Ausgabe 5/2005

Freundliche Grüße
aus der OF-Redaktion Inhalt
OF Mosaik 4
in illusterer Kreis von Prominenz und Kompetenz gibt
E dieser OF-Ausgabe, so hoffen wir zumindest, liebe
Leserinnen und Leser, besonderes Gewicht. Die Autorenliste
OF-Podium
Prof. Dr. Hans Küng
6

wird angeführt von IOC-Präsident Dr. Jacques Rogge, der Das olympische Menschenbild
die notwendige Wertediskussion im internationalen Sport Ein antikes Ideal und seine zeitgemäße Interpretation 8
Prof. Dr. Hans Lenk
anmahnt und sie mit den Rahmenbedingungen der Olympi-
schen Bewegung in Verbindung bringt. Schon die nüchter- Olympische Charta: Die „Bibel“ der Bewegung muss sich
nen Zahlen allein sind schlagende Argumente für die an der olympischen Wirklichkeit messen lassen 12
beachtliche sportliche Dimension weltweit. Entscheidende
Dr. Stefan Volknant
Zukunftsfragen lauten: Werden die eigentlich optimalen Die erzieherischen Werte des Sports müssen wieder die
Rahmenbedingungen immer verantwortungsvoll genutzt? Oberhand gewinnen 16
Haben die vielfältigen Gefährdungen nicht längst das solide Dr. Jacques Rogge
Fundament angegriffen? Oder ist das Welttheater des Wo Ying ist, da ist auch Yang
Sports gar auf dem besten Wege in ein Dauer-Desaster von China vor den Spielen in Peking: Entwicklungsland und
Manipulation und Korrumpierbarkeit? sportliche Großmacht zugleich 18
Prof. Dr. Helmut Digel
Jacques Rogge, der Mann am olympischen Regiepult, hält Wenn es um die Seele der Spitzensportler geht 21
zumindest ein Plädoyer für die richtigen Weichenstellungen. Stephan Brust
Das tut auch Professor Dr. Hans Küng, dem wir das OF- Kienbaum gestern, heute und morgen:
Podium reserviert haben. Der Präsident der Stiftung Welt- Deutschlands Bundesleistungszentrum Nummer eins 24
ethos sieht in der Globalisierung des Sports auch die Not- Hansjürgen Wille
wendigkeit, globale ethische Grundprinzipien zum Maß aller Athleten Service Gesellschaft mit sozialem Kern: Über
Dinge zu machen. Doch die wiederum müssen, so Küng, Philosophie und Arbeitspraxis einer Säule des Spitzensports 28
nicht neu erfunden werden. Die elementaren Regeln des Hans Wilhelm Gäb
menschlichen Miteinanders, seit Jahrtausenden gültig, Der barmherzige Marathon des Sports 31
sollten reichen. Man muss sich nur daran halten - im Sport Walter Mirwald
wie im Leben.
OF-Kommentare 34
Michael Gernandt, Dr. Andreas Höfer, Harald Pieper
Den Bogen zur Historie schlägt schließlich auch Professor
Dr. Hans Lenk. Der Philosoph und Olympiasieger, gerade erst Was macht eigentlich ...: Volker Beck 36
zum Präsidenten der Weltakademie der Philosophie gewählt Steffen Haffner
worden, stellt das olympische Menschenbild in den Mittel- Der Wald bewegt 38
punkt seiner Betrachtungen. Und die zentrale Forderung Dr. Hans Jägemann
lautet, das antike Ideal zeitgemäß zu interpretieren. Ein Medienwelt im Wandel - mit dem Sport als Motor 42
Ansinnen, das mit den Vordergründigkeiten und inflationä- Dr. Thomas Horky
ren Begleiterscheinungen des heutigen Sportbetriebs kaum
Ein dunkles Kapitel der Sportgeschichte
vereinbar scheint. Aber gerade deshalb nicht als verzichtbar Jüdische Sportlerinnen und Sportler in Deutschland:
angesehen werden darf... Soviel Wertediskussion ist jeden- Ausgrenzung und Verfolgung im NS-Staat 44
falls selten. Mit dem OF also gegen den allgemeinen Trend. Prof. Dr. Lorenz Peiffer
OF-Galerie 48
Ihr Harald Pieper König Fußball und die Frauen - Künstlerinnen und die WM
Bianca Schreiber-Rietig
Nachrichten des Nationalen Olympischen Komitees 50
Impressum 67
Nachrichten der Deutschen Olympischen Gesellschaft 69
Nachrichten des Deutschen Olympischen Instituts 79
Deutsches Sport & Olympia Museum 83

3
 Ruder-Olympiasieger
Hans Lenk ist Welt-Präsi-
dent der Philosophen
er Ruder-Olympiasieger im Deutsch-
D land-Achter des Jahres 1960, Prof.
Dr. Hans Lenk, wurde in Mexiko bei der
Generalversammlung des Internationalen
Instituts der Philosophie zum Weltpräsi-
denten dieser Organisation gewählt.
Damit übernahm zum ersten Mal ein
deutscher Philosoph dieses höchste
wissenschaftliche Amt der Philosophie in
der Weltakademie dieses Faches. Der 70
Jahre alte Philosophie-Professor aus
Waldbronn bei Karlsruhe mit Gastprofes-
suren in vielen Städten der Welt hatte
schon zuvor in etlichen bedeutenden
nationalen und internationalen Wissen-
schafts-Gremien wichtige Positionen
ausgeübt. Den Grundstein zum
Forschungsdrang in der Philosophie und
Mut machen, Solidarität beweisen, Leben retten
Sportler wollen eine Million Organspendeausweise verteilen
F ehlende Informationen und Ängste
dominieren noch immer, wenn es um
das Ja oder Nein zur Organspende geht.
Nur elf Prozent der Deutschen besitzen
einen Organspendeausweis. Diese Zahl
erhöhen und Leben retten will der Verein
Sportler für Organspende e.V. (VSO), in
dem sich prominente Sportler und
Medienpersönlichkeiten engagieren.
Helfen soll dabei ein neu aufgelegtes
Informations-Faltblatt. Neben wichtigen
Hinweisen enthält es jetzt zwei heraus-
trennbare Organspendeausweise. Mit der
Auflage von 500.000 Exemplaren können
so eine Million Ausweise bei Sportereig-
nissen, Messen, anderen Großveranstal-
tungen und an interessierte Einzelperso-
nen verteilt werden.
Auf der Frontseite des Faltblatts erinnern
die prominenten Gesichter von Michael
Schumacher, Franziska van Almsick, Boris
4 OF-MOS AIK
generell zur Leistungsbereitschaft legte in
jungen Jahren Lenks Klassenlehrer und
väterlicher Freund Karl Adam, der liebe-
voll "Ruderprofessor aus Ratzeburg"
genannt wurde und für viele internatio-
nalen Erfolge als Bundestrainer verant-
wortlich zeichnete.
Goldener Plan 3 gefordert
as Präsidium des Deutschen Sport-
D bundes (DSB) will sich dafür einset-
zen, dass ein gesamtdeutsches Sportstät-
tenprogramm, ein Goldener Plan 3, auf
den Weg gebracht wird. Damit soll auf
den zum Teil sehr schlechten Zustand der
Sportanlagen in allen Teilen Deutschlands
reagiert werden. Die Thematik soll in den
Forderungskatalog des DSB aufgenom-
men und an Regierung und Parlament
herangetragen werden. Experten des
Deutschen Sportbundes haben errechnet,
dass ein Sanierungsbedarf an Sportstät-
ten in Deutschland in Höhe von 42
Milliarden Euro besteht. Neben dem für
Sportstätten und Umweltfragen zustän-
digen DSB-Vizepräsidenten Dr. Hans-
Georg Moldenhauer hat auch der SPD-
Bundestagsabgeordnete Dr. Peter
Danckert schon mehrfach die Forderung
nach einem Goldenen Plan 3 erhoben,
der dem Goldenen Plan der Bundesrepu-
blik der 50-er und 60-er-Jahre und dem
Goldenen Plan Ost folgen müsste.
Wasser steht im Mittelpunkt
des Naturathlon 2006
U nter dem Titel "Naturathlon Wasser"
starten das Bundesumweltministeri-
um und das Bundesamt für Naturschutz
im Jahr 2006 eine große Kampagne zum
Thema "Freizeit am Fluss", die auch vom
Deutschen Sportbund unterstützt wird.
Ein Ideenwettbewerb für Verbände bildet
Becker, Franz Beckenbauer, Rosi Mitter-
maier, Karl-Heinz Rummenigge und
Jürgen Klinsmann andere Menschen
daran, dem für jedermann unvermeidli-
chen Lebensende mit der Bereitschaft zur
Organspende einen besonderen Sinn zu
geben. Immer mehr prominente Spitzen-
sportler machen im VSO mit. Zuletzt
traten etwa die Olympiasiegerinnen Birgit
Fischer (Kanu) und Yvonne Bönisch (Judo)
dem Verein bei, in dem junge, starke und
erfolgreiche Menschen sich zu Lebzeiten
mit dem Lebensende befassen, was
durchaus nicht selbstverständlich ist. Sie
alle diskutieren die Organspende positiv
in der Öffentlichkeit und machen durch
ihr Vorbild auch den vielen Kranken auf
den Wartelisten Mut.
Das neue Faltblatt ist in kleineren wie
größeren Mengen kostenlos per E-Mail
über die VSO-Geschäftsstelle
den ersten Teil der Kampagne. Gesucht
werden außergewöhnliche und Erfolg
versprechende Aktionen oder Infostand-
Ideen, insbesondere zum Thema Flüsse.
Teilnehmen können Sport- und Natur-
schutzverbände, Vereine sowie Akteure
aus Städten und Gemeinden. Einsende-
schluss des Ideenwettbewerbs ist der
1.12.2005. Zu gewinnen gibt es bis zu
2.000 Euro für die beste Idee. Nähere
Infos zum Naturathlon 2006 und dem
Ideenwettbewerb unter
www.bfn.de/naturathlon2006 oder
telefonisch unter der "Naturathlon
Wasser"-Hotline 030/2887 61-37.
(kontakt@vso.de) oder direkt beim
Kooperationspartner, der Bundeszentrale
für gesundheitliche Aufklärung (BZgA),
51101 Köln (Bestellnummer 60 282 000),
abrufbar. Durch sein handliches Format
und die sportliche Aufmachung bietet es
sich zur Auslage bei Veranstaltungen
ebenso an, wie als Blickfänger in Arzt-
praxen oder öffentlichen Einrichtungen.
In dem vom Sporthilfe-Vorsitzenden
Hans Wilhelm Gäb 1998 gegründeten
VSO werben mehr als vierzig Olympiasie-
ger und Weltmeister für die Organspende
und führen einen Spenderausweis. Gäb
ist selber lebertransplantiert. Sein engster
Mitarbeiter ist Hartwig Gauder. Dem
früheren Olympiasieger im Gehen wurde
das Leben durch eine Herztransplantati-
on gerettet. Doch immer noch sterben
jedes Jahr in Deutschland mehr als
tausend Menschen, die wegen Organ-
mangels nicht transplantiert werden
können. Auf den Wartelisten für ein
lebensrettendes Organ stehen rund
12.000 Kranke, darunter Hunderte von
Kindern.
OF-MOS AIK
Leichtathletik-Interesse
in der Bevölkerung nach
wie vor hoch
D as Interesse der Deutschen an der
Leichtathletik ist seit Jahren sehr
hoch, die Hälfte der Bundesbürger (50%)
begeistert sich trotz mangelnder Fernseh-
präsenz und sportlicher Erfolglosigkeit für
die olympische Kernsportart. Dies ent-
spricht einer Zielgruppe von insgesamt
32,2 Mio. Bundesbürgern. Das ist das
Ergebnis einer Marktforschungs-Studie
des Kölner Unternehmens SPORT+MARKT
AG. Das stabile Interesse an der Leicht-
athletik überrascht, sie wird zurzeit selten
im Fernsehen übertragen, alle hochklassi-
gen Meetings sind nur noch im Sparten-
kanal Eurosport zu sehen. Außerdem
spielen deutsche Athleten auf internatio-
naler Ebene nur noch eine untergeordne-
te Rolle. "Noch ist die Leichtathletik ein
schlafender Riese, der sein Potenzial in
der Bevölkerung nicht umsetzen kann. Ob
die Fangemeinde ohne sportliche Erfolge
aber weiter so groß bleiben wird, ist
fraglich. Denn mehr als ein Drittel der
Anhänger ist 60 Jahre und älter, die
jungen Sportfans haben andere Interes-
sen", erklärte SPORT+MARKT-Sprecher
Stephan Schroeder.
Großes Interesse an
Schulkampagne zur
Fußball-WM
A uf unerwartet großes Interesse stößt
die Schulkampagne zur FIFA WM
2006 in Deutschland. Unter dem Motto
"Talente 2006 - Die FIFA WM in der
Schule" liegen rund tausend Bewerbun-
gen von Schulen aus zahlreichen Ländern
vor. Die Schülerinnen und Schüler sind
aufgefordert, ein Projekt in fünf soge-
nannten Kreativ-Kategorien zum Thema
"Die Welt zu Gast bei Freunden" vorzule-
gen. Es winken attraktive Preise, darunter
ein Auftritt beim großen Talente-Festival
am 10. und 11. Mai 2006 rund um das
Berliner Olympiastadion: "Das rege
Interesse an diesem Kreativwettbewerb
zeigt, wie groß die Vorfreude auf die
Fußball-Weltmeisterschaft bei den Schu-
len im In- und Ausland ist", sagt Hessens
Kultusministerin Karin Wolf, die gemein-
sam mit Rudi Völler die Schirmherrschaft
dieser Kampagne übernommen hat.
Anmeldun-
gen zum
Wettbewerb
sind noch
bis zum 15.
Dezember
2006
möglich;
weitere Informationen auch im Internet
unter www.FIFAworldcup.com/
Talente 2006.
Dopingopfer - Entschädi-
gung abgeschlossen
D rei Jahre nach Inkrafttreten des
Dopingopfer-Hilfegesetzes (DOHG)
wurde das einzige Klageverfahren durch
Klagerücknahme beendet. Damit konnte
in den letzten Wochen die Schlusszah-
lung an die 193 anerkannten Dopingop-
fer überwiesen werden. Insgesamt waren
308 Anträge beim Bundesverwaltungs-
amt eingereicht und bearbeitet worden.
194 Antragssteller (63 %) wurden als
anspruchsberechtigt anerkannt und
erhielten vor der Schlusszahlung drei
Abschlagszahlungen. 108 Antragsteller
(35 %) mussten abgelehnt werden und 6
Antragsteller (2 %) zogen ihren Antrag
zurück. Aus den insgesamt zur Verfü-
gung stehenden 2,025 Millionen Euro
konnten jedem anerkannten Dopingopfer
rund 10.400 Euro ausbezahlt werden.
"Sportlerinnen und Sportler aus der
ehemaligen DDR haben teilweise erhebli-
che Gesundheitsschäden durch staatli-
ches Zwangsdoping in der DDR erlitten.
Eine Entschädigung für deren seelisches
und körperliches Leiden ist kaum mög-
lich. Die Unterstützung aus dem Doping-
opfer-Hilfefonds der Bundesregierung
soll aus humanitären und sozialen
Gründen einen kleinen Ausgleich für das
Leid schaffen", erklärte Bundesinnenmi-
nister Otto Schily.
5
W
enn man vom "Geist" des Sports spricht, meint
man die Bereitschaft zum Fair Play, zur Chancen-
gleichheit, zur Wahrhaftigkeit. Der Sport hat zwar
eigene Regeln, aber er braucht keine besondere Ethik, keine
Sonderethik. Der Sport braucht sich nur an die allgemeinen
ethischen Grundsätze zu halten, die für alle Bereiche des
Lebens, auch für den Sport, gelten. In einer Gesellschaft wie
der unsrigen verstehen sie sich vielfach nicht mehr von
selbst. Sie müssen wieder neu zum Bewusstsein gebracht
werden, angefangen in Familie und Schule.
Dabei braucht ja nun das Rad des Ethos wahrhaftig nicht neu
erfunden zu werden. Man braucht sich in der Tat nur auf die
uralten Zeugnisse, Gebote und Regeln zu besinnen, die sich
faktisch seit der Menschwerdung des Menschen aus dem
Tierreich in der Menschheit langsam durchgesetzt haben und
die am Sinai unter die Autorität des einen Gottes Israels und
auch der Christen und Muslime gestellt wurden. Gebote und
Regeln, die aber auch von den anderen großen Religionen
und Philosophien vertreten werden. Ja, es gibt tatsächlich
globale ethische Regeln, die für Europa und Amerika so gut
gelten wie für Japan, China und Indien. Dies ist wichtig für
eine Zeit, die eine noch nie dagewesene Globalisierung des
Sports und in erster Linie des Fußballs erfahren hat, so dass
heute auch die kleinsten Nationen der Erde zumindest über
eine Fußball-Nationalmannschaft verfügen wollen. Ohne sie
würde kein UEFA-Cup oder Champions League, keine Welt-
meisterschaft und keine Olympiade stattfinden können.
Das heißt nun aber grundsätzlich: Der globale Sport braucht
ein globales Ethos, der Weltsport braucht ein Weltethos. Dies
ist nicht eine neue Ideologie, nicht eine neue Religion, gar
Einheitsreligion. Nein, das gemeinsame Menschheitsethos
besteht aus einigen seit Jahrtausenden geltenden, elementa-
ren ethischen Regeln, ohne die eine Gesellschaft, ein Staat,
ein Unternehmen, eine Schulklasse und eben auch ein Fuß-
ballspiel nicht fair funktionieren kann.
Ein Erstes: Wir alle, die wir den Sport lieben, erschrecken
immer wieder über das Ausmaß an Gewalt, das der Sport
freisetzen oder auf sich ziehen kann. Auf dem Spielfeld wird
der Gegner oft genug zum Feind, den es mit allen Mitteln zu
bekämpfen gilt. Einsatz von Gewalt verletzt oft die körperli-
che Integrität des Mitspielers. Sportliche Großveranstaltungen
ziehen gewaltbereite Gruppen auf sich. Das Ausmaß an
verbaler und körperlicher Aggression reißt Abgründe auf.
Gegner werden provoziert, diffamiert. Fans werden gewalttä-
tig gegeneinander oder gar gegen die Spieler. Fremdenfeindli-
che Aggressionen toben sich aus. Es ist daher ein uralter, von
allen Religionen und natürlich auch vom Christentum vertre-
tener universaler Imperativ der Menschlichkeit in Erinnerung
zu rufen: Du sollst nicht töten, nicht verletzen, quälen, fol-
tern. Vielmehr positiv: Hab Ehrfurcht vor dem Leben! Auch
6
der Sport ist angewiesen darauf und soll beitragen zu einer
Kultur der Gewaltlosigkeit und der Ehrfurcht vor dem Leben.
Ein Zweites: Wir alle, die wir den Sport lieben, wissen, was
das bedeuten kann: Ein Spiel, ein Wettkampf, ein Wettrennen
wird gewonnen durch Korruption, bewusste Täuschung, durch
eine falsche Entscheidung des Schiedsrichters oder die Partei-
lichkeit der Jury, durch irgendeine Form von Ungerechtigkeit.
Hier ist der uralte, von allen Religionen vertretene universale
Imperativ der Menschlichkeit in Anschlag zu bringen: Nicht
stehlen, betrügen, bestechen, korrumpieren. Oder positiv:
Handle gerecht und fair! Auch der Sport ist angewiesen
darauf und soll beitragen zu einer Kultur der Solidarität und
einer gerechten Weltordnung.
Ein Drittes: Wir alle, die wir den Sport lieben, wissen sofort,
was gemeint ist, wenn gesagt wird: er/sie hat jemanden um
den Sieg betrogen - etwa durch Doping, durch unfaires
Verschaffen von Vorteilen, durch Verweigerung der Chancen-
gleichheit,
durch Verlet-
zen beim
Spiel, durch
irgendeine
Art von
Unredlich-
keit. Wichtig
ist da der
uralte, von
allen Reli-
gionen
vertretene
universale
Imperativ
der Mensch-
lichkeit:
Nicht lügen,
täuschen,
fälschen,
manipulie-
ren. Oder
positiv: Rede und handle wahrhaftig! Auch der Sport ist
angewiesen darauf und soll beitragen zu einer Kultur der
Wahrhaftigkeit, in der jeder Mensch ein Recht hat auf Wahr-
heit und Wahrhaftigkeit.
Ein Viertes: Wie lange hat es gedauert, dass im Sport wirkli-
che Geschlechtergleichheit herrschte. In manchen Sportarten
ist sie schon vollkommener verwirklicht als in anderen. Wie
sehr haben Frauen um gleiche Chancen kämpfen müssen. Wie
sehr haben sie in bestimmten Sportarten Verachtung, Gering-
schätzung auf sich gezogen. Wie wenig wurden sie in ihrem
sportlichen Leistungsvermögen ernst genommen. Hier muss
dem universalen, von allen Religionen heute vertretenen
Imperativ Respekt verschafft werden: Das andere Geschlecht
nicht verachten, missbrauchen, erniedrigen, entwürdigen,
sondern positiv: Achtet und liebet einander! Auch der Sport
soll beitragen zu einer Kultur der Gleichberechtigung und der
Partnerschaft von Mann und Frau.
Letzten Endes wird es bei all diesen ethischen Werten und
Normen auf zwei Grundprinzipien eines gemeinsamen
Menschheitsethos hinauslaufen:
- Einmal das Prinzip der Humanität, der wahren Mensch-
lichkeit: Jeder Mensch - ob Mann oder Frau, jung oder alt,
weiß oder farbig, reich oder arm - soll wahrhaft mensch-
lich, human und nicht inhuman oder gar bestialisch
behandelt werden.
- Dann die Regel der Gegenseitigkeit (Reziprozität), die
Goldene Regel: "Was Du nicht willst, das man Dir tut, das
OF-PODIUM
Plädoyer für eine neue
Glaubwürdigkeit des Sports
Von Hans Küng, Präsident der Stiftung Weltethos
tue auch nicht den andern." - Eine Regel, die auch zwi-
schen verschiedenen Mannschaften, Fans und Nationen
gilt.
Der Sport hat sich im Verlauf des 20. Jahrhunderts immer
mehr internationalisiert, eine Entwicklung, die durchaus
ambivalent zu beurteilen ist. Globalisierung des Sports bedeu-
tet Gefährdung: Nationen- und kulturenübergreifende Ver-
ständigung und Zusammenarbeit ist ja nur die schöne Seite
der Medaille. Durch internationalen sportlichen Wettbewerb
realisierte Ideale von Völkerverständigung und Weltbürger-
tum sind ja nur die Lichtseite des Phänomens. Die dunkle
Seite besteht aus etwas anderem, das genauso zur Wirklich-
keit gehört: Anstacheln von Chauvinismus, nationalistische
Überheblichkeit den anderen gegenüber, Feindbild-Produkti-
on, "Ersatzkrieg". Statt Völkerverständigung noch mehr Völ-
kerstereotypen, Völkerfeindschaften. Statt Weltbürgertum
nationalistischer Größenwahn.
Aber unleugbar ist auch: Globalisierung des Sports bedeutet
auch eine Chance. Der Sport hat eine einzigartige Chance,
Menschen vieler Nationen, Kulturen und Religionen zusam-
menzubringen. Er hat eine Nationen, Kulturen und Religionen
transzendierende Bedeutung. Das ist für die interkulturelle
und interreligiöse Verständigung von großer symbolischer
Kraft. Menschen können sich dadurch auf ein Regelwerk des
Verhaltens verständigen - unabhängig von ihren nationalen,
kulturellen oder religiösen Prägungen. Sie üben mit Hilfe des
Sports Begegnung ein, Zusammenarbeit, Verständigung. Und
da es im Sport eben um mehr als nur um "Regeln" geht,
vielmehr um einen bestimmten "Geist", ist auch dies von
größter kultur- und religionspolitischer Bedeutung. Der Geist
der Fairness, Chancen-gleichheit, Toleranz, Menschenwürde,
Partnerschaftlichkeit kann von Menschen gelebt werden aus
allen Kulturen und Religionen. Nicht weil sie damit ihre
Religionen und Kulturen abstreifen oder abschleifen müssten,
sondern weil sie für diese Ideale und Werte in ihren Kulturen
und Religionen Anhalt finden. Das ist ein Plädoyer für eine
neue Glaubwürdigkeit des Sports. Zu ihr haben alle ihren
Beitrag zu leisten: die Spieler und Athleten, die Schiedsrichter,
die Funktionäre und natürlich auch das Publikum, wir alle.
7
Das olympische Menschenbild
Ein antikes Ideal und seine zeitgemäße Interpretation
Von Hans Lenk

M
an hat den Menschen durch viele einzelne Wesens-
züge zu kennzeichnen versucht. Er wurde gleichzei-
tig aufgefasst als der Werkzeuge benutzende, der
denkende, der handelnde, der sprachfähige, der arbeitende,
der schöpferische oder Mängel ausgleichende Mensch u.a. -
Insbesondere im Sport versteht man ihn als Homo ludens,
competens und movens, d.h. als den spielenden, wettkämp-
fenden und sich bewegenden Menschen. Ein antikes Ideal ist
dabei noch nicht erwähnt worden: jenes, das hier im Zentrum
steht, nämlich das Bild des homerisch-olympischen Menschen.
Dieses Menschenbild der Selbststeigerung, Selbstvervollkomm-
nung und der Orientierung an selbsterbrachten Leistungen
und Leistungssteigerungen in der Konkurrenz natürlich-
körperlicher und intellektueller Fähigkeiten kann geradezu als
eine Alternative oder als Ergänzung zum außenorientierten
Begriff des technologischen Menschen verstanden werden.
Unter dem Gesichtspunkt des olympischen Menschenbildes,
das sich natürlich vorrangig auf den Sport bezieht, gibt es ein
Merkmal, das bisher nicht genügend diskutiert worden ist. Der
Mensch ist nicht nur das handelnde, sondern auch das leis-
tende Wesen. Eigene Leistung, schöpferische persönliche
Handlung, die unter gewissen Qualitäts- und Gütemaßstäben
bewertet wird, sind ideale Züge, die das Bild vom handelnden
Wesen weiter verfeinern. "Eigenhandlung" und "Eigenleistung"
spielen für die Charakterisierung des Menschen eine mitent-
scheidende Rolle.

Eigenleistung
kann verstanden
werden als kreati-
ves nach außen
wirkendes Eigen-
handeln. Leistung
ist kein bloßes
Naturphänomen -
trotz natürlicher
Grundlage -,
sondern zugleich
physische, psycho-
physische, sozial-
kulturelle, ja,
geistige und
symbolische
Tätigkeit bzw.
Errungenschaft
und besitzt gerade
wegen seines
Handlungscharak-
ters eine besonde-
re soziale und

8
pädagogische Bedeutung - selbst und besonders auch dann, ferischen, spielenden, handelnden, leistenden und sich bewe-
wenn es sich um eine symbolische Leistung handelt. Auf das genden Menschen notwendig miteinander verbunden, ja,
Eigenhandeln kommt es an. Eigenleistung ist und bleibt Aus- verschiedene Seiten ein und derselben Charakterisierung.
druck persönlicher Handlungsfreiheit, der Kreativität, des Schöpferisches und sinnvolles Leben ist stets persönliche
Selbstverständnisses und der Selbstentwicklung. Das "Prinzip Aktivität, Handlung und Leistung.
Eigenhandeln" ist eine - von pädagogischen Theorien sowie
philosophisch immer noch nicht genügend berücksichtigte - Das sportliche Handeln und Leisten ist natürlich ein ausge-
entscheidende Bedingung der Selbstverwirklichung und des zeichnetes Beispiel, Träger und Medium engagierten aktiven
Selbstverständnisses. Es gewinnt besondere Aktualität in einer Lebens in diesem ursprünglichen Sinne des Eigenhandelns und
Welt, die immer mehr zu einer verwalteten wird, durch Über- Eigenleistens. Neben dem künstlerischen und geistigen Schaf-
macht der Institutionen bestimmt. fen ist es in einer Welt von vorherrschenden und alles beherr-
schenden Institutionen und bildlichen Darstellungen fast nur
Bereiche, in denen das kreative Eigenhandeln besonders der aktive Sport, der im eigentlichen psychophysischen Sinne
gepflegt und entwickelt wird, gewinnen in unserer Welt noch wirkliche Handlung geblieben ist. Sportliches Handeln
tendenziell erheblich an Bedeutung - wie etwa künstlerische und Leisten kann nicht delegiert, stellvertretend abgeleistet,
und sportliche Aktivitäten. Dies gilt umso mehr, als unsere vorgetäuscht oder erschlichen werden. In diesem Sinne ist die
Welt nicht nur allzu sehr eine verwaltete geworden ist. normale sportliche Leistung Resultat persönlicher Bemühung
Sondern auch die durch Bild-, Ton- und Schriftkonserven und persönlichen Einsatzes. Sie ist idealerweise eine echte und
vermittelte Informationsberieselung und passiver Konsum ehrliche Leistung, eine Handlung, die zu einer angemessenen
scheinen das Eigenhandeln immer mehr zu ersetzen. Die Wertung führt. Sporthandlungen und -leistungen erfordern
Mechanismen der Mediatisierung, Kodifizierung, Vorfabrizie- persönlichen Einsatz, manchmal - besonders im Bereich von
rung neigen dazu, vereint mit denen der verwalteten Welt, Spitzenleistungen - eine fast totale Hingabe. Gerade auch bei
das Eigenhandeln in letzte Nischen zurückzudrängen: Eigen- sportlichen Leistungen ist es nicht mit rein körperlichen
handeln scheint nur noch Freizeithobby zu bleiben. Im soge- Prozessen getan, sondern es handelt sich stets um psycho-
nannten Ernstbereich des Lebens "funktioniert" der sprich- physische. Die sportliche Leistung erfordert auch besonders
wörtlich gemeine Mensch nur noch, hier (eigen)handelt er hohen personalen und psychischen Einsatz, mentale Vorberei-
nicht mehr. Dieses Bild ist sicherlich überzogen, doch enthält tung (mentales Training!), "geistige" Vorbereitung und Verar-
es nicht ein Moment der Wahrheit? Mensch sein heißt beitung.
kreativ sein: Homo creator - somit heißt kreativ sein: Eigen-
handeln und
Eigenleistung
pflegen. Homo
performator - ein
Ideal des authen-
tisch selber han-
delnden Men-
schen, das nicht
verloren gehen
darf. Es macht
gerade ein Kern-
element auch des
olympischen
Menschenbildes
aus. Wenn Leben
im emphatischen
Sinne persönli-
ches, authenti-
sches oder gar
schöpferisches
Handeln, Leisten
und aktives
Durchführen ist,
so sind die Leit-
bilder vom schöp-

9
Darüber hinaus ist das olympische Menschenbild - wie Cou-
bertin nicht müde wurde zu wiederholen - nicht auf die
körperliche Leistung beschränkt, sondern soll sich auf andere
Leistungsqualifikationen beziehen: "Die Qualifikation stellt
sich unter mehrfachem Blickwinkel dar", schrieb Coubertin
1910, "sie kann technisch, ethnisch, sozial, moralisch sein."
Coubertins olympische Idee richtet sich auf ein allgemeines
Bildungsideal, auf das Programm einer sportlichen Erziehung,
das sich nur "der Materie Sport" bedient, um "körperliche,
geistige und sittliche Fähigkeiten" zu steigern. Sport sei ein
ideales Mittel, sich selbst zu prüfen und einzuschätzen, "sich
selbst zu kennen, zu führen und zu überwinden", sich selbst
zu erziehen, und sich selbst bewusst zu verbessern oder zu
vervollkommnen. Die olympische Idee ist somit ein Keim
praktischer Lebensphilosophie zur charakterlichen Erziehung.
10
Der Sport, betonte Coubertin immer wieder, leiste neben der
physischen auch eine "moralische und geistige Erziehung".
Coubertin versteht in diesem Sinne die olympische Idee als
eine Idee der vielseitigen Leistungs- und Einsatzelite auf
Grund gleicher Ausgangsposition. Egalitäre, gleiche Bedingun-
gen sind wesentlich. Erst dann kann das von Pater Didon
stammende Motto "Citius, altius, fortius!" ("Schneller, höher,
stärker oder tapferer") Ausdruck einer im obigen Sinne ver-
standenen Eigenleistung sein.
Schließlich ist Eigenleistung ein Symbol der sich selber
bestimmenden und profilierenden Persönlichkeit: Selbstüber-
windung, das Bewusstsein, eine schwierige Aufgabe geschafft
zu haben, vermittelt das Gefühl einer besonderen Handlungs-
freiheit, eben weil man sich einer selbstgewählten Aufgabe
verschrieben, diese eigenständig durchgeführt und
durchgehalten oder ein achtbares Ergebnis erzielt
hat. So mag eine sportliche Eigenleistung das
Erlebnis eigener Handlungsfreiheit aktualisieren.
Zwar gibt es besonders im organisierten Wett-
kampf-Spitzensport Gefahren und Fälle der Mani-
pulation, der Entfremdung und des Zwangs durch
Funktionäre, autoritäre Trainer oder öffentlichen
Erwartungsdruck. Aber dies sind zweifellos Ver-
fallserscheinungen, die nicht das eigentliche
beispielhafte Erleben des Athleten und die ideale
Struktur der freien und freiwilligen Sporthandlung
charakterisieren. Letztlich kann nur jemand sich
einem außergewöhnlich anstrengenden Trainings-
programm widmen und außerordentliche oder
selbst nur relative, persönliche Bestleistungen
erzielen, wenn er sich freiwillig mit dem Ziel, der
Aufgabe und der Tätigkeit identifiziert. Man kann
jemanden zum Marschieren zwingen, aber nicht
zum Aufstellen eines Weltrekords.
Peleus gab seinem Sohn Achilles den Spruch mit
auf den Weg: "stets der Beste zu sein und die
anderen zu übertreffen!" (Homer: Ilias VI, 205; XI,
794). Diese konkurrenz-orientierte Auffassung der
Leistung, die von dem Love-Story-Autor und
Marathonläufer Segal der "Achilleskomplex" der
griechischen Kultur genannt wurde, ist charakteris-
tisch für das olympische Verständnis von Leistun-
gen. Die olympische Idee ist daher durch ein
besonderes Leistungsprinzip gekennzeichnet,
nämlich das der Wettkampfleistung auf Spitzenni-
veau. Das olympische Menschenbild ist das des
eigenleistenden Wesens auf höchstem Niveau.
Doch selbst in der Olympischen Bewegung soll
diese rigorose Orientierung am Besten und am
Sieger relativiert werden durch Coubertins wohl-
bekanntes Schlagwort: "Das Wichtigste in den
Olympischen Spielen ist nicht, zu gewinnen, sondern teilzu-
nehmen." Erzieherisch gesprochen, im Sinne der pädagogi-
schen Deutung der Olympischen Idee, ist es in der Tat wich-
tiger als zu siegen, unter höchstem Einsatz seine beste
persönliche Leistung zu erringen, um etwa an den Olympi-
schen Spielen teilnehmen zu können. Die förderlichen Wir-
kungen und Einflüsse eines langjährigen intensiven sportli-
chen Trainings und der Hochleistungsmotivation können
durchaus von jemandem erreicht werden, der schließlich
nicht die goldene oder überhaupt eine Medaille gewinnt. Oft
und besonders heutzutage ist es auch geradezu eine beson-
dere Herausforderung an Charakter und Erziehung, den
verführerischen Versprechungen und Verlockungen nach
einem olympischen Sieg zu widerstehen, besonders für junge
noch unreife, noch nicht ausreichend "mündige" Athleten.
Der Olympiasieger hat sozusagen erst noch einen persönli-
chen Reifetest zu bestehen angesichts trügerischer Publizität
und verlockender Angebote, die ihn aber vom eigentlichen
Weg abzulenken, abzuziehen drohen. Pythagoras soll sogar
gemeint haben, es sei (erzieherisch) sehr wichtig, in den
großen Spielen wie in Olympia zu kämpfen, teilzunehmen,
aber es sei auch wichtig, dort nicht zu gewinnen! Der Sieg
würde nur den Neid bei Freunden erregen und beim Sieger
"Arroganz" erzeugen. Schon damals waren auch die Verfüh-
rungen für Sieger zu groß...
Der olympische Athlet ist in der Tat ein hervorragendes Bei-
spiel, idealerweise ein Vorbild des eigenleistenden Menschen
auf Spitzenniveau. Die Olympische Idee mit ihrer Idee der
haben." Das wird gerade heute in der Medien- und Publicity-
Gesellschaft viel zu wenig beachtet.
Diese Olympische Idee hat zwar wie erwähnt ihre internatio-
nale Anziehungskraft in verschiedenen Kulturen bewiesen; sie
ist verallgemeinerbar und wichtig für alle Erziehung zum
engagierten, aktiven Leisten und Leben unter hohem Gütean-
spruch. Sie wird diese Ziele aber besonders heutzutage kaum
völlig von inhumanen Überspitzungen und Übertreibungen
sowie von manipulativen (pharmakologischen oder psycholo-
gischen), politischen und kommerziellen Verzerrungen ver-
schonen können. Der Wettkampf- und Leistungsgedanke, die
Idee einer sportlichen Leistungselite, die Chancengleichheit,
der Fairplay-Wert, das Verbot jeglicher Diskriminierung nach
Rasse, Klasse, Nation, Konfession und Kultur sowie die Idee,
Sportler verschiedener Sparten zusammen-zuführen - all diese
Ziele kombinieren sich mit dem Wunsch, sie in einem festli-
chen Rahmen, dem der Olympischen Spiele, alle vier Jahre
zum Ausdruck zu bringen, und mit dem Ziel der Unabhängig-
keit des Sports, der Spiele, der Olympischen Komitees und der
Sportler selbst zu einem Komplex, den man "Olympische Idee"
nennen kann.
Das Menschenbild vom eigenleistenden Wesen gibt dieser Idee
einen olympisch-erzieherischen Akzent - ebenso wie die
Verallgemeinerung der Leistungsbereitschaft auf andere,
nicht-sportliche Handlungsfelder. So kann das olympische
Menschenbild als des auf höchstem Niveau eigenleistenden
Wesens auf andere Lebensbereiche ausstrahlen. OF

wettkampforientierten Höchstleistung, wie sie in dem olympi-

schen "Citius, altius, fortius" und in dem Worte Homers
zugleich zum
Ausdruck kommt -
verkörpert sich im
Ideal des olympi-
schen Athleten.
Sein Bestes gege-
ben zu haben, sich
vollständig einge-
setzt zu haben,
gut und fair
gekämpft zu
haben - das ist
der Kern der
Olympischen Idee.
Coubertin selbst
übertrug dies
schon 1908 auf
das Leben allge-
mein: "Das Wich-
tige im Leben ist
nicht, gesiegt zu
haben, sondern
gut gekämpft zu

11
Olympische Charta
Die "Bibel" der Bewegung muss sich an der
olympischen Wirklichkeit messen lassen
Von Stefan Volknant
A
ls Pierre de Coubertin am 23. Juli 1894 in der Pariser
Sorbonne seine Idee von der Wiedereinführung der
Olympischen Spiele vortrug, konnte der französische
Baron nicht ahnen, was aus seiner Vision werden würde. Im
August 2004, als das Ereignis 108 Jahre nach den ersten Spielen
der Neuzeit und über 1600 Jahre nach dem Ende der antiken
Spiele nach Griechenland zurückkehrte, war sie die größte
Veranstaltung der Welt.
"Das würde Coubertin freuen", meint Prof. Dr. Norbert Müller,
im Juli 2005 zu Beginn der 45. Session an der Internationalen
Olympischen Akademie (IOA) mit dem Athen-Preis geehrtes
persönliches Mitglied des NOK und Coubertin-Forscher an der
Universität Mainz über den Gründervater der Olympischen
Spiele der Neuzeit. Coubertin habe, so vermutete Prof. Müller
im Umfeld der Athener Spiele, allerdings nicht vorausgesehen,
dass seine Idee so ausufere, und er würde sich im "olympischen
Gebäude" heute vermutlich nicht mehr zurechtfinden.
Das "olympische Gebäude", so wie wir es heute antreffen und
das mit so beeindruckenden Zahlen zu imponieren weiß, wurde
anhand von Bauplänen errichtet, deren Fortschreibung sich
detailliert nachvollziehen lässt. Aus ersten Protokollen resultie-
rende Skizzen wurden später unter dem Titel "Olympische
Charta" weitergeführt, die im vergangenen Jahrhundert zahlrei-
che Veränderungen erfahren hat.
Nicht allein für die aktuelle Fusionsdebatte zwischen DSB und
NOK, sondern auch bei der Diskussion um die Weiterentwick-
lung des Olympischen Programms während der 117. IOC-
Session im August 2005 in Singapur oder bei den Entscheidun-
gen zur Wahl der Olympiastadt 2012 stand sie im Zentrum der
Erörterung. Die Olympische Charta ist das insgesamt wohl am
meisten nachgefragte Dokument der Olympischen Bewegung.
12
Ein langer Weg in die Gegenwart
78 Delegierte aus nur neun Ländern fanden sich am 23. Juni
1894 auf Initiative Pierre de Coubertins in Paris zusammen
und verabschiedeten eine Sieben-Punkte-Erklärung. Sie
bekundeten, die Olympischen Spiele in moderner Form wie-
deraufleben lassen und die Teilnahme im Wesentlichen auf
Amateure und wünschenswerte Sportarten beschränken zu
wollen. Ein Vier-Jahres-Rhythmus wurde festgeschrieben und
die Spiele der ersten und zweiten Olympiade nach Athen bzw.
Paris vergeben. Der kurze Text dieser Erklärung, die zusam-
men mit einer aus acht Punkten bestehenden Amateurdefini-
tion und den Namen der ersten 13 Mitglieder des IOC einen
Monat später in der ersten Ausgabe des Bulletin du Comité
International des Jeux Olympiques veröffentlicht wurde,
bildete die erste Handlungs- und Rechtsgrundlage der Olym-
pischen Bewegung.
Wie Prof. Dr. Christoph Vedder und Prof. Dr. Manfred Lämmer
in einer deutschen Übersetzung der Charta im Jahr 2001
berichten, entwickelten sich in der Folge zunächst unter
maßgeblicher Einflussnahme von Pierre de Coubertin selbst
Gepflogenheiten und Regeln heraus, die sowohl die Veran-
staltung der Olympischen Spiele als auch die Verfahrensweise
innerhalb des IOC steuerten. Zunächst nur in Statuten und
Bestimmungen festgehalten, kam es 1908 zum ersten Mal zur
Veröffentlichung einer Schrift, die die Ziele der Olympischen
Bewegung, das Wahlverfahren und die Abhaltung von Sitzun-
gen knapp umriss. Sie trug den Titel eines Reglements.
Nach einer Reihe von Behelfsdrucken erschien nach der 22.
IOC-Session 1923 in Rom erstmals ein Heft, das den Titel
Charta der Olympischen Spiele enthielt und sowohl die
Grundsätze der Veranstaltung als auch die Rolle der NOK's
definierte. Doch erst die Festlegungen aus dem Jahr 1924
gelten, so Vedder und Lämmer, 30 Jahre nach dem Pariser
Gründungskongress als erster Versuch des IOC, alle die Olym-
pische Bewegung und die Olympischen Spiele betreffenden
Beschlüsse und Gepflogenheiten systematisch zusammenzu-
fassen. Sie erteilen verbindliche Vorgaben an internationale
Sportverbände und Organisationskomitees, beschäftigen sich
mit Programm und Ablauf der Spiele. Mit ihnen beginnt die
eigentliche Geschichte des olympischen Regelwerks, das
heute als Olympische Charta bezeichnet wird. In den kom-
menden Jahrzehnten wurde die Charta beständig weiterent-
wickelt, in verschiedene Sprachen übersetzt und unter ver-
schiedenen Titeln herausgegeben.
Bis heute ist sie ein vielschichtiges Dokument mit vielseitigem
Anspruch geblieben. Nicht zuletzt ist sie auch ein Dokument
der Zeitgeschichte des Sports. Die Aufnahme neuer Sportar-
ten in das olympische Programm, die technische Entwicklung,
die Rolle der Politik, die Möglichkeiten der Manipulation und
die steigende Bedeutung der Medien führten in immer kürze-
ren Abständen zu Veränderungen und Ergänzungen. So
wurde u.a. 1989 ein systematischer Neuentwurf vorgelegt
und 1990 verabschiedet. Doch auch in den folgenden Jahren
wurden weiter wichtige Änderungen verfügt. Zuletzt haben
die seit 1997 aufgedeckten Unregelmäßigkeiten und Unzu-
länglichkeiten im IOC einen tief greifenden Reformprozess
ausgelöst.
Er hat neben personellen Konsequenzen auch zu gravieren-
den Änderungen der Olympischen Charta geführt. Sie betref-
fen u.a. die Schaffung einer Ethik-Kommission, eines Verhal-
tenskodex und die Einführung von Sanktionen für IOC-
Mitglieder, den Ausschluss von IOC-Mitgliedern von der
Stimmabgabe in besonderen, die Unabhängigkeit tangieren-
den Situationen, die Neuorganisation der Wahl der Gastge-
berstädte, die Funktion der Koordinierungsstädte, die Erset-
zung des
Medical Code
durch den
Anti-Doping
Code, die
Errichtung
eines und
Unterwer-
fung unter
einen Court
of Arbitrati-
on for Sport.
"In der
Entwicklung
der olympi-
schen Regeln
spiegelt sich
die Geschichte des Sports der letzten 100 Jahre wider", urtei-
len Prof. Dr. Manfred Lämmer und Dr. Christoph Vedder.
Heute umfasst die Olympische Charta die fünf Kapitel "Die
Olympische Bewegung", "Das Internationale Olympische
Komitee", "Die Internationalen Fachverbände", "Die Nationa-
len Olympischen Komitees" und "Die Olympischen Spiele". Auf
den 109 Seiten der zuletzt am 1. September 2004 neu aufge-
legten Charta (http://multimedia.olympic.org/pdf/en_report_
122.pdf) werden insgesamt 61 Regeln sowie zahlreiche Aus-
führungsbestimmungen dargestellt. Das ausführlichste Kapi-
tel widmet sich auf mehr als 40 Seiten den Olympischen
Spielen. Hierbei geht es u.a. um die Wahl der Bewerberstadt,
die Zuständigkeiten bei der Organisation der Spiele, die
Anforderungen an Olympisches Dorf, Kulturprogramm, Anti-
Doping-Programm, Olympisches Programm, Jugendlager,
Medien sowie Fragen des Protokolls.
Im Kapitel vier wird Rolle und Aufgabe der NOK's ausführlich
dargestellt. Im Zusammenhang mit der geplanten Fusion der
beiden Dachverbände DSB und NOK war hier zuletzt Regel 29
samt Ausführungsbestimmungen Gegenstand der Diskussion.
Um Fragen der Anerkennung geht es auch im Kapitel drei -
Internationale Fachverbände. Aufgaben und Zuständigkeiten
sind Gegenstand der Kapitel eins und zwei, in denen es um
die Grundlagen der Olympischen Bewegung und das Interna-
tionale Olympische Komitee geht.
Sportwissenschaftler wie etwa Prof. Dr. Sven Güldenpfennig
(Aachen) und Generationen von Sportstudentinnen und
Sportstudenten haben das Dokument als Schlüsseltext der
Olympischen Bewegung analysiert. Nicht selten wurde es
dabei heftiger Kritik unterzogen, die sich auf systematische,
inhaltliche, sprachliche, fachliche, juristische, sportpolitische
und kulturtheoretische Sachverhalte bezog. Die Olympische
Charta muss sich in erster Linie an der olympischen Wirklich-
keit messen lassen und umgekehrt die Olympische Bewegung
13
und die Olympischen Spiele an den Aussagen der Olympi-
schen Charta.
Das "olympische Gebäude", das auf der Basis der Olympi-
schen Charta konstruiert wurde, hat zuletzt in Athen Milliar-
den von Fernsehzuschauern begeistert. Die Bewerber für
künftige Spiele stehen Schlange. Olympia hat den Kalten
Krieg, Terror, Boykotte, Doping- oder Bestechungsskandale
überstanden. Die Kraft seiner in der Olympischen Charta
geregelten Symbolik mit dem Einmarsch der Nationen, den
fünf Ringen, der olympischen Fahne oder dem Fackellauf und
dem olympischen Eid erwies sich als stärker. Heute stehen der
Kampf gegen Gigantismus und für Nachhaltigkeit, die zuneh-
mende Verrechtlichung oder Kommerzialisierung des Sports
auf der Agenda. Auch das dokumentiert die Olympische
Charta. Die Tatsache, dass sich die Olympischen Spiele der
Neuzeit trotz Rückschlägen und Krisen bislang behauptet
haben, spricht für die Großartigkeit ihrer Idee und zumindest
nicht gegen die regelnde Kraft dieses Dokuments, das oft zu
Unrecht mit der Charta der Vereinten Nationen verglichen
wurde.
Die Charta als Ausdruck dessen, was
olympisch sein kann und darf
Die Olympische Charta und deren Werte mag heute nur noch
einen Teil der Realität des olympischen Sports abbilden.
Umfangreiche Vertragswerke, Sideletter, Durchführungsbestim-
mungen, Codices, Manuals, Handbücher etc. sind an ihre Seite
getreten, um sie zu entlasten, um Dinge gemäß der heutigen
geschäftlichen Gepflogenheiten und des gesellschaftlichen
Protokolls zu regeln. Allein die Vorbereitungsliteratur und die
für die Entsendung der Olympiamannschaften relevanten
Dokumente füllen ganze Bibliotheken. Und natürlich gibt es
auch eine olympische Wirklichkeit fernab der Regularien, die
14
Prof. Dr. Helmut Digel als die eigentlich strukturbestimmenden
Merkmale des olympischen Sports erkannt hat.
Coubertins Vorstellungen waren einst von Prinzipien geprägt.
Es ging ihm um Bildung und Vervollkommnung, um das Ideal
des Amateurismus, um die Bindung des Sports an ethische
Regeln und um die Friedensidee. Und auch dass es Widersprü-
che zwischen Realität und Idealität gibt, wusste Coubertin
vermutlich schon. Die Berufung auf hohe Werte und edle Ziele
kann auch der Bemäntelung von Fehlentwicklungen oder der
Durchsetzung von handfesten Interessen dienen: Nicht nur im
IOC aber auch dort. Kritikern erscheinen manche der in der
Charta festgehaltenen Normen und Werte deshalb als wirklich-
keitsfern. Längst wissen wir, dass nicht nur Sportler gegen
ethische Regeln verstoßen, sondern auch Funktionäre und
Schiedsrichter. Und selbst die obersten Olympier haben es mit
der olympischen Moral, wie wir nicht erst seit dem Korrupti-
onsskandal wissen, nicht immer besonders genau genommen.
Rechtfertigt es diese Erkenntnis, sich von den Grundsätzen,
von der Mission und der Rolle, die die Olympische Bewegung
einnimmt und wie sie die Charta in ihren fundamentalen
Prinzipien als Präambel darstellt, zu verabschieden?
Es fällt schwer, eine empirische Basis dafür zu erkennen. Eher
liegt die umgekehrte Schlussfolgerung nahe. Die Olympischen
Spiele und der olympische Sport werden eine Zukunft haben,
die vom IOC auch weiterhin über die Olympische Charta
gesteuert wird. Dabei kann der olympische Sport eine kulturelle
Bereicherung sein und natürlich auch das Gegenteil. "Die
Athletik kann die edelsten wie die niedrigsten Leidenschaften
ins Spiel bringen, sie kann Uneigennützigkeit und Ehrgefühl
genauso entwickeln wie Geldgier, sie kann ritterlich oder
verderbt, männlich oder roh sein. Schließlich kann man sie
genauso gut verwenden, den Frieden zu festigen wie Krieg
vorzubereiten", wusste Coubertin bereits 1894. Aufgabe und
Herausforderung der Olympischen Bewegung bleibt es deshalb
bis heute, die Olympische Charta zu gestalten und zu leben.
Olympische Entwicklung ist kein unausweichli-
ches Schicksal, sondern ein Ergebnis der sport-
politischen und organisatorischen Gestaltung.
Sie an die Regeln, Normen und Werte der Olym-
pischen Charta zu binden, hat sich als keine
schlechte Lösung erwiesen.
So ist es letztlich die kontinuierliche Weiterent-
wicklung der Charta, die im Interesse des olym-
pischen Sports liegt. Denn: nur ein leistungsstar-
ker, sympathischer, ausstrahlender, fairer,
dopingfreier und nachhaltiger olympischer
Spitzensport rechtfertigt öffentliche Anerken-
nung und Unterstützung. Von einer überzeugen-
den Charta profitiert der olympische Sport
deshalb nicht zuletzt im Interesse seiner Selbst-
erhaltung. OF
 Die D
ie Gründung dieses Internationalen Olympia-Forums
in Frankfurt zeugt von Weitsicht der Organisatoren.
Der Austausch von Ideen und Meinungen zwischen
verschiedenen Sparten der Wissenschaft und der Gesellschaft
ist essentiell. Der Sport und die olympische Bewegung können

erzieherischen
nicht isoliert handeln. Wir brauchen den Meinungsaustausch,
damit wir uns immer wieder die richtigen Fragen stellen.
Diesen Fragen stellen wir uns auch hier in der historischen
Frankfurter Paulskirche, der "Wiege der deutschen Demokra-
tie".

