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Wo steht die traditionelle chinesische Musik?
Author(s): DALE A. CRAIG
Source: The World of Music , 1973, Vol. 15, No. 4 (1973), pp. 21-40
Published by: Schott Music GmbH & Co. KG
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Music
Chinese music is rarely heard today in the West, On entend rarement de la musique chinoise de
but for those who appreciate its qualities it nos jours en Occident, mais à ceux qui ap-
lends a valuable extra dimension to their musi- précient ses qualités, elle donne une dimension
cal experience. The music possesses, by turns, supplémentaire mais précieuse à leur ex-
rhythmic exuberance, delicate refinement, for- périence musicale. Cette musique possède tour
mal elegance, technical brilliance, and dry, à tour une exubérance rythmique, une distinc-
brusque forthrightness. The main interest is in tion raffinée, une élégance solennelle, une
the instrumental colours and the melodic line, technique brillante et une simplicité sèche et
with its many ornaments and varieties of ap- bourrue. L'intérêt principal réside dans les
proaches to, and departures from, the musical coloris instrumentaux et la ligne mélodique
tone. avec ses nombreuses ornementations et la di-
Despite the fact that Chinese music has had versité des manières d'attaquer le ton musical
considerable influence upon many other musics ou de s'en éloigner.
(equal temperament originated in China, for Malgré le fait que la musique chinoise a con-
example, although it never gained any more sidérablement influencé de nombreuses musi-
than a theoretical foothold there), the world- ques (le tempérament égal est originaire de
Im Westen hört man chinesische Musik heutzu- obwohl sie dort praktisch lediglich in theoreti-
tage selten, aber denen, die ihre Qualitäten zu scher Hinsicht Fuß fassen konnte), war sich ein
schätzen wissen, bietet sie eine wertvolle Berei- weltweites Musikpublikum offenbar weder der
cherung der musikalischen Erfahrung. Die Mu- ihr innewohnenden Schönheiten noch der Tat-
sik besitzt abwechselnd rhythmische Fülle, aus- sache bewußt, daß sie einige Zeit lang müßig
gesuchte Feinheiten, formale Eleganz, techni- und untätig schlummerte. Aber „schlummern"
sche Brillanz, eine herbe, ja fast barsche Direkt- bedeutet nicht „sterben". Ein großes musikali-
heit. Das Hauptinteresse gilt den Instrumental- sches Erbe stirbt nicht, aber es kann - langsam
farben und der Melodielinie mit ihren vielen oder plötzlich - vernichtet werden.
Verzierungen und den mannigfaltigen Annähe-
Die Massenmedien spielen eine wichtige Rolle
rungen und Abweichungen vom musikalischenbei der Schaffung geeigneter psychologischer
Klang. Vorbedingungen für die Erneuerung einer Kunst,
Ungeachtet dessen, daß die chinesische Musik die vom Untergang bedroht ist. Es schadet nur,
einen starken Einfluß auf zahlreiche andere Mu- wenn Zeitungen sich beispielsweise nur pessi-
sikkulturen ausgeübt hat (so entstand die gleich- mistisch über eine solche Kunst äußern. Schlag-
schwebende Stimmung beispielsweise in China, zeilen von Feuilleton-Artikeln über chinesische
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Musik, wie sie in der „South China Morning renz des Fernsehens, des Films und anderer
Post" (Hongkong) 1971 und 1972 erschienen, Formen moderner Unterhaltung bedingt. Die
Zeitungen berichten über diese regionale Musik
deuten bereits auf den Stil der Beiträge hin und
beeinflussen daher in hohem Maße die Einstel- durchweg nur Negatives. Daher ist es um die
lung des breiten Leserpublikums: „Letzte Ver- Musik heute noch schlechter bestellt als früher.
treter einer aussterbenden Kunst" (Puppen- Laotse, der große chinesische Philosoph, My-
spiel); „Grabgeläut für Hongkongs Bestattungs- stiker und Begründer des Taoismus, hat einmal
kapellen"; „Vergangenes aus Hongkongs Unter- gesagt: „Tropfen höhlen den Stein, nicht durch
haltungswelt" (Blindenkapellen); „Kanton-Oper Gewalt, sondern durch stetes Niederfallen." Bei-
ringt um ihren Bestand"; „Der Niedergang der träge über die Vielschichtigkeit eines beliebigen
Kanton-Oper"; „Altchinesische Kunst vom Aus- Aspekts der chinesischen Musik würden, falls in
sterben bedroht" (Puppenspiel). In all diesen bewundernd-respektvollem Ton verfaßt und oft
Artikeln, die von Europäern und Chinesen ge- genug wiederholt, eine gegenteilige Wirkung
schrieben wurden, ist eine fast ans Lächerliche haben. Die chinesische Öffentlichkeit würde sich
grenzende Eintönigkeit der Meinungen zu fin-
den.
