Kunitzsch Paul. Eine bilingue arabisch-lateinische Lostafel. In: Revue d'histoire des textes, bulletin n°6 (1976), 1978. pp. 267-
304;
doi : https://doi.org/10.3406/rht.1978.1151
https://www.persee.fr/doc/rht_0373-6075_1978_num_6_1976_1151
Abstract
The document which is edited and analysed here, belongs to the complex of mediaeval western texts
translated from the Arabic. In this complex, however, it occupies a special rank in so far as it
comprises, besides the Latin translation, also the Arabic text itself, in Latin transliteration. It is a table
arranged according to the twelve zodiacal signs (but incomplete : the last two sighs, Aquarius and
Pisces, are missing), giving ten entries under each sign. The ten entries are, in turn, arranged
according to the 'seven planets' and other astronomical- astrological features. So, altogether there are
a hundred entries, each entry naming an activity belonging to the social life in saracen Spain (and /or
North Africa). No purpose is indicated for the table in the manuscripts. The astrological dates are
merely used as 'coordinates' to arrange the one hundred entries, but apparently no astrological system
is really displayed in the table. The editor supposes that the table belongs to the class of sortes (books
of fortune, « Losbücher »), or even that it was sort of a game. The table, consisting of a single page,
has been found only in two manuscripts : Paris, B. N., lat. 14754, fol. 244 v°, and Hannover,
Niedersächsische Landesbibliothek, IV 354, fol. 54 r°, both dated in the 12th century. The translation
therefore may go back to the 11th century, that is to a period earlier than the classical translations' in
Spain, of the 12th century. There is no reference to the origin of the text, and no names are mentioned
neither for the author nor for the translator. The edition is based on ms H (= Hannover), adding the
most important variants from Ρ (= Paris). An attempt has been made to read the Arabic phrases, and
91 per cent of the Arabic material was safely identified.
EINE BILINGUE ARABISCH-LATEINISCHE LOSTAFEL
6. Eine Vorstellung von der Anordnung und Gestalt der Tafel môge die hier beige-
fiigte Originalfotografie der betreflenden Seite aus der Hannoverschen Handschrift ver-
mitteln. Wenn auch infolge der Wasserscháden nicht an alien Stellen vollstandig und klar
lesbar, liefert sie doch immerhin einen recht guten Gesamteindruck von dem Text.
7. Im Arabischen, soweit identifiziert, nur bei folgenden Phrasen : Nr. 1, 10, 13, 18,
25, 35, 36, 42, 43, 63, 66 und 96 ; in den lateinischen Übersetzungsformeln etwas ôfter,
cf. Nr. 11, 37 und 53, wo der im Arabischen vorhandene Infinitiv ganz weggefallen ist,
und Nr. 17, 89/91, 90 und 94, wo er durch ein gewohnliches Substantiv ersetzt ist.
P. KUNITZSCH PL III
Hannover, Niedersàchsische Landesbibliothek, IV 394, f. 54 r°.
EINE BILINGUE ARABISCH-LATEINISGHE LOSTAFEL 271
8. Cf. z.B. die Darstellungen und Ubersichten bei F. Boll, Sphaera, Leipzig, 1903 ;
A. Haubeb, Planetenkinderbilder und Sternbilder, Strassburg, 1916 ; W. Gundel, Dekane
und Dekansternbilder, Glückstadt und Hamburg, 1936, mit Belegen aus der einschlâgigen
Literatur der Antike, des Orients, des Mittelalters und der Renaissance.
272 PAUL KUNITZSCH
Essen : Nr. 3, 9, 11, 13, 19, 22, 26, 32, 38, 41, 43 (?), 48, 50, 53, 56, 64, 71, 83,
90, 94.
Trinken : Nr. 7, 24, 52, 58, 68.
Riechen : Nr. 89, 91.
Geselligkeit : Nr. 2, 7, 24, 29, 30, 51, 52, 59, 63, 70.
Jagd, Sport, Spiel, Kurzweil : Nr. 2, 4, 14, 18, 20, 29, 30, 31, 49, 51, 55, 59, 63,
66, 69, 77.
Musik : Nr. 8, 17, 27, 33, 45, 63 (?), 67, 72, 85, 88, 93.
Kaufen : Nr. 5, 12, 18 (?), 23, 25, 43 (?), 46, 61, 81, 87, 95, 97.
Kleidung : Nr. 36, 42, 62, 87, 99.
Früchte u.a. : Nr. 11, 13, 26, 48, 50, 64, 83, 97 (?).
Tiere : Nr. 3, 9, 18, 22, 23, 25, 31, 41, 43, 49, 55, 69, 71, 77, 95.
Bauen : Nr. 21, 44, 74, 75.
Medizijiisches : Nr. 28, 47 (?), 60, 80, 81.
Kriegswesen : Nr. 15, 42 (?), 57, 92, 96 (?), 98.
Damit ist unsere Tafel aber nicht nur ein Rarissimum, was den In-
halt angeht, sondern offenbar auch besonders wertvoll als Dokument aus
der Frühzeit der europâischen Übernahme arabischen Materials.
Ich wende mich nun der Erôrterung des Textes selbst zu.
Die Tafel enthâlt, wie erwàhnt, 10 X 10 = 100 Phrasen. Da im Durch-
schnitt jede Phrase aus zwei Grundelementen (Verbform -f~ Objekt)
besteht, ergeben sich also rein schematisch 200 tragende Wôrter im
arabischen Teil, die es zu identifizieren gilt. In Wirklichkeit sind es weniger :
3 Phrasen bestehen nur aus einem Element ; von 6 Phrasen fehlt die
arabische Textzeile. Soroit verbleiben fiir die Identifizierung 200-15 =
185 Elemente. Hiervon ist es môglich, 169 (das sind rd. 91 %) zu
identifizieren ; 16 (= rd. 9 %) lassen sich nicht erkennen. Die folgenden Darstel-
lungen beziehen sich also im allgemeinen auf die 169 « geklarten Falle ».
Die Aufzeichnung der arabischen Phrasen erfolgte offenbar nach
dem Gehôr, vor allem was die Vokalisierung angeht. Die beachtliche
Einheitlichkeit bei der Wiedergabe der Konsonanten lâsst aber die An-
nahme zu, dass das arabische Schriftbild dabei ebenfalls berücksichtigt
wurde.
