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HEGELS KRITIK DER SINNLICHEN GEWISSHEIT UND PLATONS KRITIK DER

SINNESWAHRNEHMUNG IM "THEAITET"
Author(s): Thomas Gelzer and Andreas Graeser
Source: Revue de Philosophie Ancienne , 1985, Vol. 3, No. 2 (1985), pp. 39-57
Published by: EURORGAN s.p.r.l. - Éditions OUSIA

Stable URL: https://www.jstor.org/stable/24353791

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HEGELS KRITIK DER SINNLICHEN GEWISSHEIT
UND PLATONS KRITIK DER
SINNESWAHRNEHMUNG IM THEAITET

Thomas Gelzer zum 60. Geburtstag


RESUME

L'auteur montre que la réfutation, dans la Phénoménologi


l'Esprit, de Γ affirmation des empiristes selon laquelle il y
objets qui sont donnés immédiatement à la conscience, se bas
Vidée que quelque chose de tel ri est jamais immédiatement d
Contrairement aux exégétes qui soutiennent que V opposition de
gel à la certitude sensible est tirée d'arguments qu'il a peut-être
contrés chez Sextus Empiricus, il suggère que son inspiration prov
plutôt de la discussion de Platon dans le Théétète. Celui-ci mo
en effiet, lors de son élude de l'affirmation selon laquelle le savoir
rien d'autre que la perception sensible, que même au niveau é
taire de la perception d'une chose comme étant telle et telle, le co
de la perception est médiatisé par des concepts d'un certain type
appelle koina. Il existe au moins quelque raison de croire que lors
proclame que le contenu de la connaissance qui concerne la certit
sensible est quelque chose d'universel (Allgemein) et ainsi qu
chose de médiatisé dès le début, Hegel accentue un point qui
assumé par Platon.
I

Hegels Darstellung und Kritik philosophischen Bewusst


seins in der 'Phänomenologie des Geistes'1 beginnt mit der

1. Im Nachfolgenden zitiert 'Ph.d.G.% nach der Ausgabe von J. Hoff


meister, 6. Aufl. Hamburg 1952 (=Philosophische Bibliothek Bd. 114)·
Die übrigen Werke werden nach der Theorie Werk Ausgabe zitiert,
die von E. Moldenhauer und Κ. M. Michel auf der Grundlage der Werke
von 1832 - 1845 besorgt wurde : Frankfurt a.M. 1979 (abgekürzt: T.W.A.)
REVUE DE PHILOSOPHIE ANCIENNE, No 2, 1985

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40 Λ. GRAESER

Exposition einer Auffa


Gewissheit oder das Dies
d.G., S. 80 - 89) und au
pirismus bezeichnet we
Wissensauffassung ist
kennende Subjekt — a
der Dinge erläutert —
Realität zu haben. Die
jedoch, dass das erkenn
tifizierung seiner Gegen
angewiesen ist und dass
Subjekt mithin durch B
gewusste Gegenstände a
überhaupt Einzelnes3.
In der neueren Forschu
dem antiken Skeptizism
mit jenem Material, da
und Hegel spätestens an
Aenesidemus-Schulzes A
Philosophie' (1801) bek
senkranz zufolge hat He

2. So Ch. Taylor, "The Op


gy", Hegel. A Collection of Cr
Dame, 1976, S. 161 ("This vi
empiricism. It is not identic
as fully specified") ; weitere
Spirit of Hegel. A Study nf the
3. Hegels Argumentation w
auf, die nicht ohne Not verl
dersetzung bietet der Aufsa
gemeine in der sinnlichen G
1976, S. 283 - 287.
4. K. Düsing, "Die Bedeutun
Kritik der sinnlichen Gewis
5. "Verhältnis des Skeptizis
verschiedenen Modifikatione
alten" (1802) (T.W.A., Bd.

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HEGEL UND PLATON 41

Sextus und Platon studiert6. In der


einer solchen Beziehung nahe. So beh
gegen G.E. Schulze gerichteten Aufsa
tizismus zur Philosophie', dass Sex
sinnlichen Gewissheit bestritten" h
235) ; in den 'Vorlesungen über di
sophie' macht er geltend, dass sich d
zismus "gegen das Seiende der sinnl
haupt" wende, "der es (i.e. das Sei
das Wahre gilt" (T.W.A., Bd., XIX,
Stellen im Zusammenhang der 'Vorlesu
dass Hegel die Philosophie Pyrrhon
auf das "gemeine Bewusstsein überha
Bd. XIX, S. 374- 375).
Doch richtet sich der Pyrrhonismus tatsächlich gegen "das
Seiende der sinnlichen Gewissheit überhaupt, der es un
befangen als das Wahre gilt" ? Diese Auffassung ist sicher
fragwürdig. Denn die pyrrhonische Skepsis hat gerade dies
eigentlich nicht bestritten. Im Gegenteil, in Sextus' Dar
stellung der pyrrhonischen Skepsis heisst es, dass die Fakten
des Bewusstseins unbestritten bleiben (Grundriss I, 13) und
nur solche Behauptungen als fragwürdig gelten, in denen
nicht-evidente Verhältnisse zum Ausdruck gebracht werden.
Weil der Skeptiker nicht zweifelt, dass er diese oder jene
Empfindung hat, scheut er sich auch nicht zu sagen, dass;
der Honig süss zu sein scheint; ob er es tatsächlich ist bzw..
ob er über die wahrgenommene Eigenschaft auch tatsäch
lich verfügt, ist eine andere Frage (I, 15 vgl. I, 19 - 20)7.

