Vous êtes sur la page 1sur 22

See discussions, stats, and author profiles for this publication at: https://www.researchgate.

net/publication/251002901

Ein demotischer Brief aus Tebtynis (P. Yale 4628 qua)

Article  in  Revue d'égyptologie · December 2009


DOI: 10.2143/RE.60.0.2049278

CITATIONS READS

0 48

1 author:

Wolfgang Wegner
University of Wuerzburg
10 PUBLICATIONS   1 CITATION   

SEE PROFILE

Some of the authors of this publication are also working on these related projects:

Demotische und griechische Papyri aus Tebtynis View project

All content following this page was uploaded by Wolfgang Wegner on 25 November 2017.

The user has requested enhancement of the downloaded file.


92794_Rev.Eg._60_Voorw 17-06-2010 14:36 Pagina I

REVUE

D'ÉGYPTOLOGIE
PUBLIÉE PAR

LA SOCIÉTÉ FRANÇAISE D'ÉGYPTOLOGIE


AVEC LE CONCOURS DU CENTRE NATIONAL DE LA RECHERCHE SCIENTIFIQUE

TOME 60

VOLUME
dédié à la mémoire de
PAULE POSENER-KRIÉGER

PARIS

ÉDITIONS PEETERS
2009
92794_Rev.Eg._60_Voorw 17-06-2010 14:36 Pagina III

SOMMAIRE DE LA RdE 60 (2009)

H. GABER Deux variantes de la scène de la psychostasie (chapitres


30 et 125 du Livre des Morts)  . . . . . . . . . . . . . . . . 1-16
D. KLOTZ The cult-topographical text of Qasr el-Zayyan  . . . . . . . 17-40
St. PASQUALI Un ou deux taureaux Apis inhumés sous Horemheb∞∞?  . . . 41-46
I. RÉGEN Une brique magique du vice-roi de Nubie Mérymès (Louvre
E 33059)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47-62
P. RIGAULT – É. DELANGE Le lit funéraire de Djéhoutyhotep (Louvre AF 9170) . . . . 63-138
S. ROSMORDUC De quelques passages de la stèle d’Israël  . . . . . . . . . . 139-146
S. ULJAS Adverbial sentence wh-questions in Earlier Egyptian  . . . 147-158
W. WEGNER Ein demotischer Brief aus Tebtynis (P. Yale 4628 Qua)  . . 159-178
G. ZAKI Le dieu Mandoulis de Paptoûlis à Talmis  . . . . . . . . . . 179-194

BRÈVES COMMUNICATIONS

Preziosität und die Kunst, sich kurz zu fassen: zwei Beispiele aus Edfu (A. BLOCK)  . . 195-198
Le jeu de 16∞∞: un discret hommage à Hathor (Ph. DERCHAIN) . . . . . . . . . . . . . . . 199-200
Sceaux-scarabées inédits au nom de deux vizirs d’époque tardive (C. DORION)  . . . . . 201-204
La statue du grand intendant du Ramesseum, Youpa, conservée au musée de la faculté
des lettres à Alexandrie (E. EL-SAID)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205-208
Women and writing in the Middle Kingdom: stela Louvre C 187 (W. GRAJETZKI)  . . . 209-214
Une princesse héracléopolitaine de l’époque libyenne∞∞: Sopdet(em)hââout (R. MEFFRE)  . 215-221
A visitor’s graffito in Dayr Abu Hinnis. Remarks on the source of limestone sed in the
construction of al-Amarna (H. WILLEMS – B. DEMARÉE)  . . . . . . . . . . . . . . . 222-226

RdE 59 (2008)
92794_RdE_60_08_Wegner 17-06-2010 15:13 Pagina 159

EIN DEMOTISCHER BRIEF AUS TEBTYNIS (P. YALE 4628 QUA)1


[Planche XX]

PAR

WOLFGANG WEGNER
St.-Benedikt-Str. 6
D-97072 WÜRZBURG
Germany

Während bereits seit längerem eine größere Zahl von demotischen Briefen aus der Korre-
spondenz der Soknopaios-Priester2 bekannt ist, wurde bislang nur ein vergleichbares demo-
tisches Schreiben aus Tebtynis3 publiziert. Der vorliegende Brief, der sich seit 1997 im
Besitz der Beinecke Rare Book and Manuscript Library der Yale University befindet,4 ver-
dient schon daher Beachtung, ist aber auch phraseologisch und inhaltlich nicht uninteressant.

BESCHREIBUNG

Der mittelbraune Papyrus mißt 32,9 cm in der Breite und in der Höhe 9,3 cm. Der Text
auf der Vorderseite verläuft im rechten Winkel zu den Papyrusfasern. Man kann aber
davon ausgehen, daß es sich nicht um das Verso, sondern um das um 90 Grad gedrehte
Recto (transversa charta) handelt. Für querformatige Briefe wie den vorliegenden hat man
nämlich in der Regel von der Papyrusrolle einen Streifen parallel zu deren Schmalseite
abgeschnitten, der dann vor der Beschriftung um 90 Grad gedreht wurde.5
Der Brieftext auf dem Recto erstreckt sich über vier Zeilen; darunter steht recht weit
eingerückt eine kurze fünfte Zeile mit der Schlußformel. Da der Schreiber ziemlich nahe

1
Ich danke den Verantwortlichen der Beinecke Rare Book and Manuscript Library für die rechtefreie Publikation der
hier abgedruckten Photos im Internet, dem zuständigen Kurator Prof. Dr. R. Babcock für den angenehmen Kontakt sowie
Prof. Dr. K.-Th. Zauzich und Prof. Dr. G. Vittmann für ihre Anregungen, die Bereitschaft zur Diskussion und die Durch-
sicht des Manuskripts. Verbleibende Fehler gehen selbstverständlich zu meinen Lasten.
2
P. Oxford Griff. 13-36 (E. Bresciani, L’archivio demotico del tempio di Soknopaiu Nesos nel Griffith Institute di
Oxford, I, 1975, S. 12-43, Tf. 4-20 [im folg. abgekürzt als: E. Bresciani, Archivio]).
3
P. Kairo CG 30629 (W. Spiegelberg, Die demotischen Denkmäler, II. Die demotischen Papyrus [CG 30601-31270,
50001-50022], 1908, S. 82, Tf. 42 [im folg. abgekürzt als: W. Spiegelberg, DD, II]; M. Depauw, The Demotic Letter. A
Study of Epistolographic Scribal Traditions against their Intra- and Intercultural Background [DemStud 14], 2006, S. 220,
341 [im folg. abgekürzt als: M. Depauw, Letter]).
4
Er wurde zusammen mit anderen Papyri bei der Gallery Nefer in Zürich angekauft; vgl. S. Emmel – R. Duttenhöfer,
The Yale Papyrus Collection (P.CtYBR. inv.). Catalog Introduction, online im Internet: URL: http://www.library.yale.edu/
beinecke/aboutpap.htm (Stand: 08.10.2001).
5
Vgl. M. Depauw, Letter, S. 72-76.

Revue d’Égyptologie 60, 159-178. doi: 10.2143/RE.60.0.2049278


Tous droits réservés © Revue d’Égyptologie, 2009.
92794_RdE_60_08_Wegner 17-06-2010 15:13 Pagina 160

160 W. WEGNER

am oberen Rand ansetzte und am linken wenig Platz ließ, blieb nach unten mehr Raum frei,
als er wohl ursprünglich beabsichtigt hatte. Auf dem Verso findet sich nur die zweizeilige
Adresse. Durch Wurmfraß sind Teile des Brieftextes wie auch der Adresse beschädigt bzw.
verloren.
Die einstigen Faltränder lassen sich nicht zuletzt durch die hauptsächlich an ihnen lie-
genden Lücken gut erkennen. Die beiden mittleren Querfalten sind etwas breiter als die
obere und die untere. Auf dem Verso finden sich dunkle Verfärbungen im Bereich der
mittleren Falten. Die Adresse steht in der linken Hälfte der zweiten Falte von unten. In
Kombination mit den in auffälliger Weise deckungsgleichen Wurmfraßlöchern in der
Mitte und in der Nähe des rechten Randes des Recto kann man daraus folgende, von dem
bei querformatigen Briefen üblichen Verfahren6 abweichende Vorgehensweise beim
Zusammenfalten erschließen: Zuerst wurden die obere und untere Querfalte nach innen
geschlagen; anschließend wurde der Papyrus in der Mitte waagrecht gefaltet und dann
senkrecht halbiert. Auf die dadurch außen liegende zweite Falte von unten wurde die
Adresse geschrieben, wobei am linken Rand genügend Platz für die Bindung gelassen
wurde. Die Verfärbungen im Bereich der zweiten Querfalte von oben dürften sich
dadurch erklären, daß auch dieser Bereich später offen lag, sei es, daß sich irgendwann
die Bindung gelöst hat oder daß man den Brief nach der Lektüre nicht mehr ganz zusam-
mengefaltet hat.

BIBLIOGRAPHIE

Yale University, Beinecke Rare Book & Manuscript Library, Papyrus Collection Data-
base, online im Internet: URL: http://beinecke.library.yale.edu/papyrus (Stand: 30.06.2004),
Eintrag zu «P.CtYBR inv. 4628 qua» (Beschreibung und Farbphotos des Recto und Verso).

UMSCHRIFT UND ÜBERSETZUNG

Recto
1 [n] w¨b.w nty ¨q m-bÌ Sbk-nb-T-tn n Die Priester, die eintreten vor Soknebtynis, den
n†r.w sn.w n n†r.w mnÌ n n†r.w [mr]- Geschwistergöttern, den wohltätigen Göttern (und)
ít=w sm¨ (r) rs†ys p() ()ps†s Pr-m∂ den vaterliebenden Göttern, segnen Aristios (?),
[dí]=n den Epistates von Oxyrhyncha. Wir
2 ír n[y=k sm¨(.w)] m-bÌ Sbk-nb-T-tn machen deine Segnungen vor Soknebtynis, dem
p n†r ¨ íw=k q(y) Ìn ny=f Ìs(.w) íw=f großen Gott, indem du hoch(geschätzt) bist unter
(r) dí.t n=k Ìs(.t) m-bÌ pr-¨¨.w.s. íw=f Ìpr seinen Gelobten. Er wird dir Gunst schenken vor
í(w)=s Ìs dem KönigL.H.G.. Wenn es geschieht, daß es gefällt

6 Ibid., S. 79f.

RdE 60 (2009)
92794_RdE_60_08_Wegner 17-06-2010 15:13 Pagina 161

EIN DEMOTISCHER BRIEF AUS TEBTYNIS (P. YALE 4628 QUA) 161

3 (r-)∂b rtb sw 4 (r) p fy m-bÌ Sbk-nb- in bezug auf die 4 Artaben Weizen (für) das Opfer
T-tn n n†r.w sn.w [n n†r][.w] mnÌ n vor Soknebtynis, den Geschwistergöttern, [den]
n†r.w mr-ít=w [m]y dí=w s (n-)∂r(.t) p wohltätigen [Gött]ern (und) den vaterliebenden
w¨b wÌm (?) Göttern, möge man sie geben in die Hand des
berichtenden (?) Priesters,
4 nty ín n=k t s¨y(.t) íw[=f] Ìpr r wn md(.t) der dir den Brief bringt. Wenn es geschieht, daß es
wÌ [dy] my Ìn<=w> s (r) hb n{=w} dort eine Sache des Wünschens gibt, möge <man>
<=n> […] n.ím=s befehlen, {ihnen} <uns> […] darüber zu schreiben.
5 sÌ (n) Ì.t-sp 11.t bd-4 Ì.t (sw) 16 Geschrieben (im) Regierungsjahr 11, Monat 4 der
Achet-Jahreszeit, (Tag) 16.

