz- und Nierenfunktion vor, wenn der
diese kohlenhydrathaltigen Lösungen zu einer von Druck der Spülflüssigkeit über 60 cm H2O ist, das
den Nieren nicht mehr ausreichend kompensier- Adenom über 45 g wiegt und die Resektion mehr als
baren Verdünnungshyponatriämie und Volumen- 60 min dauert.
überlastung des Kreislaufs.
z Spezielle präoperative Abklärung
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen Serumelektrolyte, Serumosmolalität, Nierenfunk-
Fehlinfusionen, Diuretikatherapie, Niereninsuffi- tion, Hämoglobin/Hämatokrit. Bei Vorhandensein
zienz, nephrotisches-Sy, Salzverlust-Sy, adrenogeni- obiger Risikofaktoren ist eine eingehende Abklä-
tales-Sy, heftiges Erbrechen, Addison-Krise, Thorn- rung der Herz-Kreislauf-Funktion angebracht.
Sy, Waterhouse-Friderichsen-Sy, Herzinsuffizienz, Thoraxröntgenaufnahme (Frage nach Lungenstau-
Leberzirrhose, Hypothyreose, zentral-anticholi- ung).
nerges Sy (ZAS), Diabetes insipidus, hypothala-
mische Störungen mit inadäquater ADH-Sekretion, z Wichtiges Monitoring
Epilepsie. Kontinuierliche ZVD-Messung, EKG, Serume-
lektrolyt- und Osmolalitätskontrollen, Hämoglo-
bin/Hämatokrit, Temperatur, Vigilanz und zentrale
248 Transurethrales Resektionssyndrom

neurologische Zeichen (z. B. während Regionalan- es hemmend auf NMDA-Rezeptoren wirkt. Bei
ästhesien). Krampfanfällen ist eine medikamentöse Krampfbe-
Eine (teils umstrittene) Erfassung der Ein- handlung indiziert (Barbiturate, Benzodiazepine,
schwemmrate geschieht durch die Beimischung von O2-Gabe und ggf. Beatmung).
2% Äthanol zur Spülflüssigkeit, dessen Nachweis in
! Cave
der Atemluft des Patienten z. B. mit einem Polizei-
Kohlenhydrathaltige oder hypotone Infusio-
alkometer möglich ist. Ein positiver Alkoholnach-
nen, forcierte hochdosierte Natriumsubstitu-
weis bedingt die Beendigung der Resektionsbe-
tion.
handlung.
Mittels transösophagealer Echokardiographie
kann bei Allgemeinanästhesie eine Flüssigkeits- z Beachte
überladung ebenfalls erkannt werden, allerdings ist Gefahr der Blasenperforation durch den Operateur,
der Aufwand für diese Indikation fragwürdig. v. a. bei unvollständiger Blockade im Bereich des
N. obturatorius oder insuffizienter Muskelrelaxa-
z Vorgehen tion.
Rückenmarknahe Regionalanästhesien sind wegen
der Verwendbarkeit neurologischer Frühsymptome Literatur
(Gähnen, Unruhe) vorzuziehen. Gut geeignet ist die
Spinalanästhesie mit hyperbarem Bupivacain 0,5% Akçayöz M, Kaygisiz O, Akdemir O et al. (2006) Comparison of
transurethral resection and plasmakinetic transurethral
oder Ropivacain. In jedem Fall sind die oben ange-
resection applications with regard to fluid absorption
gebenen Überwachungsmaßnahmen engmaschig amounts in benign prostate hyperplasia. Urol Int 77:
durchzuführen. 143–147
Bei der Verwendung der neueren Laserresekti- Barber NJ, Zhu G, Donohue JF et al. (2006) Use of expired
onstechnik muss keine elektrolytfreie Spüllösung breath ethanol measurements in evaluation of irrigant
absorption during high-power potassium titanyl phos-
mehr verwendet werden. Dadurch ist die Gefahr
phate laser vaporization of prostate. Urology 67: 80–83
einer hypotonen Hyperhydratation (mit Elektrolyt- Bhakta P, Goel A, Acharjee P, Biswas BK (2008) Propofol for the
verdünnung) und Abfall der Plasmaosmolarität be- management of glycine-mediated excitatory symptoms
seitigt. Es bleibt jedoch die Gefahr der isotonen of TURP syndrome. Eur J Anaesthesiol 25: 430–432
Hyperhydratation, d. h. einer osmotisch balancier- Brunken C, Qiu H, Tauber R (2004) Transurethrale Resektion
von Blasentumoren in Kochsalzlösung. Urologe A 43:
ten Kreislaufüberladung. Das heißt, dass in diesem
1101–1105
Fall Natriumkontrollen keinen diagnostischen Wert Hahn RG (2006) Fluid absorption in endoscopic surgery. Br J
haben. Anaesth 96: 8–20
Eine adäquate Oxygenation ist auch bei Sponta- Kluger MT, Szekely SM, Singleton RJ, Helps SC (2005) Crisis
natmung sicherzustellen. Der Hämatokritabfall auf- management during anaesthesia: water intoxication.
Qual Saf Health Care 14: e23
grund einer Verdünnung kann durch operative
Litz, RJ, Albrecht DM (2001) Anästhesie für TUR-Blase.
Blutverluste verstärkt sein. Prophylaktisch und the- Anaesthesist 50: 954–956
rapeutisch sollten Diuretika (Furosemid 10–20 mg Lynch M, Anson K (2006) Time to rebrand transurethral resec-
i.v.) rechtzeitig eingesetzt werden. Eine Natrium- tion of the prostate? Curr Opin Urol 16: 20–24
substitution wird erst ab einem Serumwert von Schober P, Meuleman EJ, Boer C et al. (2008) Transurethral
resection syndrome detected and managed using transe-
120 mmol/l empfohlen. Bei schneller Infusion von
sophageal Doppler. Anesth Analg 107: 921–925
NaCl-Lösung besteht die Gefahr einer »zentralen Shah T, Flisberg P (2006) Early recognition of the two cases of
pontinen Demyelinisierung«. In schweren Fällen TURP syndrome in patients receiving spinal anaesthesia.
sind kardiale Dekompensation, Schock und Gerin- Anaesth Intensive Care 34: 520–521
nungsstörungen (disseminierte intravasale Gerin-
T nung) möglich, die ihrerseits spezifische Therapien
erfordern.
Durch Glycin verursachte exzitatorische Symp-
tome können mit Propofol unterdrückt werden, da
Treacher-Collins-Syndrom
249 T

Treacher-Collins- engte und vielfältig dysmorphe Atemwege, Blind-


heit.
Syndrom
Anästhesierelevanz
z Synonyme
Franceschetti-Sy, Franceschetti-Zwahlen-Sy, Fran- Die wesentliche anästhesiologisch relevante Beson-
ceschetti-Klein-Sy, Berry-Sy, Thomson-Komplex. derheit ist die Anatomie des Gesichts und der Hals-
organe und der damit verbundene erschwerte Zu-
z Oberbegriffe gang zu den Atemwegen. Patienten mit diesem Syn-
Kraniomandibulofaziale Missbildungen, Dysostosis drom und dem sehr ähnlichen Pierre-Robin-Sy
mandibulofacialis, Dysmorphie-Ss, okulodentale gehören zu den am schwierigsten zu intubierenden
Ss, Kieferbogen-Ss. Fällen. Gleichfalls ist das Zustandebringen einer gu-
ten Masken(be)atmung sehr schwierig. Die Malfor-
z Organe/Organsysteme mationen führen häufig zu respiratorischen In-
Unterkiefer, Gesichtsschädel, Sinnesorgane, Ohren, fekten.
Augen. Wichtig für die Intubation: normale Zunge bei
kleinem Mund-Rachen-Raum.
z Inzidenz
1:8000 bis 1:10.000. z Spezielle präoperative Abklärung
Röntgenaufnahmen des Gesichts und der Halsor-
z Ätiologie gane a.-p. und seitlich, Ausschluss zusätzlicher kar-
Kongenital, teils hereditär mit autosomal-domi- dialer Risikofaktoren (Echokardiographie). Es gibt
nantem Erbgang mit hoher Penetranz, teils als Neu- erste Berichte von erfolgreicher Verwendung com-
mutation (60%), aber es gibt auch Hinweise auf putertomographischer 3D-Rekonstruktion der
autosomal-rezessive Form. Betroffenes Chromo- Atemwege, die bei der Entscheidungsfindung zum
som: 5q32-33.1 (TCOF-1-Gen). Es handelt sich um besten Vorgehen eine Rolle gespielt haben.
eine embryonale Fehlbildung im Bereich des 1. Kie-
menbogens und der 1. Kiemenfurche mit variabler z Wichtiges Monitoring
phänotypischer Ausprägung. Risikofaktor: höheres Pulsoxymetrie, Kapnographie.
Lebensalter der Eltern.
z Vorgehen
Symptome Geeignetes Instrumentarium für die Sicherung der
Atemwege bereitstellen. Intubation nur durch sehr
Typischer Gesichtsausdruck: »Vogelgesicht«, »Fisch- Erfahrene. Geistig retardierte Patienten sind in der
maulphysiognomie«, Mandibulahypoplasie, Mikro- Regel nicht kooperativ genug für eine wache fiber-
genie, antimongoloide Lidachse, Unterlidkolobom optische Intubation, diese Methode kann jedoch
(69%), Makrostomie, hoher und enger Gaumen, mit einer adäquat titrierten Analgosedierung ange-
Hypoplasie der Maxilla, Mikrognathie (80%) und wendet werden. Wenn eine Maskenatmung möglich
des Jochbeins (teils Agenesie), Ohrmissbildungen ist, kann »per inhalationem« begonnen werden, um
(Hypoplasie oder Aplasie der Ohrmuscheln, 77%, in ausreichend tiefer Narkose mit erhaltener Spon-
Aurikularanhänge, Gehörgangsatresie, Taubheit tanatmung geeignete Intubationstechniken anzu-
40%), Zahnstellungsanomalien. wenden. Über die erfolgreiche Anwendung der La-
rynxmaske wurde ebenfalls berichtet.
z Vergesellschaftet mit Eine Einleitung mit Ketamin (ggf. ergänzt mit
Geistige Entwicklungsstörung bis zur Oligophrenie Dexmetomidin oder Clonidin) ist möglich, bei Hy-
(häufig, jedoch nicht obligat), Choanalatresie, Spalt- persalivation und larynxnahen Manipulationen
bildungen (35%), Mikrophthalmie, HWS-Missbil- können jedoch Schwierigkeiten (Laryngospasmus,
dungen, Kryptorchismus, Herzvitien und v. a. ver- Schwellung) entstehen. Ein schnelles Ausweichen
250 Treacher-Collins-Syndrom

