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DIE „UNBEANTWORTETEN FRAGEN" UND DAS
SCHWEIGEN DES BUDDHA
Von Claus Oetlce, Stockholm
„Es würde immer noch einseitig sein, bei der Wirkung Buddhas auf
seine Zeitgenossen nur die Macht seines Wortes ins Auge zu fassen.
Man kennt Buddha nicht, solange man ihn nur nach dem beurteilt,
was er geredet hat. Sondern zu der Macht der Rede gesellt sich bei
ihm eine andere, die jene beinahe noch überragt, die Macht des
Schweigens, und die Bedeutung dieses Schweigens richtig zu er
fassen, ist für das ganze Verständnis des Buddhismus von größter
jedoch bei der Frage, was die Bedeutung jenes Schweigens ist.
Mit den folgenden Ausführungen wird die Klangvielfalt noch um
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(2) die Bestimmung der Bedeutung von Buddhas Schweigen sowie der
Gründe für die Weigerung, bestimmte Fragen definitiv zu beantwor
ten, nicht allein auf der Grundlage des Päli-Kanons, sondern auch
unter Berücksichtigung der in chinesischer Sprache erhaltenen Versio
nen des Sütrapitaka vorgenommen werden sollte. Denn ungeachtet
mancher Divergenzen bei der Frage der Zuordnung der im chine
sischen Tripitaka erhaltenen Ägamas zu bestimmten Schulen des Bud
dhismus ist unzweifelhaft, daß jene Texte nicht dieselbe Tradition re
präsentieren wie der der Theraväda-Schule zugehörige Päli-Kanon.
Die Literatur, die sich mit dem Schweigen des Buddha sowie der
Nichtbeantwortung bestimmter Fragen beschäftigt, weist noch ein
weiteres Charakteristikum auf, das zwar in vereinzelten Fällen fehlt,
bei der überwiegenden Mehrzahl jedoch anzutreffen ist, nämlich die
Annahme, daß sich eine einheitliche Explikation für die Bedeu
tung von Buddhas Schweigen geben lasse. Auch diese Ansicht soll in
Frage gestellt bzw. vorhandene Ansätze zu noch
Differenzierungen
weiter getrieben werden.
II
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Die „unbeantworteten Fragen" und das Schweigen des Buddha 87
da, weil die gestellte Frage in anderen Worten dasselbe erfragt wie die
davor von Uttiya gestellte Frage, welche Lehre von dem Buddha
seinen Anhängern den Weg zur Beendigung des Leidens und der Er
langung der Erlösung lehre. Es wird von Änanda ein Gleichnis gege
ben, in dem die Mitteilung enthalten ist, daß der Erhabene Buddha
sich zwar nicht darum kümmert, ein wie großer Teil der Welt Erlösung
findet, jedoch mit Bestimmtheit weiß, daß wenn irgend jemand
erlöst wird, dann dies nur auf dem von ihm gezeigten Wege geschehen
kann. Demzufolge sieht es so aus, daß die besagte Identität des Er
fragten darin gesehen werden soll, daß die zweite Frage auf einen
Antwort auf die erstere Frage weiß. Und es wird suggeriert, daß dieser
Umstand Grund für das Schweigen des Buddha war.
Die buddhistischenkanonischen Texte erzählen von einem Schwei
gen des Buddha aber auch in Situationen, bei denen keine Fragen
gestellt wurden. Ein Fall, der im achten Buch des Anguttaranikäva,
§20 (= AN IV/204-208) geschildert wird, ist allerdings dem Schweigen
im Kontext einer Fragestellung verwandt wegen der engen Zusam
Mönchsgemeinde sei unrein. Es stellte sich heraus, daß einer der Anwe
senden kein echter Mönch war, und nachdem diese Person aus der
Versammlung entfernt worden war, erklärte Buddha, daß von nun an
die Mönche allein den Fasttag abhalten und die Satzung vortragen
stehen. Einige Autoren, wie Beckh und Nagao haben auf die
hung
zahlreichen Stellen im Kanon hingewiesen, bei denen Schweigen Ein
verständnis signalisiert. Besonders prominent ist das Schweigen Bud
dhas als Akzeptierung von Einladungen. Zu beachten ist auch, daß
mehrmals davon die Rede ist, daß der Buddha Gautama kein Freund
von Geräuschen sei und das Stillsein liebe. Am Anfang des Pottha
pädasutta (DN I/178ff.) heißt es, daß Potthapäda seine Gemeinde, die
sich gerade in lauten Gesprächen über allerlei weltliche Themen, in
Reden über die Erschaffung von Erde und Meer, Sein und Nichtsein
erging, beim Herannahen des Buddha aufforderte, den Lärm einzu
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stellen und Ruhe eintreten zu lassen, damit der Erhabene die Gemein
de seines Besuches für würdig ansehe. Es ist ferner überliefert, daß
Buddha seine Jünger ermahnt haben soll, entweder über den heiligen
Dharma zu reden oder andernfalls das vornehme Schweigen zu üben1.