Verso
1* n [w¨b.w nty] [¨]q [m-bÌ] Sbk-[nb]- Die Priester, die [ein]treten vor Sok[neb]tynis, den
[T]-tn n n†r.w sn.w n n†r.w mnÌ Geschwistergöttern, den wohltätigen Göttern
2 [n] n†r[.w] mr-[ít]=w s[m¨] (r) rs†ys (und) den [vater]liebenden Göttern, segnen Ari-
stios (?).

KOMMENTAR

RECTO
Zeile 1
[n] w¨b.w nty ¨q m-bÌ Sbk-nb-T-tn…: Diese Phrase ist in Tebtynis bislang nicht belegt. Es sind
nicht die Soknebtynis-Priester insgesamt, die als n w¨b.w (n) Sbk-nb-(B)tn(w) p n†r ¨ (…)7
bezeichnet werden, sondern nur diejenigen von ihnen gemeint, die Zutritt zum Sanktuar hat-
ten. Die Frage, welche Priesterämter im einzelnen dieses Privileg beinhalteten, ist nicht ab-
schließend geklärt.8 Daß die Stolisten dazu gehörten, läßt sich aus der Tatsache erschließen, daß
sie in den Synodaldekreten als n w¨b.w nty sm (r) p nty w¨b r ír mnÌ(.t) n n n†r.w bezeich-
net werden.9 Für die Verhältnisse in den fayumischen Tempeln ist der Brief P. Oxford Griff.

7 P. Carlsberg 431, 1 (K. Ryholt, in Fr. Hoffmann – H.-J. Thissen [Hgg.], Res severa verum gaudium. Festschrift für
K.-Th. Zauzich zum 65. Geburtstag am 8. Juni 2004 [StudDem 6], 2004, S. 510, Tf. 41); 432, 1 (ibid., S. 513, Tf. 42); 469,
1 (ibid., S. 526, Tf. 42); P. Kairo CG 30631, 4 (W. Spiegelberg, DD, II, S. 85, Tf. 43); P. Mailand 26, 1-2 (E. Bresciani –
P.W. Pestman, in Papiri della Università degli studi di Milano [P. Mil. Vogliano], III, 1965, S. 181, Tf. 8); P. Michigan
664 [= Mich. V 342], 1 (K. Ryholt, op. cit., S. 519, Tf. 43); P. Tebt. Botti 2, 1 (ibid., S. 515; G. Botti, in Studi in onore di
A. Calderini e R. Paribeni, 1957, S. 81, Tf. 2); 3, 1 (ibid., S. 84, Tf. 2).
8
Zum Stand der Diskussion vgl. H.-J. Thissen, Die demotischen Graffiti von Medinet Habu. Zeugnisse zu Tempel und
Kult im ptolemäischen Ägypten (DemStud 10), 1989, S. 17-18 (mit weiterer Literatur).
9
Stele BM EA 24 [= Memphis-Dekret R], 4 (W. Spiegelberg, Der demotische Text der Priesterdekrete von Kanopus
und Memphis [Rosettana], 1922, S. 40; R.S. Simpson, Demotic Grammar in the Ptolemaic Sacerdotal Decrees, 1996,
S. 258); Kairo CG 22186 [= Kanopos-Dekret K], 2 bzw. 22187 [= Kanopos-Dekret T], 5 (W. Spiegelberg, op. cit., S. 4;
R.S. Simpson, op. cit., S. 224; S. Pfeiffer, Das Dekret von Kanopos [238 v. Chr.]. Kommentar und historische Auswertung
eines dreisprachigen Synodaldekretes der ägyptischen Priester zu Ehren Ptolemaios’ III. und seiner Familie [AfP Beih.
18], 2004, S. 73).

RdE 60 (2009)
92794_RdE_60_08_Wegner 17-06-2010 15:13 Pagina 162

162 W. WEGNER

28 von Interesse, der an n w¨b.w nty ¨q m-bÌ / Sbk-nb-Pay p n†r ¨ Ìn¨ n Ìl-¨()y / n w¨b.w
Ìn¨ n w¨b.w (n) w¨ sp (Z. 3-5)10 adressiert ist. Es stehen also die w¨b.w nty ¨q m-bÌ G rang-
mäßig über den Priesterältesten. In P. Tebt. II 298, der graf® ïeréwn des Soknebtynis-Tem-
pels für das Jahr 107/08 n. Chr., sind in der Adresse vor den fünf Priesterältesten nur die drei
Stolisten genannt (Z. 1-9).11 Das Amt des Propheten war im betreffenden Jahr wohl vakant.
Denn dieser sollte den fragmentarischen grafaì ïeréwn P. Tebt. Tait 47, 2 und 48, 212
zufolge, in denen vor den Stolisten eine als Erbin (kljronómov) ihres Vaters Pakebkis cha-
rakterisierte Isidora auftritt, die die Prophetenstelle anscheinend von diesem geerbt hatte,13 an
erster Stelle stehen. Man könnte daher meinen, daß mit n w¨b.w nty ¨q m-bÌ Sbk-nb-T-tn…
der Prophet und die Stolisten sowie allenfalls noch der Pteraphoros, der in P. Tebt. II 298, 21-
2314 in der Priesterliste direkt nach den Stolisten aufgeführt ist, gemeint seien. Tatsächlich
dürften aber auch andere Priester Zugang zum Allerheiligsten gehabt haben. In P. Oxford
Griff. 70, 1-7 aus Soknopaiu Nesos fungieren neun w¨b.w nty-íw ¨q n p s 4.nw als Quit-
tungsaussteller.15 Sofern es sich dabei um eine einigermaßen repräsentative Angabe handelt,
käme man insgesamt auf etwa 40-50 w¨b.w nty-íw ¨q. Auf jeden Fall aber zeigt der Beleg, daß
es sich um einen größeren Personenkreis handelt als die Inhaber der drei höchsten Prie-
sterämter.
… sm¨ (r)…: In der vorliegenden Graphie von sm¨ ist das vermeintliche m, das in Wirklichkeit auf
die m¨-Gruppe der frühdemotischen Belege zurückgeht,16 ziemlich klein geraten und zudem
mit dem vorderen Teil des Determinativs des «Mannes mit erhobenen Armen» kontrahiert.
Entsprechend sind auch die beschädigten Schreibungen in Z. 2 und Z. 2 des Verso gedanklich
zu komplettieren. Zur Formel A sm¨ (r) B, an sich einer verkürzten, weniger förmlichen Fas-
sung von A sm¨ (r) B (dy) m-bÌ G17 vgl. nun die Zusammenstellung der Belege und ausführ-
liche Besprechung bei M. Depauw.18 Sie ist die meistgebrauchte demotische Briefeinleitungs-
formel19 und mit M. Depauw20 als Präsens I und nicht als Partizipialkonstruktion A (r.)s∂m (r)
B aufzufassen. Im Fall der ausführlicheren Formel spricht sich M. Depauw hinsichtlich des
Verbums sm¨ für die Übersetzung «segnen» aus, sieht aber «grüßen» für die Kurzfassung als
in den meisten Fällen vertretbare Alternative an.21 Im vorliegenden Fall dürfte freilich ange-
sichts der Absender ersteres die bessere Wiedergabe sein.

10
E. Bresciani, Archivio, S. 32, Tf. 16.
11
B.P. Grenfell – A.S. Hunt – E.J. Goodspeed, The Tebtunis Papyri, II (EES GR 52), 1970, S. 76, 79.
12
W.J. Tait, Papyri from Tebtunis in Egyptian and in Greek (P. Tebt. Tait) (EES TE 3), 1977, S. 104-105.
13
Vgl. P. Tebt. II 294 (B.P. Grenfell – A.S. Hunt – E.J. Goodspeed, op. cit., S. 65-66), das Kaufangebot des Pakebkis
für die Prophetenstelle als vererbbares Amt.
14
Ibid., S. 77, 79.
15
E. Bresciani, Archivio, S. 96, Tf. 38; vgl. A.A. den Brinker – B.P. Muhs – Sv.P. Vleeming, A Berichtigungsliste of
Demotic Documents: Papyrus Editions (StudDem 7A), 2005, S. 297.
16
Vgl. G. Vittmann, Der demotische Papyrus Rylands 9 (ÄAT 38), II, 1998, S. 439 Fn. 944 und M. Depauw, Letter,
S. 134.
17
Zu dieser Formel vgl. ibid., S. 132-137.
18
Ibid., S. 137-141.
19
Vgl. ibid., S. 138, 156-157, Graph 15.
20
Ibid., S. 139.
21
Ibid., S. 135-136, 139.

