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Wo sie einst so glücklich waren

Der römische Palast der


Kirchenfürsten aus der
Familie Farnese, eine
Schatzkammer der euro-
päischen Kunst, ist aus-
nahmsweise für das
Publikum geöffnet.

ROM, Ende März


ie Farnese waren eine Familie des
D kleinen Feudaladels mit Besitzun-
gen im nördlichen Latium. Seit
Anfang des dreizehnten Jahrhunderts be-
zeugt, erlangten sie während vierzehn-
ten Bedeutung. Entscheidend für ihren
Aufstieg wurde die Heirat Pierluigi Farne-
ses mit einer Frau aus der alten römi-
schen Familie Caetani, der Papst Bonifaz
VIII. angehört hatte. Das ebnete Alessan-
dro Farnese, dem zweiten Sohn Pierlui-
gis, den Weg in die römische Kurie, wo
er schnell Karriere machte und 1493
zum Kardinal erhoben wurde. Schon
1494 erwarb er den Palazzo Ferriz, um
den herum er gegen 1513 von Antonio
da Sangallo den grandiosen Palazzo Far-
nese bauen ließ. Im Lauf der langwieri-
gen Arbeiten wurde Kardinal Alessandro
1534 zu Papst Paul III. erhoben und hatte
für seinen Sohn Pierluigi 1545 das Her-
zogtum Parma und Piacenza geschaffen.
1547 ersetzte Michelangelo Sangallo,
ihm folgten Vignola und Giacomo della
Porta, der 1589, beim Tod des „Großen
Kardinals“ Alessandro Farnese, des En-
kels Pauls III., den Bau vollendete.
Ein weiterer Kardinal gewordener En-
kel, Ranuccio Farnese, beauftragte nach
dem Tod Pauls III. 1549 den Maler Fran-
cesco Salviati mit den ersten Fresken im
sogenannten „Salotto dipinto“. Aber erst
einem dritten, Odoardo Farnese, Sohn
des Herzogs von Parma und Ururenkel
Pauls III., verdanken wir die berühmten
Wandgemälde Annibale Carraccis in der
Galerie und im „Camerino“. Im sech-
zehnten Jahrhundert waren auch eine
große Antikensammlung mit Statuen
und Büsten sowie Hunderte von Gemäl-
den und Zeichnungen der Renaissance
zusammengetragen worden; führend da-
bei war ebenfalls Paul III., der Ausgra-
bungen angeordnet hatte und die dabei
in den Caracalla-Thermen gefundenen
riesigen antiken Skulpturen nicht in den
Vatikan, sondern in seinen Familienpa-
last hatte überführen lassen. Paul III. war
es auch, der Tizian nach Rom rief und
ihm einige bedeutende Gemälde in Auf-
trag gab.
Nach dem Tod Kardinal Odoardos ver- Rückkehr auf Zeit: Annibale Carraccis Gemälde „Christus und die Kananäerin“, sonst in Parma, hängt derzeit in Rom. Foto Katalog
waiste der Palast. Nach dem Aussterben
der Farnese gelangte er Anfang des acht-
zehnten Jahrhunderts an die Bourbonen le gespielt hatten – seine Mutter, die ihm das einmal an der Decke hing. Die bezau- Unter den auf Zeit heimgeholten Ge-
von Neapel, in deren Besitz er, nachdem den Weg nach Rom gewiesen, seine bernde Statue der Aphrodite Kallipygos, mälden sind Tizians Bildnis Pauls III. mit
alle Sammlungen nach Neapel geschafft Schwester, die ihm als Geliebte von die mit anderen antiken Skupturen und entblößtem Haupt, das Bildnis Giulio
worden waren, bis zur Eingliederung Papst Alexander VI. den Kardinalshut Büsten wieder ausgestellt ist, diente An- Clovios von El Greco, das kleine Bildnis
Roms in das Königreich Italien 1870 verschafft, seine Konkubine, die ihm nibale Carracci zum Vorbild für das Las- Papst Clemens’ VII. und Annibale Car-
vier Kinder geschenkt, und die heißge- ter auf dem Herkules-Gemälde. Schade, raccis großes Gemälde „Christus und die
blieb. Danach ging der Palazzo an Frank-
liebte Tochter Costanza, die ihn bezau- dass sie nicht neben dem Gemälde steht. Kanaanäerin“, das vermutlich für die Pri-
reich und wurde französische Botschaft.
bert hatte. Die hohen Wände des Saals Nach dem „Camerino“ freskierte Anni- vatkapelle Kardinal Odoardo Farneses
Auf Initiative des momentanen Botschaf- bale Carracci die Decke der großen Gale-
sind freskenlos. Kardinal Odoardo Farne- bestimmt war. Sie sind heute in Neapel
ters ist er nun für das Publikum geöffnet, rie, wobei er zeitweise von seinem Bru- und Parma aufbewahrt.
das die sonst unzugänglichen Prunksäle se hatte zwar geplant, die Kriegstaten sei-