Einige Autoren haben für die Beurteilung der Bedeutung des Schwei
gens des Buddha auch die Tatsache als relevant erachtet, daß der
III
Diese Aspekte des Schweigens des Buddha sind aber nicht lediglich
im Hinblick auf die Persönlichkeit des Begründers der buddhistischen
Lehre bzw. im Hinblick auf das in den kanonischen Schriften gezeich
nete Bild seiner Persönlichkeit signifikant, sondern sie verdienen auch
Beachtung wegen möglicherweise gegebener Beziehungen zwischen ih
nen und dem prominentesten Aspekt des dem
Buddha-Schweigens,
Schweigen im Zusammenhang mit den ,metaphysischen die
Fragen',
mit den Termini avyäkrtavastüni bzw. avyäkatä panhä sind.
verknüpft
Es gibt umfangreichere und Listen von
weniger umfangreichere avyä
krtavastus. Mitunter enthält die Liste vier Gruppen von bzw.
Fragen
Problemen, die ihrerseits in zwei bzw. vier Einzelfragen unterteilt
sind.
Im Samyuttanikäya findet sich innerhalb des ein
Saläyatanavagga
Kapitel, das ganz den avyäkrtavastus gewidmet ist und die Bezeich
(la) kin nu kho ... sassato loko ,Ist die Welt ewig?'
(lb) kim pana ... asassato loko ,Ist die Welt nicht ewig?'
(2a) kin nu kho ... antavä loko ,Ist die Welt begrenzt?'
(2b) kim pana ... anantavä loko ,Ist die Welt unbegrenzt?'
(3a) kin nu kho ... tarn jîvam tarn sarïram ,Sind Seele dies
[und]
Körper (eben) dies / Sind Seele und Körper dasselbe?'
(3b) kim pana ... annam jîvam annam sarïram ,Sind Seele
[etwas]
anderes [und] Körper [etwas] anderes / Sind Seele und Körper
verschieden?'
1 U II 2
(: 11,18f.) sannipatitänam vo bhikkhave dvayam lcaranîyam dham
mikathä ariyo vâ tunhîbhâvo.
2 Siehe ζ. B. Nagao 138f.
1955:
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Die „unbeantworteten Fragen" und das Schweigen des Buddha 89
(4c) hin nu kho ... hoti ca na hoti tathägato param maranä ,Ist/Exi
stiert/Wird sowohl der Tathägata nach dem Tode als auch ist/
existiert/wird er nicht?'
(4d) kim pana ... neva hoti na na hoti tathägato param maranä ,Ist/
Existiert/Wird weder der Tathägata nach dem Tode noch ist/
existiert/wird er nicht?'.
(a) existiert, (b) nicht existiert, (c) sowohl existiert als auch nicht
existiert, (d) weder existiert noch nicht existiert, (e) weder nicht exi
stiert noch nicht nicht existiert3. Es soll an dieser Stelle auf die Vari
anten nicht weiter eingegangen werden. Denn zunächst kommt es nur
darauf an, dessen eingedenk zu sein, daß mehrere alternative Formen
In zahlreichen Fällen wird berichtet, daß der Buddha oder ein Jünger
Buddhas als Reaktion auf die oben formulierten oder ähnliche Fragen
vorkommt, z.B. im Falle der Frage der Fortexistenz des Ätman nach dem
Tode als Alternative vier das Theorem, daß der Ätman nach dem Tode des
Lebewesens sowohl weder existiert noch nicht existiert als auch weder nicht
existiert noch nicht nicht existiert (s. Τ 100, 445al8f.).
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avyäkrta-) worden. Wir haben es somit mit einer Gruppe von Fragen zu
wird, sie würden nicht offenbart oder seien nicht offenbart worden.
Zweitens darf nicht übersehen werden, daß nicht nur mehrere Versio
nen der avyäkrtavastus vorkommen, sondern daß der Kreis der Fragen,
auf die die gerade gegebene Charakterisierung zutrifft, nicht völlig
zusammenfällt mit dem Bereich, der gemeinhin mit den Titeln avyä
krtavastu bzw. avyäkata panhä in Zusammenhang gebracht wird. Es
gehören dazu auch Fragen, die sich nicht als Sonderformen der obigen
vier Gruppen auffassen lassen. Wichtig ist ein Fragenpaar, bezüglich
dessen in §10 des Avyäkatasamyutta (SN IV/400) sowie in den ent
sprechenden Texten des chinesischen Samyuktägama =
(Si, Nr. 961
Τ 2.245b; S2, Nr. 195 = Τ 2.444c) übereinstimmend berichtet wird, daß
der Buddha geschwiegen habe, als der Wanderer Vacchagotta ihm
diese Fragen gestellt hatte. Es handelt sich um die Fragen:
Hinzu kommt, daß sich aus den Texten noch ein weitaus größerer
Bereich von Fragen herausschälen läßt, die zwar nicht in einer der
oben angegebenen Weisen als „nicht offenbart" kundgegeben werden,
die aber nichtsdestoweniger zusammen mit der Kerngruppe der „nicht
offenbarten Fragen" eine Familie bilden. Familienähnlichkeiten
bestehen zwischen den avyäkrtavastus im engeren Sinne und einem
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Die „unbeantworteten Fragen" und das Schweigen des Buddha 91
scheinen die Sätze, daß die Welt ewig ist usw., im Anschluß an acht
Ansichten, von denen erklärt wird, daß sie aufgrund der Körperlich
keit (rüpa-) und des Anhangens an Körperlichkeit oder aufgrund der
übrigen Skandhas bzw. des Anhangens daran entstehen. Dies sind
Anschauungen wie die, daß die ganze Welt unveränderlich wie eine
Säule ist, daß etwas der Ätman von einem selbst ist, daß man nach
dem Tode ohne jegliche Veränderungen fortexistiert, daß man (nach
dem Tode) Vernichtung erlangt, daß es keine guten und keine bösen
Taten und keine karmische Vergeltung dafür u. a. gibt, daß nichts,
wodurch man Reinheit oder Unreinheit erlangt, existiert, daß es sie
ben un verursachte, - Was
ungeschaffene, unvergängliche Dinge Erde,
ser, Glut, Luft, Lust (sukha-), Leid (dukkha-), Seele (jTva-) - gibt etc.4
Eine weitere Dimension verwandtschaftlicher Beziehungen eröffnen
durch die Frage, wo die Elemente keinen Halt finden und wo Name
Antwort möglich ist, nämlich die, daß dies für das unsichtbare, gren
zenlose, allzugängliche vijnäna- (eines Arhat) zutrifft und daß durch
das Auflösen des vijnäna- all diese Dinge zum Verschwinden gelangen.