RdE 60 (2009)
92794_RdE_60_08_Wegner 17-06-2010 15:13 Pagina 163

EIN DEMOTISCHER BRIEF AUS TEBTYNIS (P. YALE 4628 QUA) 163

rs†ys: Aufgrund des Fremdlanddeterminativs und des Ranges seines Trägers kann es sich nur um
einen griechischen Personennamen handeln. Gemeint ist wahrscheinlich derselbe Name wie auf
O. Ashm. 21, 3: rystes22 und O. Pisa 239, 1: rs†yws23. Sofern dies tatsächlich der Fall ist,
käme am ehesten die vom Namenbuch24 bereits für rystes vorgeschlagene Identifizierung mit
ˆAríst(e)iov25 in Betracht. Doch läßt sich auch ˆArista⁄ov26 nicht ausschließen. Das im
Namenbuch für rystes alternativ erwogene ˆArístiv27 paßt dagegen nicht zu rs†yws.
p() ()ps†s: Eine der vorliegenden Schreibung pps†s vergleichbare Wiedergabe des Titels êpi-
státjv findet sich m.W. nur in P. BM EA 10591, vso 2.10: pps†s28. Sonst steht ein  für das
einleitende e, und es ist nur ein p geschrieben.29 Bei der Übertragung griechischer Personenna-
men wird das initiale e meist zu ,30 kann aber auch ausfallen,31 wie die Graphie Pmns wohl für
ˆEpiménjv in P. Brüssel E 8439, 132 statt des nach P. Berlin P. 23507, 3 zu erwartenden pymns
o.ä.33 zeigt. Somit verbleiben als Probleme einerseits die Verdoppelung des p, andererseits das
Fehlen des in der Position hinter dem Namen erforderlichen bestimmten Artikels. Nimmt man
an, der Schreiber habe letzteren irrigerweise zum Wort gezogen, wären beide gelöst.34 Als Par-
allele könnte man die Graphie p() hyrws für ïereúv auf Block Kairo CG 50025, Z. 535
anführen. Somit wäre an der vorliegenden Stelle als p() ()ps†s zu umschrieben, während man
in P. BM EA 10591, vso 2.10, wo der bestimmte Artikel gesetzt wurde, an der Emendation zu
p {p}ps†s nicht vorbeikommt.
22 U. Kaplony-Heckel, Die demotischen Tempeleide (ÄA 6), I, 1963, S. 109; II, S. 46; ead., Enchoria 12 (1984), Tf. 13.

U. Kaplony-Heckel hat aber wie auch E. Lüddeckens et al., Demotisches Namenbuch, I, 1980-2000, S. 26 ungenau rystys
gelesen.
23
E. Bresciani – M. Muszynski – S. Pernigotti, SCO 27 (1977), S. 62, Tf. 23.
24
E. Lüddeckens et al., op. cit., I, S. 26.
25
Fr. Preisigke, Namenbuch, 1922, Sp. 48; D. Foraboschi, Onomasticon alterum papyrologicum. Supplemento al
Namenbuch di F. Preisigke, 1967-1971, S. 48.
26
Fr. Preisigke, op. cit., Sp. 48; D. Foraboschi, op. cit., S. 48; W. Pape – G. Benseler, Wörterbuch der griechischen
Eigennamen, I, 31911, p. 128.
27
Fr. Preisigke, op. cit., Sp. 48; D. Foraboschi, op. cit., S. 48; W. Pape – G. Benseler, op. cit., S. 130. Laut ibid.,
S. 130 handelt es sich um die dorische Schreibung von ˆAristíav (Fr. Preisigke, op. cit., Sp. 48; W. Pape – G. Benseler,
op. cit., S. 130).
28
H. Thompson, A Family Archive from Siut from Papyri in the British Museum, 1934, S. 50, Tf. 11.
29
O. Berlin P. 14824, x+5: py[stts (?)] (U. Kaplony-Heckel, FuB 10 [1968], S. 180); O. BM EA 12594, x+5: pystts
(U. Kaplony-Heckel, Die demotischen Tempeleide, I, S. 334; II, S. 191); P. BM EA 10591, vso 4.4 (H. Thompson, op. cit.,
S. 54, Tf. 13): pstts; P. Carlsberg 409, Fragm. 114, 7.7: pystt[s] (M. Schentuleit, The Carlsberg Papyri, IX. Aus der
Buchhaltung des Weinmagazins im Edfu-Tempel. Der demotische P. Carlsberg 409 [CNIP 32], 2006, S. 71, Tf. 32);
P. Oxford Griff. 58, 1bis: psts (E. Bresciani, Archivio, S. 80, Tf. 33; vgl. A. Monson, JEA 92 [2006], S. 209 Fn. 22);
P. Straßburg WG 18, 6 und 19, x+12-13: pystts (O. Gradenwitz – Fr. Preisigke – W. Spiegelberg, Ein Erbstreit aus dem
ptolemäischen Ägypten, 1912, S. 47, 50, Tf. 3-4); P. Turin Cat. 2134, 18-19: pystytys (P.W. Pestman, L’archivio di Ame-
nothes, figlio di Horos [P. Tor. Amenothes], 1981, S. 98-99, Tf. 15).
30
Vgl. W. Clarysse – G. Van der Veken, The Eponymous Priests of Ptolemaic Egypt (P.L.Bat. 24), 1983, S. 145.
31
Vgl. ibid., S. 145, 162.
32
W. Clarysse – K. Vandorpe, in Fr. Hoffmann – H.-J. Thissen (Hgg.), Res severa verum gaudium…, 2004, S. 50,
Tf. 4, 6.
33
Vgl. G. Vittmann, Demotisches Namenbuch, I,18, 2000, S. 120.
34
Diesen Vorschlag verdanke ich Prof. Dr. G. Vittmann.
35
W. Spiegelberg, Die demotischen Denkmäler, III. Demotische Inschriften und Papyri (Fortsetzung) (CG 50023-
50165), 1932, S. 2-3, Tf. 2; Sv.P. Vleeming, Some Coins of Artaxerxes and Other Short Texts in the Demotic Script Found
on Various Objects and Gathered from Many Publications (StudDem 5), 2001, S. 109.

RdE 60 (2009)
92794_RdE_60_08_Wegner 17-06-2010 15:13 Pagina 164

164 W. WEGNER

Pr-m∂: Das demotische Toponym Pr-m∂() (bzw. P-m∂) bezeichnet zumindest zwei Orte. Die
nicht aus dem Fayum stammenden Belege36 dürften sich alle auf das mittelägyptische Oxy-
rhynchos, die Hauptstadt des 19. oberägyptischen Gaues,37 beziehen, während im vorliegenden
Fall wie auch in anderen fayumischen Dokumenten38 wohl das in den griechischen Papyri zahl-
reich bezeugte ˆOzurúgxa (bzw. ˆOzurúgxov) in der Meris des Polemon39 gemeint ist.40 Die
Namensgleichheit erklärt sich dadurch, daß die Bauern, die unter Ptolemaios II. und III. im
Rahmen umfangreicher Kultivierungsmaßnahmen im Fayum in Oxyrhyncha angesiedelt wur-
den, anscheinend vor allem aus dem oxyrhynchitischen Gau stammten.41 Die exakte geogra-
phische Lage von Oxyrhyncha konnte bisher nicht ermittelt werden. B.P. Grenfell, A.S. Hunt
und E.J. Goodspeed zufolge lag es wahrscheinlich im nördlichen Teil der Meris des Polemon.42
P. Peene dagegen erschloß für den Ort eine Lage in der Senke von el-Gharaq im Südwesten der
Meris, unmittelbar am Rand der Wüste.43 B. Kramer wiederum vermutete ihn nördlich von
Kerkeosiris und Tebtynis,44 und K. Mueller kam mit computergestützten Methoden zu einer
(hypothetischen) Lokalisierung rund 12 km nord-nordwestlich von Tebtynis.45 D. Rathbone
schließlich, der die Ortschaft zunächst nördlich von Tebtynis ansiedelte,46 nimmt nun eine Lage
nordöstlich von Tebtynis an.47

36
P. Rylands 9, 8.4, 8.12, 9.1, 12.15, 12.21 (Fr.Ll. Griffith, Catalogue of the Demotic Papyri in the John Rylands Library,
Manchester, I, 1909, Tf. 30-31, 34; II, Tf. 25-26, 29; G. Vittmann, Der demotische Papyrus Rylands 9, I, S. 32, 34, 37,
56, 58, 138-143, 154-157); P. Loeb 12, 8 (W. Spiegelberg – W. Otto, Die demotischen Papyri Loeb, 1931, S. 38, Tf. 9);
Apis-Inschrift Nr. 49, Z. 3; Nr. 50b, Z. 7; Nr. 52 (K.H. Brugsch, Thesaurus Inscriptionum Aegyptiacarum. Altägyptische
Inschriften, V, 1891, S. 985-986).
37
Wenig wahrscheinlich ist ein Bezug auf das bisher nur vom 5. bis 8. Jhdt. n. Chr. bezeugte Oxyrhynchos im hera-
kleopolitischen Gau, dessen Existenz H. Harrauer, AnPap 3 (1991), S. 27-32 erschlossen hat; die sicheren Belege sind
ibid., S. 29-30 zusammengestellt.
38
P. Lille 65, B.9 (Fr. de Cenival, Cautionnements démotiques du début de l’époque ptolémaïque [P. dém. Lille 34 à
96], 1973, S. 76, Tf. 14; zur Lesung Pr-m∂ statt Pr-Wn-nfr [?] vgl. ead., Papyrus démotiques de Lille [III] [MIFAO 110],
1984, S. 84); 105, 2.3 (ibid., S. 71, Tf. 13); 107, 2 (ibid., S. 83, Tf. 17); 119, Innenschrift 3, Außenschrift 5, 9 (M.C. Betro,
in S.F. Bondi et al. [Hgg.], Studi in onore di E. Bresciani, 1985, S. 68-69, Tf. 1-2).
39
Zu diesem Ort vgl. A. Calderini – S. Daris, Dizionario dei nomi geografici e topografici dell’Egitto Greco-Romano,
III, 1978, S. 392-393, Suppl. 1, 1988, S. 215; Suppl. 2, 1996, S. 142; Suppl. 3, 2003, S. 86 und P. Peene, Oxyrhyncha. Stu-
die van een dorp in grieks-romeins Egypte, unpubl. Lizentiatsarbeit, Leuven, 1987.
40
Vgl. Fr. de Cenival, op. cit., S. 84 und M.C. Betro, op. cit., S. 76.
41
Siehe besonders SB XX 14699 = P. Vatikan Gr. 65 (R. Pintaudi, Tyche 5 [1990], S. 101-104, Tf. 13); vgl. ferner
M. Rostovzeff, A Large Estate in Egypt in the Third Century B.C. A Study in Economic History (UWiscS 6), 1922, S. 9-10,
Cl. Kuhs, Das Dorf Samareia im griechisch-römischen Ägypten. Eine papyrologische Untersuchung, 1996, im Internet
online: URL: http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/volltexte/1999/479/pdf/samareia.pdf (Stand: 18.10.1999), S.
54 und W. Clarysse – D.J. Thompson, Counting the People in Hellenistic Egypt, II, 2006, S. 90-92.
42
B.P. Grenfell – A.S. Hunt – E.J. Goodspeed, op. cit., S. 359-360, 392.
43
P. Peene, op. cit., S. 5-7.
44
B. Kramer, Corpus Papyrorum Raineri, XVIII. Griechische Texte, XIII. Das Vertragsregister von Theogenis (P. Vin-
dob. G 40618), 1991, S. 101.
45
K. Mueller, AfP 50 (2004), S. 205 Abb. 4, S. 208-209, 211 Abb. 7.
46
D. Rathbone, in D.M. Bailey (Hg.), Archaeological Research in Roman Egypt. The Proceedings of the Seventeenth
Classical Colloquium of the Department of Greek and Roman Antiquities, British Museum, Held on 1-4 December, 1993
(JRA Suppl. 19), 1996, S. 55-56, Abb. 1.
47
Id., in I. Andorlini et al. (Hgg.), Atti del XXII Congresso Internazionale di Papirologia, Firenze, 23-29 agosto 1998,
II, 2001, S. 1114 (Karte).

