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Ludwig-Maximilian-Universität München

Mündliche Abschlussprüfung im Fach Philosophie, am 30.06.2010


Thema: Wittgensteins Privatsprachenargument im Kontext der PU
Prüfer: Prof. Dr. Axel Hutter
Prüfling: Franz Lukas Hell

Wittgensteins Privatsprachenargument

im Kontext der Philosophischen Untersuchungen

Gliederung:

§1 Einleitung

§2 Die Bedeutung von Wörtern

§3 Gebrauch und Regeln

§4 Die Beschreibung der Privatsprache in §243 und ihre Kritik in §258


§1 Einleitung

Die Philosophischen Untersuchungen, Wittgensteins spätem Hauptwerk, bestehen aus einer


mehr oder minder losen Sammlung von Aphorismen und Notizen. Diese Form erklärt
Wittgenstein im Vorwort damit, dass er zwar mehrmals versucht habe, seine Ergebnisse „zu
einem […] Ganzen zusammenzuschweißen“, bis er einsehen musste, dass ihm „dies nie
gelingen würde“. „Die philosophischen Bemerkungen dieses Buches sind gleichsam eine
Menge von Landschaftsskizzen, die auf diesen langen und verwickelten Fahrten entstanden
sind“ 1, so Wittgenstein.

Aufgrund dieser Form kann man das Privatsprachenargument nicht einfach auf eine Stelle im
Text festnageln, wenn auch das PA nach einer weit verbreiteten Auffassung mit dem §2432
der PU beginnt. Für Saul Kripke aber wird das Argument gegen die Möglichkeit einer privaten
Sprache schon in §202 ausgesprochen und nach seiner Darstellung gehört dieses Argument
zur Lösung des Wittgensteinschen Paradoxes.3 Aufgrund dieser Problematik will ich nun
allgemein versuchen den Kontext des PA aufzuzeigen und versuchen einen bis etwa §243
führenden Gedankengang zu knüpfen, an dessen Ende der Anfang des abschließenden Teils
dieses Aufsatzes beginnt: die Darstellung der Privatsprache in §243 und ihre Kritik in §258.

Dieser Aufsatz gliedert sich daher in drei Abschnitte, in einen einleitenden ersten Teil, in
dem allgemein auf Wittgensteins Thema in den Philosophischen Untersuchungen
eingegangen wird. Der zweite Teil des Aufsatzes widmet sich dann, darauf aufbauend dem
Thema Gebrauch und Regeln, in dem das PA erstmals angesprochen wird. Der Aufsatz endet
dann mit einer Darstellung der Privatsprache in § 243. Dieses soll dann auf dem vorher
Gesagten aufbauend und in Zusammenhang mit §258 diskutiert werden.

1
PU; Vorwort.
2
Vgl. Ernst Michael Lange: Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen; S. 8; S. 261ff.
3
Vgl. Saul Kripke: Wittgenstein über Regeln und Privatsprache; S74ff., insb. S. 79f.
§2 Die Bedeutung von Wörtern

Trotz der Form der PU kann man vielleicht sagen, dass sich Wittgenstein darin ausführlich
mit dem Thema der Bedeutung von Sprache beschäftigt, in dem er gängige Vorstellungen
diskutiert, kritisiert und eigene Ansätze zur Sprache bringt. Diese Vorstellungen
entstammen, so könnte man als erster Standortbestimmung sagen, der Philosophie der
idealen Sprache, deren Urgroßvater man etwa in Gottlob Frege sehen könnte und deren
Vorstellungen Wittgenstein selbst noch in seinem Frühwerk, dem Tractatus logico-
philosophicus, nahe zu stehen schien.4 Wittgenstein selbst zitiert Augustinus als Pate dieser
Vorstellungen und fasst diese in §1 der PU in folgendes Bild:

Die Wörter der Sprache benennen Gegenstände - Sätze sind Verbindungen von
solchen Benennungen. - In diesem Bild von der Sprache finden wir die Wurzeln der
Idee: Jedes Wort hat eine Bedeutung. Diese Bedeutung ist dem Wort zugeordnet. Sie
ist der Gegenstand, für welchen das Wort steht.5

Anstatt nun ein übersichtliches Argument zu präsentieren, versucht Wittgenstein seinen