Werte des
Wo steht der Sport zu Beginn dieses neuen Jahrtausends, und
welche Bedeutung kommt einer der Kernaussagen der Olym-
pischen Charta - "für eine friedlichere und bessere Welt" - zu?
Niemand wird bestreiten, dass der Sport in der heutigen
Gesellschaft eine sehr wichtige Rolle spielt. Vier Erfolgsfakto-

Sports müssen
ren tragen dazu bei: Volkssport und Spitzensport sind heute
populärer denn je. 850 Millionen Menschen treiben in 202
Ländern Sport. Allein in der Europäischen Union gibt es über
700.000 Sportvereine. Die Zuschauerzahlen wie beispielsweise
bei den letzten Olympischen Spielen in Athen, die weltweit

wieder die
täglich von 3,9 Milliarden Menschen verfolgt wurden, steigen
exponentiell.

Zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes in den Industrielän-

dern entfallen auf den Sport. Der Sport kann auf große finan-
zielle Unterstützung zählen, namentlich die Einnahmen aus

Oberhand
Fernsehrechten und von Top-Sponsoren. Der Sport kann auch
auf die Unterstützung der Regierungen zählen. Ohne solide
gesetzliche Grundlagen ließe sich der Sport in den einzelnen
Ländern nicht fördern und könnte den Auswüchsen in einigen
Bereichen nicht Einhalt geboten werden. Dies sind aus meiner

gewinnen
Sicht die Erfolgsfaktoren des Sports. Es gäbe aber kein schlim-
meres Versäumnis, als in Selbstzufriedenheit zu verfallen. Der
Sport muss sich wichtigen Herausforderungen stellen. Das
Internationale Olympische Komitee scheut sich nicht davor.

Als Grundproblem möchte ich eine Aussage in den Mittel-

Von IOC-Präsident
Jacques Rogge
Als Hauptredner des ersten "Internationalen Olympia-Forums" hat
Jacques Rogge, der Präsident des Internationalen Olympischen
Komitees (IOC), am 27. September 2005 in der Frankfurter Pauls-
kirche über die Stellung des Sports in der modernen Gesellschaft
gesprochen. Bei der vom Nationalen Olympischen Komitee für
Deutschland und dem Deutschen Olympischen Institut ausgerich-
teten Veranstaltung sagte Rogge unter anderem:
punkt meiner Ausführungen stellen: "Wenn der Sport an
seinen Preis denkt, verliert er seine Werte." Diese Aussage gilt
sowohl für das Individuum als auch für die Gesellschaft. Um
jeden Preis gewinnen zu wollen führt unweigerlich auf Irrwe-
ge. Um jeden Preis das meiste aus seinem Sport herausholen
zu wollen birgt Gefahren. Um jeden Preis das Prestige eines
Sieges auszunützen schadet dem Sport. In der Vergangenheit
wie auch heute widersteht der Sport diesen Versuchungen
nicht immer. Ich will es gerne eingestehen, es ist nicht einfach,
dagegen anzukämpfen, und es gibt schon gar nicht ein Wun-
derrezept dafür. Wir können und müssen uns aber auf die
Grundwerte des Sports besinnen und uns gemeinsam für
einen humanistischen Sport, gestützt auf wahre Werte, einset-
zen. Die erzieherischen Werte des Sports müssen wieder die
Oberhand gewinnen.

16
Wo liegen die größten Gefahren für den Sport? Die Liste ist und Athleten aus allen Ländern der Welt wird die Teilnahme
lang: Doping, Gewalt, Rassismus, Korruption, Gesundheits- an den Spielen ermöglicht. Das IOC unterstützt durch die
schäden, Entwürdigung, Egoismus und neuerdings auch "Olympic Solidarity" jährlich mit vielen Millionen Euro die
Sportsöldner. Wie können wir dagegen ankämpfen? Nehmen Sportbewegungen in aufstrebenden Ländern. Dies ist ein
wir Doping als Beispiel. Während der Winterspiele in Salt Lake materieller Beitrag für eine friedlichere und bessere Welt.
City 2002 haben wir mehr Dopingsünder gestellt als je zuvor Basisarbeit zur Friedensförderung ist aber vor allem die Wei-
in der Geschichte aller tergabe von Werten. Der
Winterspiele zusammen. Sport ist eine ideale
Jede Überführung eines Plattform, um die
Dopingsünders betrach- Jugend für Werte wie
te ich als einen Erfolg. Fair Play, Toleranz und
Wir haben heute präzise Respekt zu sensibilisie-
Regeln, einen Anti- ren. Spitzenathleten
Doping-Kodex, und auch kommt dabei eine
die nötigen Instrumente, wichtige Vorbildfunktion
wie etwa die Welt-Anti- zu. Und was im Sport
Doping-Agentur, um gilt, gilt auch im Leben
diese durchzusetzen. oder im Verhältnis
Wie beim Doping muss zwischen den Staaten.
auch in den anderen
Bereichen nach demsel- Auch wenn ihr Wert vor
ben Modell vorgegangen allem symbolisch ist,
werden: klare Regeln trägt die "Olympische
und die dazu benötigten Waffenruhe", basierend
Mittel, um sie durchzu- auf den Spielen der
setzen. So hat das IOC Antike, ihren Teil zur
einen Ethikkodex aufge- Friedenssensibilisierung
stellt, der für seine bei. Die Teilnahme aller
Mitglieder, alle Nationa- Balkanstaaten an den
len Olympischen Komi- Spielen 1992 in Barcelo-
tees und auch die na, das gemeinsame
Internationalen Sport- Auftreten von Süd- und
verbände, verbindlich ist. Nordkorea an den
Eine unabhängige Eröffnungsfeiern von
Kommission wacht mit Sydney und Athen, sind
Argusaugen über mögli- Beispiele dafür. Gefah-
che Verfehlungen, die dann auch geahndet werden. Dieses ren wie dem Terrorismus, wie leider schon 1972 während der
Rezept kann und Muss in allen genannten Fällen umgesetzt Spiele in München erlebt, sind und bleiben wir dennoch
werden, damit wir die Verstöße in den Griff bekommen. weiterhin ausgesetzt. Der Sicherheit gilt deshalb unsere obers-
te Priorität bei den Spielen. Das IOC nimmt auch seine soziale
Ohne irgend etwas beschönigen zu wollen, stelle ich dennoch Verantwortung wahr. Es unterstützt in Zusammenarbeit mit
fest, dass gerade die Olympischen Spiele in mehreren Berei- dem Internationalen Paralympischen Komitee den Behinder-
chen als Vorbild gelten können. Gewalt und Rassismus haben tensport; arbeitet mit UN-Organisationen in humanitären
die olympischen Stadien nicht erreicht. Das Fest der Jugend ist Aktionen zusammen und kämpft gemeinsam mit UN Aids
bisher immer ein Fest geblieben und hat seinen völkerverbin- gegen die Verbreitung des HI-Virus. Alle Olympiabewerbungen
denden Charakter beibehalten. Der Sport kann und muss zur werden heute auch nach klaren Richtlinien auf ihre wirt-
Verminderung von Problemen wie der Armut, dem sozialen schaftliche, soziale und umweltschonende Nachhaltigkeit
Gefälle zwischen Nord und Süd, der Benachteiligung von geprüft. Der Sport und die Olympische Bewegung werden
Frauen oder der Diskrepanz zwischen Spitzensport und Volks- auch in Zukunft erfolgreich bleiben, wenn wir all diese
sport seinen Beitrag leisten. In den Industrieländern drohen Herausforderungen annehmen und vor allem die soziale wie
mit der Konkurrenz anderer Freizeitbeschäftigungen - Stich- auch die erzieherische Rolle des Sports, verkörpert durch die
wort Internet und Game-boy - der Bewegungsmangel und die olympischen Werte, in den Vordergrund rücken. Und vergessen
damit verbundene Tendenz zum Übergewicht bei Jugendli- wir nicht: Die Olympischen Spiele bleiben weiterhin der Traum
chen. Die Olympische Bewegung ist heute universeller denn je, aller Sportler. OF

17
Wo Ying ist, da ist auch Yang
China vor den Spielen in Peking:
Entwicklungsland und sportliche
Großmacht zugleich
Von Helmut Digel

18
Z
urückhaltung und Bescheidenheit, das scheinen heraus-
ragende Merkmale der chinesischen Mentalität zu sein.
So werden zumindest aus europäischer Sicht Chinesin-
nen und Chinesen häufig gekennzeichnet. Begegnet man
chinesischen Athletinnen und Athleten, chinesischen Trainern
und Trainerinnen sowie den Verantwortlichen des chinesischen
Sports, so scheinen diese Merkmale auch den chinesischen
Sport zu kennzeichnen. Olympische Ehren zu gewinnen, das
haben sie sich vorgenommen, als vorbildliche Gastgeber der
Olympischen Spiele im Jahr 2008. Doch wo Ying ist, da ist
auch Yang, und längst gehören zur chinesischen Sportharmo-
nie auch das Erfolgsbewusstsein, die Selbstsicherheit und vor
allem klare Zielvorstellungen.
Wer heute die Verantwortlichen des chinesischen Sports trifft,
dem wird ein Sportsystem offenbart, das sich durch eine
nachvollziehbare Geschichte, durch eine herausfordernde
Gegenwart und durch eine sorgfältig projizierte Zukunft
auszeichnet. Die eigentliche Geschichte des modernen Hoch-
leistungssports in China beginnt mit dem Jahr 1979, als sich
das neue und moderne China abzeichnete, die Kulturrevoluti-
on als beendet erklärt war und die kommunistische Partei sich
zu einem Hochleistungssport bekannte, der der nationalen
Repräsentation dienen sollte, der darüber hinaus aber auch
einen wichtigen Beitrag zur Öffnung und internationalen
Verständigung zu leisten hatte. Die erste Phase ihrer Sportent-
wicklung bezeichnen die Chinesen selbst als "Phase der Explo-
ration". Es war die Zeit der ersten Versuche. Viel Optimismus
war dabei zu beobachten, aber nicht weniger häufig kam es
zu Verwirrungen, und mancher Irrweg war dabei die Folge.
Zur Exploration gehörte vor allem die Beobachtung erfolgrei-
cher Nationen und der vorsichtige Aufbau eigener Trainings-
und Wettkampfstrukturen. Erfolge waren in dieser Zeit die
Ausnahme. Die ökonomische Entwicklung konnte noch keine
ausreichende Basis für das gesellschaftspolitisch angestrebte
Hochleistungssystem gewähren. Diese Phase reichte bis zu
den Olympischen Spielen in Seoul. Nachdem man 1988 bei
den Spielen von Seoul nur fünf Goldmedaillen erreichen
konnte, wurde die zweite Phase, die "Phase der Orientierung",
wie sie offiziell bezeichnet wurde und die bis Athen 2004
reichen sollte, eingeläutet. 1992 wurde dabei von Prof. Tian,
einem der wichtigen Chefdenker des chinesischen Sports, der
"Winning Olympic Honour"-Plan entworfen. 1993 erhielt
dieser Plan eine gesetzliche Grundlage und 1994 wurde er
vom Parlament verabschiedet. Ziel dieses Plans war die Errich-
tung eines Multisportsystems auf der Grundlage neuer sport-
ökonomischer Verhältnisse. Die Generalverwaltung für Sport
zeichnete für die Reform verantwortlich; es sollte dabei vor
allem das Missverhältnis zwischen sportlicher und ökonomi-
scher Entwicklung ausgeglichen werden.
In diesem Plan wurden aber auch zum ersten Mal klare Ziele
für die Olympischen Spiele der Zukunft gesteckt, und es
wurde für die Spiele von Peking im Jahr 2008 der dritte Platz
in der Goldmedaillienwertung vorgegeben. In 14 bis 16
Sportarten soll China den Platz eins bis drei erreichen, und in
22 bis 26 Sportarten muss das Finale angestrebt werden.
1997 begann die jüngste Phase, jene Phase, in der wir uns
derzeit befinden und die von den Chinesen selbst als "Phase
der Konstruktion" bezeichnet wird. Man könnte sie aber auch
die Phase des Erfolges nennen. 1997 wurde dabei zur ersten
nationalen Spitzensportkonferenz eingeladen, und unter der
Führung der Generalverwaltung wurde das Ziel für Peking
2008 noch etwas genauer präzisiert. 15 Goldmedaillen sind
demnach zu gewinnen. Um dies zu erreichen, sind 20 neue
Hochleistungszentren zu gründen, und das sportartspezifi-
sche Management in den olympischen Sportarten ist grund-
legend zu verbessern. Vor allem geht es um eine Reform der
Sportverwaltung.
Die Verbände erhalten sehr viel mehr Freiheiten bei gleichzei-
tig neuen ökonomischen Möglichkeiten. Für die weniger
erfolgreichen Sportarten werden spezifische Unterstützungs-
programme aufgelegt, und die zentralistische Steuerung der
Provinzen wird optimiert, um auf diese Weise sehr viel stärker
auf die Ressourcen zurückzugreifen, die diesbezüglich in den
Provinzen Chinas existieren. Die Olympischen Spiele von
Athen wurden dabei dezidiert als Vorbereitung der Olympi-
schen Spiele im Jahr 2008 definiert. Man war bemüht, alle
olympischen Disziplinen zu beschicken. Jungen Athletinnen
und Athleten sollte dabei die Chance gegeben werden, sich in
der internationalen Konkurrenz zu bewähren, Erfahrung zu
sammeln, um auf diese Weise bestens vorbereitet zu sein als
Gastgeber der Olympischen Spiele im Jahr 2008. Für die
Vorbereitung der olympischen Erfolge bedarf es dabei der
gezielten Expertise. Wissenschaftliche Experten aus allen
Ländern werden dabei hospitiert, teilweise werden ausländi-
sche Trainer für einzelne olympische Disziplinen unter Vertrag
genommen.
Im Büro der internationalen Kommunikation wird sorgfältig
die Entwicklung der Spitzensportnationen der Welt beobach-
tet, um auf diese Weise über die Qualität und Quantität der
sportlichen Höchstleistungen in den konkurrierenden Natio-
nen informiert zu sein. Eine besondere Initiative gilt den
Ballsportarten. Sie sind besonders populär bei der chinesi-
schen Bevölkerung, und es wird deshalb angestrebt, zumin-
dest in einigen der olympischen Ballsportarten Medaillen zu
erringen. Gleichzeitig bedarf es aber auch des Erhalts der
früheren olympischen Erfolge. Deshalb werden die Erfolgsga-
ranten Gerätturnen, Badminton und Tischtennis privilegiert
gefördert. Sechs Prinzipien, die zur Entwicklung sportlicher
Höchstleistung im olympischen Sport zu beachten sind,
haben dabei im Alltag des chinesischen Hochleistungssports
eine herausragende Bedeutung. Athleten, Trainer und die
verantwortlichen Funktionäre wissen zum einen, dass ein
Erfolg im Hochleistungsport nur über hartes Training erreich-
19
bar ist. Nicht weniger bedeutsam ist das zweite Prinzip:
Erfolg im Hochleistungssport basiert auf langjähriger Erfah-
rung. Deshalb sind sportliche Erfolge mit Konsequenz und
mit der Bereitschaft zum langen Atem anzustreben.
Wie in keiner Sportnation der Welt sind sich die Beteiligten
im chinesischen Hochleistungssport drittens bewusst, dass
olympische Spitzenleistungen nur durch die Unterstützung
der Wissenschaften und der Technologie erreicht werden
können und dass es darauf ankommt, die geeigneten Techno-
logien so zu optimieren, dass der Athlet bei seiner sportlichen
Höchstleistung in angemessener Weise unterstützt werden
kann. Typisch für das Gesellschaftssystem Chinas ist das
vierte Prinzip. Traditionelles Denken muss im Hochleistungs-
sport ständig in Frage gestellt werden. Der Hochleistungs-
sport ist auf ständige Modernisierung angewiesen, Bewährtes
kann sich nur über Reflexion bewähren. Das fünfte Prinzip
selbst ist ein derart reflexives Prinzip, es handelt von der
Tatsache, dass das Hochleistungssportpotenzial in der chine-
sischen Gesellschaft systematisch erkundet werden muss. Der
Generationenvertrag ist einzuhalten, die Suche nach den
Talenten muss täglich stattfinden. Schließlich und sechstens
ist der chinesische Hochleistungssport der olympischen Idee
der Globalisierung verpflichtet. Deshalb muss die Globalisie-
rung der olympischen Idee in ganz China gefördert werden.
Wer in diesen Tagen chinesische Athletinnen und Athleten
mit ihren Trainern im Wettkampf und im Training beobachtet,
der kann erkennen, wie grundlegend für das chinesische
Hochleistungssportsystem diese Prinzipien sind. Der chinesi-
sche Hochleistungssport befindet sich ohne Zweifel in einer
Phase des "Take off". Nachdem die Infrastrukturen auf eine
nahezu einmalige Weise geschaffen wurden und es nun in
allen Provinzen Trainings- und Wettkampfstätten gibt, wer-
den überall Athleten von gut ausgebildeten Trainern trainiert
und über eine zentralistische Steuerung in ihrer Vorbereitung
20
auf die sportlichen Höchstleistungen umfassend begleitet
und überwacht. Das Nationale Institut für Sportwissenschaft
spielt dabei eine entscheidende Rolle. Dessen biomechani-
sche, sportmedizinische, trainingswissenschaftliche, physio-
therapeutische Beratungs- und Serviceleistungen sind bei-
spielhaft.
Gewiss gibt es in China auch Probleme, gewiss gibt es auch
manche Fehlentwicklung, und gewiss gibt es auch olympi-
sche Disziplinen, bei denen die Vorbereitung nicht so gelingt,
wie sie planmäßig definiert ist. Auch in China gibt es
Schiedsrichterskandale, auch Wettprobleme sind zu beobach-
ten, die Vereinsgründungen im Fußball kommen nicht so
schnell voran, wie sie sich der Verband wünschen würde, und
in manchen Profivereinen fehlt es an ausreichenden Nach-
wuchsstrukturen. Auch im Tischtennis sind viele gute Spieler
auf Auslandseinsätze angewiesen, weil die nationalen Sport-
strukturen sich nur teilweise als tragfähig erweisen. Trotz
aller neuen ökonomischen Errungenschaften, trotz enormer
Gewinnmöglichkeiten für die Athletinnen und Athleten bei
sportlichen Erfolgen, trotz höchster Prämien durch die Kom-
munen, Provinzen und den Staat gibt es nach wie vor erheb-
liche ökonomische Engpässe.
Gerade in Bezug auf den Sport in den Provinzen muss
erkannt werden, dass China Entwicklungsland ist, dass China
ein Schwellenland ist, in dem die soziale Lage in vielen Pro-
vinzen kritisch und die Lebensverhältnisse der großen Mehr-
heit der Bevölkerung durch Mangel und Armut geprägt sind.
Der Hochleistungssport ist jedoch gerade angesichts dieser
Situation ein beispielloses Angebot zum sozialen Aufstieg für
Kinder und Jugendliche, und die erfolgreichen Hochleistungs-
sportler wie Hürdenolympiasieger Jai Xiang oder der mehrfa-
che Olympiasieger im Kunstturnen, Li Xiao Shuang, sind mit
ihrem erreichten Wohlstand und ihrer herausragenden Rolle
in der chinesischen Gesellschaft willkommene Modelle und
Vorbilder.
Wie in keinem anderen Land der Welt sind die Kinder und
Jugendlichen bereit, sich einem harten Training zu unterwer-
fen, unter Bedingungen zu trainieren, wie sie insbesondere
in Europa schon längst nicht mehr anzutreffen sind und
Strapazen und Belastungen auf sich zu nehmen, wie sie in
Wohlstandsgesellschaften nicht mehr gefordert werden
können. Der Erfolg des chinesischen Hochleistungssports ist
deshalb wohl kaum aufzuhalten. Die Olympischen Spiele in
Peking im Jahre 2008 werden diesbezüglich eine eindrucks-
volle Demonstration sein. Wie kaum jemals zuvor wird es zu
einer Auseinandersetzung der drei größten Mächte der Welt
kommen. USA und Russland werden bemüht sein, ihre Füh-
rungsposition zu halten. Doch Vieles spricht dafür, dass
China die eigentliche Großmacht des olympischen Sports
werden wird. OF
 Wenn es um die Seele der
Spitzensportler geht
Von Stephan Brust
F
ür viele war es ein ganz normaler Sonntag - ein nor-
maler Sonntag im August. Doch für sie war er ein
besonderer Sonntag. Und enorm wichtig: Während der
Olympischen Spiele in Athen traf sich ein Teil der Athleten
morgens im Olympischen Dorf, um zu beten. Gott nah zu
sein. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit versteht sich. Denn
nur so hatte jeder Einzelne auch die Möglichkeit, Ruhe zu
finden, um gerade Erlebtes zu verarbeiten und neue Kraft zu
tanken für die Medaillenjagd, die noch folgen sollte. Das
Klientel: querbeet. Vom Olympiasieger bis zum Teilnehmer,
der im unteren Drittel der Ergebnislisten auftauchte. Erfolge
spielten hier keine Rolle. Sich austauschen in der Welt, in der
nur noch Siege zählen, das Konkurrenzdenken für einen
Augenblick vergessen, darauf kam es an. Und: Gott erfahren.
Schließlich haben auch Spitzensportler eine Seele. Was nach
außen hin oft so professionell wirkt, kann tief im Inneren
ganz anders aussehen. Manch einer ist unter dem gehörigen
Druck schon regelrecht in sich zusammen gebrochen. Ski-
springer Sven Hannawald gehört in Deutschland zu den
prominentesten Fällen. Wer wie er im Mittelpunkt einer
ganzen Nation stand, muss auch mental Höchstleistungen
erbringen - und gut beraten sein. Wie man sie auch bezeich-
nen mag oder sie sich selbst bezeichnen - Mental-Trainer,
Sportmentor, Sportpsychologe: sie werden im heutigen Sport
immer bedeutender. Natürlich grasen auch auf diesem Sektor
einige schwarze Schafe, die auf den ersten Blick nur schwer
auszumachen sind. Äußerlich professionell, innerlich kriminell.
Darauf bedacht, die Bekanntheit des Athleten für sich selbst
zu nutzen, Bares in die eigene Kasse fließen zu lassen, den
Sportler nach allen Regeln der Kunst zu hintergehen. Gefähr-
lich wird es vor allem dann, wenn sich die Athleten schnell
mit all ihren Problemen, die sie tagtäglich beschäftigen, für
den zunächst so vertraut wirkenden Berater öffnen und im
Endeffekt Munition gegen sich selbst liefern. Deshalb geben
Experten Sportlern den Rat: Es langsam angehen lassen. Wie
im normalen Leben.
Dietmar Ness ist einer dieser Experten. Seit 1993 Sportmentor,
zunächst ehrenamtlich, seit 1998 hauptamtlich. Der dreifache
Familienvater aus dem Westerwald hat schon jede Menge
Sport-Events erlebt. Ob die Fußball-Weltmeisterschaft 1998 in
Frankreich, die Olympischen Spiele 2000 in Sydney und die
Fußball-EM in diesem Jahr, wo er jeweils Einzelsportler betreut
hat. Oder die Leichtathletik-EM 2002 in München und die
Olympischen Spiele in Athen, wo er als offiziell akkreditierter
Sportmentor gefordert war. Um nur einige Highlights zu
nennen. Ness ist ein gefragter Mann. Ingesamt hat er Kontakt
zu mehr als 300 Sportlern, Trainern und Funktionären ver-
schiedenster Nationalitäten. Auch sonntags bei den Gottes-
diensten im Olympischen Dorf in Athen war er hautnah dabei.
"Ein Sportmentor müsste fester Bestandteil jeder National-
mannschaft sein", unterstreicht er, "es ist ja nicht so wie bei
normalen Ärzten, dass die Sportler mit irgendeiner Verletzung
zu uns kommen und nach einer Behandlung wieder nach
Hause gehen. Der Sportler muss ein Vertrauensverhältnis
aufbauen. Das braucht Zeit."
"Egal ob ich gewinne oder verliere,
da ist jemand für mich da"
Wissen Sie noch? Karl Friesen, dieser Teufelskerl zwischen den
Pfosten der Eishockey-Nationalmannschaft, zig Mal Deutscher
Meister und bis zu seinem Karriere-Ende 1998 einer der
beliebtesten Kufencracks in Deutschland. Er wurde von Bodo
Sandrock, einem Freund von Dietmar Ness, über viele Jahre
betreut und betonte immer wieder: "Es tut einfach gut zu
wissen: Da ist jemand für mich da, egal ob ich gewinne oder
verliere, ob ich gut spiele oder schlecht." Nicht im Sinne von
"Schulterklopfer, hey, alles super" (O-Ton Friesen), sondern in
enger Verbundenheit und Freundschaft, realistisch und boden-
ständig. Friesen: "Das hat mir geholfen, auf dem Eis immer
mein Bestes zu geben." Heute hat er ein Sportgeschäft in
21
Kanada, trainiert selbst eine Universitätsmannschaft und gibt
genau diese Erfahrungen an die "jungen Wilden" weiter.
Dietmar Ness oder Bodo Sandrock sind keine Fitness-Spezialis-
ten, die sich eines ausgeklügelten Trainingsprogramms bedie-
nen, um das Letzte aus dem Athleten herauszukitzeln. Sie sind
in erster Linie sympathische Charaktere, die mit ihrer Art, auf
andere Menschen zuzugehen, überzeugen. Ihre Arbeit basiert
auf Vertrauen. Sie sind kompetent und fördern die Leistung
ihrer Athleten. Horst Brune, ehemaliger Geschäftsführer des
Volleyball-Spitzenclubs Bayer Wuppertal, der lange mit Diet-
mar Ness im Europapokal zusammenarbeitete, sagt: "Dietmar
kann sehr gut mit Menschen umgehen. Er kann auch
geschickt auf egozentrisches Gehabe reagieren." Diese gewisse
Einfühlsamkeit, auch im größten Stress ruhig zu bleiben, selbst
dann, wenn für den Athleten gerade die Welt zusammenbricht
22
- das ist der Schlüssel, um hundertprozentiges Vertrauen
aufbauen zu können. Nur so funktioniert die Partnerschaft.
"Das Allerwichtigste ist", unterstreicht Ness, "dass wir den
Athleten zeigen, dass sie als Menschen vor Gott einen großen
Wert haben - unabhängig von einer guten oder schlechten
Platzierung."
Wie sehr die mentale Beratung, der Glaube, aber auch der
Austausch untereinander in der heutigen Welt des Leistungs-
sports an Bedeutung gewonnen haben, dokumentieren unter
anderem so genannte Bibelkreise. Extra für Spitzensportler.
"Hier suchen wir nicht nur die Verbindung zu Gott, hier kann
man auch alles bereden - negative und positive Momente.
Das ist sehr wichtig für mich", erklärt beispielsweise Shelley
Thompson, 21 Jahre alt und eine der großen Hoffnungen im
deutschen Frauenfußball. Obwohl die Düsseldorferin für
Vizemeister FCR Duisburg in der ver-
gangenen Bundesliga-Runde 30 Mal
das Runde im Eckigen untergebracht
und dabei mit elf Toren in drei Spielen
einen neuen Bundesliga-Rekord aufge-
stellt hatte, wurde sie von Tina Theune-
Meyer nicht zur Europameisterschaft
nach England mitgenommen. Ein
schwerer Schlag in jungen Jahren.
Gerade nach einer solch erfolgreichen
Saison. Doch die gebürtige Rheinlände-
rin, die zurzeit in Düsseldorf Medien-
und Kulturwissenschaften studiert,
kann damit umgehen. Weil sie positiv
denkt und sagt: "Ich weiß: Alles im
Leben ist für etwas gut. Auch diese
Erfahrung." Ihr Geheimnis ist ihr Glau-
be, die Nähe zu Gott. "Mein Glaube gibt
mir Kraft." So hat sie mit 21 schon
gelernt, wie man Rückschläge verkraftet
- und parallel dazu, wie man trotz
sportlichem Höhenflug auf dem Teppich
bleibt.
Apropos Rückschläge. Das Szenario
schreckt jeden Sportler ab. Vier Jahre
lang hartes Training, Tag für Tag. Endlich
wird der Traum "Olympische Spiele"
wahr und dann: Verletzung wenige
Stunden vor dem Wettkampf. In einer
Allerweltssituation im Olympischen Dorf
umgeknickt, von einer auf die andere
Sekunde alles verloren, den Traum
ausgeträumt. Und wer ist da? Je nach
Bekanntheitsgrad eine Meldung oder
mehr in der Presse, das war´s. Die beglei-
tenden Trainer haben just in dem
Moment nicht die Zeit, sich intensiv um
den ausgefallenen Athleten zu kümmern. Sie sind verantwort-
lich für das ganze Team, müssen sehen, dass die anderen in der
Mannschaft ihre Leistung abrufen. Und werden am Erfolg
gemessen. Ob und wie der verletzte Athlet dieses Erlebnis
verarbeitet, ist zunächst sekundär. "Von diesen Fällen hatte ich
in Athen gleich zwei kurz hintereinander", erinnert sich Ness.
Zwei junge Sportlerinnen, die unter Tränen verzweifelt jeman-
den suchten, um sich den Frust von der Seele zu reden, mit
dieser Situation einigermaßen klarzukommen. "Wenn man sich
verletzt oder eine sportliche Durststrecke erlebt, gibt es viel
weniger Menschen, die den Kontakt zu dir suchen", bestätigt
der ehemalige Fußballprofi Jens Rasiejewski (unter anderem
Eintracht Frankfurt, Hannover 96, FC St. Pauli). "In diesen
Phasen ist es unheimlich wichtig, jemanden zu haben, der sich
gerade dann um dich bemüht."
Idealvorstellung: Zusammenspiel von
Sportmentor und Sportpsychologe
Dietmar Ness´ Idealvorstellung: ein Athlet oder eine Mann-
schaft profitieren vom Zusammenspiel eines Sportmentoren
und eines Sportpsychologen. "Denn es ist doch klar", sagt
Ness, "wenn ich mich als Mentor mit dem Psychologen gut
verstehe und ein Athlet mit einem Problem zu mir kommt, das
eher auf ein Krankheitsbild hindeutet, geht der Sportler mit
Sicherheit nach meiner Empfehlung schneller auf den Psycho-
logen zu als ohne diese Vertrauensbrücke." So kann dem
Athleten schneller geholfen werden. Ness sieht Sportmentoren
eher als "begleitende Ratgeber". "Wir können nur bis zu einer
gewissen Grenze beraten", sagt er. Wenn diese überschritten
ist, sprich, der Athlet psy-
chisch krank erscheint,
kommt der Psychologe mit
seinen speziellen Kenntnissen
und Therapiemethoden ins
Spiel. Eines sei aber ganz
wichtig: "Ich darf als Mentor
nie den Fehler machen, alles
für den Athleten leisten zu
wollen. Ich muss ein profes-
sioneller Partner sein und je
nach Bedürfnis kompetente
Personen vermitteln, um
sicherzustellen, dass dem
Athleten auch optimal
geholfen wird", stellt Ness
heraus.
England arbeitet seit Jahren
schon vorbildlich, was Men-
toring angeht. In allen Spar-
ten des Sports. Vom Profifußball bis zum so beliebten Pferde-
rennen der Briten. Einer der bekanntesten "Sportseelsorger"
auf der Insel ist John Boyers, der die Premiere-League-Kicker
von Manchester United betreut. Er sorgte unter anderem auch
dafür, dass Ness als einer von 28 offiziell akkreditierten Seel-
sorgern weltweit im Olympischen Dorf in Athen arbeiten
durfte. Ein erfahrener, einflussreicher Mann, der im Grunde
aber genauso wie seine Kollegen eines stets in den Mittel-
punkt seiner Arbeit stellt: Menschlichkeit.
Dazu passt auch die Geschichte von Ralf Schumann, dreifa-
cher Olympiasieger mit der Schnellfeuerpistole, die er kürzlich
in der aktuellen Ausgabe der Deutschen Schützenzeitung
erzählt hat. Nach seinem Triumph in Athen lernte er bei
seinem Auftritt in der Talkshow "Beckmann" auf der Aida den
früheren Weltklasseturner Andreas Wecker kennen. Eine
Begegnung, die sein Leben veränderte, wie er sagt. "Andreas
Wecker hat mir geholfen, zu Jesus zu kommen." Wecker
öffnete Schumann die Augen, nachdem der schon in den
Monaten zuvor einige merkwürdige Dinge erlebt hatte. Im
Gespräch mit Wecker stellte sich heraus: Es war eine Offenba-
rung. "Ich weiß, dass sich das alles anhört, als würde ich
übertreiben, aber genau so ist es gewesen." Mehr als drei
Monate vor den Spielen habe er gesehen, dass er Olympiasie-
ger werden würde. "Es lief ein Film vor meinen Augen ab. Ich
habe die Siegerehrung gesehen. Es ist in Athen alles genau so
gewesen, wie ich es vorher gesehen habe, in jedem Detail." Als
Andreas Wecker dann den Bezug zu Gott, Jesus und dem
Heiligen Geist hergestellt habe, "hat es Klick gemacht", so
Schumann. Seitdem habe sich seine gesamte Lebensqualität
"verbessert". "Es geht nicht nur um das Gewinnen", macht
Schumann abschließend deutlich, "es geht ums Leben. Es gibt
einfach etwas, das stärker ist." OF
Shelley Thompson
23
Kienbaum gestern,
heute und morgen:
Deutschlands Bundesleistungszentrum
Nummer eins
Von Hansjürgen Wille
oldmedaillen statt Granaten. Einst Sägewerk, später
G Munitionsfabrik, nach dem Zweiten Weltkrieg dann
Kaderschmiede des DDR-Hochleistungssports und jetzt
Deutschlands Bundesleistungszentrum Nummer eins. Kien-
baum, gestern und heute, wie die einzelnen Etappen unter-
schiedlicher kaum ausfallen können. Eine gute halbe Auto-
stunde östlich von Berlin befindet sich in einem 60 Hektar
großen Waldstück und direkt am Liebenberger See gelegen
jene Trainingsstätte, die von Leichtathleten und Kanuten,
Turnern und Volleyballern gleichermaßen geschätzt und
gelobt wird. So manch eine Olympiasiegerin und so manch ein
Weltmeister holte sich hier die Kondition, Kraft, Ausdauer und
Schnelligkeit für den großen Erfolg.
Anlässlich des Jubiläums "50 Jahre Weltklasse in Kienbaum -
50 Jahre Spitzensport in Kienbaum" wurde aber nicht nur in
Nostalgie geschwärmt und noch einmal die glorreiche Vergan-
genheit herauf beschworen, wenngleich viele Athleten des
ehemaligen DDR-Sports die Gelegenheit zur einer freudigen
Wiedersehensfeier nutzten. Nein, Dr. Hans-Georg Moldenhau-
er als Vorsitzender der Trägergemeinschaft dieser Institution
unterstrich in seiner Begrüßungsrede vor vielen prominenten
Gästen den hohen Stellenwert, den die Anlage in der Jetzt-
24
Zeit besitzt: "Zehn Spitzenverbände haben sie zu ihrem Trai-
ningszentrum erkoren, was ein bemerkenswerter Fakt ist." Ob
aus Dortmund oder Chemnitz, vom Königssee in Bayern oder
von der Insel Rügen, gern kommen die Athleten und Athletin-
nen ins Bundessleistungszentrum nach Kienbaum, das sich in
den letzten anderthalb Jahrzehnten zum allgemeinen Treff-
punkt des deutschen Spitzensports entwickelt hat.
Kein Wunder auch, denn die Ausstattung der Anlage lässt sich
schlichtweg als ideal bezeichnen. Sowohl die Unterkunfts- als
auch die Lehrräume sind in der jüngsten Vergangenheit auf
den neuesten Stand gebracht worden, gleiches gilt für die
vielfältigen Trainingsmöglichkeiten, die allen Anforderungen
genügen und den modernsten Voraussetzungen entsprechen.
Rund 41 Millionen Euro hat im letzten Jahrzehnt das Bundes-
innenministerium für Investitionen und den Unterhalt beige-
steuert. So entstanden nach und nach eine moderne Dreifel-
derhalle, die sich besonders für Volleyball und Rhythmische
Gymnastik eignet, die angeschlossene Sportmedizin mit allem
Drum und Dran, ein neuer Kraftraum, mehrere Bungalows und
das Kanuzentrum. Außerdem wurden die große Mehrzweck-
halle, die vor allem den Werfern zugute kommt, das Unter-
kunftsgebäude in Kienbaum II sowie zuletzt der Küchentrakt
mit dem Tagungszentrum saniert, das nach einjähriger
Umbauzeit wieder seiner Bestimmung übergeben wurde. Und
zwar im Beisein von "Täve" Schur, Roland Matthes, Udo Beyer,
Marlies Göhr, Kathrin Boron oder auch Andreas Dittmer, der
als noch aktiver Kanute vor kurzem in den Vorstand der Trä-
gergemeinschaft gewählt wurde und hier die Funktion eines
Schatzmeisters übernahm.

"Für mich gibt es nichts Vergleichbares in Deutschland", erklär-

te mit berechtigtem Stolz DSB-Präsident Manfred von Richt-
hofen. "Es war allerdings nicht einfach nach der Wende, dieses
besondere Leistungszentrum für den Sport zu erhalten. Wir
mussten unendlich viel Überzeugungsarbeit leisten, denn in
Bezug auf die DDR-Vergangenheit waren viele Verantwortliche
in der Bundesrepublik, darunter auch Beamte aus dem Innen-
ministerium, der Auffassung, dass Kienbaum aus mannigfalti-
gen Gründen keine Daseinsberechtigung mehr besäße und
daher nicht mehr aufrecht erhalten werden sollte, zumal die
Dopingpraxis hier einst zum Alltag gehörte. Trotz aller Vorbe-
halte waren wir im DSB-Präsidium und im Landessportbund
Berlin, dessen Präsident ich damals war, sowie einige wichtige
Spitzenverbände anderer Auffassung und befürworteten die
Fortführung, denn die Einrichtung konnte doch schließlich
nichts für das System."

Für eine Weiterexistenz der Anlage sprachen nicht nur die

idyllische Umgebung, die absolute Ruhe und die Abgeschie-
denheit fernab von jeglichem Trubel, sondern auch die Anbin-
dung an eine Großstadt. Denn Kienbaum befindet sich unmit-
telbar vor den Toren Berlins und ist somit verkehrstechnisch
gut zu erreichen. Neben einigen bundespolitischen Hürden
gab es aber auch noch andere Hindernisse zu meistern. So die
ernsthaften Probleme mit dem Landessportbund Brandenburg
und der Landesregierung in Potsdam, die unisono der Sport-
schule Lindow den Vorzug gaben und nicht gewillt waren,
dem Aufsichtsrat von Kienbaum beizutreten geschweige denn,
sich an den notwendigen Sanierungs- beziehungsweise Unter-
haltungskosten zu beteiligen.

In mühevollen Gesprächen konnte jedoch die Sache 1995 zu

einem guten Ende geführt werden, wobei in erster Linie die
erfolgreichen Verhandlungen mit dem jeweils zuständigen
Bundesinnenminister, Kanter und Schily, die Rettung von
Kienbaum beschleunigten. Aber auch mit der Oberfinanzdirek-
tion Cottbus, die letztendlich das Sagen in der Grundstücks-
frage hatte, konnte Einigkeit erzielt werden. Inzwischen hat
der Landessportbund Brandenburg seine Vorbehalte aufgege-
ben und gehört wie Berlin und übrigens auch Nordrhein-
Westfalen dem Trägerverein an, ebenso die Verbände der
Leichtathleten, Turner, Kanuten, Volleyballer, Tischtennisspieler,
Schützen, Triathleten, Bob- und Schlittensportler sowie Behin-
dertensportler, die vor allem im Hinblick auf Großereignisse
Kienbaum gern bevorzugen.