Einen Bericht von der Zurückweisung einer falsch gestellten Frage
bietet ferner der §12 des Nidänasamyutta (SN 11/12-14), wozu im §35
(SN 11/60-63) eine Parallele existiert. Durch derartige Verwandt
schaftsbeziehungen erlangt aber in indirekter Weise auch das Problem
der Bedeutung des Schweigens des Buddha sowie der Gründe, determi
nierte Antworten auf bestimmte Fragen nicht zu geben, große Kom
plexität.
IV
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ungen
(4) Erklärungen durch die Annahme einer bestimmten Ausdrucks
Es zeigt sich allerdings alsbald, daß die in diesen sechs Titeln repräsen
tierten Ansichten sehr unterschiedliche Thesen umfassen.
1. Was den ersten Typ der Erklärung mittels des kognitiven Zustandes
gründet, daß der Buddha kognitiv nicht in der Lage gewesen ist, eine
definitive Antwort zu geben, oder simpler formuliert: der Buddha
Gautama hat geschwiegen, weil er die Antwort selbst nicht wußte.
Ungeachtet der Tatsache, daß kaum ein Autor das Schweigen des
Buddha allein auf dessen Ignoranz bezüglich des in den avyälcatä
panhä Erfragten zurückführen möchte, kommt diesem Erklärungstyp
doch große Bedeutung zu. Denn erstens bezieht sich die Ablehnung
der Buddhologen oder anderer Verfasser hinsichtlich dieser Erklä
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Die „unbeantworteten Fragen" und das Schweigen des Buddha 93
Erlösimg angeführt. Unter den Autoren, die sich mit dem Problem be
schäftigen, gibt es sowohl solche, die Irrelevanz, speziell Heilsrelevanz,
als einziges Motiv nennen, als auch solche, die dieses in Verbindung mit
anderen Motiven anführen. Bei Humphreys (1987: 52) und in der Ein
leitung von Mylius 1985 wird Irrelevanz als einziger Grund erwähnt;
Frauwallner 1953, Jaspers 1957, Pérez-Remôn 1980 und andere nen
Erwägung der Nachteiligkeit sind noch vielfältiger als die der pragma
tischen Erwägung der Irrelevanz. Nicht nur hinsichtlich dessen, was
controversy and divergence of opinion which his definite answer would have
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möglicherweise nach sich zieht. Von diesen beiden Fällen ist wiederum
zu trennen der Gedanke, daß durch eine Beantwortung der Fragen
irrtümliche Ansichten hervorgerufen werden können. So sagt G. Na
GAO (1955: 142):"The reason why the Buddha does not ,reveal to
die des Vorhandenseins einer Seele nicht beantwortet habe, und die
Antwort lautet: Der Zustand des Erlösten ist dem menschlichen Den
ken unfaßbar und unerreichbar. Wenig später (p. 229) wird dies auch
für das Wesen des Vollendeten geltend gemacht, wenn Frauwallner
aus einem Text des Samyuttanikäya, der eine Unterredung zwischen
zieht: „Das wahre Wesen des Vollendeten ist also nach diesem Text
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Die „unbeantworteten Fragen" und das Schweigen des Buddha 95
Denn daraus, daß etwas nicht (als wahr) erkannt werden kann, folgt
durchaus nicht die Unausdrückbarkeit des betreffenden Sachverhalts
in der Sprache, während auch umgekehrt die These, daß sprachliche
Unausdrückbarkeit Unerkennbarkeit impliziert, keineswegs unproble
matisch ist. In dem von G. Nagao (1955: 141ff.) vorgebrachten Ge
sichtspunkt, daß sprachlicher Ausdruck, solange er nur als Mittel der
aber Bemerkungen, die einen gänzlich anderen Aspekt ins Spiel brin
gen, ohne daß dies dem Verfasser bewußt zu sein scheint. Auf p. 143
ment or an utter lack of it". Hier ist davon die Rede, daß der Buddha
scheint. Es ist die Idee, daß jemand, in diesem Falle der Buddha, eine
bestimmte Verhaltensweise, hier das Nichtbeantworten von Fragen,
als Mittel des Ausdrucks von etwas benutzt. Damit ist eine Erklä
rungsmöglichkeit an die Hand gegeben, die von den bisherigen grund
legend abweicht: Motiv oder eine Komponente des Motivs für das
Nichtbeantworten war die Intention, durch das Schweigen bzw. die
