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Herz 2004;29:401–5
DOI 10.1007/s00059-004-2580-6
1
Klinik für Innere Medizin/Kardiologie, Universität Leipzig –
Herzzentrum, Leipzig.
kologischen Ansatzes nicht nur in der möglichen Eins- im Bereich der arbeitenden Muskulatur. Das Ausmaß
parung von Medikamentenkosten und der Vermei- der Widerstandssenkung ist allerdings wesentlich vom
dung von Nebenwirkungen, sondern auch in der Belastungsverhalten abhängig. Je größer der Kraftein-
Prävention von Hypertonusspätfolgen und der günsti- satz, desto größer die Muskelspannung und somit der
gen Beeinflussung weiterer kardiovaskulärer Risiko- Druck auf die intramuskulären Gefäße. Somit bedin-
faktoren. Eine wesentliche Säule der nichtpharmako- gen dynamische, vorwiegend isotonische Belastungs-
logischen Therapie stellt die Lebensstilmodifikation formen wesentlich geringere Druckanstiege als stati-
mit einem regelmäßigen körperlichen Ausdauertrai- sche, vorwiegend isometrische muskuläre Belastungen.
ning dar. Beim isometrischen Krafttraining werden z.B. Blut-
druckanstiege bis weit über 300 mmHg systolisch beob-
Historie achtet [18]. Daraus ergibt sich auch die Empfehlung,
Bis 1983 fand körperliches Training in den Empfehlun- dass insbesondere Ausdauersportarten zur Therapie
gen der WHO/ISH als nichtpharmakologische Strategie der arteriellen Hypertonie eingesetzt werden sollten.
für die Behandlung der arteriellen Hypertonie keine Weniger geeignet sind Sportarten mit vorwiegend iso-
Berücksichtigung [8] – ein Resultat der bis dahin unzu- metrischen Belastungen bzw. Sportarten mit hohen ma-
reichenden Datenlage. Im Zuge der folgenden Jahre hat ximalen Intensitäten (Tabelle 1). Allerdings zeigten
sich mit der Publikation sorgfältig durchgeführter kon- neuere Interventionsstudien mit isometrischen Sportar-
trollierter Studien zur blutdrucksenkenden Wirkung ten, dass auch hierdurch eine dauerhafte Blutdrucksen-
von Ausdauertraining die körperliche Aktivität als kung erreicht werden kann [26]. Das Ausmaß der Blut-
grundlegendes therapeutisches Prinzip der Hypertonie- drucksenkung wird in einer Metaanalyse auf –3 mmHg
behandlung und der Vermeidung von Folgeerkrankun- systolisch und –3 mmHg diastolisch beziffert. In diese
gen etabliert [14, 15, 22]. Die nichtpharmakologische Metaanalyse wurden aber insgesamt nur 20% Hyperto-
Behandlung wird heute vor allem für die Mehrzahl der niker einbezogen [16]. Aus diesem Grund kann die
Patienten mit leichter bis moderater arterieller Hyper- Empfehlung der Vermeidung isometrischer Sportfor-
tonie entsprechend dem WHO-Grad 1 und 2 (systoli- men nicht mehr generell aufrechterhalten werden. In
scher Blutdruck 140–180 mmHg, diastolischer Blut- Anbetracht der derzeitigen unzureichenden Datenlage
druck 90–110 mmHg) empfohlen [35]. für isometrische Sportformen sollte aber prinzipiell den
Ausdauersportarten, mit einer überzeugenden Evidenz
Einflüsse von Sport auf den Blutdruck für die Blutdrucksenkung, der Vorzug gegeben werden.