auf retrograde Intubation, translaryngotracheale


O2-Insuflation bzw. Jetventilation ist einer Notko-
niotomie/Nottracheotomie vorzuziehen. Während
der Einleitung muss die Atemluft mit Sauerstoff an-
gereichert werden (Pulsoxymetrie). Zur Bestätigung
einer korrekten trachealen Intubation Kapnometrie
einsetzen.
Postoperativ besteht eine erhöhte Gefahr von
respiratorischen Störungen v. a. durch Atemwegs-
obstruktion. Dies beruht auf einer Rückfalltendenz
der Zunge (Retroglossie, Glossoptose) oder wegen
Choanalatresie. Eine einseitige Fazialisparese wurde
als Komplikation nach forcierter Maskenbeatmung
berichtet.
! Cave
Muskelrelaxation ohne Sicherung der Atem-
wege.

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VATER-Assoziation
251 V
Vielfältige Kombinationen der oben genannten
VATER-Assoziation Fehlbildungen wurden beobachtet. Durch die Öso-
phagusatresie kommt es postpartal zu typischen
z Synonyme klinischen Auffälligkeiten: Speicheln, Dyspnoe, As-
VACTERL-Assoziation. Akronymische Bezeich- pirationen. Eine Magensonde lässt sich nicht plat-
nung nach den Komponenten des Fehlbildungs- zieren. Die Röntgenkontrastdarstellung des Öso-
komplexes (s. u.). phagusblindsacks führt zur Diagnose.

z Oberbegriffe z Vergesellschaftet mit


Embryopathie, Dysmorphie-Ss. In der Regel normale mentale Entwicklung.

z Organe/Organsysteme z Therapien
Magen-Darm-Trakt, Atemwege, Skelettsystem Zwingend indizierte postpartale Korrekturoperatio-
(Wirbelsäule), Herz-Kreislauf-System, Nieren. nen: Bei der häufigsten Form der Ösophagusatresie
Typ III b nach Vogt durch Verschluss der tracheo-
z Inzidenz ösophagealen Fistel und End-zu-End-Anastomo-
1:3.300 Lebendgeburten weisen eine Ösophagusat- sierung der Ösophagusstümpfe. In der 4. postope-
resie aus, ca. die Hälfte davon kombiniert mit zu- rativen Woche Ösophagusdarstellung, Tracheobron-
sätzlichen Malformationen. choskopie/Ösophagoskopie und ggf. Bougierungs-
behandlung. Die Nachbehandlungsdauer hängt von
z Ätiologie der Entwicklung der Ösophagusnarbe und -weite ab
Noch nicht endgültig geklärt. Es wird vermutet, (Bougierungsbehandlung bei Patienten mit Herz-
dass ein systemischer mesenchymaler Differenzie- vitium nur unter perioperativer Endokarditispro-
rungsdefekt zugrunde liegt (sog. exogene Embryo- phylaxe).
pathie). Anhalte für eine Mikrodeletion eines Gen- Zahlreiche kinderchirurgische Eingriffe sind
klusters liegen vor. bei intestinalen und urologischen Fehlbildungen
notwendig. Insbesondere bei Darmoperationen in
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen der Neonatal- oder frühen Säuglingsperiode muss
Abzugrenzen sind andere Erkrankungen mit Öso- unmittelbar postoperativ an die Platzierung eines
phagusatresie und beschriebenem einzelnen Gen- zentralvenösen Venenkatheters zur frühzeitigen
defekt: CHARGE-Assoziation oder Feingold-Sy. hochkalorischen Ernährung gedacht werden.
Weitere: Holt-Oram-Sy, Weyers-Sy, Gerald-Sy, Gru-
ber-Sy, Potter-Sy (Typ I), Harris-Osborne-Sy, Lavy- Anästhesierelevanz
Palmer-Merritt-Sy, Turpin-Sy, Klippel-Feil-Sy.
z Spezielle präoperative Abklärung
Symptome Detaillierte Abklärung der Organmanifestation im
Rahmen des Missbildungskomplexes. Untersu-
In der Anordnung nach dem Akronym liegen fol- chung des kardialen Status (EKG, Echokardiogra-
gende Symptome vor: phie), ggf. Bronchoskopie oder dynamische Bron-
V: Wirbelsäulenanomalien (vertebrale Fehlbil- chographie, Nierenfunktion.
dungen),
A: Analatresie, Aurikularanhängsel, z Wichtiges Monitoring
(C): kardiovaskuläre Fehlbildungen, Pulsoxymetrie, Kapnographie, zentraler Venen-
T: tracheoösophageale Fistel, druck, wiederholte Blutzuckerkontrollen, Tempera-
E: Ösophagusatresie, turverlauf (bei renaler Fehlfunktion Harnstoff,
R: renale und/oder radiale Anomalien Elektrolyt- und Säure-Basen-Status).
(L): Gliedmaßenmissbildungen (»limb«).
252 VATER-Assoziation

z Vorgehen
Die interdisziplinäre Zusammenarbeit und detail-
lierte Festlegung der geplanten Prozedur ist essen-
ziell. Sorgfältige präoperative Vorbereitung bei dys-
trophischer Ausgangssituation. Korrektur vorbeste-
hender Flüssigkeitsdefizite durch bedarfsadaptierte
Infusionstherapie. Anpassung der gewählten Phar-
maka an die Nierenfunktion.
Bei Herzvitien sollte eine Endokarditisprophy-
laxe durchgeführt werden.
Bei Korrektur von Gliedmaßenfehlbildungen
mit entsprechend veränderter Anatomie der Nerven
kann die Durchführung einer ultraschallgesteuerten
Regionalanästhesie und Anlage eines Katheters zur
Schmerztherapie sinnvoll sein.
Rückenmarknahe Regionalanästhesiemethoden
sollten nur nach Ausschluss von Wirbelsäulenano-
malien mit Veränderung des Spinalkanals durchge-
führt werden.
! Cave
Perforationsgefahr beim Legen von Magen-
sonden oder Endoskopien des Ösophagus.

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V
Wiedemann-Beckwith-Combs-Syndrom
253 W

Wiedemann-Beckwith- gnathie), Mikrozephalie, Naevus flammeus, Neben-


nierenmarkdysplasie.
Combs-Syndrom Häufig kommt es zu einer Besserung der Proble-
matik mit zunehmendem Alter.
z Synonyme
Exomphalos-Makroglossie-Gigantismus-Sy, EMG- z Vergesellschaftet mit
Sy, Beckwith-Wiedemann-Sy. Flügelfell (Pterygium), Immundefekte, Polyzythä-
mie, Neoplasien (Wilms-Tumoren, Nebennieren-
z Oberbegriffe rindentumoren, Hepatoblastome).
Gigantismus, Makrosomie, Viszeromegalie, Ein anästhesiologisch sehr bedeutsames Pro-
Splanchnomegalie, Missbildungen. blem ist die Glykolabilität, v. a. als Hypoglykämie
aufgrund einer Inselzellhyperplasie und Hyperinsu-
z Organe/Organsysteme linismus. Diese können im Säuglingsalter zu zere-
Zunge, Gesichtsschädel, Bauchdecke, Gastrointes- bralen Schäden mit geistiger Retardierung führen.
tinaltrakt, Genitale, Inselzellen. Gastroschisis und Hydramnion während der intra-
uterinen Periode.
z Inzidenz
1:6000 Geburten. Es sind v. a. Neugeborene und z Therapie
Säuglinge betroffen. Häufig kommt es zu einer Bes- Glukosesubstitution unter häufigen Blutzuckerkon-
serung der Problematik mit zunehmendem Alter. trollen, Zungenteilresektion, Herniotomie.