Die Führungscrew

25
Ursprünglich befand sich auf dem waldreichen Areal am
Liebenberger See eine Sägemühle, deren Betrieb sich aller-
dings als nicht rentabel genug erwies und schließlich einge-
stellt wurde. Die halb verfallenen Gebäude dienten über
mehrere Jahre hinweg den Dorfarmen als notdürftige Unter-
künfte. Doch schon während des Ersten Weltkriegs, vor allem
aber während der Hitler-Diktatur, wurden die Räume ausge-
baut, mit feuerfesten Kellern versehen, um Handgranaten
herzustellen. Nach 1945 wurde auf Anweisung der Roten
Armee die Munitionsfabrik sofort geschlossen, die Maschinen
demontiert und der Besitzer enteignet. Nach einem dreijähri-
gen Leerstand übernahm die Deutsche Wirtschaftskommission
das Anwesen und entschloss sich zum Bau eines Erholungs-
heimes, vorrangig für Künstler, Wissenschaftler und Staats-
funktionäre der DDR. Die Einweihung fand am 17. September
1949 statt.
Doch schon bald änderten die Verantwortlichen ihre Pläne
und machten 1952 aus Kienbaum eine zentrale Sport- und
Trainingsstätte, die in den folgenden Jahren mehr und mehr
zu einer abgeschirmten Kaderschmiede des DTSB ausgebaut
wurde. Vor allem, als dann Anfang der achtziger Jahre die
geheime, in den tiefen märkischen Sand hinein gegrabene
und von außen kaum zu erkennende Unterdruckkammer
entstand, wo ein Training in Höhen von 2.500 bis 3.600
Metern simuliert werden konnte. Langstreckler, Radfahrer,
26
aber auch Kanuten, für die eigens ein Wasserbecken entstand,
mussten hier "unter Tage arbeiten" und ihre Einheiten absol-
vieren, wobei es sich, wie der Geher Ronald Weigel erzählte,
um einen Aufenthalt zwischen vier Stunden und zehn Tagen
handelte. Nur mit gewissem Widerwillen erinnert sich auch
eine Birgit Fischer an jene Zeit. Übrigens war sogar daran
gedacht, eine unterirdische 200-m-Laufbahn zu bauen. Doch
dazu kam es wegen der Wende nicht mehr.
Inzwischen kam das Thema der Unterdruckkammer immer
wieder einmal auf die Tagesordnung, doch die Mehrzahl der
Verbände lehnte eine Reaktivierung ab, weil es heutzutage
einfachere und billigere Methoden des Höhetrainings gibt.
Noch im Sommer vergangenen Jahres hatten allerdings bei
einem Besuch des Bundestags-Sportausschusses mehrere
Vertreter aus der Leichtathletik, dem Ski- und Judosport, aber
auch vom Rudern für den Erhalt der Anlage plädiert, wollten
allerdings erst die Aussagen der Mediziner und Erkenntnisse
der Sportwissenschaftler abwarten. Die fielen jedoch mehr-
heitlich negativ aus. Die große Frage heißt nun: Was wird aus
dem unterirdischen Komplex? Die Vorschläge reichen dabei
von Abreißen über Diskokeller bis hin zu einem Museum.
Dieses Problem ist allerdings derzeit zweitrangig. Nach der
gerade erfolgten Sanierung des Essentraktes und Tagungszen-
trums kommt als nächstes Projekt die Schwimmhalle an die
Reihe, die dringend einer Überholung bedarf. Damit dürfte
dann die erste große Sanierungs- und Umbauphase abge-
schlossen sein, meint der Geschäftsführer des Bundesleis-
tungszentrums Klaus-Peter Nowack. "Die Gelder seitens des
BMI sind bereits genehmigt, so dass Anfang Januar mit den
Arbeiten begonnen werden kann, die etwa ein Jahr lang
dauern. Ferner muss eines Tages das Hauptgebäude, für das
derzeit ein neues Nutzungskonzept erarbeitet wird, saniert
werden, ebenfalls die Leichtathletik-Anlage und die Ballspiel-
halle in Kienbaum II sowie einige alte Pavillons."
Dass Kienbaum von den Sportlern angenommen wird, beweist
die jährliche Auslastung von 67 Prozent. Seit 1991 kamen
insgesamt 750.000 Besucher, die immer wieder versicherten,
sich hier ausgesprochen wohl zu fühlen, weil alle Mitarbeiter,
angefangen vom Technischen Leiter Erhard Gräbert und der
Verwaltungsleiterin Rita Tietze bis hin zum einfachen Hand-
werker beziehungsweise der Servicekraft in der Küche, stets
bereit sind, den Gästen jeglichen Wunsch von den Lippen
abzulesen. Und nicht zuletzt ein Sven Ottke, inzwischen abge-
tretener Box-Weltmeister im Supermittelgewicht, stellte fest:
"Hier wird man umsorgt wie bei Muttern." Die Speerwerferin
Steffi Nerius sprach sogar von ihrer "zweiten Heimat", und
Nadine Kleinert, die in Athen Olympiazweite im Kugelstoßen
wurde, meinte, "dass die Silbermedaille ohne Kienbaum nicht
möglich gewesen wäre".
In erster Linie bleibt die Anlage den Bundeskader-Athleten der
Kategorien A, B, C vorbehalten, was zu zwei Dritteln auch der
Fall ist. Gibt es allerdings zu gewissen Zeiten freie Kapazitäten,
so können Seminare oder Lehrgänge von Verbänden, Institu-
tionen beziehungsweise anderen Sportgruppen stattfinden.
Selbstverständlich würde es das Bundesleistungszentrum auch
verkraften, sollte im nächsten Jahr eine ausländische Natio-
nalmannschaft hier vier Wochen lang ihr Quartier anlässlich
der Fußball-Weltmeisterschaft aufschlagen, um sich auf die
Spiele vorzubereiten. Dr. Moldenhauer, zugleich auch DSB-
und DFB-Vizepräsident, stellte erfreut fest: "Auf jeden Fall
wurden wir in den FIFA-Katalog aufgenommen, der den
qualifizierten Teilnehmerländern zugesandt wurde. Allein das
spricht für die Güte unserer Anlage."
Die 41 Millionen Euro, die vom BMI für Investitionen und
Unterhaltskosten in den letzten acht Jahren ausgegeben
wurden, sind "gut angelegtes Geld", erklärte der Staatssekretär
Dr. Göttrik Wewer bei einem Besuch und meinte dann
schmunzelnd weiter: "Kienbaum ist uns lieb und teuer." Die
Anlage, die nach der Wende angestaubt, veraltet und dringend
sanierungsbedürftig war, ist inzwischen aufpoliert worden und
stellt derzeit eine wahre Perle des deutschen Sports dar.
61.474 Sportler und Sportlerinnen, die durchschnittlich Jahr
für Jahr hierher kommen, können das nur bestätigen. OF
27
 Athleten N
ach ihrer Gründung 1967 galt die Stiftung Deutsche
Sporthilfe lange Zeit als "Sozialwerk des deutschen
Sports". Doch ebenso wie der Spitzensport in den

Service
vergangenen knapp 40 Jahren eine rasante Entwicklung hinter
sich hat, so hat auch die Sporthilfe ihre Unterstützung von
Athleten an die gewandelten Gegebenheiten anpassen und
ausbauen müssen. Heute versteht sich die Sporthilfe eher als
leistungsorientierte "Athleten Service Gesellschaft" denn als

Gesellschaft
Sozialwerk. Doch der soziale Kern ist geblieben: Rund ein
Drittel der Fördergelder fließt in die vielschichtige soziale
Absicherung der Sportler.

Die Sporthilfe wurde als "Sozialwerk des Sports" gegründet,

um deutschen Athleten unter den Amateursportbedingungen

mit sozialem
der sechziger Jahre ein Umfeld zu schaffen, in dem sie sportli-
che Höchstleistungen erreichen konnten. Denn angesichts der
Bemühungen anderer, oftmals totalitärer Staaten, ihre spit-
zensportliche Elite als außenpolitischen Nachweis nationaler
und ideologischer Überlegenheit zu nutzen und ihr deswegen

Kern
auch ein soziales Sicherungssystem zu schaffen, fürchtete
Deutschland, bei internationalen Wettkämpfen auf lange Sicht
ins Hintertreffen zu geraten. Zur Erinnerung: Die gesamtdeut-
sche Mannschaft mit den extrem erfolgreichen "Staatsama-
teuren" der DDR ging 1964 zum letzten Mal bei Olympia an
den Start.

Über Philosophie 1968 waren die bundesdeutschen Athleten auf sich gestellt.
Neben Talent und Ehrgeiz entschieden zunehmend die Trai-
ningsbedingungen der Athleten den Kampf um die Spitzen-

und Arbeitspraxis
plätze im internationalen Sport. Die soziale und gesellschaftli-
che Unterstützung der Athleten wurde in diesem Umfeld zu
einer entscheidenden Größe bei der Entwicklung sportlicher

einer Säule des

Leistungsfähigkeit. Die Zeit des voll berufstätigen Olympiasie-
gers war vorbei. Deutschland wollte beweisen, dass die Unter-
stützung und Förderung von Topleistungen im internationalen
Sport in einer demokratischen Gesellschaft auch ohne staatli-

Spitzensports
che Absicherung und in Freiwilligkeit möglich gemacht wer-
den konnte.

In der Stiftungsurkunde ist festgehalten, dass die Sporthilfe

Von Hans Wilhelm Gäb,
Vorsitzender des Vorstands der
Stiftung Deutsche Sporthilfe
mit dem Ziel errichtet wurde, "in ihrem Bereich einen Beitrag
zur Lösung der sozialen und gesellschaftspolitischen Probleme
des Leistungssports zu leisten". Dass dieser Beitrag später
einmal Größenordnungen von jährlich rund zwölf Millionen
Euro umfassen würde, hatte damals niemand geahnt. Kleine
Einzelbeträge, die damals von den Athleten beantragt wurden,
kennzeichnen die Förderleistungen der ersten Stunde. Manfred
Germar, Gründungsmitglied des über die Fördermittel ent-
scheidenden Gutachterausschusses, erinnert sich noch an die
erste Sitzung am 29. Juli 1967: "Der erste Antrag, der behan-
delt wurde, war der des Eiskunstläufers Wolfgang Danne. Eine
Beihilfe zu den Arztkosten von 400 DM, für damalige Verhält-
nisse ein hoher Betrag, wurde einstimmig genehmigt." Weitere
Anträge behandelten Studienbeihilfen, Kostenübernahme für

28
Nachhilfeunterricht, Fahrtkosten, Beschaffung leistungssport-
freundlicher Arbeitsplätze, usw. Heide Ecker-Rosendahl spricht
noch heute rückblickend gerne anerkennend von den "Sport-
hilfe-Steaks", die den Athleten auf die Beine
halfen.
Auch bei der Beurteilung der Förderwürdigkeit werden nach
wie vor soziale Kriterien berücksichtigt - wobei seit Überarbei-
tung des Förderkonzepts nach den Olympischen Spielen von

Innerhalb der ersten fünf Jahre ihres Bestehens,

bis zu den Olympischen Spielen in München,
konnte die Sporthilfe ihre Fördermittel von
ursprünglich 77.000 DM auf insgesamt fast 10
Millionen DM steigern. Der erste Vorsitzende
Josef Neckermann sprach in Vorstandsetagen vor
und konnte die deutsche Wirtschaft für die Idee
der Sporthilfe begeistern. Er ließ sich dafür gerne
als "Bettler der Nation" bezeichnen. Neben sei-
nem herausragenden Renommee, das er sich
gleichermaßen als erfolgreicher Sportler und
Unternehmer erworben hatte, waren es die
damaligen sozialen Verhältnisse innerhalb eines
noch nicht kommerzialisierten Sports, die noch
unwichtige Rolle der elektronischen Medien als
Markt für Sponsoren und die noch nachklingen-
den Traditionen des klassischen Mäzenatentums,
welche die Erfolgsgeschichte der Sporthilfe
beeinflussten. Als Neckermann sich 1988 aus
dem Vorstand des "Sozialwerks des Sports" verab-
schiedete, wie er es gerne nannte, hatte er insge-
samt knapp 210 Millionen DM zur Förderung der
Athleten zusammen gebracht (bis heute sind es
335 Millionen Euro). Der Visionär hatte in 21
Jahren eine Förder-Institution etabliert, die aus
der deutschen Sportlandschaft nicht mehr weg-
zudenken war.

Freilich haben sich die Anforderungen an einen

Spitzensportler in den vergangenen 38 Jahren
radikal gewandelt, nicht zuletzt durch die im
Jahre 1981 vom IOC beschlossene Aufhebung des
Amateurpassus für Olympioniken. Das Span-
nungsfeld aus Medien, Sport und Wirtschaft
vernetzte sich in Folge immer stärker und gibt
heute den Rahmen vor, in dem professioneller
Spitzensport stattfindet. Auch die Fördermittel
und -maßnahmen, derer sich die Sporthilfe
bedient, um erfolgreich zu sein, mussten ständig
erweitert werden. Der Grundsatz jedoch blieb
gleich: "Die Stiftung dient ausschließlich und unmittelbar dem Sydney 2000 die leistungsbezogenen Kriterien dominieren. Die
gemeinnützigen Zweck, Sportler und Sportlerinnen, die sich Begrifflichkeit "Sozialwerk des deutschen Sports" mag zwar
auf sportliche Spitzenleistungen vorbereiten, solche erbringen noch im Kern zutreffen, als Leistungsbeschreibung für die
oder erbracht haben, zum Ausgleich für ihre Inanspruchnahme Sporthilfe war diese Aussage jedoch nicht mehr hinreichend.
durch die Gesellschaft und bei der nationalen Repräsentation Sie würde das heutige Tätigkeitsfeld der Stiftung allzu sehr
ideell und materiell durch alle dazu geeigneten Maßnahmen einengen. Die Sporthilfe bietet ihren rund 3.800 geförderten
zu fördern." So heißt es in der Verfassung der Stiftung, die den Athleten mittlerweile ein umfangreiches Dienstleistungs-Paket
Förderauftrag definiert, auch heute noch wie zu Beginn. an, das weitaus umfassender aufgestellt ist. Der soziale Kern

29
jedoch ist nach wie vor essentieller Bestandteil der modernen
Athleten Service Gesellschaft.
Wie schnell tragische Ereignisse eine sportliche Karriere enden
lassen und den Athleten in eine schwierige Lebenssituation
bringen können, hat zuletzt der folgenschwere Unfall von
Ronny Ziesmer gezeigt. In solchen Fällen hat die Stiftung
Deutsche Sporthilfe in der Vergangenheit durch die Einrich-
tung von Sonderfonds für verunglückte Athleten wiederholt
soziale Verantwortung übernommen. Die bekanntesten Sport-
hilfe-Hilfsfonds sind der Deckarm-Fonds für den 1978 verun-
glückten Handball-Weltmeister Joachim Deckarm, der Wolfs-
hohl-Fonds für den querschnittsgelähmten Radfahrer Rolf-
Dieter Wolfshohl oder jetzt aktuell der Ziesmer-Fonds für den
querschnittsgelähmten Turner Ronny Ziesmer. Die Fonds sind
in der Regel mit einem hohen Kapitalbetrag ausgestattet,
deren Zinserlöse einen Teil der jährlich anfallenden Betreu-
ungskosten tragen. Die Fonds werden gespeist von Spenden-
aktionen der Bevölkerung und mit gezielten Hilfsaktionen in
der sportlichen Umgebung.
Gegen die kleineren "Pannen" des Sportalltags wappnet die
Sporthilfe ihre Athleten durch ein umfangreiches Versiche-
rungspaket. Gemeinsam mit der ARAG Versicherungs-AG
wurde ein Fürsorgepaket mit Haftpflicht-, Unfall- und Rechts-
schutz-Versicherung aufgelegt, das ebenso zur "Standardaus-
stattung" eines jeden geförderten Athleten gehört wie eine
spezielle Auslandsreise-Krankenversicherung bei der EUROPA
Krankenvers. AG. Letztere ist eigens auf die Bedürfnisse von
Sportlern abgestimmt, wie z.B. längere und häufige Auslands-
aufenthalte bei Wettkämpfen oder Lehrgängen. Allein 400.000
Euro wendet die Sporthilfe jährlich für Versicherungsprämien
auf, um ihren Sportlern dieses Maß an Sicherheit für den Fall
der Fälle bieten zu können.
Für viele deutsche Athleten ist die Sporthilfe häufig nach wie
vor die einzige regelmäßige Geldquelle. Auch wenn nach dem
selbstauferlegten Subsidiaritätsprinzip unsere finanziellen
Leistungen stets nur ergänzend wirken, so ist für viele Sportler
doch die monatliche Zuwendung eine zuverlässige und ent-
scheidend wichtige finanzielle Einnahme. Um so härter trifft
es Athleten, die auf Grund einer besonderen beruflichen oder
familiären Situation oder auch verletzungsbedingt die vorge-
gebenen Leistungskriterien nicht mehr erfüllen können und
dadurch ihren Kader-Status verlieren. Vielfach entfällt so die
formale Voraussetzung für die Förderung. Der S-Kader (Son-
der-Kader) der Sporthilfe hilft. Hier können Athleten aufge-
nommen werden, bei denen das reguläre Fördersystem über-
gangsweise nicht greift. Hockeyspieler Christian Blunck,
Ruderin Kathrin Boron, Judoka Katja Gerber oder Skispringer
Jens Weißflog sind einige prominente Fälle, bei denen auf
diese Art die sportliche Perspektive erhalten wurde. Katrin
Rutschow-Stomporowski, Ruder-Olympiasiegerin von Athen,
profitiert aktuell von dieser schnellen und unbürokratischen
30
"Notfall-Förderung". Im kommenden Frühjahr erwartet sie
Zwillinge, danach aber geht es in Richtung Peking 2008
weiter.
Die soziale Absicherung der geförderten Athleten gehört zu
den Kernzielen der Sporthilfe. Neben Versicherungsschutz und
individuellen Sonderhilfen, die eine unmittelbare Absicherung
für den Ausnahmefall darstellen, spielen strukturelle Hilfen
wie "Laufbahnberatung" oder "Duale Karriereplanung" eine
maßgebliche Rolle. Vielen Top-Sportlern fehlt häufig die Zeit,
optimal und zielgerichtet Sport und Beruf miteinander zu
verbinden. Oft muss der Beruf zu Gunsten des Sports zurück-
stehen. Nur die wenigsten deutschen Spitzensportler können
von ihrem Sport leben, insbesondere nach der sportlichen
Karriere stehen viele vor einem "schwarzen Loch". Deshalb ist
es notwendig, gemeinsam mit den Athleten frühzeitig eine
eigene Karriereplanung zu entwickeln, mit deren Hilfe Sport,
Schule und Beruf in Einklang gebracht werden können. Neben
"Berufsorientierungsseminaren" gehören Leistungen wie die
Verdienstausfallerstattung oder Ausbildungsbeihilfen, Inter-
natskosten oder Studienbeihilfen zu diesem Bereich, für den
die Sporthilfe allein im Jahr 2004 fast drei Millionen Euro
aufbrachte.
Besonders erfolgreiche Sportler haben seit über 20 Jahren
zusätzlich die Chance, für einen beruflichen Abschluss oder
eine Weiterqualifizierung auch nach Ende der sportlichen
Laufbahn finanzielle Unterstützung zu erhalten - über ein
"Sporthilfe-Stipendium". Die sportlichen Kriterien hierfür
liegen sehr hoch. Medaillengewinne bei Olympischen Spielen
und Weltmeisterschaften sind Mindestvoraussetzung. Neben
den Leistungskriterien werden die inhaltliche Antragsbegrün-
dung, aber auch das besondere Engagement und eine vorbild-
liche Haltung während der sportlichen Laufbahn für die
Genehmigung eines Stipendiums berücksichtigt. Derzeit
profitieren von dieser Sondermaßnahme u.a. die Gewichthe-
ber Oliver Caruso und Marc Huster sowie die beiden Hockey-
"Golden-Girls" Franziska Gude und Denise Klecker.
Diese und ähnliche Maßnahmen bilden das Fundament, auf
dem die soziale und materielle Förderung des Spitzensports in
Deutschland aufbaut. Doch ist die Stabilität dieser Förderung
abhängig von gesellschaftspolitischen Überzeugungen in
Wirtschaft, Politik und Bevölkerung. Wer fair erkämpfte Erfol-
ge deutscher Athleten als Motivation für unsere Bundesrepu-
blik ansieht, wer Siege bei internationalen Wettbewerben als
ein Teil des Gütesiegels "Made in Germany" versteht, wer die
Leistungsbereitschaft tausender junger Top-Athleten als
Signal und Vorbild in einer derzeit ein wenig müde wirkenden
Gesellschaft erkennt - der sollte mithelfen, die Stiftung Deut-
sche Sporthilfe als eine ebenso leistungsbejahende wie ver-
antwortungsvoll handelnde Institution unseres Landes zu
unterstützen. OF
G
eld regiert die Welt. Und wenn es knapp wird wie
derzeit in bundesdeutschen Landen, dann heißt es
allenthalben in Politiker-Reden, den Gürtel enger zu
schnallen. Dann wird an Gemeinsinn und Solidarität appel-
liert, weil die Kassen nun mal leer sind und es irgendwie
weitergehen muss. Um so bemerkenswerter ist, dass immer
dann aus leeren Kassen noch viel herauszuholen ist, wenn die
Menschen bei Katastrophen - sei des die Sturmflut vor unse-
rer Haustür im Osten Deutschlands vor drei Jahren oder die
jüngste Tsunami-Tragödie in Südostasien - um Hilfe gebeten
werden. Die Bereitschaft zu helfen ist gesamtgesellschaftlich
betrachtet auch in Zeiten wirtschaftlicher Krisen vorhanden.
Aber konstant - Krise hin, Krise her - spielt der Sport eine
ganz besondere Rolle, wenn es ums Helfen geht. Schon
häufig war vom "Millionenspiel der Menschlichkeit" oder vom
"Marathon der Barmherzigkeit" die Rede. Denn so wie einer-
Spenden in Höhe von 100.000 Euro zusammen. Die Stiftung
Deutsche Sporthilfe, der Deutsche Sportbund und der Deut-
sche Turner-Bund richteten ein Spendenkonto ein, auf das
bereits mehr als 300.000 Euro geflossen sind. In der Pause von
Bundesligakämpfen der Kunstturner wurde für Ziesmer
gesammelt, und die Deutsche Sporthilfe und die Frankfurter
Sportpresse veranstalteten beispielsweise Benefiz-Golfturniere
für den verunglückten Turner. Die DTB-Benefiz-Gala in der
Berliner Max Schmeling-Halle wurde zum Höhepunkt der
Aktion "Hilfe für Ronny Ziemer".
Zum 18. Mal findet am zweiten November-Sonntag dieses
Jahres der sogenannte Arque-Lauf über 33,735 Kilometer von

Der
seits gigantische Summen in schwindelerregender Höhe beim
Pokern um Fernsehrechte oder für Gehälter und Transfers
balltretender Jungunternehmer gezahlt werden, so eröffnet
sich im Bereich des Sports ein offenbar unversiegbares Spen-
denpotenzial, das von weltumspannenden Benefiz-Aktionen

barmherzige
bis hin zu Hilfsmaßnahmen in unseren mehr als 90.000
Sportvereinen jährlich Summen freisetzt, die sich im hohen
Milliardenbereich bewegen.

Der Beispiele gibt es unendlich viele. Mit einem Lauf durchs

ganze Land, mit dem er den Krebs besiegen wollte, startete im

Marathon des
Sommer 1980 der damals 22-jährige Kanadier Terry Fox. Der
junge Mann, dessen rechtes, vom Knochenkrebs befallenes
Bein amputiert worden war, lief bei seinem Marathon der
Hoffnung 5.374 Kilometer, dann musste er aufgeben. Terry Fox
starb im Juni 1981. Aber die Erinnerung an ihn lebt in den

Sports
Terry Fox-Läufen bis heute weiter. Sie haben bisher umgerech-
net schon 250 Millionen Euro für die Krebsforschung erbracht.

Mehr als 3.600 Teilnehmer starteten Ende September in Frank-

furt am Main beim "Race for the cure", einem fünf Kilometer-
Lauf rund um das Museumsufer. Mit dem Erlös soll Forschung
für die Früherkennung und Heilung von Brustkrebs betrieben
werden. Die Startgelder der von dem Verein "Komen Deutsch-
land" veranstaltenden Laufserie kommen Kliniken und Bera-
tungsstellen zugute. Im vergangenen Jahr kamen mehr als
Von Walter Mirwald
200.000 Euro zusammen. Als Botschafterin für "Komen" setzt
sich auch die ehemalige Olympiasiegerin im Weitsprung, Heike
Drechsler, ein.
Kelkheim nach Mainz statt, mit dessen Erlös die Arbeitsge-
Eine Welle der Hilfsbereitschaft erfuhr auch Ronny Ziesmer, meinschaft für Querschnittgelähmte mit Spina bifida/Rhein-
dessen Schicksal die Nation erschütterte. Wenige Wochen vor Main-Nahe e.V. - kurz Arque genannt - unterstützt wird.
dem großen Ziel, der Teilnahme an den Olympischen Spielen Initiator dieses Laufes ist der 50 Jahre alte frühere fünfmalige
2004 in Athen, verletzte sich der Kunstturner beim Abschluss- deutsche Meister auf den Mittelstrecken, Michael Lederer, der
training im Bundesleistungszentrum Kienbaum beim Sprung für den OSC Hoechst und den ASC Darmstadt startete. Lederer
so schwer, dass er vermutlich für immer vom Hals abwärts lief am Silvestermorgen 1988 von seinem Wohnort Kelkheim
gelähmt bleiben wird. Mit Aktionen im Olympiastudio von zur Mainzer Universitätsklinik, um seinen querschnittgelähmt
ARD und ZDF kamen bereits während der Spiele von Athen geborenen Sohn Matthias zu besuchen. Damit wurde der

31
Arque-Lauf aus der Taufe gehoben, an dem regelmäßig nahe-
zu eintausend Sportler, die in fünf Leistungsgruppen - betreut
von sogenannten Pacemakern - die Distanz absolvieren und
mit ihren Meldegeldern die Arque unterstützen. Rund 800.000
Euro sind bisher aus diesem Lauf in die Kasse der Organisation
geflossen, die mit diesen Mitteln unter anderem wichtige
medizinische Geräte angeschafft hat und betreute Wochen-
end- und Urlaubsreisen für junge Querschnittgelähmte finan-
zierte.
In Sulzbach im Main-Taunus-Kreis ist an einem Sonntag im
Frühjahr fast der gesamte Ort auf den Beinen, um bei einem
Volkslauf über sechs Kilometer Geld für die Kinderkrebsstation
der Frankfurter Universitätsklinik zu sammeln. Eine Kinderärz-
tin hatte die Idee, der Bürgermeister übernahm die Schirmer-
herrschaft, Schulen, Kindergärten, Vereine und Sponsoren
sorgen für die Verpflegung. Fallschirmspringer kommen zum
Finale als Attraktion vom Himmel. Der frühere Leiter der
Kinderkrebsstation, Prof. Dr. Bernhard Kornhuber, ist Stamm-
gast und hilft bei der Amerikanischen Versteigerung Geld
einsammeln, und sein Nachfolger, Prof. Dr. Thomas Klingebiel,
läuft selbst mit. In elf Jahren kamen in der 8.600-Seelenge-
meinde rund 180.000 Euro für die krebskranken Kinder zusam-
men. Ein Dorf steht Kopf für die gute Sache. Und der Motor
ist der Sport.
In der Frankfurter Alten Oper feiern 2.800 Gäste in jedem
Herbst den Deutschen Sportpresseball. Den Erlös der Tombola
32
gibt der veranstaltende Verein Frankfurter Sportpresse an die
Franz-Beckenbauer-Stiftung weiter, die unverschuldet in Not
geratenen Menschen hilft. Die Handball-Bundesliga engagier-
te sich mit ihren Vereinen im Kampf gegen Krebskrankheiten:
Zusammen mit der Deutschen Krebshilfe informierte die
Handball-Szene bei allen neun Begegnungen des 4. Spieltages
vom 16. bis zum 18. September 2005 über das Thema Krebs
und sammelte Spenden. Und auch beim 4. Münster-Marathon
wurde die Deutsche Krebshilfe unterstützt. Von den Einnah-
men aus der Startgebühr der 4.000 Teilnehmer wurden jeweils
50 Cent gespendet, und es gab einen T-Shirt-Verkauf zu
Gunsten der Krebshilfe.
Unzählige Beispiele könnten noch angeführt werden. Überall
in unserem Land wird der Sport im allerbesten Sinne zur Hilfe
für den Nächsten genutzt. Im kleinen Verein ebenso wie bei
den großen Stiftungen, deren Namensgeber Max Schmeling,
Boris Becker, Michael Stich oder Sepp Herberger sind. Aber
auch über die Landesgrenzen hinaus wird dem Sport und
durch Sport geholfen. DSB-Präsident Manfred von Richthofen
hatte anlässlich seines 70. Geburtstages im März 2004 statt
Geschenke um Spenden für den Aufbau des Sports im
geschundenen Afghanistan gebeten. 20.000 Euro kamen
zusammen, mit dem der Entwicklungshelfer Holger Obermann
60 Kilometer von der Hauptstadt Kabul entfernt ein Sportzen-
trum, den Manfred von Richthofen-Play-Ground, errichten
ließ.
Häufig stehen weniger bekannte Sportler aber auch bei Spen-
denaktionen im Schatten der prominenteren Leidensgenossen.
Während der einstige Nationalmannschaftsturner Ronny
Ziesmer vom Bundeskanzler empfangen und auf Grund seines
unbändigen Lebenswillens als Vorkämpfer von knapp 200.000
Querschnittgelähmten in Deutschland zum Medienstar
geworden ist, droht das schwere Schicksal des 24 Jahre alten
Turners Johannes Hablik aus Neutsch bei Darmstadt in Verges-
senheit zu geraten. Hablik war am 3. November 2002 bei einer
Bodenübung während eines Landesliga-Wettkampfes so
schwer gestürzt, dass er für immer vom Hals abwärts gelähmt
sein wird. Johannes Hablik hat drei Jahre nach dem Unfall
nach wie vor große Probleme - sowohl gesundheitlicher als
auch finanzieller Art. Aber er kann auf Freunde bauen, die für
ihn kämpfen und mit außergewöhnlichem Engagement Geld
sammeln, zum Beispiel in der Main-Taunus-Gemeinde Sulz-
bach. Dorit und Klaus Beyer von der Turnabteilung der TSG
starteten unter dem Motto "friends4jo" (Freunde für Johan-
nes) mit einer kleinen Schar von Helfern eine beispielhafte
Hilfsaktion. Sie verkauften bei Turnveranstaltungen und
anderen Gelegenheiten zunächst T-Shirts mit dem Aufdruck
"friends4jo", selbstgebastelte Teddys und Kalender und später
auch Kaffeebecher, Handtücher, Duschtücher, Baseball-Caps,
Fleecedecken, Warnwesten, Schlüsselanhänger, Aktentaschen,
Sporttaschen, Regenschirme und Wein. Vor einem Jahr wurde
im Beisein von Johannes Hablik der Erlös aus dem Jahr 2003
in Höhe von 9.150 Euro übergeben. 2004 konnte der Spen-
denbetrag noch erhöht werden auf 10.850 Euro.
Es wurde ein Verein "Zukunft für Johannes Hablik" gegründet,
der auch die Spenden aus Sulzbach einsetzt, um das mit zu
finanzieren, was Krankenkasse und Versicherung nicht zahlen.
So wurde mit den Spendengeldern ein elektrischer Rollstuhl
und ein behindertengerechtes Auto mit finanziert. Der Spen-
den-Eintreiber Klaus Beyer befürchtet aber, dass Johannes
Hablik, der, assistiert von seiner Schwester Christina, trotz
allem sein Sportstudium an der TH Darmstadt fortführt, in
Hessen vergessen wird. Deshalb will er die Spendenaktion mit
Volldampf fortsetzen. Bei nahezu allen Wettkampfveranstal-
tungen des Hessischen Turnverbandes bauen Klaus und Dorit
Beyer ihren Benefiz-Verkaufsstand auf. Der Terminplan ist
prall gefüllt.
Sportlerinnen und Sportler sind dankbar dafür, dass sie sich
austoben können beim Joggen, beim Fußball, Handball oder in
vielen anderen Sportarten und Disziplinen. Sie erleben Lebens-
freude und Lebensqualität pur bei ihrer täglichen oder
wöchentlichen Bewegungstherapie. Sie wissen es zu schätzen,
aktiv sein zu können. Und sie sind bereit Danke zu sagen für
dieses Geschenk, auch dadurch, dass sie anderen helfen,
denen es nicht so gut geht. Dieses Millionenspiel der Mensch-
lichkeit zeigt die helfende Dimension des Sports. Ein Lichtblick
in Zeiten zunehmender sozialer Kälte und einem offensichtli-
chen Trend zum Egoismus. OF
33
 Über die Kultur des
Umgangs
D er nacholympische Sommer ist vorüber, das Grau des
Herbstes regt zum Grübeln an, weshalb der Sport-
freund sich fragt, was denn - neben einigen Pfützen in
den Erfolgsbilanzen - hängen blieb vom feuchten Jahr eins
nach Athen. Da wird der kritische Blick schnell haften
bleiben an zwei Disziplinen, die sich gern klassisch nennen
im Sinne Olympias, als seine Kernsportarten firmieren und
gelegentlich schon mal die Befindlichkeit des gesamten
deutschen Sports reflektieren: Leichtathletik und Schwim-
men. Die beiden sind in ihrem Selbstverständnis, ihrer
Neigung zu ausgeprägter Individualität, überhaupt in ihrer
ganzen Ausrichtung zweieiigen Zwillingen nicht unähnlich.
Selbst die naturgegebene Notwendigkeit zur zeitversetzten
Wortmeldung ist ihnen eigen: Schwimmer sind einen
Atemzug eher an der Reihe als Leichtathleten, bei Olympi-
schen Spielen, wenn sie die erste Woche für sich reklamie-
ren, und in der Abfolge von Weltmeisterschaften jeweils
im Sommer des selben Jahres.
Diese Gesetzmäßigkeit mag der Grund dafür sein, dass
Vorfälle bei Schwimmern und Leichtathleten besonders
intensiv berührten. Gemeint ist die in erheblicher Aufla-
genstärke und bewusst unmittelbar vor WM-Beginn geäu-
ßerte Kritik der Weltklassesportler Steffi Nerius (Leichtath-
letik) und Stev Theloke (Schwimmen) an Führungspersonal
und Programmen ihrer Verbände. Die Folgen der Inter-
views, die sich wie eine konzertierte Aktion ausnahmen
(die sie, zumindest aus Athletensicht nicht gewesen ist):
Theloke erhielt den Laufpass und Nerius, nach einer Aus-
sprache mit dem von ihr angegriffenen Verbandspräsiden-
ten Clemens Prokop, Bronze im Speerwurf.
In der vorliegenden Causa verursacht Nachdenklichkeit
nun nicht vorrangig die Frage, ob der eingeschlagene Weg
für die Funktionärsschelte via Medien der richtige war und
welcher Verband die daraus entstandenen Probleme effek-
tiver gelöst hat. Vielmehr muss doch erörtert werden,
warum es zu derlei Konflikten überhaupt kommt und, im
Fall der Erkenntnis, wie sie künftig zu vermeiden sind,
schließlich bergen sie erhebliches Störpotenzial in sich. Die
Ursachen gründen zum einen in der Komplexität der
Sportarten Leichtathletik und Schwimmen mit jeweils
mehr als 40 Disziplinen und Athletenzahlen, welche die
Teamstärke einer (auch deshalb leichter zu führenden)
Fußball-Nationalmannschaft um das Zwei- bis Dreifache
übertreffen. Zum anderen: Die Individualität und die
34 OF-KOMMENTAR
daraus resultierenden egozentrischen Ansprüche und
Verhaltensweisen dieser Sportler sind die Herausforderung
an ein leistungsförderndes Miteinander schlechthin. Eine
unglückliche Konstellation entsteht zumal dann, wenn
Sportler vom Typ mündiger Athlet auf Betreuungspersonal
mit seinerseits eingleisiger Ausrichtung und Defiziten in
Bereichen außerhalb des Sportfachlichen trifft.
Die Ursache für das Dilemma sind Engpässe in den Wegen
der Kommunikation. Wie einfach sie beseitigt werden
können, hat der Frankfurter Soziologe und Leichtathletik-
Vizepräsident Eike Emrich angedeutet, als er Streit "die
beste Form sozialer Interaktion" nannte. Streit, wohlge-
merkt, in der Art liberaler Meinungskonfrontation. Immer-
hin: Am Ende haben an den Tatorten Helsinki (Leichtathle-
ten) und Montreal (Schwimmer) vermutlich alle begriffen:
Athleten und Funktionäre im Haupt- und Ehrenamt wissen
zu wenig von einander, weil sie es versäumt haben, eine
"Kultur des Umgangs zu entwickeln nach dem Prinzip des
Fairplay" (Clemens Prokop). Lebte Papa Heuß noch, hätte
er nach diesem Sommer der Missverständnisse wohl
gesagt: Nun streitet mal schön!
Michael Gernandt
Der doppelte Armstrong:
Zwei Seiten einer Medaille
J ede Medaille hat zwei Seiten. Dies ist nicht nur ein
Axiom der Numismatik, sondern entspricht auch einer
Erfahrung des alltäglichen Lebens. Nicht zuletzt Spitzen-
sportler könnten ein Lied davon singen. Dass es sich dabei
oft um ein Klagelied handelt, mag der Fall Armstrong
eindrucksvoll bestätigen. Schließlich sieht sich der Weltre-
kordler des Radsports auch nach dem erklärten Karriereen-
de und zwar mehr denn je - mit der schmerzlichen
Erkenntnis konfrontiert, dass sportlicher Lorbeer mit Licht
wie mit Schatten verbunden ist.
Ob sich der vermeintliche Delinquent bei seinen Gipfel-
stürmen nun dies- oder jenseits der Legalität bewegte,
müssen Juristen entscheiden, während die - weit kompli-
ziertere - Frage nach der Legitimität der von ihm bevor-
zugten Mittel und Methoden eine große Schar von Anhän-
gern und Kritikern des Sports beschäftigen mag. Sicher:
Schon im Sinne der Wahrheit - welch großes Wort! - tut
Aufklärung Not. Und im Bemühen um einen sauberen

Sport - welch große Vision! - gilt es auch, Konsequenzen
zu ziehen. Welche und von wem auch immer.
Genau dies ist aber die ewige Frage, und auch diese Zeilen
müssen die Antwort schuldig bleiben. Hier soll der Blick
nur auf einen speziellen, wenn auch keineswegs neben-
sächlichen Aspekt gelenkt werden, nämlich auf die Moral -
und zwar auf die des Betrachters. Gemeint sind damit
einmal nicht die Medien oder deren Vertreter, sondern die
Massen, die sich an der Strecke oder vor den Bildschirmen
für das spektakuläre Geschehen in Alpe d'Huez und auf
den Champs Élysées zu begeistern vermögen, also letztlich
wir alle.
Wollen wir die Helden der Landstraße und Prachtboule-
vards nicht immer steilere Rampen hochfliegen und immer
gefährlicheren Zielankünften entgegensprinten sehen?
Und verspüren wir nicht leise Enttäuschung, wenn nicht
unterschwelligen Groll, wenn die von uns favorisierte
Größe dem Größten der Großen wieder einmal das Wasser
nicht reichen konnte? Und mischt sich in unser Befremden
nicht Genugtuung oder gar Schadenfreude, wenn sich der
vermeintlich Unangreifbare dann doch noch hat erwischen
lassen?
Sollten wir aber unsere Helden nur auf den Sockel heben,
um sie beizeiten genüsslich vom selben stoßen zu können,
tragen wir Mitverantwortung am "doppelten Armstrong",
der - ungeachtet seines Tuns und Lassens - immer irgend-
wie Täter und Opfer zugleich sein muss. Zumindest dies
aber sollten wir bei aller Aufgeregtheit nicht aus den
Augen verlieren: Die Armstrongs dieser Welt haben kein
Monopol auf Doppelmoral und Scheinheiligkeit. Auch wir
sollten endlich begreifen, dass die Medaille zwei Seiten
hat.
Andreas Höfer
OF-KOMMENTAR
In Grenzbereichen
ie kritisch-ketzerisch verkündete "McDonaldisierung"
D der Welt schreitet munter voran, und der Sport findet
sich im Zentrum dieser Entwicklung. Man kann sich seiner
Ereignisflut jedenfalls kaum entziehen. Ebenso laut wie
penetrant wird öffentliche Aufmerksamkeit für alles und
jedes eingefordert, was ein sportliches Etikett trägt. Und
wenn's internationalen Zuschnitt hat, sind die Superlative
ohnehin noch einen Deut schriller zu vernehmen.
Was heißt da noch Sommer- oder Wintersport, Frühjahrs-
auftakt oder herbstlicher Ausklang? Längst werden Jahres-
zeiten ignoriert, Saisonhöhepunkte zum Dauerbrenner
gemacht, Halle und freie Natur bedarfsgerecht und
bewusst verwechselt. Im Labyrinth von Meisterschaften
und Meetings, Pokalentscheidungen und Cupwettbewerben
mit allen ihren branchenunterschiedlichen Ablegern hilft
kein Kompass. Wenn man nun berücksichtigt, dass neben
diesem ausufernden Wettkampfkalender des traditionellen
organisierten Sports selbst der sozusagen unkontrollierte
Wildwuchs blüht wie nie, dann wird die Ursachenfor-
schung leicht zur Chaosanalyse.
Auch dort, wo Bewegungs-Extremisten die Grenzen der
menschlichen Leistungsfähigkeit ignorieren, wo der
Rekordfanatismus den kleinsten Anflug von Vernunft
Lügen straft, wo Skurriles sich mit Abartigem verbindet,
beschwört man gerne den Sportsgeist. Fälschlicher Weise.
Denn was haben beispielsweise Langläufe über hunderte
von Kilometern, die Bewältigung von Extremstrecken im
Schwimmen oder Radfahren und andere körperliche
Herausforderungen in Todeszonen mit herkömmlichem
Sport zu tun? Warum drängen Verrücktheiten vom Ehe-
frauen-Tragen und Sumpf-Tauchen bis zum Extrembügeln
auf Berggipfeln ernsthaft in die sportlichen Hitlisten?
Eine der Antworten lautet: Weil Ultra-Kicks, Stammtisch-
Schwachsinn und Schlagzeilen-Produktion heutzutage
durchaus kompatibel sind - Zukunftssteigerungen nicht
ausgeschlossen, wie sich beispielsweise im virtuellen
Bereich der Computerspiele bereits andeutet. Für berech-
tigte Zweifel an der Patenschaft des Sports scheint es zu
spät. Denn er selbst hat schließlich zu viele Weichen in
falsche Richtungen gestellt.
Harald Pieper
35
Was macht eigentlich ...