6. Κ. Rosenkranz, Hegels Leben, Berlin 1844; H. S. Harris, Hegel's


Development. Toward the Sunlight 1770 - 1801, Oxford, 1972 und ders.
Hegel's Development. Night Horns (Jena 1801 - 1806), Oxford, 1983 gibt
diesbezüglich keine weiteren Anhaltspunkte. Zu Hegels philosophie
geschichtlichen Deutungen allgemein: K. Düsing, Hegel und die Geschichte
der Philosophie, Darmstadt, 1983 ( = Erträge der Forschung, Bd. 206).
7. Hegels Auseinandersetzung mit G. E. Schulzes Bänden ist ausser

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42 Α. GRAESER

Fragwürdig ist ferner H


zismus "im allgemeinen
veränderlich; sie sind, a
(T.W.Α., Bd. XIX, S. 36
ständnis der pyrrhonisc
informativ. Die pyrrhon
halb nicht akzeptieren, w
bezüglich des Unterschi
wahrem Sein und nicht
wohl ist diese These nich
mäss gut zu jener traditi
Piaton im 'Theaitet' gibt
Auffassung, welche Pr
der Meinungen und Wah
gesprochenen Prämissen
Heraklits und Empedokl
In Piatons Sicht der Din
lich der, dass die Fluss-T
ker der Stabilität anneh
auch Eigenschaften etwas

ordentlich polemisch; der fur


dem Versuch, den antiken Sk
standteil der Philosophie selb
tion auf diese Weise beiseite
sehr wichtig sind, zu Missver
getrieben zu haben. Sicher b
genannten Sextus-Stellen einer
was der pvrrhonische Skeptik
"Des Skeptikers Meinungen",
S. 102 - 129. Hinweise auf die n
nützlichen Band von J. Annas
Ancienl Texts and Modern Inte
8. Natürlich hängt bei ber
unbedingt Hegels eigene Intu
man unter Skepsis bzw. Skep
merkungen zum antiken Skep
sophie, 3, 1978, S. 22 -44.

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HEGEL UND PLATON 43

sich ist" (153c4 - 5 u.ö). Diese Be


toteles' Kritik derer zugrunde, d
tung des Satzes vom verbotenen
setzen (Metaph. IV, 5 u.ö.).
Sicher meinte Hegel, im pyrrho
Frontstellung gegen jene Positio
Position der sinnlichen Gewissheit beschreibt. Auch weist
Hegels Darstellung in der Ph. d. G. Momente auf, die auf
eine Beschäftigung mit Sextus zurückweisen9. Doch ist auf
fällig, dass Hegels Kritik der Position der sinnlichen Gewiss
heit selbst keine Elemente jener Kritik enthält, die sich
bei Sextus findet10. Dies ist auch eigentlich nicht weiter ver
wunderlich. Denn weder könnte eine Orientierung an Sex
tus' Darstellung das übergeordnete Thema der Erörterung
der sinnlichen Gewissheit in den Blick rücken, — nämlich
"Das Wissen, wie es zuerst ist oder der unmittelbare Geist
ist das Geistlose, das sinnliche Bewusstsein" (Ph. d. G., "Vor
rede", S. 26). Noch könnte sie Aufschluss bezüglich der ein
zelnen Argumente bzw. Schritte der Argumentation geben.
Viel näher liegt m.E. die Annahme, dass Hegel Piatons
Dialog 'Theaitet' vor Augen hatte, der ja ebenso wie Hegels
Bewusstseins-Kapitel drei hierarchisch aufgebaute Erörter
ungen bezüglich der Frage 'Was ist Wissen eigentlich?'

9. Auf diese hatte bereits W. Purpus in seiner nützlichen, offensicht


lich viel benutzten aber wenig zitierten Abhandlung hingewiesen: Zur
Dialektik des Bewusstseins nach Hegel. Ein Beitrag zur Würdigung der
Phänomenologie des Geistes, Berlin 1908; allerdings betreffen diese Hin
weise m. E. eher periphere Gesichtspunkte.
10. K. Düsing, "Die Bedeutung des antiken Skeptizismus" (oben,
Anm. 4) S. 124 versucht Hegels Nähe zum Pyrrhonismus u.a. dadurch
glaubhaft zu machen, dass er daraufhinweist, dass die Sätze 'Es ist Tag'
und 'Es ist Nacht' für den pyrrhonischen Skeptiker gleichwertig seien.
Der Autor macht jedoch nicht auf den eigentlich interessanten Gesicht
spunkt aufmerksam, nämlich dass die in Rede stehenden Beispiele, auf
die weiter unten einzugehen ist, von Sextus nicht mit den Mitteln altak
kiert werden, die Hegel einsetzt.