Es ist ein Circulus vitiosus: Die Schwierigkeiten
der traditionellen Musik sind durch die Konkur- Musicians of the Korean province of Yenbian
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mit größerem Stolz auf ihr reiches kulturelles Sechs der damals gebräuchlichen neun Haupt-
Erbe besinnen und die Kunst könnte sich frei instrumente sind seit eintausenddreihundert
entfalten. Jahren in China bekannt, einige sind sogar noch
Daß einige der ältesten chinesischen Musik- älter. Das Ti oder Ti-tze ist eine Querflöte aus
instrumente in Hongkong heute noch in Ge- Bambus; sie besitzt sechs Grifflöcher, zwei end-
brauch sind, beweist zur Genüge, daß die chine- ständige Löcher für Ziertroddeln sowie unter-
sische Musik nichts von ihrer Lebenskraft ein- halb des Mundlochs ein weiteres Loch, das mit
gebüßt hat. Die chinesische Orchestermusik er- dünnem Reispapier bedeckt ist und daher der
reichte in der Hofmusik der T'ang- und Sung- Klangfarbe etwas Schnarrendes verleiht. Das Ti,
Dynastien ihren Höhepunkt. Etwas von der das etwa 190 v. Chr. aus westlichen Gegenden
Klangpracht und Tonfülle dieser Hoforchester nach China gelangte, ist bisweilen mit Seiden-
kann man heute noch in der japanischen Toga- schnüren umwickelt und an den Enden mit Kno-
ku-Musik und der koreanischen T'ang-Ak-Musik chenringen versehen.
hören. Über die Hälfte der in Orchestern der Das Tung-hsiao ist eine vertikale Flöte eben-
T'ang-Dynastie verwendeten Instrumente, wie falls aus Bambus mit fünf oberständigen Griff-
sie auf altchinesischen Gemälden dargestellt löchern, einem unterständigen Loch für den
sind, wird noch heute in chinesischen Gemein- Daumen und dem eingekerbten Mundloch am
den gespielt, ein beachtliches Beispiel für kul- Ende. Das Instrument erfordert eine besondere
turelle Beharrlichkeit und Kontinuität. Anblasöffnung und ist sehr schwer zu spielen.
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Der ältere Typ des Hsiao wurde unten an der als der unmittelbare Vorläufer der europäischen
Wurzel des Bambusstengels abgeschnitten, so mechanischen Orgel. Als eines der wenigen in
daß die Wurzelknoten eine Ausbauchung und China anzutreffenden polyphonen Instrumente
Krümmung am unteren Ende verursachten. Dies hat das Sheng überall in Südostasien Ver-
ist die äußere Form der japanischen Shakuhachi, wandte, von denen das japanische Sho und das
die sich aus dem Hsiao entwickelt hat. laotische Ken über besonders hochentwickelte
Das Suo-na ist eine konische Oboe aus dem Spieltechniken verfügen. Die Form des Sheng
Holz des Mammutbaums; sie besitzt ein ver- verkörpert die zusammengefalteten Schwingen
stellbares messingenes Mundstück und einen des Phönix und weist in seiner Konstruktion
abnehmbaren Schallbecher aus Messing oder eine schöne Symmetrie auf. Moderne Varianten
Kupfer. Das Instrument gelangte während der des Sheng sind das Akkordeon, das Harmonium
Ming-Dynastie nach China. Ähnlich im Typus und die Mundharmonika. Welche Ironie, daß die
und interessanterweise auch in der Aussprache Schulkinder in Hongkong viel häufiger Mund-
sind das birmesische Hne, die persische Zurna harmonika als das edle Sheng spielen!