Überlegungen zunächst dadurch Gewicht zu verleihen, dass er den Leser dazu auffordert,
sich mit ihm gemeinsam die Verwendung sprachlicher Ausdrücke in unterschiedlichen Fällen
anzuschauen.
Dabei führt Wittgenstein auch an, dass eine realistische Theorie der Bedeutung das
Phänomen sprachlicher Bedeutung nur sehr eingeschränkt gerecht wird. Er begegnet dieser
Vorstellung vor allem mit dem Hinweis darauf, dass Begriffe eben nicht ausschließlich
Gegenstände bezeichnen: „Wasser! Fort! Au! Hilfe! Schön! Nicht! Bist du nun noch geneigt,
diese Wörter ›Benennungen von Gegenstände‹ zu nennen?“6
Zudem ändere sich nichts an der Bedeutung eines Wortes, wenn etwas mit dem
Bezeichnetem geschieht: „Dies heißt, die Bedeutung eines Namens verwechseln mit dem
Träger des Namens. Wenn Herr N.N. stirbt, so sagt man, es sterbe der Träger des Namens,
nicht, es sterbe die Bedeutung des Namens.“7
Für Wittgenstein ist dagegen die Bedeutung eines Wortes sein Gebrauch: „Man kann für
eine große Klasse von Fällen der Benützung des Wortes ‚Bedeutung‘ - wenn auch nicht für
4
Vgl. Tractatus, 4.0311: „Ein Name steht für ein Ding, ein anderer für ein anderes Ding und untereinander sind
sie verbunden […].“
5
PU, §1
6
PU, §27
7
PU, §40
alle Fälle seiner Benützung - dieses Wort so erklären: Die Bedeutung eines Wortes ist sein
Gebrauch in der Sprache.“8 Der Gebrauch eines Wortes lässt sich nach Wittgenstein durch
Vor- und Nachmachen vermitteln: "Ich mach's ihm vor, er macht's mir nach; und ich
beeinflusse ihn durch Äußerungen der Zustimmung, der Ablehnung [...] usw. Denke, du
wärst Zeuge eines solchen Unterrichts. Es würde darin kein Wort durch sich selbst erklärt,
kein logischer Zirkel gemacht."9

§3 Gebrauch und Regeln

Wittgenstein scheint sagen zu wollen, dass der Gebrauch eines Wortes, ähnlich wie die
korrekte Verwendung einer Schachfigur, durch Regeln bestimmt wird. „Die Frage "Was ist
eigentlich ein Wort?“ ist analog der „Was ist eine Schachfigur?“10 Die Bedeutung eines Wort
zu kennen, bedeutet daher: eine Regel zu kennen, die man gelernt hat, wie man ein Wort
richtig benutzt.
Wittgenstein stößt hierbei dann jedoch auf die folgende Schwierigkeit: Eine Regel wird
immer nur an endlich vielen Beispielen gelernt, soll aber letztlich auf unendlich viele Fälle
anwendbar sein. Daraus folgt, dass die Regel die zu lernende Handlungsweise nicht festlegt.
Es gibt immer eine Vielzahl von Handlungsweisen die mit der Regel in Übereinstimmung
gebracht werden können. Wittgenstein schreibt: „Unser Paradox war dies: eine Regel könnte
keine Handlungsweise bestimmen, da jede Handlungsweise mit der Regel in
Übereinstimmung zu bringen sei.“11
Dies kann man sich mit Kripke am Beispiel der Addition einmal vor Augen führen12: Im Laufe
unserer Schuldbildung haben wir alle gelernt zu addieren. Dabei haben wir fast alle eine
endliche Menge von Additionsbeispielen gerechnet bis uns bescheinigt wurde, dass wir das
Additionsverfahren beherrschen. Aufgrund der Voraussetzung, dass jedermann in der
Vergangenheit nur endlich viele Zahlen addiert haben kann, kann man nun annehmen, dass
jeder bis zu diesem Zeitpunkt niemals eine Summe von zwei Zahlen gebildet hat, die größer