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44 Α. GRAESER

aufweist11. Aehnlich wie P


((1) Wissen = Wahrneh
nung; (3) Wissen = richtige
ausreichen, zeigt auch H
der Stufe des Bewussts
(2) Die Wahrnehmung o
(3) Kraft und Verstand, Er
nur Schritte auf dem We
der Natur des Wissens
in der Komposition ist
Vorgehen im 'Theaitet'
die jeweils nachfolgende
wicklung der vorangegan
machen und das jeweils R
auch in die Formulierun
gehen zu lassen; eben die
sophischer Entwicklunge
im Sinne von 'elevatio'.
Für die Beurteilung der Darstellung und Kritik der sinnli
chen Gewissheit scheint sich insbesondere jener Abschnitt
des 'Theaitet' anzubieten, in welchem Sokrates geltend macht,
dass unsere Wahrnehmungen bereits Begriffe involvieren
und dass eben diese Präsenz des Begrifflichen im Wahrneh
mungsinhalt auf dem Boden der Annahme einer Identität
von Sinneswahrnehmung und Wissen selbst nicht erklärbar
sei. Mit anderen Worten: Die These von der Identität von
Sinneswahrnehmung und Wissen fällt mit dem Befund, dass
11. Vgl. auch R. C. Solomon, In the Spirit of Hegel (oben, Anm. 2)
S. 320 Anm. 2.
12. Hierbei handelt es sich offensichtlich um jene Formel, die in der
zeitgenössischen Philosophie zugrundegelegt wird (vgl. ζ. B. VV. W. Roo
zeboom, "Why do I know so much more than you do", American Phi
losophical Quarterly, 4, 1967, S. 281 -289); allerdings ist es wichtig zu
sehen, dass Piaton die Begründungs-Aufgabe anders sieht. Siehe ζ. B.
G. Fine, "Knowledge and Logos in the Theaetetus", Philosophical Review
88, 1979, S. 366ff.

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HEGEL UND PLATON 45

die Si η η e s w ah r η e h m u η g nicht
setzung nach leisten soll (184-
gens eine Analogie zum Kerng
Er sieht die Widersprüchlichkeit
sagen : Inkohärenz — der Position
darin, dass wir auf dem Boden ih
sagen können, was wir meinen bz
nicht identisch ist mit dem, was
82). Auch der für Hegels Destruktio
nehmung wichtige Gegensatz v
meinem findet sich im 'Theaitet'. Hier ist insbesondere von
Allgemeinem (κοινά) die Rede, welches dem wahrnehmen
den Subjekt durch die Seele vermittelt werde. Vermutlich
handelt es sich hier — zumal in der Oekonomie der Argu
mentation selbst — nicht um die bewusstseinstranszendenten
Ideen jenseits von Raum und Zeit13. Eher geht es um so etwas
wie Verstandpbegriffe, die bei der Konstituierung des Wahr
genommenen eine Rolle spielen; doch ist dieser Punkt viel
leicht unklar. Bei Hegel lautet der Befund: "Die unmittel
bare Gewissheit nimmt sich nicht das Wahre, denn ihre
Wahrheit ist das Allgemeine, sie aber will das Diese nehmen.
Die Wahrnehmung nimmt sich das, was ihr das Seiende ist,
als Allgemeines" (Ph. d. G., S. 89).

II

Eine erste Orientierung Hegels am 'Theaitet' tritt in der


Beurteilung der Verwendung deiktischer und okkasioneller
13. Sicher hat F. M. Cornford, Plato's Theory of Knowledge, Lon
don 1935 durchaus zurecht darauf hingewiesen, dass Plato die Diskus
sion in einer Aporie enden lässt, um auf die Notwendigkeit der Annahme
von Ideen hinzuweisen. Doch sollte dieser Gesichtspunkt nicht zu dem
Schluss verleiten, die sog. koina im 'Theaitet' als Ideen zu deuten. In
dieser Hinsicht wurde Cornford m.E. von J. Cooper, "Plato on Sense
Perception and Knowledge", Phronesis, 15, 1970, S. 123- 146 bes. S.
125 zurecht kritisiert.