Aus dem mit Sicherheit identifizierten Material lâsst sich folgendes
phonetische Notierungssystem ableiten13 :
Arabisch : Lateinische Transkription :
à immer e (entsprechend der imala, « Neigung » der Aussprache
des â zu α, ë), mit folgenden Ausnahmen : Nr. 6, 19, 21, 41,
53, 63, 66, 72, 77, 78, 80, 92, 96 und 99; hier steht das â in
der Umgebung der Laryngale c, h oder g, bei r oder w, oder
im Wortauslaut.
aw o : 13, 20, 36 ;
eu im Namen von Gemini,
au bei Sagittarius,
auu bei Taurus ; cf. ferner noch 63.
ay ai : 49, 69 77 ;
erwahnte alteste tibersetzte Sterntafel von « Typ III » (gemâss meinem dort zitierten Buch) :
Darin erscheint ganz rechts die Kolumne der Namen (was in der Anordnung von Stern-
tafeln grundsatzlich die ers te Kolumne zu sein pflegt und auch hier im Arabischen so
war, im Lateinischen aber umgekehrt wirkt, da im Lateinischen die ausserste rechte
Kolumne für den uneingeweihten Léser eben die letzte ist), links daneben die Spalte fur An-
gabe der Tierkreiszeichen (« casae »), und dann erst die beiden Zahlenkolumnen. Aile an-
deren bekannten Sternverzeichnisse, die erst spater übersetzt wurden, wurden auch for-
mal « europaisiert », d.h. auf die Schreibrichtung von links nach rechts transponiert, so
dass in ihnen die Namenkolumne jetzt als erste, ganz links erscheint, dann rechts daneben
die Spalte der Tierkreiszeichen, und danach rechts weiter die Zahlenkolumnen.
13. Es ist zu beobachten, dass in der Nomenklatur der beiden Titelzeilen gewisse Ab-
weichungen von dem Transkriptionssystem innerhalb der Tafel selbst vorkommen, vor
allem : in diesen Namen ist arab. g = lat. ι (und bei dem Wort burg sogar stándig c), dagegen
innerhalb der Tafel meist g. Vielleicht wurden diese Namen in einer « standardisierten
Schreibung » wiedergegeben, die sich ausserhalb der Überlieferungsgeschichte der vor-
liegenden Tafel gebildet und bereits eingebiirgert hatte.
EINE BILINGUE ARABISCH-LATEINISCHE LOSTAFEL 275
ei : 97.
t th : 36 ; auch im Namen Taurus ;
t : 13, 50.
g g : 5, 22, 31, 39, 40, 45, 59, 62, 71, 74, 100;
s : 20 ;
in den Namen von Gemini und Gapricornus ausnahmsweise ¿,
wie in den jüngeren « klassischen » Ubersetzungen iiblich ;
cf. auch 9 [t, vermutlich fiir i) ;
in dem Wort burc = arab. burg « Tierkreiszeichen » iiberall c.
% A : 3, 4, 7, 13, 16, 24, 29, 48, 60, 82, 94 ;
im Namen des Mars : ch.
d d : 6 (?), 26, 58.
ζ ζ : 2, 13, 39, 41, 74, 100; auch im Namen der Venus;
tz (hybride Weiterbildung) : 38.
s ζ : 10, 13, 18, 34, 42, 60, 70, 72, 76, 78, 95, 97, 99; auch im
Namen der Sonne ;
tz (hybride Weiterbildung) : 2, 62, 89, 98.
s sc:b, 7, 12, 23, 36, 46, 50, 58, 61, 68, 81, 87, 89, 91 ; auch im
Namen der Sonne ;
s : 48, 52 ; auch im Namen des Jupiter.
s ζ : 20, 28, 30, 49, 66, 69, 75, 77, 90, 97.
d d : 8, 14, 27, 33, 57, 60, 67, 93.
ζ d : 6 (?), 15, 18.
g : 4, 15, 20, 23, 47, 52, 54, 56, 59, 60, 63, 64, 66, 70, 72, 96 ;
im Namen von Scorpius : h, wie in den jüngeren
Ubersetzungen üblich.
g g : 34, 95.
q c : 69, 75, 78, 80 ;
k : 6, 12, 30, 32, 42, 56, 64, 74, 99 ; auch in den Namen von
Mond und Saturn ;
bei Scorpius ausnahmsweise g.
w uu : 14, 19, 24, 36, 38, 39, 52, 57, 63, 74, 91 ;
ç : 100 ;
im Auslaut : o, 25.
u und ü bei beiden wechselnd zwischen u und o.
y i: 12, 21, 36, 37, 42, 44, 53, 57, 75 ;
mit i oder I zusammenge fallen : 5, 30, 45, 59, 63.
Arabische Konsonantenverdoppelung (tasdïd) bleibt in der latei-
nischen Wiedergabe immer unausgedrückt (einzige Ausnah-
men : Muhabbaza, 13, und — vermutlich — Assigre = Si-
rius, as-si'ra).
14. Man vergleiche etwa die Namen der Nummern 4, 6, 7, 8, 11, 12, 14, 15, 25, 26,
27, 30 usw., die vollig fehlerlos erhalten sind.
276 PAUL KUNITZSCH
15. Das ζ hat in beiden Handschriften gleichartig mehrere verschiedene Formen, die
haufigste darunter besitzt einen Schaft von derselben Hone wie beim h, und links oben
sowie rechts unten befindet sich daran je ein Haken. Wenn nun der Haken links oben
wegfallt, so dass nur der Schaft mit dem Haken rechts unten übrig ist, hat man sogleich
ein h vor sich.
16. Bei den Namen von Sonne, Virgo, Libra und Sagittarius sowie bei Nr. 2 (2mal),
13, 34, 38, 39, 41, 54, 60, 62, 66, 69, 70, 72, 75, 76, 77, 78, 89 (2mal), 92, 95 und 98.
17. Dazu kommt noch Nr. 10, wo statt ζ ein η (in ms Paris weiter verschrieben zu m)
steht, das offenbar aus einem h verdorben wurde. Dieser Fall, η für h, ist auch bei Nr. 87
zu beobachten.