RdE 60 (2009)
92794_RdE_60_08_Wegner 17-06-2010 15:13 Pagina 165

EIN DEMOTISCHER BRIEF AUS TEBTYNIS (P. YALE 4628 QUA) 165

Zeile 1-2
[dí]=n / ír n[y=k sm¨(.w)] m-bÌ Sbk-nb-T-tn p n†r ¨: Zu dieser Formel und ihren Varianten vgl.
nun die Zusammenstellung der Belege und ausführliche Besprechung bei M. Depauw.48 Nach
A p nty ∂d kann sie Bestandteil der Einleitungsformel sein. Doch steht sie mehrheitlich wie
hier im Anschluß an diese.49 Bislang ist allerdings nur ein weiterer Brief bekannt, in dem sie
wie im vorliegenden Fall auf A sm¨ (r) B folgt.50
In der Schreibung von ¨ ist das ¨-Zeichen recht weit nach hinten gerutscht.

Zeile 2
íw=k q(y) Ìn ny=f Ìs(.w).: An die vorhergehende Formel sowie ihre Varianten schließen sich mithin
ein Relativsatz, Konjunktiv, Futur III oder prospektives s∂m=f, seltener auch mehrere, in der 3.
Person Singular/Plural an, in dem/denen die dem Adressaten gewünschte(n) Wohltat(en) sei-
tens der angerufenen Gottheit(en) präzisiert ist/sind.51 Hier ist vor dem Futur III íw=f (r) dí.t
n=k Ìs(.t) m-bÌ pr-¨¨.w.s. freilich noch ein Umstandssatz des Präsens I in der 2. Person Singu-
lar eingeschoben.
Die Lesung der Gruppe ist nicht unproblematisch. In Anbetracht der Parallele íw=w (r)
dí.t / qy=k Ìn n Ìs(.w) Înm / p n†r ¨ «Sie mögen veranlassen, daß du hoch(geschätzt) bist
unter den Gelobten des Chnum, des großen Gottes» in P. Berlin P. 13587, 3-5 aus Elephan-
tine52 kommt in erster Linie die Auffassung als Graphie für q(y) in Frage, was auch paläo-
graphisch am besten passen würde. Von den beiden kontrahierten Zeichen über der Lücke
ist das vordere am ehesten als q anzusehen, wenn auch t und tn sich nicht gänzlich aus-
schließen lassen, während das hintere gegebenenfalls als y aufgefaßt werden könnte. Das teil-
weise in der Lücke verlorene Zeichen unter ersterem könnte man als den öfter unter q gesetz-
ten Punkt oder besser als die in den Graphien von q(y) häufig unter q vorkommende Gruppe
deuten.
Probleme bereitet dabei lediglich der weit nach vorn gezogene Strich unter der Lücke; diesbe-
züglich bestehen drei Möglichkeiten:
a. Man unterstellt einen Irrtum des Schreibers und tilgt den fraglichen Strich, doch wäre dies
eine ziemlich unbefriedigende Lösung.
b. Man erblickt darin ein k, was allerdings in Hinblick auf die Tatsache, daß k im unmittelbar
vorausgehenden íw=k sowie in den Graphien für n=k in Z. 2 und 4 deutlich anders aussieht,
paläographisch nicht unbedenklich wäre. Zudem würde die Auffassung als k ein grammatika-
lisches Problem aufwerfen. Denn im vorliegenden Kontext käme allenfalls die Deutung als

48
M. Depauw, Letter, S. 132-133, 175-183.
49
Vgl. ibid., S. 132-133, 175, 177.
50
Vgl. ibid., S. 178.
51
Vgl. ibid., S. 183-191.
52
K.-Th. Zauzich, Demotische Papyri aus den Staatlichen Museen zu Berlin, I. Papyri von der Insel Elephantine, 1978.
Eine weitere Parallele fände sich in P. Oxford Griff. 17, 7 (E. Bresciani, Archivio, S. 18, Tf. 8 [dort irrig als «16» bezeich-
net]), sofern man mit M. Depauw, op. cit., S. 189 zu [íw=w (r) dí.t qy=k] Ìn ny=f Ìs.w ergänzt.

RdE 60 (2009)
92794_RdE_60_08_Wegner 17-06-2010 15:13 Pagina 166

166 W. WEGNER

Stativendung .k in Frage, welche im Demotischen aber nur noch bei wenigen Verben53 und
kaum in der 2. Person Singular auftritt54.
c. Man faßt das vermeintliche y hinter dem q, das in diesem Fall besser als Bogen oder
Schlaufe anzusehen wäre, und den langgezogenen Strich als Reste des Determinativs des
«Mannes mit erhobenen Armen» auf. Dieses hätte dann ähnlich wie in den Graphien für qy in

P. Berlin P. 13587, 4 ( )55 sowie q¨y «(Ur)hügel» in P. Berlin P. 13603, 4.4 ( )56
ausgesehen. Dabei müßte man allerdings annehmen, daß über der Lücke, an der Stelle, an der der
verlorene Körper auf den erhaltenen Kopf stoßen würde, etwas Tusche abgeplatzt ist und daß
dem Schreiber der Fuß des Mannes recht lang geraten ist. Überdies ist die Determinativgruppe
57
bei qy bisher nur in römischer Zeit belegt.58 Nicht stichhaltig wäre hingegen der Ein-
wand, daß diese im vorliegenden Text sonst anders geschrieben ist. Denn da sich drei unter-
schiedliche Formen für — in sm¨ in Z. 1 und Z. 2 des Verso sowie in sm¨(.w) in Z. 2,

in Ìs(.w), Ìs(.t) und Ìs in Z. 3 und in wÌ in Z. 4 — finden, offenbar in Abhängigkeit

vom jeweiligen Wort, ist in q(y) eine vierte Variante durchaus denkbar.
Daneben bestünde allenfalls noch die Möglichkeit, die Zeichen über der Lücke als tn und y
oder besser als tn mit nw-Gruppe aufzufassen und íw=k tn(y).k… «indem du erhöht bist…»,
íw=k tn(y)=k… «indem du dich auszeichnest» oder, weil dann anstatt eines Umstandssatzes
auch ein Futur III in Frage käme, íw=k (r) tn(y)=k «Mögest du dich auszeichnen…» zu lesen.
Dagegen spricht jedoch, daß die Deutung als q der als tn vorzuziehen ist, daß die Lesung k
aus oben genanntem Grund paläographisch nicht unproblematisch wäre und daß sich die Zei-
chenreste unter dem vermeintlichen tn dann nicht gut erklären ließen. Zudem erschiene es mir
in Ermangelung demotischer Belege fragwürdig, im vorliegenden Fall eine reflexive Kon-
struktion des Verbums tn(y) mit der Bedeutung «sich auszeichnen» anzunehmen.59 Daher
53 W. Spiegelberg, Demotische Grammatik, 1925, S. 52-53 §97, Fr. Lexa, Grammaire démotique, III, 1947, S. 401-404

§492 und J.H. Johnson, The Demotic Verbal System (SAOC 38), 1976, S. 22, 26 haben Belege für íy / íw, ¨()y, ¨nÌ, ¨Ì¨(y),
wy / ww, m¨, n¨, hb, Ìms, qty, gr¨ und ∂f.
54
P. BM EA 10070 + Leiden I 383, 6.30 (Fr.Ll. Griffith – H. Thompson, The Demotic Magical Papyrus of London and
Leiden, I, 1904, S. 56, II, 1905, Tf. 6); P. BM EA 10822, vso 6.1, 6.3 (Fr.Ll. Griffith, Stories of the High Priests of Mem-
phis. The Sethon of Herodotus and the Demotic Tales of Khamuas, 1900, S. 192, Tf. 6-6a); P. Kairo CG 30646, 6.14
(S. Goldbrunner, Der verblendete Gelehrte. Der Erste Setna-Roman [P. Kairo 30646] [DemStud 13], 2006, S. 30, Tf. 7);
auffälligerweise handelt es sich in allen Fällen um Stative des Verbums n¨.
55
K.-Th. Zauzich, loc. cit.
56
W. Erichsen – S. Schott, Fragmente memphitischer Theologie in demotischer Schrift (Pap. demot. Berlin 13603)
(AAWLM 1954/7), 1954, Tf. 6.
57
Zur Identifikation der Gruppe vgl. Sv.P. Vleeming, The Gooseherds of Hou (Pap. Hou). A Dossier Relating to
Various Agricultural Affairs from Provincial Egypt of the Early Fifth Century B.C. (StudDem 3), 1991, S. 198-199 §29.
58
P. BM EA 10588, 6.3 (H.I. Bell – A.D. Nock – H. Thompson, PBA 17 [1931], Tf. o.Nr.); P. Wien D 6319, x+3.24,
x+4.26 (E.A.E. Reymond, From the Contents of the Libraries of the Suchos Temples in the Fayyum, II. From Ancient Egyp-
tian Hermetic Writings [MPER 11], 1977, Tf. 1-2).
59
Das Wörterbuch kennt allerdings Belege für tní in reflexiver Konstruktion mit der Bedeutung «(sich) auszeichnen
(über)» (Wb. V, 374,14-15).