der definitiven Beantwortung etwas zum Ausdruck zu
Verweigerung
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oder schädlich (usw.) ist. Erklärungen des vierten Typs werden daher
5. Bei Pérez-Remôn 1980 findet sich auf p. 299 der folgende Satz: „We
have been told that to say of him he exists or does not exist after death
is a ditthi, and therefore the resuit of a mentality that identifies the seif
with the samsaric factors, constituting besides a meaningless attempt,
as it would have a merely spéculative value". Von Signifikanz ist
hierbei die erste Satzhälfte, insbesondere die Phrase „to say of him [=
the Tathägata = the Buddha] he exists or does not exist is . . . the result
of a mentality that identifies the seif with the samsaric factors". Wir
finden hier den Gedanken, daß definitive Antworten auf die „nicht
offenbarten Fragen" Einstellungen voraussetzen, die bei einem We
sen, das die spirituelle Reife besitzt, die der Buddha erlangt hat,
unmöglicherweise bestehen können. Dies bedeutet aber, daß wir einen
weiteren Erklärungstyp in Betracht zu ziehen haben, nämlich eine
jenigen ist, was man gewöhnlicherweise glaubt oder erwartet, so daß auf die
betreffenden Fragen unerwartete und ungewöhnliche Antworten gegeben
werden müssen o. dgl.
9 Eine Ausdrucksfunktion des wird in et
Schweigens auch, wenngleich
was vager Form, von H. Beckh angedeutet, wenn es heißt (1958: 118): „In
jenem Schweigen von den höchsten Dingen kann eine gewisse Keuschheit des
Buddhismus gefunden werden, es kann empfunden werden als ein Schweigen
der Ehrfurchtgegenüber demjenigen, das in Worten nicht mehr auszudrük
ken, ,mit Gedanken nicht mehr zu erfassen' ist . .
10 Dieser Gedanke wird ebenfalls erwähnt in Collins 1982: 133ff. Er findet
sich u. a. angedeutet in der Überschrift von §4.2.2 „Those who ask them do so
because they are conditioned by .attachment'" und wird in verschiedenen
Varianten in den sich daran anschließenden Erörterungen zur Sprache ge
bracht. Hierbei könnte man unterscheiden zwischen (a) den Voraussetzungen
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Die „unbeantworteten Fragen" und das Schweigen des Buddha 97
(1)
(PI) Buddhas Erkenntnisstand ließ eine (begründete) positive oder
negative Antwort nicht zu.
(2)
(P2) Der Buddha hat (a) die Beschäftigung mit diesen Fragen bzw.
(b) die Beantwortung derselben als heilsirrelevant erachtet.
(P3) Der Buddha hat (a) die Beschäftigung mit diesen Fragen bzw.(b)
die Beantwortung derselben als schädlich erachtet, weil
träglich sind
und Bedingungen für das Stellen der Fragen und (b) den Voraussetzungen
und für definitive Antworten auf diese Fragen. Der Unter
Bedingungen
schied verliert allerdings an Relevanz unter der Prämisse, daß die einschlägi
gen Bedingungen für die Fragestellung dieselben sind wie die Bedingungen
für definitive Antworten darauf.
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(3)
(P4) Eine Erkenntnis über die in den Fragen involvierten Probleme
wurde vom Buddha als (prinzipiell) unmöglich erachtet.
(P5) Die Fragen zielen auf Sachverhalte ab, die sprachlich nicht aus
drückbar bzw. nicht mitteilbar sind.
(4)
(P6) Das Schweigen bzw. Nichtbeantworten hat signifikative Funk
tion. Der Buddha intendierte, mit dem Akt des Schweigens oder
Nichtbeantwortens (wesentliche) Wahrheiten (a) zum Ausdruck
zu bringen, (b) auf sie hinzuweisen oder (c) sie repräsentierend
darzustellen.
(5)
(P7) Bejahende oder verneinende Antworten könnten nur unter Vor
(6)
(P8) Dem Buddha zufolge implizieren oder präsupponieren die ge
stellten Fragen und/oder bejahende oder verneinende Antwor
ten sachlich unzutreffende Propositionen.
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Die „unbeantworteten Fragen" und das Schweigen des Buddha 99
„Ichdünkel".