18. Wie bereits erwáhnt, zeigt diesen Schreibfehler auch die Berner Handschrift mit
den alten Astrolabtraktaten (cf. o. S. 267, Anm. 1 und S. 273, Anm. 11). Bei dieser Schrift-
art kann in der Tat ein Lang-s ( f) leicht einmal einem r sehr ahnlich ausfallen, wenn der
Schaft zu kurz gérât.
19. Die letzteren beiden Verwechselungen natürlich infolge der grossen Ahnlichkeit
zwischen Lang-s ( f) und f. Der Gebrauch von Lang- und Rund-s ist iibrigens nicht
einheitlich : zuweilen hat ms Paris Rund-s, wo ms Hannover Lang-s benutzt, und
umgekehrt.
EINE BILINGUE ARABISGH-LATEINISCHE LOSTAFEL 277
20. Bei der Edition der Tabelle habe ich in den arabischen Ausdrücken diese Kiirzel
iiberall beibehalten, so wie sie in der Handschrift erscheinen, urn ein moglichst getreues
Abbild des Textzustandes zu geben. Cf. Nr. 5, 7, 16, 17, 22, 23, 25, 29, 40, 42, 45, 46, 47,
53, 54, 64,66, 74, 76, 81, 87, 91, 93 und 95. Bei Nr. 34 und 75 ist der Strich über dem ¿ bzw. m
ausnahmsweise einmal gerechtfertigt, wáhrend in Nr. 42 (kale..., leg. kalê... = kalen...)
und 45 (tabor, leg. tdbor = tanbor) ein an sich erforderlicher Nasalierungsstrich fehlt. Die
Zeichensetzung in ms Paris ist hiermit nahezu identisch und unterstreicht die typologische
Einheitlichkeit der TJberlieferung.
278 PAUL KUNITZSCH
21. Fünf der sieben hier genannten Instrumentennamen (Nr. 8, duff; 27, büq; 45,
tunbür ; 67, kabar ; 72, rabâb) sind auch unter den 31 Instrumenten vertreten, die in einer
maghrebinischen Schrift über musikalisch-islamische Problème von as-Salâhï (1301) auf-
gezàhlt und besprochen werden ; cf. H. G. Farmer, Studies in Oriental Musical
Instruments, 2nd series, Glasgow, 1939, S. 19-35, speziell S. 28 ff. Gar nicht erklârbar bleibt bisher
Nr. 33 : arkela, wâhrend Nr. 93 : karamel von R. Lemay als der spanische Instrumenten-
name caramello, « Schalmei », erkannt wurde.
EINE BILINGUE ARABISCH-LATEINISCHE LOSTAFEL 279
sere Tabelle künftigen Untersuchungen und Sammlungen als authen-
tische Material quelle dienen. Im grossen und ganzen muss man dem
Ubersetzer eine beachtliche Wendigkeit und eine recht weitgehende Kennt-
nis des Lateinischen zusprechen, da er vor keinem der im Text gestellten
Problème kapituliert und da er auch abgelegene, kaum noch im aktuellen
Gebrauch befindliche Worter anzuwenden weiss. Über die Arabischkennt-
nisse des Ubersetzers brauchen wir keine grôsseren Spekulationen an-
zustellen, da er gewiss nicht allein gearbeitet hat, sondern — wie auch
spater noch die beriihmten Ubersetzer bei den « klassischen » Uberset-
zungen — einen, oder mehrere, arabische Gehilfen zur Seite hatte, die
ihm alie Schwierigkeiten und Besonderheiten des arabischen Textes hin-
reichend erklàren konnten. Umso auffalliger muss es erscheinen, dass
er viermal bei der Wiedergabe bestimmter arabischer Verben unsicher
wird und nicht klar zwischen transitiver und intransitiver Bedeutung
zu unterscheiden vermag (cf. Nr. 2, 39, 80 und 100).
Im iibrigen ist auch der lateinische Wortlaut in der Uberlieferung
nicht frei geblieben von zahlreichen Fehlern und Verderbnissen. In un-
seren beiden Handschriften (H = Hannover und Ρ = Paris) ist eine
ganze Reihe von Phrasen mehr oder weniger entstellt. Solche Schreib-
fehler siehe z.B. in Nr. 23 (H muliñ, für míluü ; Ρ mulü), 28 (HP fleo bo-
tomare, in zwei Teile zerfallen), 32 (HP confeïta statt confecta), 56 (H lac-
cuagulatum, besser Ρ lac coagulatum), 71 (HP pedices statt perdices) und
84 (H Liros, Ρ Libros). Vgl. auch H, 15 : inicium (statt inimicum) ; P,
16 : in obsconso (statt in absconso), 24 : Bibibere (statt Bibere) und 50 :
Manducarare (statt Manducare). Grôssere Entstellungen konnten in
Nr. 90 und 94 eingetreten sein, kleinere vielleicht auch in Nr. 16 und 65
(s.u. den Kommentar). Mehrmals werden die Numeri verwechselt, ver-
mutlich infolge Übersehens oder falscher Setzung der Kürzel, Plural
statt Singular : Nr. 17 (cantilenas, im Arabischen Sing.), 21 (domos, dgl.),
22 (gallinas, dgl.), 36 (Vestimenta, dgl.), sowie umgekehrt Singular statt
Plural : Nr. 41 (turdum, im Arabischen Plural), 49 (anote, vermutlich
gedacht ais anoté, ace. sg. ; erforderlich jedoch ace. pi., wie auch im
Arabischen vorhanden) und 77 (leporë, erforderlich lepores, wie auch im
Arabischen vorhanden). Aus denselben Gründen gibt es auch haufige Fehler
in den Gasus : Nr. 5 (Comparationè, wahrscheinlich in Analogie zu all
den anderen Objektsakkusativen comparationë zu lesen, als ace), 13 (pa-
nem, ace. statt abl.), 20 (lacü, ace. statt abl.), 37 (amabile, sic falls das
vorangehende Wort çisum gelautet hatte ; falls jedoch çultum, ware
amabile zu lesen), 46 (inberbç, passt als Attribut nicht zusammen mit ho-
minem ; Ρ hat inberba1). In Nr. 91 haben die Handschriften hinter odo-
rem rose noch die Buchstaben g' lu (H) bzw. se lu (Ρ), deren Sinn unkler
bleibt.
280 PAUL KUNITZSCH
* * *
Es folgt nun die Edition der Tafel, und zwar, um den Originalan-
blick zu bewahren, auf einem Faltblatt, das nach links auszufalten ist.