und die indische Shenai (übrigens auch die Das Yang-k'in, auch „fremde Zither" oder
europäische Schalmei). „Schmetterlingsharfe" genannt, hat Saiten-
Sheng heißt die alte Mundorgel, die aus einer bezüge (wie beim modernen Klavier), die über
Kalebasse (heute aus Holz oder Metall) gefer- zwei Reihen von Stegen auf einem trapezförmi-
tigt und mit Bambuspfeifen bestückt ist; sie gilt gen Schallkasten geführt sind. Das Instrument
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rend der T'ang-Dynastie war sie sehr beliebt Meister dieses Instruments wie Lui Pui-Yen zu-
und wurde häufig in der Dichtung besungen. hört, wenn er eine klassische Komposition, bei-
Im „Lied einer Gitarre" von Po Chü-i liegt uns spielsweise „Hinterhalt aus allen Richtungen",
eine wundervolle Beschreibung des Spiels auf spielt. Über Jahrhunderte hinweg ist die Wir-
der Pi-pa vor: kung auf den Hörer die gleiche geblieben.
Die großen Saiten summten wie Regen, Die Titel der für diese Instrumente geschaffenèn
die kleinen Saiten flüsterten ein Geheimnis, Repertoirestücke genügen bereits, um die
summten, flüsterten - und mischten sich dann, eigentümliche Welt der chinesischen Musik her-
als ergössen sich große und kleine Perlen in aufzubeschwören: „Hinterhalt aus allen Rich-
[einen Teller aus Jade . . . tungen", „Frühlingsgedanken im Han-Palast",
Eine silberne Vase zerbrach jäh mit einem „Der reißende Strom", „Die elegante Orchidee",
[Schwall Wassers, „Mondlicht über dem Frühlingsfluß", „Buddhi-
heraus sprangen gepanzerte Rosse und Waffen, stischer Gesang", „Des Helden Niederlage",
[die klirrten und schlugen - „Donner an einem trockenen Tag", „Ein Pfau
und ehe das Piektrum ruhte, endete sie mit spreizt sein Gefieder", „Mond über dem Ge-
[einem Schlag, birgspaß", „Das glückliche Leben eines Kuhhir-
und alle vier Saiten zusammen erklangen wie ten", „Frühling nach dem Regen", „Spielende
[das Zerreißen von Seide . . . Krähen auf dem Wasser", „Der Fischers Abend-
Wie genau diese Schilderung ist, läßt sich leicht gesang", „Drei Variationen über ,Pflaumenblü-
bestätigen, indem man einem zeitgenössischen ten'".
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Die Stücke zerfallen in zwei Arten, die „mili- Armee und besiegt sie. Der Schlachtenlärm
tärischen" und die „zivilen"; in der ersten Ka- wird mit realistischen Mitteln dargestellt: Wir
tegorie werden berühmte Siege oder schmerz- hören das Klirren der Waffen, das Wiehern der
liche Niederlagen der chinesischen Geschichte Pferde und die Schreie der Verwundeten.
oder Mythologie besungen, während die zweite „Schnee im Frühjahr" ist ein lebhaftes klassi-
Art Menschen schildert, die sich an den Schön- sches Stück für Pi-pa, in dem der laue Wind, tau-
heiten der Natur freuen, still vor sich hin sinnen ender Schnee und grüne Bäume im sonnigen
oder das Wirken des Schicksals beklagen. Frühjahr geschildert werden.
Um die beiden Arten von Stücken zu veran- „Buddhistischer Gesang" beschreibt Meditatio-
schaulichen, seien im folgenden vier bekannte nen im Tempel und die Klänge von Ritualinstru-
Titel näher erläutert: menten (ein Stück für K'in).
„Hinterhalt aus allen Richtungen", eines der be- „Lied der Grenze" für Pi-pa wird Wang Tsch'i-
kanntesten klassischen Meisterwerke für Pi-pa, ang, der kaiserlichen Konkubine der Han-Dyna-
gehört zu Wu, das heißt, zum militärischen Ty- stie, zugeschrieben. Darin bringt sie ihre trauri-
pus der Musik. Es schildert den Krieg zwischen gen Gefühle beim Überschreiten der Grenze und
der Han- und der Tschou-Dynastie. Der be- beim Verlassen ihres Heimatlandes zum Aus-
rühmte General Han Hsin umzingelt die Tschou- druck. Als der kalte, scharfe Wind ihr den Sand
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ins Gesicht weht, beweint sie ihr unglückliches Bühnenaufbau, die Kostüme, Charaktertypen
Geschick, denn ihr Herz bleibt in China. oder -rollen, musikalische Stile, vokale Klang-
Opern aus einer Reihe von Provinzen und Städ- farben, besondere Fertigkeiten wie Akrobatik
ten kann man ebenfalls häufig in Hongkong hö- und Pantomime, Gesang und weitere Mittel vo-
ren. Die professionellsten und beliebtesten - kaler Darstellung, Instrumentalmusik (das Or-
die Kanton- und die Swatow-Oper - haben ih- chester), die Wechselwirkung von Orchester und
ren Ursprung in der unmittelbaren Nähe von Schauspielern, die literarischen Quellen für den
Hongkong, aber auch die Opern aus Schanghai, Stoff der jeweiligen Handlung sowie schließlich
Peking und anderen Großstädten sind vertreten. den Begriff der Stilisierung gegenüber dem Re-
Die Peking-Oper ist die wichtigste Oper Chinas; alismus umfassen müssen.