z Ätiologie Anästhesierelevanz
Kongenital und hereditär mit unklarem Erbgang. Es
wird eine primär dienzephale Störung als Ursache Mit Intubationsschwierigkeiten ist zu rechnen. Es
angenommen. bestehen eine höhere Infektanfälligkeit (Immunde-
fizienz) und eine erhöhte Krampfbereitschaft. Bei
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen Neugeborenen und Säuglingen kann die peripher-
Transitorischer Diabetes mellitus des Neugebore- venöse Punktion bzw. Kanülierung sehr schwierig
nen (Fetopathia diabetica), Gigantismus-Sy, isoliert sein. Glykolabilität.
auftretende Makroglossie, Exomphalos, Akromega-
lie, Leprechaunismus-Sy, Seip-Lawrence-Sy, vent- z Spezielle präoperative Abklärung
rales Defekt-Sy, Myxödem, (kongenitales Hypothy- Blutzuckertagesprofil.
reose-Sy), Pfaundler-Hurler-Sy.
Nicht zu verwechseln mit: Wiedemann-Lenz- z Wichtiges Monitoring
(Dysmelie-)Sy = intrauterine Thalidomidembryo- Kontinuierliche Temperaturmessung und häufige
pathie. Blutzucker- und Elektrolytkontrollen, Pulsoxymet-
rie, Kapnographie.
Symptome
z Vorgehen
Makrosomie (auch als Hemihypertrophie), Ge- Zur Beherrschung von Intubationsproblemen ent-
burtsgewicht meist >4 kg, Gigantismus, Viszerome- sprechendes Instrumentarium bereithalten. Ausrei-
galie, Splanchnomegalie (Hepatosplenomegalie), chende Erfahrung ist wichtig. Es besteht eine gute
Makrostomie, Makroglossie, Hernien (v. a. Nabel- Indikation für die elektive fiberoptische Intubation
hernien = Exomphalos), Kardiomegalie, syndrom- beim wachen Patienten. Darüber hinaus kommen
typische Y-Einkerbung an den relativ großen Ohr- auch videooptisch erweiterte Techniken in Frage,
läppchen. wie die Intubation mit dem Videolaryngoskop oder
Gelegentliche Symptome: Hyperplasie der Man- dem Videostilett. Die Trachea kann einen größeren
dibula (Progenie), Hypoplasie der Maxilla (Mikro- Durchmesser aufweisen als erwartet. Deshalb Tu-
254 Willebrand-Jürgens-Syndrom

ben mit Cuff verwenden. Über Probleme mit der z Organe/Organsysteme


W Extubation wegen einer Tracheomalazie ist berich- Gerinnungssystem, Thrombozyten.
tet worden.
Perioperativ sind häufige Blutzucker- und Elek- z Inzidenz
trolytkontrollen angebracht. Defizite sind entspre- Häufigste angeborene Blutungsneigung mit einer
chend zu substituieren, allerdings sollte man wegen Prävalenz zwischen 1:100–1:10.000 oder 0,8–1,3%.
der reaktiv überschießenden Insulinsekretion die Klinisch relevante Ausprägung bei 1:8000, schweres
Glukosesubstitution kontinuierlich und nicht in Krankheitsbild 0,5–3,0:1.000.000. In Deutschland
Bolusform durchführen. Andernfalls kann es erneut allein ist mit ca. 250 Patienten mit schwerem v.-Wil-
zu Hypoglykämiephasen kommen, die besonders lebrand-Jürgens-Sy zu rechnen.
gefährlich sind, wenn sie in Narkose unbemerkt
verlaufen. z Ätiologie
Wegen des hohen intraabdominellen Drucks Hereditär mit autosomal-dominanter Vererbung.
empfiehlt es sich, eine Magensonde zu legen. Der Gendefekt ist auf dem Chromosom 12 lokali-
siert und betrifft beide Geschlechter gleichermaßen.
! Cave
Es gibt auch erworbene Formen (s. unten). Phäno-
Hypoglykämie, Auskühlung, Ketamin, Enflu-
typisch liegt ein Mangel an plasmatischem v.-Wil-
ran (bei Krampfneigung).
lebrand-Faktor (vWF) vor, der für eine ausreichende
Faktor-VIII- und Thrombozytenfunktion wichtig
Literatur ist. vWF ist an der primären und sekundären Hä-
mostase beteiligt.
Celiker V, Basgul E, Karagoz AH (2004) Anesthesia in Beckwith- Es werden 3 Haupttypen unterschieden: Typ I
Wiedemann syndrome. Pediatr Anesth 14: 778–780
umfasst quantitative Defekte des vWF, bei Typ III
Kimura Y, Kamada Y, Kimura S (2008) Anesthetic management
of two cases of Beckwith-Wiedemann syndrome. J Anesth fehlt vWF völlig, Typ II ist heterogen, da qualitative
22: 93–95 Defekte vorliegen. Weitere Aufteilung in Subtypen
Nargozian C (2004) The airway in patients with craniofacial A, B, M, N (insgesamt gibt es mittlerweile über
abnormalities. Paediatr Anaesth 14: 53–59 20 Subtypen).
Schwarz U, Weiss M (2001) Endotracheale Intubation bei
Des Weiteren werden erworbene Formen des
Patienten mit Pierre-Robin-Sequenz. Erfolgreicher Einsatz
eines Video-Intubationslaryngoskops. Anaesthesist 50: von-Willebrand-Syndroms unterschieden. Ursa-
118–121 chen können lymphoproliferative Erkrankungen,
monoklonale Gammopathien, Tumoren, Autoim-
munerkrankungen, Hypothyreose, Herzklappen-
defekte, aber auch Medikamente wie Ciprofloxacin
Willebrand-Jürgens- oder Valproinsäure sein.
Syndrom
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Hämophilie A und B, Afibrinogenämie, Dysfibri-
z Synonyme nogenämie, Einzelfaktormangel, Wiskott-Aldrich-
Hereditäre Pseudohämophilie. Im internationalen Sy.
Sprachgebrauch wird der Begriff »von Willebrand’s
disease« (vWD) für die angeborene und »von Wil- Symptome
lebrand syndrome« für die erworbene Form ver-
wendet. Im Deutschen gibt es diese Unterscheidung In der Regel nur milde Blutungsneigung, die meis-
nicht. tens erst bei Operationen oder Verletzungen deut-
lich wird. Objektivierbare Kriterien sind verlängerte
z Oberbegriffe Blutungszeit, verminderte Faktor-VIII-Plasmakon-
Gerinnungsstörungen. zentration, beeinträchtigte Thrombozytenaggrega-
tion.
Willebrand-Jürgens-Syndrom
255 W
Während der Schwangerschaft steigen Konzen- z Vorgehen
trationen von Faktor VIII und vWF an, deshalb ge- Eine Differenzierung des Sy ist bei Patienten ohne
ringer ausgeprägte Blutungsneigung. besonders auffällige Eigenanamnese nicht unbe-
Der labordiagnostische Nachweis ist nicht im- dingt erforderlich, sollte aber bei Eingriffen mit ho-
mer zweifelsfrei möglich; die aPTT ist kein relevan- hem Risiko erwogen werden.
ter Screeningtest. Nur die Blutungszeit kommt als Typ I und IIA: Bei begründetem Verdacht 30–
Screeningtest in Frage, ist jedoch nicht spezifisch 60 min vor dem Eingriff Desmopressin als intra-
genug. Spezifische Tests: Konzentration des vWF, venöse Infusion über 20–30 min. Bei Typ IIB ist
Ristocetin-Kofaktor-Aktivität, Kollagenbildung. Desmopressin kontraindiziert, da es dadurch zu
Allerdings ist der Cut-off-Punkt für die Diagnostik Thrombozytopenie kommen kann. Eine weitere
nicht eindeutig bestimmt. Kontraindikation ist ein zerebrales Krampfleiden.
Patienten mit Typ IIB und Typ-III-Varianten
z Vergesellschaftet mit benötigen eine Plasmatherapie mit aktivem vWF-
Nasenbluten, Menorrhagie, Schleimhautbluten, haltigem Konzentrat. Diese Therapie kann im Ab-
oberflächliche Blutergüsse, gastrointestinale Blu- stand von 12–24 h 3- bis 4-mal wiederholt werden.
tungen, urogenitale Blutungen. Sehr selten Gelenk- Gerinnungshemmende Medikamente (Throm-
und Muskelblutungen (insbesondere bei assoziier- boseprophylaxe, Heparinspülungen, Plasmaexpan-
ter Hämophilie A). der) sollten vermieden werden.
Erworbene Form: lymphoproliferatives Sy Bei erworbener Form steht die Behandlung mit
(48%), kardiovaskuläre Erkrankungen (21%), mye- Desmopressin im Vordergrund. Das Ziel ist, eine
loproliferatives Sy (15%), Neoplasien (5%), immu- 100%ige Erhöhung der Thromozytenzahl zu er-
nologische Erkrankungen (2%), andere Grunder- reichen.
krankungen (9%), bei Kindern kardiale Shuntvitien,
! Cave
Valproattherapie.
Menschen mit Blutgruppe 0 haben bei den
funktionellen Tests 20–30% niedrigere Norm-
Anästhesierelevanz werte.
Dauertherapie mit vWF-haltigen Konzentra-
Hämostaseologische Probleme im Zusammenhang
ten bei schwerem Typ III kann zu Antikörper-
mit chirurgischen Eingriffen und invasiven Tech-
bildung gegen vWF und Immunkomplex-
niken aller Arten.
krankheit führen.
z Spezielle präoperative Abklärung
Bei schwerem Verlauf Klärung des Typs zur ge- Literatur
zielten Prophylaxe, um Blutungskomplikationen zu
minimieren. Bei unerklärlicher Blutungsneigung, Al-Zirqi I, Vangen S, Forsen L, Stray-Pedersen B (2008)
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Bluthochdruck (arterieller Hypertonus) bei 40% der
Menschen, Herzfehler (supravalvuläre Aortenste-
nose), Stenose der Aorta ascendens, hypoplastische
Aorta, Septumfehlbildungen bei 90% der Betroffe-
Williams-Syndrom nen, Pulmonalstenose, primäre Nierenfehlbildun-
gen (besondere Lage der Niere, Verengungen/Ste-
z Synonyme nosen an den Nierengefäßen, unterentwickelte Nie-
William-Beuren-Sy (WBS), Fanconi-Schlesinger- re, einseitiges Fehlen einer Niere, Hufeisennieren)
Sy, idiopathische Hyperkalzämie, engl. »elfin face bei etwa 18%.
syndrome«. Plötzlicher perioperativer Tod wurde berichtet
durch abnormale Koronarien.
z Oberbegriffe Patienten mit Williams-Sy sind häufig hyper-
Angeborene Störung des Elektrolytstoffwechsels, musikalisch und haben ein fast absolutes Gehör.
angeborene Herzfehler.
z Therapie
z Organe/Organsysteme Ursächlich nicht therapierbar. Frühförderung,
Krankengymnastik, Ergotherapie, regelmäßige
z Inzidenz Blutdruckkontrollen und Einstellung. Diät: redu-
1:7500 bis 1:20.000. zierte Kalziumzufuhr.