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46 Α. GRAESER

Ausdrücke hervor. Platon hat im Rahmen der Wahrneh


mungsdiskussion herausgestellt, dass unter der Voraussetzung
eines radikalen Heraklitismus jegliche Verwendung von Na
men und referentiellen Ausdrücken sowie deiktischen Ter
mini unmöglich sei (bes. 183a2 - b5). Im Kontext der Erör
terungen des 'Theaitet' erhalten die Ueberlegungen Pia
tons ihre Rechtfertigung darin, dass die radikale Fluss-The
orie eben nicht eine Ontologie von Dingen zugrunde legt,
welche "eines für sich sind", sondern eine Ontologie von
Geschehnissen und Prozessen, die sich nicht identifizieren
lassen14. Nun stellen Piatons Ueberlegungen allerdings nur
eine besonders radikale Variante jener Auffassung dar, die für
die griechische Philosophie generell wichtig war: Wenn die
Dinge von der Art sind, dass sie einem permanenten Wandel
unterworfen bleiben, so sind die Sätze, die wir über diese Dinge
äussern, nie zuverlässig wahr. Wahr und fest sind demnach
nur solche Sätze, die sich auf Dinge beziehen^ die ihrerseits
unveränderlich sind. In diesem Sinne stellte auch Aristoteles

die Forderung auf, dass die Prämissen eines beweisenden


Schlusses keine Zeitangabe enthalten (An. Pr. 115, 34b7 -
8; An. Post. I 4, 73b28 - 29; I 8, 75b21 - 36) und die Kon
lusion eines Beweises "ewig" sei (An. Post. I 8, 75b21 ). Mit
anderen Worten: Sätze sind nur dann Wissens-Sätze, wenn
sie unabhängig von den Umständen ihrer Auesserung wahr
sind.
Genau dieser Forderung können Sätze über die sich verän
dernde Welt aber nicht entsprechen. Ein ähnlicher Zusam

14. Einige Punkte wurden gut von T. Irwin, "Plato's" Heracli


teanism", Philosophical Quarterly, 27, 1977, S. 1-13 diskutiert. Doch
scheint mir eine Studie zu diesem Komplex ein besonderes desideratum
zu sein: siehe jetzt auch R. M. Mohr, Plato's Cosmology, Leiden, 1985.
Bahnbrechend in Bezug auf die griechische Auffassung, dass Sätze ihren
Wahrheitswert ändern, sind die Studien J. Hintikkas, Vgl. etwa: Time
and Necessity. Studies in Aristotle's Theory of Modality, Oxford, 1973, S.
80 - 86 u.ö.

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HEGEL UND PLATON 47

menhang findet sich Ph. d. G.,


Nehmen wir es in der doppelten
Jetzt und als das Hier, so wird d
hat, eine so verständliche Form
Auf die Frage: was ist das Jetzt
Beispiel: das Jetzt ist die Nach
sinnlichen Gewissheit zu prüfen
hinreichend. Wir schreiben die Wahrheit auf: eine Wahrheit
kann durch Aufschreiben nicht verlieren; ebensowenig da
durch, dass wir sie aufbewahren. Sehen wir jetzt, diesen
Mittag, die aufgeschriebene Wahrheit wieder an, so werden
wir sagen müssen, dass sie schal geworden ist"15. Hegels Ue
berlegung ist sicher in mehr als einer Hinsicht problematisch.
Weder entspricht sie einer historisch verbürgten Konstella
tion. Noch ist überhaupt einsichtig, wie sie sich als Beschrei
bung einer denkbaren Konstellation rechtfertigen liesse.
Gleichwohl ist klar, dass Hegels Beschreibung und Kritik
der sinnlichen Gewissheit von der Annahme ausgeht, dass
Sätze ihren Wahrheitswert ändern können bzw. wahr oder
falsch werden, falls sich die Umstände ändern, unter denen
sie geäussert wurden (vgl. Aristoteles, Cat. 4a34-bl, b8
10).

15. In der Beurteilung der Hegel'schen Beschreibung der Selbst


darstellung der sinnlichen Gewissheit gehen die Meinnungen auseinan
der. W. Beckers Kritik am Vorgehen Hegels (Hegels Begriff der Dialek
tik und das Prinzip des Idealismus, Stuttgart, 1969, S. 108-151) scheint
selbst unter der Voraussetzung gerechtfertigt, dass man unterstellt, Hegel
projiziere bewusst eine extreme Naivität (vgl. W. Wieiand, "Hegels
Dialektik der sinnlichen Gewissheit". Seminar· Materialien zu Hegels 'Phä
nomenologie des Geistes', hrsg. von H. - D. Fulda und D. Henrich, Frank
furt a.M., 1979, S. 75 ("Es entspricht der Naivität der sinnlichen Gewiss
heit recht gut, wenn sie (. . .) von den Schwierigkeiten, die sich durch
eine Substantivierung — 'das Jetzt' — ergeben können, wenn man den
ursprünglichen Funktionssinn des Wortes 'jetzt' dabei vergisst (noch
nichts weiss)")) in diese Position, die er ja selbst als "ungebildete" Auf
fassung betrachtet (s.o.).