Volk er Beck
Von Steffen Haffner

D
er Wirt in der Vereinsgaststätte bringt Volker Beck te dann erst einmal Platzverbot über den Übeltäter. "Aber mein
schnell noch Bratkartoffeln mit Wurst und Salat. Die Autogramm von Jürgen May habe ich gekriegt."
Zeit ist knapp für den Bundestrainer der 400-Meter-
Hürdenläufer. Nach dem einstündigen Interview wird das Trai- Die Umstände waren nicht einfach. Die Familie des Vaters war
ning draußen auf dem Sportgelände in Frankfurt-Niederrad in Berlin ausgebombt und zog nach Bad Langensalza in Thürin-
folgen. Es regnet. Kunststoffbahn und Rasenplatz liegen trist gen, wo Volker Becks Mutter zu Hause war. Der Vater, ein
hinter den Fensterscheiben. gelernter Zimmermann,
Der Thüringer ist braunge- schulte um, wurde erst Heizer
brannt, hat sich ein paar und dann Lokführer bei der
schöne Tage in Usedom an der Reichsbahn. "Später bin ich
Ostsee gegönnt. Der straffe manchmal mit ihm von Erfurt
Körper des 1,91 Meter langen nach Nordhausen auf der Lok
Schlaks verrät den Athleten mitgefahren." Daraus ist ein
von einst. Im Westen Hobby geworden mit einer
Deutschlands wissen nur Modelleisenbahn, die wieder
Kenner von seinem Olympia- mehr zu Ehren kommen soll,
sieg. Im Osten, speziell in wenn der Zeitdruck nachlässt.
seiner Heimatstadt Nordhau- Volker, der Ende Juni 1956
sen, ist er bekannter, und in drei Jahre nach seinem Bruder
Erfurt, wo der Hürdenläufer Lutz-Günther geboren wurde,
für den SC Turbine startete, war das Sorgenkind. Immer
genießt er noch heute unge- wieder brach er mit Schaum
brochene Popularität. vorm Mund zusammen. Das
Damoklesschwert eines
Die Karriere bis hin zum Tumorverdachts schwebte
Olympiagold von Moskau über ihm. Die Großeltern
1980 verlief keineswegs schleppten ihn zu einem alten
gradlinig. In den ersten drei Arzt. "Der schickte alle weg.
Grundschuljahren verriet der Ich war allein mit ihm im
Junge Bewegungstalent beim Zimmer. Danach hatte ich die
Turnen und wurde in Berlin Probleme nicht mehr. Was der
sogar Spartakiade-Sieger. mit mir gemacht hat, weiß
Seine erste Berührung mit der keiner."
Leichtathletik verlief in dieser Zeit heftig. "Ich war Autogramm-
jäger. Bei einem Sportfest war ich hinter Manfred Matuschewski Für die Turnerei wurde er allmählich zu groß. Er begann "gleich
und Jürgen May, der bei uns um die Ecke wohnte, her. Ich bin ganz begeistert" mit der Leichtathletik. Der Trainer sagte: "Du
quer über den Platz gelaufen, und in der Kurve hat mich ein warst Turner, also läufst du am besten Hürden." Als er elf Jahre
200-Meter-Läufer volley genommen. Das war Bernhard Ger- war, starb seine Mutter an Krebs, mit 37 Jahren. Die Großeltern
meshausen, der 1976 in Innsbruck Doppel-Olympiasieger im väterlicherseits zogen ins Haus und kümmerten sich um die
Bobfahren wurde." Sein späterer Leichtathletik-Trainer verhäng- beiden Jungs. 1968 erhielt Volker eine Einladung an die Kinder-

36
 und Jugend-Sport-
schule (KJS) nach
Erfurt. Die Oma war
dagegen. Der Vater
sagte: "Junge, Du
kannst gehen. Aber
komm nicht nach
sechs Wochen wieder
nach Hause. Zieh das
Ding durch." Wenn er
alles mal satt hatte,
halfen ihm diese
Worte über die Hür-
den. Elf Jahre Internat
haben ihm viel abge-
fordert. "Wir mussten
jeden Morgen um sechs Uhr aufstehen. Deshalb fällt es mir
heute nicht schwer, täglich kurz nach fünf aufzustehen und drei
Mal die Woche eine Stunde im Wald zu laufen."
Mitte der siebziger Jahre setzten die ersten internationalen
Erfolge neue Anreize. "1975 wurde ich in Athen Zweiter der
Junioren-Europameisterschaft hinter meinem Klubkameraden
Andreas Münch. Das hat mich geärgert. Denn ich war begabter,
aber Andreas war fleißiger. Ich sagte mir: ‚Du musst anfangen
zu arbeiten.' " 1976 im Trainingslager in Sotschi am Schwarzen
Meer traf der DDR-Athlet John Akii-Bua. Der legendäre, so früh
gestorbene Olympiasieger von München 1972 demonstrierte
ihm, wieviel man trainieren muss. Im gleichen Jahr gewann der
Zwanzigjährige in 49,76 Sekunden die Olympiaqualifikation für
Montreal und lag im Weltmaßstab an vierter Stelle. "Ich war
dann tief enttäuscht, als ich nicht für die Spiele nominiert
wurde. Angeblich war ich zu jung." Nach der Wende erfuhr er
den wahren Grund: ein Disziplinarverfahren, weil er einmal mit
andern Athleten zu ausgiebig gefeiert und ein zweites Mal den
Zapfenstreich von 22.00 Uhr leicht überschritten hatte.
Im Jahr darauf unterbot er als erster Deutscher mit 48,90
Sekunden die 49-Sekunden-Marke. Beim Weltcup in Düsseldorf
("ein riesiges Erlebnis") wurde er in 48,83 Sekunden hinter
Weltrekordler Edwin Moses und vor Harald Schmid (48,85)
Zweiter und unterlag im wiederholten Lauf über 400 Meter in
der DDR-Rekordzeit von 45,50 Sekunden. Den ersten Lauf hatte
der Thüringer sogar gewonnen, doch die Jury gab einem Protest
der Kubaner statt, weil der Doppelolympiasieger Alberto Juanto-
rena (400 und 800 Meter) unverschuldet das Startsignal ver-
passt hatte.
Die Olympischen Spiele von Moskau wurden dann zum großen
Höhepunkt der Karriere. Bei nasskaltem Wetter überspurtete der
Deutsche, der auf der ungünstigen Bahn acht laufen musste,
auf den letzten Metern den bis zur letzten Hürde führenden
Russen Wassili Archipenko. "In meiner Euphorie habe ich die
Pfiffe des chauvinistischen Moskauer Publikums gar nicht wahr
genommen." Beck, der in 48,70 Sekunden siegte, gibt zu, dass er
vom Olympiaboykott profitierte: "Wenn alles normal gelaufen
wäre, hätte ich nicht gewonnen. Denn Edwin Moses war ganz
klar die Nummer eins. Harald Schmid war auch in guter Verfas-
sung. Aber ich wäre als Drittbester in der Welt um die Medaillen
mitgelaufen. Hinter Moses wäre alles offen gewesen." Auf dem
Olympiasieg liegt für ihn der Boykottschatten. "Als Athlet will
man doch gegen die weltbeste Konkurrenz antreten." Auch hat
er geahnt, wie es den "Boykottopfern" wie Harald Schmid oder
Guido Kratschmer zumute war. "Vier Jahre später, als wir das
beim Gegenboykott gegen die Spiele von Los Angeles selber
erleben mussten, wussten wir erst richtig, was das bedeutet
nach Jahren harter Vorbereitung."
Nach der Wende landete der Diplom-Sportlehrer, Trainer und
400-Meter-Hürden-Lehrwart des Deutschen Verbandes für
Leichtathletik der DDR auf Vermittlung von Harald Schmid als
Autoverkäufer im Spessart-Ort Wächtersbach. Mit dem Konkur-
renten von einst und Läuferidol der alten Bundesrepublik pflegt
er mittlerweile einen eher sachlichen Umgang. Zum Glück
konnte er bald als Bundestrainer in seinen angestammten Beruf
zurückkehren. Mit seiner Frau Gitta, die an der privaten Kant-
Schule in Frankfurt Deutsch und Mathematik unterrichtet, lebt
Volker Beck in Haseltal, einem Vorort von Bad Orb, mit den
Wäldern des Spessarts vor der Tür. Sohn Volker Beck junior steht
inzwischen als Versicherungskaufmann auf eigenen Füßen.
Zu den Schützlingen von Beck senior gehören die Hürdenläufer
Christian Duma, WM-Halbfinalist von Helsinki, Sebastian Gazka,
Thomas Goller und seit einem Jahr Nils Schumann. Der lange
verletzte 800-Meter-Olympiasieger von Sydney "ist auf ganz
gutem Weg". Beck weiter: "Ein Testlauf nach Helsinki ist sehr
positiv ausgefallen. Er ist schmerzfrei, belastungsfähig und geht
wieder voll ins Training." Wie aufs Stichwort erscheint dessen
kahler Kopf am Fenster, begleitet von seiner Freundin, der 400-
Meter-Läuferin Corinna Fink. Volker Beck ruft ihm zu: "Nils, in
zwei Minuten bin ich da. Sie können sich schon einlaufen." Das
Interview ist zu Ende, die gewohnte Arbeit beginnt.
37
Der Wald bewegt
Von Hans Jägemann

38
D
ie meisten Menschen haben eine emotionale Bezie-
hung zum Wald, die tiefer geht als andere Bindungen
und die vielleicht auch typisch deutsch ist. Diese
Beziehung ist in das Spannungsfeld zwischen Furcht und
Ehrfurcht einzuordnen. Die Furcht vor dem dunklen, unbe-
kannten, unheimlichen Wald war schon im Deutschlandbild
der alten Römer eine Bremse für weitere Expansionsgelüste.
Auch der Bevölkerung war der Wald nicht geheuer, wie etwa
die Geschichte von "Hänsel und Gretel" der Brüder Grimm
anschaulich zeigt. Da sah man besser zu, dass man draußen
blieb, und wenn sich das nicht vermeiden ließ, musste zu
Methoden der Angstbewältigung wie dem sprichwörtlichen
Pfeifen im Walde Zuflucht genommen werden.
Mit der Aufklärung setzte sich nach und nach ein romantisch
gefärbtes Naturbild durch, das nicht die Gefahren, sondern die
ästhetischen Qualitäten der Natur betonte. Es entstand ein
ehrfürchtiges, ein schwärmerisches Bild vom Wald: Der Wald
als die widerspruchsfreie, idyllische Gegenwelt zur hektischen
Zivilisation, der Ort, an dem der Mensch zu sich selbst finden
kann. Auch heute gibt es noch ein Fortwirken dieser hochro-
mantischen Einstellung - und es wäre ja auch schade, wenn
es anders wäre. Bei den Besuchern des Waldes oder - wie wir
heute auch sagen, den Nutzern - ist gewiss noch viel von
dieser Haltung vorhanden. Auch die meisten Forstleute dürf-
ten ihren Beruf nicht nur wegen der Holzproduktion gewählt
haben.
Der Wald wird aber nicht nur von romantischen Schwärmern
besucht, er war und ist mit den vielfältigsten Nutzungsan-
sprüchen konfrontiert, die immer bunter, immer facettenrei-
cher und teilweise auch bizarrer werden. Der Wald ist zur
bevorzugten Spielwiese einer hedonistischen Gesellschaft
geworden, in der Fitness und ewige Jugend nicht nur im Trend
liegen, sondern fast schon zur Pflicht geworden sind. Früher
haben die Menschen ihre Schweine zur Mast in den Wald
getrieben, heute treiben die Lifestylemagazine die Menschen
dorthin: zum Gegenteil. Keine Frage: die Belastung der Wälder
durch Sportler und Erholungssuchende ist heute nicht nur
anders, sondern auch insgesamt deutlich größer geworden.
Bei einer so intensiven Nutzung bleiben Konflikte nicht aus.
Einerseits soziale Konflikte zwischen verschiedenen Nutzer-
gruppen, andererseits zwischen Nutzung und dem erforderli-
chen Schutz der ökologischen und auch anderer Funktionen
des Waldes.
Zum Abbau solcher Konflikte haben sich Lenkungsmaßnah-
men bewährt wie Beschilderungen, Hinweise auf Sehenswür-
digkeiten und ein guter Wegezustand als Anreize, bestimmte
Wege zu wählen. Hindernisse wie Hecken oder Gräben aber
auch das Schließen von Wegen oder eine bewusst schlechte
Wegebeschaffenheit sorgen automatisch für Ruhe. Weil
offensichtlich für die meisten Menschen die Natur erst da
anfängt, wo die Straße aufhört, kann man auch mit der
Verlegung von Parkplätzen viel erreichen. Insgesamt gilt,
Aktivitäten dort zu binden, wo sie verträglich sind. Auch
Umwelterziehung kann zur Konfliktprävention beitragen. Viele
Forstämter betreiben eine aktive Informationsvermittlung
durch Kurse und themenbezogene Exkursionen. Wichtig ist
aber auch, dass Schulen, Sportvereine und andere Institutio-
nen das nötige Basiswissen vermitteln. Dabei können Forst-
fachleute die erforderliche Sachkunde aus erster Hand ein-
bringen.
Es ist an der Zeit, auf das Verhältnis des Menschen zur Natur
einzugehen und dabei an das eingangs erwähnte Spannungs-
feld zwischen Furcht und Ehrfurcht anzuknüpfen. Man darf
annehmen, dass trotz der immensen Besucherzahlen große
Teile der Bevölkerung schon seit Monaten oder Jahren nicht
mehr im Wald waren. Darüber sollten wir eher betrübt als
erfreut sein! Furcht vor dem Wald kann nicht die Ursache sein,
eher wahrscheinlich Erziehungsdefizite und ein Wertesystem,
bei dem Wald und Natur unter ferner liefen rangieren, weil sie
nicht "cool" oder "angesagt" genug sind. Doch auch die regel-
mäßigen Waldbesucher haben augenscheinlich längst nicht
alle ein von Ehrfurcht, Erbauung und Rücksichtnahme
geprägtes Verhältnis zum Wald. Für viele reduziert sich die
Wahrnehmung ihres Aktionsraumes auf rein physische Gege-
benheiten: Wegebeschaffenheit, Gefälle, Schwierigkeitsgrad,
Entfernung; Herausforderungen also, an denen man sich
messen und an denen man wachsen kann, zum Beispiel der
"geile" Montainbike-Singletrail, die konditionsfördernde lange
Steigung für Läufer, der Kletterfels mit dem ultimativen
Schwierigkeitsgrad.
Für andere stehen die Verheißungen der Fitness- und Gesund-
heitsapostel im Vordergrund: Zehn Kilo weniger in zwei
Wochen, straffe Figur und knackiger Hintern: Da trägt man
dann ergeben seine Problemzonen durch den Wald und hofft
auf rasche Besserung. Die Anforderungen einer modernen
Gesellschaft können ja so gnadenlos sein! Das sollte uns aber
immer noch wesentlich lieber sein als das gleichfalls grassie-
rende Phänomen, dass gesunde Menschen minutenlang auf
den Aufzug warten, um ein Stockwerk tiefer zu fahren und
abends in einem Fitnessstudio an der Treppensteigmaschine
ihren Bewegungsmangel bekämpfen. Viele sparen sich den
Weg in den Wald und absolvieren ihr Lauftraining auf einem
Laufband mit einstellbarer Geschwindigkeit oder das Radfah-
ren auf einem Heimtrainer. Angeblich ist wissenschaftlich
belegt, dass dies vor allem im Winter gesünder ist als der
Aufenthalt draußen. In Wirklichkeit ist das selbstgewählte
Eindimensionalität, ein freiwilliges Hamsterdasein im Laufrad,
eine Amputation an unserer inneren Natur.
Noch problematischer ist die verbreitete Passivität vieler
Menschen, die Sport nur noch als Zuschauer im Stadion oder
vor dem Fernseher erleben. Schließlich ist der Mensch seiner
genetischen Ausstattung nach immer noch ein "Steppenren-
39
ner". Bewegungsmangel macht ihn krank. Immer mehr Men-
schen wissen und beherzigen das. Insgesamt kann jedenfalls
festgehalten werden: Sport ist im Zentrum der Gesellschaft
angekommen, kaum einer mag sich ausschließen, schließlich
muss man fit sein für den Beruf und attraktiv für die anderen.
Das hat auch Folgen für das Verhalten in der Natur. Was
Ausgleich und Gegenwelt zum beruflichen und alltäglichen
Stress sein soll, wird häufig zur Reproduktion dieses Stresses
mit anderen Mitteln. Früher eher erholsame oder sogar kon-
templative Aktivitäten wie Wandern, Klettern, Radfahren oder
Wasserwandern wurden teilweise durch Addition sportlicher
Elemente wie Schwierigkeit, Schnelligkeit und Wettbewerb in
ihrem Wesen verändert. Zum Bergsteigen kam das Sportklet-
tern, zum Radfahren das Mountainbiking mit verschiedenen
Disziplinen.
Bestimmten früher ganzheitliche Aktivitäten das Bild, bei
denen vor dem Abfahrtsskilauf das lange Steigen bergauf, vor
der Talfahrt mit dem Rad der mühsame Aufstieg, vor der
Wildwasserkanutour das Ziehen und Tragen des Kanus zum
Startplatz standen, und dabei die Natur mit Jahreszeiten,
Wetter, Wind und Temperatur intensiv erlebt werden konnte,
reduziert sich die sportliche Tätigkeit heute dank technischer
Hilfsmittel mehr und mehr auf den sportlichen Kern. Aus der
Tagestour wird eine mehrfache Wiederholung derselben
Betätigung. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass eine
Sportart immer weniger gründlich erlernt und lange, manch-
mal lebenslang ausgeübt und perfektioniert wird. Heute
werden regelmäßig Kurse angeboten, in denen man an einem
Wochenende gleich drei anspruchsvolle Sportarten "lernen"
kann, z. B. Mountainbiking, Paragliding und Wildwasserkanu-
fahren. Als Voraussetzung genügen Mut und eine gewisse
Fitness. Kommerziell angebotener Sport hat sich einen festen
Platz erobert. Die Angebote von heute müssen immer exoti-
scher und spektakulärer, gerne auch gefährlich sein, es darf
allerdings garantiert nichts passieren. Dieser Trend produziert
Aktive, die ihre Sportart und ihr Sportgerät nicht gründlich
beherrschen. Die Folgen sind unvermeidlich: einerseits unge-
wolltes Fehlverhalten auf Grund mangelnder technischer
Fertigkeiten und andererseits eine starke Konzentration auf
technische Anforderungen, die Naturwahrnehmung verhin-
dert.
Dies muss man wissen, wenn man sich auf seine "Zielgruppe"
einstellen will, sei es, um Konflikte zu entschärfen, sei es, um
ihr erfolgreich etwas anzubieten. Dabei genügt es nicht, die
Aktivitäten nach Sportarten zu sortieren und beispielsweise
Strategien für "die" Reiter oder "die" Moutainbiker zu entwi-
ckeln. Dafür ist die Bandbreite an Verhalten innerhalb dieser
Gruppen zu groß. Da gibt es die, die ihr Umwelteinmaleins
gelernt haben, umweltgerechtes Verhalten als Gewinn und
nicht als Einschränkung verstehen und alles richtig machen.
Leider sind dies immer noch viel zu wenige. Dann gibt es die,
denen es an Wissen, nicht aber am guten Willen mangelt, und
40
die in Gefahr sind, aus Unwissen gegen eigene Prinzipien zu
verstoßen. Und dann gibt es, wer wollte das leugnen, vor
allem bei den sogenannten Trendsportarten und in den ent-
sprechenden Szenen, einen Bodensatz von Ignoranten und
sogar Tabubrechern, denen es eigentlich erst richtig Spaß
macht, wenn man gegen Verbote verstößt. Hier stellt sich
dann häufig die Frage, ob man solches Fehlverhalten resig-
niert hinnimmt oder pauschale Maßnahmen ergreift, die auch
die vielen, die sich korrekt verhalten, mit treffen. In gravieren-
den Fällen kann man nur dazu raten, mit ordnungsrechtlichen
Maßnahmen zu drohen und sie auch anzuwenden: das spricht
sich herum und kann rasch helfen. Das kann auch verhindern,
dass eine Minderheit für die harmlose Mehrheit Verbote
provoziert.
Bei der Diskussion über Konzepte und konkrete Planungen ist
es sinnvoll, den Bewegungsraum Wald räumlich zu differen-
zieren. Man sollte insbesondere die Funktion der Wälder in
unmittelbarer Nachbarschaft zu den Städten anders diskutie-
ren als die der entfernt liegenden. Auf die stadtnahen Wälder
entfällt der weitaus größte Teil der Erholungs- und Sportakti-
vitäten. Deshalb stellt sich dort die Frage nach angemessenen
Strategien anders. Es handelt sich um Gebiete, die in der Regel
höchstens 10 km tief sind und die für die Bevölkerung als Orte
der Feierabend- und Wochenenderholung hohe Bedeutung
haben. In geringerem Umfang können auch noch Wälder in
stark frequentierten Tourismusgebieten in diese Kategorie
eingeordnet werden. §1 Abs.13 des Bundesnaturschutzgesetz-
tes weist ausdrücklich auf die Bedeutung siedlungsnaher
Bereiche hin und fordert dazu auf, dort "ausreichende Flächen
für die Erholung bereitzustellen". Gerade unter Nachhaltig-
keitsgesichtspunkten kommt diesen "siedlungsnahen Berei-
chen" eine besondere Bedeutung zu. Angebote in der Nähe
der Wohnungen entlasten periphere Räume und damit in der
Regel schutzwürdige Gebiete von Nutzungsdruck. Sie sind
leichter und auch preiswerter zu erreichen und geben damit
auch Menschen ohne Auto oder mit eingeschränkter Mobilität
eine Chance auf Sport und Erholung.
Gefördert werden solche Konzepte durch eine planmäßige
Verknüpfung der Aktionsräume im Wald mit den Wohnquar-
tieren. Warum müssen die Aktivitäten eigentlich immer am
Parkplatz am Waldrand beginnen und nicht schon an der
Haustür? Mit einer entsprechenden Verkehrsplanung, mit
Beschilderung und Information kann häufig der Weg zum
Sport im Wald auch zuhause beginnen und so verhindert
werden, dass aus Sport immer wieder Motorsport und damit
Umweltbelastung wird, die auch dem Wald zusetzt. Insbeson-
dere die Rolle des Fahrrads auf dem Weg zum Sport muss
durch eine aktive Planung und eine gezielte Imageverbesse-
rung gestärkt werden: Es ist viel sportlicher, das Rad zu neh-
men, außerdem spart man sich das Warmmachen. Verbin-
dungswege von Wohngebieten zum Wald bieten auch viele
Möglichkeiten zur ökologischen und ästhetischen Aufwertung
im Stadtgebiet und entfalten damit gleich doppelte Wirkung.
In letzter Zeit drohen aber neue Gefahren: Durch Mittelkür-
zungen, Personalabbau und den verstärkten Druck vieler
Länder, ihre Wälder zu Geldquellen zu machen, gerät gerade
in den für Erholung und Sport so wichtigen stadtnahen
Wäldern eine gute Entwicklung ins Stocken. Ein Forstamtslei-
ter fragte kürzlich, wie lange Läufer es eigentlich noch klag-
los hinnehmen, dass der halbe Wald voll geschlagener Bäume
liegt, was Wege blockiert und beschädigt und zu wochenlan-
gen Sperren führt. Bei der großen Bedeutung der stadtnahen
Wälder für die Erholung müssen dort andere Maßstäbe
gelten. Da gibt es eine Parallele zu den großen innerstädti-
schen Parks, wie dem Englischen Garten in München, die
durchaus ähnliche Funktionen erfüllen. Sie haben einen
hohen Freizeitwert und halten Tausende von Menschen Tag
für Tag und vor allem an Wochenenden in der Stadt. Sie
verhindern so einen regelmäßigen Exodus in entferntere,
empfindliche Gebiete und ein entsprechendes Verkehrsauf-
kommen. Niemand käme auf die absurde Idee zu verlangen,
dass sich solche Parks aus dem Holzverkauf zu finanzieren
längst überwunden geglaubte Zeiten verlangt wird. Heute
heizt aber auch der Wald dem Sport immer mehr ein: Es gibt
bereits Beispiele für den Einsatz von Holzpellets- und Hack-
schnitzelheizungen in Sportanlagen. Der Sport holt sich
sozusagen die im Wald gelassene Energie auf andere Weise
zurück und trägt so zum Klimaschutz und zur Verbesserung
der Ertragssituation der Wälder bei: Der Beginn einer guten
Symbiose.
Heute bringen die Menschen eher Unruhe in den Wald, als
dass sie dort Ruhe suchen. Sie konfrontieren dieses Ökosys-
tem, das selbst der Erholung bedarf, mit vielfältigsten
Ansprüchen für ihre aktive Erholung. Das bedeutet aber nicht
nur millionenfache Problemanlässe für die sicherlich schwie-
rige Harmonisierung der Nutzungsansprüche mit den Schutz-
erfordernissen. Es eröffnet auch millionenfache Chancen, den
modernen Menschen wieder näher an seine natürlichen
Lebensgrundlagen heranzuführen und so auch mehr Ver-
ständnis für die zu wecken, die den Wald pflegen, erhalten
und gestalten. OF

haben. Jeder wird

zustimmen, dass ihre
Unterhaltung eine
öffentliche, steuerfi-
nanzierte Aufgabe ist.
Diese Gesichtspunkte
müssten, zumindest
eingeschränkt, auch
für die Erholungswäl-
der gelten.

Bereits 1927 hat der

Frankfurter Oberbür-
germeister Ludwig
Landmann bei der
Begrüßung der Teil-
nehmer der Jahresta-
gung des Deutschen
Forstvereins zur
Überraschung vieler
erklärt: "Für meine
Stadt spielt die
ertragswirtschaftliche
Seite des Waldes gar
keine Rolle mehr
gegenüber dessen
gesundheitlichen,
sozialen, geistigen
und seelischen Funk-
tionen." Da kann es
nur verwundern,
wenn fast 80 Jahre
später mit neuen
Worten ein Rückfall in

41
Medienwelt
und wird einen globalen
Siegeszug antreten." Wie
diese Allianz in Zukunft
jedoch aussehen soll - darü-
ber bestand auch bei den
Fachleuten Uneinigkeit.

im Wandel
Als Zauberwort gilt allen
Beteiligten HDTV, das High
Definition Television. Es
verspricht Bilder von hoher
Farbbrillanz und in fünf Mal
höherer Auflösung als beim
bisherigen PAL-Format.
"HDTV hat mich sehr beein-
druckt", schwärmte Bayern-
München-Chef Karl-Heinz

mit dem Sport als Motor

Rummenigge, "man hat den
Eindruck von 3-D-Bildern
und ist halb im Stadion
dabei." Zur WM werden alle
Bilder in HDTV-Qualität
erstellt - allerdings verfügen
die wenigsten Zuschauer
über ein Gerät, das dies auch
Von Thomas Horky darstellen kann. Die ARD hat
sich deshalb entschlossen,
die WM im alten Modus
auszustrahlen, allein Premie-

D
em Sportjournalismus steht im Jahr der Fußball-
Weltmeisterschaft 2006 ein Wandel bevor. Was sich in
der Vergangenheit wie eine Runderneuerung ankün-
digte, scheint tiefgehende Strukturveränderungen des Berufs-
feldes nach sich zu ziehen. Ende des vergangenen Jahres war
erstmals ein offen brennender Streit zwischen den verschie-
denen Medien Fernsehen, Print und Hörfunk im Sport zutage
getreten und hatte tiefe Gräben offen gelegt - im Vorfeld des
Medien-Ereignisses im kommenden Jahr in Deutschland rückt
nun der Sportjournalismus soweit in den Fokus von Medien,
Wirtschaft und Gesellschaft, dass die Folge eine weitere
Differenzierung von Angeboten, Inhalten und Verbreitungs-
techniken sein wird.
Ein Aspekt ist die Digitalisierung des Sportjournalismus: 2006
soll der Sport erneut als Motor der Medienentwicklung die-
nen wie bereits 1954, als der Weltmeistertitel dem Fernsehen
zum Durchbruch verhalf oder 1972, als die Olympischen
Spiele in München die Farbe in deutsche Wohnzimmer brach-
ten. Nach ersten Gehversuchen 2004 bei Fußball-EM und
Olympia in Athen soll der Sportjournalismus eine Art Seismo-
graph für die digitale Zukunft der Medien sein. "Fußball und
Fernsehen waren immer Verbündete", erklärte Hertha BSC-
Präsident Bernd Schiphorst Anfang September bei einem
Medienforum, "das digitale Fernsehen hat Marktreife erreicht
re wird alle Spiele in hochauflösenden Bildern anbieten.
Eine weitere Neuerung ist das Bildformat 16:9, dass zur WM
das 4:3-Format ablöst. Am 3. September konnten die Fern-
sehzuschauer im ZDF mit Länderspiel, Übertragungen vom
Hockey und Rudern sowie dem Aktuellen Sportstudio ("XXL
Sport im Kinoformat") das von der Bild-Zeitung "Balken-
Fußball" titulierte Format erleben. "Ich glaube, das stört die
wenigsten", erklärte WDR-Intendant Fritz Pleitgen - auch
wenn er selbst die Verbreitung mit 16:9-Fernsehgeräten bis
zum Jahresende mit "unter 10 Prozent" bezifferte. Tatsächlich
gab es nach dem Länderspiel Proteste von Zuschauern, Bild
hatte sogar "Balken zum Ausschneiden" angeboten, um
gegen die Formatumstellung zu protestieren. Profitieren wird
vor allem die Industrie, denn die verspricht sich durch die
WM einen Impuls ähnlich dem Verkauf von Fernsehgeräten
bei der WM 1954.
Bei den digitalen Verbreitungstechniken soll die Weltmeister-
schaft dem sogenannten DVB-H einen Schub geben. Digital
Video Broadcast for Handhelds bedeutet die Möglichkeit,
Fernsehbilder auf das mobile Telefon zu senden - eine Wei-
terentwicklung des DVB-T, des digitalen Antennenfernsehens,
zusammen mit UMTS. Ob sich der Zuschauer tatsächlich ein
Spiel auf dem Miniaturbildschirm seines Handys live ansehen