sie ist gröber und brillanter als die Stile im Sü- Der wichtigste Begriff in der chinesischen Oper
den des Landes, bietet aber auch das umfas- ist und bleibt die charakteristische Schilderung,
sendste künstlerische Erlebnis. Bei der Peking- die all die verschiedenen musikalischen und
Oper haben wir es im Sinne Richard Wagners außermusikalischen Elemente zu einem einzi-
mit einem echten Gesamtkunstwerk zu tun. Dergen Gesamteindruck vereinigt; sie ist die Basis
bei einer Erörterung der Peking-Oper abzuhan-
aller Kritik und Zustimmung; das Publikum ap-
delnde Themenkatalog würde zumindest den plaudiert ebenso bereitwillig nach einer einzel-
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nen gutausgeführten Geste wie nach einer voll- In Hongkong befinden sich die China-Oper, die
ständigen Arie. Die hochstilisierten Charakteri- Instrumentalmusik, das Puppenspiel sowie an-
sierungen in der Peking-Oper sind unbeschreib- dere Arten vokaler und instrumentaler Musik,
lich eindrucksvoll, ja ergreifend, und dies um so auf die wir nicht näher eingehen können, in
mehr, je vertrauter man mit den verschiedenen einer prekären Situation. Die Schwierigkeiten
Rollen ist. So wie ein Schauspieler musikalisch sind zum Teil auf den von der Industrie ausge-
improvisieren kann, steckt jede Rolle voller übten Druck sowie auf die Unwissenheit und
Möglichkeiten, Gebärden und Gesten nach eige- Gleichgültigkeit des Publikums zurückzuführen.
nem Ermessen zu variieren: je größer der Dar- Chinesische Musiker verfügen zur Zeit über drei
steller, desto charakteristischer die Stilisierung. Haupteinnahmequellen: Schallplattenaufnah-
Zusätzlich zu den rein visuellen Elementen - men, Gaststätten/Nachtclubs und Privatunter-
leuchtende Gewänder, brillante Schminktechnik, richt. Die Formen, die diese Aktivitäten in Hong-
ausgefeilte traditionelle Gebärdensprache - er- kong annehmen, führen rasch zur Stagnation
fährt die Charakterisierung eine weitere Berei- und zu einer Verkümmerung musikalischer Ta-
cherung durch den verwendeten musikalischen lente. Plattenaufnahmen werden bei minimaler
Stil, das für den Vortrag der Arie gewählte Zeit- Probenzeit eiligst zusammengestoppelt; in
maß und schließlich durch die Klangfarbe der Speiselokalen verkaufen sich hervorragende
eingesetzten Stimme. Künstler unter Niveau, indem sie Abend für
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Abend sich durch die gleichen festgelegten Das Publikum in Hongkong hat sich gegenüber
Stücke hindurchquälen; und die Lehrer sind ge- der Einführung von Maßnahmen zur Erhaltung
zwungen, viel zuviel Privatschüler anzuneh- und Wiederbelebung chinesischer Musik ziem-
men, damit sie gerade ihr Auskommen haben. lich gleichgültig verhalten. Die meisten finden
Die Verwendung chinesischer Melodien in Mis- Gefallen an dieser Musik, vertreten die Mei-
sionsgesangbüchern, Schlagern und „Kunstlie- nung, daß sie immer irgendwie weiterbestehen
dern" - ausnahmslos Kombinationen von abge- wird, und lassen es dabei bewenden. (Die ten-
droschenen westlichen Harmonien mit pentato- denziös eingefärbten Berichte in der Lokal-
nischen Klängen - hat viel Schaden angerichtet presse wurden bereits erwähnt.)