z Ätiologie Anästhesierelevanz
Deletion von mindestens 20 Genen auf dem Chro-
mosom 7 im Bereich 7q11.23 liegt (»contiguous Eingeschränkte kardiale und renale Funktion, even-
gene syndrome«). tuell reduzierte Kooperationsfähigkeit.

Symptome z Spezielle präoperative Abklärung


Klärung der kardialen Leistungsfähigkeit und der
Charakteristische Dysmorphie (»Elfengesicht«, Nierenfunktion, Kalziumspiegel im Serum.
»Koboldgesicht«, »funny face«) mit vorstehenden
Wangenknochen, vorstehenden Augen, vollen Lip- z Wichtiges Monitoring
pen und straffer Haut, breiter Stirn, tiefer Nasen- Intraoperativ TEE bei kardiochirurgischen Eingrif-
wurzel, kugeliger Nasenspitze, ausladenden Nasen- fen.
flügeln, nach vorn gerichteten Nasenlöchern (Na-
res), langem Philtrum, Iris stellata, Oberlid-Ödemen z Vorgehen
(»schwere Augen«), vergleichsweise kurzen Lid- Erweitertes hämodynamisches Monitoring.
spalten.
Angeborene und erworbene Herzfehler (z. B Literatur
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galie, Leberzirrhose, Korneapigmentierung (Kay-
ser-Fleischer-Ring), Nagelveränderungen (violette
Lunula), teils schwerwiegende psychische Verände-
Wilson-Syndrom rungen (Euphorie, Depression, Reizbarkeit, Ent-
hemmung, Demenz).
z Synonyme Die fortgeschrittene hepatische Form zeigt Zei-
Hepatolentikuläre Degeneration, hepatozerebrale chen einer Leberinsuffizienz: Ikterus (Hyperbiliru-
(neurohepatische) Degeneration, Linsenkern-Sy, binämie), Aszites, Foetor hepaticus, Ösophagusvari-
Pseudosklerose, Westphal-von-Strümpell-Sy. zen (portale Hypertonie), gastrointestinale Blutun-
gen, Hämolyse, bronzefarbene Hautpigmentierung.
z Oberbegriffe
Enzymopathie, Kupferstoffwechselstörung, tubu- z Labor
läre Ss, extrapyramidale Ss, Speicherkrankheiten Zäruloplasmin (Caeruloplasmin) ist im Plasma er-
(Thesaurismosen). niedrigt (unter 20 mg/ml), Serum-, Harn- und Or-
gankupfergehalt sind erhöht.
z Organe/Organsysteme
Leber, Milz, ZNS, Haut, Knochen, Skelett. z Vergesellschaftet mit
Splenomegalie, Katarakt, Osteoporose, Knochen-
z Inzidenz zysten, Epilepsie.
1:50.000 bis 1:200.000; häufige Erstmanifestation
im 2.–3. Lebensjahrzehnt. z Therapie
Diät, Penicillamin (Nebenwirkungen: Fieber, ne-
z Ätiologie phrotisches Sy, Anorexie, Granulozytopenie, Throm-
Hereditär mit autosomal-rezessivem Erbgang. Auf- bozytopenie, Panzytopenie, Lymphadenopathie,
grund eines Enzymdefekts des Zäruloplasmins Myasthenie), Kortikoide, Triäthylentetramin, Vita-
bleibt mit der Nahrung aufgenommenes Kupfer min-K-Substitution, Dialyse, Plasmapherese, Le-
vermehrt ungebunden im Kreislauf und lagert sich bertransplantation.
in den Organen ab. Hauptschäden sind degenera-
tive Veränderungen in den Basalganglien und Le- Anästhesierelevanz
berzirrhose durch chronische Kupferintoxikation
der Hepatozyten. Patienten mit fortgeschrittener Leberbeteiligung
haben generell ein deutlich erhöhtes Anästhesierisi-
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen ko (ASA-Klassen 3 und 4). Dies ist auf die Kombi-
Hämochromatose, chronische Hepatitis, Leberzir- nation von Faktoren wie Minderperfusion der Le-
rhosen anderer Genese, Parkinson-Sy, Pseudobul- ber, positive intrathorakale Drücke bei Beatmung,
bärparalyse, Jakob-Creutzfeld-Sy, Minor-Sy, Ahorn- sympathikoadrenerge Stimulation und ggf. metabo-
sirup-Krankheit, Alexander-Sy, Alpers-Sy, Gaucher- lische bzw. toxische Belastung durch verzögert me-
Sy, Mauriac-Sy, Hallervorden-Spatz-Sy, Heidenhain- tabolisierte Anästhetika zurückzuführen.
258 Wolff-Parkinson-White-Syndrom (WPW)

Anästhesierfahrungen beim Wilson-Sy sind Regionalanästhesieverfahren sind günstig, vor-


W sehr spärlich, jedoch ist davon auszugehen, dass »le- ausgesetzt eine ausreichende Koagulationsfähigkeit
berschonende« Verfahren Mittel der Wahl sind. (Quick-Wert 0,5; Thrombozyten 100.000/μl; keine
Wenn der Operationszeitpunkt beeinflussbar Aggregationshemmer in der Anamnese) und ein
ist, sollte vorher eine Optimierung der Leberfunk- stabiler Kreislauf sind gewährleistet.
tion angestrebt werden, und eine Kontrolle des
! Cave
Therapieerfolgs ist angezeigt. Diese besteht aus
Hoch dosierte Inhalationsanästhetika (v. a.
Restriktion der Kupferzufuhr (Diät), Verlaufskon-
Halothan, auch Enfluran), rückenmarknahe
trolle der Serumkupferspiegel und der Kupferaus-
Regionalanästhesieverfahren bei Koagulo-
scheidung sowie Verbesserung der Gerinnungs-
pathie, Magensonden bei Ösophagusvarizen,
funktion.
hohe Atemwegsdrücke, Hypoxie.
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Gerinnungswerte (v. a. hepatische Faktoren wie 186–189
Quick-Wert), Thrombozytenzahl, Relaxometrie.