42
möchte, ist jedoch mehr als fraglich. Warum auch?
Schließlich wird es die WM weitgehend im Free-TV,
auf den Fanfesten in mehreren Städten oder in
Kneipen geben. "Wir hoffen auf Live-Bewegtbilder
von der WM", so Matthias Immel von T-Mobile,
"aber es wird ein Nischenmarkt bleiben." Die Deut-
sche Fußball-Liga (DFL) will jetzt in Zusammenar-
beit mit dem Software-Giganten Microsoft als
Versuchsprojekt Liveübertragungen von Bundesli-
gaspielen auf Handys anbieten. T-Mobile setzt
dagegen bei der Vermarktung von DVB-H vor
allem auf mobiles "Live-Betting".
Diese Entwicklung wird veränderte Inhalte des
Sportjournalismus zur Folge haben. Das Event
Fußball-WM 2006 hat eine so überragende Bedeu-
tung, dass andere Ressorts sich immer stärker mit
dem Sport beschäftigen - und auch beschäftigen
müssen. Denn die Themen des Sports berühren mittlerweile
nicht nur Wirtschaft, Medienressort oder gesellschaftliche
Bereiche, sondern sie werden teils komplett ausgelagert. Auf
der Berliner Tagung wurde mehr als deutlich, dass der Sport
ein immenser Bedeutungsfaktor der Medienwirtschaft gewor-
den ist - und dass dies einen gänzlich neuen Sportjournalis-
mus hervorbringt. So erzeugen Angebote wie Fußball auf dem
Handy neue Programmformate, die mit "Near-Live"-Sport
und "Live-Live-Sport" geradezu lustige Titel erhalten haben.
Welche positiven Folgen diese redaktionelle Differenzierung
(zumindest in den Printmedien) haben können, zeigt, dass
2005 der Henri-Nannen-Preis erstmals seit mehreren Jahren
wieder an zwei Sportjournalisten verliehen wurde. Für ihre
investigativen Recherchen rund um den Finanzskandal von
Borussia Dortmund wurden Freddie Röckenhaus (Süddeut-
sche Zeitung) und Thomas Hennecke (Kicker) ausgezeichnet.
Die Ausweitung der sportlichen Thematiken auf andere
Ressorts und andere gesellschaftliche Systeme ist so weit
fortgeschritten, dass zukünftig eine neue Art der Programm-
aufteilung in den Redaktionen vorstellbar ist und das Sport-
ressort neue Qualität gewinnen kann.
Allerdings fördert die WM schon jetzt auch Medieninszenie-
rungen, die dem Sport künstlich zu Bedeutung verhelfen -
und allein Einschaltquoten und Auflagen steigen lassen
sollen. So interviewt der TV-Komiker Oliver Pocher Sport-
Stars für die Bild am Sonntag, VIVA-Moderator Tobi Schlegl
ist seit einem Jahr für die Sport-Bild tätig: Prominente reden
mit Prominenten - der Sportjournalismus gibt damit einen
Teil seiner Kompetenz ab. Im Fernsehsport gab es zunächst
einhelligen Jubel, als sich RTL die Senderechte für Beachvol-
leyball sicherte. Nach den ersten Übertragungen wurde dann
Kritik an der Inszenierung mit Erotik, Musik und Klamauk laut,
noch während der laufenden Serie kürzte RTL auf Grund
schwacher Einschaltquoten die Sendezeiten. "Die Weise, wie
sie Beachvolleyball präsentiert haben, hat dem Sport nicht
geholfen", meinte Bundestrainer Jörg Ahmann. "Diesen Blöd-
sinn, dauernd auf den Po zu zoomen und den Sport hinten
anzustellen, finden die Leute gar nicht gut."
Der dritte Aspekt der strukturellen Veränderungen hat seine
Ursache in der sich weiter zuspitzenden Rechtesituation des
Sportjournalismus. So hat die DFL vor Beginn der neuen
Bundesligasaison zu einer Verschärfung der Situation beige-
tragen, in dem sie die Printmedien in ihren Zugangsmöglich-
keiten zu Quellen der Berichterstattung heftig beschneiden
wollte. Ebenso sollten die Arbeitsmöglichkeiten für Fotogra-
fen eingeschränkt werden, obwohl sie in noch stärkerem
Maße die Transporteure für Werbebotschaften auf Trikots und
Banden sind und somit für Einnahmen der Sponsoren und
damit der Medienwirtschaft dienen. Es hat nach mehreren
Verhandlungen zwar eine Einigung gegeben - aber der Vor-
stoß der DFL dürfte nicht der letzte seiner Art gewesen sein;
und die WM mit ihrer starken - auch vom Weltverband FIFA
vorgegebenen - Reglementierung dürfte der Diskussion
weiter Vorschub leisten. Auch die Vergabe der Senderechte
der Champions League für Free- und Pay-TV ab 2006 erstmals
an eine Senderkette (Premiere) belegt den immer stärkeren
Einfluss des Sportrechtehandels auf die Möglichkeit zur
Produktion von sportjournalistischen Inhalten.
Was dies für den Sportjournalismus der Zukunft bedeuten
kann, ist noch nicht endgültig abzusehen. Rechtezahlungen
für Printmedien sind nur ein denkbares Mittel der Veranstal-
ter, durch Differenzierung der bestehenden Rechte neue
Geldquellen zu generieren und den Sportjournalismus indi-
rekt auch inhaltlich zu dirigieren. Da der Zugang zu Quellen
der Berichterstattung für den Sportjournalismus daher in
Zukunft stärker an finanzielle Möglichkeiten gekoppelt ist,
werden sich die Medien verändern müssen. Dies sollten sie als
Chance nutzen. OF
43
Ein dunkles Kapitel der Sportgeschichte
Jüdische Sportlerinnen und Sportler in Deutschland:
Ausgrenzung und Verfolgung im NS-Staat
Von Lorenz Peiffer
I
n der Geschichte der deutschen Turn- und Sportbewegung
haben deutsche Juden - oder korrekter ausgedrückt -
Deutsche jüdischen Glaubens vor allem im 20. Jahrhundert
eine wichtige Rolle gespielt. Neben der Gründung eigener
jüdischer Turn- und Sportvereine ab der Wende vom 19. zum
20. Jahrhundert finden wir zahlreiche Juden als Gründungs-
mitglieder, in wichtigen Führungspositionen, als Mäzene und
natürlich als Sportlerinnen und Sportler in deutschen, soge-
nannten paritätischen Turn- und Sportvereinen.
Nachdem am 22. Oktober 1898 in Berlin eine Gruppe junger
jüdischer Akademiker mit "Bar Kochba Berlin" den ersten
jüdischen Turnverein gegründet hatte, bildeten sich auch in
anderen deutschen Städten mit größeren jüdischen Gemeinden
(1902 Bar Kochba Hamburg, 1904 Bar Kochba Frankfurt/Main,
1908 Bar Kochba Breslau) weitere jüdische Turnvereine. Ihre
Zahl blieb jedoch überschaubar. So zählte der deutsche Makka-
bi-Kreis innerhalb der internationalen Makkabi-Organisation bis
1933 insgesamt "nur" ca. 30 Vereine mit ca. 8.000 Mitgliedern.
In den Sportgruppen des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten
hatten sich bis 1933 ca. 7.000 Mitglieder zusammengeschlos-
sen, und in dem im Jahre 1925 gegründeten "Verband Jüdisch-
Neutraler Turn- und Sportvereine Westdeutschlands" waren bis
1933 18 Vereine mit ca. 5.000 Mitgliedern organisiert. Damit
gehörten zum Zeitpunkt der Machtübernahme durch die
Nationalsozialisten im Jahre 1933 ca. 3-4% der ca. 540.000
Mitglieder der jüdischen Glaubensgemeinschaft in Deutschland
eigenständigen jüdischen Turn- und Sportvereinen an.
Die Mehrzahl der jüdischen Sportlerinnen und Sportler war bis
1933 Mitglied in den deutschen, paritätischen Turn- und
Sportvereinen. Die genaue Zahl wird sich nie feststellen lassen,
denn es liegen darüber keine Angaben vor. Jüdische Sportlerin-
nen und Sportler waren durch ihre Mitgliedschaft in den
deutschen Vereinen integriert in die deutsche Turn- und Sport-
bewegung - ein Zeichen für die weitgehende Assimilation der
Juden in der deutschen Gesellschaft zu Beginn des 20. Jahr-
hunderts. Deutsche Vereine waren ihre sportliche Heimat und
44
bildeten auch weitgehend ihr soziales Umfeld. So wie die
einzelnen Juden Mitglied waren in den deutschen Turn- und
Sportvereinen, so waren die jüdischen Vereine integriert in die
deutschen Turn- und Sportverbände. Die Fußball-, Handball-
oder Hockeymannschaften der jüdischen Vereine nahmen
selbstverständlich an den Ligaspielen der entsprechenden
deutschen Sportverbände teil. Ein Spiel zwischen einer jüdi-
schen Fußballmannschaft und einer deutschen Mannschaft
gehörte zum normalen Fußballalltag. Jüdische Leichtathleten,
Turner, Schwimmer nahmen teil an lokalen, regionalen und
überregionalen Wettkämpfen und Meisterschaften. Deutsch zu
sein und gleichzeitig Jude zu sein war bis Anfang des Jahres
1933 kein Widerspruch! Der Großteil der deutschen Juden
fühlte und verstand sich als Deutsche, und es war selbstver-
ständlich, Mitglied in deutschen gesellschaftlichen und kultu-
rellen Organisationen und Verbänden zu sein - und dazu zählte
auch die Mitgliedschaft in den deutschen Turn- und Sportver-
einen.
Der 30. Januar 1933 und die Folgen der
nationalsozialistischen Machtübernahme
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten am
30. Januar 1933 änderte sich diese Situation schlagartig. Das
Jahr 1933 ist gekennzeichnet durch einen politischen und
gesellschaftlichen Wandlungsprozess, der in der deutschen
Geschichte einmalig ist. Bis zu diesem Zeitpunkt geltende
ethische und moralische Wertvorstellungen und Normen,
demokratische Prinzipien und grundlegende Elemente einer
humanitären Gesellschaft verloren ihre Gültigkeit. Menschen
wurden zu Staatsfeinden, weil sie eine andere politische Mei-
nung vertraten oder weil sie der jüdischen Glaubensrichtung
angehörten. Der Antisemitismus, "die rassistisch begründete
Judenfeindschaft" wurde in Deutschland zur Staatsdoktrin. Der
erste vorläufige Höhepunkt der nazistischen Gewalt war das
reichsweite Pogrom am 1. April 1933 gegen jüdische Geschäf-
te, Anwaltskanzleien und Arztpraxen. Der Machteroberungs-
prozess der Nationalsozialisten ist in den ersten Wochen und
Monaten nach dem 30. Januar 1933 nicht von einer kleinen
politischen Elite gesteuert und durchgeführt worden, sondern
war getragen von einer breiten Massenloyalität in der deut-
schen Bevölkerung und den verschiedenen gesellschaftlichen
Organisationen.
Die Nazis hatten zu keiner Zeit ein Geheimnis aus den Grund-
sätzen und Zielen ihrer zukünftigen Politik gemacht, sondern
offen in Wort und Schrift dargelegt, wer Träger des neuen
politischen Systems sein sollte und welche Menschen in dem
zukünftigen nationalsozialistischen Deutschland keinen Platz
mehr hatten. Bei aller Widersprüchlichkeit in seiner politisch-
ideologischen Programmatik verfolgte der Nationalsozialismus
mehrere konkrete Ziele: Die Zerstörung der Grundlagen der
Demokratie, die Zerschlagung der organisierten Arbeiterbewe-
gung, die Militarisierung der deutschen Gesellschaft und die
"Lösung der Judenfrage". Alle diese Ziele sollten münden in
einer Neuordnung Europas auf der Grundlage der nationalso-
zialistischen Herrschaft. Dieser Rückfall einer vermeintlich
zivilisierten Gesellschaft in die Barbarei - die Ausgrenzung und
Liquidierung politisch "Andersdenkender" und rassisch "Anders-
artiger" bis hin zum systematisch geplanten und betriebenen
Völkermord - spiegelt sich auch wider in der Politik und tägli-
chen Praxis der deutschen Turn- und Sportbewegung.
Die Turn- und Sportbewegung in der
Phase der "nationalsozialistischen
Revolution"
An dem politischen und gesellschaftlichen Wandlungsprozess
waren auch nichtstaatliche und parteiungebundene Organisa-
tionen wie die deutsche Turn- und Sportbewegung und ihre
Funktionäre aktiv beteiligt. Diese Erkenntnisse der zeithistori-
schen Forschung über den Konstituierungsprozess des NS-
Regimes und die Rolle gesellschaftlicher Organisationen in
diesem Prozess sind in den letzten Jahren auch in der sporthis-
torischen Forschung rezipiert worden. In jüngeren Arbeiten
wird nicht mehr die Frage nach der Instrumentalisierung - der
Vereinnahmung - der Turn- und Sportbewegung durch die
Nazis gestellt, zumal diese Sichtweise und Fragestellung auto-
matisch die "Opferrolle" der Verbände impliziert und themati-
siert. Vielmehr steht die Frage nach der Rolle der Turn- und
Sportverbände als Handelnde im Machteroberungsprozess der
Nationalsozialisten und der "kumulativen Radikalisierung" im
Jahre 1933 im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses.
Die deutschen Turn- und Sportvereine und -verbände waren an
dieser Phase der "nationalsozialistischen Revolution" - dem
politischen Machteroberungsprozess - aktiv beteiligt. Dieser
Prozess begann bereits in den ersten Wochen und Monaten
nach der nationalsozialistischen Machtübernahme. In vorausei-
lendem Gehorsam entledigten sich die Vereine und ihre Ver-
bände ihrer demokratischen Traditionen, bekannten sich offen
zu den rassistischen, antidemokratischen und militaristischen
Zielen der neuen Machthaber und gingen bereitwillig Bündnis-
se mit den Terrororganisationen ein. So trugen Turner fortan
bei ihren Vereinsversammlungen und -aktivitäten SA-Unifor-
men oder die der Partei oder der SS. In der Deutschen Turn-
schule Berlin gaben sich "Turnerschafter und SA-Führer (...) die
Hand zur Tatgemeinschaft", die SA übernahm Ordnungsfunk-
tionen bei dem großen Deutschen Turnfest im Juli 1933 in
Stuttgart und beteiligte sich am Unterhaltungsprogramm mit
ihren Musikkapellen. Wenige Wochen zuvor hatten diese
"braunen Banden"
überall in Deutsch-
land die "roten"
Turnbrüder und -
schwestern terro-
risiert, verfolgt
und teilweise
ermordet, in
Stuttgart verbrü-
derten sie sich mit
den bürgerlichen
Turnern.
Erste Schritte zur
Militarisierung
ihrer turnerischen
Arbeit hatte die
Turnerschaft
bereits Ende der
20er/Anfang der
30er Jahre vollzo-
gen. An republika-
nische Traditionen
der 1848er Zeit
hatte die Deutsche
Turnerschaft nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und der
Ausrufung der Weimarer Republik nicht angeknüpft, und ein
positives Verhältnis zu dem Weimarer Staat hatte sie zu keiner
Zeit gefunden. Nationale und völkische Elemente bildeten die
Eckpfeiler der geistig-politischen Sinnrichtung der Arbeit und
Politik der Turnerschaft in der Zeit der Weimarer Republik.
Spätestens mit der Aufnahme der Mitarbeit in dem "Reichsku-
ratorium für Jugendertüchtigung" und der Einbeziehung des
Wehrturnens in die turnerische Arbeit Ende des Jahres 1932
ordnete sich die Turnerschaft in den "illustren Kreis völkisch
gesinnter und militanter Antidemokraten" ein. Die Deutsche
Turnerschaft war nie in Weimar angekommen. Bereits vor 1933
durchziehen Rassismus und Antisemitismus die Geschichte der
deutschen Turn- und Sportbewegung wie ein roter Faden. War
in der deutschen Turnbewegung bereits im ausgehenden 19.
45
Jahrhundert "mit dem Abtragen der Dämme gegen die antise-
mitische Flut" begonnen worden, breitete sich der offene
Antisemitismus nach dem 30. Januar 1933 wie eine Flutwelle
in der Deutschen Turnerschaft aus.
Die Geschichte des Rassismus und Antisemitismus in Deutsch-
land zeigt, dass Ausgrenzung der erste Schritt auf dem Weg
zur endgültigen physischen Vernichtung der Juden durch die
Nationalsozialisten war. Der Prozess der "Dehumanisierung"
der jüdischen Bevölkerung begann mit ihrer Ausgrenzung und
endete in den nationalsozialistischen Vernichtungslagern! So
wurde aus der fortgeschrittenen Integration der Juden in der
deutschen Gesellschaft und damit auch im deutschen Sport
nach dem 30. Januar 1933 zunächst Diskriminierung und
Ausschluss. Obwohl der nationalsozialistische Reichssportfüh-
rer von Tschammer und Osten weder die Turn- und Sportverei-
ne angewiesen hatte, ihre jüdischen Mitglieder auszuschließen,
noch den deutschen Vereinen den Kontakt mit jüdischen
Vereinen verboten hatte, führte die Praxis der deutschen Turn-
und Sportvereine die jüdischen Mitglieder und die jüdischen
Vereine bereits in den ersten Wochen und Monaten der NS-
Herrschaft in eine sportliche und damit auch gesellschaftliche
Ghettoisierung.
Deutsche Turn- und Sportvereine und ihre Verbände zählten zu
den ersten gesellschaftlichen Organisationen, die sich durch
den Ausschluss ihrer jüdischen Mitglieder freiwillig an dem
gesellschaftlichen und politischen Wandlungsprozess des
Jahres 1933, dem nationalsozialistischen Machteroberungspro-
zess beteiligten und damit zur "kumulativen Radikalisierung"
beitrugen.
Die Praxis der "Arisierung" in der
deutschen Turn- und Sportbewegung
Der Ausschluss der jüdischen Mitglieder begann nahezu zeit-
gleich auf den unterschiedlichen Ebenen der deutschen Turn-
und Sportbewegung. Eine unrühmliche Vorreiterrolle spielte
der größte Verband der damaligen Zeit - die Deutsche Turner-
schaft unter Führung Edmund Neuendorffs. Nachdem sich die
Turnerschaft Anfang April 1933 einstimmig zum arischen
Grundsatz bekannt hatte, verpflichtete Neuendorff die Vereine,
bis zum Deutschen Turnfest Anfang Juli in Stuttgart "alle
jüdischen Mitglieder aus ihren Reihen auszuscheiden. Mit
dieser Ausscheidung ist sofort zu beginnen (...)". Die von Neu-
endorff gewählte Ausdrucksform "auszuscheiden" suggerierte
den Vereinen, dass sie ohne Skrupel Fremdes aus ihren Reihen
zu entfernen hatten. Mit dieser Verpflichtung der Vereine
wusste sich Neuendorff offensichtlich im Einklang mit Forde-
rungen aus den Untergliederungen seiner Organisation. In den
Vereinen entsprach die Aufforderung, die jüdischen Mitglieder
"auszuscheiden", offensichtlich stärker verbreiteten zeitgenös-
46
sischen antisemitischen Grundhaltungen, als bislang angenom-
men. Bei der Umsetzung entwickelten die Vereine unterschied-
liche und teilweise subtile Strategien. In einigen Vereinen
wurde den jüdischen Mitgliedern direkt der Ausschluss mitge-
teilt. So schloss der Brief des Vereinsführers an ein jüdisches
Mitglied mit der Bemerkung: "Wir glauben annehmen zu
können, dass sie sich mit diesem Beschluss einverstanden
erklären, werden, und danken Ihnen hiermit bestens für die in
unserem Interesse geleisteten Dienste." Andere Vereine forder-
ten ihre jüdischen Mitglieder auf, durch freiwilligen Austritt
dem Ausschluss zuvorzukommen. Mit dem dann in der Regel
erfolgten "freiwilligen" Austritt der jüdischen Mitglieder konn-
ten die Vereine ihr Gesicht wahren! Andere Vereine erklärten
sich z. B. schon im April 1933 öffentlich für Judenfrei".
Die Deutsche Turnerschaft hatte in ihrer Bestimmung, wer als
Jude zu gelten hatte, den Vereinen keinen Ermessensspielraum
gelassen. "Der Begriff des Juden aber wird nicht durch den
Glauben, sondern durch das Blut bestimmt. Jude ist, wer von
jüdischen Eltern stammt. Dazu genügt, daß ein Teil der Großel-
tern jüdischen Blutes ist." Die zunächst vorgenommene Ein-
schränkung, dass diejenigen, "die am Weltkriege als Front-
kämpfer teilgenommen haben oder deren Söhne oder Väter im
Weltkriege gefallen sind", vom Ausschluss ausgenommen sind
- diese Einschränkung entsprach den Bestimmungen des
Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums -, hob
Neuendorff wenige Wochen später auf und verfügte die
Vollarisierung der Deutschen Turnerschaft bis zum Deutschen
Turnfest im Juli 1933 in Stuttgart. Mit der Verkündung der
Nürnberger Rassegesetze 1935 durch die nationalsozialisti-
schen Machthaber zeigte sich, dass die DT in der Bestimmung,
wer als Jude zu gelten hatte, radikaler gegen die Juden in ihren
eigenen Reihen vorgegangen war als der NS-Staat gegen die
jüdische Bevölkerung! In der "Ersten Verordnung zum Reichs-
bürgergesetz" vom 14.11.1935 wurde in §5 Abs. 2 bestimmt:
"Als Jude gilt auch der von zwei volljüdischen Großeltern
abstammende Staatsangehörige jüdische Mischling." Damit
erwies sich die Neuendorff'sche Vorgabe an die Vereine der DT
zweieinhalb Jahre später als falsch und selbst im juristischen
Sinne des NS-Staates als "unrecht" - soweit man in dieser
Frage überhaupt juristische Maßstäbe anlegen kann.
Auch andere Sportverbände dokumentierten bereits im April
1933 ihr Bekenntnis zum Nationalsozialismus u.a. in der Auf-
nahme des "Arierparagaphen" in ihre Satzungen, die DT über-
traf diese Verbände jedoch durch die Radikalität ihrer Bestim-
mungen und ihres Vorgehens.
Der Deutsche Fußballbund veröffentlichte am 19. April 1933
im Verbandsorgan Kicker eine Amtliche Bekanntmachung, in
der er seinen Untergliederungen und Vereinen mitteilte: "Der
Vorstand des DFB und der Vorstand der Deutschen Sportbehör-
de halten Angehörige der jüdischen Rasse, ebenso auch Perso-
nen, die sich als Mitglieder der marxistischen Bewegung
herausgestellt haben, in führenden Stellungen der Landesver-
bände und Vereine nicht für tragbar. Die Landesverbände und
Vereine werden aufgefordert, die entsprechenden Maßnahmen,
soweit diese nicht bereits getroffen wurden, zu veranlassen."
Auch von diesen Verbänden wurde die nationalsozialistische
Definition des Judentums als Rasse und nicht als Glaubensge-
meinschaft unmittelbar übernommen. Damit war auch in
diesen Verbänden das Tor für den Ausschluss jüdischer Mitglie-
der offiziell von Verbandsseite aus geöffnet, auch wenn es zu
diesem Zeitpunkt "nur" die Amtsträger auf den verschiedenen
Ebenen betraf. Einen Tag später sagte der Verband Brandenbur-
gischer Ballspielvereine in seinem Amtsblatt "Die Fußball-
Woche" die Punktspiele des jüdischen Vereins S.C. Hakoah
Berlin ab und untersagte dem Verein auch den Abschluss von
Freundschaftsspielen.
Wie groß die Zahl der aus den deutschen Turn- und Sportver-
einen ausgeschlossenen jüdischen Mitglieder gewesen ist, lässt
sich nicht feststellen. Aber was sagen Zahlen letztlich aus? Sie
sind in der Wahrnehmung häufig nur abstrakte und statisti-
sche Größen und verstellen den Blick für die sich dahinter
verbergenden persönlichen und menschlichen Schicksale! In
ihrem Beitrag "Geschichtsvergessenheit und Geschichtsverses-
senheit revisited" kommt Ute Frevert in ihrer Analyse der
Erinnerungskultur und Vergangenheitspolitik in Deutschland
über die Zeit des Nationalsozialismus und insbesondere des
Holocaust zu dem Ergebnis, dass durch die amerikanische TV-
Serie "Holocaust", die das Schicksal einer jüdischen Familie
dokumentiert, Geschichte "intimisiert" und "emotionalisiert"
wurde. "Das bis dahin namenlose, lediglich in abstrakten Todes-
zahlen präsente Schicksal der jüdischen Bevölkerung bekam ein
Gesicht; es wurde persönlich nachvollziehbar und damit erst
,wirklich'."
Vor diesem Hintergrund soll abschließend die Praxis der "Arisie-
rung" innerhalb des deutschen Sports und das Schicksal jüdi-
scher Sportler an zwei Beispielen verdeutlicht werden: David
Prenn war Anfang der 30er Jahre der beste deutsche Tennis-
spieler, der selbstverständlich für Deutschland im Davis-Cup
spielte. Im April 1933 wurde David Prenn durch seinen eigenen
Verband aus der deutschen Davis-Cup-Mannschaft ausge-
schlossen. David Prenn war Jude! Seine ehemaligen Gegner, die
englischen Tennisspieler Bunny Austin und Fred Perry wandten
sich daraufhin in der "Times" am 14. April protestierend an die
Öffentlichkeit.
Auch das Engagement des schwedischen Königs Gustav Adolf
von Schweden, der anlässlich eines Besuchs in Berlin nach dem
Empfang durch Hitler und Hindenburg ein Tennisspiel mit
David Prenn austrug, änderte nichts an dem Ausschluss Prenns
aus dem deutschen Tennis-Davis-Cup-Team und aus dem
deutschen Tennissport. David Prenn emigrierte nach England.
Julius ,Juller' Hirsch war der erste deutsche Fußballnational-
spieler jüdischen Glaubens. Aus der Zeitung erfuhr er im April
1933, dass auch die großen Fußballsportvereine in Süddeutsch-
land und darunter auch sein Verein, der Karlsruher FV, den
Entschluss gefasst hätten, die jüdischen Mitglieder aus den
Vereinen zu entfernen. Um einem Ausschluss zuvorzukommen,
erklärte Hirsch am 10. April seinen Austritt aus dem Verein,
dem er seit 1902 angehörte. Hirsch spielte vorübergehend in
Frankreich, schloss sich dann aber dem Jüdischen Turnclub 03
Karlsruhe an. Am 1. März 1943 wurde Julius Hirsch mit elf
weiteren badischen Juden von Karlsruhe nach Auschwitz
deportiert. Es war der letzte Transport Karlsruher Juden nach
Auschwitz. Das letzte Lebenszeichen war eine Karte zum 16.
Geburtstag seiner Tochter Esther vom 3. März 1943. Im Jahre
1950
erklärte
das Amts-
gericht
Karlsruhe
Julius
Hirsch für
tot.
In den
offiziellen
Geschich-
ten des
Deutschen
Fußball-
Bundes
und des
Deutschen
Tennis
Bundes
finden das
Schicksal
von Julius
Hirsch und
David Prenn nur am Rande Erwähnung. Wie steht es über-
haupt mit der Erinnerung in der deutschen Turn- und Sportbe-
wegung an die eigene Geschichte in den Jahren 1933-1945?
Gern werden mit dem Hinweis auf "Gleichschaltung" und
spätere Auflösung die Turn- und Sportverbände als "Opfer" der
nationalsozialistischen Politik dargestellt, ohne auf die Rolle der
deutschen Turn- und Sportbewegung in den unterschiedlichen
Phasen des nationalsozialistischen Machteroberungsprozesses
und Machtkonsolidierungsprozesses einzugehen.
Dabei war die Turn- und Sportbewegung ein aktives Element in
dem nationalsozialistischen Machteroberungsprozess. Sie hat
sich aktiv eingebunden in den damaligen politischen und
gesellschaftlichen Wandlungsprozess, der letztlich zur Ermor-
dung und Vernichtung von Millionen Menschen durch den
Holocaust und den Zweiten Weltkrieg geführt hat. OF
47
 König Fußball und die Frauen - Künstlerinnen und die WM
ich dem Thema Fußball als Frau zu nähern - das kann mit
S einem bösen Foul enden. Noch immer sind manche Männer
der Meinung, Frauen hätten keine Ahnung von dieser männli-
chen Passion, obwohl diese doch nun schon hinlänglich bewie-
sen haben, dass sie auch kicken können. Und sogar die Spielre-
geln beherrschen. Dennoch: Lieber sieht man(n) sie am Spielfeld-
rand. Aber so ins Abseits stellen lassen sich die weiblichen Fans
der Fußballkunst nicht mehr. Und sie nähern sich auf ungewöhn-
liche Weise dem Sujet ihrer neu entdeckten Leidenschaft. Sie
werfen auch schon mal einen künstlerischen Blick auf die Män-
ner-Domäne. "König Fußball und die Frauen" ist das Thema einer
Ausstellung, die von Mai bis Juli 2006 in Berlin in der Galerie im
Körnerpark geplant ist.
Auf die Idee kam die Kuratorin Bettina Lukacevic durch Gesprä-
che im Bekanntenkreis. "Ich habe festgestellt, dass oft in großen
und kleinen Runden über Fußball geredet wird. Männergesprä-
che. Wenn eine Frau sich da einmischt, wird sie immer noch
nicht ernst genommen. Aber warum? Auch Frauen fasziniert das
Spiel." Und deshalb machte sie sich auf die Suche nach Künstle-
48
rinnen, die sich mit dem Thema rund um den Ball auseinander-
setzen. Sie wurde fündig: Elf nationale und internationale Künst-
lerinnen widmen sich dem Spiel der elf Freunde auf sehr origi-
nelle Weise. Eine, die antritt, ist die Aachenerin Michaele Brüll,
die seit 2002 in Berlin lebt und (wie alle anderen, die im Team
sind) schon eine Reihe erfolgreicher Ausstellungen gestaltet hat.
Sie greift nicht zu Stutzen und Beinschonern, sondern zu Netz-
strümpfen, um Fußball(er) ins rechte Licht zu setzen. Foto-
Fußballszenen (mit Vorliebe von ihrem Heimatverein Alemannia
Aachen) werden mit Nylon umgarnt und lassen neue Perspekti-
ven nach dem Motto "Beine, Hosen, Leidenschaft" auf Spieler,
Spiel und Umfeld zu.
Anne Dettmer dagegen steht auf Gummi: Farbenprächtige
Körper stürmen und kämpfen miteinander um das runde Leder.
Und an der weißen Wand scheint die Bewegung Wirklichkeit zu
sein. Die Skulpturen sind aus drei Millimeter dicken Gummi-
schnüren, die waagerecht an der Wand mit Hilfe von Nägeln
festgehalten werden. Erst auf den zweiten Blick fällt etwas an
den Körpern auf: Die Akteure sind kopflos, haben keine Hände -
OF-G ALERIE
und das Schlimmste für einen Dribbelkünstler: Es fehlen die
massigen Oberschenkel und die Füße, die doch immer so filigra-
ne Schießtechniken zelebrieren. In Ton hält die Österreicherin
Barbara Beranek Bewegung fest. Fußball ist für die Wienerin
"Heldentum, Patriotismus, Macht, Sex und Geld". Und deshalb
will sie elf Figuren schaffen, ihre "Mannschaft" eben: Natürlich
wird jede Position unter humorvollen Aspekten auf den Platz
gestellt. Ihre Landsfrau Isabella Krizek entdeckt den Ball als
lohendes Stickobjekt, stichelt und reflektiert über den "Hype um
den Rasen".
Mit ihrem Thema "Fußballer/inas" richtet die Saarländerin Doris
Hinzen-Röhrig auch eine Hommage an die Frauen, die sich "mit
zunehmendem Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl eine
Männerdomäne nach der anderen erschließen, ohne ihre Weib-
lichkeit dabei aufzugeben". Bewegungsvermögen und Beinakro-
batik, aber auch stramme Fußballerwaden sind ihre Spielwiese,
die sie sich aus Fotocollage und Malerei schafft. Olli Kahn oder
Jens Lehmann könnten sie verstehen: Torschüsse und Torhüter,
die Panik des Torwarts beim Elfmeter, die Angst vor dem Ball
interessieren die Malerin Katja Wüstehube. Und so zeigt sie:
Hände ringen - (tolle) Hechte springen - und acht Keeper halten
einen Ball. Während Sportkommentatoren oft nichts halten - vor
OF-G ALERIE
allem nicht den Mund. Sie sind Stars bei der Mexikanerin Angeli-
ka Chio, die mit neuen Medien arbeitet. Sie stürmt mit Fußball-
Kommentaren, unterlegt mit einem deutsch-spanischen Popsong
und passenden Bildern über den Rasen - und am Ende steht ein
Karaoke-Video.
Fußball aus künstlerischer Frauensicht ist aber offensichtlich
nicht unterstützenswert. Zumindest nach Meinung derer, die an
den kulturellen Projekttöpfen sitzen. Bettina Lukacevic musste
auf der Suche nach Sponsoren für die Ausstellung gegen Vorur-
teile ankämpfen. "Frauen und Fußball? Nein, das passt nicht so",
war der gängige Kommentar, mit dem sie abgeschmettert wurde,
ohne wirkliche Argumente zum Konzept zu hören. In das Kultur-
programm der Bundesregierung zur Fußballweltmeisterschaft
passte die Ausstellung angeblich auch nicht, "weil sie zu lokal
bezogen ist", was für andere Projekte des 30 Millionen Euro
teuren Kulturprogramms, das es übrigens zum ersten Mal bei
einer WM gibt, ebenso gilt. Aufgeben will die "Elf" nicht. Sie will
im Mai 2006 auflaufen. Der Anstoß ist jedenfalls fest eingeplant.
Und die Fußballkünstlerinnen hoffen auf einen Sturmlauf des
Publikums im Körnerpark.
Bianka Schreiber-Rietig
49
Nachrichten des NOK
"Schafft Olympia Frieden?"
Internationales Olympisches
Forum Frankfurt
IOC-Präsident Jacques Rogge, der Schweizer
Moraltheologe und Präsident der World
Ethic Foundation Professor Dr. Hans Küng,
Doppelolympiasiegerin Heike Drechsler und
der Präsident des Bundesverbandes Deut-
scher Banken und Sprecher des Vorstandes
der Commerzbank AG Klaus-Peter Müller -
mit dieser Runde versuchte ZDF-Moderator
Michael Steinbrecher am Dienstag, dem
27.09.2005 in der Frankfurter Paulskirche
auszuloten, ob die Olympische Bewegung
das zu leisten imstande ist, was ihr Begrün-
der Pierre de Coubertin vor 109 Jahren
anstrebte: friedliche Koexistenz durch
sportliche Begegnung. Den Boden für diese
Diskussion hatte IOC-Präsident Rogge zuvor
mit einem Grundsatzreferat zu den Heraus-
forderungen des Sports im 21. Jahrhundert
gelegt (vgl. Seite 16 in diesem Heft).
Eine neue Veranstaltung in
der Paulskirche
NOK-Präsident Dr. Klaus Steinbach brachte
eingangs der Veranstaltung die Hoffnung
zum Ausdruck, mit der neuen Reihe Inter-
nationales Olympisches Forum Frankfurt
(IOF) eine Kernaufgabe der den NOKs in der
Olympischen Charta zugewiesenen Aufga-
ben zu erfüllen: "Wir sind überzeugt von der
Olympischen Idee und der Olympischen
Bewegung, doch dabei muss auch Raum für
kritische Reflexion und konstruktiven Dialog
sein", sagte Steinbach, der dem Mitveran-
stalter Deutsches Olympisches Institut
dankte und dabei den Bogen zum langjähri-
gen NOK-Präsidenten Willi Daume als
Initiator dieser Einrichtung spannte. Stein-
bachs Dank galt darüber hinaus der Wirt-
schaftsinitiative FrankfurtRheinMain, für die
deren Vorsitzender, Fraport-Vorstandschef
Dr. Wilhelm Bender begrüßte sowie der
gastgebenden Frankfurter Oberbürgermeis-
terin Petra Roth, die die Paulskirche als
50
"Wiege der Demokratie" eingangs als
richtigen Ort für kritisch-konstruktive
Auseinandersetzungen im Sport bezeichnet
hatte. "Mit dem IOF wollen wir die Ideale
der Olympischen Bewegung in der Stadt des
kritischen Diskurses, an der historischen
Stätte demokratischer Rede und Gegenrede,
der Frankfurter Paulskirche, zur Diskussion
stellen und Anspruch und Zustand der
Olympischen Bewegung" reflektieren,
erläuterte NOK-Generalsekretär Bernhard
Schwank das Ziel der mit knapp 800 Besu-
chern bereits im ersten Jahr ihres Bestehens
hervorragend angenommene Veranstaltung.
Neben Petra Roth, Dr. Steinbach und Dr.
Bender begrüßte auch der Hessische Innen-
minister Volker Bouffier in einer kurzen
Ansprache die neue Initiative des NOK.
IOC-Präsident Rogge
forderte Stärkung der
olympischen Werte
IOC-Präsident Jacques Rogge betrachtet die
Stärkung der ethischen und moralischen
Werte des Sports als größte Zukunfts-
Herausforderung der olympischen Bewe-
gung. Gut gefüllte IOC-Kassen und ein
weltweites Interesse an den Olympischen
Spielen seien optimale Rahmenbedingungen
dafür, meinte der 63 Jahre alte Belgier.
Zugleich mahnte er jedoch: „Wenn der
Sport sich nur um seinen Preis kümmert,
dann verliert er seine Werte.“ Es dürfe daher
nicht nur um das Materielle gehen, bekräf-
tigte Rogge: Die zentrale Frage sei: "Sind wir
auch da gut, wo es um nicht greifbare
Werte geht." Deshalb will der Mediziner den
Fokus mehr als bisher auf Ethos und Fair-
ness gerichtet sehen. Internationaler Kampf
gegen Rassismus und Korruption, Schutz
der Würde des Athleten, Abwehr von
Sportsöldnern, die für Geld Nationalität und
Startrecht tauschen und eine Stärkung des
Schieds- und Kamprichterwesens: So
beschrieb Rogge einige der Felder, auf
denen das IOC und der internationale Sport
Anstrengungen bündeln müssten. Gleiches
gelte hinsichtlich einer höheren Frauenquo-
te im IOC. Bis zu den Olympischen Spielen
2012 werde sich der Anteil der Athletinnen
von 18 Prozent 1980 in Moskau zwar auf
nahezu 50 Prozent erhöht haben, im IOC
selbst aber bildeten die momentan zwölf
Vertreterinnen weiter eine verschwindende
Minderheit gegenüber den über 100 Män-
nern: „Das tut mir leid“, gestand der Mann
aus Gent und versprach Besserung: „Wir
müssen mit gutem Beispiel vorangehen.“
Zur Überwindung des Nord-Süd-Gefälles
und der höchst ungleichen Medaillen- und
Startchancen zwischen armen und reichen
Ländern sind hingegen laut Rogge die
Weichen schon klar gestellt. Etwa 90 Pro-
zent der insgesamt rund 4,5 Milliarden
Dollar, die das IOC für den Verkauf der TV-
Rechte und durch Sponsoring aus den
Spielen 2010 in Vancouver und 2012 in
London erlöst, sollen im `Kampf gegen
Ungerechtigkeit´ an Entwicklungsländer
umverteilt werden. Der IOC-Präsident, der
als Segler von 1968 bis 1976 selbst dreimal
aktiv an Olympischen Spielen teilnahm,
erhofft sich daraus zugleich einen wichtigen
Nebeneffekt. Schon heute seien die NOKs
finanziell unabhängiger und damit freier in
ihren Entscheidungen als vor 20 Jahren.
Boykottszenarien wie 1980 in Moskau und
1984 in Los Angeles würden sich daher
nicht wiederholen, meinte Rogge.
"Der Sport kann eine bessere
Welt schaffen"
Den exemplarischen Charakter des Sports
und seine Vorbildfunktion für die Gesell-
schaft hob Prof. Dr. Hans Küng hervor, ohne
seine "dunklen Seiten" in Abrede stellen zu
wollen. Zugleich unterstrich er die Verant-
wortung des Einzelnen bei der Einhaltung
geschriebener und ungeschriebener Regeln
des Sports. Zugleich appelierte er an Tugen-
den wie Wahrhaftigkeit, Gerechtigkeit,
Ehrfurcht vor dem Leben und Gewaltlosig-
keit, die zum Teil in einer einfachen Bürger-
ethik ihre Entsprechung fänden. Wie IOC-
Präsident Rogge erinnerte auch Commerz-
bank-Vorstandssprecher Claus Peter Müller
an hervorragende Beispiele des Fair Play im
Sport und nannte dabei historische wie
aktuelle Beispiele von der Sportlerfreund-
schaft eines Luz Long mit Jesse Owens, die
51
vor dem Rassenwahn des dritten Reiches
Bestand hatte bis hin zu Bianca Kappler, die
eine ihr zugesprochene Weitsprung-Weite
zu ihren Ungunsten korrigiert wissen wollte.
Müller empfahl dem Sport solche Leistun-
gen des Fair Play in einer herausragenderen
Weise als bisher zu würdigen, um einen
noch besseren Beitrag zur Pflege einer Ethik
des Sports zu leisten.
Weitsprung-Doppel-Olympiasiegerin Heike
Drechsler beschrieb Olympische Spiele
einerseits als Erlebnis der Freiheit, anderer-
seits beschrieb sie auch den Grat der Versu-
chung zu Betrug und Manipulation aus
wirtschaftlichen und existenziellen Zwän-
gen. IOC-Präsident Rogge blieb es überlas-
sen, abschließend darauf hinzuweisen, man
könne vom Sport zwar nicht erwarten,
Dinge zu erreichen, die in 4000 Jahren
Zivilisation nicht umgesetzt werden konn-
ten, allerdings hätten gerade Olympische
Spiele in der Vergangenheit immer wieder
Signale für ein friedliches Miteinander
gesetzt.
„Der Sport kann einen besseren Menschen
und damit eine bessere Welt schaffen“,
sagte der IOC-Präsident. Am Ende des 1.
Internationalen Olympischen Forums Frank-
furt zog NOK-Präsident Dr. Steinbach ein
positives Fazit: „Das Thema sei allerdings so
anspruchsvoll gewesen, dass man nur
bestimmte Facetten beleuchten konnte“.
Mögliche Fusion von
DSB und NOK geht in
entscheidende Phase
Auf dem Weg zu einem möglichen neuen
Dachverband des deutschen Sports steht
die entscheidende Phase bevor. Gemäß der
Planungen der Strukturkommission sollen
die Mitgliederversammlungen von DSB und
NOK am 10. Dezember in Köln die Auflö-
sung beider Verbände beschließen, um am
20. Mai 2006 die Fusion zu ermöglichen.
Die gemeinsame Strukturkommission von
DSB und NOK hat Vertreter der verschiede-
nen Mitgliedsorganisationen (olympische
Verbände, nicht-olympische Verbände,
Landessportbünde) Ende September zu
einer letzten Beratung über den mittlerwei-
le vorliegenden Satzungsentwurf für die
gemeinsame Dachorganisation zusammen-
52
gerufen. Schriftliche Stellungnahmen und
Positionen der Mitgliedsorganisationen
wurden dabei bewertet und diskutiert. In
dem Gespräch wurde deutlich, dass die
Gültigkeit der IOC-Charta weit reichende
Konsequenzen für die Strukturen einer
gemeinsamen Dachorganisation hat. Vor
allem die Landessportbünde hatten zuvor an
ihrem gegenüber den olympischen Verbän-
den geringeren Stimmengewicht in der
neuen Organisation Kritik geübt.
Nach einem Gipfeltreffen mit IOC-Präsident
Jacques Rogge, an dem NOK-Präsident Dr.
Steinbach, die beiden deutschen IOC-
Mitglieder Prof. Walther Tröger und Dr.
Thomas Bach sowie DSB-Präsident Manfred
von Richthofen und Ekkehard Wienholtz
(Kiel) als Vertreter der LSB teilgenommen
hatten, hatte NOK-Chef Klaus Steinbach
verdeutlicht, dass die IOC-Charta ein Über-
stimmen der olympischen Verbände auch in
Teilbereichen nicht zulässt, solle die neue
Organisation Anerkennung durch das IOC
finden.
Satzungsentwurf
überarbeitet
Der Ende September überarbeitete Sat-
zungsentwurf sieht nun unter anderem ein
Baustelle Fusion: Das dpa-Foto aus dem Jahr 1999 zeigt Kräne über dem Regierungsviertel
(nahe des Reichstages mit der Kuppel des Fernsehturms als markantem Punkt.)
Antragsrecht für die Konferenzen der
Spitzenverbände und der Landessportbünde,
für die Vollversammlung der Deutschen
Sportjugend, die Frauenvollversammlung
und die Vollversammlung der Aktiven vor.
Außerdem wurde von Seiten des NOK
zugesagt, sich beim IOC dafür einzusetzen,
dass die Festlegung der Mitgliedsbeiträge
nur mit 2/3-Mehrheit der Mitgliederver-
sammlung erfolgen kann. Im nunmehr
verabschiedeten Entwurf bleibt es allerdings
bei einer Stimmenverteilung von etwa
einem Drittel für die Landessportbünde.
Die Arbeit der Gemeinsamen Strukturkom-
mission von NOK und DSB ist damit vorläu-
fig beendet. Der Satzungsentwurf wurde in
den Sitzungen der beiden Präsidien am 6.
und 7. Oktober als Bestandteil des Ver-
schmelzungsvertrags verabschiedet und
dann den Mitgliedsorganisationen zur
Beratung übersandt.
Die Kommission hält an ihrem Gesamt-
Zeitplan fest. Dies bedeutet, dass Ände-
rungsanträge laut Satzung bis 4. November
bei den beiden Dachorganisationen einge-
hen müssen. Eine weitere Beratung und
Meinungsbildung ist möglich, wenn Einig-
keit unter den beiden Präsidien über den
Letztentwurf festgestellt wird. Beim DSB-
Bundestag und der NOK-Mitgliederver-
sammlung selbst ist nur eine Entscheidung
für oder gegen eine Fusion zu fällen. Mit
diesem Ablaufplan soll gewährleistet wer-
den, dass der deutsche Sport zügig zu einer
.neuen gemeinsamen Führungsstruktur
findet.
IOC-Mitglied Walther Tröger
in Vilna ausgezeichnet
Für seine Verdienste um den Aufbau und die
Zusammenarbeit der europäischen NOKs
über vierzig Jahre wurde IOC-Mitglied und
NOK-Ehrenpräsident Walther Tröger in Vilna
IOC-Mitglied und NOK-Ehrenpräsident
Prof. Walther Tröger
(Litauen) mit dem Kommandeurskreuz des
Staatlichen Verdienstordens für Leistungen
im Sport ausgezeichnet. Die Ehrung erfolgte
im Rahmen des 11. Europäischen Fair Play
Kongresses (20.-25. September 2005), bei
dem Professor Tröger die Vertretung von
IOC, EOC u nd NOK für Deutschland wahr-
nahm und seinerseits den Europäischen Fair
Play Preis 2004 an den Präsidenten des
Nationalen Olympischen Komitees für
Litauen, Arturas Poviliunas, übergab.
Graf Landsberg-Velen
Träger der Ludwig-Wolker
Plakette 2005
Anlässlich einer Gedenkfeier zum 50.
Todestag des "Sportprälaten" Ludwig Wolker
im Barocken Schloss in Münster wurde die
Ludwig-Wolker-Plakette des Deutschen
Sportbundes an NOK-Vizepräsident Dieter
Graf Landsberg-Velen vergeben. Mit der
Ludwig-Wolker-Plakette würdigt der DSB
alle zwei Jahre eine Person für herausragen-
de Leistungen um die Förderung der Werte
NOK-Vizepräsident Graf Landsberg-Velen,
hier im Gespräch mit NOK-Präsident Dr.
Steinbach und DSB-Präsident Manfred von
Richthofen
des Sports in seiner ethischen und morali-
schen Dimension und erinnert dabei an den
Mitbegründer des DSB, der eine große und
wichtige Rolle in der konfessionellen Sport-
bewegung spielte. "Reiter-Graf" Landsberg-
Velen hat sich in vielen verantwortlichen
Ehrenämtern in den Dienst der Gesellschaft
gestellt, so unter anderem als Vizepräsident
des Deutschen Sportbundes und des Natio-
nalen Olympischen Komitees für Deutsch-
land sowie als langjähriger Präsident der
Deutschen Reiterlichen Vereinigung. Dieter
Graf Landsberg-Velen hat sich in seiner
gesamten Tätigkeit im Sport stets für diese
ethischen Grundlagen eingesetzt.
Gewichtheber-Präsident
Umbach ausgezeichnet
Claus Umbach, Präsident des Bundesverban-
des Deutscher Gewichtheber (BVDG), ist für
sein ehrenamtliches Engagement im Sport
mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande
ausgezeichnet worden. Der 56 Jahre alte
Rektor der Erich-Kästner-Gesamtschule in
Baunatal erhielt die Auszeichnung aus den
Händen des hessischen Innenministers
Volker Bouffier. Umbach engagiert sich seit
seiner Schulzeit im Sport und war anfangs
als Ruderer aktiv. 1982 wurde er in den
Vorstand der Gewichtheberjugend gewählt,
vor fünf Jahren trat er das Amt als BDVG-
Präsident an und wurde Mitglied im Natio-
nalen Olympischen Komitee für Deutsch-
land.
NOK-Mitglied Prof. Dr.
Norbert Müller geehrt
Der Griechische Staatspräsident Karolos
Papoulias überreichte persönlich auf der
Pnyx von Athen, dem antiken Versamm-
lungsort gegenüber der Akropolis, den
"Athen-Preis" des Hellenischen Olympischen
Komitees an Professor Norbert Müller vom
Fachbereich Sport der Johannes Gutenberg-
Universität. Vor 200 Delegierten aus 102
Staatspräsident Karolos Papoulias (l.) ehrt
NOK-Mitglied Prof. Dr. Müller
Ländern wurde die weltweit führende Rolle
der Mainzer Forschungsgruppe Olympia
unter Leitung von Professor Müller anläss-
lich der Eröffnung der 45. Session der
Internationalen Olympischen Akademie
(IOA) am 27.07.2005 in bisher einmaliger
Form herausgestellt. Der jährlich zu verge-
bende Preis wurde in Erinnerung an die für
Griechenland so erfolgreich durchgeführten
Olympischen Spiele 2004 gestiftet. Prof.
Müller ist der erste Preisträger.
Die Laudatio stellte Professor Müllers
außergewöhnlichen Einsatz für die wissen-
schaftliche Grundlegung der olympischen
Ideale, seine Aufbauarbeit einer nationalen
und internationalen Olympischen Akademie
und die damit verbundene Ausbildung von
zahllosen Nachwuchswissenschaftlern auf
dem olympischen Forschungsfeld seit über
30 Jahren heraus. Als Mitglied der IOA habe
er weltweite Pionerarbeit geleistet.
Dr. Georg Huber als Sport-
arzt des Jahres gewürdigt
Zur Auszeichnung "Sportarzt des Jahres" hat
NOK-Präsident Dr. Klaus Steinbach, im
Hauptberuf Ärztlicher Direktor der Hoch-
53
waldkliniken im saarländischen Weiskirchen,
Dr. Georg Huber, einem langjährig tätigen
Arzt der deutschen Olympiamannschaften
gratuliert. Die
Ehrung wird von
der Gesellschaft
für Orthopä-
disch-Traumato-
logische Sport-
medizin (GOTS)
seit dem Jahr
2002 verliehen.
Sie erfolgte
bereits im Juni in
München.
Dr. Georg Huber
Der 62jährige Dr.
Georg Huber ist seit 1972 Mitglied der
deutschen Olympiamannschaften. Seit 1988
betreut er Paralympics-Mannschaften, seit
1997 deutsche Gehörlosen-Teams bei den
Deaflympics. Im Jahr 2003 wurde Dr. Georg
Huber, der auch Mannschaftsarzt der
alpinen Ski-Nationalmannschaft ist, bereits
mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande
ausgezeichnet. "Dein beispielloses Engage-
ment für die deutschen Olympiamannschaf-
ten und später auch für Paralympics- und
Gehörlosen-Teams verpflichten die deutsche
Olympische Bewegung zu großer Dankbar-
keit.", schrieb NOK-Präsident Dr. Klaus
Steinbach an den an der Universitätsklinik
Freiburg tätigen Kardiologen und Arbeits-
mediziner, zu dessen Hobbies auch das
Bergwandern und das Motorradfahren
zählen.
Coubertin-Medaille für
die Tour der Hoffnung
Mit einem Spendenrekord von 941.000 Euro
ist die "Radtour der Hoffnung" zugunsten
krebskranker Kinder beendet worden. 211
Sportler und Künstler haben sich beteiligt.
Vier Tage lang radelte das Fahrerfeld über
345 Kilometer für den guten Zweck. Seit
dem Etappenziel Tauberbischofsheim darf
sich die Goodwill-Tour auch mit olympi-
schen Lorbeer schmücken. Dr. Thomas Bach,
Mitglied des Internationalen Olympischen
Komitees (IOC), der sich mit Tauberbischofs-
heimer Fechtern ebenfalls aufs Rad ge-
schwungen hatte, überreichte der Tour-
Schirmherrin Petra Behle die Pierre-de-
Coubertin-Medaille in Gold für besonderes
soziales Engagement durch Sport. Petra
Behle ist Biathlon-Olympiasiegerin und
54
Auch NOK-Mitglied Eberhard Gienger
(MdB) engagiert sich seit vielen Jahren für
die Tour der Hoffnung. Hier beim Start der
Tour 1995 vor dem Brandenburger Tor.
mehrfache Weltmeisterin. Dr. Bach bezeich-
nete die Prominentenfahrt als "einzigartige
Solidarität des Sports mit Schwächeren und
als leuchtendes Beispiel für den olympi-
schen Geist". Noch nie habe das IOC die
Coubertin Medaille an eine Organisation
verliehen. Weltweit haben bislang nur
dreißig Personen diese hohe olympische
Auszeichnung erhalten.
Sonderbriefmarke für
Max Schmeling
Vor rund 200 geladenen Gästen hat Bun-
desfinanzminister Hans Eichel im August im
Olympiasieger Henry Maske zeigt am
24.08.2005 im Hamburger Rathaus die Max
Schmeling-Sonderbriefmarke
Festsaal des Hamburger Rathauses die
Sonderbriefmarke zu Ehren von Max
Schmeling vorgestellt, der am 28. Septem-
ber 100 Jahre alt geworden wäre. Der
bislang einzige deutsche Schwergewichts-
Boxweltmeister war am 2. Februar gestor-
ben. Eine Erstausgabe der Marke überreichte
Eichel an Hamburgs Bürgermeister Ole von
Beust, Dr. Klaus Steinbach, den Präsidenten
des Nationalen Olympischen Komitees für
Deutschlands, Hamburgs Ehrenbürger Uwe
Seeler und den Ehrenvorsitzenden der Max-
Schmeling-Stiftung, Dr. Claus Robert Agte.
"Schmeling war gelebte Menschlichkeit",
sagte Eichel in seiner Rede, `er war ein
Meister aller Klassen und ein Meister des
Fairplay". NOK-Präsident Dr. Klaus Steinbach
wies unter anderem auf die langjährige
Unterstützung des deutschen Sportidols für
die Stiftung Deutsche Sporthilfe hin, der er
insgesamt einen Millionenbetrag zukommen
ließ. Uwe Seeler rief junge Sportler auf,
"sich an Max zu orientieren: Dann seid ihr
auf dem richtigen Weg, Erfolg zu haben."
Die Marke im Wert von 55 Cent ist seit dem
8. September an den Schaltern der Deut-
schen Post erhältlich
60. Geburtstag von
DTB-Präsident Brechtken
Anlässlich eines Empfangs zum 60. Geburts-
tag von DTB-Präsident Rainer Brechtken am
(vlnr, hinten): Eberhard Gienger, Klaus
Riegert, Erwin Staudt, Günther H. Oettinger
und Dr. Klaus Steinbach, vorne: Rainer
Brechtken.
8. September 2005 in Frankfurt am Main
überbrachte NOK-Präsident Dr. Klaus Stein-
bach herzliche Grüße des NOK-Präsidiums.
Brechtken sei ein "stets sachkundiger
Sportpolitiker, den auf treffende Weise all
jenes zu kennzeichnen scheint, was man
meint, wenn man einen Menschen als
leidenschaftlichen Olympier" bezeichnet,
sagte Steinbach im Rahmen einer kleinen
Ansprache in der Bundesturnschule.
Rainer Brechtken, der anlässlich der NOK-
Mitgliederversammlung im November 2002
in das NOK-Präsidium gewählt wurde, sei
dafür bekannt, Probleme stets auf den
Punkt zu bringen und dabei die praktische
Umsetzung sportpolitischer Maßnahmen im
Blick zu behalten. Insbesondere die laufende
Strukturdebatte im deutschen Sport habe er
dabei an federführender Stelle mitgestaltet.
Olympische Erziehung
Neue Kooperation mit
Jugend trainiert für Olympia
Im Rahmen des "Jugend trainiert für Olym-
pia"-Herbstfinales wurde die Kooperations-
vereinbarung zwischen der Deutschen
Schulsportstiftung und dem Nationalen
Olympischen Komitee für Deutschland
unterschrieben und besiegelt.
NOK-Präsident Dr. Steinbach (2. v.l.) bei der Vertragsunterzeichnung mit Karl Weinmann, stv.
Vorsitzender Deutsche Schulsportstiftung (l.), Dietmar Hiersemann, Vors. Kommission
Jugend trainiert für Olympia, Reinhard Peters, Vors. Deutsche Schulsporstiftung und Thomas
Härtel, Berliner Bildungsstaatssekretär.
Nach der Zustimmung durch das NOK-
Präsidium stand der Unterzeichnung der
Vereinbarung beim 70. Bundesfinale in
Berlin nichts mehr im Wege und NOK-
Präsident Dr. Klaus Steinbach ließ es sich
nicht nehmen, am Pressegespräch im Sony
Center am Potsdamer Platz teilzunehmen.
Der Präsident bezeichnete die Vereinbarung
mit der Deutschen Schulsportstiftung als
längst überfälligen Schritt: "Wo Olympia
drauf steht, muss auch Olympia drin sein
und wo Olympia drin ist, muss auch Olym-
pia drauf stehen. Das NOK und die Deutsche
Schulsportstiftung arbeiten auf gemeinsa-
men Feldern und unsere Zielgruppen über-
schneiden sich. Wir sind sicher, dass unsere
Aktivitäten deshalb auf fruchtbaren Boden
fallen werden." Durch die Zusammenarbeit
möchte das NOK den 900.000 teilnehmen-
den Schüler/-innen die Olympische Idee
näher bringen und sie u.a. für Themen wie
Fair Play und den Kampf gegen Doping
sensibilisieren. Die Aktivitäten sollen auf
verschiedenen Ebenen ansetzen und natür-
lich auch die Bundesfinale einschließen. Das
NOK hat sich bislang bereits an den Winter-
finalveranstaltungen beteiligt - u.a. mit
Ausstellungen über die Historie der Olympi-
schen Spiele, einem Quiz und dem "NOK-
Olympiastudio" mit prominenten Talkgästen.
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen
Schulsportstiftung, Reinhard Peters nannte
die Unterzeichnung der Vereinbarung einen
weiteren Meilenstein in der 36-jährigen
JTFO-Geschichte. "Durch die Zusammenar-
beit mit dem NOK steigt hoffentlich auch
die sportpolitische Bedeutung unseres
Wettbewerbs, der immerhin der größte
Schulsportwettbewerb der Welt ist." Die
Vertragsunterzeichnung erfolgte durch den
NOK-Präsidenten und den Vorstandsvorsit-
zenden Reinhard Peters sowie durch die
Vizevorsitzenden der Deutschen Schulsport-
stiftung Dietmar Hiersemann und Karl
Weinmann im Beisein des Berliner Staatsse-
kretärs Thomas Härtel, der den Schulter-
schluss sehr begrüßte und sich dadurch
neue Impulse und zusätzliche Motivation
für den Bundeswettbewerb erhofft.
Dr. Andreas Höfer berichtet
von der 7. Lehrerfortbildung
"Alles fließt" - oder, wie die alten Griechen
sagten, "panta rhei". Dieses, von einem
"dunklen Philosophen" aus Ephesos namens
Heraklit um 500 vor Christus auf den Punkt
gebrachte Grundgesetz irdischen Daseins,
dem sich allenfalls Reformvorhaben der
deutschen Politik zu entziehen vermögen,
gilt allemal für den Alpheios. Davon konn-
ten sich kürzlich zumindest diejenigen vor
Der Leiter der 7. Lehrerfortbildung Kurato-
riumsvorsitzender Robert Marxen (l.) mit
NOK-Abteilungsleiter Achim Bueble.
Ort überzeugen, die dem Angebot des
Grazer Altphilologen Prof. Ingomar Weilers
folgten und sich in aller Frühe mit ihm auf
den Weg zu diesem Fluss im Tal Olympias zu
machen. Sicher eine beruhigende, doch
beileibe nicht die einzige, auch nicht die
wichtigste Erkenntnis der 7. Lehrerfortbil-
dung des NOK für Deutschland im grie-
chischen Olympia.
Der inzwischen 68jährige Experte für antike
Sportgeschichte betätigte sich freilich nicht
nur als Pfadfinder und Vor-Läufer auf den
Spuren des Göttervaters Zeus, sondern, im
Zusammenspiel mit dem gelernten Archäo-
logen und neuen Direktor des Deutschen
55
Sport- und Olympiamuseums, Dr. Christian
Wacker, als äußerst kundiger und anregen-
der Reiseleiter. Ihre Führungen durch die
Ausgrabungsgelände und Museen der
weltberühmten Kult- und Sportstätten des
Altertums zählten zu den Höhepunkten der
siebentägigen Veranstaltung, zumal sie auch
den Bogen zur neuern Geschichte des
Das Referententeam mit (v.l.) Dr. Christian Wacker, Rolf Geßmann, Robert Marxen, Margare-
te Schorr, Claudia Brill, Achim Bueble, Monika Müller, Hennes Weiß, Peter Mey, Prof. Dr.
Ingomar Weiler und Claus Kretschmer.
Großfests des Sports zu schlagen vermoch-
ten. Sehr erhellend waren insbesondere die
Hinweise darauf, dass viele der heute oft
beklagten Fehlentwicklungen und Fragwür-
Gruppenfoto der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der 7. Lehrerfortbildung des NOK in
Olympia vor der Internationalen Olympischen Akademie
56
digkeiten durchaus Parallelen zur vermeint-
lich guten alten Zeit des olympischen Sports
aufweisen.
Damit wurde der Finger in eine Wunde
gelegt, die all denen zu schaffen macht, die
sich im Sinne der Olympischen Idee pädago-
gisch engagieren. Wie will man nämlich
junge Menschen für die gute Sache begeis-
tern, wenn diese - Stichwort Doping und
Kommerz - gleichzeitig auch negative
Assoziationen weckt?
Auf diese Problematik wies der Frankfurter,
bald Saarbrücker Sportwissenschaftler Eike
Emrich in seinem Einführungsvortrag hin,
um es am Beispiel des Dopings eindrucksvoll
durchzudeklinieren. Wenn ihn dies aber
nicht von einem Plädoyer für eine effektive
"Werteerziehung durch Sport" abhielt,
mochte das nicht nur die teilnehmenden
Lehrerinnen und Lehrer, sondern auch die
Verantwortlichen der Fortbildungsmaßnah-
me zu bestätigen und motivieren. Schließ-
lich ist das NOK, namentlich sein "Kuratori-
um Olympische Akademie und Olympische
Erziehung" seit Jahrzehnten in vorbildlicher
Weise darum bemüht, seinen satzungsge-
mäßen Auftrag einer Förderung der Olympi-
schen Idee wirkungsvoll umzusetzen, wobei
die Protagonisten pädagogischer Basisarbeit
naturgemäß eine wichtige Zielgruppe
darstellen.
Umso erfreulicher ist die Resonanz. Wie in
der Vergangenheit nahmen auch dieses Mal
mehr als achtzig Lehrerinnen und Lehrer aus
ganz Deutschland sowie je zwei Kolleginnen
und Kollegen aus Dänemark und Liechten-
stein das inzwischen gleichsam institutio-
nelle Angebot an, bei doch erheblicher
finanzieller Selbstbeteiligung eine ebenso
anstrengende wie anregende Woche in der
Internationalen Olympischen Akademie auf
sich zu nehmen. Eindrucksvoll war auch das
Engagement der Teilnehmer, die keineswegs
nur instruieren lassen wollten, sondern auch
ihre eigenen Ideen einbrachten und vielfäl-
tigen bereits durchgeführte oder angedach-
te Projekte vorstellten.
Dass im Rahmen der entsprechenden
Aktivitäten neben der Förderung sportlicher
Werte wie Fairness, gegenseitige Achtung
oder Rücksichtnahme durchaus auch das
Prinzip der Leistung im Blickpunkt steht,
musste nicht zuletzt Bernhard Schwank
erfreuen. Schließlich hatte der Generalse-
kretär - angesichts einer nicht nur fusions-
bedingt großen Arbeitsbelastung auch eine
Leistung - den weiten Weg ins ferne Olym-
pia auf sich genommen, um allein dadurch
sowie explizit im Rahmen eines Vortrags die
Wertschätzung pädagogischer Arbeit im
Sinne der Olympischen Idee, also auch im
Sinne sportlichen Leistens durch das NOK
für Deutschland zu dokumentieren.
Möglicherweise hat auch er die Erkenntnis
mit nach Hause genommen, dass die huma-
nen Werte des Sports nicht nur in den
großen Arenen der Welt oder auf den
Fernsehschirmen zur Geltung kommen
(sollten), sondern auch und vielleicht noch
viel mehr an der Basis und in der Breite des
Eisbergs. In diesem Sinne ist es ermutigend,
dass auch in deutschen Schulen - trotz oder
vielleicht gerade wegen des Pisa-Schocks -
wenn auch nicht alles, so doch immerhin
einiges im Fluss ist.
Olympische Spiele
Turin 2006
Sportfachliche Nominierungs
kriterien stehen
Die in enger und vertrauensvoller Zusam-
menarbeit mit den Olympischen Winter-
sportverbänden und dem NOK verfassten
fachlichen Nominierungskriterien wurden
im September vom NOK-Präsidium verab-
schiedet. Grundlegend ist die begründete
Endkampfchance. Neu aufgenommen
worden ist der Grundsatz einer Leistungsbe-
stätigung im Vorfeld der Spiele. Die Nomi-
nierungskriterien waren zuvor durch die
zuständige Präsidialkommission und den
Bundesvorstand Leistungssport des DSB
beschlossen worden.
Die wichtigsten Vorbereitungstermine im
vorolympischen Herbst waren und sind das
Arbeitstreffen mit den Wintersportverbän-
den (29. September 2005), das Medizinische
Seminar (7./8. Oktober 2005), ein Mediense-
minar (24. Oktober 2005), die Präsentation
der Einkleidung (24. Oktober 2005), ein
TOROC-Seminar für Fragen der Sicherheit
(Ende Oktober 2005) sowie das Info-Semi-
nar für Leiterinnen und Leiter der Teilmann-
schaften (9. November 2005). Die Nominie-
rungstermine der Olympiamannschaft sind
der 21.12.2005 und der 25.01.2006.
Olympisches Feuer wird am
27. November entzündet
Valentino Castellani und Minos Kyriakou, die
Präsidenten des Organisationskomitees der
Olympischen Winterspiele Turin 2006
(TOROC) und des Nationalen Olympischen
Komitees (NOK) für Griechenland haben am
20.09.2005 eine Vereinbarung über den Weg
des Olympischen Feuers durch Griechenland,
durch Italien und nach Turin unterzeichnet.
Dies teilt TOROC in einer aktuellen Presse-
mitteilung mit.
Die Vereinbarung dient der Erneuerung der
Tradition und der Organisation des Fackel-
laufs als Werbemaßnahme für die Spiele in
Griechenland und Italien.
Die Olympische Flamme wird am 27. No-
vember in Olympia entzündet. Nach zehn
Tagen auf griechischem Territorium wird die
Flamme am 6. Dezember in Athen im
antiken Panathinaikon Stadion eintreffen.
Dort wird das Feuer an das Turiner Organi-
sationskomitee übergeben.
Am 7. Dezember wird ein Flugzeug die
Flamme nach Rom bringen, wo sie von
Staatspräsident Ciampi entgegengenommen
wird. Am Morgen des 8. Dezember startet
Valentino Castellani, ehemalige Turiner
Bürgermeister und Chef des Organisations-
komitees für die XX. Olympischen Winter-
spiele Turin 2006 (TOROC), präsentierte im
Januar 2005 in Mailand die Olympische
Fackel.
eine Stafette des Olympischen Feuers durch
Italien. Um 10.00 Uhr wird Italiens Staats-
präsident die Olympische Fackel entzünden
und an Stefano Baldini, den Goldmedaillen-
Gewinner des Marathon-Wettbewerbs
Athen 2004 übergeben. Er ist der erste von
insgesamt 10.001 Fackelläufern die die
Olympische Flamme durch ganz Italien
tragen werden.
Am Ende ihrer Reise über die Halbinsel wird
der letzte Fackelläufer das Olympische Feuer
während der Eröffnungsfeier zu den Olym-
pischen Winterspielen in Turin entzünden.
"Italien und Griechenland waren durch
Geschichte und Kultur stets vereint", sagte
TOROC-Präsident Castellani "und die Aus-
wahl von Stefano Baldini, dem ersten Träger
der Olympischen Fackel, knüpft in gewisser
Weise an die schönen und spannenden
Olympischen Spiele in Athen an, die den
Winterspielen in Turin vorangingen".
Symbol der Winterspiele
eingeweiht
In Turin ist Ende September ein 69 Meter
hoher Bogen eingeweiht worden, das
Symbol der Olympischen Winterspiele vom
10. bis 26. Februar 2006. Die Konstruktion,
die das Turiner Industrieviertel Lingotto mit
einem der Olympiadörfer verbindet, wurde
von 30 internationalen Architekten unter
der Leitung des Italieners Benedetto Came-
rana entworfen. Der 55 Meter breite und
Soll zu einem wichtigen Symbol der
Olympischen Winterspiele 2006 werden.
Ein Bogen über dem Himmel von Turin.
460 Tonnen schwere Bogen wurde über der
Bahnlinie und unweit der Autobahn errich-
tet, die nach Mailand führt. "Es ist als Tor
zur Stadt ein Zeichen des europäischen
Geistes Turins", sagte der Präsident des
Organisationskomitees der Winterspiele
TOROC, Valentino Castellani. "Ein Bogen im
Himmel Turins, der von den Winterspielen in
die Zukunft zeigt", kommentierte die Turiner
Tageszeitung `La Stampa´ die Einweihung.
Chef-Architekt Camerana meinte stolz: „Wir
haben Funktionalität mit Schönheit verbun-
den. Um dieses Projekt zu verwirklichen,
haben wir fortschrittlichste Technologie
genutzt.“
Genehmigungsverfahren
für den Einsatz von
Medikamenten
Aktive, die aus therapeutischen Gründen bei
den bevorstehenden Olympischen Winter-
spielen Turin 2006 Medikamente einneh-
men, müssen darüber gegenüber der Medi-
zinisch-Wissenschaftlichen Kommission des
IOC detailliert Auskunft geben. Dies gilt
57
insbesondere auch über die in vielen Asth-
ma-Mitteln enthaltenen Beta2 Agonisten.
Wie bei jeder Ausgabe der Spiele seit dem
Jahr 2000 wird Beta 2 Agonisten auch bei
den Dopingkontrollen in Turin nachgespürt.
Für Aktive, bei denen diese Substanzen
nachgewiesen werden und die keine Geneh-
migung der Medizinischen Kommission des
IOC vorweisen können oder die die Bedin-
gungen zum Gebrauch dieser Mittel nicht
berücksichtigt haben, wird das Resultat der
Dopingkontrollen positiv gewertet.
Der Zugang zum On-line-Genehmigungs-
verfahren für den therapeutischen Ge-
brauch von Beta2 Agonisten erfolgt im
Internet über www.olympic.org/beta1.
Alle Fragen zu diesem Sachverhalt beant-
wortet der leitende Mannschaftsarzt der
deutschen Olympiamannschaft Prof. Dr.
Wilfried Kindermann oder die Medizinische
Abteilung des IOC.
Neue WADA-Liste der
verbotenen Substanzen
und Techniken
Nach ihrer Verabschiedung durch das
WADA-Exekutiv-Komitee am 20. September
2005 ist die Liste der verbotenen Substan-
zen und Techniken 2006 mittlerweile im
Internet einsehbar. Die Liste tritt am 1.
Januar 2006 in Kraft. Die wichtigsten
Änderungen, das Analyse- bzw. Monitoring-
Programm sowie die Liste selbst sind unter
der Adresse
http://www.wada-ama.org/en/
prohibitedlist.ch2 abgespeichert.
Bereits 500.000 Olympia-
Tickets verkauft
Bereits die Hälfte der Eintrittskarten für die
Olympischen Spiele vom 10. bis 26. Februar
2006 in Turin sind verkauft. Dies gab das
Organisationskomitee (TOROC) bekannt. Für
TOROC sei dies ein gutes Zeichen, denn, so
hieß es: "In Italien gibt es nicht die Ge-
wohnheit, die Karten schon ein Jahr vor
einem Event zu kaufen, auch wenn es sich
um Olympia handelt." Die Tickets kosten
zwischen 20 und 600 Euro. Bereits ausver-
kauft sind die Eröffnungs- und Schlussfeier.
Keine Karten gibt es auch mehr für das
Eishockey-Finale der Männer sowie das
58
Schaulaufen der Eiskunstläufer. 135 Tage
vor Beginn der Spiele hat eine neue Phase
des Ticket-Verkaufs begonnen. Innerhalb der
Europäischen Gemeinschaft können Tickets
ab sofort wieder über die Website des
Organisationskomitees TOROC (www.tori-
no2006.it) oder telefonisch über
+39039838250 geordert werden. Darüber
hinaus sind Bestellungen über die General-
agenturen der Nationalen Olympischen
Komitees möglich. In Deutschland ist dies
das Unternehmen DER TOUR
(069/95883660). In den zurückliegenden
Wochen waren bei geschlossenen Schaltern
zunächst den in verschiedenen Preiskatego-
rien bestellten Tickets Plätze zugeordnet
worden. Nun sind die Vorverkaufsstellen
wieder geöffnet. Von den 56% der Tickets
entfallen 130.000 Tickets auf die Eishockey-
Wettbewerbe, 52.000 auf die Eisschnellauf-
Wettbewerbe, 45.000 für Eiskunstlauf,
40.000 für alpinen Skilauf und 22.000 auf
die Curling-Wettbewerbe.
Neuer Leitspruch für Turin:
Passion lives here
Das Organisationskomitee für die XX Olym-
pischen Winterspiele Turin 2006 (TOROC)
hat am 15. September in Rom einen neuen
Leitspruch veröffentlicht. Das neue Motto
"Passion lives here" wird an allen Präsentati-
onsständen, in TOROC-Publikationen, in
Kampagnen und in allen Bereichen der
öffentlichen Kommunikation zu sehen sein.
Darüber hinaus wird das Motto in den
nächsten rund 150 Tagen bis zu den Spielen
an den Wettkampfstätten und anderen
Einrichtungen zu sehen sein.
"Passion lives here" drücke auf einfache und
klare Weise den Geist und die Werte dieser
20. Ausgabe der Olympischen Winterspiele
aus. Nach Cortina d´Ampezzo 1956 und
Rom 1960 sei nun Turin an der Reihe Italien
und die Leidenschaft der Italiener bei allem
was sie tun gegenüber der Welt zu präsen-
tieren, heißt es in einer Pressemitteilung des
IOC.
Gleichfalls umfasse der neue Leitspruch die
strategische Position der Organisatoren, die
in dem sog. "Piazza"-Konzept zum Ausdruck
komme: Ein Treffpunkt, ein Rückzugsort für
Leidenschaft und Engagement, ein einzigar-
tiges Symbol der italienischen Lebensart
und ein Schlüsselelement der Turiner Spiele.
"Passion lives here" ist in roter Farbe gehal-
ten, der traditionellen Farbe für besondere
Leidenschaft. Sie solle es erlauben einen
besonderen Zusammenhang mit dem
äußeren Erscheinungsbild der Spiele, dem
Olympischen Fackellauf und gestalterischen
Maßnahmen im Turin der Spiele 2006
herzustellen.
Die Olympischen Winterspiele finden vom
10. bis 26. Februar 2006 statt. Die Winter-
spiele umfassen sieben Sportarten und 15
verschiedene Disziplinen, die an acht Sport-
stätten ausgetragen werden. Etwa 2.500
Aktive, 650 Schieds- und Kampfrichter und
1,5 Millionen Besucher werden in Turin und
in den Bergregionen um die Stadt erwartet.
Auswärtiges Amt
veröffentlichte Infokarte
Das Auswärtige Amt hat nach bewährtem
Muster früherer Sportereignisse auch für die
bevorstehenden Olympischen Winterspiele
und Paralympics 2006 in Turin eine Infokar-
te mit Reisehinweisen für Besucher dieser
Veranstaltungen herausgegeben. Das Falt-
blatt im Taschenkalender-Format gibt u.a.
Tipps zum Thema Einreise und Aufenthalt,
Geldverkehr und Notfälle. Darüber hinaus
werden wichtige Adressen mitgeteilt wie
u.a. die Kontaktdaten zum Deutschen
Generalkonsulat in Mailand oder den
jeweiligen ADAC-Niederlassungen:
http://www.auswaertiges-amt.de
"Die Sportstätten" - Interna-
tionales Forum vom 20.-22.
Oktober 2005 in Turin
"Die Sportstätten", so lautet der schlichte
Titel eines Internationalen Forums vom 20.-
22. Oktober 2005 im Kongress Zentrum
Incontra Via Nino Costa 8 in Turin. Während
dreier Tage stehen die Planungen, das
Design, die Gebäude und das Management
der Sportstätten der Olympischen Winter-
spiele 2006 im Mittelpunkt einer öffentli-
chen Veranstaltung. Sie wendet sich an
Ingenieure und Techniker sowie alle, die
beruflich mit den Olympischen Winterspie-
len zu tun haben. Ein Tag des Forums ist der
Besichtung aller Sportstätten in der Stadt
Turin und in den Bergregionen vorbehalten.
Zweck der Veranstaltung ist es, die architek-
tonischen und technischen Besonderheiten
der Sportstätten darzustellen, Herausforde-
 vorgestellt wurde. Angelehnt an traditionel-
le chinesische Kalligraphie ist das Logo aus
dem Schatten eines menschlichen Lebewe-
sens und eines Baumes zusammengesetzt.
Es soll die Harmonie zwischen Mensch und
Natur zum Ausdruck bringen. Die schwin-
genden Linien erscheinen wie eine prächtige
und blühende Krone eines Baumes, die die
nachhaltige Entwicklung der Natur symboli-
sieren soll.
onskomitee (LOCOG) während der nächsten
sieben Jahre alle Vorbereitungen auf das
Mega-Event koordiniert und beobachtet.
Oswald ist seit 1991 IOC-Mitglied, darüber
hinaus Mitglied der IOC-Exekutive und
Präsident des Internationalen Ruder Verban-