Demgegenüber nimmt St. Collins eine sehr dezidiert reduktionisti
sche Position ein. Der Verfasser erkennt nur einen einzigen primären
Grund für die Zurückweisung der Fragen durch den Buddha an, den er
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Motive, wie die Ansicht, daß eine Auseinandersetzung mit diesen Fra
gen heilsirrelevant sei, erklärt der Verfasser ausdrücklich als sekundär
tungen gelangen kann. Auf der einen Seite finden wir die Erklärung,
daß der Buddha auf die Frage der Fortexistenz des Tathägata nach
dem Tode keine Antwort gab u. a. deshalb, weil er einen höheren
Ätman anerkannte, diesen aber als allen empirischen Bestimmungen
entrückt betrachtete. Auf der anderen Seite steht die Behauptung,
daß der Buddha auf alle jene Fragen nicht geantwortet hat in letzter
Instanz allein deshalb, weil er das Nichtvorhandensein eines jegli
chen Ätman erkannt habe.
zuholen, was man gerade benötigt, sondern läßt auch bei ihrer Anwen
sehen einem ,Selbst' und den skandhas verursacht ist, und (b) des Makels der
Begierde, speziell des Anhangens an die Persönliehkeitskonstituenten, zur
Voraussetzung hat. Ohne den Grundirrtum der Annahme eines Selbst oder
ätman- können Collins zufolge derartige Ansichten niemals entstehen. Weni
ger klar ist hingegen, ob dem Verfasser zufolge die „Ansichten" daraus resul
tieren, daß aufgrund der Annahme von der Existenz eines Selbst das Anhan
gen an die skandhas entsteht, oder ob vielmehr die Begierde als Grundübel die
„Icheinbildung" und
damit die irrige theoretische Ansicht von einem ätman
hervorruft. Da es jedoch klar zu sein scheint, daß für Collins das Nichtbeant
worten der avyäkatä panhä seitens des Buddha letzten Endes allein auf dem
Tatbestand beruht, daß ein Selbst in Wirklichkeit nicht existiert, kann für
die anstehenden Erörterungen von jenem Unterschied abgesehen werden.
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Die „unbeantworteten Fragen" und das Schweigen des Buddha 101
schließt ja nicht aus, daß man in einem zweiten Schritt versucht, die
Einzelergebnisse zueinander in Beziehung zu setzen und wieder zu
VI
schluß an den Vortrag der Bitte Mälunkyaputtas darauf hin, daß er,
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gorie 4 stehen zur Debatte. Als höchst aufschlußreich erweist sich hier
nun aber ein Blick in die parallelen Texte in den zwei im chinesischen
Τ 2.419a. Hier ist nicht nur abweichend von der Päli-Fassung ein
Dialog zwischen Säriputra und häretischen Lehrern vorgeschaltet,
sondern auch die Begründung für das Nichtoffenbaren der Fragen
bezüglich der Fortexistenz des Tathägata nach dem Tode ist eine ganz
andere. Anstelle des Argumentes, daß die Fragen nicht zum Heil we
ten der Fragen vorträgt. Sechs der elf Paragraphen besitzen Parallelen
Tode nicht beantwortet wurden. Die Antwort lautet, daß ebenso wie
kein Zähler, Schätzer oder Rechner den Sand des Ganges oder die
abgeschnitten und vernichtet, so daß sie wie ein bis auf den Stumpf
abgeschnittener Täla-Baum nicht wieder entsteht. Befreit von Zahl/
analoger Weise für die übrigen Skandhas. Aus diesem Grunde ist keine
der Behauptungen bezüglich der Fortexistenz / des Werdens des Ta
thägata angemessen.
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Die „unbeantworteten Fragen" und das Schweigen des Buddha 103
man von all diesen Dingen nicht sagen könne: „Dies ist mein, dies bin
ich, dies ist mein Ätman". Nachdem daraufhin behauptet wird, daß
trifft der Buddhadie Feststellung, er habe früher ebenso wie jetzt nur
das Leid und die Vernichtung des Leids verkündet.
man all dies wahrheitsgemäß sieht und erkennt, vertritt man diese
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das Vergehen von Durst befreit ist, gibt es nichts weiteres mitzuteilen.
Wiedergeburt. Wenn ein Feuer vom Wind getrieben eine weite Strecke
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Die „unbeantworteten Fragen" und das Schweigen des Buddha 105
Wind den Brennstoff bildet. Wenn ein Lebewesen den einen Körper
ablegt und sich einen anderen aneignet, dann ist in diesem Falle der
Durst der Brennstoff.
VII
zen würde, die bei einem Buddha nicht bestehen können. Dies entsprä
che aber Erklärungen im Sinne von P7. Bezüglich §4-6 ergäbe sich
eine derartige Erklärungsmöglichkeit in einer ungezwungenen Weise
unter der Voraussetzung, daß der Nichtbesitz der in diesen Abschnit
ten zur Sprache gebrachten Ansichten über das Sein und das Werden
des Tathägata nach dem Tode eine hinreichende Bedingung für das
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13 Wäre
§7f. nicht den Fragen der Kategorien 1-4, sondern ausschließlich
der Kategorie 4 gewidmet, dann kämen Erklärungen dieses letzteren Typus
eventuell auch hierfür in Frage. Der verbindungsstiftende Gedanke könnte
sein, daß die nichtbuddhistischen Wanderasketen infolge ihrer falschen Auf
fassungen über die skandhas oder andere Persönlichkeitskonstituenten nicht
zur Erlangung des Nirvana befähigt sind, was zur Konsequenz haben könnte,
daß bei ihnen im Unterschied zu dem Buddha oder einem Arhat das Fragen
und das definitive Beantworten der Frage nach dem Schicksal nach dem
Tode sachlich angemessen wäre.