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48 Α. GRAESER

Der Satz selbst hat, wie


ung zu Sextus. In Adv. Lo
tung (αξίωμα) 'Es ist Tag
wahr, die Behauptung 'E
Umstände falsch sei. Ind
tizismus zu tun. Denn Sex
der Stoiker, die u.a. ja d
dieser Art nur relativ au
behauptet werden könne
ist, tatsächlich besteht. D
der Annahme zu tun, das
χει), während Zukunft u
jedoch nicht wirklich da se
lich beurteilten die Stoik
heit von Aussagen wie
geht'. Sätze dieser Art, d
ten und von den Stoikern deshalb als 'unbestimmte' bzw.
'mittlere' Aussagen betrachtet wurden, sind stoischer Theo
rie zufolge nur dann wahr, wenn eine entsprechend deik
tisch formulierte Behauptung wahrheitsgemäss auf eine Per
son zutrifft, welche in diesem Augenblick geht: 'Dieser (hier)
geht' (Adv. Log. II 100)18. — Da die Stoiker selbst offen
sichtlich jener Konsequenz vorbauten, die sich einstellen
müsste, wenn die Eigenart der Ausdrücke "jetzt" und "die
se(s)" übersehen würde, käme die Annahme, dass sich Hegel
hier am antiken Skeptizismus orientierte, der Behauptung
gleich, dass Hegel eine ignoratio elenchi anzulasten sei. Natür
lich lässt sich nicht ausschliessen, dass Hegel den Gedanken

16. "Die Bedeutung des antiken Skeptizismus" (oben, Anm. 4) S.


122.
17. Stobaeus, Ecl. I, 106, 19-20.
18. Sextus Emiricus, A du. Log. II, 100, dazu siehe C. H. Kahn, "Stoic
Logic and Stoic Logos", Archiv für Geschichte der Philosophie, 51, 1969, S.
158 - 171 ; A. Graeser, "The Stoic Theory of Meaning", The Stoics, hrsg.
von J. M. Rist, Berkeley, 1978, S. 83 - 84.

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IIEGEL UND PLATON 49

in irgendeiner Weise missverst


sichtig bleibt, in welchem Sinn
Position der sinnlichen Gewissheit attackiert. Immerhin
scheinen zwei Punkte unbestreitbar: Erstens stellt die von
Sextus skizzierte Position der Stoiker nicht die Position dar,
welche Hegel mit der Position der sinnlichen Gewissheit
verbindet. Zweitens finden sich in Hegels Kritik der Posi
tion der sinnlichen Gewissheit keine Elemente jener Kritik,
die Sextus vom Standpunkt der Skepsis aus gegen die sto
ischen Präzisierungen geltend macht. Der letztere Gesichts
punkt erlaubt den Rückschluss, dass Hegel tatsächlich keine
ignoratio elenchi anzulasten ist und er im Gegenteil den Un
terschied zwischen der von ihm beschriebenen und der von
den Stoikern gemeinten Situation sehr gut sah. So betrachtet
liegt die Folgerung nahe, dass Hegel sich im oben erwähnten
Zusammenhang nur locker an einem Beispiels-Satz orien
tiert, der sich bei Sextus findet.
Der philosophisch relevante Gesichtspunkt der Kritik He
gels findet sich dann auch nicht bei Sextus, sondern in Pia
tons 'Theaitet'. Denn hier wird — immer auf dem Boden
der Annahme eines Heraklitismus von der Art, wie ihn auch
Aristoteles mit Bezug auf Kratylos schildert (Metaph. IV 5)
— geltend gemacht, dass wir mit der Verwendung von deikti
schen und referentiellen Ausdrücken die Dinge de facto zum
Stillstand bringen (183a7 ίνα μή στήσωμεν αυτούς τω λόγφ).
Genau dieser Punkt ist für Hegel interessant. Zwar scheint
er den Details der Heraklitismus-Debatte in diesem Zusam
menhang kein besonderes Interesse entgegenzubringen. Doch
birgt die Fluss-Theorie mit dem für Hegel im Kontext der
Seins-Logik wichtigen Gedanken des Werdens die Ueber
legung, dass den referentiell verstandenen Worten unserer
Sprache keine festen Segmente als Bedeutungen gegenüber
stehen.

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50 Α. GRAESER

III

Der Nerv der Hegel'schen These bezüglich des Wahrheits


anspruchs der sinnlichen Gewissheit liegt freilich in der
Feststellung, dass die Annahme eines unmittelbaren, direkten
Erfassens von Gegenständlichkeiten eine Chimäre sei: Was
wir erfassen, ist stets durch Allgemeinbegriffe vermittelt.
Hegels Ueberlegungen, die hier nur summarisch skizziert
werden können, sind als Vorwegwiderlegung der Position
des Logischen Empirismus in der ersten Hälfte dieses Jahrhun
derts anzusehen. Sie antizipieren insbesondere jene Einwände,
die K.R. Popper in seinem 1934 erschienenen Buch 'Logik
der Forschung' geltend machte. So betonte Popper u.a.,
dass der Versuch einer strikt empirischen oder geradezu
theoriefreien Bewahrheitung von Sätzen an der Wirklich
keit selbst insofern scheitern müsse, als sich die Bezugnahme
auf Beobachtungsgegenstände bereits im Lichte von Theo
rien vollziehe. Diese Einsicht gehört heute nicht zuletzt auch
auf Grund ähnlicher Erwägungen von N. R. Hanson be
züglich der Theoriebefrachtetheit aller Beobachtungen19 und
entsprechender Ueberlegungen bei S. Toulmin und Th.
Kuhn zum Gedankengut aller zeitgenössischen Philosophie.
Zwar beziehen sich hermeneutisch orientierte Denker für
diesen Gesichtspunkt gern auf Heideggers Erörterungen von
Verstehen und Auslegen in 'Sein und Zeit' §31 IT. Doch wird
darüber vergessen, dass in diesem Jahrhundert wesentliche
Gesichtspunkte bereits von Ernst Cassirer formuliert wurden20.
Namentlich ist aber auch der Beitrag in Vergessenheit geraten,
den Piatons 'Theaitet' in dieser Beziehung darstellt.