z Vorgehen
Es sollten möglichst Anästhetika mit geringer He- Wolff-Parkinson-White-
patotoxizität und geringer Beeinflussung von Le- Syndrom (WPW)
berperfusion und -oxygenation wie Isofluran, Des-
fluran, N2O, Etomidat, Propofol (auch im Sinne
einer totalen intravenösen Anästhesie), Fentanyl, z Synonyme
Alfentanil etc. verwendet werden. Eine verlängerte WPW-Syndrom, Antesystolie.
Wirkung von Succinylcholin (Cholinesteraseman-
gel) ist möglich. Die Einleitung einer Intubations- z Oberbegriffe
narkose sollte im Sinne einer »rapid sequence« we- Herzrhythmusstörungen, Arrhythmie, Präexzita-
gen Verminderung des Kardiatonus erfolgen. tion.
Bei Hyperaldosteronismus mit Hypernatriämie
und Hypervolämie rechnen. Andererseits ist nach z Organe/Organsysteme
Aszitesverlust auch ein sehr hoher Volumenbedarf Herz, Reizleitungssystem.
möglich. Blutbestandteile, Eiweiß und Gerinnungs-
faktoren müssen ggf. substituiert werden. Hohe Be- z Inzidenz
atmungsdrücke beeinträchtigen die Leberperfusion. 0,1–3% der Normalbevölkerung. 50% der paroxys-
Eine gute Oxygenation ist extrem wichtig für die malen supraventrikulären Tachykardien sind AV-
Erhaltung der restlichen Leberfunktion. Reentrytachykardien mit Präexzitationssyndrom.
Beachte: Hypoxie plus Perfusionsstörung kön- Das WPW-Sy ist das häufigste Präexzitations-
nen sich auf die vorgeschädigte Leber deletär aus- syndrom.
wirken.
Wolff-Parkinson-White-Syndrom (WPW)
259 W
z Ätiologie z Spezielle präoperative Abklärung
Hereditär mit autosomal-dominantem Erbgang. Es sollten Informationen über die Art des vorlie-
Zwischen Vorhof und Ventrikel bestehen neben den genden WPW-Sy vorliegen. Gegebenenfalls ist ein
normalen Reizleitungsbahnen akzessorische Bah- Langzeit-EKG oder eine Ergometrie durchzufüh-
nen (Kent-Bündel), über welche die Erregung par- ren. Genaue Familienanamnese eruieren.
allel oder auch schneller übertragen werden kann.
Ausdruck der akzessorischen Reizleitung ist die δ- z Wichtiges Monitoring
Welle im EKG. 5-Kanal-EKG, da δ-Wellen nicht immer in allen Ab-
Typ A: positive δ-Welle in V1 meist mit linkssei- leitungen zu sehen sind. Bei Patienten mit potenziell
tigem Kent-Bündel. lebensbedrohlichen Tachyarrhythmien invasive
Typ B: negative δ-Welle in V1 meist mit rechtssei- Blutdruckmessung.
tigem Kent-Bündel.
z Vorgehen
Bei akzessorischer Leitungsbahn, die nur retrograd Propofol, Sevofluran, Sufentanil sowie eine Kombi-
Erregungen leitet, findet sich ein normales Oberflä- nation aus Alfentanil und Midazolam haben keinen
chen-EKG (sog. »verborgenes WPW-Sy«). Einfluss auf die Refraktärzeit der akzessorischen
Leitungsbahnen und sind deshalb sehr gut für abla-
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen tive Eingriffe (z. B. Katheterablation) geeignet, wäh-
Lown-Ganong-Levine- (LGL-)Sy (keine δ-Welle, rend Medikamente, welche die Refraktärzeit verlän-
PQ-Zeit <0,12 s, keine klinische Relevanz), AV- gern, die Identifikation der akzessorischen Lei-
Knoten-Reentrytachykardie ohne Präexzitations- tungsbahnen erschweren können.
syndrom. Zu Remifentanil und WPW-Syndrom liegen
bisher keine Daten vor.
Symptome Für alle anderen Eingriffe in Allgemeinanästhe-
sie sollte ein Anästhetikum gewählt werden, dass
Reentrytachykardie, Tachyarrhythmie, PQ-Zeit die akzessorische Refraktärzeit verlängert und mög-
<0,12 s plus δ-Welle. Diese Symptome können per- lichst wenig Einfluss auf die normale AV-Überlei-
manent oder intermittierend auftreten. In der tung hat, denn die beim WPW-Sy auftretende Ta-
Mehrzahl unauffälliger EKG-Befund, einige Patien- chyarrhythmie wird meist durch kreisende Erre-
ten haben paroxysmale Reentrytachykardien und gungen in den akzessorischen Fasern ausgelöst.
nur ein kleiner Teil entwickelt aus Vorhofflimmern Hier sind die Anästhetika der Wahl – in absteigen-
Kammertachykardien und Kammerflimmern, was der Effektivität – Enfluran, Isofluran und Halothan.
zum plötzlichen Herztod führen kann. Patienten, Isofluran und Halothan verlängern aber das Kopp-
die im Belastungs-EKG einen Verlust der δ-Welle lungsintervall in der normalen Überleitung und
zeigen, haben eine lange Refraktärzeit und sind in können damit Arrhythmien begünstigen. Droperi-
der Regel nicht gefährdet. dol verlängert die Refraktärzeit ebenfalls. Für Des-
fluran liegen bisher keine Daten vor.
z Vergesellschaftet mit Ein hoher Sympathikotonus begünstigt das Auf-
Gelegentlich mit anderen kongenitalen Anomalien treten von Reentrytachykardien und muss vermie-
assoziiert wie Septumdefekte, Ebstein-Anomalie, den werden. Bei Auftreten von Reentrytachykardie:
AV-Kanal. Ajmalin 50 mg langsam i.v. unter EKG-Kontrolle,
evtl. Propafenon als Reserve. Wenn kein Vorhof-
Anästhesierelevanz flimmern vorhanden ist, auch Adenosin. Bei kar-
diogenem Schock infolge Reentrytachykardie Kar-
Narkoseführung für Ablationseingriffe als Therapie dioversion. Bei rezidivierendem Auftreten Kathe-
des WPW-Sy oder bei Allgemeinanästhesie für alle terablation.
anderen Eingriffe; Notfallmanagement bei paroxys- Für Regionalanästhesien gibt es prinzipiell kei-
malem Auftreten einer Reentrytachykardie. ne Kontraindikation. Die Patienten sollten dabei
260 Wolff-Parkinson-White-Syndrom (WPW)

allerdings ausreichend gegen Stress abgeschirmt


W sein.
! Cave
Bei Präexzitationssyndrom mit Vorhofflim-
mern sind Verapamil, Adenosin und Digitalis
kontraindiziert, da sie zu einer Verkürzung
der Refraktärzeit der akzessorischen Lei-
tungsbahnen führen.

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Zenker-Divertikel
261 Z
Anästhesierelevanz
Zenker-Divertikel
Die wichtigsten Anästhesieprobleme resultieren aus
z Synonyme der Gefahr einer Aspiration von Divertikelinhalt,
Ösophagusdivertikel. der Disposition zu respiratorischen Folgeerkran-
kungen und den häufigen (altersbedingten) Zusatz-
z Oberbegriffe befunden.
Fehlbildung am oberen Gastrointestinaltrakt.
z Spezielle präoperative Abklärung
z Organe/Organsysteme Thoraxröntgenaufnahme, Lungenfunktionsprü-
Hypopharynx, Ösophagus, Gastrointestinaltrakt, fung, Blutbild, Eiweißstatus (bei Malnutrition), Hy-
Atemwege, Lungen, Mediastinum. dratationszustand (Serumelektrolyte, Osmolalität,
Kreislaufparameter).
z Inzidenz
1:800, vorwiegend bei älteren Patienten. z Wichtiges Monitoring
Pulsoxymetrie, Kapnographie, Beatmungsdrücke,
z Ätiologie ggf. Blutgasanalysen, ZVD.
Erworben. Das Divertikel entsteht an einer physio-
logischen Schwachstelle der Schlundmuskulatur z Vorgehen
(Killian-Dehiszenz) durch Bildung einer Mukosa- Unmittelbar präoperativ sollte das Divertikel von
aussackung von variabler Größe. außen manuell entleert werden (manche Patienten
können das selbst machen). Das präoperative Nüch-
z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen ternheitsgebot muss streng beachtet werden (min-
Ösophagusstriktur, ösophagotracheale Fistel, Hia- destens 8 h). Bei Dehydratation und schlechtem
tushernie, Gleithernie, gastroösophagealer Reflux. Ernährungszustand können bereits präoperativ In-
fusionen verabreicht werden. Eine orale Prämedika-
Symptome tion ist kontraindiziert, weil diese evtl. ins Divertikel
gelangt, dort wirkungslos bleibt und zudem noch
Frühsymptome: Schluckstörungen, Fremdkörperge- aspiriert werden kann. Bei verschiedenen Eingrif-
fühl beim Essen, Regurgitation und Aspiration von fen kann man mit Regionalanästhesien die Aspira-
Divertikelinhalt. tionsgefahr vermindern, bei der Resektionsopera-
Besonders typisch: Hustenanfall nach Lagever- tion des Divertikels ist jedoch die Intubationsnar-
änderung (z. B. nach dem Hinlegen), Gurgelgeräu- kose üblich.
sche beim Schluckakt und seitliche Schwellung am Zur Anästhesieeinleitung sollte eine Oberkör-
Hals. per-Hochlagerung von 10–30° vorgenommen wer-
Nachweis: Röntgenaufnahme der Halsorgane den, um einer passiven Regurgitation des Diverti-
mit Bariumkontrast, Kinetogramm. kelinhalts vorzubeugen. Zur Vermeidung einer
Aspiration wird eine Barbiturateinleitung ohne Suc-
z Vergesellschaftet mit cinylcholin mit einem nichtdepolarisierenden Rela-
Dysphagie und Verschlechterung des Ernährungs- xans empfohlen. Wichtig ist eine ruhige, einfühlsa-
zustands, häufig Aspirationsfolgen (Bronchitis, me Beatmung, bis der Tubus eingeführt ist und ge-
Pneumonie, Atelektasen). Aufgrund des höheren blockt werden kann. Hustenanfälle sind unbedingt
Manifestationsalters häufig altersbedingte Zusatzer- zu vermeiden. Der Krikoiddruck sollte unterlassen
krankungen (Diabetes, kardiovaskuläre und pulmo- werden, da er insbesondere bei kurzen Divertikeln
nale Erkrankungen). deren Entleerung verursachen kann.
H2-Rezeptorenblocker sind bezüglich der Aspi-
z Therapie rationsfolgen nutzlos. Falls es doch zur Aspiration
Chirurgische Sanierung. kommt, muss zuallererst eine genügende Oxygena-
262 Zentral-anticholinerges Syndrom (ZAS)

tion sichergestellt werden. Anschließend kann eine z Organe/Organsysteme


fiberbronchoskopische Evaluation der Atemwege Neuronale Transmittersysteme (zentrale cholinerge
mit Bronchialtoilette und unter Antibiotikaabschir- Synapsen), ZNS, vegetatives (autonomes) Nerven-
Z mung erfolgen. Dabei ist nicht von einem sauren system.
Aspirat mit konsekutiver Schleimhautschädigung
auszugehen, sondern zunächst eher von Obstruk- z Inzidenz
tionsproblemen durch Speisebrocken und späterer 1:10 bei Allgemeinanästhesien, 1:30 bei Regional-
bakterieller Infektion der betroffenen Lungen- anästhesien mit Sedierung.
areale.
Bei der Divertikeloperation ist eine Magenson- z Ätiologie
de für den Chirurgen eine Orientierungshilfe. Beim Direkt anticholinerg wirksame Substanzen (z.B. At-
Legen muss man allerdings schonend vorgehen, um ropin, Scopolamin, Neuroleptika, trizyklische Anti-
eine Divertikelperforation, die unweigerlich zur depressiva, Lachgas u.a.) blockieren die Neuro-
Mediastinitis führt, zu vermeiden. transmission an m-Cholinozeptoren. Indirekte an-
Nebenerkrankungen erfordern ein individuell ticholinerge Medikamente (Benzodiazepine, Opiate,
angepasstes anästhesiologisches Vorgehen. volatile und i.v. Anästhetika, Lokalanästhetika) ver-
ursachen einen relativen Mangel von Azetylcholin
! Cave
an den cholinergen Rezeptoren und eine Gleichge-
Fehlende Nüchternheit, orale Prämedikation,
wichtsverschiebung der Transmittersysteme zu-
Aspiration, Divertikelperforation, Krikoid-
gunsten der monoaminergen Systeme. Die Pathoge-
druck (Sellick-Handgriff).
nese ist dennoch bisher nicht vollständig geklärt.