ι* Τ 2.244bff.
(= Si, Nr. 958f„ Teil 1) und Τ 2.443bff. (= S2, Nr. 191f.).
15 T2.244c24ff. Nr. Teil
(= Si, 959, 2) und Τ 2.444a (= S2, Nr. 193f.).
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Die „unbeantworteten Fragen" und das Schweigen des Buddha 107
chen inhaltlich, vor allem was die gegebene Explikation der Nichtbe
antwortung angeht, dem §11 des Avyäkatasamyutta.
Zu §lf. sind etwas längere Ausführungen angemessen. Zunächst ist
zweite Teil (MN I/486ff.) ein Tetralemma, das die Frage der Entste
hung bzw. Wiedergeburt eines erlösten Tathägata thematisiert. Die
Thesen, daß der Tathägata (wieder)entsteht (uppajjati), nicht (wie
der)entsteht, sowohl (wieder)entsteht als auch nicht (wieder)entsteht,
weder (wieder)entsteht noch nicht (wieder)entsteht, werden allesamt
vom Buddha als unzutreffend behauptet. Der Grund soll aber in etwas
parabel, die uns in §9 begegnet. Dies alles legt nun aber nicht nur einen
engen Zusammenhang zwischen den Fragen der Kategorie 4 und ana
tet, er hege nicht derlei Ansichten und stelle nicht solche Behauptungen auf.
18
§85 des Khandhasamyutta (SN III/109—115).
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108 C. Oetke
tet recht gut zu der oben (p. 99f.) dargelegten Deutung von St. Collins
dort enthaltene Idee generalisiert oder aber eine durch die Ausführun
gen des vorangehenden Paragraphen nahegelegte Konklusion abge
wiesen werden sollte. Es ist so, als wollte uns jemand sagen: „Der
ist aber - wie man der
Tathägata keineswegs" aufgrund Ausführungen
des letzten denken könnte - nach dem Nirvana
Kapitels „lediglich
unfaßbar; vielmehr besteht die Unfaßbarkeit schon hier und jetzt".
4. Das dem Schlußteil dieses Kapitels vorangehende Räsonnement,
dessen Fazit lautet, daß man von keinem der skandhas sagen könne:
„Dies ist mein, dies bin ich, dies ist mein Ätman", und daß man sich
von all diesen Dingen loslösen sollte, dient gewöhnlicherweise in den
Nikäyas des Päli-Kanon dazu, darzulegen, daß diese und andere Dinge
keinen permanenten, unverlierbaren Besitz des Mensehen darstellen,
daß sie nicht als etwas betrachtet werden können, das wesenhaft und
für alle Zeiten einem zugehört.
Was §9 und §11 angeht, so lassen sie zusammengenommen kaum einen
anderen Schluß zu, als daß es darum geht, einen radikalen Gegensatz
zwischen einem vollkommen Erlösten und anderen Wesen herauszu
streichen. Es ist speziell der vollkommen Erlöste und nur dieser, bezüg
lich dessen von keiner Wiedergeburt die Rede sein kann. Wegen des
Nichtmehrvorhandenseins der dafür erforderlichen ursächlichen Gege
benheiten kann bei einem Tathägata nach dem Tode keine Rede da
von sein, er sei oder habe etwas, er sei oder habe etwas nicht. Übrigens
sieht es nach den §9 korrelierenden Parallelën im chinesischen Ka
non19 so aus, als solle die These einer Nichtidentität von Seele und
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Die „unbeantworteten Fragen" und das Schweigen des Buddha 109
VIII
quenzen ziehen, die mit dem gesamten Material der Nikäyas kompati
bel zu sein scheinen und, soweit bislang ersichtlich, auch mit den im
chinesischen Tripitaka erhaltenen Ägamas in Einklang stehen. Diese
sind:
(2) Wir finden Erklärungen, die für bestimmte Typen der Kategorien
1-5 spezifisch sind und nur auf diese passen.
(3) Die Annahme, daß eine einheitliche Explikation für die Motive
und Gründe des des Buddha sowie der Nichtoffenbarung
Schweigens
der ist, erweist sich als fragwürdig.
avyäkrtavastus angemessen
Die
Explikationen von J. Pérez-Remôn und in noch höherem
(4)
Maße die von St. Collins entbehren hinreichender Fundierung.
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110 C. Oetke
können sich unter anderem auf §4-8 und eventuell auch auf §3 des
Gegensatz darin liegen, daß dem Vergehen eines Tathägata oder Arhat
ein prinzipiell höherer Grad von Vollständigkeit zukommt als dem
Vergehen, das mit dem Tode anderer Lebewesen einhergeht. Fragt
man, worin die höhere Vollständigkeit liegt, kann die Antwort nur
lauten: Der Tod eines Tathägata oder Arhat resultiert im Unterschied
zum gewöhnlichen Tod nicht in neuen Wiedergeburten. Bei einer strik
ten Applikation der Feuerparabel wäre dieser Gedanke zu explizieren
in der Form, daß ein Tathägata oder Arhat anders als gewöhnliche
Wesen an keinem Orte bzw. in keiner Stätte wird bzw.
wiedergeboren
keine Neugeburt veranlaßt. Nun scheint sich allerdings ein Paradoxon
zu ergeben: Wenn das Vergehen eines Tathägata oder Arhat dermaßen
radikal ist, wieso soll es denn ausgerechnet dieses Falles
bezüglich
inadäquat sein, die Fragen der Kategorie 4 definitiv zu beantworten?