19. Patterns of Discovery. An Inquiry into the Conceptual Foundations of


Science, Cambridge, 1958, S. 19 u.ö.
20. Substanzbegriff und Funktionsbegriff, Berlin, 1910; ders: Philosophie
der symbolischen Formen, Teil III: Phänomenologie der Erkenntnis, Darmstadt,
1980 (1. Aufl. 1929), Kapitel V, insbesondere mit der Kritik an Husserl,
Ideen I, § 86.

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HEGEL UND PLATON 51

Nun ist Piatons Erörterung sich


hen; in dieser Hinsicht untersche
unwesentlich von den Ueberleg
Hegel unklar bleibt, mit welch
"Hier", "Jetzt", "Dieser" usw. a
handelt werden und so betrachtet
auf einer Ebene stehen 21, so bleibt
Status der κοινά im Dunkeln. Auf der einen Seite haben wir
es mit Begriffen wie "schön", "hässlich", "gut" und "schlecht"
zu tun (185a8) ; auf der anderen Seite werden auch "gleich",
"ungleich", "identisch", "verschieden" (186a5-6) als Bei
spiele genannt, sowie "ist", "ist nicht" (185c5-6) und "Sein"
(ούσία) (186a2, alO)22. Die Art der Ausdrucksweise, deren
sich Piaton bei der Einführung der κοινά bedient, erweckt
fast zwangsläufig den Eindruck, als werde hier jener Fall
geschildert, da jemand z.B. über Farben oder Farb-Begriffe
nachdenkt (185a3, 8-9, b7); im nämlichen Zusammenhang
21. Dieser Punkt ist zurecht häufig kritisiert worden. Vgl. ζ. B. auch
D. W. Hamlyn, Sensation and Perception. A History of the Philosophy of Per
ception, London, 1961 (= International Library of Philosophy and Scien
tific Method), S. 141 ff.
22. Mit J.Cooper, "Plato on Sense-Perception and Knowledge" (oben
Anm. 13) S. 137 Anm. 18 bin ich der Meinung, dass die Verwendung
von ουσία im Kontext unserer Betrachtung stets so etwas wie die Zu
schreibung von Existenz bedeutet. Allerdings qualifiziert J. Cooper seine
Stellungnahme zu diesem Punkt an späterer Stelle (S. 140), um doch
dem Begriff des Wesens in irgendeiner Weise Rechnung tragen zu kön
nen, der ζ. B. 186al0 eine Rolle zu spielen scheint. — Nun lässt sich
dieses Problem vermutlich entschärfen, wenn in Betracht gezogen wird,
dass ".. .sein. .." (εϊναι) im Griechischen auch da äusserlich als einstel
liges Prädikat verwendet werden kann, wo de facto "dieses oder jenes
sein" gemeint ist (Vgl. besonders (G. E. L. Owen, "Aristotle on the
Snares of Ontology", New Essays on Plato and Aristotle, hrsg. von R. Bam
brough, London 1965, S. 69-95; A. Graeser, "Ueber den Sinn von
Sein bei Piaton", Museum Helveticum, 39, 1982, S. 29 - 42). Ebenso können
die Ausdrücke τό öv und ούσία natürlich unseren Begriff von Wesen
anzeigen, wenn wir von einem offenen Begriff des "Existierens als"
ausgehen und nicht etwa von unserem Begriff der Existenz.

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52 Λ. GRAESER

scheint auch eine Situ


mand "das allen Dinge
Diese Ausdrucksweise e
an die in der Akademie
wir mit demselben Name
Idee anzusetzen" (Polit
menides 130e, Aristot
es dann nicht einmal er
hier im 'Theaitet' auch
ben sehen. Doch trägt e
ständnis der genauen N
jenes Gedankens bei, da
tisch sei. Insbesondere
dazu, den wohl kruzia
sehen.
Der kruziale Punkt ist n
zu dem gehören, was wa
ist, soll uns gleich noch
sehen, dass Piaton 184d4
Wahrnehmungen, wie sie
den, von der Annahme au
die Sinne wie durch Or
men wird"23. Dass es auch
ten als den spezifischen
keiten geht, wie wir wa
wird alternierend von d
nimmt, in 185d3 - 4 wird
lichkeit, Unähnlichkeit,
"durch welche Teile des
wahrnehmen". Die Antwo
wahrnehmen, wobei die
Zuhilfenahme der körp
23. Die Uebersetzung von όσ
wird" stellt natürlich nur ei
"alles Wahrnehmbare" oder "was wahrzunehmen ist".