8
PU, §43
9
PU, §208
10
PU, §108
11
PU, §201
12
Vgl. Saul A. Kripke: Wittgenstein über Regeln und Privatsprache; S. 17ff.
als 50 sind. Die Wahl des Grenzwertes kann beliebig groß ausfallen, der Anschaulichkeit
halber aber bleiben wir bei 50.
Soll man nun die Summe von 55 und 54 bilden, wird man normalerweise mit 109 das richtige
Ergebnis liefern. Das Ergebnis ist dabei in zweifacher Hinsicht korrekt: erstens im
arithmetischen Sinn der Summenbildung und zweitens im metasprachlichen Sinn, indem
man den Begriff der Addition nach der schon in der Vergangenheit intendierten Art und
Weise benutzt.13
Laut Kripkes Wittgensteindeutung könnte einem der Skeptiker nun entgegenbringen, dass
die metasprachliche Intention falsch ist. Wenn jemand das Wort „plus“ in der Tat so und nur
so benutzen will, wie er es in der Vergangenheit gebraucht hat, so müsste er als Summe von
55 und 54 die Zahl 13 nennen. Als Begründung kann der Skeptiker anführen, dass das
Erinnerungsvermögen des Rechners in diesem Fall nicht funktioniert. Was der Rechner
nämlich bisher als Gebrauch des Wortes „plus“ verstanden hat, ist in Wirklichkeit der
Gebrauch des Wortes „quus“ und mit der „quus“-Funktion ist folgendes gemeint: Für alle
Summenbildungen von Zahlen kleinergleich 50 ergibt sich das gleiche Ergebnis wie bei
„plus“, in allen anderen Fällen aber die Zahl 13.
Der Skeptiker bezweifelt also, dass man nicht von einem für alle möglichen Fälle gültigen
Faktum ausgehen kann, das eine Regel – hier konkret: die Additionsregel, vollständig
determiniert. Jedem, der das Gegenteil behauptet, erzählt er, dass er den eigenen
vergangenen Gebrauch auch anders interpretieren kann.
Um zu verdeutlichen, was gemeint ist, mag ein Vergleich hier vielleicht instruktiv sein: "Die
Gewissheit, dass Feuer mich brennen wird, gründet sich auf Induktion“, so Wittgenstein. Die
Situation ist also der analog, in der wir den regelhaftigen Gebrauch von Wörtern anhand von
Einzelfällen lernen. Ist die Zuversicht gerechtfertigt, dass das Feuer mich brennen wird, frägt
sich Wittgenstein und antwortet selbst: Was die Menschen als Rechtfertigung gelten lassen,
zeigt, wie sie denken und leben"14

Wittgensteins Lösung für dieses Problem scheint Folgende zu sein: Die Tatsache, dass es eine
Menge von Möglichkeiten gibt, die Regel fortzusetzen, heißt nicht, dass wir uns bewusst für
eine dieser Möglichkeiten entscheiden. Sie drängt sich uns vielmehr unmittelbar auf: „Wenn

13 13
Vgl. Saul A. Kripke: Wittgenstein über Regeln und Privatsprache; S. 18.
14
PU, §325
ich der Regel folge, wähle ich nicht. Ich folge der Regel blind.“15 Ein theoretisch möglicher
Zweifel hat praktisch in dieser Situation keinen Platz. „Es war, unter Umständen ein Zweifel
möglich. Aber das sagt nicht, dass ich gezweifelt habe oder auch nur zweifeln konnte.“16

Darum ist ›der Regel folgen‹ eine Praxis, so Wittgenstein in §202. Er fügt aber gleich hinzu,
dass „der Regel zu folgen glauben“ nicht gleichbedeutend ist mit „der Regel folgen“. Und
darum kann man nicht der Regel ›privatim‹ folgen, weil sonst der Regel zu folgen glauben
dasselbe wäre, wie der Regel folgen.“17

Wittgenstein akzeptiert also erstens das skeptische Problem und zeigt einen pragmatischer
Ausweg: Sprache und Regelfolgen ist immer eine Praxis und wird im Gebrauch bestimmt.
Zweitens wird hier die These von der Unmöglichkeit einer Privatsprache aufgestellt. In jedem
Sprachspiel18 ist die Übereinstimmung der Teilnehmer im Gebrauch von Wörtern nämlich
anscheinend eine Bedingung der Möglichkeit der Verständigung.19 Sprache ist deshalb nur
innerhalb einer Gemeinschaft möglich, die die Praxis gegenseitig kontrolliert und
konditioniert und Regeln für die Bedeutung von Ausdrücken und Kriterien für ihre
Anwendung besitzt. Ein Kaufmann, von dem man rote Äpfel verlangt, könnte beispielsweise
die Äpfel neben ein Farbmuster halten, um festzustellen, ob sie rot sind, wenn er nicht
gelernt hätte, das Wort „rot“ zu benutzen.20 So, und ähnlich, operiert man mit Worten, so
Wittgenstein. Auf ein solches Kriterium scheint der Vertreter einer privaten Sprache sich
nicht berufen zu können, wie wir gleich sehen werden.