RdE 60 (2009)
92794_RdE_60_08_Wegner 17-06-2010 15:13 Pagina 167

EIN DEMOTISCHER BRIEF AUS TEBTYNIS (P. YALE 4628 QUA) 167

gebe ich der Auffassung als q(y), am besten in Verbindung mit der dritten Option zur Deu-
tung des Strichs unter der Lücke, entschieden den Vorzug.
Die vorliegende Graphie für Ìs(.w) wie auch für Ìs(.t) und Ìs in den folgenden Sätzen würde
man in einem ptolemäischen Text nicht unbedingt erwarten. Das Glossar jedenfalls kennt nur
römische Belege für die Schreibung von Ìs «loben» und Ìsy «Ertrunkener» mit einem der Ìs-
Gruppe vorangestellten Ì.60 Hinter der Ìs-Gruppe steht in allen drei Fällen ein Zeichen, das wie
ein  aussieht, aber auch als komplementäres Ì zu deuten sein könnte61 und deshalb besser
ungelesen bleibt.
íw=f (r) dí.t n=k Ìs(.t) m-bÌ pr-¨¨.w.s.: Eine ausführlichere Fassung dieser Formel bietet der wahr-
scheinlich fiktive Brief auf Kalksteinplatte Kairo JE 38258, Z. 3f.: íw=f (r) dí.t n=k Ìs.t m-bÌ
pr-¨¨.w.s. Îr-wn-nfr¨.w.s. / [mr s.t] [mr] }Imn-R¨ nsw-n†r.w p n†r ¨ írm na pr pr-¨¨.w.s. ∂r=w62.
Sehr ähnliche Formulierungen finden sich in P. Oxford Griff. 13, 8f.: íw=w (r) dí.t n=k Ìs.t mr.t
s[w m-bÌ (?)] pr-¨¨.w.s. Sbk-(nb-)Pay (?) / s¨ [∂.t]63 und 17, 5f.: íw=w (r) dí.t n=k Ìs.t mr.t m-
bÌ Sbk p n†r ¨64 aus Soknopaiu Nesos. Zu diesen sowie vergleichbaren Wendungen vgl. nun
die Besprechung bei M. Depauw.65

Zeile 2-3
íw=f Ìpr í(w)=s Ìs / (r-)∂b…: Die Höflichkeitsfloskel (íw=f Ìpr) íw=s Ìs und ihre Varianten wer-
den in demotischen Briefen öfter zur Einleitung einer Bitte im Futur III, Imperativ oder Opta-
tiv gebraucht; vgl. nun die Zusammenstellung der Belege und ausführliche Besprechung bei
M. Depauw.66 Sie findet sich darüber hinaus in narrativen Texten, sei es in fiktiven Briefen
oder in wörtlicher Rede.67
Im vorliegenden Fall wird die gewünschte Sache durch die Präposition (r-)∂b — zur Lesung der
beschädigten Graphie als ∂b vgl. die sehr ähnlichen Schreibungen für ∂b Ì∂

( ) und (sÌ) ∂b-Ì∂ ( ) in P. Kairo CG 30622, 4 und 968, der auch aus
Tebtynis stammt — unmittelbar an die Wendung íw=f Ìpr íw=s Ìs angeschlossen, wofür es
m.W. keine Parallele gibt. Doch ließe sich immerhin auf die Formulierung íw=s Ìs íw=w (r) Ìn
s r-∂b p wy(¨) (?) / n n Ì.w n-rn=w in P. Lille 118, 7f.69 verweisen, wo der Bezug gleich-
falls durch (r-)∂b hergestellt wird.
60 W. Erichsen, Demotisches Glossar, 1954, S. 329-330.
61
Schreibungen mit eindeutigem Ì hinter der Ìs-Gruppe finden sich z.B. bei W. Erichsen, op. cit., S. 329-330.
62
W. Spiegelberg, ZÄS 50 (1912), S. 35, Tf. 2; M. Depauw, SAK 34 (2006), S. 97.
63
E. Bresciani, Archivio, S. 12, Tf. 4; die Lesung Sbk-(nb-)Pay (?) verdanke ich Prof. Dr. G. Vittmann.
64
E. Bresciani, op. cit., S. 18, Tf. 8 (dort irrig als «16» bezeichnet).
65
M. Depauw, Letter, S. 189-190.
66
Ibid., S. 266-267. Seinen Belegen wäre noch P. Lille 114, x+6 (Fr. de Cenival, in H.-J. Thissen – K.-Th. Zauzich
[Hgg.], Grammata demotika. Festschrift für E. Lüddeckens zum 15. Juni 1983, 1984, S. 19, Tf. 6) hinzuzufügen.
67
Vgl. M. Depauw, Letter, S. 267-268.
68
W. Spiegelberg, DD, II, Tf. 37. Den hier gegebenen Faksimiles liegt ein Photo des Demotischen Namenbuchs
zugrunde, das mir Prof. Dr. G. Vittmann dankenswerterweise zur Verfügung stellte.
69
Fr. de Cenival, in S.F. Bondi et al. (Hgg.), Studi in onore di E. Bresciani, 1985, S. 154, 160 Tf. 1; statt ihrer Lesung
sb, die mir paläographisch ausgeschlossen erscheint, würde ich eher an wy(¨) «Bauer» denken.

RdE 60 (2009)
92794_RdE_60_08_Wegner 17-06-2010 15:13 Pagina 168

168 W. WEGNER

Zeile 3
rtb sw 4 (r) p fy m-bÌ Sbk-nb-T-tn n n†r.w sn.w…: Das Determinativ des «tragenden Mannes»
( ) in fy ist wie in Tebtynis üblich wie die íy-Gruppe geschrieben ( ), was ebenso wie
die Angleichung des «sitzenden vornehmen Mannes» ( ) in rp¨y und †ty70 an diese Gruppe
mit dem vorausgehenden i-Laut zusammenhängen wird. Sehr ungewöhnlich hingegen, wenn
auch inhaltlich bei einem Wort für «Opfer» nachvollziehbar ist das dahinter gesetzte Gottes-
zeichen. Das Pluralzeichen von sn.w ist hier wie auch in Z. 1 des Verso merkwürdigerweise als
geschrieben.
In den römischen Opferweizenquittungen aus Soknopaiu Nesos kommt die Phrase p fy m-bÌ
G in der Quittierungsformel dí=k n=n sw¨ rtb x… r p fy m-bÌ Sbk-nb-Pay p n†r ¨… o.ä.71
sowie in den ausführlicheren Versionen der Formel (r) ín(.†) s(t) NN r Ìry (n) (p) fy (m-bÌ
Sbk-nb-Pay p n†r ¨)72 bzw. (r.)ín(.†) NN r Ìry (n) (p) fy (m-bÌ Sbk-nb-Pay p n†r ¨)73 vor.
Überdies findet sie sich in einem Brief aus Elephantine, in dem es u.a. um die Besorgung von
Emmer für das Opfer vor Chnum beim [pa-t-][st-rsy] geht,74 in einer Quittung aus Medinet
Habu über Syntaxis, in der als Zweck der Abgabe das Opfer vor Djeme benannt ist,75 und in
zwei Graffiti in Medinet Habu mit Abrechnungen über Emmer für das Opfer vor Chons und
vor Djeme (?)76. Aus den Opferweizenquittungen aus Soknopaiu Nesos geht hervor, daß sich
die Wendung p fy m-bÌ G auf das tägliche Opfer bezieht.77
Bei der Ergänzung der Präposition r habe ich mich nach der ersteren der beiden obigen For-
meln gerichtet, da die Präposition in ihr mehrheitlich geschrieben ist, während das n der ande-
ren nur in einem Fall tatsächlich belegt ist.

70 Vgl. W. Erichsen, Demotisches Glossar, S. 245-246 bzw. S.L. Lippert, ZÄS 130 (2003), S. 89.
71
P. Berlin P. 15594, 3-5 (S.L. Lippert – M. Schentuleit, Demotische Dokumente aus Dime, II. Quittungen, 2006,
S. 150, Tf. 20), P. Wien D 6044, A.2-4, B.3-4, D.2-4 (ibid., S. 145-146, Tf. 18), 6819, 3-6 (ibid., S. 153, Tf. 19), 6826,
A.2-3, B.2-3 (ibid., S. 154-155, Tf. 20) und öfter.
72
P. Wien D 6044, A.6-7, C.4-6 (ibid., S. 145-146, Tf. 18); 6817, C.8-9 (ibid., S. 171, Tf. 38); 6826, A.4-5 (ibid.,
S. 154, Tf. 20); 6835, D.9, E.9-10 (ibid., S. 166, Tf. 22).
73
P. Wien D 6021, 7 (ibid., S. 179, Tf. 18); 6134, A.5, B.7, vso B.5-6 (ibid., S. 157-159, Tf. 21); 6155, A.9-10 (ibid.,
S. 175, Tf. 19); 6817, B.7 (ibid., S. 170, Tf. 38); 12204, x+5-6 (ibid., S. 180, Tf. 23).
74
P. Berlin P. 13566, 7, 14-15 (K.-Th. Zauzich, Demotische Papyri aus den Staatlichen Museen zu Berlin, Preußischer
Kulturbesitz, III. Papyri von der Insel Elephantine, 1993).
75
O. OIM MH 6, 3 (M. Lichtheim, Demotic Ostraca from Medinet Habu [OIP 80], Chicago 1957, S. 11, Tf. 2,
36).
76
Graff. Medinet Habu Nr. 262, 2.7, 2.12, 2.20 (W.F. Edgerton, Medinet Habu Graffiti. Facsimiles [OIP 36], 1937, Tf.
68; H.-J. Thissen, Die demotischen Graffiti von Medinet Habu…, S. 156-157); Nr. 265, 1 (W.F. Edgerton, op. cit., Tf. 70;
H.-J. Thissen, op. cit., S. 159). M.E. ist in beiden Texten anstatt des von H.-J. Thissen bzw. K.-Th. Zauzich vorgeschla-
genen ít bzw. ¨q besser bd.t zu lesen; zur abkürzenden Schreibung von bd.t siehe M. Malinine, Kêmi 11 (1950), S. 9-10,
Tf. 2. In Nr. 262, 2.12 und 2.20 ist die Lesung als Însw paläographisch ausgeschlossen. Mir scheint Δm geschrieben zu
sein, was sich als eine Graphie für den Gottesnamen Δm¨ — zu diesem vgl. z.B. W. Erichsen, Demotisches Glossar,
S. 679 und G. Vittmann, ZÄS 109 (1982), S. 169-170 — deuten ließe. Freilich würde man dann anstelle des merkwürdigen
letzten Zeichens oder nach diesem ein Gottesdeterminativ erwarten.
77
Vgl. S.L. Lippert – M. Schentuleit, op. cit., S. 181-183.