Wäre dann nicht vielleicht die der Frage 4b korrelierende Bejahung
zutreffend? Es scheint, daß es Möglichkeiten gibt, diese Paradoxie
aufzulösen; doch vorerst mag dieser Punkt werden.
zurückgestellt
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Die „unbeantworteten Fragen" und das Schweigen des Buddha 111
gründlichkeit des Tathägata als eine solche, die sich aus der restlosen
die in §9 und §11 gegebenen Ausführungen ebenso wie die der chinesi
schen Paralleltexte ohne jegliche Härten damit zusammenbringen las
tung vorgetragen:
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112 C. Oetke
die Thematik, um die es geht, für die mit der Heilsgewinnung zusam
menhängenden Fragen irrelevant sein kann. Nun mag man fragen,
warum Erklärungen im Sinne von P2 und P3 in den Texten auch in
Verbindung mit den Kategorien 3-4 belegt sind. Die Vermutung lau
tet: Es handelt sich hierbei um das Resultat von Generalisierungen
oder Mechanisierungen. Die in P2 und P3 vorliegenden Erklärungs
typen sind ihrer Natur nach unspezifisch und erlauben anders als die
(3) Die Annahme, das Schweigen des Buddha und die Nichtbeantwor
tung der avyäkrtavastu-Fragen sei auf ein einheitliches, wenn vielleicht
auch komplexes Grundmotiv zurückzuführen, kann demzufolge nicht
Texte selbst bieten eine Reihe von Erklärungen dafür, warum der
Buddha die Fragen nicht offenbart habe, und Collins unterstellt aus
gerechnet eine Erklärung, die wir nicht in den Nikäyas finden und die,
soweit ersichtlich, auch nicht aus den in chinesischer Sprache erhalte
nen Ägamas ableitbar ist. In der Tat legt der Verfasser sich die Sache
schon von Anfang an für seine Zwecke zurecht, indem er für die Fragen
der Kategorien 1 und 2 Versionen anführt, bei denen anstelle von ,die
Welt' jedesmal der Ausdruck ,der Ätman und die Welt' (attä ca loko ca)
erscheint, von denen er übrigens selber zugibt, daß sie die weniger
geläufigen seien. Die sich daran anschließende Deutung basiert auf der
Annahme, daß die Worte .Selbst' (attä), .Seele' (jîva-) und tathägata-,
was die Nichtexistenz eines durch sie bezeichneten Gegenstandes,
eines „real referent", angeht, alle in denselben Topf gehören. Dabei
wird in der Diskussion aber auch unterschlagen, daß die avyäkrtavastu
Fragen der Kategorie 5 eine enge Einheit bilden, von den verwandt
schaftlichen Beziehungen zu anderen Fragenkomplexen zu
ganz
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Die „unbeantworteten Fragen" und das Schweigen des Buddha 113
Remôn nicht gänzlich ohne Grund dieselben Texte zum Anlaß nehmen,
um ganz andere Deutungen daraus abzuleiten.
Hinzu kommt, daß, wie bereits erwähnt, die in diesem Texte vorge
führten Räsonnements zur Demonstration der Nicht-Ätmanhaftigkeit
der skandhas oder sonstiger Persönlichkeitskonstituenten anderswo in
den Nikäyas gewöhnlich dem Aufweise der Vergänglichkeit jeglichen
Besitzes und jeglicher Personen oder sonstigen Personen zukommen
den Bestimmungen dienen. Daher sind diese Texte gar nicht geeignet,
um die referentielle Leerheit personaler Terme vor Augen zu führen.
Textes belegt. Man könnte daher bezüglich der Frage des Schicksals
des Tathägata nach dem Tode auch folgende Moral daraus ziehen: Wo
es nichts gibt, was ein Tathägata wesensmäßig und zu allen Zeiten,
solange die Welt besteht, ist oder hat, wie kann man da von ihm sagen,
daß er nach dem Nirvana Existenz oder Nichtexistenz bzw. Werden
oder Nichtwerden als essentielle Bestimmungen erlangt?24 Selbst wenn
gesehen wird (gesehen werden kann), ein Tathägata nicht als etwas wahrhaft
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114 C. Ο ETRE
es aber zuträfe, daß die Intentionen des Verfassers von §2 des Avyä
katasamyutta tatsächlich die gewesen war, zum Ausdruck zu bringen,
daß durch Ausdrücke wie tathägata- bezeichnete „Referenten" in
IX
angemessen erscheinen läßt, diese aber nicht akzeptiert wird, läßt sich
nämlich auch auf einem Wege lösen, bei dem nicht die Existenz eines
unfaßbaren Selbst oder die Unerreichbarkeit des Erlösungszustandes
für alles Sprechen und Denken vorausgesetzt wird.