Liu Jingmin, geschäftsführender Vizepräsi-

Fürst Albert von Monaco inspizierte Anfang
2005 in Cesana die Bobbahn der Olympi-
schen Winterspiele
rungen und Probleme beim Bau der Anlagen
zu beschreiben, Programme, Entwürfe und
Konstruktionslösungen vorzustellen, die
Sportstätten mit denen anderer Olympia-
städte zu vergleichen, den Besuch aller
Einrichtungen zu ermöglichen sowie be-
nutzte Materialien und Technologien zu
präsentieren. Nähere Informationen und
Anmeldungen über
http://www.torino2006.it
Peking 2008
BOCOG will Grüne Spiele
Die Olympischen Spiele Peking 2008 haben
ein Umweltsymbol erhalten, das am 24.
September 2005 im Pekinger Jugend Palast
dent des Organisationskomitees der Spiele
der XXIX Olympiade (BOCOG) unterstrich,
dass die grünen Olympischen Spiele nicht
allein die Unterstützung der Regierung und
BOCOGs bedürften, sondern auch der
engagierten Beteiligung der Öffentlichkeit.
Die Präsentation des Logos sah Liu Jingmin des FISA. Für die Olympischen Spiele 2004
im Kontext der erzieherischen Aktivitäten in Athen hatte Oswald die Funktion des
und Initiativen von BOCOG, die die Bevölke- Vorsitzenden der Koordinierungskommission
rung zu umweltfreundlicher Lebensweise von Dr. Jacques Rogge nach desssen Wahl
ermuntern sollen. zum IOC-Präsidenten übernommen. Die
weiteren Mitglieder der Koordinierungs-
kommmission sind allesamt IOC-Mitglieder.
Aufruf zur Beteiligung Sie kommen von allen fünf Kontinenten
an olympischem und bringen umfassende Erfahrungen im
Umgang mit Olympischen Spielen mit, die
Kunstwettbewerb
Die Organisatoren der Olympischen Spiele
2008 haben die Öffentlichkeit um Kunstbei-
träge zur Flankierung des olympischen
Ereignisses gebeten. In einer ersten Phase
sollen Beiträge zum Slogan "Eine Welt Ein
Traum" eingereicht werden. Der Aufruf
richtet sich an die sport- und kunstinteres-
sierte Weltöffentlichkeit. Die genauen
Ausschreibungsbedingungen sind ab dem
15. August im Internet unter
www.beijing2008.com nachzulesen. Die
Denis Oswald (l.) hier zusammen mit IOC-
Mitglied Dr. Thomas Bach.
Bewerbungsfrist ist der 31. Oktober 2005.
Erbeten werden neben graphischen Entwür-
fen und Postern auch Skulpturen, die in das sie entweder in der Arbeit von Koordinie-
Olympische Event und sein Erscheinungsbild rungs- und Evaluierungskommissionen oder
integriert werden sollen. Organisationskomitees gesammelt haben.
Unter ihnen sind fünf Olympiamedaillenge-
winner sowie Olympiateilnehmer, Paralym-

London 2012 pics-Teilnehmer, Vertreter der NOKs der

Enthüllung des Logos für die grünen Spiele
in Peking
IOC gab Koordinierungs-
kommission bekannt
Der Schweizer Denis Oswald ist der Vorsit-
zende der Koordinierungskommission für
die Olympischen Spiele 2012 in London.
Oswald führt ein 15köpfiges IOC-Team, das
zusammen mit dem örtlichen Organisati-
Internationalen Fachverbände. "Denis
Oswald ist die ideale Persönlichkeit, um
während der Vorbereitungen auf die Olym-
pischen Spiele 2012 eine enge und vertrau-
ensvolle Partnerschaft zwischen dem IOC
und der Gastgeberstadt London zu gewähr-
leisten", sagte IOC-Präsident Dr. Jacques
Rogge. "Er wird durch ein exzellentes Team
unterstützt, dessen Erfahrung und Wissen
einen unschätzbaren Wert für London
darstellen. Denis Oswald bringt eine einma-

59
lige Kombination von Fertigkeiten und Sam Ramsamy (Südafrika), Austin Sealy Olympiastützpunkt Berlin wurde ein interes-
Erfahrungen als Medaillengewinner, dreifa- (Barbados), Irena Szewinska (Polen), Peter santes Programm für 120 Gäste zusammen-
cher Olympiateilnehmer und Sportführer Tallberg (Finland), Zalqing Yu (China), gestellt.
mit fast 30jähriger Erfahrung in der Organi- Geschäftsführer: Gilbert Felli (Schweiz), IOC-
sation internationaler Veranstaltungen auf Direktor Olympische Spiele.
höchster Ebene ein. Mit dem Erfolg von IOC-Mitglied Dr. Thomas Bach
Athen 2004 hat er seine organisatorischen
verleiht Sportstätten-Preis
Fähigkeiten bereits eindrucksvoll unter
Beweis gestellt, dabei unter größtem Druck Veranstaltungen
Partner zusammengeführt und auf unter- IOC-Mitglied Dr. Thomas Bach wird am 26.
schiedlichsten Ebenen schwierigste Proble- Wiedersehenstreffen Moskau 10.2005 in Köln den IOC/IAKS Award 2005
me gelöst." Seine neue Aufgabe als Leiter im Rahmen des 19. Internationalen IAKS-
des IOC-Vorbereitungs-Teams London 2012 und Lake Placid 1980 Kongresses mit der internationalen Fach-
kommentierend sagte Oswald: "Es ist eine messe FSB verleihen. Die Schirmherrschaft
große Ehre für mich, der Olympischen Die Medaillengewinnerinnen und Medaillen- hat IOC-Präsident Dr. Jacques Rogge.
Bewegung erneut als Vorsitzender einer gewinner der Olympischen Winterspiele Kongressveranstalter ist die Internationale
Koordinierungskommission dienen zu Lake Placid und Moskau 1980 kamen am 15. Vereinigung Sport- und Freizeiteinrichtun-
dürfen. London besitzt alle Voraussetzungen und 16. Oktober 2005 zu einem Wiederse- gen (IAKS). Der Fußball spielt auf dem 19.
für den Erfolg, von der technischen Umset- henstreffen in Berlin zusammen.
zung bis hin zur öffentlichen Unterstützung.
Um die Spiele
vorzubereiten
bedarf es der
Teamarbeit. Die
heute vorgestellte
Expertengruppe darf
als Koordinierungs-
Kommission für sich
in Anspruch neh-
men, im Auftrag des
IOC einen signifi-
kanten Beitrag zum
Gelingen der Spiele
leisten zu können."
Die Arbeit der IOC-
Koordinierungskom-
mission wird durch
eine IOC-Verwal-
tung in Lausanne
unterstützt, die ihr Der Waschbär stand bei "Roni" Pate, der als Maskottchen der
Engagement zu- Olympischen Winterspiele von Lake Placid (USA) fungierte - hier
gunsten einer dargestellt als dynamischer alpiner Skirennläufer Zu den in der Vergangenheit mit dem
qualitativ hochwer- IOC/IAKS-Sportstättenpreis ausgezeichnet-
tigen Organisation ten Anlagen zählt die Bergisel-Schanze des
und Durchführung Olympischer Spiele auf "In guter Tradition lädt das NOK für österreichischen Skiverbandes
Betreiben von IOC-Präsident Rogge zuletzt Deutschland die Medaillengewinner/innen
noch einmal gesteigert hat. Denis Oswald vergangener Olympischer Spiele zu Wieder-
wird London in seiner Eigenschaft als sehenstreffen ein. 25 Jahre sind seit Lake IAKS-Kongress eine zentrale Rolle. Besonde-
Vorsitzender der Koordinierungskommission Placid und Moskau 1980 vergangen - ein rer Gast ist Fußballstar Pelé. Unter dem
erstmals am 25. August besuchen. Die guter Anlass, Medaillengewinner sehr Motto "FIFA WM 2006 in Deutschland -
gesamte Koordinierungskommission tagt herzlich zu einem Wiedersehen einzuladen. Know-how-Transfer für Südafrika 2010"
erstmal im Frühjahr 2006 in der Olympia- Wir möchten Ihnen damit Gelegenheit werden Vorträge und Diskussionen zu den
stadt. Vorsitz und Mitglieder: Denis Oswald geben, mit Ihren einstigen Sportfreunden Themenblöcken "Stadioninfrastruktur", "Das
(Schweiz), Mitglieder: Patrick Baumann zusammenzukommen und Erinnerungen Spielfeld der Zukunft", "Fußball als Breiten-
(Schweiz), John Dowling Coates (Australien), und Freundschaften wieder aufzufrischen", sport - Herausforderung und Zukunftsper-
Anita de Frantz (USA), Nawal El Moutawakel so NOK-Präsident Dr. Klaus Steinbach in spektive" sowie "Entwicklung und Vermark-
(Marokko), Frank Fredericks (Namibia), Alex einem Einladungsschreiben. tung des Fußball-Standorts Nordrhein-
Gilady (Israel), Patrick Jarvis (Kanada), Westfalen" angeboten. Darüber hinaus
Mustapha Larfoui (Algerien), Gunilla Lind- Ort des Wiedersehenstreffens war das kommen auch andere Sportanlagen nicht zu
berg (Schweden), Ser Miang Ng (Singapur), Estrel-Hotel in Berlin. Zusammen mit dem kurz. Unter dem Titel "Sport in der Stadt"

60
werden die Infrastruktur für Indoor- und
Outdoor-Aktivitäten sowie das Modell
Public Private Partnership bei Bau und
Betrieb von Sportstätten ausführlich disku-
tiert. Im "Forum Entwicklungsländer" geht
es um Fragen der Grundversorgung mit
Sportstätten. Am Wettbewerb IOC/IAKS
Award 2005 und IPC/IAKS Sonderpreis hat
sich in diesem Jahr die Rekordzahl von 93
Teams von Betreibern und Planern aus 25
Ländern beteiligt. Alle prämierten Arbeiten
für beispielhafte Sport- und Freizeitbauten
sowie behindertengerechte Sportanlagen
werden am Stand der IAKS ausgestellt.
Alle Informationen zum Kongress, Organia-
tion, Teilnahmegebühren und Anmeldungen
im Internet unter http://www.iaks.info.
Willibald-Gebhardt-Institut dis-
kutierte über Werteerziehung
Ende August 2005 (31.08.2005) wurde eine
erste gemeinsame Seminar-Veranstaltung
im Rahmen des deutsch-niederländischen
Projektes zur grenzüberschreitenden Olym-
pischen Erziehung organisiert. Schulsport-
moderatoren aus NRW , Bildungsreferenten
aus nordrhein-westfälischen Sportfachver-
bänden sowie ihre Kollegen und Kolleginnen
aus den Niederlanden diskutierten dabei
über vorliegende Materialien und Projekte.
An der Tagung nahmen auch Fachreferen-
ten aus deutschen und niederländischen
Hochschulen und Universitäten teil. Veran-
stalter war das Willibald-Gebhardt-Institut,
das federführend mit Partnern aus NRW
und den Niederlanden drei Fort- und
Weiterbildungsmodule entwickelt hat, die in
den nächsten Monaten im Rahmen solcher
Veranstaltungen grenzüberschreitend
erprobt werden. Informationen im Internet
über: http://www.wgi.de
Internationale Gesellschaft für
Sportgeschichte tagte in Köln
Vom 7. bis 10. September fand an der
Sporthochschule in Köln der 9. Weltkon-
gress der Internationalen Gesellschaft für
die Geschichte der Körpererziehung und des
Sports (ISHPES) an der Deutschen Sport-
hochschule statt. Auf dem Programm mit
dem Motto "Neue Aspekte der Sportge-
schichte" standen zahlreiche olympische
Themen und Fragestellungen. "Olympische
Neue Tendenzen und moderne Methoden der Sportge-
schichte waren Hauptaugenmerk des 9. Weltkongresses
der Sporthistoriker, der unter der Schirmherrschaft des
Nordrhein-Westfälischen Ministerpräsidenten Dr. Jürgen
Rüttgers stand
Spiele zwischen Idee und Kommerz" hieß
der Titel eines Arbeitskreises, bei dem u.a. Dr.
Andreas Höfer vom Deutschen Olympischen
Institut über die Olympische Bewegung und
die Sportwissenschaft referiert. Ein weiterer
Arbeitskreis widmete sich dem Zusammen-
hang zwischen griechischer Antike und
Olympischer Bewegung.
„Kommerzialisierung und Olym- Olympiabewerbung der Stadt Leipzig ange-
pische Idee“
Zu einem Symposium mit dem Titel Kom-
merzialisierung und Olympische Idee hatte
NOK-Präsident Dr. Klaus Steinbach Anfang
Oktober nach Mainz eingeladen. Etwa 80
Teilnehmerinnen und Teilnehmer früherer
Sessionen der Internationalen Olympischen
Akademie und Lehrerfortbildung, Pädago-
gen, Studenten und Dozenten folgten
seinem Aufruf und diskutierten zusmmen
mit Olympiasiegern wie u.a. NOK-Mitglied
Cornelia Hanisch und Sportwissenschaftlern
wie Prof. Dr. Eike Emrich über das Miteinan-
der von olympischer Bewegung und Part-
nern aus Wirtschaft und Industrie.
Olympische Erziehung Thema
auf dem 17. DVS-Hochschultag
Zum ersten Mal in der fast 30jährigen
Geschichte der Deutschen Vereinigung für
Sportwissenschaft (dvs) war das Thema
"Olympische Erziehung" Bestandteil der
Tagesordnung eines ihrer
Hochschulkongresse. Gleich
am ersten Tag wurde im
Arbeitskreis 1 am 22.9. die
Olympische Erziehung auch
in das übergreifende Thema
dieses Kongresses eingestellt:
"Olympische Erziehung in
Schule und Verein in
Europa". Die Kongressleitung
in Leipzig hatte Prof. Dr.
Roland Naul vom Willibald
Gebhardt Institut e.V. an der
Universität Duisburg-Essen
gebeten, diese Veranstaltung
als Moderator zu planen und
Experten aus europäischen
Nachbarländern dafür zu
gewinnen. Nach einer
Einführung kamen Referen-
ten und Referentinnen aus
den Niederlanden, Polen, der
Tschechischen Republik und
Deutschland zu Wort. Bert Boetes von
niederländischen Sportlehrerverband (KVLO)
sprach über die Förderung der Olympischen
Erziehung in den Niederlanden und ein
aktuelles, grenzüberschreitendes deutsch-
niederländisches Fort- und Weiterbildungs-
projekt für Lehrpersonen, Übungsleiter und
Trainern. Petra Tschoeppe von der Universi-
tät Leipzig stellte ein Schulprojekt aus dem
Land Sachsen vor, das im Rahmen der
stoßen wurde und heute einem integrativen
Konzept verpflichtet ist. Antonin Rychtecky,
Professor an der Karlsuniversität Prag und
zugleich Präsident der Nationalen Olympi-
schen Akademie erläuterte auf der Grundla-
ge eigener Forschungsprojekte neue Akzente
und Maßnahmen der Akademie für die
Vermittlung olympischer Werte im Rahmen
des Sportunterrichts. Abschließend sprach
Prof. Dr. Zofia Zukowska aus Warschau über
mehrere Projekte des polnischen NOKs, die
in Schulen und Sportvereinen zur Fair-Play-
Erziehung in den letzten Jahren erfolgreich
umgesetzt worden sind.
"Die Frage der Staatsangehö-
rigkeit im Sport"
Fragen der Staatsangehörigkeit im Spitzen-
sport thematisiert am 10. November 2005
das Internationale Zentrum für Sportstudien
der Universität Neuchatel (CIES) in Zusam-
menarbeit mit dem Internationalen Olympi-
schen Komitee (IOC), der Vereinigung der
61
Olympischen Sommersportarten (ASOIF) und
dem Weltfußball-Verband FIFA im Rahmen
eines multidisziplinären wissenschaftlichen
Kongresses im Olympischen Museum in
Lausanne. "Der Wechsel der Staatsangehö-
rigkeit wird zu einem immer häufiger zu
beobachtenden Phänomen in der Welt des
Spitzensports. Verantwortlich dafür ist
neben zahlreichen individuellen Motiven ein
mit dem Anliegen von Aktiven, sich mate-
riell besser zu stellen, einhergehendes
Bedürfnis mancher Nationen, sich auf
internationaler Ebene zu präsentieren. Die
Der in Kenia geborene dänische Mittelstre-
ckenläufer Wilson Kipketer, hier bei einer
Pressekonferenz des dänischen Teams im
Olympischen Dorf in Sydney.
internationalen Sportverbände sind dabei
zum Teil von der rasanten Entwicklung eines
ursprünglich marginalen zu einem zentralen
Problem ihrer Sportart überrascht worden.
Mittlerweile scheint es notwendig, die
übliche Einzelfall-Praxis durch weltweit und
sportartenübergreifend tragfähige Lösungen
zu ersetzen", heißt es in einer Vor-Ankündi-
gung des Kongresses durch die Veranstalter
des CIE. Die Redner sind allesamt anerkann-
te Wissenschaftler und Experten in Fragen
der Staatsangehörigkeit. Darüber hinaus soll
ein Runder Tisch Behörden, Sportorganisa-
tionen und betroffene Aktive zum öffentli-
chen Erfahrungsaustausch zusammenfüh-
ren. Zu den Vortragenden zählt Prof. Denis
Oswald, Mitglied der IOC-Exekutive. IOC-
Präsident Jacques Rogge und FIFA-Chef
Sepp Blatter sind wie 800-m-Weltmeister
Wilson Kipketer für die Teilnahme am
Runden Tisch vorgesehen.
62
Internationale
Zusammenarbeit
EOC-General-Versammlung
in Dublin
Am 2. und 3. Dezember 2005 findet in
Dublin die 34. EOC-Generalversammlung
statt. Auf dieser Veranstaltung werden für
eine Legislaturperiode von vier Jahren
Mario Pescante (r.) erhielt nach seiner Wahl
zum EOC-Präsidenten im November 2001
die Glückwünsche seines Vorgängers
Jacques Rogge, der nach seiner Wahl zum
IOC-Chef für eine erneute Wahl zur Verfü-
gung stand.
Präsident, Vizepräsident, Generalsekretär
und 12 weitere Mitglieder der EOC-Exekuti-
ve gewählt. Der Präsident des NOK für
Deutschland Dr. Klaus Steinbach, kandidiert
für die Mitgliedschaft in dem Gremium. Auf
der Tagesordnung stehen darüber hinaus
neben Berichten der EOC-Kommissionen
und Arbeitsgruppen sowie der Organisati-
onskomitees der kommenden Olympischen
Sommer- und Winterspiele (Turin, Peking,
Vancouver und London) auch Informationen
über EU-Angelegenheiten, World Anti-
Doping-Agentur (WADA), Europäische Fair
Play Initiative, Europäische Nicht-Regie-
rungs-Sportorganisationen und die XV.
Spiele der kleinen europäischen Staaten im
Mai 2005 in Andorra. Ein eigener Pro-
grammpunkt widmet sich den Europäischen
Olympischen Jugendspielen 2005 in Mont-
hey (Winter) und Lignano Sabbiadoro
(Sommer) sowie den kommenden Ausgaben
dieser Veranstaltung in den Jahren 2007
(Jaca/Winter und Belgrad/Sommer) sowie
2009. In der derzeitigen Zusammensetzung
der EOC-Exekutive (2001 - 2005) befinden
sich mit Prof. Walther Tröger und Claudio
Bokel (ex-officio) auch zwei deutsche
Mitglieder. EOC-Präsident: Mario PESCANTE
(ITA); Vizepräsident: Alexander KOZLOVSKY
(RUS); Generalsekretär Patrick HICKEY (IRL),
Mitglieder: Togay BAYATLI (TUR), Martin
BENKO (SVK), Guido DE BONDT (BEL), Guy
DRUT (FRA), José Maria ECHEVARRIA (ESP),
Kikis N. LAZARIDES (CYP), Gunilla LINDBERG
(SWE), Marit MYRMAEL (NOR), Lambis W.
NIKOLAOU (GRE), Craig REEDIE (GBR),
Walther TROEGER (GER), Efraim ZINGER
(ISR); Ex-officio: Claudia BOKEL (GER).
Die Versammlung der Europäischen Olympi-
schen Komitees im Internet:
http://www.eurolympic.org
Birgit Prinz Ehrengast bei
Trainerinnenausbildung in
Afghanistan
Die Entwicklung des Mädchen- und Frauen-
fußballs in Afghanistan kann auf einem
weiteren Erfolg aufbauen. Nach ersten,
bescheidenen Anfängen im Rahmen des seit
2003 vom Auswärtigen Amt finanzierten
deutschen Fußballprojektes, konnte nun ein
weiterer Trainerinnenkurs angeboten wer-
den.
Der dreiwöchige Lehrgang, im UN-Jahr des
Sports und der Leibeserziehung 2005 vom
Bundesministerium des Inneren finanziert,
ermöglichte 36 Trainerinnen eine Basisaus-
bildung. Projektträger war das Nationale
Olympische Komitee (NOK) für Deutschland,
das mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB)
und der Fußball-Federation von Afghanistan
(AFF) für das Projekt verantwortlich zeich-
nete. Lehrgangsleiter war Klaus Stärk, vor
Ort von Ali Askar Lali unterstützt, der schon
seit 2003 in dem vom Auswärtigen Amt
geförderten NOK-Langzeitprojekt zum
Wiederaufbau des Fußballs in Afghanistan
tätig ist.
"Noch immer ist es afghanischen Frauen
nicht erlaubt, in der Öffentlichkeit Fußball
zu spielen, doch hinter verschlossenen
Türen, sprich in Turnhallen und auf Blick
geschützten Sportplätzen der Schulen und
Universitäten, tummeln sich viele fußballbe-
geisterte Mädchen und gehen ihrer gelieb-
ten Sportart nach. Es gibt bereits zahlreiche
Mannschaften und es werden immer wieder
Turniere ausgespielt. Aber was am meisten
fehlt, sind ausgebildete Übungsleiterinnen
und Trainerinnen", umreißt Klaus Stärk die
Situation am Anfang des Trainerinnen-
Lehrgangs.
Einem Aufruf des Afghanischen Fußball-
Verbandes folgten 36 wissbegierige und
fußballbegeisterte afghanische Frauen
zwischen 16 und 35 Jahren. "Für viele von
ihnen war die Teilnahme nicht einfach. In
Kabul gibt es immer noch zahlreiche Män-
ner, die den Frauen und Mädchen das
Fußballspielen schlicht verbieten wollen",
erläutert Stärk.
An 14 Unterrichtstagen hat er den Teilneh-
merinnen zwischen dem 28.07. und dem
12.08.2005 theoretische und praktische
Grundkenntnisse des Fußballsports vermit-
telt. Auf dem Programm standen Trainings-
lehre, Technik- und Taktik sowie pädagogi-
sche und erzieherische Themen. Am Ende
der Ausbildung war eine einstündige
schriftliche Prüfung abzulegen. Allen
Teilnahmerinnen konnte ein Ausbildungs-
zertifikat des NOK für Deutschland überge-
ben werden. 11 von ihnen wurden für eine
besonders "erfolgreiche Teilnahme" geehrt.
Klaus Stärk bezeichnete den Kurs deshalb
als vollen Erfolg, mahnt jedoch gleichzeitig
dringend Folgemaßnahmen an. Für Saboor
Walizada, verantwortlich für Frauenfußball
des afghanischen Fußball-Verbandes, war
der Trainerinnen-Lehrgang ebenfalls nur ein
erster Schritt. "Er gibt uns Hoffnung für den
Frauensport allgemein, den Fußballsport im
Speziellen und nicht zuletzt für viele sport-
begeisterte Frauen und Mädchen in unse-
rem nach dem Krieg aufstrebenden Land."
Nach der Initialzündung durch Auswärtiges
Amt und NOK für Deutschland vor zweiein-
halb Jahren sind mit DFB, FIFA und der
AfghanistanHilfe Paderborn weitere Institu-
Birgit Prinz (Bildmitte) und Lehrgangsleiter Klaus Stärk (r.) mit den
Absolventinnen des Trainerinnen-Lehrgangs.
tionen am Wiederaufbau des Fußballs in
Afghanistan beteiligt. So konnte die Afgha-
nistanHilfe Paderborn Fußball-Weltmeisterin
Birgit Prinz als Schirmherrin eines "LEARN &
play"-Projektes für Straßenkinder gewinnen.
Während ihres dreitägigen Besuchs in Kabul
überreichte Birgit Prinz die Teilnehmerur-
kunden an die 36 Trainerinnen des NOK-
Lehrgangs. Auch Entwicklungs-Experte
Holger Obermann, der Birgit Prinz nach
Kabul begleitet hatte, freute sich über die
Fortschritte des Frauenfußballs. "Gemessen
an dem, was wir im Sommer 2003 vorfan-
den und bewegen konnten, ist dies ein
Erfolg, der nicht hoch genug eingeschätzt
werden kann!"
Leicht haben wird es der Frauenfußball in
der nahen und fernen Zukunft dennoch
nicht. Noch heute existieren nach Krieg und
Taliban-Herrschaft große Barrieren für
Frauen, die am gesellschaftlichen Leben
teilhaben wollen. Während nach dem
totalen Fußball-Verbot durch die Taliban die
Spitzenspiele der afghanischen Liga mittler-
weile wieder von bis zu 20.000 Zuschauern
verfolgt werden, wird es wohl noch einige
Zeit dauern, bis auch der Frauenfußball am
Hindukusch Fuß fasst.
"Es war ein wichtiger und notwendiger
Beginn, aber es wird noch ein weiter Weg
sein, um in einem geregelten Trainingsbe-
trieb qualifizierte Arbeit zuleisten", verdeut-
licht Birgit Prinz die Schwierigkeiten, auf die
die deutschen Sportexperten insbesondere
bei der Heranführung der von den Taliban
vom öffentlichen Leben weitgehend ausge-
schlossenen Frauen treffen.
Die ehemaligen afghanischen Spitzensportler (v.l.) Said Mahrut
Yussuti, Ali Askar Lali, Baz Mohammad Norestani und Sameullah
Asad im Büro der Vorsitzenden der "AfghanistanHilfe Paderborn",
Prof. Dr. Waltraut Schöler (M).
So zielt im UN-Jahr auch eine weitere
Maßnahme auf die Förderung des Frauen-
sports in Afghanistan. Im Rahmen des vom
BMI geförderten DSB/NOK-Projektes werden
unter anderem ein für Frauen nutzbarer
Sportplatz errichtet und Übungsleiterinnen
für die LEARN & play-Zentren weitergebil-
det. Katrin Merkel, NOK-Abteilungsleiterin
für internationale Beziehungen bilanziert:
"Sport und speziell der Fußball spielen in
Afghanistan eine wichtige soziale und
humanitäre Rolle. Auch wenn es manchmal
nur kleine Schritte sind, ist es insgesamt
doch erstaunlich, was bereits erreicht
werden konnte. Daran wollen wir anknüp-
fen."
Afghanistan Hilfe
Paderborn e.V. unterstützt
deutsche Sportprojekte
Mit dem Einmarsch der sowjetischen Armee
im Jahre 1979 begann für Afghanistan ein
schlimmes Kapitel seiner Geschichte. Lehrer,
Studenten, Fachkräfte flüchteten aus dem
Land am Hindukusch. Auch der Sport wurde
auf beispiellose Art in Mitleidenschaft
gezogen. Clubs zerfielen, Offizielle, Trainer,
Betreuer und Sportler verließen das Land.
Mit der Machtergreifung durch die Taliban
wurden Sportstadien zu Hinrichtungsstät-
ten. Der Frauensport wurde verboten.
Die AfghanistanHilfe Paderborn hat sich von
Anbeginn dafür eingesetzt, dass mit dem
Ende der Talibanzeit auch der Wiederaufbau
für die Sportler begann. Der eingetragene
63
Verein ist aus der im Jahre 1980 geschlossen
nach Paderborn geflüchteten Fußball-
Nationalmannschaft des Landes hervorge-
gangen. Bis zur Befreiung Afghanistans
punktuell an sozialen Projekten beteiligt,
warb er bereits im Sommer 2002 für Fußball
und Sport für den Frieden.
"Eine erste Kontaktreise des Vereins fand
Ende Juli bis Mitte August 2002 statt.
Mehrere Wochen lang waren Vertreter des
Vereins AfghanistanHilfe Paderborn e.V.
zusammen mit der nahezu kompletten
ehemaligen Fußball-Nationalmannschaft
Afghanistans dort aktiv", erinnert sich Prof.
Dr. Waltraut Schöler, erste Vorsitzende des
Vereins. Auf Einladung der AfghanistanHilfe
fand im Dezember 2002 dann ein Gegenbe-
such statt.
Im März 2003 brach Ali Askar Lali, ein Ex-
Nationalspieler aus Paderborn, zusammen
mit dem NOK-Auslands- und Medienexper-
ten Holger Obermann nach Kabul auf, um
dort, zunächst für sechs Monate ein Projekt
zur Fußball-Aufbauhilfe zu realisieren.
Dieses Projekt, das aus Mitteln des Auswär-
tigen Amtes finanziert wird, läuft inzwi-
schen seit über zwei Jahren. Unterstützt
wird Ali Askar Lali in diesem Jahr vom
Fußball-Lehrer und Entwicklungsexperten
Klaus Stärk. Initiativen auf unterschiedlichs-
ten Ebenen und zugunsten verschiedener
Zielgruppen wie Nationalmannschaften
verschiedener Altersstufen, Jugendliche,
Behinderte, Trainerinnen und Trainer profi-
tieren davon. Für das kommende Jahr
signalisierte das Auswärtige Amt bereits
seine weitere Unterstützung für das NOK-
Projekt mit Ali Askar Lali.
Von den zahlreichen Aktionen, die der
Verein AfghanistanHilfe Paderborn anregte
und organisierte, ist derzeit für den Sport
insbesondere das "Learn & Play" Projekt für
Straßenkinder bedeutsam. Es bietet hunder-
ten von Kindern in drei Zentren Kabuls
vormittags die Möglichkeit einer schuli-
schen Ausbildung und nachmittags Betreu-
ungsgelegenheiten über das Fußballspiel.
"Auf diese Weise konnten bereits zahlreiche
Talente für den afghanischen Fußball
gesichtet werden", freut sich Ali Askar Lali
über die Maßnahme, für die Welt-Fußballe-
rin Birgit Prinz als Patin gewonnen werden
konnte.
Im Rahmen des UN-Jahres des Sports
unterstützt das Bundesministerium des
Innern (BMI) ein Gemeinschaftsprojekt von
64
DSB und NOK, das in Zusammenarbeit mit
der AfghanistanHilfe zum Ziel hat, insbe-
sondere den Sport für Frauen in Afghanis-
tan zu fördern.
Aktuelle Entwicklungshilfe-
projekte des NOK
Alle Projekte dienen der Förderung von
Sportbeziehungen mit Ländern der Dritten
Welt im Rahmen der Auswärtigen Kultur-
politik und werden aus Mitteln des Aus-
wärtigen Amtes finanziert. Teil der Projekte
sind Gerätespenden an die Partner vor Ort.
Mittel des Auswärtigen Amtes ermöglichen
dem Nationalen Olympischen Komitee
(NOK) für Deutschland auch in diesen
Wochen wieder die Unterstützung des
Sports in Ländern der Dritten Welt. Ziel ist
die Förderung von Sportbeziehungen im
Rahmen der Auswärtigen Kulturpolitik.
Bestandteil der Projekthilfe sind Geräte-
spenden an die Projektpartner vor Ort.
Uruguay.
NOK-Entwicklungsexperte Björn Wange-
mann hat im Rahmen seines vom Auswärti-
gen Amt finanzierten Entwicklungsprojektes
einen neuen Weg zur Förderung der Leicht-
athletik in Uruguay eingeschlagen. Auf der
Basis einer Strukturanalyse stellte Wange-
mann fest, dass in Uruguay nur 4 der 19
Regionen (Departamentos) eigene, den
deutschen Landesleichtathletik-Verbänden
entsprechende Organisationen haben. Damit
konzentrierte sich in der Vergangenheit der
Leichtathletikbetrieb im Wesentlichen auf
die Großraumregion von Montevideo in der
etwa ein Drittel der Gesamtbevölkerung von
ca. 3,5 Millionen Einwohnern lebt. „Das soll
nun anders werden,“ berichtet Wangemann.
Zu einem wichtigen Bestandteil des Projek-
tes wird die Beratung bei der Gründung von
Regionalen Leichtathletik-Verbänden. Ziel
ist es, in möglichst allen 15 Regionen eigene
Verbände aufzubauen. Mit dieser Vision
besuchte Wangemann seit Projektbeginn im
September 2005 bereits 10 Regionen, wo er
Gespräche mit den regionalen Regierungs-
stellen und Sportbehörden führte sowie
spezielle Organisationsworkshops durch-
führte. Ein sichtbarer Projekterfolg mit
Signalwirkung für andere Regionen war die
kürzlich erfolgte offizielle Gründungssitzung
des Leichtathletik-Verbandes des Departa-
mentos Salto im Norden des Landes am
Uruguayfluss, an der das deutsche Projekt
maßgeblich beratend beteiligt war. Nach
seinen Grußworten überreichte Wangemann
dem frisch ernannten Präsidenten Oscar
Rocca symbolisch einen Startblock und
wünschte dem Verband einen guten Start.
"Ich glaube, wir sollten uns in den deut-
schen Sportprojekten noch mehr im Bereich
der Verbesserung der sportlichen Organisa-
tions- und Verwaltungsstrukturen engagie-
ren. Was hilft denn die beste Ausbildung
von Trainern, Kampfrichtern und anderen
Schlüsselpersonen im Sport, wenn das nicht
Björn Wangemann (r.) mit dem neu ge-
wählten Leichtathletik-Präsidenten der
Region Salto in Uruguay Oscar Rocca.
auf der Grundlage funktionierender Struk-
turen geschieht, die eine langfristige und
nachhaltige Wirkung unserer Entwicklungs-
arbeit garantieren", meint Wangemann
dazu.
Auch das Uruguay-Projekt wird aus dem
Kulturfond des Auswärtigen Amtes der
Bundesrepublik Deutschland finanziert und
dient in diesem Zusammenhang der Förde-
rung von Sportbeziehungen mit Ländern der
Dritten Welt im Rahmen der Auswärtigen
Kulturpolitik. Das NOK für Deutschland
sorgt für die fachliche und organisatorische
Betreuung. Informationen über Uruguay im
Internet: http://www.auswaertiges-
amt.de/www/
de/laenderinfos/laender/laender_ausgabe_
html?type_id=14&land_id=182
Namibia.
Malcolm James Langham III (36) Tischten-
nis-Experte aus Hamburg war im August
und Setember im Auftrag des NOK und
enger Abstimmung mit dem Deutschen
Tischtennis Verband in Namibia. Er führte
dort Traineraus- und Fortbildungsmaßnah-
men und Lehrgänge zur Talententwicklung
durch. Langham ist als Trainer mit A-Lizenz
durch verschiedene Trainerstationen im In-
und Ausland qualifiziert und hat in ver-
schiedenen Landesverbänden des Deutschen
Tischtennis-Bundes in der Trainer-Aus- und
Fortbildung gearbeitet. Informationen über
Namibia im Internet:
http://www.auswaertiges-amt.de/www/
de/laenderinfos/laender/laender_ausgabe_
html?type_id=14&land_id=118
Mongolei.
Diplom-Sportwissenschaftler Michael
Weyres ist ehemaliger Bundesliga-Kämpfer
des TSV Bayer 04 Leverkusen und amtieren-
der Weltmeister der 30-34jährigen. Auch er
besitzt die Trainer A-Lizenz und ist seit 1998
im Lehrteam des Deutschen Judobundes
tätig. Sein Einsatz im August und Septem-
ber des Jahres in der Mongolei galt der
Nachwuchsausbildung im Judo. Informatio-
nen über die Mongolei im Internet:
http://www.auswaertiges-amt.de/www/
de/laenderinfos/laender/laender_ausgabe_
html?type_id=14&land_id=115
Indien.
Ein Fußball-Kurzzeitprojekt führte Torsten
Spittler (Neusäß) vom 1.10. bis zum
16.12.2005 nach Indien. Der deutsche
Experte wurde vom NOK in enger Zusam-
menarbeit mit dem Deutschen Fußball-Bund
ausgewählt. Erklärtes Ziel ist es den Fußball
auf Regional- und Verbandsebene auszu-
bauen und zu fördern. Der deutsche Experte
wird sich in Kooperation mit der All India
Football Federation vornehmlich um die
Trainerausbildung, die Entwicklung des
Jugendfußballs und den Aufbau moderner
Strukturen bemühen. Bestandteil des
Projekts sind Workshops in Patiala/Punjab,
Kalkutta, Bangalore und Goa. Torsten
Spittler ist Diplomsportlehrer und DFB-
Fußball-Lehrer. Als Aktiver hat er unter
anderem in Augsburg, Starnberg und
München gespielt. Trainer- und Berater-
funktionen führten ihn in den Jemen, nach
Malaysia, Kanada, Indien, Australien, Hong
Kong und Tokio. 1998 war Spittler DFB
Assistenztrainer von Erich Rutemöller und
Klaus Sammer in der U 16, zuvor (1993-
1994) u.a. Chef Trainer der U-18 des TSV
1860 München. Informationen über Indien
im Internet:
http://www.auswaertiges-amt.de/www/
de/laenderinfos/laender/laender_ausgabe_
html?type_id=14&land_id=60
Guyana.
Mit Günter Zittel (Karlsruhe) kommt, eben-
falls von Oktober bis Dezember, ein weiterer
deutscher Fußball-Experte in Guyana zum
Einsatz. Das Kurzzeitprojekt soll der Ent-
wicklung des Jugendfußballs dienen. Spe-
zielle Zielgruppe sind Übungsleiter und
Trainer, die auch im Mädchen- und Frauen-
fußball zum Einsatz kommen sollen. In
Zusammenarbeit mit dem deutschen
Experten sollen auch die mittel- und lang-
fristigen Organisationsentwicklungspläne
sowie die Trainingsprogramme des Verban-
des einer Überprüfung unterzogen werden.
Günter Zittel (53) ist ausgebildeter Gymna-
siallehrer und staatliche geprüfter Fußball-
Lehrer des DFB. Für die GTZ hatte er von
1999 bis 2004 fünf Jahre lang die Projekt-
leitung beim Auf- und Ausbau des Fußballs
in Uganda. Auch Zittel wurde in enger
Zusammenarbeit mit dem Deutschen
Fußball-Bund nominiert. Informationen
über Guyana im Internet:
http://www.auswaertiges-amt.de/www/
de/laenderinfos/laender/laender_ausgabe_
html?type_id=14&land_id=56
Paraguay.
Herbert Swoboda (Mainz), aus den siebziger
Jahren bekannter Zehnkämpfer und Sport-
wissenschaftler der Johannes Gutenberg-
Universität Mainz, gibt sein leichtathleti-
sches und sportwissenschaftliches Fachwis-
sen im Auftrag des Nationalen Olympischen
Komitees (NOK) für Deutschland vom 28.09.
bis zum 29.10.2005 an Sportfreunde in
Paraguay weiter. Der deutsche Experte
wurde in enger Zusammenarbeit mit dem
Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV)
ausgewählt. Swoboda (60), der eine Zehn-
kampf-Bestleistung von 8008 Punkten aus
seiner aktiven Zeit aufweist, war in der
Vergangenheit bereits für NOK, Auswärtiges
Amt und GTZ in jeweils vierjährigen Lang-
zeitprojekten in Ägypten und Honduras.
Darüber hinaus hat er in Zusammenarbeit
mit dem Leichtathletik-Weltverband IAAF
mehrere kürzere Projekte zur Traineraus-
und -fortbildung in verschiedenen Ländern
der Dritten Welt geleitet. Bei seinem aktuel-
len Einsatz gilt sein Engagement der Talent-
entwicklung im leichtathletischen Wurfbe-
reich. Dazu werden in enger Zusammenar-
beit mit dem Leichtathletik-Verband von
Paraguay und dem Nationalen Olympischen
Komitee des Landes dezentrale workshops
durchgeführt. Informationen über Paraguay
im Internet:
http://www.auswaertiges-amt.de/www/
de/laenderinfos/laender/laender_ausgabe_
html?type_id=14&land_id=133
Kambodscha.
Romy Mäuslein (26), Sportwissenschaftlerin
aus Freiburg, führt vom 7.10.2005 bis zum
28.02.2006 die Bemühungen von NOK und
Deutschem Behindertensportverband um
den Aufbau des Behindertensports in
Kambodscha weiter. Ihr Engagement gilt
dem Rennrollstuhlsport und der diesbezüg-
lichen Aus- und Fortbildung von Trainern
und Übungsleitern. Nach dem Behinderten-
Volleyball soll der Rennrollstuhlsport die
zweite Säule des kambodschanischen
Behindertensports werden. Die Verantwort-
lichen vor Ort haben sich dabei insbesonde-
re auch von der Vorstellung leiten lassen,
ein Angebot für doppelt Beinamputierte zu
schaffen. Ein weiteres Augenmerk liegt auf
der Beteiligung von Frauen. Begünstigt wird
das Angebot, durch die Tatsache, dass
mittlerweile genügend renntaugliche
öffentliche Straßen in Kambodscha existie-
ren. Darüber hinaus wurden zur Herstellung
von Chancengleichheit aus heimischer
Produktion und unterstützt durch ausländi-
sche Experten bereits etwa 100 Rennroll-
stühle gefertigt, die bald die ersten großen
65

Rennrollstühle made in Kambodscha warten auf ihren Einsatz in
einem vom Krieg gezeichneten Land. Näheres auch im Internet:
www.standupcambodia.org
Rennen erleben sollen. Romy Mäuslein ist
Referentin im Lehrteam des Deutschen
Rollstuhl-Sportverbandes, bringt umfangrei- html?type_id=14&land_id=158
che praktische Erfahrungen im Gesund-
heits- und Rehabilitationssport mit und hat
ihre Diplomarbeit dem Thema "Rehabilitati-
ves Interventionsprogramm für Rollstuhl-
fahrer" gewidmet. Darüber hinaus kann sie
auf den Aufbau von Rollstuhlsportgruppen
im Kinder- und Erwachsenenbereich und
zahlreiche Praktika in Kliniken und Einrich- neuer Olympiapartner
tungen für Querschnittsgelähmte verweisen.
Informationen über Kambodscha im Inter-
net:
http://www.auswaertiges-amt.de/www/
de/laenderinfos/laender/laender_ausgabe_
html?type_id=14&land_id=73
der Leichtathletik. Sport spielt seit jeher eine große Rolle in
Seine Nominierung der Kommunikation des Düsseldorfer
für den Einsatz in Energiekonzerns, nun widmet sich E.ON mit
Sri Lanka erfolgte in voller Kraft den Olympischen Ringen und
enger Abstimmung wird neuer Olympia Partner des Nationalen
mit dem Deutschen Olympischen Komitees für Deutschland
Leichtathletik- (NOK). Die Partnerschaft ist zunächst bis zu
Verband. Dr. Prinz ist den Olympischen Spielen 2008 in Beijing
seit 1990 Mitglied geschlossen. Darauf verständigten sich das
des Lehrstabes des Unternehmen und die Deutsche Sport-
DLV. Von der Wil- Marketing (DSM) als Vermarktungsagentur
helm-Filchner des NOK und Wirtschaftstochter der Stif-
Schule wird der tung Deutsche Sporthilfe.
Wolfhagener Studi-
endirektor für das Mit dem Engagement des Energiekonzerns
Entwicklungsprojekt aus Düsseldorf reiht sich eine weitere große
erneut freigestellt. Unternehmensmarke in den Kreis der
Informationen über Olympia Partner ein. NOK-Präsident Klaus
Sri Lanka im Inter- Steinbach sieht in der neuen Kooperation
net: großes Potential: "Diese Partnerschaft wird
http://www. auf beiden Seiten zusätzliche Energien
auswaertiges-amt.de/www/de/l freisetzen. E.ON und das NOK sind in ihren
aenderinfos/laender/laender_ausgabe_ Grundaussagen nahe beieinander: sowohl
der Olympische Spitzensport als auch der
größte private Energiedienstleister beein-
drucken durch Dynamik und Effizienz. Und
Vermarktungserfolge sowohl in der Olympischen Bewegung als
auch beim integrierten Strom- und Gaskon-
zern E.ON kommt den Begriffen Kontinuität
und Nachhaltigkeit eine zentrale Bedeutung
Energiekonzern e-on wird
zu. NOK und E.ON - das gibt einen kräftigen
Schub."