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Symptome

Zentral-anticholinerges Das ZAS manifestiert sich im Rahmen einer (meist


anästhesiologischen) Medikation. Es wird in der
Syndrom (ZAS) Regel nach Allgemeinanästhesien beobachtet, kann
aber auch nach Lokalanästhesien auftreten, wenn
z Synonyme adjuvant Sedativa angewendet wurden. Eine schläf-
Paradoxe Medikamentenwirkung, engl. »anticholi- rig-komatöse Form mit psychomotorischer Dämp-
nergic syndrome«. fung, Vigilanzminderung oder Koma wird von der
agitierten Form des ZAS mit motorischer Unruhe,
z Oberbegriffe unkoordinierten Bewegungen oder Desorientie-
Medikamentennebenwirkung, Idiosynkrasie, Anäs- rung unterschieden.
thesiekomplikation, iatrogene Erkrankung. Zentrale Symptome: Angst, Hyperaktivität, Un-
ruhe, Erregbarkeit, emotionelle Labilität, Desorien-
Zentral-anticholinerges Syndrom (ZAS)
263 Z
tierung, Halluzination, Somnolenz, Koma, motori- Physostigmin erhöht durch die Hemmung der
sche Dyskoordination, zentrale Hyperpyrexie, Cholinesterase die Azetylcholinkonzentration an
Amnesie, verzögertes Aufwachen nach Narkosen. den cholinergen Synapsen. Im peripheren vegetati-
Periphere Symptome: Tachykardie, Arrhythmie, ven Nervensystem hat es muskarinartige Effekte
Mydriasis, Gesichtsrötung, verminderte Schweiß- (Erhöhung des Parasympathikotonus), die bei
und Schleimsekretion, Urinretention, reduzierte Überdosierung zu starker Schweiß- und Schleimse-
Darmmotorik, Temperaturanstieg. kretion, Bronchokonstriktion, Bradykardie, Miosis
Ein ZAS liegt definitionsgemäß vor, wenn min- und zentraler Atemlähmung führen können.
destens ein zentrales und 2 periphere Symptome Dosierung von Physostigmin: initial 0,04 mg/kg
gleichzeitig auftreten. Die Diagnose des ZAS ist eine langsam i.v.; maximal 1 mg/min und 2 mg Gesamt-
Ausschlussdiagnose! dosis, bei Kindern titrierte Gaben in Einzeldosen
von 0,02 mg/kg. Die kontinuierliche kardiorespira-
z Therapie torische Überwachung ist erforderlich. Der Wir-
Pharmakologisch mit dem liquorgängigen indi- kungseintritt erfolgt nach 3–15 Minuten, die Wirk-
rekten Parasympatikomimetikum Physostigmin dauer beträgt 20 Minuten bis 2 Stunden. In seltenen
(s. unten). Fällen kann die kontinuierliche Gabe erforderlich
sein. Physostigmin wird durch Hydrolyse und enzy-
Anästhesierelevanz matisch abgebaut.
Bei Auftreten von peripheren Nebenwirkungen
Prinzipiell können fast alle in der Anästhesie ver- von Physostigmin (s. o.) können diese mit Glyco-
wendeten Medikamente durch ihre direkte oder pyrrolat behandelt werden. Im Falle von behand-
indirekte anticholinerge Wirkung ein ZAS auslösen. lungspflichtigen Bradykardien wird Atropin titriert
Das ZAS gehört zu den seltenen Komplikationen verabreicht.
der Anästhesie, wird aber beim Auftreten häufig Kreislauf und Atmung des Patienten sind bis
nicht diagnostiziert und folglich nicht therapiert. zum Folgetag adäquat zu überwachen.
Dadurch kann es zu Komplikationen wie Anstieg
von Blutdruck und Herzfrequenz, längerer Beat- ! Cave
mungsnotwendigkeit oder Gefährdung des Opera- Hypoxie, Physostigminüberdosierung, Re-
tionsergebnisses führen, aber auch durch längere boundeffekt der Triggersubstanz, Asthma.
Narkoseausleitung, Verzögerung des OP-Pro-
gramms organisatorisch-ökonomische Konse- Literatur
quenzen haben. Als Langzeitfolge kann es beim
Patienten erheblichen Komfortverlust und Angst Brown DV, Heller F, Barkin R (2004) Anticholinergic syndrome
vor weiteren Narkosen bewirken. Gelegentlich wird after anesthesia: a case report and review. Am J Ther 11:
ein ZAS auch in der Intensivtherapie beobachtet. 144–153
De Keulenaer BL, Philpot S, Wilkinson M et al. (2004) Central
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applikation und Verzicht auf zusätzliche Sedierung Funk W, Hollnberger H, Geroldinger J (2008) Physostigmine
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z Vorgehen Physostigmin post OP. Anästhesiol Intensivmed
Die Sicherung der Vitalfunktionen ist zu gewähr- Notfallmed Schmerzther 42: 188–189
leisten; bei Atemdepression Vermeidung und Be- Kulka PJ, Toker H, Heim J et al. (2004) Suspected central anti-
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264 Zystische Fibrose