und selbst im Denken moderner chinesischer Es werden jedoch Maßnahmen eingeleitet, um
Komponisten zu verlogenen Klischeevorstellun- die gegenwärtige Situation wieder ins rechte Lot
gen von chinesischer Volksmusik geführt. Bei zu bringen. Obwohl es in Hongkong keine
einer derartigen Verwendung sind die Melodien Schule für chinesische Musik gibt, entsteht zur
stets in gleichschwebender Temperatur zu hö- Zeit ein Konservatorium, das als Teil des neuen
ren, durch die alle Modi in ein gläsern-statischesHongkonger Kunstzentrums gedacht ist; die eine
Einerlei gezwängt werden. Sie sind keineswegs Hälfte des Lehrangebots soll durch chinesische,
dafür gedacht, so gehört zu werden, als würden die andere Hälfte durch klassische europäische
sie auf einem modernen Klavier gespielt. Musik bestritten werden.
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Shen (9); Lou Harrison (10); Liu Tien-Hua (11); Fest steht, daß avantgardistische Komponisten
Lou Harrison (12); Huang Yau-Tai (13); Dale wie Chou Wen-Chung und Toru Takemitsu der
Craig (14); Liang Tsai-Ping (15); Alan Hovhaness asiatischen Musik neue Lebensimpulse geben.
(16). Dies geschieht auf verschiedene Weise. Hat man
Diese Kategorien überschneiden sich in erheb- zum Beispiel in einem von Chous Werken das
lichem Maße, und der eine oder andere Kompo- auf westlichen Instrumenten gespielte Fragment
nist mag sich in der einen oder anderen gleich- eines klassischen chinesischen Musikstücks ge-
zeitig wiederfinden, aber es schärft das stilisti- hört, mag man den Wunsch haben, das Original
sche Einfühlungsvermögen, wenn man sich über- kennenzulernen; am Ende gibt man vielleicht
legt, wie man spezifische Werke eines bestimm- sogar der ursprünglichen intakten Fassung der
ten Komponisten einstufen würde. Die fünfte und Komposition auf dem Instrument, für das sie ge-
sechste der genannten Kategorien dürfte wahr- dacht war, den Vorzug! Der wichtigste Beitrag
scheinlich die meiste Aussicht auf künftige Ent- dieser Komponisten besteht in der Art und
wicklung haben, doch ist dies eine rein persön- Weise, wie sie zum Kern, zum Wesen einer be-
liche Meinung; alle Kategorien haben natürlich stimmten Kultur vordringen und sie dann mit
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der zeitgenössischen Empfindungswelt verknüp- die Bewahrung, das Studium oder die Wieder-
fen. In seinen jüngsten Beiträgen hat Chou dar- belebung der traditionellen Musik durch neue
auf hingewiesen, daß wir uns durch Rückkehr Kompositionen ist ihre Bewußtmachung und
zu den grundlegenden Werten der chinesischen Verlebendigung durch Aufführungen mit dem
Musik mit den fortschrittlichsten Gedanken über Ziel, sie so zu einer neuen Blüte zu führen.
das eigentliche Wesen der Musik konfrontiert Daher möchte ich zum Schluß Prioritäten setzen:
sehen. Aufführung, Komposition, Analyse, Ausbildung.
Von allen Möglichkeiten, den Fortbestand und Ich bin davon überzeugt, daß dies die natür-
die Weiterentwicklung der chinesischen Musik lichste Reihenfolge für jede Musik einschließlich
zu gewährleisten, ist keine so wirkungsvoll wieder europäischen Kunstmusik ist, da in den mei-
die, den Musikern das, was sie am besten kön- sten Musikkulturen erst durch Aufführungen von
nen, zur verpflichtenden Aufgabe zu machen Musik komponiert wird und die Analytiker etwas
und sie dafür zu entlohnen. Nur wenige Musiker zum Analysieren haben müssen; schließlich grei-
dürften an der Vervollkommnung ihrer Kunst ar- fen Ausbildung und Erziehung auf alle drei Tä-
beiten, wenn sie mit dieser Kunst nicht ihren Le- tigkeitsbereiche zurück.
bensunterhalt verdienen können. Wichtiger als Zur Unterstützung chinesischer Instrumentali-
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