Sri Lanka.
Bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr
wird der Sportwissenschaftler und Leicht-
athletik-Experte Dr. Joachim Prinz (vormals
Bauer, Wolfhagen) in Sri-Lanka Trainer aus-
und fortbilden und aktive Leichtathleten
betreuen. Nachdem er im Juni und Juli
regionale Lehrgänge in Galle, Kandy und
Kilinochchi durchgeführt hat, führt ihn der
zweite Teil seines Projekteinsatzes nun nach
Vavuniya sowie erneut nach Kandy. Inhaltli-
che Schwerpunkte sind allgemeine Metho-
dik, Motivation, Aspekte von Ernährung,
Fragen der Sportmedizin, der Talenterken-
nung, der Trainings- und Bewegungslehre
sowie Theorie und Praxis in den Technikblö-
cken Sprint, Lauf, Sprung und Wurf. Dr. Einen Bonbon der E.ON AG durfte vor der Bilanzpressekonferenz im März 2005 in Düssel-
Prinz besitzt umfangreiche Erfahrungen als dorf eine Mitarbeiterin aus dem Glas nehmen. Gleichzeitig durften sich die Aktionäre des
Landestrainer (Hessen) und Bundestrainer in Unternehmens zum sechsten Mal in Folge über eine höhere Dividende freuen.

66
Für E.ON-Kommunikationschef Dr. Peter
Blau ist das Engagement seines Unterneh-
mens eine logische Fortsetzung des E.ON-
Sponsorings: "Leistung und Engagement
stehen sowohl für E.ON als auch für das
NOK und seine Sportler. Diese Grundsätze
möchten wir als Partner des NOK vor dem
Hintergrund des olympischen Gedankens
fördern", so der Leiter der Unternehmens-
kommunikation zu der neuen Kooperation.
"Mit E.ON haben wir einen starken Partner
gefunden, der sich glaubwürdig im deut-
schen Spitzensport engagiert und sich
besonders den olympischen Grundgedanken
wie Leistung und Fairness verpflichtet
fühlt", sagt Axel Achten, Geschäftsführer
der Deutschen Sport-Marketing. "Wir sind
zudem sehr froh, mit dem Branchenführer
im Energiesektor, ein Unternehmen gefun-
den zu haben, dass sich in seinen bisherigen
Partnerschaften im Sportbereich sehr aktiv
eingebracht hat. Von einem derart starken
und engagierten Partner an seiner Seite
kann der olympische Sport in Deutschland
nur profitieren."
Mit ihrem Engagement als Olympia Partner
unterstützt E.ON gleichzeitig alle 3.800
Athleten, die von der Deutschen Sporthilfe
bei der Entwicklung ihrer Sportler-Karriere
gefördert werden.
Goldener Glanz durch
Warsteiner
Auch die Warsteiner Brauerei intensiviert
ihr Engagement auf olympischem Terrain
und wird neuer Co Partner des Nationalen
Olympischen Komitees für
Deutschland (NOK). Die
Kooperation, vereinbart
zwischen der Deutschen Sport-Marketing
und der Privatbrauerei, wurde im Rahmen
einer Pressekonferenz auf der internatio-
nalen Ernährungsmesse "anuga 2005" in
Köln bekannt gegeben. Der Vertrag sieht
zunächst eine Zusammenarbeit bis zu den
Olympischen Spielen in Beijing 2008 vor.
Gleichzeitig mit der Verkündung der
neuen Partnerschaft haben Dr. Gustavo
Möller-Hergt, Generalbevollmächtigter der
Warsteiner Brauerei, und NOK-Präsident
Dr. Klaus Steinbach eine Initiative zur
Förderung der Stiftung Deutsche Sporthil-
fe vorgestellt. Auftakt des Projekts bildete
die Präsentation eines eigens von WAR-
STEINER produzierten Powerbands unter
dem Motto "goldene-momente". Der
dreifache Weltmeister Ronny Ackermann
war der erste Sportler, der das goldene
Band umlegte. "Eine intensive Förderung
ist für uns Sportler wichtig, um die opti-
male Vorbereitung auf die Highlights zu
gewährleisten. Das Band und die Plattform
leisten dazu einen wichtigen Beitrag", so
Ackermann. Die goldenen Powerbänder
fürs Handgelenk werden zum Stückpreis
von zwei Euro verkauft. Der gesamte Erlös
geht an die Stiftung Deutsche Sporthilfe.
Bestellt werden kann das Powerband über
eine speziell konzipierte Internetplattform
(www.goldene-momente.de). Den Olympi-
schen Spielen fühlt sich die Brauerei
besonders verbunden. Neben der Power-
band-Initiative sind deshalb weitere
Maßnahmen im Rahmen der Co Partner-
schaft mit dem Nationalen Olympischen
Komitee und der deutschen Olympia-
mannschaft geplant. Zum Beispiel wird die
Warsteiner Brauerei auf Veranstaltungen
des NOK und der Deutschen Sport-Marke-
ting (DSM) sowie im Deutschen Haus zu
Olympischen Spielen mit ihren
Produkten vertreten sein.
Impressum
Olympisches Feuer
Zeitschrift des Nationalen Olympischen Komitees
für Deutschland und der
Deutschen Olympischen Gesellschaft
Herausgeberkollegium:
Bernhard Schwank (NOK), Dieter Krickow (DOG),
Steffen Haffner, Michael Gernandt
Chefredakteur: Harald Pieper
Redaktion: Dr. Stefan Volknant, Dr. Andreas Höfer,
Kerstin Rehhahn
Redaktionsanschrift:
Dr. Stefan Volknant
Nationales Olympisches Komitee für Deutschland
Otto-Fleck-Schneise 12, 60528 Frankfurt
Telefon: 0 69 / 6 70 02 27, Fax: 0 69 / 67 00 12 27
E-Mail: volknant@nok.de
Harald Pieper
Stieglitzstraße 2
63263 Neu-Isenburg
Telefon: 0 61 02 / 5 22 62
Herstellung, Vertrieb & Verlag:
Peter Kühne Verlag
Theodor-Heuss-Straße 11
63303 Dreieich
Telefon: 0 61 03 / 8 07 91 70,
Telefax: 0 61 03 / 8 07 91 71
E-Mail: freiwurf@aol.com
Grafische Gestaltung: Werner Pettersch, Dreieich
Schlussredaktion/Anzeigenleitung: Peter Kühne
Die Zeitschrift erscheint 6 x jährlich.
Der Bezugspreis ist durch den Mitgliedsbeitrag der
Deutschen Olympischen Gesellschaft abgegolten.
Druck: HMS-Druckhaus GmbH
Benzstraße 57 - 59, 63303 Dreieich
Telefon: 0 61 03 / 93 39-0.
Das Olympische Feuer ist zu beziehen durch:
Geschäftsstelle der Deutschen Olympischen
Gesellschaft, Otto-Fleck-Schneise 12 - Haus II,
60528 Frankfurt am Main,
Telefon: 0 69 / 69 50 16-0,
Telefax: 0 69 / 6 77 18 26,
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Frankfurter Sparkasse,
Kontonummer 200313592,
Bankleitzahl: 500 502 01
Das Olympische Feuer ist ein Diskussionsforum.
Mit Namen gekennzeichnete Artikel müssen nicht
unbedingt der Meinung der Redaktion, des NOK
bzw. der DOG entsprechen.
Titelgrafik: Eberhard Stroot
Fotos, Illustrationen, Karikaturen:
Hartmut Balle Florian Petrow
dpa profipartner24/Wesoly
KölnSport-Verlag Eberhard Stroot
Volker Öhl Norbert Wodartzyk
67
Nachrichten der DOG
Neues Gesicht
Christian Eiselstein verstärkt die "Fußball-
fraktion" in der Geschäftsstelle der Deut-
schen Olympischen Gesellschaft. Der neue
Ansprechpartner in Sachen Mitgliederbe-
treuung und -verwaltung ist wie Geschäfts-
stellen-
leiterin
Kathrin
Hillgärt-
ner in
seiner
Freizeit
auf dem
grünen
Rasen
aktiv.
"Es ist
schön,
wenn
man das
Hobby
zum Beruf machen kann", erklärt der
23jährige Roßdorfer, der mit dem SV Groß-
Bieberau in der Fußball-Bezirksoberliga
spielt. Aus seiner gleichzeitigen Tätigkeit als
Jugendtrainer des Vereins weiß er: "Im Sport
sollten Fairness, Leistungsbereitschaft,
Teamgeist und Völkerverständigung mehr
zählen als der Sieg. Deshalb ist das Engage-
ment der DOG für diese Olympischen Werte
so wichtig."
Nach seiner Ausbildung zum Sport- und
Fitnesskaufmann beim Allgemeinen Deut-
schen Hochschulsportverband (adh) in
Dieburg ist die Deutsche Olympische Gesell-
schaft seine erste berufliche Station. Christi-
an Eiselsteins für Ziele die Arbeit bei der
DOG: "Immer ein offenes Ohr für die Mit-
glieder haben und die Zweigstellen tatkräf-
tig unterstützen."
Christian Eiselstein ist zu erreichen unter
Telefon 069/69501613 sowie
E-Mail eiselstein@DOG-bewegt.de.
Berlin "Denken Sie an falsche Ärzteabrechnungen,
an Abzocke von Politikern oder an Manager,
Round-Table-Talk mit die eine Firma runterwirtschaften und
Millionenabfindungen kassieren." Er bedau-
Robert Bartko erte, dass durch den Fall Armstrong der
Radsport wieder diskreditiert werde, "aber
Dopingbetrug hat dort einen Nährboden,
Die Runde war hochzufrieden - der Gast wo viel Geld im Spiel ist und der Erwar-
glücklich über soviel Anerkennung und tungsdruck der Medien und der Öffentlich-
Aufmerksamkeit: Die Erstauflage des keit sehr hoch ist".
Round-Table-Talks "Olympia hautnah" am
23. August in der Dresdner Bank am Pariser Die Berliner DOG hatte den gebürtigen
Platz hätte kaum erfolgreicher ausfallen Potsdamer, der nun bei Ludwigsfelde mit
können. Eingeladen hatte die DOG Berlin Gattin Peggy, Söhnchen Felix und Hund
namens Vizepräsidentin und Gastgeberin (dazu ein Pferd in einem Reitstall) heimisch
Ulrike Ufert-Hoffmann. Sie begrüßte neben geworden ist, für die Fair-Play-Auszeich-
DOG-Mitgliedern "als ersten Sparringspart- nung vorgeschlagen, nachdem Bartko nach
ner" den Doppel-Olympiasieger und mittler- Sturz beim Zielspurt der letzten SixDays und
weile dreimaligen Weltmeister im Bahnrad- Sieg der Schweizer Kontrahenten spontan
sport, Robert Bartko. zum Mikrofon gegriffen: "Liebe Leute, bitte
nicht pfeifen - der Sturz war allein meine
Lothar Hinze, 12x als Sportreporter für den Schuld." Allerdings hatte er sich bei der
Sender Freies Berlin olympisch und nun Rutschpartie über fast 50 m Holzbahn "200
Präsident des Berlin-Brandenburger Sport- Splitter in den Allerwertesten eingefangen.
journalisten-Verbandes, eröffnete als Mode- Das war eine langwierige und schmerzhafte
rator die Frage-
Antwort-Runde in
gekonnt souveräner
Manier. Und Bartko,
der im Oktober
anlässlich des
SixDays-Opening im
Berliner Velodrom
die Fair-Play-
Plakette der DOG
erhalten wird,
bewies, dass er nicht
nur auf dem Rad
eine hervorragende
Figur abgibt.
Mit der Sportmel- Olympiasieger Robert Bartko (oben Mitte) hautnah für die Berliner
dung des Tages DOG-Mitglieder
konfrontiert, Tour-
sieger Lance Arm-
strong habe man in eingefrorenen Doping- Prozedur, die herauszubekommen." Woher
proben von 1999 den Epo-Dopingmiss- dieses Eingeständnis des eigenen Verschul-
brauch nachweisen können, verurteilte der dens komme? "Ich denke, das habe ich
29-jährige Berliner den US-Amerikaner meinen Eltern zu verdanken. Ehrlich bleiben
dennoch nicht. Dopingbetrug sei ein Spie- und dass es möglichst gerecht zugeht - das
gelbild der Gesellschaft sagte der frischge- haben sie mir beigebracht."
backene dreifache Deutsche Bahnmeister:
69
Etwa eine Stunde sollte das Gespräch Dresden
dauern, am Ende wurde es noch eine halbe
Stunde länger. Bartko gab über Training
Auskunft, kritisierte die deutschen Leis- Diesmal mit Schützenkönigin
tungssportstrukturen, monierte, dass die
Arbeit an der Basis und mit dem Nachwuchs
nicht mehr die erforderliche Qualität und
Effizienz habe. Er selbst - am 23. Dezember
wird er 30 - habe als Ziel Olympische Spiele
2008 in Peking "fest im Blick".

Immerhin die positive Sportmeldung des

Tages nach der negativen mit Armstrong.

Ernst Podeswa

Bremen

55. Sportabzeichen
abgelegt
Peter Schlee hat jüngst zum 55. Mal die
Bedingungen für das Deutsche Sportabzei-
chen erfüllt. "Ich habe kein Jahr ausgelas-
sen"‚ sagt der Bremer voller Stolz. "Und dass
soll auch in Zukunft nicht anders sein." Über
60 Mal ist sein Fernziel, denn es gibt jeman-
den, der schon 60 Sportabzeichen abgelegt
hat. "Das schaffe ich auch", ist sich Peter
Schlee sicher.
Auch in diesem Jahr 2005 waren die Mitglieder der DOG Dresden Gastgeber für Vertreter
aus Wirtschaft und Politik bei ihrem traditionellen Vogelschießen. Bereits zum 9. Male
wurde zum Auftakt des städtischen Sommerfestes der Dresdner Schützenkönig gesucht.
Dass es diesmal mit Iris Wenke von der IHK Dresden eine Schützenkönigin wurde, macht
das 10jährige Jubiläum im nächsten Jahr besonders interessant.
Bremerhaven-Cuxhaven Dass dies auch weiterhin geschieht, dafür
wollen sich der Zweigstellenvorsitzende Dr.
"Ein Ruhmesblatt für die Herbert Böttcher und seine Kollegen einset-
zen: mit Programmen zur Fairness im Sport,
Küsten-DOG" Patenschaften für Talente sowie Bewe-
gungsförderung im Kindergarten.

Tatsächlich hat der gelernte Bankkaufmann
dafür beste Voraussetzungen, nachdem er
sein ganzes Leben dem Sport gewidmet hat.
Seit 1956 ist er Mitglied beim Allgemeinen
Turn- und Sportverein von Bremen 1860,
wo er stets als Übungsleiter tätig war. Vom
Kinderturnen über das Turnen der Männer
bis zum Altersturnen hat er die Generatio-
nen stets begleitet. Noch heute turnt er
regelmäßig mit einer Gruppe Senioren,
spielt Prellball, Faustball und Ringtennis und
versteht über Jahrzehnte Jung und Alt für
Turnen, Spiel und Sport zu begeistern. Bei
der Deutschen Olympischen Gesellschaft ist
er über 50 Jahre Mitglied und wirkt regel-
mäßig im Beirat der Zweigstelle Bremen
mit.
Bei so viel Sport wundert es nicht, dass
Peter Schlee die athletischen Anforderungen
für das Deutsche Sportabzeichen - Laufen,
Springen, Stoßen, Schwimmen und Wan-
dern - immer mühelos bewältigt hat. Da ist
es wirklich nur eine Frage der Zeit, wann er
sich zum sechzigsten Mal über seine Leis-
tungen freuen darf.
"Was die DOG Bremerhaven-Cuxhaven hier
in 50 Jahren allein zum Wohle der Kinder
geleistet hat, ist ein Ruhmesblatt für die
gesamte DOG", befand Dieter Krickow,
Vizepräsident der Deutschen Olympischen
Gesellschaft.
Vor rund 70 Mitgliedern und prominenten
Gästen aus Bremerhaven und Cuxhaven, aus
Bremen und Bremervörde, die sich zum
stimmungsvollen Festakt anlässlich des 50.
Geburtstages der Zweigstelle im Bankhaus
Neelmeyer eingefunden hatten, würdigte
Krickow das Engagement zwischen Elbe und
Weser. Allein der Erlös von einer halben
Million Mark aus den vom früheren Präsi-
denten J. Heinrich Kramer initiierten DOG-
Tombolen, der zum Bau vieler Kinderspiel-
plätze und Jugendsportanlagen verwendet
wurde, spräche für sich, so der DOG-
Vizepräsident.
"Die Deutsche Olympische Gesellschaft
fördert den Sport idealistisch und gerade im
Land Bremen ist sehr viel dafür getan
worden", betonte Krickow.
"Auf lokaler Ebene hat die DOG viel Gutes
geleistet", befand Bremens Innensenator
Thomas Röwekamp. Nicht ohne Stolz
erklärten die Oberbürgermeister von Bre-
merhaven und Cuxhaven, Jörg Schulz und
Arno Stabbert, dass beide Küstenstädte seit
1954 DOG-Mitglieder seien. Zu den Gästen
zählten u.a. Bernd Klinger, Olympiasieger
im Dreistellungskampf 1968, Roswitha
Ditzen-Blanke, Verlegerin und Herausgebe-
rin der Nordsee-Zeitung, sowie Sparkassen-
direktor Claus Brüggemann, die dem Wirken
der DOG äußerst positiv gegenüber stehen.
Paul G. Pätzel
Düren
Ehrenvorsitzender
verstorben
Die DOG Düren trauert um ihren Ehrenvor-
sitzenden Ernst Günther Hammans, Träger

70
des Bundesverdienstkreuzes erster Klasse,
der Ende August diesen Jahres nach länge-
rer Krankheit im Alter von 81 Jahren ver-
storben ist.
Ernst Günther Hammans
Er hat 1967 die DOG-Kreisgruppe Düren
gegründet und stand dieser 30 Jahre vor. In
dieser Zeit hat er die Zweigstelle von ihrer
Mitgliederzahl her zur drittstärksten DOG-
Gruppe innerhalb Nordrhein-Westfalens
geführt. Des Weiteren fanden unter seiner
Regie in Düren viele Symposien und Vorträ-
ge zu aktuellen Themen des Sports statt.
Weit über die Grenzen hinaus bekannt sind
auch die von der Dürener DOG durchge-
führten Besichtigungsfahrten zu interessan-
ten Sportstätten im In- und Ausland.
In Anerkennung seiner vielen Verdienste
wählten ihn deshalb die Mitglieder der
Kreisgruppe bei seinem Rücktritt 1997
einstimmig zu ihrem Ehrenvorsitzenden.
Unabhängig davon war der in Düren ansäs-
sige Unternehmer in vielen anderen Gre-
mien über Jahrzehnte hinweg ehrenamtlich
tätig. So stand er der Tennisgemeinschaft
Rot-Weiß Düren, die seit 1952 bis heute
Mitglied in der DOG ist, ebenfalls über 30
Jahre vor. In den 70er Jahren gründete er in
Düren den Kreissportbund und den Stadt-
sportverband, deren Ehrenvorsitzender er
aufgrund seiner großen Verdienste für diese
Institutionen ebenfalls war. Er gehörte viele
Jahre dem Rat der Stadt und dem Kreistag
an.
Weit über seine Amtszeit hinaus blieb Ernst
Günther Hammans immer ein kompetenter
Ratgeber der DOG. Die DOG Düren wird
deshalb sein Andenken in Ehren halten und
in Erinnerung an ihn Mitte November ein Hamburg
Symposium unter dem Thema "Der Sport-
verein in der heutigen Zeit" durchführen.
"Kinder bewegen"-
Essen Studientag
Goldene "25" verliehen Zu einem gemeinsamen Studientag, um die
weitere Planung für das Modellprojekt
"Kinder bewegen" der Deutschen Olympi-
Als Basisorganisation des NOK bietet die schen Gesellschaft im Hamburger Modell-
Deutsche Olympische Gesellschaft eine kindergarten "Alter Teichweg" vorzunehmen,
Plattform für alle, die sich für die Olympi- haben sich fast genau nach sechs Monaten
sche Idee engagieren und insbesondere Projektzugehörigkeit die dreißig Mitarbeite-
Kinder und Jugendliche, für den Sport rinnen und Mitarbeiter der Kita, Norbert
begeistern möchten. Baumann und Greta Blunck von der DOG
Hamburg sowie Martina Grand vom Sport-
Entsprechend dieses Grundanliegens hat die amt Hamburg getroffen. Zur Veranstaltung
DOG Essen der Essener Tennishallengemein- hatten sie externe Experten eingeladen, die
Hilfestellung
und Anregungen
für die Weiter-
entwicklung der
Kita in eine
bewegungs-
freundliche
Einrichtung
geben sollten.
Zunächst ver-
deutlichte
Referent Man-
fred Möller in
einem Einfüh-
rungskurs in die
Psychomotorik
sehr anschau-
lich, wie wichtig
Verleihung der Goldenen "25" der Deutschen Olympischen Gesell-
die Bewegung in
schaft: (von links) Peter Schuster (Präsident des Verbandes Deutscher
der gesunden
Tennislehrer e.V.), Paul Hoffmann, Thomas Tasch (Vorstandsmitglied
Entwicklung von
des Tennisverbandes Niederrhein e.V.), Gerhard Nähe und Hanns
Kindern ist. Die
Sobek, Altbürgermeister der Stadt Essen.
Lernfähigkeit
hänge eng mit
der Bewegungs-
schaft e. V. (ETG) die Goldene "25" verliehen freudigkeit zusammen, Kinder müssten
- für fünfundzwanzig Jahre Mitgliedschaft toben um sich danach wieder konzentrieren
und in Anerkennung der Unterstützung zu können, so Möller. Für die Kita gab es
ihrer Aufgaben in Sinne der Olympischen wertvolle Anregungen und Ideen zur Be-
Idee. Die Auszeichnung fand an dem Tag schaffung und Nutzung von geeigneten
statt, als London den Zuschlag für die Materialien sowie für interessante Bewe-
Olympischen 2012 bekam. gungsangebote auch in kleineren Räumlich-
keiten.
In einem kleinen Festakt in der Malottki-
Halle‚ Bergeborbeck überreichte Paul Hoff- Im zweiten Teil stellte Elsbeth Elsner, Leite-
mann, Geschäftsführer der DOG Essen, rin eines Hamburger Bewegungskindergar-
DOG-Ehrennadel und Urkunde an den ETG- tens, das Konzept ihrer Einrichtung vor. Von
Vorsitzenden Gerhard Nähe. ihr erfuhren die "Kinder bewegen"-Projekt-
partner, dass neben bewegungsanregenden
Norbert Wodartzyk Räumen, Hallen und Fluren und den unter-
71
schiedlichsten Materialien selbst die Weih- Der Höhepunkt des Festes fand am späten Heilbronn/Unterland-Hohenlohe
nachtsgeschichte mit viel Bewegung von Nachmittag statt. Seit die Deutsche
den Kindern aufgeführt werden kann. Olympische Gesellschaft und ihr Partner O2
Sport verbindet!
Schließlich beant-
wortete Oecotro- Fast 300 Kinder, Jugendliche und Erwachse-
phologin Silke ne aus verschiedenen Schulen und Einrich-
Bornhöft Fragen tungen begleiteten sechs geistig behinderte
zum Thema "Gesun- Sportler beim Start des Lichtenstern-
de Ernährung bei Marathons an der Grundschule Obersulm
Kindern". auf den ersten Kilometern bis zum Rathaus
von Affaltrach, wo Bürgermeister Murso zur
Für die Mitarbeite- Erfrischungspause einlud. Es ging darum,
rinnen und Mitar- Zeichen für Integration zu setzen. Deshalb
beiter der Kita Alter war auch der körperbehinderte Sportler
Teichweg gab es Andreas Kiemes gekommen. Der Vize-
viele Anregungen Weltmeister im Handbike-Fahren und
und Ideen, die sie Vierter der Paralympics in Athen fuhr im
motivierten, noch Handbike den ersten Teil der Strecke mit,
mehr "in Bewegung die bis nach Schwäbisch Hall führte.
zu geraten". Zufrie-
den konnten sie Organisator dieser bereits zum siebten Mal
zugleich feststellen, stattfindenden Veranstaltung ist Jürgen
dass die Kita in Mennel, der die Behinderten aus der
Sachen Bewegungs- Umlagerter Star des Bewegungsfestes im Hamburger DOG-Modell- Evangelischen Stiftung Lichtenstern (bei
angebote schon kindergarten: HSV-Dino Herrmann Löwenstein) betreut und mit der Aktion auf
einiges vorweisen die körperliche und seelische Leistungsfä-
könne - eine gute Grundlage also, die den Kindern vom "Alten Teichweg" aus higkeit seiner Schützlinge aufmerksam
nächsten 2 ½ Projektjahre anzugehen. "Kinder bewegen"-Projektmitteln einen machen will. Mennel ist Sporttherapeut an
Trainer finanzieren, ist Fußball für die der Stiftung und erläuterte, dass diese
Mädchen und

Bewegungsfest für Jungen die Sportart

Nummer 1 gewor-

Klein und Groß den. So war es eine

gelungene Überra-
schung als plötzlich
Natürlich stand das diesjährige Sommer- HSV-Dino Hermann
fest in der Hamburger Kita "Alter Teich- auftauchte, um das
weg" unter dem Motto "Kinder bewegen". Match der Fußball-
Schon der Auftakt mit Bewegungsliedern kinder gegen ihre
und Tänzen lud Eltern und Kinder zum Eltern anzupfeifen.
Mitmachen ein. Und tobend, turnend, Der Hamburger
kletternd, springend, laufend, fahrend und Sportverein hat im
spielend ging es weiter durch den ganzen Rahmen von
Nachmittag. "Kinder bewegen"
die Patenschaft für
In der einen Ecke konnten sich Kinder an den Modellkinder-
verschiedenen Materialien ausprobieren. garten übernom-
Da gab es Pedalos, Stelzen, Rollbretter, men.
Trampoline und vieles mehr. Anderswo
wurden klassische Bewegungsspiele wie Das Bewegungsfest
Dreibeinrennen, Sackhüpfen, Eierlaufen war für Klein und
und Ringewerfen angeboten. Auf dem Groß ein voller Behinderte und Nichtbehinderte gemeinsam beim Start zum
Sportplatz war ein Parcours aufgebaut, wo Erfolg und auch die Lichtenstern-Marathon.
Kinder auf Go-Carts ihre Schnelligkeit und Projektverantwort-
Geschicklichkeit messen konnten. Für das lichen von DOG
erfolgreiche Ausprobieren der zahlreichen und O2, Norbert Baumann und Matthias Laufevents erst aufgrund jahrlanger Trai-
Bewegungs- und Spielangebote bekam Johannes, haben sich trefflich amüsiert. ningsprogramme und Trainingstage mög-
jedes Kind eine Medaille mit der Aufschrift lich seien.
"Kinder-Olympiade 2005" verliehen.

72
Die Vorsitzende der DOG Heilbronn-Unter-
land-Hohenlohe, Sigrid Seeger-Losch,
betonte in ihrer kurzen Ansprache, dass bei
dieser Veranstaltung echte Solidarität
gezeigt und das Selbstbewusstsein der
Behinderten gestärkt würde. Sie rief den
Teilnehmern zu, dass hier das Motto "Dabei
sein ist alles!" Vorrang habe: Es würde nicht
darauf ankommen, wer zuerst am Ziel ist,
sondern dass diese Tage Spaß und Freude
machen sollen.
Köln/Leverkusen
5.000 Euro für den Behin-
dertensport erkämpft
Die mehrfache Paralympics-Siegerin und
Vorsitzende der DOG Köln-Leverkusen, Britta
Siegers, berichtet von der erfolgreichen
Aktion am 11. September beim Köln-
Marathon mit Unterstützung von Rhein-
Energie:
"Zunächst wirkte es wie eine verrückte Idee,
durch einen Start beim 9. Ford Köln-Mara-
thon die finanzielle Basis für eine professio-
nelle Laufbahnberatung für behinderte
Toppathleten am Olympiastützpunkt Köln/
Bonn/Leverkusen schaffen zu wollen. Doch
diese Aktion passt exakt in die Leitlinien der
Deutschen Olympische Gesellschaft. Sie ist
integrativ, beinhaltet den Fair-Play-Gedan-
ken, betrifft eine olympische Disziplin und
zeigt das Mit- und Füreinander unter
Sportlern. Und wenn ein großes Unterneh-
men die Idee unterstützt, dann haben wir
Doppelt erfolgreich: Das Team der DOG Köln-Leverkusen bewältigte
komplett die Marathon-Distanz und erzielte dafür 5.000 Euro
Prämie zugunsten des Behindertensports.
damit ein deutliches Zeichen in Richtung
Gleichstellung behinderter und nicht
behinderter Leistungssportler gesetzt.
Für mich stellten sich daher die Fragen, wer
ist bereit, diesen Plan mit uns zu realisieren,
wer stellt sich den 42,195 km, einer Strecke,
bei der viele ohne zu zögern das Auto
nehmen, aber nur wenige sie laufend, hand-
bikend oder skatend bewältigen wollen, und
ebenso wichtig, wer ermöglicht uns den
finanziellen Hintergrund?
Viel schneller als erwartet war das Puzzle
komplett und die Begeisterung, die mich
spontan erfasst hatte, sprang auf die
Anderen über.
Ebenso begeistert zeigte sich mein erster
Ansprechpartner aus der Wirtschaft. Helmut
Haumann, der Vorstandsvorsitzender der
RheinEnergie AG, war mehr als angetan und
lobte sehr schnell 500 Euro pro Athlet und
bis zu 5.000 Euro Maximalprämie aus.
Ferner unterstützte uns die Köln Marathon
GmbH beim Startgeld, die Deutsche Sport-
hochschule Köln, die mir u.a. ein Handbike
zur Verfügung stellte, und auch der KS
Verlag, der unser Team in Bildern festhielt.
Mit all diesen positiven Rahmenbedingun-
gen galt es nun, das Starterfeld zu besetzen.
Es sollte ein Team sein aus Läufern, Skatern,
Handbikern und aus behinderten und
nichtbehinderten Sportlern. Ich war positiv
überrascht, innerhalb von 14 Tagen war das
DOG-Team aufgestellt. Und einen besonde-
ren Paten für die Aktion fand ich in Man-
fred Germar.
Ein jeder begab sich in sein persönliches
Trainingslager und
einige von uns sind
nur wegen der
guten Sache, des
Projektes wegen,
überhaupt auf die
42,195 km lange
Strecke gegangen.
Zäh und ausdau-
ernd, getragen
durch die Fans an
der Strecke und
trotz widriger
Wetterbedingungen
kamen alle Sportler
des DOG-Teams in
Ziel. Ein Erlebnis,
über das wir noch
oft und immer
wieder sprechen
werden. So auch in den Medien. Hier war
ich selbst noch außer Atem und konnte
meine Freude über unseren Teilnahmeerfolg
kaum in den Interviews unterbringen. Diese
Begeisterung hat WDR Moderatorin Sabine
Hartelt in ihren beiden WDR-Berichten sehr
eindrucksvoll herausgestellt. So standen wir
mit 5 bzw. 8 Minuten langen Berichten
sowohl am Samstag und als auch nach dem
Marathon am Sonntag im Fokus der TV
Öffentlichkeit. Und auch die Printmedien
berücksichtigten uns sowohl vor und nach
dem Marathon.
Jetzt freuen wir uns über den großen
Scheck für den Olympiastützpunkt
Köln/Bonn/Leverkusen, der uns durch Herrn
Haumann im Rahmen des DOG-Olympia-
balls am 22.10.2005 im Bayer Casino in
Leverkusen überreicht wird.
Ich sage danke an alle Teilnehmer, die für
die gute Sache der DOG an den Start
gegangen sind. Danke an die Freunde und
Familienmitglieder, die uns vor Ort und auch
im Vorfeld betreut und unterstützt haben.
Ein besonderes Dankeschön an Helmut
Haumann und sein Unternehmen, der
RheinEnergie, als unserem Finanzier."
Odenwald
DOG-Jugend besuchte die
Frankfurter Eintracht
Die DOG-Jugend Odenwald unternahm am
27. August einen Ausflug zum Fußballbun-
desligaspiel der Frankfurter Eintracht gegen
den 1. FC Nürnberg ins Frankfurter Waldsta-
dion. Die Fahrt ging pünktlich um 13:00 Uhr
in Erbach los. In Michelstadt, Zell und in
Höchst wurden dann noch die restlichen
Teilnehmer eingesammelt.
Nach dem Spiel, dass zur Freude der Oden-
wälder Jugendlichen mit 1:0 für Frankfurt
73

Odenwälder DOG-Jugendliche beim Besuch im Frankfurter Wald-
stadion.
endete, kehrte die Gruppe noch zur einer
Sieg nach dramatischem Final-Rückspiel
gemütlichen Runde in die Gaststätte "Zur
gegen den belgischen Favoriten Charleroi.
Krone" in Bad König/Zell ein.
Organisiert wurde dies alles vom Jugendob-
mann Florian Keil (Hassenroth) sowie dem
Vorsitzenden der DOG Odenwald, Hubert
Hey. Wenngleich sich die Organisation
aufgrund der Ferienzeit in Hessen etwas
schwierig gestaltete, war der Ausflug
wiederum eine gelungene Aktion der DOG-
Jugendarbeit im Odenwald.
Großer Bahnhof für
Timo Boll in Höchst
Zu Ehren ihres berühmten Sportsohnes Timo
Boll gab seine Heimatgemeinde Höchst im
Odenwald Ende Juli einen Empfang im
Bürgerhaus. Geehrt wurde das Tischtennis-
Timo Boll mit Bürgermeister Rainer Guth
(links) und Hubert Hey (rechts)
74
ass für seine großar-
tigen Erfolge in
diesem Jahr. Neben
der Deutschen
Meisterschaft in
Einzel und Doppel
holte sich Boll, der
für den TTV Gön-
nern an der Platte
steht, mit Partner
Christian Süß
(Borussia Düssel-
dorf) die Vizewelt-
meisterschaft im
Doppel in Shanghai
und schließlich mit
seinem Team vom
TTV Gönnern den
Champions-League-
In Anwesenheit zahlreicher Ehrengäste aus
Sport und Politik erntete der 25jährige
Höchster viel Lob und Anerkennung. Bür-
germeister Rainer Guth und Landrat Horst
Schnur verbargen nicht ihren Stolz auf den
Odenwälder Bub mit Weltruhm. Besonders
originell war das Geschenk der TSV Höchst:
Bolls Heimatverein übergab einen Baum, der
auf dem Grundstück des vor kurzem erwor-
benen Haus stehen und damit die weiter
bestehende Verbundenheit mit Höchst und
dem TSV zum Ausdruck bringen soll.
Unter den Gratulanten war auch der Vorsit-
zende der DOG Odenwald, Hubert Hey, der
in Erinnerung rief, dass Boll als damals
15Jähriger einer der Ersten war, die im
Rahmen der DOG-Aktion "Junge Könner
brauchen Gönner" unterstützt wurden. Hey
überreichte ein Schreiben des DOG-Präsi-
denten Dr. Hans-Joachim Klein, der dem
Weltklassespieler zu den Erfolgen beglück-
wünschte und zum Ausdruck brachte, dass
Boll ein großes Vorbild für die Jugend sei.
Gerd Waßner
Horst Neff erhielt Bundes-
verdienstkreuz am Bande
Mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande
wurde der 2. Vorsitzende der DOG Oden-
wald, Horst Neff, durch den Hessischen
Staatsminister Dirk Merz ausgezeichnet.
Horst Neff hat sich durch seine vielfältigen
ehrenamtlichen Tätigkeiten in kommunalen
Institutionen und im Vereinsleben verdient
gemacht. Er ist wesentlich an der nunmehr
16 Jahre währenden, engagierten Arbeit der
DOG Odenwald beteiligt. Durch seine enge
Verbindung zum Fußballsport hat er über
jahrelang die Aufgabe des Kreisfußballwarts
wahrgenommen. Er gilt als populärer und
verdienter Mann des Odenwälder Sports, der
auch für die Arbeit der DOG mittlerweile
unentbehrlich geworden ist.
Neff erhielt das Bundesverdienstkreuz aus
den Händen des Hessischen Staatsminis-
ters Dirk Merz (rechts).
Der Vorsitzende der DOG Odenwald, Hubert
Hey, würdigte die gute Zusammenarbeit
und vor allem die unkomplizierte Bereit-
schaft zum Mitmachen: "Hoffentlich steht
Horst Neff uns noch lange für die DOG-
Abeit zur Verfügung."
Erfolgreiche Kindergarten-
patenschaften
Zum gemeinsamen Erfahrungsaustausch
trafen jüngst die DOG Odenwald um ihren
Vorsitzenden Hubert Hey und Erzieherinnen
aus den beiden Patenkindergärten in Mi-
chelstadt und Erbach zusammen. Die DOG
Odenwald will durch individuelle Erfahrun-
gen aus der praktischen Arbeit lernen, um
die Ergebnisse in anderen Kindergärten
angemessen umzusetzen.
Anni Resch, Leiterin des Michelstädter
Kindergartens, hatte dieses Treffen zum
Austausch über die Verbesserung der
kindlichen Bewegung in gemütlicher Atmo-
sphäre bei Kaffee und Kuchen organisiert.