Diese Edition gibt den Wortlaut der Hannoverschen Handschrift wieder.
Aile grôsseren Varianten der Pariser Handschrift, vor allem bei den ara-
bischen Wortern, werden unten im Kommentarteil aufgeführt.
Bei der Edition wurde folgendermassen verfahren : Im lateinischen
Text wurden die vorkommenden Kürzel sinngemâss aufgelost, ohne beson-
dere Kennzeichnung im Druck. In Fallen, wo sie falsch oder überflüssig
sind, habe ich sie jedoch ausdrücklich beibehalten. Alie lateinischen Wôr-
ter erscheinen in der Orthographie der Handschrift. Bei den arabischen
Formeln werden die Kürzel voll wiedergegeben. Dabei entspricht Apostroph
(') dem Kürzel, das in lateinischen Wortern stàndig für er steht ; der waage-
rechte Strich deutet bei lateinischen Wortern bekanntlich die Nasalierung,
also ein η oder m an. Die beiden Zeichen für s (Rund-s [s] und Lang-s
[f]) werden stets so gesetzt, wie sie auch in der Handschrift erscheinen.
Der Text im ganzen erscheint kursiv ; diejenigen Elemente, die nicht
identifiziert werden konnten, werden in Normalschrift gesetzt. Einige
zusammenhângende arabische Wôrter und Phrasen sind vom Schreiber,
wenn sie für den zur Verfügung stehenden Zeilenraum zu lang waren,
getrennt und ober- bzw. unterhalb der betrefíenden Zeile zu Ende geschrie-
ben worden ; derartige Trennungsstellen markiere ich in der Edition durch
einen senkrechten Strich | innerhalb der betreffenden Wôrter und
Phrasen. Die beigesetzte Numerierung von 1 bis 100 stammt vom Heraus-
geber.
Der Edition ist ein durchgehender Kommentar beigegeben, der die
arabischen Formeln erklárt und weitere Hinweise zu einzelnen Wortern
gibt.
Am Ende folgen zwei Wôrterverzeichnisse, ein arabisches (in wel-
chem jedem Wort auch sein lateinisches Aquivalent beigegeben ist) und
ein lateinisches (das zu jedem Wort auch das arabische Original wieder-
holt).
* *
Kommentar
zur Textedition der bilinguen Tafel
A. Die Titel der 10 senkrechten Kolumnen, oben, von rechts nach links
fortschreitend (Aries- Capricornus) :
I. Burucaha\mel (P Burucalha\mel) — ar. burg al-hamal « Tierkreis-
zeichen des Widders », Aries.
IT. Buricaihauur = ar. burg at-tawr « Tierkreiszeichen des Stiers »,
Taurus.
III. Burcalieuze = ar. burg al-gawza1 « Tierkreiszeichen der Zwillinge »,
Gemini.
IV. Burcaceratâ = ar. burg as-saratdn « Tierkreiszeichen des Krebses »,
Cancer.
V. Burcalezeth — ar. burg al-asad « Tierkreiszeichen des Lowen »,
Leo.
VI. Burcahübala [leg. Burcazunbula] — ar. burg as-sunbula «
zeichen der Jungfrau [wôrtl. der Àhre, Spica] », Virgo.
VII. Burcalimhen [leg. Burcalmizeri] = ar. burg al-mïzân «
zeichen der Waage », Libra.
VIII. Burcalaha\ gragh — ar. burg al-'aqrab « Tierkreiszeichen des Skor-
pions », Scorpius.
IX. Burucalcauh [leg. Burcalcauz] = ar. burg al-qaws «
chen des Schützen [wortl. des Bogens] », Sagittarius.
X. Brucali edi [leg. Burcaliedi] = ar. burg al-gady « Tierkreiszeichen
des Steinbocks », Gapricornus.
In Ρ ist die ganz oben stehende Zeile mit den lateinischen Tierkreisnamen
infolge der Wôlbung der Seite am Innenrand auf dem Mikrofilm nahezu un-
sichtbar geblieben. Nur die Namen Leo, Virgo und Libra sind in Umrissen ganz
schwach zu erkennen.
282 PAUL KUNITZSCH
Β. Die Titel der 10 waagerechten Zeilenpaare, rechts aussen, von oben nach
unten fortschreitend :
I. Aícemhi [leg. Ascemz(i)] = ar. as-sams « Sonne », Sol.
II. AVkamar [leg. Alkamaf] = ar. al-qamar « Mond », Luna.
III. AWeder [leg. Albeder] = ar. al-badr « Vollmond », Luna plena.
IV. Alketib = ar. al-kâtib « der Schreiber », Nebenform der Benennung
des Planeten Merkur, der normalerweise 'utdrid heisst1.
V. Azohra = ar. az-zuhara « Venus ».
VI. Almareth [leg. Almarech] = ar. al-mirrïh « Mars ».
VII. Alm9teria (P Alm9terin) [leg. Almusteri] — ar. al-mustarl «
ter ».
VIII. Almukatil = ar. al-muqâtil « der Kámpfer », Nebenform der
nung des Planeten Saturn, der normalerweise zuhal heisst (cf.
oben IV, Merkur).
IX. Alkaio [leg. Alkaid] = ar. al-kayd, Bezeichnung eines pseudoplane-
tarischen, kometenartigen, unsichtbaren Himmelsphanomens,
das auf altindische Traditionen (ketu) zurückgeht und das
von arabisch-islamischen Astrologen bei der Horoskopstellung
und in kosmologischen Darstellungen gelegentlich berücksich-
tigt wird2.