15
PU, §219
16
PU, §213
17
PU, §202
18
Vgl. PU, §7 Ich werde auch das Ganze: der Sprache und der Tätigkeiten, mit denen sie verwoben ist, das
»Sprachspiel« nennen.
19
Vgl. PU, §242 „Zur Verständigung durch die Sprache gehört nicht nur eine Übereinstimmung in den
Definitionen, sondern (so seltsam dies klingen mag) eine Übereinstimmung in den Urteilen.“
20
Vgl. PU, §1
§4 Die Beschreibung der Privatsprache in §243 und ihre Kritik in §258

In §243 beschreibt Wittgenstein die Idee einer notwendig privaten Empfindungssprache:


„Die Wörter dieser Sprache sollen sich auf das beziehen, wovon nur der Sprechende
wissen kann; auf seine unmittelbaren, privaten Empfindungen. Ein Anderer kann
diese Sprache also nicht verstehen.“21
Da (1) Empfindungen per definitionem private Vorkommnisse sind, von denen nur der
Sprechende wissen kann und wenn (2) das Bezeichnen einer bestimmten Art von inneren
Vorkommnissen sich vollkommen privat im Bewusstsein abspielt, dann kann (3) die
Bedeutung der Wörter dieser Sprache nur darin bestehen kann, etwas zu bezeichnen, was
Anderen unzugänglich ist. Daher können Andere nie erfahren, was diese Wörter bedeuten.
Die Empfindungssprache ist, so gesehen, notwendig privat.22

In §258 folgt nun die Kritik. Die wichtigsten Punkte dieses Abschnitts sind, dass die private
Festlegung einer Definition die Bedeutung eines Zeichens nicht festlegt23, da es kein
Kriterium für die Richtigkeit der Anwendung einer solchen Zuordnung gibt, d.h. dass es kein
Merkmal gibt, an dem die Empfindung erkannt bzw. wiedererkannt werden kann. Wenn es
aber kein mögliches Kriterium gibt, anhand dessen eine solche Zuordnung gemacht bzw.
wiedererkannt werden kann, dann wäre eine solche Zuordnung immer schon dann richtig,
wenn sie als richtig erschiene. Von „richtig“ kann hier also gar keine Rede sein.
So gesehen, verfügt man im Falle einer privaten Sprache nicht über die Möglichkeit die
Identität von Empfindungen zu überprüfen.24 Und ohne die Möglichkeit die Identität zu
überprüfen kann es auch keine Übereinstimmung des eigenen Gebrauchs mit dem
vorherigen und zukünftigen eigenen Gebrauch geben und schon gar nicht die
Übereinstimmung einer Gemeinschaft im Gebrauch einer solchen Sprache.

21
PU, §243
22
Aber halt mal, haben wir nicht oben schon erwähnt, dass die Bedeutung der Wörter nicht darin besteht, was
sie bezeichnen?
23
Vgl. PU, § 258: „Eine Definition dient doch dazu, die Bedeutung eines Zeichens festzulegen. - Nun, das
geschieht eben durch das Konzentrieren der Aufmerksamkeit; denn dadurch präge ich mir die Verbindung des
Zeichens mit der Empfindung ein. – „Ich präge sie mir ein“ kann doch nur heißen: dieser Vorgang bewirkt, daß
ich mich in Zukunft richtig an die Verbindung erinnere.“
24
Vgl. §253: „Was gilt hier als Kriterium der Identität? Überlege, was es möglich macht, im Falle physikalischer
Gegenstände von „zwei genau gleichen“ zu sprechen. Z.B. zu sagen: „Dieser Sessel ist nicht derselbe, den du
gestern hier gesehen hast, aber er ist ein genau gleicher.““
Nach der Kritik des Regelbegriffs kann sich der Verfechter einer Privatsprache auch nicht
mehr darauf hinausreden, er würde einer Regel folgen, die er durch die Erfahrung der
Verknüpfung von Namen und Empfindung gelernt habe, und anhand derer er die Ausdrücke
seiner privaten Sprache richtig benützt. Der Skeptiker kann ihm sogleich vorführen, dass
seine Regeln bzw. deren Fortsetzung sich beliebig interpretieren ließen, da die Regel nur
anhand von endlichen Beispielen gelernt werden konnte.

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