RdE 60 (2009)
92794_RdE_60_08_Wegner 17-06-2010 15:13 Pagina 169

EIN DEMOTISCHER BRIEF AUS TEBTYNIS (P. YALE 4628 QUA) 169

Zeile 3-4
[m]y dí=w s (n-)∂r(.t) p w¨b wÌm (?) / nty ín n=k t s¨y(.t): Dieser Optativ fungiert als Apodosis
zum Conditionalis íw=f Ìpr í(w)=s Ìs.78
Bei der problematischen Gruppe kann es sich angesichts des Kontexts nur um einen Titel
oder Personennamen handeln. Da die Suche nach einem passenden, mit p beginnenden Namen
erfolglos blieb, wird es sich um einen Titel handeln. Dann kommt für den Anfang der Gruppe
am ehesten die Lesung p w¨b in Frage; vgl. die Schreibungen für w¨b.w in Z. 1 und Z. 1 des
Verso. Das letzte Zeichen würde man auf den ersten Blick als s† auffassen. Zum einen würde
man jedoch nach s† ein † erwarten, zum anderen ergäbe dies inhaltlich keinen Sinn. Daher gebe
ich der paläographisch ebenfalls vertretbaren Lesung wÌm den Vorzug, wenn auch mit Beden-
ken. Man müßte dann nämlich eine verkürzte Graphie des im Demotischen sonst ausgeschrie-
benen Priestertitels wÌm79 annehmen. Es ist mir außerdem kein Beleg für die Verbindung von
w¨b und wÌm bekannt. Als Priestertitel kommt wÌm fast ausnahmslos in der Kombination Ìm-
n†r wÌm vor und ist dabei zumeist mit einem oder mehreren anderen Prophetenämtern verbun-
den.80 H. Kees hält es daher für ausgeschlossen, daß ein w¨b-Priester die dem Amt innewoh-
nende Funktion des Mittlers zwischen Gott und Menschen erfüllen konnte.81 Mir erscheint es
jedoch denkbar, daß in kleineren Tempeln wie Tebtynis mit nur einer Prophetenstelle82 auch
ein w¨b-Priester — zumal bei einer Vakanz des Amtes — die Funktion des wÌm-Priesters über-
nehmen konnte, wenn auch womöglich nur ausnahmsweise und vorübergehend.
Alternativ könnte man in allenfalls noch das Zeichen erblicken, daß früher als sb gelesen
wurde, heute jedoch nach einem Vorschlag von G.R. Hughes83 als zweite Form des sw-Zei-
chens aufgefaßt wird.84 Man könnte dann an den in Hawara belegten Titel p w¨b Sw85 denken.
Entschieden gegen diese Möglichkeit spricht allerdings, daß das Gottesdeterminativ auch in
Graphien für Sw mit dieser Variante des sw-Zeichens86 nicht fehlt.
78 Vgl. den Kommentar zu Z. 2-3.
79
P. Hamburg D 9, 4 (E. Lüddeckens, Demotische Urkunden aus Hawara. Umschrift, Übersetzung und Kommentar
[VOHD Suppl. 28], 1998, S. 231, Tf. 29; vgl. G. Vittmann, WZKM 89 [1999], S. 281); Bronzetafel BM EA 57371, Z. 21
(A.F. Shore, in J. Ruffle – G.A. Gaballa – K.A. Kitchen [Hgg.], Glimpses of Ancient Egypt. Studies in Honour of H.W. Fair-
man, 1979, S. 144 Tf. 4, S. 145; Sv.P. Vleeming, Some Coins of Artaxerxes and Other Short Texts…, S. 24).
80
Vgl. Wb. I, 344,17-19, H. Gauthier, Le personnel du dieu Min (RAPH 3), 1931, S. 24-25 und H. Kees, ZÄS 85
(1960), S. 138-143 sowie die vorhergehende Fn.
81
Ibid., S. 143.
82
Vgl. J.A.S. Evans, YCS 17 (1961), S. 187-188 sowie den Kommentar zu Z. 1.
83
G.R. Hughes, MDAIK 14 (1956), S. 80-88.
84
Vgl. die Zusammenfassung der Diskussion bei A.A. den Brinker – B.P. Muhs – Sv.P. Vleeming, A Berichtigungsli-
ste of Demotic Documents: Ostrakon Editions and Various Publications (StudDem 7B), 2005, S. 834-836. Das ausschlag-
gebende Argument hat M. Smith, Catalogue of Demotic Papyri in the British Museum, III. The Mortuary Texts of Papyrus
BM EA 10507, 1987, S. 121 beigesteuert.
85
P. Ashm. D 7+8+11+12+13, e.15 (S. Pasek, Hawara. Eine ägyptische Siedlung in hellenistischer Zeit, II, 2007,
S. 290, Abb. auf CD-Rom).
86
In P. BM EA 10507, 11.19 (M. Smith, op. cit., S. 51, Tf. 8) und P. Bodl. MS. Egypt. c 9(P) + Louvre E 10605, 2.8
(M. Smith, The Liturgy of Opening the Mouth for Breathing, 1993, S. 25, Tf. 5) sowie — im Namen Ty-Sw — in
P. Berlin P. 3096, 6 (W. Spiegelberg, Demotische Papyrus aus den Königlichen Museen zu Berlin, 1902, Tf. 5; vgl.
G.R. Hughes, op. cit., S. 86) und P. BM EA 10073, 6 (N. Reich, Papyri juristischen Inhalts in hieratischer und demotischer
Schrift aus dem British Museum, I, 1914, S. 60, Tf. 14; vgl. G.R. Hughes, loc. cit.).

RdE 60 (2009)
92794_RdE_60_08_Wegner 17-06-2010 15:13 Pagina 170

170 W. WEGNER

Zeile 4
íw[=f] Ìpr r wn md(.t) wÌ [dy] my Ìn<=w> s (r) hb n{=w}<=n> […] n.ím=s: Zur Hilfsangebots-
formel sowie ihren Varianten vgl. nun die Zusammenstellung der Belege und ausführliche
Besprechung bei M. Depauw;87 sie findet sich häufig am Briefende. Zur vorliegenden Fassung
der Protasis gibt es m.W. keine direkte Parallele. Dennoch ziehe ich die Auffassung von md(.t)
wÌ als Genitivkonstruktion entschieden der mit einem vergleichsweise massiven Eingriff in
den Text verbundenen Emendation zu íw[=f] Ìpr r wn md(.t) <r nty íw=k> wÌ<=s> [dy] oder
íw[=f] Ìpr r wn md(.t) <íw=w> wh<=s> [dy]88 vor.
Der Circumstantialkonverter vor dem wn ist als r geschrieben. In der Apodosis ist das gramma-
tikalisch erforderliche Suffix in der Höflichkeitsfloskel my Ìn=w s89 ausgelassen. Das auf hb
folgende n=w dürfte irrtümlich anstelle von n=n stehen. Zur Lesung der Graphie

als n.ím=s vgl. z.B. die sehr ähnliche Schreibung für n.ím=w ( ) in dem ebenfalls aus
Tebtynis stammenden P. Kairo CG 30604, 9.90 Die Ergänzung der Lücke vor n.ím=s stellt ein
Problem dar: der naheliegende Gedanke an ein als geschriebenes n verbietet sich ange-
sichts des Punktes hinter der Lücke, der als das n von n.ím=s anzusehen sein wird.

Zeile 5
sÌ (n) Ì.t-sp 11.t bd-4 Ì.t (sw) 16: Zu dieser in den demotischen Briefen am häufigsten gebrauch-
ten Schlußformel vgl. nun die Zusammenstellung der Belege und ausführliche Besprechung bei
M. Depauw.91 Für die Lesung von als Ì.t und nicht pr.t gibt der kleine Hacken über
dem Sonnendeterminativ den Ausschlag. Ein solcher findet sich nämlich auch in der Schrei-
bung für Ì.t in P. BM EA 10624, 1 aus Tebtynis92, während in dem gleichfalls von
dort stammenden P. Kairo CG 30604, 193, die durch den griechischen Registrierungsvermerk
gesicherte Graphie für pr.t über dem Sonnenzeichen noch einen kurzen waagrechten
Strich aufweist. In Papyri des 2. und 1. Jhdts. v. Chr. aus Tebtynis sind sowohl der horizontale
Strich des Hackens in Ì.t als auch der waagrechte Strich in pr.t deutlich länger.94 Aufgrund der
größeren Lücke unter der Zeile ist es nicht ganz sicher, ob sw hier nicht vielleicht doch
geschrieben war.

87
M. Depauw, Letter, S. 218-221.
88
Nach P. Oxford Griff. 22, 6 (E. Bresciani, Archivio, S. 26, Tf. 13 [dort irrig als «23» bezeichnet]) aus Soknopaiu
Nesos bzw. P. Berlin P. 13564, 26-27 (K.-Th. Zauzich, Demotische Papyri aus den Staatlichen Museen zu Berlin…, III)
und 15622+23668, 6 (ibid.) aus Elephantine.
89
Zu dieser Formel vgl. M. Depauw, Letter, S. 264-265.
90
H.-J. Thissen, in H.-J. Thissen – K.-Th. Zauzich (Hgg.), Grammata demotika…, S. 236, Tf. 32.
91
M. Depauw, op. cit., S. 165-167; zur Häufigkeit der Formel vgl. ibid., S. 170-171.
92
H. Thompson, JEA 26 (1940), S. 72, Tf. 13. H. Thompson hat pr.t gelesen, doch hat dies bereits M. Chauveau,
BIFAO 91 (1991), S. 124 Fn. 9 zu Ì.t berichtigt.
93
H.-J. Thissen, op. cit., S. 235, Tf. 32.
94
Vgl. z.B. E. Lüddeckens, in E. Lüddeckens et al., Demotische und Koptische Texte (PapCol 2), 1968, S. 34-35.

RdE 60 (2009)
92794_RdE_60_08_Wegner 17-06-2010 15:13 Pagina 171

EIN DEMOTISCHER BRIEF AUS TEBTYNIS (P. YALE 4628 QUA) 171

VERSO
Zeile 1
n [w¨b.w nty] [¨]q [m-bÌ] Sbk-[nb-][T]-tn: Die Lesung der stark beschädigten Partie ist durch
den Vergleich mit der Parallele in Z. 1 des Recto sicher. Der kurze Querstrich unter der fast
vollständig erhaltenen tn-Gruppe in [T]-tn dürfte zum vorausgehenden t-Zeichen gehören,
von dem ansonsten kaum Reste verblieben sind.