Kleine "Sportskanonen" vom neuen DOG-Patenkindergarten in
Höchst
Im Gespräch wurde schnell deutlich, dass es
kritisch um den kindlichen Bewegungsalltag
bestellt ist. Immer starker werden die
Jungen und Mädchen durch die Medienwelt
in den Bann gezogen. Später kommt der
Umgang mit dem Computer hinzu, so dass
bei vielen Kindern die Bewegungsunlust
gewachsen ist. Viele Eltern sind berufstätig
und haben nicht mehr ausreichend Zeit für
gemeinsamen Sport und Spiel. Die DOGler
erfuhren auch, wie verheerend die Folgen
dieser Entwicklungen sind. Übergewicht,
Haltungsschäden, Konzentrationsschwierig-
keiten und gesundheitliche Probleme sind
schon bei Grundschülern immer häufiger zu
finden.
Deshalb ist es so wichtig, dass die frühkind- Der damals bewältigte Rundkurs wurde
liche Motivation zu Bewegung und Sport
möglichst bald einsetzt. Die DOG Odenwald
sieht ihre Aufgabe darin, dieses Ziel mit
geeigneten Maßnahmen in den Kindergär-
ten zu unterstützen. "Bewegung muss fester
Bestandteil des Kinderalltags sein, dann
haben wir eines unserer wichtigsten Klas-
senziele erreicht", betont Hubert Hey.
Konsequenterweise hat sich die DOG Oden-
wald entschlossen, mit dem Kindergarten in
Höchst eine vierte Einrichtung in Form einer
Patenschaft zu unterstützen. Im Beisein des
Bürgermeisters Rainer Guth besiegelten
Hubert Hey und Kitaleiterin Frau Trawitz die
Patenschaft offiziell. Auf der Auftaktveran-
staltung würdigte der Bürgermeister die
Initiative der DOG für mehr Bewegung im
Kindergarten. In seiner Ansprache ging er
zugleich auf die notwendige Verbindung
von Sport- und Sprachförderung bei Zu-
wanderungskindern ein. "Es ist eine unum-
stößliche Tatsache, dass sprachliche Defizite
integrationshem- mals trägt eine Laufstrecke in Deutschland,
mend für die Kinder auf der ein Olympic Day Run veranstaltet
wirken", so Guth. wurde, diesen Namen.
Die Kinder des Die offizielle Namensgebung erfolgte durch
Höchster Kinder- Bürgermeister Manfred Gräf, den 1. Vorsit-
gartens blickten zenden des SC Bobenheim-Roxheim, Karl-
derweil schon Heinz Kaiser, sowie Carlo von Opel, Vorsit-
einmal auf ihre zender der DOG Pfalz. Auch die Ideengeber
bewegte Zukunft. der Aktion, Christian Reber sowie Wolfgang
Mit dem eigens Ziegler, waren dabei als ein Teil der Anwe-
einstudierten Lied senden angeführt vom früheren Ruder-
"Wir sind die Olympiasieger Alois Bierl die neu benannte
Sportskanonen" Strecke durch eine Umrundung einweihte.
brachten sie richtig Unter den zahlreichen prominenten Gästen
Schwung in die der Premierentaufe war die Bundestagsab-
Auftaktveranstal- geordnete Maria Böhmer.
tung. "Das war sehr
beeindruckend", Die "Olympic-Day-Run-Strecke" ist ein rund
lobte Hubert Hey, "denn wenn zu sportli- 5,3 km langer Rundlauf um den sogenann-
chen Übungen das verbale Bekenntnis zum ten Altrhein, ein zum früheren Fluss gehö-
Sport kommt, ist der Erfolg umso größer." render See. Die Strecke verläuft größtenteils
über Naturboden, durch Wald und Busch,
immer in Ufernähe, hauptsächlich im
Pfalz Bereich von Landschaftsschutz und Natur-
schutz sowie durch naturbelassenen, ge-
Erste offizielle "Olympic- pflegten Vorortbereich. Schon von jeher sind
hier zahlreiche Laufsportler unterwegs. Mit
Day-Run-Strecke" getauft der Namensgebung und 20 neuen Schildern
rund um den Kurs wirbt die Gemeinde nun
mit Unterstützung der DOG Pfalz ganz
Nach dem erfolgreichen Olympic Day Run offiziell für sportliche Betätigung auf dem
am 23. Juni diesen Jahres in der pfälzischen Rundkurs.
Gemeinde Bobenheim-Roxheim hat die
DOG Pfalz nun dafür gesorgt, dass das Die Pfälzer DOG plant auch für 2006 wieder
Ereignis vor Ort weiter in Erinnerung bleibt. einen Olymic Day Run. Als Veranstaltungs-
ort ist Gimmeldingen im Gespräch.
"Olympic-Day-Run-Strecke" getauft. Erst-
Auf dem Bild sind u.a. zu sehen: Karl-Heinz Kaiser (4. v. l.), Maria Böhmer (6. v. l.), Christian
Reber, Geschäftsführer SC Bobenheim-Roxheim (7.v. l.), und Carlo von Opel (8.v. l.)
75
"Kindern mehr Zeit für
Gemeinsame Aktion für mehr Bewegung von
Für die Kinder in den Modelleinrichtungen
der Initiative "Kinder bewegen" gab es zum
Weltkindertag eine besondere Überra-
schung. Sie erhielten Besuch von ihren
Paten, die allesamt ein besonderes Geschenk
für ihre Schützlinge dabei hatten: eine
gemeinsame Stunde Sport, Spiel und Spaß.
Mit der Weltkindertagsaktion wollten die
Deutsche Olympische Gesellschaft und ihren
Partner Opel und O2 auf das Recht der
Kinder auf Bewegung aufmerksam machen.
"Wir wollen Eltern und Großeltern ermun-
tern, es unseren Paten gleichzutun, und
ihren Kindern mehr Zeit für gemeinsame
Sport- und Spielaktivitäten zu schenken",
erläutert DOG-Präsident Dr. Hans-Joachim
Klein das Anliegen. Trotz ernstem Hinter-
grund stand der Spaß sowohl bei den
Kindern als auch bei den Paten im Vorder-
grund wie die nachfolgenden Bilder und
Berichte aus einigen der Modellkindergärten
zeigen.
76
Im von der DOG Bad Sobernheim betreuten
Kindergarten der Gemeinde Sien überrasch-
ten die Kinder ihre Patin Ulrike Holzner mit
im Vorfeld der Aktion selbst gefertigten
Plakaten, Transparenten und Collagen. Die
Olympiamedaillengewinnerin im Bobfahren
lud ihrerseits die Mädchen und Jungen ein,
den Vormittag gemeinsam mit ihr in Bewe-
gung zu verbringen. Unterstützt wurde sie
von den Erzieherinnen und Übungsleiterin
Rosemarie Hartung, die seit Beginn der
Förderung im Rahmen von "Kinder bewe-
gen" regelmäßig Sportstunden in der
Einrichtung durchführt. Dass an diesem Tag
jedoch eine echte Spitzensportlerin den Ton
angab, war für die Kinder eine ganz beson-
dere Freude.
Auch die Kleinen aus der Paderborner
Kindertagesstätte Römerstraße konnten am
Weltkindertag ihr Sportidol hautnah erle-
ben. Mit Patin Claudia Tonn erprobten sie
schon einmal die ersten Schritte zum
Siebenkampf. Begeisterung löste auch der
von der DOG Hochstift Paderborn gewählte
Schauplatz der Aktion aus. Erstmals konnten
sich die Kinder im Ahornsportpark so richtig
austoben.
Die DOG Pfalz hatte zusätzlich zu den 50
Kindern des Ludwigshafener Modellkinder-
gartens "Wolfsgrube" noch 20 Mädchen und
Jungen vom benachbarten Kindergarten
eingeladen. In mehreren Gruppen erhielten
die Kinder von Bürgermeister Heiner Dopp
höchstpersönlich einen Hockey-Schnupper-
kurs. Vom Hockey-Rekord-Nationalspieler,
zweifachen Olympiamedaillengewinner und
Landestrainer, der im Anschluss Preise an
die besten Hockeyspieler verteilte, gab es
jede Menge Tipps und Tricks zu lernen.
Genauso viel Freude hatten die Kinder auch
beim gemeinsamen Fußball-Spiel mit dem
früheren Bundesligaprofi Maurizio Gaudino.
Auf der erst kürzlich mit "Kinder bewegen"-
Projektmitteln fertig gestellten Außenanlage
konnten die Minikicker die ersten Tore für
ihren Kindergarten schießen. Da auch das
Bewegung schenken"
DOG und Sportlern zum Weltkindertag
Wetter mitspielte, wurde es eine rundum
gelungene Sache Veranstaltung. Mit Lied
und Tanz - eingeübt von der Kindergarten-
leiterin Beate Maier - klang der denkwürdi-
ge Weltkindertagsvormittag in Ludwigsha-
fen aus.
Weil Rosi Mittermaier, die Patin des Kinder-
gartens Mainz-Gau-Bischofsheim, etwas
weit entfernt wohnt, hat sich auf Anfrage
von Bernd Zeising, Vorsitzender der DOG
Mainz-Rheinhessen, DOG-Mitglied Dr.
Gunther Tiersch, der so sympathische
"Wetterfrosch" des ZDF, spontan in den
Dienst der guten Sache gestellt. Der Ruder-
Olympiasieger von Mexiko 1968 hat sich mit
seinem Engagement gleich mehrfach als
idealer Botschafter der Olympischen Idee im
Kreise der jüngsten Olympiafans präsentiert.
In der ersten Runde waren die Kinder
fasziniert von den tollen Bildern, mit denen
Gunther Tiersch seine anschaulichen Erklä-
rungen verschiedener Wetterphänomene
unterlegte. Der Dialog, der sich aus seiner
Präsentation dann mit den Kindern ergab,
hat beide Seiten gleichermaßen begeistert
und auch die anwesenden Eltern gefesselt.
In der folgenden Aktionsrunde haben die
Kinder und der "Wetterfrosch" gemeinsam
gezeigt, wie man Wetterphänomene mit der
richtigen Köperbewegung beschreiben kann.
So wiegten sich Arme und Beine unter-
schiedlich heftig entsprechend der Stärke
des Windes, und die Akteure ahmten das
Hüpfen von dicken Regentropfen auf dem
Asphalt nach.
"Bewegung schenken" - unter diesem Motto
gestalteten auch in Zwickau die Kinder,
Erzieher und Gäste der Villa Kunterbunt
einen "bewegten" Vormittag mit ihrem
Projektpaten Jürgen Croy, Torwartlegende
und zugleich Vorsitzender der DOG Zwickau.
Bei Übungen mit dem Schwungtuch, und
Reifen, Torwandschießen und Hindernislauf
kamen ausnahmslos alle, trotz kühler
Temperaturen, ganz schön ins Schwitzen.
Für eine Stärkung zwischendurch war mit
der Vitamin- und Getränkebar gesorgt. Vom
bewegten Erlebnis mit seinem Paten begeis-
tert, wird der Zwickauer Modellkindergarten
einen solchen Tag jetzt einmal monatlich
durchführen.
Fußball wurde auch in den beiden nördli-
chen Modellkindergärten groß geschrieben.
In Kiel zeigte Nationalspielerin Nina Joku-
schies den Kindern von der Kita Hansastraße
einige Tricks. Die Mädchen und Jungen vom
Hamburger Kindergarten Alter Teichweg
erhielten Besuch von Rodolfo Cardoso. Der
Ex-Bundesligaprofi hatte zur Verstärkung
Hockey-Olympiasieger Christian Blunck
mitgebracht.
Weitere Informationen zum Modellprojekt
"Kinder bewegen", zur Weltkindertagsaktion
und zu weiteren Aktivitäten in den Modell-
kindergärten gibt es unter www.kinder-
bewegen.de.
77
Hockeyschläger für
Namibia
Auf Anregung der DOG Pfalz erhielt jetzt eine
Schulmannschaft aus der namibischen Hauptstadt
Windhoek über das "Unternehmen Buschmänner
e.V." 22 Hockeyschläger ge-
schenkt. Die Sportgeräte wur-
den von Hockey-Landestrainer
Heiner Dopp (zweifacher Silber-
medaillengewinner, Rekord-
Nationalspieler) besorgt, der
nun auch eine Verbindung zum
namibischen Hockeyverband
herstellen will. Ein Dank gilt
auch dem 83-jährigen Helmut
Finkeldey, der als Alleinflieger in
Freundschaft zum Zweigstellen-
vorsitzenden Carlo von Opel
sofort bereit war, diese 15 kg
Übergepäck mitzunehmen.
Südniedersachsen Jacob Minah hat Peking 2008 fest im Blick.
Sommerfest
Am 19. August fand wieder das alljährliche
Sommerfest der DOG Südniedersachsen in einer
gelungenen Mischung aus Sport und Geselligkeit
statt. Nach einem Tennis-Schleifchenturnier, an
dem 18 Teilnehmer/innen im Alter von 15 bis über
70 Jahren zusammen bei bestem Wetter teilnah-
men, gesellten sich zum abendlichen Grillen noch
ca. zwei weitere Dutzend DOG-Mitglieder und
Freunde dazu, so dass bei Wein, Essen und Gesang
der Abend sommerlich ausklingen konnte.
78
Jacob Minahs Leserbrief
olympischer Traum „Leider vermisse ich im OF eine
Spalte "Leserzuschriften".
Er ist neben dem WM-Vierten André Niklaus in Deren Aussagen könnten eine
dieser Saison zu der deutschen Zehnkampfhoff- Bereicherung sein und für
nung aufgestiegen. Bei den Deutschen Mehr- jeden Leser eine Chance, Ideen
und Verbesserungsvorschläge
zu äußern.
Aber unabhängig davon
möchte ich doch einmal eine
große Anerkennung für Inhalt
und Gestaltung des OF aus-
sprechen! Besonders gefielen
mir diesmal die Gedanken in
den "Grüßen aus der OF-
Redaktion" und die Anmerkun-
gen zum Sanierungsbedarf für
Sportstätten.
Man sollte meinen, das OF ist
ein "Muss" für alle Sportler, die
sich nicht ausschließlich für
reine Ergebnisse interessieren.
Wenn allerdings die Verbrei-
tung des OF nur über die DOG-
Mitglieder erfolgt, ginge eine
kampf-Meisterschaften am 27. und 28. August in angestrebte Zunahme der
Lage gewann der Göttinger Jacob Minah, der erst Verbreitung nur über eine
seit zweieinhalb Jahren Leichtathletik betreibt, mit größere Mitgliederzahl.
neuer persönlicher Bestleistung von 7.652 Punk-
ten den Titel. Nun heißt sein Ziel Olympische Mir gehen bei diesen Zeilen
Spiele 2008 in Peking. noch andere Anregungen und
Dafür sollen im über- Gedanken durch den Kopf,
nächsten Jahr die 8.000 anderen mag es genauso
Punkte fallen. ergehen. Vielleicht ließe sich
aus einem "Gedankenforum"
Die außergewöhnliche ein wenig Nutzen für die
Entwicklung des 23- Arbeit der DOG ziehen.“
Jährigen hat die DOG
Südniedersachsen am Karl-Friedrich Haas, Nürnberg
17. September beim
Empfang von Minahs
Heimatvereins LG Die Redaktion behält sich vor,
Göttingen gewürdigt. Leserbriefe aus Platzgründen
Vorsitzender Gerhard zu kürzen.
Scharner und DOG-
Vizepräsidentin Petra
Reußner überreichten Auch in Zukunft wollen wir an
dem jungen Athleten dieser Stelle gern all das
ein Buch über die abdrucken, was unsere Leser
Olympischen Spiele 2004 in Athen. Und gemein- bewegt. Deshalb senden Sie
sam mit seinem Trainer Rolf Geese, der übrigens uns bitte Ihre Meinungen zu
auch DOG-Mitglied ist, drücken sie Jacob Minah allgemeinen Themen des
nun die Daumen, dass sein olympischer Traum Sports sowie Lob, Kritik und
wahr wird. Anregungen zum Olympischen
Feuer.
Nachrichten des DOI
Schafft Olympia Frieden?
Premiere des Internationalen
Olympia Forums Frankfurt
Von Sportlern lernen, heißt, verlieren lernen.
Auf diesen Punkt läßt sich, pointiert zuge-
spitzt, eine Einlassung Hans Küngs bei der
Premiere des Internationalen Olympia
Forums am 27. September in der Frankfurter
Paulskirche bringen. Der renommierte
Tübinger Theologe und Publizist war einer
der Protagonisten des prominent besetzten
Podiums, das sich unter der Federführung
des ZDF-Moderators Michael Steinbrecher
der Frage widmete: "Schafft Olympia
Frieden?" An der Suche nach einer Antwort
beteiligten sich auch die zweifache Olym-
piasiegerin im Weitsprung Heike Drechsler,
der Präsident des Bundesverbandes Deut-
scher Banken und Vorstandssprecher der
Commerzbank, Klaus-Peter Müller sowie die
Hauptperson des Abends, IOC-Präsident Dr.
Jacques Rogge.
Zuvor hatte Frankfurts Oberbürgermeisterin
Petra Roth die Veranstaltung als Hausherrin
eröffnet und dabei gen Genius des Ortes,
der Heimstatt des ersten demokratischen
Parlaments auf deutschem Boden beschwo-
ren, bevor Hessens, auch für den Sport
zuständiger Innenminister Volker Bouffier
der vom NOK für Deutschland und dem
Deutschen Olympischen Institut ins Leben
gerufenen Veranstaltung einen guten Start
und Verlauf wünschte. Für den Mitveran-
stalter, die "Wirtschaftsinitiative Frank-
furtRheinMain", ohne deren Engagement
sich die Idee, jedenfalls in diesem Rahmen
nicht hätte realisieren lassen, sprach deren
Vorsitzender, Fraport-Chef Dr. Wilhelm
Bender, um dann das Mirkophon Dr. Klaus
Steinbach zu überlassen, der im Namen von
NOK und DOI nicht nur den Sinn und Zweck
des Unterfangens erläuterte, sondern auch
den Ehrengast und wichtigsten Akteur der
Veranstaltung vorstellte.
Tatsächlich hätte kaum ein geeigneterer
und profilierterer Redner für ein Vortrags-
und Diskussionsforum gewonnen werden
können, bei dem einmal jährlich eine
exponierte Persönlichkeit aus Sport, Politik,
Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft zu
aktuellen und übergreifenden Fragen des
olympischen Sports Position beziehen und
befragt werden soll. Wenn sich Jacques
Rogge trotz einer Fülle von Terminen und
Verpflichtungen für die Premiere zur Verfü-
gung stellte und eigens von Lausanne aus
anreiste, dokumentiert schon dies, daß er
die Initiative der deutschen Olympia-Filiale
sehr wohl begrüßte. So erklärte er auch zu
Beginn seines Vortrags, wie wichtig - und
schwierig - es für das IOC sei, sich stets die
richtigen Fragen zu stellen beziehungsweise
stellen zu lassen, und wie ernst er von daher
die Äußerungen Außenstehender nehme.
Dass dies kein Lippenbekenntnis war, beleg-
ten seine weiteren, bemerkenswert differen-
zierten, zum Teil auch distanzierten sowie
im übrigen durchaus selbstkritischen Aus-
führungen, deren Glaubwürdigkeit nicht
zuletzt auch durch die verbindliche, ja
ehrliche Art der Präsentation untermauert
wurde. So verwies er in seiner umfassenden
und klar strukturierten Analyse der Situati-
on und Perspektive der Olympischen Bewe-
gung zu Beginn des 21. Jahrhunderts nicht
nur eine äußerst positive Bilanz, auf das
große Potential und die Chancen, sondern
auch auf die Probleme und Gefahren des
internationalen Spitzensports, denen auch
die von ihm geführte "Regierung" in abseh-
barer Zeit nur bedingt Herr werden könne.
Beispielhaft behandelte er die Manipulation
der menschlichen Leistung mit Hilfe uner-
laubter Mittel und Methoden, die er schon
als einen Verstoß gegen die Gleichheit der
Chancen als einer grundlegenden Idee des
sportlichen Wettkampfs geißelte. Schon von
daher, aber auch im Blick auf den Vorbild-
charakter der Betreffenden redete er einer
harten Linie - Stichwort "Null Toleranz" - im
Kampf gegen Doping das Wort, wobei er
auch den stets wachsenden und sich aus
79
verschiedenen Quellen speisenden Druck auf
die Athletinnen und Athleten als eine der
Ursachen des Übels ins Visier nahm. Zudem
mahnte er einen menschlichen Umgang mit
den Delinquenten an, die zwar gegen
Regeln verstoßen hätten, die aber, im
Gegensatz zu Drogenhändlern, keineswegs
als Verbrecher gebrandmarkt werden dürf-
ten. Auch dürfte es keinen Generalverdacht
gegenüber erfolgreichen Sportlerinnen und
Sportlern geben. Ein Plädoyer, dem sich
Heike Drechsler in der anschließenden
Diskussion explizit anschloß, während Hans
Küng darauf verwies, dass Doping außerhalb
des Sports wohl weit mehr verbreitet sei als
innerhalb.
Auch zur Frage der Kommerzialisierung
nahm Rogge eine differenzierte Haltung
ein: In Geld als solchem oder dem Bestre-
ben, Geld zu verdienen, könne er nichts
Unmoralisches oder Ehrenrühriges erken-
nen, sofern die Einnahmen nur entspre-
chend kanalisiert und die Mittel für die
richtigen Zwecke wieder ausgegeben
werden würden. Die Kommerzialisierung sei
die Voraussetzung für die Demokratisierung
sowie die Universalität des olympischen
Sports. Auf diesen Punkt zurückkommend,
bezeichnete Bankenpräsident Müller man-
che Millionengagen für die Stars der Zunft
als unangemessen und ärgerlich, um die
Nachfrage Michael Steinbrechers zu beja-
hen, dass dies auch für die Wirtschaft gelte.
Nachdenklich zeigte sich Rogge im Blick auf
die zentrale Thematik der Veranstaltung,
nämlich die Frage, ob und inwieweit die
Olympischen Spiele einen Beitrag zu einer
friedlichen und besseren Welt leisten könne.
Nicht wirkungslos sei möglicherweise etwa
die symbolträchtige Eröffnungsfeier als ein
Sinnbild für eine friedlich vereinte Weltge-
meinschaft, doch dürfe der Sport im allge-
meinen und die Olympische Bewegung im
besonderen auch nicht überfordert werden.
80
Diese Einschätzung machte sich auch Küng
zu eigen. Er empfahl dem Sport, sich auf
seine ureigenen Möglichkeiten zu beschrän-
ken. So könne im sportlichen Wettkampf
deutlich werden, dass Gegner auch Partner,
jedenfalls keine Feinde seien. Zudem führte
er aus, dass der Sport keine eigene kompli-
zierte Ethik benötige, sondern mit einem
Ethos auskäme, also einer konsensfähigen
Basis von Werten und Haltungen. Dazu
gehöre etwa, mit Anstand zu verlieren, -
eine Tugend, die bei deutschen Politikern
zur Zeit offenbar nicht gerade ausgeprägt
sei. Vor allem an dieser Stelle war ihm der
Beifall der etwa 900 Besucher der Paulskir-
che sicher.
Ob Olympia Frieden schafft, war damit
freilich nicht geklärt. Eine ultimative Ant-
wort war bei einem solch komplexen und
komplizierten Sachverhalt ohnehin nicht zu
erwarten gewesen. Auch das Internationale
Olympia Forum Frankfurt sollte nicht
überfordert werden. Wichtig und sinnvoll ist
es allerdings, auch in Zukunft die richtigen
Fragen zu stellen. In diesem Sinne war die
Premiere durchaus erfolgreich und motivie-
rend. So werden wir, so Gott will, auch im
kommenden Jahr in die Frankfurter Paulskir-
che einladen.
Wohl oder Übel?
Olympische Idee und
Kommerz
NOK-Präsident Dr. Klaus Steinbach hat
anlässlich der Prämierung der Sieger des
Akademischen Wettbewerbs des NOK für
Deutschland im Juni in Darmstadt in einem
Vortrag über "Olym-
pischen Sport und
Olympische Erzie-
hung" von zwei
Seiten einer Medail-
le und explizit von
"freundlichen
Schwestern" gespro-
chen. Führt man
sich die Antipoden
im Titel der hier in
Rede stehenden
Veranstaltung,
Olympische Idee
und Kommerz, vor
Augen, so könnte
man auf den ersten
Blick meinen, dass es sich um "feindliche
Brüder" handelt. In fast allen Einlassungen
nämlich, die den Problemen und Gefahren
des internationalen Spitzensports gewidmet
sind, findet sich das Stichwort "Kommerz"
und der meist klagende Hinweis auf einen
entsprechend fortschreitenden Prozess, den
wir üblicherweise mit dem Suffix "ierung"
versehen.
Der Frage der fortschreitenden Kommerzia-
lisierung hat auch IOC-Präsident Rogge
kürzlich bei seinem Auftritt im Rahmen des
Internationalen Olympia Forums in der
Frankfurter Paulskirche gestellt und dabei
bekannt, dass er Geld als solches oder Geld
zu verdienen nicht für unmoralisch oder
schädlich halte, sofern es nur mit Bedacht
kanalisiert und für die richtigen Zwecke
wieder ausgegeben werde. Wird aber die
Kommerzialisierung des Sports, insbesonde-
re seiner olympischen Spielart, die im
übrigen gerne als ein Ausdruck des Zeitgeis-
tes gekennzeichnet wird, als ein Übel
empfunden, wird als Argument oft die
Olympische Idee, also die Vision eines
reinen, unschuldigen und humanen Sports
ins Feld geführt und deren Unvereinbarkeit
postuliert. So sympathisch solche Plädoyers
anmuten mögen, so idealistisch oder gar
weltfremd erscheinen sie auch. Da mag
auch den eingefleischten Idealisten das
Gefühl beschleichen, dem Sachverhalt
distanzierter und differenzierter begegnen
zu müssen.
Genau dies war das Anliegen einer Veran-
staltung, die das Kuratorium Olympische
Akademie und Olympische Erziehung in
Verbindung mit dem DOI und dem Sportin-
stitut der Universität Mainz am 6./7. Okto-
ber im dortigen Berno-Wischmann-Haus
durchführte und bei der das Verwandt-
schaftsverhältnis von "Kommerzialisierung
und Olympischer Idee", - "feindliche Brüder"
oder "freundliche Schwestern" ? - zur
Debatte stehen sollte. Besonderen Reiz
erhielt das Vorhaben insofern, als es sich
nicht um eine Diskussion von Experten,
sondern um einen Dialog zwischen den
Vertretern der Theorie und praktizierenden
Pädagogen handeln sollte - zwei Personen-
gruppen, die sich im Laufe der Veranstal-
tung keineswegs als "feindliche Brüder",
teilweise jedoch als nur entfernte Verwand-
te begegneten. Im übrigen wollte das
Kuratorium einem von den Protagonisten
der Olympischen Erziehung, zuletzt etwa im
Rahmen der 7. Lehrerfortbildung des NOK
im griechischen Olympia vielfach vorgetra-
genen Bedarf nicht nur an konkreten
Anleitungen für ihr praktisches Handeln,
sondern auch an Argumentationshilfen
gegenüber den Kritikern der olympischen
Wirklichkeit Rechnung tragen.
Wenn sich dieses Anliegen Holger Preuss zu
eigen machte, so war es in die besten
Hände geraten. Schließlich ist der Mainzer
Juniorprofessor sowohl ein engagierter
Verfechter der olympischen Sache, als auch
einer der profiliertesten Experten auf dem
Gebiet der Sportökonomie. Auf seine Idee
geht die Verbindung von Symposium und
Workshop zurück, also der Begegnung von
Theorie und Praxis - ein Angebot, dem
immerhin mehr als sechzig interessierte
Lehrerinnen und Lehrer folgten.
Sie hörten die Vorträge der eingeladenen
Experten, um jeweils anschließend über die
Möglichkeiten einer Umsetzung in Unter-
richtsinhalte zu diskutieren. Nach einem
einführenden Referat des Mainzer Olympia-
experten Norbert Müller über "Coubertin
und den Kommerz" und dem Hinweis auf
einige bisher wenig bekannte Äußerungen
des Begründers des modernen Olympismus
über die Gefahren kommerziellen Denkens
und Handelns im Sport lieferte der Saarbü-
cker, ehemals Frankfurter Sportwissen-
schaftler Eike Emrich "eine grundlegende
Betrachtung" zum Thema, bei der er die
Kommerzialisierung als einen Tausch kenn-
zeichnete, den er insofern als illegitim
charakterisierte, als die der Olympischen
Idee innewohnenden Werte eigentlich nicht
veräußerbar seien. Gleichzeit plädierte er für
eine Auflösung des - ohnehin konstruierten
- Gegensatzes nach dem homöopathischen
Prinzip des "similia similibus curenter", nach
dem Gleiches mit
Gleichem zu heilen
ist.
Joachim Prinz vom
Lehrstuhl für Unter-
nehmensführung,
Wirtschaftsethik
und gesellschaftli-
chen Wandel der
Universität Witten-
Herdecke führte
unter anderem aus,
dass sich die stets
steigenden Kosten
für die Ausrichtung
Olympischer Spiele
inzwischen nicht
mehr refinanzieren lassen, während Holger
Preuss über die Gefahren sogenannter
Ambush-Werbung, also - Stichwort "Tritt-
brettfahrer" - die geschickte Nutzung
olympischer Assoziationen unter Umgehung
urherberrechtlicher Grundsätze referierte.
Eine besonders intensive Resonanz fanden
die Ausführungen von Christoph Bertling,
der in Vertretung des erkrankten Leiters des
Institut für Sportpublizistik der Deutschen
Sporthochschule Köln, Thomas Schierl, über
den "Kommerzialisierungsdruck durch
Medien" referierte. Dabei verdeutlichte die
Diskussion über diesen Aspekt der Thematik,
wie schwierig entsprechende Inhalte ange-
sichts knapper Zeitressourcen und immer
eingeschränkterer Möglichkeiten zur Fort-
und Weiterbildung im Unterricht umzuset-
zen seien.
Am Ende fokussierte sich das Interesse der
Teilnehmer auf diese Frage, während sich -
durchaus bestätigt durch den Verlauf einer
prominent besetzten Podiumsdiskussion -
als Fazit der Veranstaltung ein Bedarf an
weiterführender und zwar fachübergreifen-
der Arbeit am Thema herauskristallisierte.
Vor diesem Hintergrund mochte die Frage,
ob Kommerz und Idee nun als freundliche
Schwestern oder feindliche Brüder anzuse-
hen seien, getrost im Raume stehen bleiben.
Europäischer
Fair Play-Kongress 2007
Das NOK für Deutschland wird mit dem
Deutschen Olympischen Institut und der
Deutschen Sportjugend (dsj) den 13. Euro-
päischen Fair Play-Kongress ausrichten. Eine
entsprechende Offerte hat die European Fair
Play Movement (EFPM), am 21. September
im Rahmen ihrer diesjährigen Generalver-
sammlung in Vilnius (Litauen) angenommen.
Die Initiative für die deutsche Bewerbung
war von EFPM-Vizepräsident Manfred
Lämmer ausgegangen, der als Mitglied des
Direktoriums auch die Möglichkeiten und
Erfahrungen des DOI eingebracht hatte.
So wird das DOI insbesondere für die inhalt-
liche Konzeption und die Organisation der
Veranstaltung zuständig sein, während die
Generalverantwortung beim NOK liegen
wird. Die dsj wird die Regie für den parallel
stattfindenden Jugendkongress übernehmen.
Der Europäische Fair Play-Kongress stellt
eine Hauptaktivität der 1994 - nicht zuletzt
auf deutsche Initiative - gegründeten EFPM
dar. Die mit der Organisation der Europäi-
schen Olympischen Komitees (EOC) verbun-
dene Einrichtung zählt inzwischen vierzig
nationale Fair Play-Initiativen zu ihren
Mitgliedern.
81
Die Kongresse der EFPM finden seit 1994
jährlich an wechselnden Orten statt. Die
Vergabe erfolgt durch das Exekutivkomitee
auf der Grundlage entsprechender Bewer-
bungen. Der Teilnehmerkreis rekrutiert sich
üblicherweise aus den Delegierten der
EFPM-Mitgliedsorganisationen, Wissen-
schaftlern und Experten sowie Multiplikato-
ren der Werteerziehung im und durch Sport.
Angesichts des hierzulande traditionell
besonders engagierten Bemühens um eine
wirkungsvolle Propagierung der Idee der
Fairness, also eines humanen Miteinanders in
Sport und Gesellschaft, war es längst über-
fällig, die im europäischen Raum tätigen
Protagonisten der Kampagne auch einmal
nach Deutschland einzuladen. Damit würde
man im übrigen auch einer, kürzlich im
Rahmen des Internationalen Olympia Fo-
rums in der Frankfurter Paulskirche von IOC-
Präsident Rogge erhobenen Forderung
entsprechen und den Blick wieder stärker
auf die ethische Dimension des olympischen
Sports richten.
Der Kongress wird im Herbst 2007 stattfin-
den. Über den Veranstaltungsort muss noch
entschieden werden.
"Spiele":
DOI literarisch
Wenn der Titel eines Buches nichts anderes
als "Spiele" offeriert, mögen die Assoziatio-
nen des potentiellen
Lesers vielfältig sein.
Sofern es sich nicht
um minderwertige
Trivialliteratur handelt,
wird man von einer
beziehungsreichen
Anspielung ausgehen,
zumindest eine
gewisse Doppeldeu-
tigkeit erwarten
dürfen.
So sind die "Spiele",
die Ulrike Draesner
zum Leitmotiv ihres
kürzlich bei Luchter-
hand erschienenen
Romans erhoben hat,
durchaus unterschied-
licher Natur. Es sind
die Spiele, die das
82
Leben so spielt und schon von daher etwa
auch Spiele der Liebe, aber nicht zuletzt
sind es auch die Olympischen Spiele, und
zwar die von 1972 in München.
Das große zunächst heitere Fest, das Willi
Daume so gerne als Gesamtkunstwerk
verstanden und zu gestalten versucht hat,
bildet die Folie und mehr noch den Angel-
punkt einer individuellen, im übrigen frei
erfundenen Lebens- und Liebesgeschichte,
wobei auf virtuose und literarisch an-
spruchsvolle Weise die Verknüpfungen der
je persönlichen und allgemeinen, also
gleichsam der subjektiven und vermeintlich
objektiven Geschichte thematisiert werden.
Was das Buch nicht nur für den Freund
guter Literatur so lesenswert macht, ist die
überzeugende Rekonstruktion der histori-
schen Wirklichkeit, soweit dies jenseits der
bis heute praktizierten Zurückhaltung der
zuständigen Behörden überhaupt möglich
ist. Wie diffizil sich die Recherche gestaltete,
erfährt der Leser - dies macht einen weite-
ren Reiz des Buches aus - insofern hautnah
mit, als die Autorin ihre Arbeit durch das
Handeln ihrer Protagonistin, einer Fotojour-
nalistin, die sich aus persönlichen Gründen
auf die Suche begibt, nachvollziehbar
macht.
Wenn sich das Interesse von Ulrike Draesner
alias Katja Berewski, beide erlebten die
Spiele vor Ort als zwölf- bzw. zehnjährige
Mädchen, insbesondere auf das Attentat auf
die israelische Mannschaft sowie das fatale
Ende des Versuchs, die Geiseln zu befreien,
richtet, verstehen
sich die Schwierig-
keiten der Recher-
che wie von selbst.
Noch immer näm-
lich sind viele Akten
unter Verschluss
und manche Zeit-
zeugen nicht zur
Auskunft bereit.
So muss sich die
Autorin überall dort,
wo sich der histori-
sche Faden im
Dunkeln verliert, vor
allem in der dunklen
Nacht von Fürsten-
feldbruck der
erhellenden Funkti-
on der Fiktion
anvertrauen, ein
Kunststück, dass ihr mit Bravour gelingt.
Genau so, wie es die Romanfiguren erleben,
könnte es gewesen sein.
Damit kommt Ulrike Draesners Versuch
durchaus einer historischen Studie nahe
und schon von daher erscheint es dem DOI
als ein lohnendes Unterfangen, das Buch
und seine Autorin vorzustellen.
Gedacht ist an eine Lesung sowie eine
anschließende Gesprächsrunde mit Zeitzeu-
gen. Dafür vorgesehen sind der Ehrenpräsi-
dent des NOK für Deutschland, Prof. Wal-
ther Tröger, seinerzeit als Bürgermeister des
Olympischen Dorfes unmittelbar in die
Geschehnisse eingebunden, der langjährige
Leiter der FAZ-Sportredaktion, Steffen
Haffner sowie Sylvia Schenk, die sich als
Athletin vor die Frage gestellt sah, ob nach
einem solch dramatischen Vorfall die
Olympischen Spiele überhaupt weitergehen
können, sollen und dürfen.
Als Termin für die Veranstaltung ist der 6.
Dezember vorgesehen. Interessenten seien
jedoch auf eine Bestätigung auf der Home-
page des DOI verwiesen.
DOI online
Am neuen Standort präsentiert sich das DOI
auch mit einem neuen Internetauftritt.
Werden wir fortan noch umfassender und
aktueller über unsere Aktivitäten informie-
ren, so wollen wir auf diese Weise auch die
Serviceleistung des Instituts erhöhen.
So wird der Nutzer etwa verstärkt Zugriff
auf weiterführende Hinweise und Texte zu
aktuellen und übergreifenden Fragen mit
olympischem Bezug sowie, qua Link, eine
Verbindung zu anderen relevanten Einrich-
tungen und Organisationen erhalten.
Die an neuesten Erkenntnissen moderner
Kommunikationstechnik ausgerichtete
Umgestaltung der Homepage wurde von
Philipp Papadopoulos im Rahmen eines
Diplomarbeitsprojekts im Studiengang
Sportwissenschaft und Informatik vorge-
nommen. Für seine engagierte und kompe-
tente Arbeit sei ihm an dieser Stelle herzlich
gedankt.
Fühlen Sie sich also eingeladen und über-
zeugen Sie sich selbst: www.doi.de. Herzlich
willkommen!
Deutsches Sport & Olympia Museum
Herausgeber: Stiftung Deutsches Sport & Olympia Museum
Rheinauhafen 1, 50678 Köln, Tel.: +49 (0)221 3 36 09-0
Verantwortlich für den Inhalt: Klaus H. Schopen
Internet: www.sportmuseum-koeln.de
Global Players
Wenn im Sommer 2006 die "Welt zu
Gast bei Freunden" sein wird, sucht das
Deutsche Sport & Olympia Museum mit
der Ausstellung "Global Players" nach
"Freunden zu Gast in der Welt" und
wagt damit eine Paradigmenwechsel. In
der letzten Ausgabe der DSOM-Mittei- Das Signet der Ausstellung
lungen wurde die Ausstellung bereits
Jahrgang 25 - Heft 5/2005
inhaltlich vorgestellt. Diesmal möchten
wir den Blick auf die Gestaltung richten.
Überall auf der Welt hat der deutsche
Fußball seine positiven Spuren hinterlas-
sen. Die vielen herausragenden Reprä-
sentanten des deutschen Fußballs haben
dabei viel bewegt und erlebt. Deren
Geschichten mit ihren Trophäen, Souve-
nirs und Erinnerungsstücken werden zur
Ausstellung "Global Players" nach
83

Eine Kiste kommt aus New York
Deutschland "re-importiert" und zwar in
überdimensionalen Fracht-Kisten, die darauf
warten, "ausgepackt" zu werden und die
Erlebnisse des Absenders zu erzählen. Jede
dieser Fracht-Kisten birgt ihr eigenes Ge-
heimnis und fordert die Neugierde der
Betrachter geradezu heraus. Darüber hinaus
erhält die Ausstellung ein Signet, mit dem
die Global Players-Kisten von außen ge-
kennzeichnet sind. Dieses Ausstellungssignet
- einem Stempel oder Brandzeichen auf
echten Übersee-Kisten ähnlich - bezeichnet
auch das Thema der in der jeweiligen Kiste
dargestellten Inszenierung, weist also auf
den präsentierten Spieler oder Trainer bzw.
das entsprechende Land hin.
Der Besucher reist mit dem deutschen
Fußball einmal um die Welt. Dabei wird er
von unterschiedlichen Persönlichkeiten und
verschiedenen Atmosphären der Länder und
Kontinente vereinnahmt und findet sich,
durch die vielfältigen Medienstationen
unterstützt, mitten im Geschehen wieder.
Kunst- und Kulturprogramm
der Bundesregierung
Mit einem großen Kunst- und Kulturpro-
gramm will Gastgeber Deutschland auf die
Fußball-Weltmeisterschaft 2006 einstim-
men. Nach Aussage des Präsidenten des
WM-Organisationskomitees, Franz Becken-
bauer, hat es ein solch umfangreiches
Programm noch bei keiner Weltmeister-
schaft gegeben. Insgesamt 48 Projekte hat
das Bundesinnenministerium ausgewählt.
84
Glanzparade
Malerei von Rudi Kargus
Das Deutsche Sport & Olympia Museum
zeigt unter dem Titel "Glanzparade" noch bis
zum 12. Februar 2006 Werke von Rudi
Kargus, die expressionistisch Szenen aus
dem Fußball darstellen.
Als Fußballer war Torwart-Legende Sepp
Maier sein großes Vorbild, mit 52 Jahren
orientiert sich Rudi Kargus an van Gogh
und Cezanne. Der dreimalige Nationalspie-
ler, der in 408 Spielen das Tor in der Bun-
desliga hütete, ist heute Maler und lebt als
Künstler eine "neue Leidenschaft".
An der Kunsthochschule Blankenese erlernte
Eines dieser Projekte ist die Ausstellung der einstige "Elfmeter-Töter" expressive
"Global Players", die vom 4. März bis 5. Juni Malerei und wagte einen neuen Weg, der
2005 im Deutschen Sport & Olympia Muse- ihn weit vom Fußball wegführte. "Ich bin
um gezeigt wird. heilfroh, daß ich zur heutigen Zeit nicht
mehr auf dem Platz stehe und das miterle-
Am 1. September 2005 stellte der künstleri- be. Alles ist sehr viel aggressiver geworden,
sche Leiter André Heller im Bundespresse- die Berichterstattung und auch das Verhal-
amt in Berlin das einzigartige Programm in ten der Fans", sagte der gebürtige Wormser.
seiner Gesamtheit der Öffentlichkeit vor. In seiner neuen Ausstellung "Glanzparade",
Das Programm deckt nahezu alle Bereiche präsentiert der Maler erstmals rund 25
der Kultur ab: Kunst, Theater, Tanz, Musik, Gemälde die Szenarien und Situationen aus
Film, Literatur. Heller legte bei seinen und um den Fußball festhalten. Als ehemali-
Ausführungen einen Schwer-
punkt auf die Darstellung der
großen Ausstellungsprojekte.
Neben der Ausstellung im DSOM
sind dies unter anderem die
Ausstellung "Faszination Fuß-
ball", die im Museum für Völker-
kunde in Hamburg gezeigt wird
und "Rundlederwelten", eine
internationale Gruppenausstel-
lung, welche im Martin-Gropi-
us-Bau in Berlin installiert wird.
"Global Players" fällt im Reigen
der Ausstellungen eine besonde-
re Aufgabe zu, da sie die Bedeu-
tung des deutschen Fußballs als
"Botschafter" für unser Land
und unsere Kultur über alle
Grenzen und Systeme hinweg
hervorhebt und erstmals die
ganze Vielfalt fußballerischen
Wirkens deutscher Spieler,
Trainer und Funktionäre im
Ausland darstellt.
„Eckfahne“ von Rudi Kargus
 Ein sehr schönes Stück ist der bronzene
Aryballos (Salbölgefäß) aus dem 1. Jh. n.
Chr. Salbölgefäße gehörten zur Grundaus-
stattung antiker Athleten, die vor Training
und Wettkampf
ihre Körper mit
Öl einrieben.
Nach dem
Wettkampf
entfernte der
Athlet das
nunmehr mit
Schweiß und
Staub vermeng-
te Öl mittels
eines Schab-
eisens, der
Strigilis. Das ausgestellte Salbölgefäß aus
Bedrängnis Bronze leisteten sich vornehmlich erfolgrei-
che Athleten und trugen es als eine Art
Statussymbol bei sich.
ger Profi-Fußballer hatte Kargus sich lange
dagegen verschlossen, das Thema Fußball in Das Prachtstück ist eine rotfigurige Oino-
sein künstlerisches Werk einzubinden. Wie choe (Weinkrug) aus dem 5. Jh. v. Chr., auf
gut die Entscheidung gewesen ist, es doch der drei nackte
zu tun, beweisen die in der Ausstellung junge Männer zu
gezeigten, ausdrucksstarken Werke. sehen sind. Die
Strigilis in ihrer
Schirmherr der Ausstellung ist das WM- Hand kennzeich-
Büro der Stadt Köln. net sie als
Athleten. Zwei
der Jugendlichen
Antike Originale unterhalten sich
entspannt, ein
Dritter betritt
Seit Anfang September sind in einer Vitrine von links, zwei Salbölgefäße in der Hand
im Foyer des Deutschen Sport & Olympia haltend, die Szene.
Museums antike Objekte mit Sportbezug zu
bewundern. Bisher stellte das Museum als Die dritte Leihgabe ist ein römisches Öl-
einziges antikes Original eine Münze mit lämpchen aus dem 1. Jh. n. Chr. mit der
der Darstellung eines Wagenlenkers mit Darstellung eines angreifenden Faustkämp-
Viergespann aus dem 5. Jh. v. Chr. aus. fers. In Rom wurden neben Gladiatoren-
spielen u.a.
Nun erklärte sich der Kölner Kunsthändler auch
Gordian Weber, der sich auf antike Kunst- Wett-
werke des Mittelmeerraumes spezialisiert kämpfe
hat, bereit, dem Museum Pretiosen mit nach
Sportbezug als Leihgaben zu Ausstellungs- grie-
zwecken zu überlassen. Die Vitrine dient chischem
jedoch gleichzeitig als Schaufenster für das Vorbild
Angebot des Kunsthändlers. durchge-
führt, von
Das Deutsche Sport & Olympia Museum
würde sich natürlich auch freuen, wenn
denen das Boxen sicherlich zu den belieb-
testen Disziplinen gehörte. Es verwundert
Interessenten das ein oder andere dieser daher nicht, dass Boxer oder Boxkampfdar-
Objekte erwerben und dem Museum als stellungen ein beliebtes Motiv in der
Leihgabe überlassen würde. Weitere Infor- bildenden Kunst waren.
mationen sind bei der Museumsverwaltung
erhältlich.
Peking 2008
Bis zur Eröffnungsfeier am 8. August 2008
ist es noch lange hin, aber die ersten
Ausstellungsstücke zu den XXIX. Olympi-
schen Sommerspielen in Peking haben
schon den Weg ins Deutsche Sport &
Olympia Museum gefunden. Der Kölner
Oberbürgermeister Fritz Schramma übergab
Ein aus
Jade
gefertigter
Stempel
mit dem
offiziellen
Logo der
Olympi-
schen
Spiele
2008 in
Peking
anlässlich des 9. ISHPES (Internationale
Vereinigung der Sport-Historiker) Kongres-
ses an der Deutschen Sporthochschule Köln
einen aus Jade gefertigten Stempel mit
dem offiziellen Logo der Olympischen
Spiele 2008 in Peking an Museumsdirektor
Dr. Christian Wacker. Schramma stellt
diesen Stempel, den er vom Organisations-
komitee der Spiele in Peking geschenkt
bekommen hat, dem Museum als Dauer-
leihgabe zur Verfügung, damit er einer
breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht
wird.
Im Foyer des DSOM steht nun eine Vitrine,
in die neben diesem Objekt und dem bereits
vorhandenen offiziellen Plakat, nach und
nach weitere Objekte aus Peking, wie
Maskottchen, Fackel, Münzen und offizielle
Kleidung präsentiert werden.
"Klub 2006 - Die FIFA
WM im Verein" - Eine po-
sitive Zwischenbilanz
Anlässlich der Aktion "Klub 2006 - Die FIFA
WM im Verein" fand am 1. September im
Deutschen Sport & Olympia Museum eine
85
Pressekonferenz statt, auf der eine erste
Zwischenbilanz gezogen wurde.
"Klub 2006" ist eine Kooperation des WM
2006 Organisationskomitees (OK) und der
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklä-
rung (BZgA). Ein Ziel dieser Kampagne ist,
die Vorfreude auf die WM im nächsten Jahr
zu wecken; im Mittelpunkt jedoch steht die
Suchtprävention. Die Kinder sollen sehen,
dass Drogen keine Probleme lösen und
lernen, von sich aus "Nein" zu Tabak,
Alkohol und illegalen Drogen zu sagen.
Durch verschiedene Aktionen, wie zum
Beispiel die Durchführung von so genann-
ten WM-Tagen unter dem Motto "Kinder
stark machen", soll sowohl das Selbstver-
trauen und Selbstwertgefühl von Kindern
und Jugendlichen gestärkt als auch ihre
Konflikt- und Kommunikationsfähigkeit
geschult werden.
An der Aktion teilnehmen können alle
Vereine des DFB. In vier verschiedenen
Bereichen können die Vereine Punkte
sammeln und so der maximalen Punktzahl
"2006" näher kommen. Besondere Gewinne
runden die Kampagne ab. So ist der Haupt-
preis ein Spiel gegen die deutsche Fußball-
Nationalmannschaft im Mai 2006. Auch
Vereine, die sich jetzt erst anmelden, haben
noch eine Chance, Preise zu gewinnen.
Bei der von WDR-Moderator Manni Breuck-
mann geleiteten Pressekonferenz zeigten
sich sowohl OK-Vizepräsident Wolfgang
Niersbach als auch die Direktorin der
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklä-
rung, Dr. Elisabeth Pott mit der bisherigen
Dr. Harald Schmidt, Dr. Elisabeth Pott, Dr. Martin Schoser, Wolfgang Niersbach, Manni
Breuckmann und Michael Skibbe (v.l.n.r.) zogen im DSOM eine positive Zwischenbilanz der
Aktion "Klub 2006 - Die FIFA-WM im Verein"
86
Resonanz und Durchführung der Kampagne
sehr zufrieden. Bisher haben bereits über
3.700 Fußballvereine an dem Wettbewerb
teilgenommen. Ebenfalls angetan zeigte
sich der Schirmherr der Aktion, DFB-
Jugendkoordinator Michael Skibbe. Für
Skibbe decken sich die Ziele von "Kinder
stark machen" und moderner Jugendarbeit,
da ein enger Zusammenhang zwischen
erfolgreichem Fußballspielen und Werten
wie Selbstvertrauen und Teamgeist bestehe.
Vervollständigt wurde die Runde vom WM-
Beauftragten des SC Borussia Lindenthal-
Hohenlind, Dr. Martin Schoser, der erklärte,
wie die Aktion in seinem Verein erfolgreich
umgesetzt worden ist.
Eine besondere Rolle im Rahmen dieses
Projektes nimmt auch der erfolgreiche
ehemalige 400-m-Hürdenläufer Dr. Harald
Schmid ein. Schmid, der unter anderem
zweimal Bronze bei Olympischen Spielen
gewann und fünfmal Europameister wurde,
schult seit 1995 in eintägigen Seminaren
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in
Sportvereinen, die speziell mit Kindern und
Jugendlichen arbeiten. In den Seminaren
versucht er unter anderem zu vermitteln,
welch wichtige Rolle die Trainer und
Betreuer bei der Entwicklung von Selbstver-
trauen, Selbstbewusstsein, Kommunikati-
ons- und Konfliktfähigkeit bei Kindern und
Jugendlichen haben. Im Rahmen der
Pressekonferenz wies Schmid noch einmal
auf die wichtige Vorbildfunktion der Ver-
einsmitarbeiter hin, die oft wichtige An-
sprechpartner bei Problemen seien. Weitere
Informationen gibt es unter
www.klub2006.de.
Von der Kraft
der Bewegung
Nina Trentmann rezensiert die Ausstellung
"In action -Terrakotten von Maria Berbe-
rich":
Strahlende Gesichter, muskulöse Körper,
fließende Bewegungen. Erst auf den zwei-
ten Blick erkennt der Betrachter der Terra-
kotta-Figuren, die in der Galerie des Deut-
schen Sport & Olympia Museums bis zum
16. Oktober 2005 ausgestellt waren, die
hintergründige Kritik: Da entpuppt sich ein
gehobener Fuß als Tritt zwischen die Beine
des Konkurrenten. Den Männern, die an
einer Eisenstange Klimmzüge machen, sieht
man auf einmal den Schmerz im Gesicht
an, und die Konkurrenz, die immer im
Nacken sitzt. Eine Frau, die ihren Mann um
die Hüften fasst, wird zur Stütze, die ihren
"so erfolgreichen Mann" mühevoll Schritt
für Schritt vorwärts schiebt.
Die Berliner Künstlerin Maria Berberich hat
ihre Ausstellung "In action" zwar dem
Thema Bewegung gewidmet, doch neben
der Kraft der Bewegung vermittelt sie vor
allem Ironie über das manchmal so abson-
derliche Verhalten des Menschen. "Ich zeige
die Befindlichkeiten unserer heutigen
Gesellschaft", sagt die 55-Jährige, "ich halte
den Menschen einen kritischen Spiegel vor."
Und so entpuppt sich eine Gruppe tanzen-
der Männer, bezeichnenderweise "Deutsch-
land einig Vaterland" genannt, als eine
Parodie auf ein Deutschland, das nicht
zusammengehört und sich doch der Illusion
der Gemeinschaft hingibt. Nackt sind Maria
Berberichs Figuren, mit kahlen Schädeln.
Ein altes Ehepaar, schon ganz runzelig, sitzt
selbstvergnügt auf einer Bank, eine Karika-
tur auf den heutigen Jugendwahn. Maria
Berberich meint dazu: "Alt sind nur die
anderen. Die beiden Alten pfeifen darauf."
Auch eine "Installation der Spaßgesell-
schaft" hat sie geschaffen. Die Figürchen
darin laufen in einen sich verengenden
Gang. Verdreht sind ihre Körper, der Kopf
ist nach hinten gedreht, der Bauch läuft in
Richtung Gang. "Das ist die Orientierungs-
losigkeit der heutigen Zeit", sagt Berberich.
So viel prasselt von außen auf die Figür-
chen ein, so dass sie nicht mehr wissen,
wohin sie laufen und wohin sie schauen.