X. Assi Gre. Gre steht in derjenigen Zeile, die hier sonst üblicher-
weise die arabische Form enthalt, Assi dariiber in derjenigen
Zeile, die die lateinische Ubersetzung dazu bringt. In ge-
trennter Form scheinen die beiden Worter keinen Sinn zu er-
geben. Vereinigt man die beiden Teile zu éinem Wort, Assigre,
und wendet man darauf die Lautgleichungen an, die im Inne-
ren der Tabelle (sonst jedoch nicht in den beiden Titelko-
lumnen !) gelten, so liesse sich die Gleichung aufstellen :
Assigre = ar. as-si'râ « Sirius ». Grundsatzlich steht dieser Auf-
losung nichts entgegen, da die Reihe der zehn senkrechten
Zeilentitel neben den sieben « klassischen Planeten » und al-
kayd, als echten astrologischen Komponenten, auch den «
Vollmond » enthált, der im astrologischen System an sich keinen
Platz hat. Es ist also denkbar, dass der Urheber der Tabelle,
um die Zahl zehn vollzumachen, in diese Spalte kurzerhand
den Namen des Sirius, des hellsten sichtbaren Fixsterns, ein-
gesetzt hat. (Gewôhnliche Fixsternnamen erscheinen neben
15. Zu dem Sprossvokal in darb1 büq, cf. oben Nr. 8 mit Anm. 4.
16. Das einzige belegbare arabische Wort, das als Vorbild der lateinischen
Transkription -bibat (bzw. *kibat) in Frage kommt, scheint qiba (Plur. qibdt) zu sein. Es bezeichnet
den « Labmagen » der Wiederkâuer und wird in der arabischen Literatur von Schafen
und Ziegen erwahnt. qiba gehôrt zu einer alten zweikonsonantigen semitischen Wurzel
(cf. Th. Nôldeke, Neue Beitràge zur semitischen Sprachwissenschaft, Strassburg, 1910,
S. 155. Fiir die Mitteilung dieser Stelle danke ich Herrn Prof. A. Spitaler, München) ; die
arabischen Lexikographen haben daher Schwierigkeiten in der lexikographischen Erfassung
des Wortes und teilen es bald der Wurzel w-q-b, bald der Wurzel q-b-b zu (cf. Lisân al-
'arab und die anderen arab. Wôrterbucher ; neben qiba wird daher auch die Form qibba,
plur. qibbât benutzt). Innereien werden in der arabischen Welt viel gegessen und sehr
geschatzt ; vgl. zum Beispiel den ragaz- Vers in Lisân al-'arab, s. r. n-f-h (s. v. infaha) ;
die As'ab-Anekdote im Kitab al-agání, vol. 17, S. 86,19 (= ed. Kairo, Dar at-Ta'lïf wa-n-
Na§r, vol. 19, S. 142,2), übersetzt bei F. Rosenthal, Humour in Early Islam, Leiden,
1956, S. 50, Nr. 28 (« the tripe ») ; oder eine Anekdote um Mu'âwiya bei al-Gâhiz, Kitâb
al-buhalâ\ ed. van Vloten, Leiden, 1900, S. 163,4, übersetzt bei Ch. Pellat, Le livre
des avares de Gâhi?, Paris, 1951, S. 217 (« le grand ventricule »). Die Angaben iiber qiba,
qibba in den modernen Wôrterbiichern scheinen letztlich alie auf diese Stellen zurückzu-
gehen. Im Hinblick auf die lateinische Paraphrase pulmentum lacté confeÇta ist es übrigens
intéressant zu erwahnen, dass in der As'ab-Anekdote das Zicklein (gady), von dessen
Magen {qiba) dort die Rede ist, in saurer Milch (madïra) gekocht wird.
EINE BILINGUE ARABISCH-LATEINISCHE LOSTAFEL 287
zung cybus de tribus rebus factus deckt sich nicht mit dem trans-
kribierten arabischen Ausdruck; aber vielleicht war die Gans einer
der drei Bestandteile dieses Gerichtes. Im Lateinischen hat Ρ cum
statt des de von H.
39. Tehuuig [leg. Tezuuig] = ar. tazwïg « verheiraten » (transitiv :
eine Frau mit jemandem). Die lateinische Übersetzung nubere
würde eher der arabischen intransitiven Form tazawwug entspre-
chen, welche aber durch die Transkription schwerlich wiederge-
geben ist. Ahnliche Diskrepanzen bei transitiven und intransitiven
Verben ergeben sich mehrmals zwischen Text· und Übersetzung ;
cf. noch Nr. 2, 80 und 100.
40. H Gih'é'd (der zweite Apostroph ist so dicht iiber die Rundung
des d gesetzt, dass man auf den ersten Buck eher ein t mit folgen-
dem I liest), Ρ GiKed (hier am Ende vollig eindeutig d) = ar. gihâd
« Bemühung, Streben », und als spezifisch islamischer Terminus
« das Führen des Heiligen Krieges » (cf. Voc. 82 : gihdd-pugna).
Die lateinische Übersetzung meditatio wird beiden Begriffen nicht
vôllig gerecht.
41. Ehezarahi\ (P Ehezariabi[\ in beiden Handschriften iiber dem
zweiten Buchstaben, h, ein korrigierendes k) [leg. Ekelzarazir] =
ar. akl zarâzïr « das Essen von Drosseln18 ».
42. kale zuetuuë\ci (Ρ kale zuetuue f| ci). Der erste Teil des Ausdrucks
ist zu lesen kalenzuet, der zweite scheint, wie Ρ deutlich macht,
dasselbe Wort uue[ci zu enthalten, das bereits in Nr. 36 vorkam ;
somit ergibt sich die Lesung kalenzuet uueici = ar. qalansuwat
wasy « eine Miitze, Kopfbedeckung aus gestreiftem, gemustertem
Seidenstofî ». Zu hobuliuü (ace. ; Ρ hobuli\ uïr oder hobuli\ iür) vgl.
Du Gange : hobellarii, hoberarii, hobillers (engl.), « leichtbewaffnete
Soldaten ». Vielleicht sollte es sich um eine militàrische
Kopfbedeckung handeln. Aufïâllig bleibt, dass hier eine andere
Übersetzung gewâhlt wurde als in Nr. 36.
43. Erkennbar nur der erste Bestandteil : hamem — ar. hamâm « Tau-
ben » (coll.), dazu lat. Columba. Das arab. Original des zweiten
Teils liess sich trotz der lat. Übersetzungshilfe nicht erschliessen.
44. Bunleufin [leg. Bunienfun(dec)] = ar. bunydn funduq19 « das Bauen
eines Gasthauses, Absteige quartiers ».
18. Die Gleichung turdus = arab. zurzür, pl. zarâzïr bzw. zurzur, zaràzir, etc., auch
in Gloss. 521 und Voc. 618. Auch Huici Miranda iibersetzt zarâzïr als « zorzales » (Drosseln ;
aus dem arab. Singular zurzal, neben zurzur, cf. Voc. 618), haufig in La cocina hispano-
magrebi (cf. o. S. 283, Anm. 5). Im klassischen Arabisch war zurzür eigentlich « Star » (cf.