Zeile 1-2
… s[m¨] (r)…: Nur ein kleiner Rest der m¨-Gruppe95 hat sich vor dem hackenförmigen Strich des
«Mannes mit erhobenen Armen» erhalten. Als Adresse auf dem Verso findet sich die Formel
A sm¨ (r) B bisher nur in drei Briefen. Im Gegensatz zum vorliegenden Fall lautet die Brief-
einleitungsformel dabei allerdings stets A sm¨ (r) B m-bÌ G.96

INHALT

Aus den Auflistungen der im Soknebtynis-Tempel als qeoì súnnaoi mitverehrten Pto-
lemäerpaare in Z. 1 und 2 sowie Z. 1f. des Verso, die jeweils mit den Theoi Philopatores
enden, ergibt sich als terminus ante quem non für die Datierung des vorliegenden Textes
die Herrschaft Ptolemaios’ IV. (222/21-204 v. Chr.). Ein sicherer Ansatz in diese Regie-
rungszeit läßt sich daraus freilich nicht erschließen, da mit einer unvollständigen Aufli-
stung zu rechnen ist. Für eine Datierung in das ausgehende 3. Jhdt. v. Chr. sprechen jedoch
das Format und die Paläographie. Querformatige Briefe kamen nämlich im Laufe des
3. Jhdts. v. Chr. zugunsten hochformatiger Briefe außer Gebrauch,97 wobei die Breite von
32,9 cm gut zu den Rollenformaten der 2. Hälfte des 3. Jhdts. v. Chr. passen würde, wel-
che sich zunehmend bei etwa 32 cm einpendelten98. Paläographisch steht der Brief, was
sich auch an einzelnen Schreibungen zeigen läßt,99 den aus den Jahren 232, 212/11 bzw.
196 v. Chr. stammenden Urkunden P. Kairo CG 30604, 30622 und P. BM EA 10624 nahe.
Dies rechtfertigt m.E. die Datierung des Briefes unter Ptolemaios IV. Die Datumsangabe in
Z. 5 (Regierungsjahr 11, 16. Choiak) entspräche sodann dem 28. Januar 211 v. Chr.
Absender des Briefes sind die w¨b.w nty ¨q m-bÌ Sbk-nb-T-tn, also diejenigen Sokneb-
tynis-Priester, die Zutritt zum Sanktuar hatten.100 Adressiert ist er an den Epistates von
Oxyrhyncha, einem bisher nicht lokalisierten Ort in der Meris des Polemon, wahrscheinlich

95
Zur Lesung vgl. den Kommentar zu Z. 1 des Recto
96
Vgl. M. Depauw, Letter, S. 121.
97
Vgl. ibid., S. 73, 75-76.
98
Vgl. id., in K. Ryholt (Hg.), Acts of the Seventh International Conference of Demotic Studies, Copenhagen, 23-27
August 1999 (CNIP 27), 2002, S. 85-110 und id., Letter, S. 74.
99
Vgl. die Kommentare zu Z. 2-3, 4 und 5.
100
Vgl. den Kommentar zu Z. 1.

RdE 60 (2009)
92794_RdE_60_08_Wegner 17-06-2010 15:13 Pagina 172

172 W. WEGNER

nicht weit von Tebtynis entfernt.101 Dem êpistátjv kÉmjv unterstanden die örtlichen
Polizeibeamten, die fulak⁄tai, doch hatte er auch juristische und administrative Befug-
nisse.102 Ein Epistates von Oxyrhyncha namens Aristios o.ä. ist bislang m.W. nicht
bezeugt, komplettiert also die Zahl der derzeit bekannten Amtsinhaber, die im folgenden in
chronologischer Reihenfolge zusammengestellt seien:103

1. Moschion104 PP, I, Nr. 691 um 224-218 v. Chr.105 P. Petr. III 28(e), vso a.3
28. Jan. 222 v. Chr. P. Enteux. 58 = P. Lille II 5, 16, 24
20. Mai 222 v. Chr. P. Petr. II 2(2) = III 28(b), 1, 7, vso 3
26. Feb. 221 v. Chr. P. Enteux. 70 = P. Lille II 21, 10, 16
26. Feb. 221 v. Chr. P. Enteux. 83 = P. Lille II 42, 8f., 12
2. Aristios (?) --- 28. Jan. 211 v. Chr. P. Yale 4628 qua, 1, vso 2
3. Apollonios --- Mitte 2. Jhdt. v. Chr. P. Erasm. I 4, 1f.
Mitte 2. Jhdt. v. Chr. SB XXII 15542, 1
4. Theodoros --- 148/47 v. Chr. P. Erasm. I 1, 34f.
106
5. Ameinias PP, I, Nr. 641 um 143-138 v. Chr. P. Tebt. III,1 803, 1f.
6. Sarapion PP, I, Nr. 711 um 138 v. Chr. P. Tebt. III,1 785, 30
107
7. Demetrios PP, I, Nr. 659 um 138 v. Chr. P. Tebt. III,1 786, 23f.
5 (?). Dez. 135 v. Chr. P. Tebt. III,1 802, 2f.
2. Jhdt. v. Chr. P. Med. Bar. 8 ined.108
8. Stephanos PP, I, Nr. 715 um 138 v. Chr. P. Tebt. III,1 786, 23f.
2. Jhdt. v. Chr. P. Med. Bar. 8 ined.
9. Ptolemaios (?) PP, I, Nr. 705 um 127-124 v. Chr.109 P. Tebt. III,1 790, 25f.
10. Leonides PP, I, Nr. 683 spätes 2. Jhdt. v. Chr. P. Tebt. III,2 967, 1

101 Zu diesem Ort und seiner Lage vgl. den Kommentar zu Z. 1.


102
Vgl. E. Lavigne, De epistates van het dorp en ptolemaeisch Egypte (StudHell 3), 1945, S. 35-87.
103
Die Abkürzungen sind folgendermaßen aufzulösen: PP, I = W. Peremans – E. Van’t Dack, Prosopographia Ptole-
maica, I (StudHell 6), 1950; P. Petr. II = J.P. Mahaffy, The Flinders Petrie Papyri, II, 1893; P. Petr. III = J.P. Mahaffy –
J.G. Smyly, The Flinders Petrie Papyri, III, 1905; P. Enteux. = O. Guéraud, ENTEUZEIS. Requêtes et plaintes adressées
au roi d’Égypte au IIIe siècle avant J.-C. (PSFP 1), 1931; P. Lille II = J. Lesquier, Papyrus grecs, II. Papyrus de Magdôla,
1912; P. Erasm. I = P.J. Sijpesteijn – Ph.A. Verdult, Papyri in the Collection of the Erasmus University (Rotterdam)
(P. Erasm. I) (PapBrux 21), 1986; SB XXII = H.-A. Rupprecht (Hg.), Sammelbuch Griechischer Urkunden aus Ägypten,
XXII, 2001; P. Tebt. III,1 = A.S. Hunt – J.G. Smyly, The Tebtunis Papyri, III,1 (EES GR 23), 1933; P. Tebt. III,2 =
A.S. Hunt – J.G. Smyly – C.C. Edgar, The Tebtunis Papyri, III,2 (EES GR 25), 1938.
104
E. Lavigne, op. cit., S. 21, die von einer Datierung von P. Petr. III 28(e) und P. Petr. II 2(2) = III 28(b) ins Jahr
261/60 bzw. 260/59 v. Chr. ausgeht, bezieht die Belege auf zwei Personen. Anderer Auffassung ist E. Van’t Dack, in
E. Van’t Dack – T. Reekmans, Ptolemaica (StudHell 7), 1951, S. 21 mit Fn. 8.
105
Die Datierung basiert auf den anderweitigen Bezeugungen des Adressaten Diophanes (PP, I, Nr. 247).
106
Vgl. S. Daris, Aegyptus 63 (1983), S. 20.
107
P. Tebt. III,1 802 ist mit E. Van’t Dack, op. cit., S. 22 mit Fn. 2 und PP, I, S. 68 entgegen der Auffassung von
E. Lavigne, op. cit., S. 18 wohl auf dieselbe Person wie P. Tebt. III,1 786 zu beziehen.
108
Vgl. P. Peene, op. cit., S. 23, 40-41.
109
Vgl. L. Mooren, The Aulic Titulature in Ptolemaic Egypt. Introduction and Prosopography, 1975, S. 100 Nr. 073.

RdE 60 (2009)
92794_RdE_60_08_Wegner 17-06-2010 15:13 Pagina 173

EIN DEMOTISCHER BRIEF AUS TEBTYNIS (P. YALE 4628 QUA) 173

Dabei waren Moschion, Ameinias und Demetrios allerdings wohl Epistatai der Meris des
Polemon, deren Hauport Oxyrhyncha anscheinend war.110 Während die beiden ersteren
das Amt des êpistátjv kÉmjv von Oxyrhyncha in Personalunion bekleidet haben könn-
ten, ist im Falle der zweimal gemeinsam belegten Epistatai Demetrios und Stephanos eine
Trennung beider Ämter wahrscheinlich, wobei Stephanos der êpistátjv kÉmjv gewesen
sein dürfte.111
Sofern der Brief den Adressaten tatsächlich erreichte, kommt als Fundort am ehesten das
bis heute nicht identifizierte Oxyrhyncha in Frage. Doch könnte Aristios (?) nach seiner
Amtszeit in Oxyrhyncha auch den Wohn- und/oder Dienstort gewechselt haben. Zudem ist
es nicht ausgeschlossen, daß der Brief Tebtynis gar nicht erst verließ.
In der Briefeinleitung und im Schluß des Briefes sowie in der Adresse auf dem Verso
sind neben gängigen auch ungewöhnliche Formeln gebraucht; die vorliegende Kombina-
tion ist dabei ohne Parallele.112 Der eigentliche Briefinhalt ist unter Verwendung einer Höf-
lichkeitsfloskel113 recht knapp formuliert: Aristios (?) wird gebeten dem Überbringer des
Briefes, dem w¨b wÌm (?), 4 Artaben Weizen für das tägliche Opfer vor Soknebtynis zu
übergeben. Nimmt man an, daß im ptolemäischen Tebtynis für das tägliche Opfer dieselbe
Menge Weizen wie im römischen Soknopaiu Nesos benötigt wurde, nämlich 1 Artabe pro
Tag114, was trotz des zeitlichen Abstands angesichts der Tatsache, daß die beiden Tempel
annähernd gleich groß und bedeutend waren, nicht unwahrscheinlich ist, würde diese
Menge für vier Tage gereicht haben.
Der Brief setzt seitens des Empfängers die Kenntnis der Umstände voraus und läßt diese
daher offen. Ich sehe aber nur drei Möglichkeiten zur Erklärung des Sachverhalts:
1. Die eintretenden Priester des Soknebtynis bitten Aristios (?) um die Rückgabe von
4 Artaben Weizen für das tägliche Opfer, die dem Tempel gehörten oder ihm zustanden
und auf irgendeine Weise, vielleicht in Ausübung seines Amtes, in dessen Hand gelangt
waren.
2. Die Priester wenden sich an Aristios (?) mit der Bitte, dem Tempel 4 Artaben Weizen
für das tägliche Opfer zu spenden.
3. Die Priester beziehen sich auf eine von Aristios (?) versprochene oder in Aussicht
gestellte Opferweizenschenkung und erbitten nun die Aushändigung des Getreides.

110
Vgl. E. Van’t Dack, op. cit., S. 21-22, 47 und P. Peene, op. cit., S. 40-41; zum Hauptortstatus von Oxyrhyncha vgl.
auch ibid., S. 11-12.
111
Vgl. ibid., S. 41.
112
Vgl. die Kommentare zu Z. 1-2 und 4-5 sowie Z. 1-2 des Verso.
113
Siehe den Kommentar zu Z. 2-3.
114
Vgl. S.L. Lippert – M. Schentuleit, Demotische Dokumente aus Dime…, II, S. 182. In Medinet Habu dagegen wur-
den in einem wohl recht kleinen Heiligtum nur 7 1/2 Artaben Emmer pro Monat, d.h. 1/4 Artabe Emmer pro Tag, für das
tägliche Opfer vor Chons benötigt; vgl. Graff. Medinet Habu Nr. 265, 3 (W.F. Edgerton, Medinet Habu Graffiti…, Tf. 70;
H.-J. Thissen, Die demotischen Graffiti von Medinet Habu…, S. 159; zur Lesung bd.t vgl. oben Fn. 76).