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Senne I, Zourelidis C, Irnich D et al. (2003) Rezidivierende
Z Bewusstlosigkeit und Atemstillstand nach
Rechtsherzbelastung und pulmonaler Hypertonie
Allgemeinanästhesie. Eine seltene Manifestation des kommen.
zentralen anticholinergen Syndroms (ZAS). Anaesthesist
52: 608–611 z Verwandte Formen, Differenzialdiagnosen
Aufgrund der Vielzahl der Symptome ist die Anzahl
der beteiligten Organmanifestationen und Krank-
heitsbilder sehr groß.
Zystische Fibrose DD bei Mekoniumileus: M. Hirschsprung (kon-
genitales Megakolon).
z Synonyme DD für zähen Schleim und Husten: Kartagener-
Mukoviszidose, zystische Pankreasfibrose, Land- Sy (Ziliendysfunktion), Keuchhusten.
steiner-Fanconi-Andersen-Sy, Andersen-Trias, DD für rezidivierende Infekte: Fukosidose
Clarke-Hadfield-Sy, Dysporia entero-broncho-pan- (Mucopolysaccharidosen), Bruton-Sy (X-chromo-
creatica congenita familiaris (Glanzmann), engl. somal-rezessive Agammaglobulinämie).
»cystic fibrosis«. DD für chronisch-obstruktive Pneumopathie an-
derer Ursache: Sarkoidose (M. Besnier-Boeck-
z Oberbegriffe Schaumann), Tuberkulose (M. Koch), Pneumonie,
Exokrinopathie, Enzymopathie, chronisch-obstruk- Laurell-Eriksson-Sy (α1-Antitrypsinmangel führt
tive Lungenerkrankung, Pankreasinsuffizienz, Elek- zur chronisch obstruktiven Lungenerkrankung).
trolytstörung, Malabsorption. DD für Malassimilations- und Malabsorptions-
Sy: Brandt-Sy (Akrodermatitis enteropathica oder
z Organe/Organsysteme hereditäres Zinkmalassimilationssyndrom), Zölia-
Exokrine Drüsen, Pankreas, Lunge, Haut, Magen- kie (Heubner-Herter-Sy) Laktoseintoleranz, Ente-
Darm-Trakt, Herz-Kreislauf-System. rokinasemangel-Sy.
DD für Pankreasinsuffizienz-Sy: Schwachmann-
z Inzidenz Diamond-Sy (exokrine Pankreasinsuffizienz, Neu-
Häufigste autosomal-rezessive Erkrankung. Er- trozytopenie, metaphysäre Dysostosen).
krankungsrate unter Kaukasiern 1:2000 bis 1:4000,
Heterozygotie 1:20. Symptome
z Ätiologie Die Erstmanifestation mit Mekoniumileus findet
Hereditär mit autosomal-rezessivem Erbmodus mit sich bei 10% der betroffenen Kinder innerhalb der
einem Genlokus auf Chromosom 7. Es wird ein feh- ersten Lebenswoche. Im weiteren Krankheitsverlauf
lerhaftes Protein gebildet (»cystic fibrosis trans- steht die gestörte Clearance der Atemwege im Vor-
membrane conductance regulator«), das zu einer dergrund mit der Folge einer zunehmenden pulmo-
Funktionsstörung der Chloridkanäle in der Memb- nalen Funktionseinbusse und häufigen Infekten.
ran von sezernierenden Epithelzellen führt. Infolge- Husten, eitriger und gelegentlich blutiger Auswurf
dessen kommt es zu einer erhöhten Durchlässigkeit insbesondere nach Schlafperioden sind typisch. Die
der Membranen für Wasser und Chloridionen so- progressive obstruktive Pneumopathie führt zu er-
wie einem verminderten Wassergehalt der produ- höhter Atemarbeit.
zierten Sekrete. Diese können aus den Drüsenkanä- Bei fortgeschrittener Erkrankung treten eine
len der betroffenen Organe nicht ausreichend abge- Hypoxämie und zunehmend eine respiratorische
sondert werden. Globalinsuffizienz auf, die sich in einer Rechtsherz-
Die pulmonale Manifestation äußert sich in ei- belastung und pulmonaler Hypertonie manifestie-
ner zunehmenden Funktionseinbuße und häufigen ren kann. Die für die Erkrankung typische Gedeih-
Zystische Fibrose
265 Z
störung sowie übelriechende Malabsorbtionsstühle z Spezielle präoperative Abklärung
sind Ausdruck der exokrinen Pankreasinsuffizienz, Unbedingt erforderlich ist die sorgfältige Anamnese
die bei 90% der Patienten auftritt. des Krankheitsstadiums und aller betroffener Or-
gansysteme. In der Regel sind die Patienten und
z Labor Eltern der Patienten gut informiert über die aktuelle
Schweisselektrolyte (Natrium und Chlorid) sind Therapie und die besonderen Anforderungen. Die
deutlich erhöht. Die endgültige Diagnosestellung ist unter ständiger Hypoxämie, Atemnot und stark er-
durch den Gennachweis mittels PCR möglich höhter, erschöpfender Atemarbeit leidenden Pati-
enten bedürfen einer einfühlsamen Zuwendung.
z Vergesellschaftet mit Die meisten Patienten werden auch nach dem Ju-
Polypen der Nase und Nasennebenhöhlen, Bron- gendalter von ihrem Pädiater betreut. Die gemein-
chiektasen, Lungenemphysem, Spontanpneumo- same Planung der anästhesiologischen Betreuung
thorax, Cholelithiasis, Choledocholithiasis, Leber- unter Einbeziehung der Eltern und des behandeln-
fibrose, portale Hypertonie, Abdominalkoliken, den Pädiaters fördert ein Vertrauensverhältnis, das
Ileus, endokrine Pankreasinsuffizienz: Diabetes die gute präoperative Vorbereitung des Patienten
mellitus (32% von allen über 25-Jährigen), vorwie- ermöglicht. Durch die präoperative Optimierung
gend männliche Infertilität (97%). des Ernährungszustands (erhöhte Kalorienzufuhr
Insgesamt reduzierter Ernährungs- und Allge- und die Gabe von Pankreasenzymen) kann versucht
meinzustand. werden, eine gewisse Besserung der Ausgangssitua-
tion zu erreichen.
z Therapie Diagnostik: Thoraxröntgen, Lungenfunktions-
Umfassende Atemtherapie mit Sekretverflüssigung prüfung, Blutgasanalyse. Blutzuckertagesprofil bei
(Expektoranzien, Mukolytika, Inhalation mit Ami- manifestem Diabetes und Glukosebelastungstest
lorid), Bronchodilatation, Sekretmobilisation zum Ausschluss einer noch nicht manifesten Zu-
(Atemgymnastik, Physiotherapie) und Infektpro- ckerkrankheit, Elektrolytstatus, Ernährungs- und
phylaxe (Antibiotika). Nasale Polypektomie, Substi- Hydratationszustand.
tution von Pankreasenzymen und Insulin, Digitali- Bezüglich der präoperativen Anamnese und
sierung bei kardialer Überlastung, O2-Therapie und Diagnostik sind neben der körperlichen Untersu-
ggf. nichtinvasive Heimbeatmungsverfahren. Bei chung folgende Informationen wichtig:
fortgeschrittener Erkrankung Lungentransplanta- 4 Zeitpunkt und Dauer des letzten Infektes?
tion. 4 Notwendigkeit einer intravenösen Antibiose?
4 Letzter Krankenhausaufenthalt?
Anästhesierelevanz 4 Aktuelle Belastbarkeit?

Durch den meist frühen Zeitpunkt der Diagnose- Ein kurz zurückliegender Infekt mit Hospitalisie-
stellung sowie die konsequente Dauertherapie in rung ist ein prognostischer Hinweis für eine erhöhte
spezialisierten Zentren ist es zu einer deutlichen perioperative Komplikationsrate.
Verbesserung der Prognose gekommen. Die ge-
schätzte mittlere Lebenserwartung liegt bei 40–45 z Wichtiges Monitoring
Jahren, so dass die anästhesiologische Betreuung Pulsoxymetrie, Kapnographie, Atemwegsdrücke,
neben diagnostischen Eingriffen und der Behand- Blutgasanalysen, Elektrolyt- und Säure-Basen-Sta-
lung von Komplikationen im Kindesalter auch für tus, Blutzuckerkontrollen, Hydratationszustand,
nicht primär mit der Erkrankung assoziierte Opera- Relaxometrie.
tionen im Erwachsenenalter erforderlich ist. Auch
in der geburtshilflichen Anästhesie ist die Erkran- z Vorgehen
kung von zunehmender Relevanz. Wann immer möglich sollte die Operation im in-
fektfreien Intervall durchgeführt werden, da die
ohnehin reduzierte Lungenfunktion im Infekt zu-
266 Zystische Fibrose