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HEGEL UND PLATON 53

τά δέ). Nun wird dieses Agieren d


als handle es sich hierbei um ei
(185el - 2, 186a4, b6 - 9), wie sie
philosophierenden Seele im 'Ph
vertraut ist. Doch handelt es sic
unzweideutig belegt, um eine A
nehmungsprozesses. Denn nach
nende Subjekt etwas wahrnimm
einen eigenen Beitrag leistet un
darauf beschränkt, die Sinne als
So betrachtet handelt es sich b
sich selbst" tut (z.B. 'betrachten
lich, aber nicht notwendig real
menhang unserer Wahrnehmun
allerdings die Frage, um welch
es hier geht und was wir eigent
Wahrnehmungen von der Art
Augen hat, wenn er eine beson
deren Beitrag der Seele postulier
Einen Anhaltspunkt gibt Pia
zwischen solchen Wahrnehmun
Tieren und neugeborenen Mensc
anderen Wahrnehmungen, die
rung und Uebung voraussetzen.
Wahrnehmungen lässt sich auf
ben von Eindrücken (παθήματα
diese Zuständlichkeiten bereits
Menschen zugeschrieben wird,
Piaton Zustände vor Augen hat
tur sind oder jedenfalls nicht e
müssen. Einen zweiten Anhaltsp

24. Vgl. Phaidon 66al, 87al u.ö., siehe


tonischen Seelenteilungslehrs. Untersuchun
ken Piatons, München, 1969, S. 61. Die
heute nicht mehr ohne jede Einschrän

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54 Λ. GRAESER

der Behauptung, dass


genannten Art kein W
zwar bisher nicht unab
worden. Somit mag der
Argumentation in diesem
dig macht. Doch lässt
wenn erkannt wird, da
Art von Wahrnehmungen
Sein, Zeitlichkeit usw. b
den Gedanken eines ka
(Sinnes-)Wahrnehmung
nehmung andererseits
auch zu beachten, dass
ist kein Wissen" (182d2
neuer Art eingeführt w
rerseits nur die Folgeru
wurde. Sie hält fest, da
nehmung, die durch da
keine Wahrnehmungen b
werden und keine Wa
Wahrheit25 ; und nur i
unabhängig von dem K
davon ausgehen kann, d
Wahrnehmungen dieser
zulässig, dass sich in den
μη findet.
Gewiss mag es naheliegen, den Unterschied, den Piaton

25. Aehnlich wie im Kontext von Anm. 22 stellt sich hier die Frage
nach dem systematischen Stellenwert der Begriffe Sein und Wahrheit.
"Wahrheit" scheint mir im vorliegenden Passus (186c7 - d5) am ehesten
auf eine Vostcllung von 'Sach-Wahrheit' hinzuweisen. In diesem Sinn
wäre zu sagen, dass sich in den παθήματα selbst deshalb kein Wissen
befindet, weil diese für sich selbst genommen allenfalls eine sensuelle
hyle darstellen. Sie geben nicht zu erkennen, dass etwas existiert und
als solches wahrgenommen wird, als von etwas anderem Verschiedenes.

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HEGEL UND PLATON 55

hier vor Augen haben mag, in A


Unterscheidung zwischen nicht-
mung einerseits und proposition
rerseits zu sehen. Doch scheint d
haft. Denn nicht-propositionale
ren modernen Verständnis nach b
welche Farbe man wahrnimmt und welche nicht. Genau
dieses Bewusstsein scheint aber in Piatons Sicht der Dinge
ein Charakteristitikum von Wahrnehmungen der zweiten,
höherstufigen Art darzustellen. Auf jeden Fall betont Pia
ton, dass Wahrnehmungen, die die Realität einer Sache
einschliessen oder genauer ein Bewusstsein der Realität des
Wahrgenommenen (z.B. "dass es ist", "dass sie sind") bein
halten, über das blosse Haben von παθήματα hinausweisen
und begriffliche Strukturen an den Tag legen, welche im
Haben von παθήματα nicht involviert sind.
Natürlich beantwortet dies nicht unsere Frage, wie Piaton
den Unterschied nun tatsächlich einschätzt. Auch ist damit
nicht die Frage beantwortet, welche Fälle von Wahrneh
mung auf der zweiten, höherstufigen Ebene Piaton als Para
digma-Fälle vor Augen stehen. Wenn wir — wie etwa H.
Gauss — an Beispiele wie "Dieser Tisch ist gelblich" denken26,
so hätten wir es hier generell mit Wahrnehmungsurteilen
zu tun. Nun sprach Piaton im Kontext der Kritik des Pro
tagoras allerdings von selbstbezüglichen Wahrnehmungen,