RdE 60 (2009)
92794_RdE_60_08_Wegner 17-06-2010 15:13 Pagina 174

174 W. WEGNER

Dabei gebe ich den beiden letzteren Optionen den Vorzug vor der ersten, weil man in die-
sem Fall zumindest einen vagen Hinweis auf die Umstände erwarten würde, durch die das
Getreide in die Hand des Aristios (?) geriet. Überdies sind private Zuwendungen für die
Tempel und den Kult im griechisch-römischen Ägypten keineswegs unüblich.115
Besonders gut läßt sich der vorliegende Fall mit zwei griechischen Inschriften aus
Soknopaiu Nesos vergleichen. Die eine dokumentiert eine 97/96 v. Chr. vom Schreiber des
oîkonómov sitik¬n der Meris des Herakleides namens Apollonios auch im Namen seiner
Untergebenen errichtete Stiftung, der zufolge der Tempel des Soknopaios jedes Jahr 182
1/2 Artaben Weizen erhalten sollte.116 Die andere überliefert eine am 3. November 95
v. Chr. erfolgte Erneuerung dieser Stiftung unter Beteiligung des neuen oîkonómov sitik¬n
Aniketos, durch die auch die jeweiligen Amtsnachfolger in die Pflicht genommen wur-
den.117 Die gestiftete Menge Weizen war wohl für das tägliche Opfer bestimmt. Zumindest
würde sie genau die Hälfte des jährlichen Opferweizenbedarfs abdecken, vorausgesetzt,
dieser war damals genauso hoch wie in römischer Zeit.
Ferner finden sich in den in römischer Zeit jährlich bei den staatlichen Behörden einzu-
reichenden Haushaltsbüchern der Tempel unter den Einnahmen Getreidebeträge, bei denen
es sich um private Spenden handeln dürfte. In P. Tebt. II 298 ist in der sich an die graf®
ïeréwn anschließenden Haushaltsübersicht des Soknebtynis-Tempels für das Jahr 107/08
n. Chr. ein in Lücke stehender Betrag als [p]arà | [Ke]rkesßfewv âpò t¬n êz
eû[seb(eíav) di]domén[w]n ™[m⁄]n (Z. 44f.)118 charakterisiert. Dagegen sind in dem wohl
in das Jahr 142 n. Chr. datierten119 Haushaltsbuch SPP XXII 183 des Soknopaios-Tempels
zwei unter [t¬n katˆ eûsébeia]n didoménon | [âpò …] aufgeführte Einnahmeposten in
Höhe von je 30 Artaben Weizen erhalten (Kol. 1.1-3)120, welche den Getreidebedarf für das
tägliche Opfer für zwei Monate abdecken würden. Eine der oben genannten vergleichbare
Stiftung dürfte sich hinter der Formulierung parà t¬n t±v kÉmjv ge|wrg¬n kaì
kljroúx(wn) boulom(énwn) didónai katˆ | eûsébeian âpò t¬n pal(ai¬n) xrónw(n) in
P. Oxy. XLIX 3473, 33-35121, der zwischen 161 und 169 n. Chr. anzusetzenden graf®
ânaqjmátwn kaì prosódwn des Apollo-Tempels in Pela, verbergen. Die fragliche Wei-
zenmenge ist bedauerlicherweise verloren. Dabei ist jedoch darauf hinzuweisen, daß die

115
Vgl. W. Otto, Priester und Tempel im hellenistischen Ägypten. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte des Hellenismus, I,
1905, S. 391-403, bes. 392-395 und 402.
116
IGFay I 70 (É. Bernand, Recueil des inscriptions grecques du Fayoum, I. La «méris» d’Hérakleidès, 1975, S. 132,
Tf. 52).
117
IGFay I 71 (ibid., S. 135-136, Tf. 52).
118
B.P. Grenfell – A.S. Hunt – E.J. Goodspeed, op. cit., S. 78, 80.
119
Vgl. F. Reiter, Die Nomarchen des Arsinoites. Ein Beitrag zum Steuerwesen im römischen Ägypten (PapCol 31),
2004, S. 146 Fn. 6.
120
C. Wessely, Catalogus papyrorum Raineri. Series Graeca, II. Papyri N. 24858-25024 aliique in Socnopaei Insula
scripti (SPP 22), 1922, S. 49.
121
A. Bülow-Jacobsen – J.E.G. Whitehorne, The Oxyrhynchus Papyri, XLIX (EES GR 69), 1982, S. 144.

RdE 60 (2009)
92794_RdE_60_08_Wegner 17-06-2010 15:13 Pagina 175

EIN DEMOTISCHER BRIEF AUS TEBTYNIS (P. YALE 4628 QUA) 175

Freiwilligkeit der unter êz eûsebeíav bzw. katˆ eûsébeian firmierenden Zuwendungen


an die Tempel angezweifelt worden ist.122
Schwerer fällt eine Entscheidung zwischen den beiden verbliebenen Optionen. Im Privat-
brief P. Merton II 63 vom 18. Januar 58 n. Chr. teilt Herennia ihrem Vater Pompeius mit, daß
sie — gemeint sind offensichtlich die Priester — jedermann, Römer und Alexandrier ebenso
wie die Katöken des Arsinoites, und auch ihn, um eûsébia gegenüber dem Naos des Suchos
gebeten haben und daß sie noch nicht gezahlt hat (Z. 4-11).123 Demnach haben sich die Prie-
ster auch aktiv um private Zuwendungen bemüht. Die im vorliegenden Brief gebrauchte For-
mulierung íw=f Ìpr í(w)=s Ìs / (r-)∂b rtb sw 4 (r) p fy m-bÌ Sbk-nb-T-tn… [m]y dí=w s (n-
)∂r(.t) p w¨b wÌm (?) (Z. 2-3) erscheint mir für eine solche Bitte aber zu knapp und zu
konkret; man würde sie dann schon fast als unhöflich empfinden. Dagegen würde sie zu einer
bereits zugesagten oder wenigstens in Aussicht gestellten Opferweizenspende gut passen.
Sofern dies zutrifft, könnte der Brief möglicherweise sogar einen Hinweis auf das Motiv
des Aristios (?) beinhalten. Zumindest erscheint es mir nicht ausgeschlossen, daß die Formu-
lierung der Briefeinleitung sich auch durch die Absicht des Verfassers erklärt, den Empfänger
noch einmal dezent auf die (von letzterem erwartete) Gegenleistung des Soknebtynis für seine
Opferweizenspende, das Wohlwollen des Gottes und die Gunst des Königs, hinzuweisen.

Résumé / Abstract

Édition de la lettre démotique P. Yale 4628 qua, écrite le 28 janvier 211 av. J.-C. par les prêtres
entrants (w¨b.w nty ¨q) du temple de Soknebtynis à un certain Aristios (?), épistates jusqu’ici
inconnu du village d’Oxyrhyncha dans le Fayum. Il sera argué que cette lettre concerne une dona-
tion de quatre artabes de blé destinés à l'offrande quotidienne devant Soknebtynis.

Edition of the demotic Letter P. Yale 4628 qua, written by the entering priests (w¨b.w nty ¨q) of
the temple of Soknebtynis to Aristios (?), a formerly unknown epistates of the village Oxyrhyncha
in the Fayum, on January 28th, 211 B.C. It will be argued that the letter is about a donation of
4 artabs of wheat for the daily offering before Soknebtynis.

Addendum

Erst nach Einreichung des Manuskripts erschienen sind die Kongreßbeiträge von W. Clarysse, in
S. Lippert – M. Schentuleit (Hgg.), Graeco-Roman Fayum – Texts and Archaeology. Proceedings
of the Third International Fayum Symposion, Freudenstadt, May 29–June 1, 2007, 2008, S. 55-73

122
Vgl. B.P. Grenfell – A.S. Hunt – E.J. Goodspeed, op. cit., S. 81 und B.R. Rees – H.I. Bell – J.W.B. Barns, A
Descriptive Catalogue of the Greek Papyri in the Collection of Wilfred Merton, F.S.A., II, 1959, S. 41-42.
123
Ibid., S. 42-44, Tf. 11.

RdE 60 (2009)
92794_RdE_60_08_Wegner 17-06-2010 15:13 Pagina 176

176 W. WEGNER

und S. Lippert, ibid., S. 165-171. Beide befassen sich mit der Frage nach der Lage des Ortes Oxy-
rhyncha und kommen unabhängig voneinander zu sehr ähnlichen Ergebnissen: Clarysse verortet
Oxyrhyncha im äußersten Osten der Meris des Polemon, am Bahr el-Gharaq und nicht mehr als 10
km von Krokodilopolis entfernt (W. Clarysse, op. cit., S. 57-59, 73), und Lippert spricht sich für
eine Lokalisierung in der Nähe des Eingangs zum Fayum, am Bahr Yusuf bzw. an einer entlang
desselben nach Herakleopolis führenden Straße aus (S. Lippert, op. cit., S. 169). Ersterer hat auch
die Epistatai von Oxyrhyncha zusammengestellt (W. Clarysse, op. cit., S. 62), darunter einen oben
auf S. 172 nachzutragenden Amtsinhaber namens Chairephanes (bezeugt 199 v. Chr.).
Ferner möchte ich darauf hinweisen, daß ich die auf S. 161f. im Kommentar zu Z. 1 im Sinne
einer hierarchischen Reihung interpretierte Adresse von P. Oxford Griff. 28 nunmehr dahingehend
deute, daß die w¨b.w nty ¨q dort entgegen der Rangordnung vor den Ìl-¨()y n w¨b.w genannt sind.
Außerdem ließe sich den auf S. 169 in Fn. 79 angeführten demotischen Belegen für den Titel wÌm
noch ein dritter in Graff. Edfou Nr. 36, 3 (D. Devauchelle, BIFAO 83 [1983], S. 127, Tf. 16) hin-
zufügen.

RdE 60 (2009)
92794_RdE_60_08_Wegner 17-06-2010 15:13 Pagina 177

REVUE D'ÉGYPTOLOGIE t. 60 (2009) PL. XX

P. Yale 4628 qua (Recto) P. Yale 4628 qua (Verso)


(© Beinecke Rare Book and Manuscript Library, Yale University)

W. Wegner, Ein demotischer Brief aus Tebtynis (P. Yale 4628 qua).

View publication stats

Vous aimerez peut-être aussi