Der Mechanismus, der dem blutdrucksenkenden Effekt
von körperlichem Training zugrunde liegt, ist multifak- Ausmaß der Blutdrucksenkung durch Ausdauer-
toriell [1, 2, 6]. Der blutdrucksenkende Effekt von Aus- training
dauertraining ist unabhängig von einer Gewichtsreduk- Ein Problem der aktuellen Literatur besteht in der Hete-
tion und der Körperfettmasse, die häufig auch durch rogenität der verschiedenen Interventionsstudien. In ei-
Training positiv beeinflusst werden [10]. Allgemein ak- nige Studien wurden ausschließlich männliche bzw. weib-
zeptiert ist, dass Ausdauertraining den Blutdruck senkt liche Patienten eingeschlossen, andere wiederum umfas-
durch sten gemischte Patientenpopulationen. Des Weiteren
1. direkte hämodynamische Wirkungen mit Senkung bestand eine sehr unterschiedliche Intensität der Trai-
der Herzfrequenz und des peripheren Gefäßwider- ningsprogramme mit Dauer der Programme von weni-
standes für eine definierte Leistung, gen Wochen bis zu mehreren Monaten, einer Trainings-
2. Gewichtsreduktion, frequenz von ein bis sieben Einheiten pro Woche und ei-
3. Steigerung des Parasympathikotonus, ner unterschiedlichen Trainingsintensität zwischen 40%
4. Abnahme einer erhöhten Gefäßreagibilität, und 80% der maximalen Sauerstoffaufnahme. In ver-
5. positiven Einfluss auf Barorezeptoraktivität. schiedenen Metaanalysen wurde der blutdrucksenkende
Effekt von Ausdauertraining unterschiedlich angegeben
Empfohlene Sportarten für den Hypertoniker [9, 10, 33]. In einer Metaanalyse mit Einschluss von ran-
Ein Kernmerkmal muskulärer Aktivität ist die nach- domisierten wie auch nicht randomisierten Studien
haltige Senkung des peripheren Gefäßwiderstandes konnte ein senkender Effekt auf den systolischen Blut-
durch eine Dilatation der arteriellen Gefäßstrombahn druck bei 76% der Patienten beobachtet werden. Das
Ausmaß der Drucksenkung betrug 10,6 mmHg [10]. Die Gewichtsreduktion, einer speziellen Diät, der Redukti-
Effekte auf den diastolischen Blutdruck waren ähnlich on der täglichen Kochsalzzufuhr und der Nikotinkarenz
mit einer Responderrate von 81% der Patienten und ei- dar [3, 4, 19, 31]. Das Ausmaß der Blutdrucksenkung
ner mittleren Drucksenkung von 8,2 mmHg. In einer ak- durch unterschiedliche Formen der Lebensstilmodifi-
tuellen Metaanalyse, die ausschließlich randomisierte, kation zeigt Abbildung 1 [9, 10, 27, 31–34, 36].
kontrollierte Studien einbezog, wird der blutdrucksen-
kende Effekt von körperlichem Training bei den insge- Antihypertensive Einflüsse von Training abhängig
samt mehr als 2 400 Patienten mit –3,84 mmHg systolisch von Alter und Geschlecht
(Konfidenzintervall [CI] –4,97 bis –2,72 mmHg) und Basierend auf den Daten der Metaanalysen ist der blut-
–2,58 mmHg diastolisch (CI –3,35 bis –1,81 mmHg) ge- drucksenkende Effekt von körperlichem Ausdauertrai-
ringer angegeben [34]. ning unabhängig vom Patientenalter und Geschlecht [1,
In der nichtpharmakologischen Therapie der arteri- 10, 34]. Im höheren Alter scheint allerdings die Blut-
ellen Hypertonie stellt das Ausdauertraining eine der drucksenkung etwas geringer ausgeprägt zu sein [12].
wichtigsten Säulen in der Lebensstilmodifikation neben
Therapieempfehlungen zu körperlichem Training
Empfehlungen zum Ausmaß körperlicher Aktivität in
der antihypertensiven Therapie mit einem mindestens
30-minütigen moderaten Training an den meisten Tagen
der Woche gründen sich derzeit eher auf Konsensus-
bzw. Expertenempfehlungen als auf Ergebnisse kon-
trollierter Studien [25, 30]. Diese Empfehlungen bein-
halten die drei wichtigsten Determinanten, die das Aus-
maß von körperlichem Training beeinflussen: 1. Inten-
sität, 2. Dauer, 3. Häufigkeit.
Für die Intensität ist die generelle Empfehlung, bei
40–60% der maximalen Sauerstoffaufnahme zu trainie-
ren, akzeptiert. Die meisten Interventionsstudien wur-
den in diesem Intensitätsbereich durchgeführt [34]. Der
Vergleich unterschiedlicher Studien gab Hinweise, dass
Abbildung 1. Mittlere Senkung des systolischen Blutdrucks für unter-
durch höhere Intensität der Blutdruck nicht mehr wei-
schiedliche Formen der Lebensstilmodifikation. Vertikale Linien zei- ter gesenkt werden kann bzw. dies evtl. sogar blutdruck-
gen die mittlere Senkung des systolischen Blutdrucks, horizontale Li- steigernd wirkt [10, 34]. Aus Gründen der Praktikabi-
nien die Spannweite der Blutdrucksenkung an.
lität kann das Monitoring des Trainings besser durch die
Figure 1. Mean reduction of systolic blood pressure for different
Herzfrequenz erfolgen. Daher wird auch die Empfeh-
lifestyle modifications. Vertical bars indicate the mean reduction in
systolic blood pressure, horizontal bars the range of blood pressure re- lung eines Trainings bei einer Herzfrequenz von 180 mi-
duction. nus Lebensalter angeraten. Hierbei ist aber der Effekt
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Korrespondenzanschrift
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