26. H. Gauss, Philosophischer Handkommentar zu den Dialogen Piatos.


Dritter Teil, Erste Hälfte, Bern, 1960, S. 35 - 37. Gauss hat das Ver
dienst, auf die Unterschiede zwischen den früheren und späteren Dia
logen klar hingewiesen zu haben. Bemerkenswert ist seine Feststellung:
"Er zeigt, dass jenes Sein, das wir im Urteil: 'Der Tisch ist gelblich' dem
Tisch in der Form des Gelblichseins zuschreiben, keineswegs etwas ist,
das von den Sinnen empfunden oder vom Auge gesehen werden kann.
Es ist etwas, das rein gedacht wird. Und so kommt Plato schon mehr
als zweitausend Jahre vor Kant zu der Einsicht, dass unsere Erkenntnis
zwar wohl mit der Sinnlichkeit und der Sinnesempfindung anhebe, des
halb aber nicht zugleich allein aus ihr zu entspringen brauche" (S. 37).

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56 Λ. GRAESER

die "aus den vorhandene


diesen Wahrnehmungen
3 - 4). Aehnlich spricht
"Meinungen gemäss de
5, 1009b9). Mit anderen
griff 'Wahrnehmungs-U
tionale Wahrnehmungen
sehen, dass Piaton im K
Begriff 'Urteil' (δόξα) au
Hintergrund unserer D
propositionaler Wahrneh
hieraus ergeben sich als
Unterscheidung verläuft o
Unterscheidung zwisch
haft"27. Namentlich di
wie "ist" und "ist nicht"
der Beschreibung hier n
Zuschreibung von Eigen
dem Sinne, dass etwa di
fiziert wird. Vielmehr leg
(ουσία) und der Ausdrüc
die Vorstellung nahe, da
als Tiere oder neugebor
mung, die sie haben, au
hinter den eigentlichen W

27. Immerhin scheint Platon


von der Unkorrigierbarkeit u
ist: Es ist schon schwieriger
der in Rede stehenden Wahr
von abgesehen gilt es zu sehe
solche Wahrnehmungen als w
Standards nicht-urteilshafter Natur sind.
28. In diesem Zusammenhang ist auf die Interpretation von I. M.
Crombie hinzuweisen: An Examination of Plato's Doctiines. II. Plato on
Knowledge and Reality, London, 1963, S. 15.9. Crombie vertritt die These,
dass "Episteme or 'knowledge', and with it aletheia or "trutli' are reserved

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HEGEL UND PLATON 57

So liegt der Kern der Platonisc


der Annahme eines starken refle
Fälle von αίσθάνεσθαι auszeichnet,
nahmen unsererseits involviert sind.

IV

Sicher ist Piaton der erste Denker in der Geschichte der


Philosophie, der das Phänomen Wahrnehmung einer ge
naueren Analyse zugänglich machte. Sein Beitrag zu dieser
Diskussion kam insofern pünktlich, als in der Sophistik die
Tendenz bestand, die Rolle von Wahrnehmung und Denken
begrifflich dem Status der blossen Sinnes-Wahrnehmung
anzunähern 29. Aber eben dieser Ansatz zur Korrektur eröffnet
zugleich auch ein höheres Reflexionsniveau. In diesem Sinn
ist gut denkbar, dass Hegel beim Entwurf seiner Geschichte
der Bildung des Individuums zum wirklichen philosophischen
Bewusstsein die Systematik der Konstellation im 'Theaitet'
als Ausdruck seiner eigenen Fragestellung empfand: Schon
bei dem Versuch, über das zu reden, was uns vermeintlich
unmittelbar durch die Sinne gegeben ist, merken wir, dass
die Annahme einer unmittelbaren Beziehung dieser Art zu
Schwierigkeiten führt. Was uns gegeben ist, ist uns in Gestalt
von Begriffen gegeben; und damit beginnen nunmehr auch
die Schwierigkeiten, ein philosophisch kohärentes Bild der
Dinge zu entwerfen30.
Andreas Graeser

for awareness of a realitv independent of oneself" (S. 15) ; in seiner Sicht


der Dinge liegt der Beitrag des Geistes ("mind") bzw. der Seele darin,
dass die Sinnesdaten geordnet werden und wir als erkennende Subjekte
somit in einen Kontakt mit der Wirklichkeit selbst gebracht werden.
29. Dazu siehe A. Graeser, Sophistik, Sokratik, Plato und Aristoteles,
München 1983 (=Geschichte der Philosophie, hrsg. von W. Rod, Bd.
II) ; siehe auch R. Rehm, Der Logos der Seele. Wesen, Aufgabe und Bedeu
tung der Sprache in der platonischen Philosophie, Hamburg, 1982, S. 57-61.
30. Für hilfreiche Bemerkungen danke ich Christoph Euchen und
Jean-Claude Wolf, sowie Andreas Baechli.

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