Lane ; so auch noch heute, siehe Wehr).
19. Klass.-arab. funduq (Fremdwort aus dem Griechischen) ; span. -arab. Dialekt fun-
daq, cf. Voc. 156 und 590 s. v. fundaq bzw. stabulum sowie Steiger, S. 114 (mit Nachtrag
auf S. 388) und 216. Friihe westliche Formen mit auslautendem -e bzw. -a (mit Weglassung
des Gutturals ar. -q = lat. -c, also : fonde, fonda usw.) werden haufig zitiert ; cf. Du Gange,
s. v. Funda [1] ; J. Corominas, Diccionario crítico etimológico de la lengua castellana, I-
EINE BILINGUE ARABISCH-LATEINISCHK LOSTAFEL 289
23. Cf. Gloss. 445 : riuus fluuius — arab. sâqiya und wâdl ; Voc. 562 : rivus = arab.
a>âd, wâdl, etc.
EINE BILINGUE ARABISCH-LATEINISCHE LOSTAFEL 291
24. Voc. 130 und 298 hat aber nur saf, nicht safa'.
25. Cf. Voc. 145 : arab. 'aqïd = lat. Coagulare, lac ; ferner 296 : Coagulare = arab.
na'qad, etc. ; 448 : lac = arab. u.a. 'aqïd.
26. Cf. Dozy II 818 b wadaf, auch wadàfa « fronde » (Schleuder) ; dazu ib. I 560 b-
561 a : ramya « l'action de débander une machine à lancer des pierres ».
27. Zu dïbâg, cf. Voc. 546 f., s. v. Purpura, cendal : arab. = dïbâg ; libâs als Inf., neben
libs, auch in Voc. 625. Zu dem lat. Stichwort palleum gibt Gloss. 362 : arab. ridâ\ und
dgl. Voc. 558 s. v. Pallium : rida, ihrâm, etc. Zu beachten ist besonders, dass Gloss. 78
colouium cocleum mît arab. dïbâg wiedergibt und darunter in einer weiteren Zeile colouium
[mit Isidor, Etym. 19,32 zu lesen colobium] erklârt als : uestimentum sine manicis...
292 PAUL KUNITZSCH
30. Zur Identification des Vogelnamens cf. Viré (wie oben S. 285, Anm. 12), S. [106]
mit Anm. 1 : qatâm « faucon hobereau, Falco subbuteo » (= Baumfalke).
31. Zu der lat. Ubersetzung palacium für arab. maglis cf. dieselbe Gleichsetzung in
Voc. 507 ; s. dazu ferner noch Dozy, I 208 a.
32. Cf. Voc. 161 : arab. qasaba = lat. Arundo, castrum ; ferner ib. 284.
33. D. h. aecelae (Plur.), Nebenform zu aedicula, -ae f, Gf, Gloss. 151 : edicula domus
módica.
294 PAUL KUNITZSCH
34. Solvere — arab. itlâq (IV. Form) auch in Voc. 584 ; mahabuz = arab. mahabûs,
anscheinend mit dialektisch hôrbarem Sprossvokal.
35. Wenn man mi'ar fur eine verderbte Form aus nuar ansahe, welches seinerseits aus
nura entstanden sein mag, so ware dies = arab. nüra « eine Paste aus Kalk, Arsenik und
anderen Bestandteilen, mit der man sich einreibt, um auf diese Weise Kôrperhaare zu
entfernen, also ein Enthaarungsnu'ttel », cf. Dozy II 735 b und die anderen Wôrterbii-
cher.
EINE BILINGUE ARABISCH-LATEINISCHE LOSTAFEL 295
36. Zu arab. tyuff, Plural ahfâf, in dieser Bedeutung cf. Gloss. 349 und 473 ; Voc. 568.
37. Cf. Dozy I 702 a-b ; Voc. 458 hat auch noch die Schreibung sussân(a).
38. Hier transkribiert nach der dialektischen Aussprache hisan, wie auch in Voc. 92
und 284 vorhanden ; so ebenfalls Aie bei Steigeb, S. 1681,
296 PAUL KUNITZSCH
nationen mit « Essen », leg. Ekeleriha, vermutlich = ar. akl arha
« das Essen eines Kalbes39 ». Allerdings ware es hier ebenfalls, wie
schon oben bei Nr. 90, môglich, dass die in den Handschriften
gebotene lat. Formulierung eine Korruption der ursprünglichen
richtigen Ubersetzung des darunter stehenden arab. Ausdrucks
ist (in uitç çternç liesse sich ein Uberrest von vitella, çîtula [cf. Voc.
in der Anmerkung unten] vermuten).
95. keheV ganam (P keheVgana) [leg. kezebganam] = ar. kasb ganam
« das Erwerben von Herdenvieh, Schafen ». Die Transkription
kezeb scheint wieder einen dialektischen Sprossvokal (kasab für
klass.-arab. kasb) anzudeuten.
96. Von der arab. Formel ist, in Analogie zu Nr. 63, nur der erste Bestand-
teil Gamel als das arab. Partiz. Akt. 'âmil « einer, der... tut, macht »
zu identifizieren. Der Rest sowie das Verhaltnis der lat. Uberset-
zung zu dem gesamten arab. Ausdruck bleibt unbestimmt. Statt
des Martiü von H hat Ρ : Maritü, aber auch das hilft nicht wei-
ter.
97. Hazbzedeid (P Kazbzedeid) [leg. Kazbzebeid] = ar. kasb subbayd
« das Erwerben von subbaydm ».
98. Rukubthor [leg. Rukubtzor] = ar. ruküb sûr « das Besteigen einer
(Stadt-) Mauer ».
99. hebezkaba (P hihezkaba) [leg. Lebezkaba] = ar. libs oder libâs qabà"1
« das Anziehen eines langármeligen Obergewandes 41 ».
100. Vgudkenz — ar. wugüd kanz « das Finden (auch, : das Vorhanden-
sein) eines Schatzes42 ».
P. KUNITZSCH.
München.
39. Zu arab. arha s. Voc. 11 (s. v. Vitella) und 633 (lat. Àquivalent : Vitula) sowie
Dozy I 17 b : lahm al-arha « ... de la génisse » (Fârse).