sätzlich beeinträchtigt ist. Die auf den Patienten zu- therapie verhindert eine Minderventilation durch
geschnittene Atemtherapie muss bis zur Operation Schmerzen und ermöglicht die sofortige Weiterfüh-
weitergeführt werden. Bei Bedarf muss die O2-Gabe rung der Atem- und Physiotherapie. Bei Verwen-
Z perioperativ ununterbrochen aufrechterhalten wer- dung von häuslicher BiPAP-Beatmung möglichst
den. Es ist sinnvoll, die Operation für den späteren baldige Wiederaufnahme der gewohnten Beat-
Vormittag zu planen, um bis dahin eine Sekretmo- mungsform. Daher am besten das Heimbeatmungs-
bilisation zu ermöglichen. gerät mitbringen und bereitstellen lassen.
Eine schon vor der Operation begonnene Volu- Postoperativ muss auf eine frühzeitige Wieder-
mensubstitution verhindert eine Sekreteindickung aufnahme der enteralen Ernährung geachtet wer-
durch Volumenmangel. Viele der Patienten haben den, wenn erforderlich unter Verwendung einer
einen schlechten peripheren Venenstatus, die Magensonde. Die Patienten sind aufgrund der Er-
Punktionsstelle sollte ggf. mit EMLA®-Creme we- krankung durch chronische Obstipation beein-
niger empfindlich gemacht werden. Eine sedieren- trächtigt. Unbedingt ist der perioperativ erhöhte
de und atemdepressiv wirksame Prämedikation Kalorienbedarf zu decken.
sowie eine Vagolyse mit Atropin oder dessen Deri- In der geburtshilflichen Anästhesie sollten be-
vaten ist kontraindiziert, da sie der Sekreteindik- vorzugt regionalanästhesiologische Verfahren zur
kung Vorschub leistet. Der Blutzucker ist auf nor- Anwendung kommen. Dabei ist jedoch auf eine
male Werte einzustellen, ggf. mit perioperativer mögliche Beeinträchtigung der Atemmuskulatur
Insulinsubstitution. durch eine über Th8 hinausgehende Blockade zu
Bei der Einleitung per inhalationem muss mit achten. Die kombinierte Spinal-Epidural-Anästhe-
einer verlängerten Anflutungszeit der Inhalations- sie (CSE) bietet eine gute Steuerung der Analgesie
anästhetika gerechnet werden, da das Ventilations- intra- und postoperativ. Mit einer erhöhten Kompli-
Perfusionsverhältnis zugunsten der Perfusion ver- kationsrate einhergehende Risikofaktoren sind: ge-
ändert und die funktionelle Residualkapazität er- ringer Gewichtszuwachs in der Schwangerschaft,
höht ist. Bei Durchführung einer Allgemeinanäs- Verminderung der forcierten Vitalkapazität (FVC)
thesie mit kontrollierter Beatmung ist eine auf weniger als 50% des Sollwertes, häufige Infekte,
druckkontrollierte Beatmung einer volumenkon- Diabetes und Pankreasinsuffizienz.
trollierten Beatmung vorzuziehen. Wichtig ist die
! Cave
rigorose Begrenzung der Atemwegsdrücke und die
Verletzung nasaler Polypen durch nasale In-
Einstellung ausreichend langer Exspirationszeiten,
tubation. Vagolytika, Opioid- und Relaxans-
um Barotraumen und eine respiratorassoziierte In-
überhang, Regionalanästhesieblockade der
flammation zu verhindern. Es sollte auf gute Be-
Segmente oberhalb Th8.
feuchtung und Anwärmung der Beatmungsgase
geachtet werden (z. B. Low-flow-Anästhesie).
Grundsätzlich müssen die Vor- und Nachteile Literatur
einer kontrollierten Beatmung über einen Endotra- Cameron AJ, Skinner TA (2005) Management of a parturient
chealtubus gegenüber einer assistierten Spontanat- with respiratory failure secondary to cystic fibrosis.
mung mittels Larynxmaske abgewogen werden. Es Anaesthesia 60: 77–80
muss mit einer plötzlich auftretenden Verlegung der Castro BA (2008) The immunocompromised pediatric patient
and surgery. Best Pract Res Clin Anaesthesiol 22: 611–626
Atemwege durch verdicktes Sekret gerechnet wer-
Davis PB (2006) Cystic fibrosis since 1938. Am J Respir Crit Care
den. Die Verwendung eines Endobronchialtubus Med 173: 475–482
bietet die Gelegenheit zur Bronchialtoilette, jedoch Della Rocca G (2002) Anaesthesia in patients with cystic fibro-
muss hierbei auf Sterilität geachtet werden. Die Ver- sis. Curr Opin Anaesthesiol 15: 95–101
wendung von Lachgas ist kontraindiziert. Deshpande S (1998) Epidural analgesia for vaginal delivery in
a patient with cystic fibrosis following double lung trans-
Bei der Wahl der Anästhetika sollten möglichst
plantation. Int J Obstet Anesth 7: 42–45
kurzwirksame Anästhetika bevorzugt werden, um Gilljam M, Antoniou M, Shin J, Dupuis A, Corey M, Tullis DE
eine postoperative Beeinträchtigung der Atmung zu (2000) Pregnancy in cystic fibrosis. Fetal and maternal
verhindern. Die adäquate postoperative Schmerz- outcome. Chest 118: 85–91
Zystische Fibrose
267 Z
Huffmyer JL, Littlewood KE, Nemergut EC (2009) Perioperative
management of the adult with cystic fibrosis. Anesth
Analg 109: 1949–1961
Kremer TM, Zwerdling RG, Michelson PH, O’Sullivan P (2008)
Intensive care management of the patient with cystic
fibrosis. J Intensive Care Med 23: 159–177
Seidlmayer-Grimm E, Hirsch J, Hempelmann G (2002) Anäs-
thesie für Patienten mit Mukoviszidose. Anasthesiol
Intensivmed Notfallmed Schmerzther 37: 163–173
Winch PD, Stevens W (2009) Using a thoracic epidural catheter
in a high-risk pediatric transplant patient. Ann Thorac
Surg 88: 654–656
268 Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis
α1-AT Alpha-1-Antitrypsin, α1-Antitrypsin CPAP Kontinuierlicher positiver Atemwegs-
A./Aa. Arteria/Arteriae druck
ACE »angiotensin converting enzyme« CRP C-reaktives Protein
ACh Azetylcholin CT Computertomographie, -tomogramm
ACTH Adrenokortikotropes Hormon DD Differenzialdiagnose
ADH Antidiuretisches Hormon, Vasopressin DHBP Dehydrobenzperidol, Droperidol
ADP Adenosindiphosphat DIC Disseminierte intravasale Gerinnung
ALAT, ALT Alaninaminotransferase dl Deziliter
ALS Amyotrophische Lateralsklerose DNS Desoxyribonukleinsäure
AMC Arthrogryposis multiplex congenital ECMO Extrakorporale Membranoxygenation
Amp. Ampulle EDTA Ethylendiamintetraessigsäure
ANCA Antineutrophile zytoplasmatische EEG Elektroenzephalogramm
Antikörper EKG Elektrokardiogramm
AP Alkalische Phosphatase ELISA »enzyme-linked immunosorbent
a.-p. Anterior-posterior assay«, Enzym-Immunoassay
ARDS »adult respiratory distress syndrome« EMG Elektromyogramm
ASA (Risikoklassifikation der) American engl. [Englische Bezeichnung]
Society of Anesthesiologists EZ Ernährungszustand
ASAT, AST Aspartataminotransferase FEV1 Einsekundenkapazität
ASS Azetylsalicylsäure FFP Gefrorenes Frischplasma, »fresh frozen
AT-III Antithrombin III plasma«
AV Atrioventrikulär FI O 2 Inspiratorische Sauerstofffraktion
a.v. Arteriovenös frz. [Französische Bezeichnung]
AZ Allgemeinzustand FVC Forcierte Vitalkapazität
Bar (Veraltete Druckeinheit, 1 bar = g Gramm (SI-Einheit)
100.000 Pa) G Giga
BGA Blutgasanalyse GABA γ-Amino-β-hydroxybuttersäure
BiPAP Biphasische positive Druckbeatmung, ggf. Gegebenenfalls
»biphasic positive airway pressure« GH Wachstumshormon, »growth hormone«
BIS Bispektrale Indexregistrierung γ-GT γ-Glutamyltransferase
BMI »body mass index« (gamma-GT)
BSG Blutsenkungsgeschwindigkeit GIT Gastrointestinaltrakt
BWS Brustwirbelsäule GOT Glutamat-Oxalacetat-Transaminase
ChE Cholinesterase GPT Glutamat-Pyruvat-Transaminase
CK Kreatin(phospho)kinase (Alaninaminotransferase) = ALT
CK-MB Myokardiales Isoenzym der h Stunde(n) (SI-Einheit)
Kreatin(phospho)kinase HAES Hydroxyäthylstärke
cmH2O Zentimeter Wassersäule (veraltete, Hb Hämoglobin
aber noch übliche Druckeinheit; HCG Choriongonadotropin
1 cmH2O = 98,07 Pa) HIV Humanes Immundefizitvirus
CMV Zytomegalievirus (Aids-Erreger)
CO2 Kohlendioxid Hkt Hämatokrit
COPD Chronisch-obstruktive Lungen- HLA Histokompatibilitätsantigen
erkrankung HLM Herz-Lungen-Maschine
HMG Humanes Menopausengonadotropin
269
Abkürzungsverzeichnis

HWS Halswirbelsäule OP Operationssaal


HZV Herzzeitvolumen Op./OP Operation
ICD Implantierbarer Defibrillator Pa Pascal (SI-Einheit für Druck;
ICD-10 Internationale Klassifikation mPa = Millipascal, hPa = Hektopascal,
der Krankheiten Nr. 10 kPa = Kilopascal)
ICP Intrakranieller Druck PaCO2 Arterieller Kohlendioxidpartialdruck
i.m. Intramuskulär p.o. Per os, peroral
i.v. Intravenös PCP Primär chronische Polyarthritis,
I:E Inspirations-Exspirations-Verhältnis rheumatoide Arthritis
Ig Immunglobulin PEEP Positiv endexspiratorischer Druck
IHSS Idiopathische hypertrophe Subaorten- pH »potentia hydrogenii« (negativer deka-
stenose discher Logarithmus der Protonenkon-
IPPV Intermittierende positive Druckbeatmung zentration)
ITN Intubationsnarkose PT Prothrombinzeit
IQ Intelligenzquotient PTT Partielle Thromboplastinzeit
Kg Kilogramm (SI-Einheit) RAST Radio-allergo-sorbent-Test
KHK Koronare Herzkrankheit (radioimmunologischer In-vitro-Test)
L, l Liter (SI-Einheit) Rö. Röntgenaufnahme, Röntgenunter-
lat. [Lateinische Bezeichnung] suchung
LDH Laktatdehydrogenase RNA Ribonukleinsäure
LH Luteinisierungshormon s.c. Subkutan
LKG Lippen-Kiefer-Gaumen(-Spalte) seitl. Seitlich
LMA Larynxmaske SHT Schädel-Hirn-Trauma
LWS Lendenwirbelsäule Ss Syndrome (Mehrzahl)
M. Morbus, Krankheit bzw. Musculus, SSRI Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-
Muskel hemmer
mbar Millibar = 1/1000 bar (= 100 Pa = 1 hPa) Sy Syndrom (Einzahl)
μg Mikrogramm TEE Transösophageale Echokardiographie
μl Mikroliter Th Thorakal
mg Milligramm TIA Transitorische ischämische Attacke
MH Maligne Hyperthermie TIVA Totale intravenöse Anästhesie
min Minute(n) (SI-Einheit) TNF »tumor necrosis factor«
ml Milliliter TPZ Thromboplastinzeit (Quick-Zeit)
mmHg Millimeter Quecksilbersäule (veraltete, TRH »thyreotropin releasing hormone«
aber noch übliche Druckeinheit; TSH »thyroid stimulating hormone«
1 mmHg = 133,3 Pa) TUR Transurethrale Resektion (der Prostata
MNS Malignes neuroleptisches Syndrom oder der Harnblase)
MRI Magnetresonanzbildgebung u. U. Unter Umständen
MRT Magnetresonanztomogramm V./Vv. Vena/Venae
N./Nn. Nervus/Nervi v. a. Vor allem
N2 Stickstoff V. a. Verdacht auf
N 2O Lachgas VIP »vasoactive intestinal peptide«
NIRS Nahinfrarotspektroskopie VSD Ventrikelseptumdefekt
NNM Nebennierenmark z. B. Zum Beispiel
NNR Nebennierenrinde Z. n. Zustand nach
NSAID Nichtsteroidale Antirheumatika ZNS Zentrales Nervensystem
NSAR Nichtsteroidale Analgetika ZVD Zentraler Venendruck
O2 Sauerstoff ZVK Zentraler Venenkatheter

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