nes Vaters hier zu verherrlichen, und der Agostino unterstützt wurde. Die Ma- Zur Ausstellung ist ein umfangreicher
im ersten Stockwerk besichtigen kann. lerarbeiten in der Galerie zogen sich über Katalog erschienen mit 32 Aufsätzen und
Eine kleine Ausstellung versammelt An- sich dafür auch von Annibale Carracci
Vorzeichnungen erbeten. Zur Ausfüh- mehrere Jahre hin, und ihr ursprüngli- 223 Einträgen zu den Ausstellungsstü-
tiken und Gemälde, die sich zu Zeiten ches Programm wurde nach der Einwei- cken. Nicht alle sind vom gleichen Ni-
der Farnese im Palast befanden. rung kam der Plan jedoch nie. Zu sehr
grollte der Kardinal dem Vater, der ihn hung der Galerie im Jahr 1601 drastisch veau. Hervorzuheben sind die Ausführun-
Die breite Treppe führt vom Innenhof geändert. Die erotischen Fabeln, die Car- gen von Christina Riebesell, Christoph
direkt in den überhohen „Großen Saal“, zur geistlichen Laufbahn bestimmt hatte.
An den „Großen Saal“ schließt sich racci nach dem wahrscheinlich von Ful- Leopold Frommel, Bertrand Jestaz, Carlo
dessen Eingangsportal wieder die zwei vio Orsini ausgearbeiteten Programm auf Gasparri und Nicola Spinosa, die sich mit
berühmten antiken Skulpturen der gefan- der „Salotto dipinto“ mit den Wandbil-
die Decke gemalt hatte, waren nicht nach der Aufstellung der antiken Statuen und
genen Daker flankieren. Die große Tibe- dern Francesco Salviatis an. Sie entstan- dem Geschmack Papst Clemens’ VIII. Büsten im Palast, mit der Bau- und Samm-
rius-Büste über der Tür dagegen, die ge- den vor dem Hintergrund des Kampfs Den Wandfresken wurde deshalb ein mo- lungsgeschichte sowie mit den in Neapel
meinsam mit ihnen einst eine Art Tri- der Enkel Pauls III. um das Herzogtum ralisierendes Programm zum Ruhm der bewahrten Antiken und Gemälden befas-
umphbogen bildete, wurde an anderer Parma, das ihnen nach dessen Tod abge- Dynastie zugrunde gelegt, in dessen Sinn sen. Der einführende Aufsatz von Stefa-
Stelle aufgestellt. Beim Eintritt fällt der sprochen worden war. Sie stellen ihre Ge- auch die antiken Statuen in den Nischen no Andretta bietet dagegen nur eine ober-
Blick auf den riesigen Kamin Vignolas schichte als eine von erfolgreichen angeordnet wurden. Sie sollten die vielen flächliche und unpräzise Geschichte der
und dessen zwei weibliche Marmorfigu- Kriegsherren dar; dem mythischen Nacktheiten beiderlei Geschlechts auf Farnese, während Silvia Ginzburg noch
ren „Frieden“ und „Überfluss“. Gugliel- Stammvater der Farnese, Aeneas, dem der Decke konterkarieren. einmal ihre umstrittene These vertritt,
mo della Porta schuf sie samt zwei weite- Gründer Roms, steht Paul III. gegenüber. Deshalb waren nur die männlichen dass die Fresken, angeblich für die Hoch-
ren Frauenstatuen für das Grabmal Pauls Die Fresken Annibale Carraccis im Statuen nackt, die zwei weiblichen dage- zeit Herzog Ranuccio Farneses gemalt, ge-
III. in Sankt Peter. Aber schon im sieb- „Camerino“, dem Schlafgemach Kardi- gen bekleidet und so plaziert, dass schon gen alle Evidenz keinen erotischen Cha-
zehnten Jahrhundert wurden sie von nal Odoardo Farneses, bedürften der Res- beim Eintritt in die Galerie der Blick auf rakter haben, sondern die eheliche Liebe
dort in den Palazzo gebracht. taurierung und sind wegen der schwa- sie fiel. Heute sind die Originale durch feiern. ROBERTO ZAPPERI
In Sankt Peter hatten alle vier Figuren chen Beleuchtung nur schwer zu erken- Gipsabdrücke ersetzt. Ihre ursprüngliche Palazzo Farnese dalle collezioni rinascimentali ad
Legenden hervorgebracht: Die Römer nen. In den kleinen Raum zurückgeholt Aufstellung wurde jedoch nicht respek- ambasciata di Francia. Bis 27. April. Der von Fran-
wollte in ihnen die vier Frauen sehen, aber wurde Annibale Carraccis großes tiert, so dass die moralisierende Funkti- cesco Buranelli herausgegebene Katalog ist im Ver-
die im Leben des Papstes eine große Rol- Gemälde „Herkules am Scheideweg“, on nicht mehr erkennbar ist. lag Giunti, Florenz, erschienen und kostet 48 Euro.

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