40. Dieses arab. Wort findet sich nur in Voc. 632, als Aquivalent zu lat. Viscus (so
wiederholt bei Dozy I 814 b). Als Synonym ist dazu angegeben arab. 'ilk; es scheint sich
also urn eine Substanz oder Masse zum Kauen zu handeln. (In Gloss. 538 dagegen ist uis-
cus Schreibfehler für fiscus, arab. Aquivalent : al-wi'á' « Gefâss »; dgl. ib. 197.)
41. Die vereinfachte, dialektische Aussprache ist qabâ, cf. Voc. 277, s. v. Camisia.
Eine Beziehung dieses arabischen qabd' (plur. aqbiya) zu dem romanischen Wort capa
dürfte, entgegen der Annahme von Prof. Lemay (in seinem Aufsatz von 1966 [cf. o. S. 268,
Anm. 2], S. 1001, Forts, von Anm. 7) nicht bestehen. qabd' kommt bereits in der alteren,
[ost-] arabischen Literatur vor (Kitdb al-a'gánl, cf. Pérès [wie oben in Nr. 51], S. 390 mit
Anm. 6) und wird in den arabischen Worterbüchern (Lisán al-'arab, etc.) verzeichnet,
was bei einem spanisch-mozarabischen Wort kaum der Fall ware. Vgl. dagegen capa =
ar. qappa [q-pp-h], bei Steiger S. 105, nach Ale, sowie Dozy, Supplément II 297 a.
42. Der Ubersetzer hat wugüd im Sinne von « finden » (transitiv) genommen. Im
Vocabulista wird der auch heutzutage gelauflge Unterschied gemacht zwischen dem Akti-
vum « finden » (wagd, wugdân) und dem Passivum « sich be finden, vorhanden sein,
existieren » (wugüd), cf. Voc. 212 (s. v. wagd), 369 (s. v. esse) und 349 (s. v. invenire). Zu der
lat. Transkription vgud (aus arab. wugüd) gibt es eine passende Parallèle bei Aie. : çjuh
(= arab. wuïjuh, Plural von wa^h <,< Gesicht »), zitiert bei Steiger S, 273.
EINE BILINGUE ARABISCH-LATEINISCHE LOSTAFEL 297
I. — Arabisch-lateinisches Wôrterverzeichnis
Die Nummern beziehen sich auf die 100 Phrasen innerhalb der Tafel. Die
Reihenfolge ist diejenige de,s arabischen Alphabets. Mit einem Stern * werden
spanisch-arabische Dialektformen gekennzeichnet.
■
arânib 77 lepores
akl 3 9 11.19.22.26.32. comedere 26.64
38.41.48.50.53.56. comestio 3.19
64.71. (90). (94) manducare 9.22.32.38.41.48.50.56.71
— 11.53
alf 10 mille
âmâl 1 desideria
iwazza [*wizza) 38 cybus...
bi- 15.57.59.69 cum 59.69
— 15.57
bâdingân 26 fructus papaueris
bahr {*bahar) 65 —
■
absconsum 16
accipere al-hafîy
—.
accipiter 69 qatâm
ad 82 —
agnus 3 harüf
ambulare 76 masïr
amici 24 al-ihwân
abates 49 burak
aperire 92 iftitâh
appre henderé 88 —
■
ascenderé 98 ruküb
ascensio 4 tuliV
audire 72 sama'
balnium 29 hammam
bibere 7.52.58.68 surb
bibere cum amicis 24 munádamat al-ihwân
bonus 17.18 ? 17
nazzâr 18
boues 95 ganam
buxius 14 duwwâma
cabalcare 31 ruküb
camelus 31 gamal
camisia 99 qabâ'
cantilene (pi.) 17 ginâ'
(sg.)
carceratus 78 mahbüs
caro cum coleandro 53 tafàyâ
castellum 92 hiçn
colaphus 54 (s. dare)
columba 43 hamâm
comedero 26.64 akl
comestio 3.19 akl
comparare 23.46.61.81.87.95 sirà" (aile,
kasb
sirà" 95 ausser :)
comparatio 5
componere 85 —
contemplan 51 nuzha
continentie gerilorum 35 hikr...
conuenientia (desideria) 1 ?
corde (pi.) 45 tunbür
cucumeres 83 —
.
1
disputare 86 —
diuersorium 44.61 funduq
domicilium 51 ?
domus (pi.) 21 ddr (sg.)
dormiré 6 ruqâd
(comestio) dulcissima 19 (akl) halwâ
çcele (pi.) 76 ?
edificare 21 bunyân
ele fas 55 fil
sirâ'
emere 12
equitare 55 ruküb
equus 18 faras
euiscerare 60 haV
fabricare 44.75 bunyân
fistulare 27 darb büq
fleobotomare 28 fasd
flores 89 sawsan
fructus palme 11 tamr
fructus papaueris 26 bâdingân
fructus spine 48 hursüf
fundibulare 57 ramy bi-wadaf
fuqqa"
fungi (pi.) 64
galline (pi.) 22 dagâga (sg.)
homo imberbis (?) 46 fityân (pi.) (?)
homo saltator 63 'àmil hawriya
in 6.16.20.70 fl 6.16.20
? 70
infirmus 80 ?
inimicus 15 'adüw
intrare 29 dufyül
inuenire 100
iocari 59 la' ib
wugüd
(columba) ioculatrix 43 ?
ire 82 duhül
lac coagulatum 56 'aqld
lacus 20
légère 84 sihrlg
—
lepores 77 arânib
libri (pi.) 84 —
lingua bouis pane circumdata 13 muhabbaza min Usan at-tawr
1XJL €Λ 72
loca amena 2.51 bustdn 2
?51
longinqua terra 82
(pellicina) madurina 25 fanak
manducare 9.22.32.38.41.48.
50.56.71.83 akl—(aber
83 :)
mankusi (pi.) 10 nuhàs
Martius optimus 96 'âmil...?
medicina 47
302 PAUL KUNITZSGH
meqitatio 40 gihàd
mensurare 67 darb
metrum 85
,
mille 10 alf
miluus 23 'ubbal
moAochordum 67 kabar
mulsum 68 ?
música 88
,
natare 20 'awm
nubere 39 tazwlg {tazawwug?)