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Die „unbeantworteten Fragen" und das Schweigen des Buddha 115
gefunden haben. Die Frage der Fortexistenz des Tathägata nach dem
zu erlangen sei mit dem Aufsteigen in eine höhere „Sphäre des Nicht
besitzt26.
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116 C. Oetke
chen, warum die Fragen sowohl in ihrer positiven als auch in ihrer
sten implizieren würde, was der Annahme der Endgültigkeit des Nir
väna-Zustands und seiner Bestimmung als Stätte des Nichtwiederge
borenwerdens widerstreiten würde. Aber auch eine bejahende Antwort
auf die negative Version der Frage muß unangemessen erscheinen
unter der Voraussetzung, daß das enthaltene Prädikat den Sinn von
,werden' besitzt. Zu sagen, ein Tathägata oder Arhat werde nicht mehr
nach der Erlösung, ist dazu angetan, den Eindruck zu erwecken, Erlö
sung werde bestimmt als eine Art Fortexistenz, bei der im Unterschied
zu dem, was gewöhnlicherweise nach dem Tode passiert, keine neue
Wiedergeburt stattfindet. Nun ist es aber sehr wohl denkbar, daß auch
den frühesten Anhängern der Lehre Buddhas und möglicherweise dem
Buddha selbst viel daran gelegen war, eine solche Vorstellung über den
den, der ja doch den Eindruck macht, zum ältesten Bestand der bud
dhistischen Lehre zu gehören, deutlich widerstreiten. Die Zurückwei
sung der Ansicht, ein Tathägata werde nach dem Tode nicht, wäre mit
anderen Worten in der Tatsache begründet, daß das Prädikat „x wird
nicht", besonders
wenn es mit einer zeitlichen Spezifikation in der
Form „x wird zur Zeit t nicht" auftritt - wobei die zeitliche Spezifika
tion ja durch die Komponente ,naeh dem Tode' (param maranä) ge
währleistet ist -, die Idee des Nichtanderswerdens zu repräsentieren
pflegt. Sollte dieses Faktum für das Nichtakzeptieren einer bejahen
den Antwort seitens des Buddha auf die Version der avyäkrta
negative
msfw-Frage hinsichtlich des Schicksals des Erlösten nach dem Tode
maßgeblich gewesen sein, ließe sich für eine Bestimmung der ältesten
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Die „unbeantworteten Fragen" und das Schweigen des Buddha 117
betrachtet worden ist. Hierbei erweist sich nun als relevant, daß diese
der Falschheit der ersten beiden Glieder folgt, indem die Auffassung
von dem dritten Glied als einer konjunktiven Verknüpfung der Glieder
eins und zwei und von dem vierten Glied als einer konjunktiven Ver
knüpfung des negierten Korrelats des ersten Gliedes (= zweites Glied)
sowie des negierten Korrelats des zweiten Gliedes (= erstes Glied)
sowohl als auch werde nicht nach dem Tode, als gleichbedeutend mit
seinem Tode und werde zu bestimmten anderen Zeiten nicht. Auch bei
spanne) steht und das Prädikat ,wird nicht nicht' (na na hoti) als
mit ,wird' und als ein Anderswerden bzw. Erlangen von
äquivalent
neuen Existenzformen einschließend aufgefaßt ist.
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118 C. Oetke
Stütze für die Annahme, der Buddha habe den Zustand der
gute
als etwas gänzlich Unfaßbares betrachtet. Es mag zwar zu
Erlösung
treffen, daß der Buddha oder die frühesten Buddhisten solche An
schauungen besaßen, doch dafür müßten dann andere Argumente gel
tend werden. Eine Unbestimmbarkeit desjenigen, der die
gemacht
Erlösung erlangt hat, könnte auch in einer viel schlichteren Hinsicht
bestehen. Es mag nämlich nichts anderes bedeuten, als daß bezüglich
aller Zeiten nach der endgültigen Erlösung keinerlei personale Bestim
mungen sowie deren verneinte Korrelate zutreffend sind, die ein Exi
ke wäre, daß der Zustand der Erlösung nicht eine spezifische Modifika
gerte und daß alle Explikationen und Erläuterungen, die wir in den
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Die „unbeantworteten Fragen" und das Schweigen des Buddha 119
heißt, nach den Gründen für das Verhalten eines Schweigens bzw.
AN Anguttaranikäya (PTS-Ed.)
DN Dlghanikäya (PTS-Ed.)
Frauwallner 1953 Erich Frauwallner, Geschichte der indischen Philoso
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120 C. Oetke
MN Majjhimanikäya (PTS-Ed.)
Mylius 1985 Klaus Mylius, Gautama Buddha: Die vier edlen Wahr
heiten. Texte des ursprünglichen Buddhismus. Mün
chen 1985.
Nagao 1955 Gadjin Nagao, The Silence of the Buddha and its Ma
Aschaffenburg 1964.
Rhys Davids Caroline Α.F. Rhys Davids, Outlines of Buddhism. A
historical sketch. London 1934.
Rhys Davids Thomas W. Rhys Davids, Buddhism. Being a sketch of
the life and teachings of Gautama, the Buddha. London
1877.
U Udäna (PTS-Ed.)
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