η up tie 70 *urs
odor 89.91 samm
orare (?) 16 darta (?)
ordo episcopalis 90
organum 93 karamel
palacium 74 maglis
pallium 62 dlbâg
palma 4 nahla (cf. fructus palme, 11)
kasb
parare 97
pellicina 25 farw
per 2.76 fl2
? 76
perdices 71 hagal
pilleus hobuliuus 42 qalansuwat wasy
pingere 74 tazwlq
plantare 34 gars
prepositura 73 —
puella 5.30.59 gáriya 5.59
sablya 30
pullus anseris 9 bügón
pulmentum lacte confect[um] 32 qiba
repositum 100 kanz
ripa aque 52 wàdï
rosa 91 ward
saltatio 30 raqs
(homo) saltator 63 'âmil hawrlya
sambucus 50 sibitt
sanare 80 ifâqa (isfâ'?)
sapiens 86 —
sedere 70 ?
soluere 78 itlàq
sonitus 33.45 darb 33
hiyâg 45
subtulares 87 ahfàf
super 52 'alâ
tangere 8.93 darb
terra longinqua 82 ?
transfretare (?) 65 ruküb al-bahr
transiré 65 ruküb al-bahr
transportado 2 nuzha
trepeliatores 66 lu'üb as-sirâ'
tube (pi.) 33 ?
EINE BILINGUE ARABISCH-LATEINISCHE LOSTAFEL 303
■
uites 34 karm
umbra 6 nil {dall?)
ungentum 81 [nüra?)
vultus amabilis 37 hablb
Nachtrâge
I. —· Zu S. 278, Anm. 1 : Vgl. auch die rezente Studie von Eva R. Perkuhn,
Die Theorien zum arabischen Einfluss auf die europâische Musik des Mittelalters
(Beitrâge zur Sprach- u. Kulturgeschichte des Orients, Bd. 26), Walldorf-Hessen,
1976, speziell duff (S. 174-180), büq (S. 198-202), tunbür (S. 157-171 ; 181-187),
kabar (S. 175, Anm. 2), rabâb (S. 139-152) und karamel (S. 193 f., 207, 208, 210).
Speziell zu arkela (— Nr. 33 in der obigen Tafel) haben mil" die Herrén Prof.
M. Ullmann, Tubingen, und Dr. E. Neubauer, Bonn, brieflich Hinweise auf
arabische Musikinstrumentennamen gegeben, die moglicherweise das Vorbild
dazu daïstellen kônnten. Unter formalem, graphisch-phonetischem Aspekt
kâmen davon folgende in Betracht : 1) karkala (WKAS I 561 a 23 ff. ; Nebenform
von kankala, WKAS I 397 b 31 ff. ; eine weitere Nebenform ist ebenfalls noch
qarqal, bei al-Gâhiz, Kitàb al-buhalâ', cf. das Glossar in der franzôsischen Über-
setzung von Ch. Pellat, s. v.), Musikinstrument mit einer Saite [Hinweis
Ullmann]. Arab, darb karkala hâtte im Lateinischen iiber *darbkarkela mit Wegfell
des k hinter dem b zu darbarkela werden kônnen ; freilich weicht dann die Uber-
setzung als Blasinstrument (tubae) sehr weit von dem im ostarabischen Raum
offenbar gângigen Gebrauch als Saiteninstrument ab. 2) qarqala, cf. F. Pharaon,
Sid Mohamed El-Mangali, Traité de vénerie..., Paris, 1880, S. 42, auch zitiert
bei Ahmad Taymûr in al-Muslqâ wa-l-ginâ' "inda l- 'arab, Kairo, 1963, S. 84 f.,
und in al-Mawsü'a at-taymüñya, Kairo, 1961, S. 211 [Hinweis Neubauer]. Auch
dieses Wort hâtte im Lateinischen, auf dieselbe Weise, zu arkela werden konnen.
Allerdings bleiben hier zahlreiche Fragen offen : es ist unbestimmt, ob qarqala
überhaupt als Husikinstrumeïit anzusprechen ist (das Wort erscheint in einem
Jagdhandbuch ; es kann also eher ein Lockinstrument fur Jâger gewesen sein.
Aus der Textstelle [... yusawwatu bi-hà « mit ihr werden Tone erzeugt »] geht
304 PAUL KUNITZSCH. EINE BILINGUE ARABISCH-LATEINISCHE LOSTAFEL
nichts Náheres über die Art des Instruments, seinen Effekt und seinen Gebrauch
hervor). Zudem ist das Vorkommen sehr spat (der Autor Muhammad ibn Manqalî
an-Nâsirï ist 1376 gestorben) und offensichtlich nur für Àgypten nachgewiesen.
Drittens verweist Prof. Lemay brieflich noch auf das aus Spanien bekannte
Instrument asharquel, asharquiel (nicht genau zu bestimmen ; vermutlich eine
Art Hackbrett), das aber erstens rein formal kaum zu arkela hátte umgebildet
werden konnen (die zitierten spanischen Formen lauten eschaquiel, exaquir, etc.),
dessen Auftreten zweitens in viel spâtere Zeit fâllt (1231, bei « al-Shaqandi »
[d. h. offenbar as-Saqundï, GAL S I 483, 13 a] ; cf. H. G. Farmer in : Journal
of the Royal Asiatic Society, 1926, 239 ff., speziell 252-256), und dessen von
Farmer a.a.O. vertretene Herleitung aus arab. as-saqira ebenfalls stark umstritten
ist und überwiegend abgelehnt wird (cf. C. Sachs, Real-Lexikon der Musikin-
strumente, Berlin, 1913, S. 125 f. [s. v. Echiquier]; ders., The History of Musical
Instruments, New York, 1940, S. 336 f. ; Grove's Dictionary of Music and Musicians,
5th éd., II (1954), S. 194 f. [s. v. Chekker] ; Sibyl Marcuse, Musical Instruments.
A Comprehensive Dictionary, New York, 1964, S. 90 f. [s. v. Chekker]).
II. — Wâhrend der Drucklegung dieser Arbeit teilte mir am 9.2.1977 Herr
■
auch für fi belegt (Anm. 251) ; daraus ergibt sich eine Verbesserung der Lesung
zu Nr. 16 unserer Tafel : fa'h'ali [leg. falhafi] gibt demnach die Dialektaussprache
*fa l-hafl (= klass. fi l-hafly) wieder, mit derselben Bedeutung (« im Verborge-
nen »).